Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften Fachgebiet Agrarwirtschaft Master-Thesis ÄVergleich von Risiko bei lateraler Diversifikation vs. Spezialisierung³ 1. Prüfer: Prof. Dr. Clemens Fuchs 2. Prüfer: Prof. Dr. Rainer Langosch urn:nbn:de:gbv:519-thesis 2013-0503-9 von Diplom-Kaufmann Diplom-Volkswirt Christian Klein November 2013
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Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften
Fachgebiet Agrarwirtschaft
Master-Thesis
Vergleich von Risiko bei lateraler Diversifikation vs.
6 AUSWERTUNG DER SIMULATIONEN SPEZIALISIERUNG VS. LATERALEDIVERSIFIKATION...........................................................................................................................42
6.1 Auswertung der Simulationen S und D ..............................................................................43
6.2 Auswertung von Simulation S in Abhängigkeit des Spezialisierungsgewinns ................45
6.3 Auswertung der Simulation D in Abhängigkeit der Unabhängigkeit und Volatilität des 2.Deckungsbeitrages.........................................................................................................................49
6.4 Simulationsauswertungen in Abhängigkeit der Darlehenszinses.....................................54
6.5 Simulationsauswertungen in Abhängigkeit der Totalverlustvariation..............................57
6.6 Simulationsauswertungen in Abhängigkeit der Eigenkapitalausstattung........................59
6.7 Fazit der Auswertungen ......................................................................................................64
7 LATERALE DIVERSIFIKATION VS. SPEZIALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT UNTERRISIKOGESICHTSPUNKTEN...........................................................................................................66
XSG => Ausbringungsmenge aufgrund des Spezialisierungsgewinnes
vDB(P1) => Volatilität des Stückdeckungsbeitrages des Produktes 1
vDB(P2) => Volatilität des Stückdeckungsbeitrages des Produktes 2
DB(P1) => Stückdeckungsbeitrag des Produktes 1
DB(P2) => Stückdeckungsbeitrag des Produktes 2
XA => Ausbringungsmenge des Ausgangsunternehmens
XS => Ausbringungsmenge nach Spezialisierungserweiterung
XD => Ausbringungsmenge nach lateraler Diversifikationserweiterung
VDB(A) => Volatilität des Gesamt-Deckungsbeitrages des Ausgangsunternehmens
VDB(S) => Volatilität des Gesamt-Deckungsbeitrages nach Spezialisierungserweiterung
VDB(D) => Volatilität des Gesamt-Deckungsbeitrages nach lateraler Diversifikationserweiterung)
Modellsimulation
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Für die Investitionsentscheidung sollen rein betriebswirtschaftliche Ergebnisse unter Risikoge-
sichtspunkten betrachtet werden. Persönliche Beweggründe für oder gegen die Investitions-
entscheidung, welche sich aus Motiven der Moral Hazard Theorie ableiten lassen, wie z.B.
Macht und Prestige der Unternehmensführung, sowie persönliche Präferenzen der Entschei-
der, sollen keine Rolle im simulierten Modell spielen. Produktionsanpassungen durch die Un-
ternehmensführung werden im Modell ebenfalls außen vorgelassen. In den Simulationsmo-
dellen wurden keine Annahmen bezüglich den unterjährigen, saisonalen Schwankungen von
Input- und Outputpreisen getroffen, da diese in vielen Bereichen der Landwirtschaft nach sai-
sonalen Mustern erfolgen, z.B. Schweinepreis, Milchpreis. Unterjährige saisonale Schwankun-
gen stellen somit kein Risiko dar, denn diese sind überschaubar und eigentlich nicht unsicher.
Bevor die Ergebnisse der Simulation vorgestellt werden, werden zunächst die Determinanten
des Entscheidungsproblems dargestellt, dann die Modellannahmen und danach die Vorge-
hensweise erläutert.
Das Modell wird in Excel mit Hilfe der @risk Funktion, Monte Carlo Simulation, Version 6
(http://www.palisade.com/risk) unter Anwendung der Vorlage aus dem Vorlesungsskript Bu-
sinessplan und Operational Research aus dem Wintersemester 2012/2013 der Hochschule
Neubrandenburg (Fuchs, 2012) simuliert.
5.1 Determinanten des EntscheidungsproblemsDas Entscheidungsproblem der zuvor beschriebenen Erweiterungsinvestition besitzt bestim-
mende Faktoren, also Einflussgrößen, welche die Simulationsergebnisse beeinflussen. Diese
sollen hier kurz genannt und erläutert, sowie ihre jeweiligen Ausprägungen im Modell dargelegt
werden.
Tabelle 3: Einflussgrößen des Entscheidungsproblems
Determinante Ausprägung im ModellSchwankungsbreite DB alt (DB1) Von 0 bis 90 pro ProdukteinheitEffekt aus Spezialisierungsgewinn von 0 bis 25 Prozent erhöhter OutputSchwankungsbreite DB neu (DB2) von identischer Schwankungsbreite zu DB 1 bis zu
konstantem DB 2, (nicht korreliert zu DB 1)Zinssatz Darlehen Von 3 % bis 9 % , normalverteiltProduktionsausfall/Totalverlust(mit Versicherung)
Totalverlust ja oder nein, bei ja DB=0 , zufällig,alle 100 Perioden (Wahrscheinlichkeit 1%)
Eigenkapitalausstattung(Liquiditätssituation)
0 % EK vor Investition 100 % EK nach Investition
Quelle: Eigene Darstellung
Die Einflussgrößen, welche im Rahmen der durchgeführten Simulationen die daraus folgen-
den Ergebnisse beeinflussen, sind die Schwankungen der Höhe des Deckungsbetrages, des
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Spezialisierungsgewinnes, des Darlehenszinssatzes, der Produktionsausfallvariation, sowie
der Eigenkapitalausstattung.
Die Deckungsbeiträge je Produktionseinheit in landwirtschaftlichen Unternehmungen sind auf-
grund der im Kapitel 2 dieser Arbeit beschriebenen Preisrisiken (sowohl auf der Input-, als
auch auf der Outputseite) schwankend. Dieser Effekt wird im Rahmen des simulierten Modells
über die Schwankungen der Deckungsbeiträge in jeder Periode dargestellt. Je größer der
Stückdeckungsbeitrag pro Periode ist, desto höher wird der Periodengewinn ausfallen. Als
kleinstmöglicher Stückdeckungsbeitrag wird im Modell der Deckungsbeitrag von 0 angese-
hen. Ein Stückdeckungsbeitrag von 0 bedeutet, dass der erzielte Preis pro Stück (bspw. pro
Schlachtschwein) exakt seinen variablen Kosten entspricht. Bei einem Stückdeckungsbeitrag
von 0 erleidet das Modellunternehmen Verluste, da der Gesamtdeckungsbeitrag (Stückde-
ckungsbeitrag x Absatzmenge) die Fixkosten des Beispielunternehmens nicht decken kann.
Die Stückdeckungsbeiträge sind im Modell periodisch wechselnd, gleichverteilt und zufällig
schwankend, dem Ursprungsmodell folgend wird dies zwischen 0 und 90 sein.
Ein wesentlicher Grund für landwirtschaftliche Unternehmen sich durch eine Investition (Inves-
titionsalternative S) in den vorhandenen Unternehmensbereich zu erweitern, sind Spezialisie-
rungsgewinne. Diese wurde demgemäß in das entworfene Modell eingebaut und zwar in die
Simulation S zur Investitionsalternative S (Spezialisierung). In Abhängigkeit der Höhe des re-
lativen Spezialisierungsgewinns, erhöht sich im Modell die Ausbringungsmenge zwischen 0%
und 25%, somit werden nur positiv kumulierte Spezialisierungsauswirkungen simuliert. Daraus
ergibt sich ein Renditeeffekt bei der Simulation S. Je höher der Spezialisierungsgewinn ist,
desto höher ist die durchschnittliche Rendite, also der interne Zinsfuß (vor Zinsen und Steuern)
der Investitionsalternative S. Ist der Spezialisierungsgewinn 0 verfügt das neue Gesamtunter-
nehmen nach Investition S über denselben internen Zinsfuß, wie das Ausgangsunternehmen
ohne Investition. Der Spezialisierungsgewinn in Simulation S schwankt im Modell zu Beginn
jeder Iteration (danach konstant), gleichverteilt und zufällig zwischen 0% und 25% in Fünfpro-
zentschritten.
Bei lateraler Diversifikation nimmt ein bestehendes Unternehmen ein neues Produkt oder ei-
nen neuen Bereich in sein Produktionsprogramm auf. Zwischen dem alten und neuen Produkt
bzw. Unternehmensbereichen besteht kein Zusammenhang. Im Rahmen des Modells wird da-
von ausgegangen, dass dadurch keinerlei oder zu vernachlässigende Synergieeffekte, also
Kostenvorteile auftreten. Der darzustellende Vorteil in der Simulation D (Simulation laterale
Diversifikation) zur Investitionsalternative D wird über den Deckungsbeitrag des neuen Pro-
duktes simuliert. Die Stückdeckungsbeiträge des neuen Produktes (DB2) sind im Vergleich zu
den Stückdeckungsbeiträgen des alten Produktes (DB1) unabhängig, also nicht miteinander
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korreliert. Im Modell erfolgt weiterhin die Reduzierung der Schwankungsbreite DB2 in der Si-
mulation D (laterale Diversifikation) zu Beginn jeder Iteration (danach konstant), gleichverteilt
und zufällig zwischen 0% und 100% in 9 gleichen Schritten. Dadurch entstehen zehn Schwan-
kungsbreitenreduzierungssituationen von nicht reduziert bis komplett reduziert. Im Fall der
100% Reduzierung der Volatilität des DB2 zum DB1 stellt sich in jeder Periode der gleiche
Stückdeckungsbeitrag von 45 ein. Da im Modell der Simulation D beide Produkte bzw. Be-
reiche fixe Kosten in identischer Höhe tragen und in beiden Produkten die durchschnittlichen
Stückdeckungsbeiträge und Ausbringungsmengen identisch sind, haben in der Simulation D
beide Produkte bzw. Bereiche denselben internen Zinsfuß (vor Zinsen und Steuern). Dieser
ist mit dem internen Zinsfuß (vor Zinsen und Steuern) des Ausgangsunternehmens identisch.
Eine weitere Einflussgröße unter Risikogesichtspunkten in einem landwirtschaftlichen Unter-
nehmen ist der Darlehenszinssatz. Je höher dieser ausfällt, desto geringer ist der Gewinn
(nach Zinszahlungen) eines Unternehmens mit Verbindlichkeiten. Der Darlehenszins ist von
verschiedenen Faktoren abhängig, wie z.B. der Bonität des Darlehensnehmers, dem aktuellen
Marktzinsniveau oder dem Finanzierungsinstitut. Ein Darlehenszins kann im Darlehensauf-
nahmezeitpunkt über die Zinsbindungsdauer fix gestaltet werden, das Zinsänderungsrisiko im
Verlauf der Zinsbindungsdauer kann damit ausgeschlossen werden. Im Modell wird angenom-
men, dass die Zinsbindungsdauer des jeweiligen Darlehen die betrachteten Perioden über-
steigt, somit wird hier nur das Zinsrisiko am Beginn einer jeden Iteration betrachtet. Der Dar-
lehenszinssatz in den Simulationen S und D schwankt im Modell zu Beginn jeder Iteration
(danach konstant), normalverteilt und zufällig zwischen 3% und 9%.
Der Produktionsausfall oder Totalverlust stellt ein extremes Mengenrisiko innerhalb der
Landwirtschaft dar, beispielsweise wenn durch eine Tierseuche der gesamte Tierbestand Not-
geschlachtet werden muss oder es zu einem Brand in Stallungen kommt. Auch dieses Risiko
kann mit Hilfe von entsprechenden Versicherungen ausgeschlossen werden und wird im Mo-
dell ausgeschlossen. Aufgrund dieses Ereignisses kommt es jedoch zumeist in der Folgeperi-
ode zu einer Verzögerung bei der Ingangsetzung der neuen Produktion, diese Situation soll
im Modell mit der Totalverlustvariation nachgebildet werden. Es wird angenommen, dass dabei
der Deckungsbeitrag in einer Periode aufgrund der Mengenkomponente auf 0 sinkt. Das To-
talverlustrisiko wird bei beiden Investitionsalternativen zufällig alle 100 Perioden, also mit ein
Prozent Wahrscheinlichkeit simuliert. Im lateral diversifizierten Modellunternehmen (Investiti-
onsalternative D) kann der Totalverlust bei zwei Produkten bzw. in zwei Bereichen auftreten.
Bei der Betrachtungsweise von landwirtschaftlichen Erweiterungsinvestitionen darf unter Risi-
koaspekten die Ausstattung der Unternehmen mit Eigenkapital und Liquidität nicht feh-
len. Es liegt auf der Hand, dass landwirtschaftliche Betriebe, die mit relativ viel Eigenkapital
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und somit auch mit relativ wenig Fremdkapital ausgestatten sind, besser gegen Insolvenzrisi-
ken in Krisensituationen gewappnet sind. Um die unterschiedlichen Eigenkapitalausstattungs-
situationen von Unternehmen darzustellen, wird im Modell ebenfalls die finanzielle Ausgangs-
situation variiert. Hierfür wird sowohl für die Simulationen S, als auch für die Simulation D zu
Beginn jeder Iteration (danach konstant), eine finanzielle Ausgangssituation gleichverteilt und
zufällig zugewiesen. Diese schwankt im Modell zwischen 0% Eigenkapital vor der Erweite-
rungsinvestition und 0% Fremdkapital nach dieser Investition. Die Ausprägungen der Eigen-
kapitalsituation erstrecken sich nach der Investition von 0% (0 ) Eigenkapital in 5% (40.000
)-Schritten bis auf 100% (800.000 ). Es entstehen somit 21 Anfangssituationen zur Eigen-
kapitalausstattung.
Die vorgestellten Determinanten des Modells stellen ebenfalls Modellannahmen dar, daher
werden diese in den folgenden Modellannahmen der Übersichtlichkeit erneut aufgezählt, aber
nicht nochmals beschrieben. Die unter Kapitel 6 folgende Auswertung des Modells unter Risi-
kogesichtspunkten erfolgt anhand der hier beschriebenen Determinanten und deren Ausprä-
gungen.
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5.2 AnnahmenUm ein möglichst einfaches und realitätsnahes Modell zum Entscheidungsproblem Vergleich
von Risiko bei lateraler Diversifikation vs. Spezialisierung zu erzeugen, wurden im Rahmen
der Modellkonstruktion zusätzlich zu den Annahmen über die Einflussfaktoren, weitere Annah-
men getroffen. Diese werden im Weiteren zusammen mit ihren Modellausprägungen, hinsicht-
lich der Übersichtlichkeit anhand von vier Tabellen aufgelistet und nachstehend erläutert. Die
Annahmen unterteilen sich in allgemeine Annahmen, Annahmen über den Ausgangsbetrieb,
über die Simulation S (Spezialisierung) und über die Simulation D (laterale Diversifikation).
Tabelle 4: allgemeine Annahmen über alle Simulationen
Annahmen I Ausprägung im ModellBestehender Ein-Produkt-Betrieb2 Erweiterungsalternativen Simulation S und Simulation DZeit 12 Jahres Modell (12 Perioden)Guthabenzins (Festgeld) 2 %Kontoüberziehung Max. 50.000Zinssatz Kontokurrentkredit Durchschnittszins 10%, schwankend zwischen 8% und
12%, zufällig, normalverteilt, Änderung einmal pro Jahrin jeder Iteration
Illiquiditätssituation Bei Kontoüberziehung > 50.000Überziehungszinssatz 5%Zinssatz Darlehen Von 3 % bis 9 % zufällig, gleichverteilt, fix bis Laufzeit-
endeTilgung Darlehen 20 Jahre (Annuitätendarlehen), 10.000 Sondertilgung
p.a., wenn möglichProduktionsausfall/Totalverlust(mit Versicherung)
Totalverlust ja oder nein, bei ja DB=0 , zufällig,alle 100 Perioden (Wahrscheinlichkeit 1%)
Überschuldungssituation Bei negativem EigenkapitalEinkommenssteuer Laut Einkommensteuertarif Deutschland 2013
Quelle: Eigene Darstellung, Einkommenssteuertarif aus http://bundesrecht.juris.de (9)
Der bestehende Ein-Produkt-Betrieb möchte entweder Investition S oder Investition D durch-
führen. Das Modell betrachtet den Prognosezeitraum von 12 Jahren nach der jeweiligen In-
vestitionsentscheidung. Bei positivem Kontostand am Ende jeder Periode erfolgt eine Fest-
geldanlage zu 2% Zinsen, dieses wird aufgelöst bei negativem Kontostand. Das Konto kann
bis in einer Höhe von 50.000 überzogen werden, daraufhin werden Kontokurrentkreditzinsen
fällig. Die Höhe dieser ist durchschnittlich 10% und schwankt zwischen 8% und 12 % in allen
Iterationen jährlich, zufällig und normalverteilt. Reicht der bestehende Kontokurrentkredit in
einer Periode nicht vollständig aus, so besteht eine Illiquiditätssituation. Diese führt im Modell
nicht zur sofortigen Insolvenz. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass sich weitere Gläu-
biger, beispielsweise aus dem Freundes- und Familienkreis, finden lassen, um dem Betrieb
die fehlende Liquidität zur Verfügung zu stellen, um das Unternehmen weiterzuführen. Der
Zinssatz für den Betrag, welcher den Kontokorrentkredit übersteigt wird mit 5% angenommen.
Wird die Erweiterungsinvestition ganz oder teilweise mit Fremdkapital finanziert schwankt der
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Zinssatz im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme zwischen 3% und 9%, wie bereits in den De-
terminanten beschrieben. Das Darlehen wird als Annuitätendarlehen mit einer Laufzeit und
Zinsbindung von 20 Jahren und einer jährlichen Sondertilgungsmöglichkeit von 10.000 kal-
kuliert. Eine Überschuldungssituation entsteht, wenn das Eigenkapital des Planunternehmens
unter 0 sinkt. Für diesen Fall endet die Simulation analog zur Illiquiditätssituation ebenfalls
nicht. Es wird davon ausgegangen, dass sich Eigenkapitalgeber, beispielsweise aus dem
Freundes- und Familienkreis, finden lassen, um dem Betrieb das fehlende Eigenkapital zur
Verfügung zu stellen, um das Unternehmen weiterzuführen. Eine Einkommenssteuerzahlung
wird im Modell bei positiven Periodenergebnissen laut Einkommenssteuertarif 2013 abgeführt.
Nach den allgemeinen Annahmen über alle Simulationen, gibt es weitere Annahmen, die den
Ausgangsbetrieb betreffen, diese sind in Tabelle 5 dargestellt.
Tabelle 5: Annahmen über den Ausgangsbetrieb
Annahmen II Ausprägung im ModellDurchschn. DB pro PE 45Schwankung DB pro PE 0 - 90 gleichverteiltAusbringungsmenge p.a. 1000, keine Mengenänderung im ZeitverlaufDurchschnittlicher Gesamt-DB p.a. 45000Schwankung Gesamt-DB p.a. 0 - 90.000 gleichverteiltFixkosten vor Finanzierungskosten p.a. 15.000Interne Verzinsung (vor St. u. Z.) 7,5 %EK-Situation (und Liquidität) zwischen 0 EK und 100 % EK + 400.000 Liqui-
Der durchschnittliche Stückdeckungsbeitrag oder der Deckungsbeitrag pro Produktionseinheit
wird im Ausgangsbetrieb auf 45 festgelegt, er schwankt wie in den Determinanten beschrie-
ben. Die Ausbringungsmenge des Betriebes ist konstant bei 1.000 Stück pro Periode, die Fix-
kosten des Betriebes vor Finanzierungskosten betragen 15.000 pro Periode. Daraus ergibt
sich ein durchschnittlicher Betriebsdeckungsbeitrag (Gesamt-DB) pro Jahr von 45.000 , die-
ser schwankt in Abhängigkeit des Stückdeckungsbeitrages somit zwischen 0 und 90.000 .
Hieraus und unter Einbeziehung der fixen Kosten vor Finanzierungskosten ergibt sich ein Ge-
winn vor Zinsen und Steuern (EBIT) in der Schwankungsbreite von -15.000 bis 75000
(Durchschnittliches EBIT 30.000 ) und ein interne Verzinsung (vor Steuer und Zinsen) von
7,5%. Die Eigenkapitalsituation wird wie in den Determinanten beschrieben am Beginn jeder
Iteration zufällig festgelegt. Wenn die finanzielle Ausgangssituation einen Fremdkapitalanteil
aufweist, so ist dieser über ein Altdarlehen mit einem festen Zins von 6% und einer Laufzeit
von 15 Jahren per Annuitätendarlehen finanziert.
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Zum Unternehmenswachstum stehen die Investitionsalternativen S und D zur Auswahl. Die
Simulationen S und D sind so entworfen worden, dass das Ausgangsunternehmen, die Simu-
lation D und die Simulation S, ohne Spezialisierungsgewinne, eine durchschnittliche identische
Gesamtkapitalverzinsung (vor Zinsen und Steuern), also eine durchschnittliche identische in-
terne Verzinsung (vor Zinsen und Steuern) von 7,5% besitzen. Beiden Simulationen sind eben-
falls identische Investitionskosten hinterlegt. Außerdem werden weitere Annahmen bezüglich
der Simulation S (Tabelle 6) und Simulation D (Tabelle 7) getroffen.
Tabelle 6: Annahmen Simulation S
Annahmen III (Spezialisierung) Ausprägung im ModellInvestitionskosten 400.000Durchschn. DB pro PE wie in Ausgangsbetrieb (45 )Schwankung DB pro PE wie in Ausgangsbetrieb (0 - 90 )Ausbringungsmengenerhöhung p.a. 1000, keine Mengenänderung im ZeitverlaufZusätzliche Fixkosten vor Finanzierungs-kosten p.a.
15.000
Relativer Spezialisierungsgewinn überOutput
Von 0% bis 25% höherer Output des Gesamt-ausbringungsmenge, gleichverteilt, wird am An-fang jeder Iteration zufällig festgelegt
interner Zinsfuß ohne Spezialisierungsge-winn
7,5 %
Quelle: Eigene Darstellung
Tabelle 7: Annahmen Simulation D
Annahmen IV (laterale Diversifikation) Ausprägung im ModellInvestitionskosten 400.000Zwei-Produkt-UnternehmenDurchschn. DB1 pro PE wie in Ausgangsbetrieb (45 )Schwankung DB1 pro PE wie in Ausgangsbetrieb (0 - 90 )Ausbringungsmenge P1 p.a. wie in Ausgangsbetrieb (1000)Durchschn. DB2 pro PE wie DB1 (45 )Schwankung DB2 pro PE Unabhängig von DB1, zufällig, gleichverteiltSchwankungsbreite (Volatilität) DB2 imVergleich zu DB1
Verringerung von 0% bis 100%
Ausbringungsmengenerhöhung P2 p.a. wie P1 (1000)Zusätzliche Fixkosten vor Finanzierungs-kosten p.a.
15.000
Durchschnittlicher interner Zinsfuß 7,5 %Quelle: Eigene Darstellung
Nach der Durchführung der Investition S (Simulation S) wird weiterhin nur ein Produkt zu den
gleichen Stückdeckungsbeiträgen des Ausgangsbetriebes und identischen Stückdeckungs-
beitragsschwankungen produziert. Die Ausbringungsmenge des Betriebes steigt nach der In-
vestition S auf mindestens 2000 Produkteinheiten. Die Fixkosten nach der Investition S erhö-
hen sich von 15.000 im Ausgangsbetrieb auf 30.000 . Aufgrund der weiteren Spezialisie-
rung der Produktion tritt ein Spezialisierungsgewinn ein. Dieser wird im Modell über eine Er-
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höhung der Gesamtausbringungsmenge von 0% über 5%, 10%, 15% und 20% bis 25 % gleich-
verteilt, dargestellt. Der Spezialisierungsgewinn tritt in Simulation S per Zufall am Anfang jeder
Iteration auf. Hierdurch erhöht sich die Ausbringungsmenge pro Periode.
Das Modell für die Simulation D (laterale Diversifikation) wurde analog konzipiert. Die durch-
schnittliche interne Verzinsung vor Zinsen und Steuern ist im Ausgangsunternehmen und im
Unternehmen nach Durchführung der Investition D identisch bei 7,5 %. Nach der Durchführung
der Investition D wird aus dem ursprünglichen Ein-Produkt-Unternehmen ein Zwei-Produkt-
Unternehmen. Der durchschnittliche Stückdeckungsbeitrag des zweiten Produktes beträgt
ebenso, wie dieser beim ersten Produkt 45 . Die Ausbringungsmenge von Produkt 2 beträgt
ebenfalls wie bei Produkt 1 pro Periode 1000 Produkteinheiten. Die Fixkosten des lateral diver-
sifizierten Unternehmens steigen auf 30.000 . Das ursprüngliche Produkt wird weiter wie im
Ausgangsbetrieb erarbeitet. Der Periodendeckungsbeitrag von Produkt 2 ist nicht korreliert mit
dem von Produkt 1, beide erfolgen zufällig in jeder Iteration zu jeder Periode. Mit der zweiten
Simulation wird die Reduzierung der Volatilität des zweiten Deckungsbeitrages, wie bereits in
den Determinanten beschrieben, modelliert.
5.3 HerangehensweisenNachdem nun alle Annahmen zum Modell getroffen sind, wird im Weiteren die Herangehens-
weise an die Lösung des Modells vorgestellt. Wie bereits angeklungen werden zwei nebenei-
nander stattfindende Monte-Carlo-Simulationen durchgeführt, ausgehend vom gleichen Aus-
gangsunternehmensmodell. Beide Simulationen werden mit jeweils 10.000 Iterationen wieder-
holt, um eine möglichst aussagenkräftige Datenmenge für die folgende Auswertung zu erhal-
ten. Die erste Simulation beschäftigt sich mit der Investitionsalternative S, nämlich mit der
Möglichkeit der weiteren Vertiefung der Unternehmens- oder Produktspezialisierung. Die
zweite Simulation beschäftigt sich mit der Investitionsalternative D und damit stellvertretend
für die Möglichkeit der lateralen Unternehmens- oder Produktdiversifikation. Um möglichst ver-
gleichbare Ergebnisse in Bezug auf das Unternehmensrisiko zu erhalten, wurden die Modell-
annahmen so gestaltet, dass in beiden Simulationsmodellen möglichst gleiche Ausgangssitu-
ationen herrschen und sich beide Simulationen nur in ihren wesentlichen Motiven unterschei-
den. Diese sind in der Simulation S der Spezialisierungsgewinn und in der Simulation D die
unabhängige Korrelation, sowie die reduzierte Volatilität des Deckungsbeitrages des neuen
Produktes zum Deckungsbeitrag des alten Produktes.
Alle Iterationen werden bis zum Ende des Modells vollständig bis zum Ende der 12.Periode
durchgeführt. Wie bereits in der Annahmen erwähnt, erfolgt die Weiterführung des Betriebes
auch in Überschuldungs- und Illiquiditätssituationen durch Zuführung zusätzlichen Kapitals
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von außen. Diese Vorgehensweise ist durchaus an der Realität angepasst, da deutsche, land-
wirtschaftliche Betriebe in ihren Bilanzen in der Regel über stille Reserven verfügen. Diese
resultieren beispielsweise aus dem Vorsichtsprinzip § 252 HGB, wonach z.B. der Wert von
Eigentumsland nach Anschaffungskosten bilanziert werden muss. Erfolgte der Kauf des Ei-
genlandes vor langer Zeit, ist der heutige Wert in den meisten Fällen höher, als der Bilanzwert
dieses Eigenlandes. Bei Verkauf der eigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen und gleichzei-
tiger Rückpachtung könnten diese stillen Reserven gehoben werden und der Betrieb gleichar-
tig weitergeführt werden. Die bilanzielle Überschuldungssituation wäre behoben. Ebenso ver-
fügen landwirtschaftliche Betriebe oftmals über nicht-betriebsnotwendiges Vermögen, z.B.
nichtbetriebsnotwendige Gebäude, dieses könnten in Illiquiditätssituationen aufgelöst werden.
Aus der deutschen Insolvenzstatistik ist ablesbar, dass landwirtschaftliche Insolvenzen weit-
aus weniger geschehen, als in anderen Wirtschaftsbereichen. Diese Erkenntnis wird noch ver-
stärkt, wenn aus den landwirtschaftlichen Insolvenzen in Deutschland die landwirtschaftlichen
Dienstleister entfernt werden. Die folgende Tabelle 9 zeigt die landwirtschaftlichen Insolven-
zen im Vergleich zu anderen Insolvenzen in Deutschland im Zeitraum von 2006 bis 2011.
Tabelle 8: Tabelle: Insolvenzen im Agrarbereich und in der übrigen Wirtschaft inDeutschland von 2006 bis 2011
100% 1.000 216.885 268.625 209.110 1.287.671Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden n(D)=10.000
Die Reduzierung der Volatilität des 2. Deckungsbeitrages leistet keinen messbaren Beitrag zur
langfristigen Risikoreduzierung. Dies wird mit der folgenden beiden Grafik bestätigt und ist
dadurch erklärt, dass zum ersten die durchschnittlichen Deckungsbeiträge durch die Volatili-
tätsreduzierung in Simulation S nicht verändert werden, zum zweiten in dem 12 Periodenmo-
dell schlechte Jahre mit guten Jahren innerhalb einer Iteration ausgewogen werden.
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
53
Abbildung 16: Eigenkapitalveränderung bei Reduzierung der Volatilität von DB(P2) um11% in Simulation D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(D11)=1.000
Abbildung 17: Eigenkapitalveränderung bei Reduzierung der Volatilität von DB(P2) um89% in Simulation D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(D89)=1.000
Die Unabhängigkeit der Schwankungsbreiten beider Deckungsbeiträge reduziert jedoch, wie
oben dargelegt die Illiquiditäts-, als auch die Ertragsrisiken bei gleichzeitiger Erhöhung der
durchschnittlichen Eigenkapitalveränderung am Ende der 12.Periode.
-1000-800-600-400-200
200400600800
1000
EK
-Ver
ände
rung
inTs
d.E
uro
Iterationen
Reduzierung der Volatilität des DB(P2) um 11%
-1000-800-600-400-200
200400600800
1000
EK
-Ver
ände
rung
inTs
d.E
uro
Iterationen
Reduzierung der Volatilität des DB(P2) um 89%
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
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6.4 Simulationsauswertungen in Abhängigkeit der DarlehenszinsesIm Folgenden werden die Ergebnisse beider Simulationen bei steigenden Darlehenszinsen
ausgewertet. In beiden Simulationen erhöhen sich sowohl die Überschuldungs- und Illiquidi-
tätswahrscheinlichkeiten je höher der Darlehenszinssatz angenommen wurde. Die Überschul-
dungswahrscheinlichkeit ist bei einem Darlehenszinsniveau von 3-4% in Simulation D mit
6,55% gegenüber Simulation S mit 7,82% geringer. Je höher der Darlehenszins, welcher am
Anfang jeder Iterationen zufällig festgelegt wurde, ausfällt, desto stärker steigt die Überschul-
dungswahrscheinlichkeit von Simulation D im Vergleich zur Überschuldungswahrscheinlich-
keit von Simulation S, an. Bereits ab einem Darlehenszinsniveau von 4-5% ist die Überschul-
dungswahrscheinlichkeit in Simulation S ca. 1% geringer als in Simulation D. Bei einem Dar-
lehenszinsniveau von 8-9% ist die Überschuldungswahrscheinlichkeit von Simulation D ca. 6
Prozentpunkte oder ca. 50% höher, als die der Simulation S. Dies zeigt die folgende Abbildung.
Abbildung 18: Insolvenzrisiken nach Darlehenszinssätze der Simulationen S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 (550;1661;2772;2784;1671;562) und n(D)=10.000 (550;1661;2772;2784;1671;562)
Aus dieser sind ebenfalls Aussagen zum Vergleich der Illiquiditätsrisiken zwischen den Simu-
lationen S und D ablesbar. Die Illiquiditätswahrscheinlichkeit ist bereits bei einem Darlehens-
zinsniveau von 4-5% in Simulation D mit 19,64% gegenüber Simulation S mit 21,82% um ca.
2 % geringer. Je höher der Darlehenszins steigt, desto stärker steigt die Illiquiditätswahr-
scheinlichkeit von Simulation D im Vergleich zur Illiquiditätswahrscheinlichkeit von Simulation
S, an. Bereits ab einem Darlehenszinsniveau von 5-6% ist die Illiquiditätswahrscheinlichkeit in
Simulation S um ca. 2% geringer als in Simulation D. Bei einem Darlehenszinsniveau von 8-
9% ist die Illiquiditätswahrscheinlichkeit von Simulation D ca. 3,5 Prozentpunkte höher als die
der Simulation S. Dies zeigt die folgende Abbildung. Ein Erklärungsgrund hierfür ist, dass die
3-4 % 4-5% 5-6% 6-7% 7-8% 8-9%Illiquidität Sim. S 21,82% 21,61% 22,15% 24,57% 28,07% 28,11%Illiquidität Sim. D 19,64% 20,29% 23,92% 26,26% 28,37% 32,74%Überschuldung Sim. S 7,82% 7,59% 8,26% 9,66% 12,09% 12,28%Überschuldung Sim. D 6,55% 8,49% 10,35% 12,54% 14,18% 18,86%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
Inso
lven
zris
iken
in%
Darlehenszins in %
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
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durchschnittliche Rendite (vor Zinsen und Steuern) in Simulation S, größer modelliert ist, als
die in Simulation D. Die Auswertung der Simulationen in Abhängigkeit vom Zinssatz zeigt,
dass ein unternehmensspezifischer Darlehenszinssatz errechnet werden könnte, unter dem
eine laterale Diversifikation die Insolvenzrisiken reduziert und über dem eine Spezialisierungs-
erweiterung Insolvenzrisiken vermindert.
Die Mediane der Eigenkapitalveränderungen steigen in beiden Simulationen mit abnehmen-
den Darlehenszins. Die Standardabweichung der Eigenkapitalveränderung und damit auch
das Ertragsrisiko gehen in beiden Simulationen mit abnehmenden Darlehenszins zurück.
Tabelle 15: Median und Standardabweichung der Eigenkapitalveränderung in Euro nachDarlehenszinssatz in Simulation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
Abbildung 19: Median und Standardabweichung der Eigenkapitalveränderung nachDarlehenszinssätze der Simulationen S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 (550;1661;2772;2784;1671;562) und n(D)=10.000 (550;1661;2772;2784;1671;562)
3-4%(S)
4-5%(S)5-6%(S)
6-7%(S)
7-8%(S)8-9%(S)
3-4%(D)
4-5%(D)
5-6%(D)
6-7%(D)
7-8%(D) 8-9%(II)
190.000
210.000
230.000
250.000
270.000
290.000
310.000
330.000
350.000
370.000
390.000
150.000 190.000 230.000 270.000 310.000
Med
ian
inTs
d.E
uro
Standardabweichung in Tsd. Euro
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
56
Die vergleichende Auswertung beider Simulationen bezüglich des Darlehenszinses ergibt,
dass die Ertragsrisiken bei einem Zinssatz von 3-4% in Simulation S ungefähr den Ertragsrisi-
ken beim Zinssatz 6-7% in Simulation D entsprechen. Daraus ergibt sich, dass bei einem Dar-
lehenszinsaufschlag für laterale Diversifikationsinvestitionen (im Vergleich zur Spezialisie-
rungsinvestition), bspw. aufgrund der mangelnden Erfahrung in diesem Geschäftsbereich, sich
risikoaverse Entscheider für die Spezialisierungsinvestition entscheiden müssten, denn bei
gleichem Ertragsrisiko ist der Median der Eigenkapitalveränderung der Spezialisierungsinves-
tition um über 140.000 Euro größer. Andererseits könnten auch risikofreudige Entscheider,
aufgrund von Darlehenszinsabschläge für laterale Diversifikationsinvestitionen (im Vergleich
zur Spezialisierungsinvestition), bspw. wegen des geringeren Preisrisikos, sich für die laterale
Diversifikation entscheiden. Die Eigenkapitalveränderung ist beim Zinssatz 7-8% in Simulation
S geringer als beim Zinssatz 3-4% der Simulation D, bei nahezu gleichen Ertragsrisiken in
beiden Fällen.
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
57
6.5 Simulationsauswertungen in Abhängigkeit der Totalverlustvaria-
tionFür den Totalverlust wurde eine Eintrittswahrscheinlichkeit für jedes Produkt von 1% in den
Annahmen festgelegt (Vgl. Kap. 5.2.). Dadurch ergibt sich eine höhere Eintrittswahrscheinlich-
keit für einen Totalverlustauftritt in der Simulation D (21%) im Vergleich zur Simulation S (11%).
Dies rührt daher, dass in Simulation D zwei Produkte und in Simulation S ein Produkt mit
Totalverlustwahrscheinlichkeit von jeweils 1% pro Periode simuliert werden und ist in der fol-
genden Abbildung 20 dargestellt.
Abbildung 20: Totalverlusthäufigkeit in Simulation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
Abbildung 21: relative Insolvenzrisiken nach einem Totalverlustereignis in Simulation Sund D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
0
5000
10000
kein Totalverlust 1 Totalverlust 2 Totalverluste
8857
1143 0
7866
1998136
Anz
ahl
Simulation S Simulation D
kein 1-12 1-3 4-9 10-12Illiquidität Sim. S 22,14% 38,76% 51,52% 37,85% 26,67%Illiquidität Sim. D 23,84% 29,15% 31,14% 29,49% 27,51%Überschuldung Sim. S 8,54% 15,92% 19,19% 17,01% 10,00%Überschuldung Sim. D 10,97% 13,73% 17,51% 13,52% 10,76%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
Inso
lven
zris
iken
in%
Perioden
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
58
Tritt ein Totalverlust, in mindestens einem Jahr des 12 Perioden Modells, in einer Iteration auf,
steigen die Überschuldungs- und Illiquiditätsrisiken in beiden Simulationen stark an. Beispiels-
weise steigt die Illiquiditätswahrscheinlichkeit in Simulation S in den Iterationen mit einem To-
talverlust gegenüber den Iterationen ohne Totalverlust von 22,14 % auf 38,76% und liegt somit
ca. 17 Prozentpunkte oder ca. 75% höher. Außerdem fällt auf, dass ein Totalverlustereignis in
Simulation S größere Auswirkungen auf die Insolvenzrisiken hat, als das in Simulation D der
Fall ist. Beispielsweise beträgt die Überschuldungswahrscheinlichkeit bei Auftritt des Totalver-
lustes in einer Periode in Simulation S 15,92 % und in Simulation D 13,73%. Die negativen
Auswirkungen des Totalverlustauftretens auf beide Simulationen verstärken sich, je früher im
Modell der Totalverlust auftritt, dies ist in der Abbildung 21 verdeutlicht. Tritt der Totalverlust
innerhalb einer Iteration in den ersten drei Perioden auf, besteht eine um ca. 14 Prozentpunkte
höhere Illiquiditätswahrscheinlichkeit in Simulation S mit 51,52% im Vergleich zu dieser in Si-
mulation D mit 37,85%. Tritt der Totalverlust innerhalb einer Iteration in den letzten drei Perio-
den auf, besteht keine höhere Illiquiditätswahrscheinlichkeit in Simulation S im Vergleich zu
dieser in Simulation D mehr. Bei Auftritt eines Totalverlustes trägt somit das spezialisierte Un-
ternehmen, bei dem der gesamte Produktionsprozess betroffen ist, höhere Insolvenzrisiken
als das lateral diversifizierte Unternehmen je früher sich ein Totalverlustereignis auftritt. In Si-
mulation S mit nur einem Produkt bzw. Bereich, sind die negativen Auswirkungen bei Auftritt
des Ereignisses Totalverlust in der Gesamtheit stärker als in Simulation D, obwohl die Eintritts-
wahrscheinlichkeit einer Totalverlustperiode in Simulation D wesentlich größer ist.
Natürlicherweise fällt die durchschnittliche Eigenkapitalveränderung (und der Median der Ei-
genkapitalveränderung) im Totalverlustfall in den Iterationen mit Ereignisauftritt geringer aus,
als in der Iterationen ohne Totalverlust. Dies gilt für beide Simulationen. Mittelwert und Median
sind jedoch auch bei der Betrachtung, nur der Iterationen mit Totalverlust, größer in Simulation
S, als in Simulation D. Obgleich das Totalverlustereignis in Simulation S wesentlich größere
Auswirkungen auf die Überschuldungs- und Illiquiditätsrisiken dieser Simulation hat, als dies
in Simulation D der Fall ist. Zum Vergleich dient nachfolgende Abbildung 22.
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
59
Abbildung 22: Größen der Eigenkapitalveränderung mit und ohne Totalverlust in Simu-lation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
6.6 Simulationsauswertungen in Abhängigkeit der Eigenkapitalaus-
stattungIn der Annahmen zu beiden Simulationen wurden 21 unterschiedliche Eigenkapitalausgangs-
situationen definiert. Diese wurden im Modell in gleicher Häufigkeit zu Beginn jeder Iteration
zufällig festgelegt. Die Ausprägungen der Eigenkapitalausgangssituationen beginnen mit dem
eher theoretischen Fällen von 0% Eigenkapital und schreiten in 40.000 (5%-Schritten) Inter-
vallen bis auf 800.000 voran. In den Fällen der Eigenkapitalausgangssituation von 400.000
, handelt es sich um unverschuldete Unternehmen vor der Erweiterungsinvestition, welche
die Erweiterungsinvestition mit 100 % Fremdkapital durchführen. In den Fällen Eigenkapital-
ausgangssituation 440.000 bis 760.000 handelt es sich um unverschuldete Unternehmen
vor der Erweiterungsinvestition, die zusätzlich über Liquidität verfügen, welche zur Expansi-
onsinvestition zu 100% eingebracht wird. Die Ausprägungen der Eigenkapitalausgangssitua-
tionen enden mit den ebenfalls eher theoretischen Fällen von 100% Eigenkapital vor der Er-
weiterungsinvestition und vollständige Investitionsfinanzierung aus Eigenkapital. Die Eigenka-
pitalausgangssituationen für beide Simulationen sind in der folgenden Tabelle 16 abgebildet.
Median Mittelwert Standabw. Min MaxSim. S Totalverlust 250.002 186.080 286.650 -1.168.049 715.097Sim. D Totalverlust 219.686 159.417 238.388 -863.208 537.714Sim. S kein Totalverlust 361.326 324.445 244.437 -1.200.593 905.150Sim. D kein Totalverlust 271.284 219.829 208.978 -830.199 595.079
-1250-1000-750-500-250
250500750
10001250
EK
-Ver
ände
rung
inTs
d.E
uro
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
60
Tabelle 16: Eigenkapitalausgangssituationen in Simulation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
Für die weiteren Auswertungen wurden die einzelnen Eigenkapitalausgangssituationen in
sechs Gruppen zusammengefasst, diese sind in der oberen Tabelle farblich markiert. Mit stei-
gendem Eigenkapital sinken sowohl die Überschuldungs-, als auch die Illiquiditätswahrschein-
lichkeiten in beiden Simulationen. In den Iterationen mit 0% (0 ) Eigenkapital kommt es in
beiden Simulationen in nahezu jeder Iteration zu Überschuldungs- und Illiquiditätskrisen, in
Simulation D jeweils öfter als in Simulation S. Bei einer Eigenkapitalausstattung zwischen
40.000 und 160.000 (5-20% Eigenkapital nach der Investition) kommt es bei Simulation S
in 67,24 % der Iterationen zu Illiquiditäts- und in 29,55% zu Überschuldungsengpässen. Die
Illiquiditäts- und Überschuldungsengpässe sind bei gleicher Eigenkapitalausstattung in Simu-
lation D mit 84,72% und 37,06% deutlich höher. In den Iterationen mit Eigenkapitalausstattung
von 200.000 bis 320.000 (25% bis 40% Eigenkapital nach der Investition) sind sowohl die
Überschuldungs- als auch die Illiquiditätsengpässe zum einen erneut deutlich reduziert und
zum anderen in Simulation D geringer als in Simulation S. Es könnte somit eine unterneh-
mensspezifische Eigenkapitalausstattung unter Insolvenzrisikogesichtspunkten geben, wel-
che wenn diese überschritten wird, für laterale Diversifikationserweiterung und wenn diese
unterschritten wird für Spezialisierungserweiterung spricht. In allen Iterationen mit Eigenkapi-
talausstattungssituationen über 480.000 (60% Eigenkapital nach Investition) treten weder
bei Simulation S noch bei Simulation D Überschuldungsengpässe auf. In allen Iterationen der
Simulation D, in denen die finanzielle Ausgangssituation mit höherem Eigenkapital als 520.000
(65% Eigenkapital nach Investition) beginnt, treten keinerlei Illiquiditätsengpässe auf. In der
Simulation S treten selbst in den 760.000 Eigenkapitalsituationen (95 % Eigenkapital nach
Investition) in 3 von 476 Iterationen Illiquiditätsengpässe auf. In diesen Fällen dürften die kurz-
fristigen Illiquiditätskrisen allerdings schnell behoben werden können. Die Auswertung zu den
Insolvenzrisiken in Abhängigkeit von der Eigenkapitalausstattung wird in der Abbildung 23 ver-
anschaulicht.
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
61
Abbildung 23: Insolvenzrisiken in Abhängigkeit des Eigenkapitals in t=0 (nach Investi-tion) in Simulation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
Bei der Auswertung der Eigenkapitalveränderung am Ende jeder Iteration in Abhängigkeit der
Eigenkapitalausstattung am Anfang jeder Iteration wird zunächst nur der Bereich der Eigenka-
pitalausstattung betrachtet, indem die Insolvenzrisiken in beiden Simulationen relativ hoch
sind. In der folgenden Grafik sind dabei alle Iterationsergebnisse bezüglich der Eigenkapital-
veränderung von Simulation S als blaue und Simulation D als rote Punkte dargestellt.
Abbildung 24: Eigenkapitalveränderung in Abhängigkeit des relativen Eigenkapitals int=0 (nach Investition) in Simulation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
0(0)
40-160(5-20)
200-320(25-40)
360-480(45-60)
520-640(65-80)
680-800(85-100)
Illiquidität Sim. S 84,87% 67,24% 28,92% 7,25% 1,37% 0,21%Illiquidität Sim. D 99,58% 84,72% 20,63% 0,84% 0,00% 0,00%Überschuldung Sim. S 69,33% 29,55% 2,20% 0,16% 0,00% 0,00%Überschuldung Sim. D 89,50% 37,06% 1,26% 0,00% 0,00% 0,00%
0,00%
20,00%
40,00%
60,00%
80,00%
100,00%
Inso
lven
zris
iken
in%
EK in t=0 in Tsd. Euro (in % nach I.)
-1200-1000-800-600-400-200
200400600800
10001200
EK
-Ver
ände
rung
inTs
d.E
uro
Iterationen Sim S Sim D
EK 10% EK 15% EK 20% EK 25% EK 30%
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
62
Dabei ist augenscheinlich, dass die Anzahl der negative Eigenkapitalveränderungsergebnisse
von Feld 1 (10% Eigenkapital nach Investition) in Richtung Feld 5 (30% Eigenkapital nach
Investition) in beiden Simulationen deutlich reduziert werden und das die Ergebnisse der Si-
mulation S (blaue Punkte) in allen Feldern stärker streuen, als die der Simulation D (rote
Punkte). Weiterhin ist gut sichtbar, dass sich im oberen Bereich der Abbildung (über 400 Tsd.
Euro) der Eigenkapitalveränderung nahezu ausschließlich Ergebnisse der Simulation S wie-
derfinden. Aus der Analyse der Größen Mittelwert und Median (folgende Tabellen) der Eigen-
kapitalveränderung in Abhängigkeit der Eigenkapitalausstattung ergibt sich, dass die Durch-
führung der Erweiterungsinvestition in Simulation D zwischen den Eigenkapitalsituationen 0%
und 5-20% unter Investitionsgesichtspunkten nicht sinnvoll ist. Dies ist sowohl aus den jeweilig
negativen Mittelwerten als auch an den negativen Medianen ablesbar. Bei der Simulation S
gilt dies nur bei der EK-Ausstattung von 0%, obwohl selbst dort mehr als 50 % der Iterationen
eine positive Eigenkapitalveränderung herbeiführen (abgeleitet aus positiven Median).
Bei erhöhter Eigenkapitalausstattung am Anfang einer Modelliteration kommt es in beiden Si-
mulationen zur stetigen Erhöhung der Mittelwerte und Mediane der Eigenkapitalveränderung
am Ende der Modellperioden. In allen Eigenkapitalausgangssituationen erzielt die Simulation
S einen höheren Mittelwert und einen höheren Median in Bezug auf die Eigenkapitalverände-
rung als in Simulation D. (siehe nachfolgende Tabellen 17 und 18). Die Standardabweichung
sowie die Schwankungsbreite der Eigenkapitalveränderungen sind in jedem Eigenkapitalaus-
gangscluster in der Simulation D geringer als in Simulation S. Außerdem nehmen diese beiden
Größen in beiden Simulationen mit steigendem Eigenkapitalanteil ab (siehe nachfolgende Ta-
bellen 17 und 18), was wiederum mir einer jeweiligen Reduzierung der Ertragsrisiken einher-
geht.
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
63
Tabelle 17: Mittelwert und Schwankungsbreite der Eigenkapitalveränderung in Euro inAbhängigkeit des relativen Eigenkapitals in t=0 (nach Inv.) in Simulation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
Tabelle 18: Standardabweichung und Median der Eigenkapitalveränderung in Euro inAbhängigkeit des relativen Eigenkapitals in t=0 (nach Inv.) in Simulation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
Abbildung 25: Median und Standardabweichung der Eigenkapitalveränderung in Ab-hängigkeit des relativen Eigenkapitals in t=0 (nach Investition) in Simulation S und D
Quelle: eigene Berechnungen, nach 12 Perioden bei n(S)= 10.000 und n(D) = 10.000
EK 0 (S)
EK 5-20 (S)
EK 25-40 (S)
EK 45-60 (S)
EK 65-80 (S)
EK 85-100 (S)
EK 0 (D)
EK 5-20 (D)
EK 25-40 (D)
EK 45-60 (D)
EK 65-80 (D)
EK 85-100 (D)
-200
-100
100
200
300
400
500
50 100 150 200 250 300
Med
ian
inTs
d.Eu
ro
Standardabweichung in Tsd. Euro
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
64
Der Zusammenhang zwischen dem Ertrag und den Ertragsrisiken in Abhängigkeit der Eigen-
kapitalausgangsausstattung ist für beide Simulationen in der Abbildung 25 dargestellt. Aus ihr
ist abzulesen, dass ein nahezu gleiches Ertragsrisiko in Simulation S mit 25-40% Eigenkapital
und in Simulation D mit 5-20% Eigenkapital besteht. Bei Entscheidungen zwischen diesen
beiden Situationen ist aufgrund des höheren Median der Eigenkapitalveränderung die Simu-
lation S vorteilhafter im Vergleich zur anderen. Des Weiteren sind die Mediane der Erträge des
höchsten Eigenkapitalausstattungsclusters aus Simulation D nahezu gleich mit dem zweit-
höchsten Eigenkapitalausstattungscluster aus Simulation S. Analoges gilt für jeweils das
nächsttiefere Eigenkapitalcluster beider Simulationen und das dann nächstgeringer. Bei Ent-
scheidungen zwischen diesen jeweiligen Situationen wäre aufgrund der geringeren Stan-
dardabweichung der Eigenkapitalveränderung die Simulation D vorteilhafter im Vergleich zur
anderen. Eine eindeutige Vorteilhaftigkeit bezüglich der Erträge und ihrer Ertragsrisiken (in
einem Eigenkapitalcluster der gleichen Kategorie für beide Simulationen) einer Simulation zur
anderen wäre gegeben, wenn der Median dieser größer und ebenfalls die Standardabwei-
chung der Eigenkapitalveränderung dieser Simulation geringer bzw. gleich wäre. Dies ist in
keiner Eigenkapitalanfangsausstattung zwischen beiden Simulationen anzutreffen. Ohne die
Einbeziehung von individuellen Nutzen lassen sich somit keine Aussagen darüber treffen, bei
welchen Eigenkapitalanfangsausstattungen die Simulation S oder D gegenüber der jeweils
anderen nutzenmaximal abschneidet.
6.7 Fazit der AuswertungenDer Übersichtlichkeit halber werden die Auswertungen des Kapitels 6 im Folgenden kurz zu-
sammengefasst. Über alle Iterationen beider Simulationen ergab sich ein höherer Mittelwert
(und Median) der Erträge in Simulation S und ein geringeres Ertragsrisiko, abgeleitet aus
den Standardabweichungen, in Simulation D. Dieses wurde über die Annahmen auch so
festgelegt. Sowohl das Illiquiditätsrisiko, als auch das Überschuldungsrisiko ergaben sich in
Simulation S unwesentlich geringer als in Simulation D. Die Simulation S führte in 11,1 % ih-
rer Iterationen und die Simulation D in 15,7 % ihrer Iterationen zu einer negativen Eigenkapi-
talveränderung nach 12 Perioden.
Durch die Erhöhung des Spezialisierungsgewinnes in Simulation S reduzierten sich die
Überschuldungs- und Illiquiditätswahrscheinlichkeiten deutlich. Natürlicherweise steigerten
sich die Mittelwerte und Mediane der EK-Veränderung nach 12 Perioden in Simulation S bei
Erhöhung des Spezialisierungsgewinns. Die Standardabweichung verringerte sich mit den
steigenden Mittelwerten bei Steigerung des Spezialisierungsgewinnes. Ein erhöhter relativer
Auswertung der Simulationen Spezialisierung vs. laterale Diversifikation
65
Spezialisierungsgewinn führt im Modell somit nicht nur zu erhöhten Erträgen, sondern auch
zur Reduzierung des Ertragsrisikos.
Allein aufgrund der unabhängigen Korrelation beider Deckungsbeitrage in Simulation D redu-
zieren sich die Illiquiditätsengpässen im Modell bereits deutlich. In Iterationen ohne Speziali-
sierungsgewinne erhöht sich die durchschnittliche Rendite bei gleichzeitiger Risikoreduzie-
rung durch die Unabhängigkeit der Deckungsbeiträge (laterale Diversifikation). Die Reduzie-
rung der Volatilität des 2. Deckungsbeitrages leistet im Modell keinen eindeutigen Beitrag zur
Risikoreduzierung.
In beiden Simulationen reduzieren sich die Überschuldungs- und Illiquiditätsengpässe je ge-
ringer der Darlehenszinssatz ist. Beim Vergleich beider Simulationen ergibt sich, dass bei ge-
ringen Darlehenszinsen die Insolvenzrisiken der Simulation D geringer und bei höheren Dar-
lehenszinsen die Insolvenzrisiken der Simulation S geringer ausfallen. Auch eventuelle Darle-
henszinsaufschläge und -abschläge für Expansionsstrategien, bspw. aufgrund der mangeln-
den Erfahrung in einem neuen Geschäftsbereich oder aufgrund einer steigenden Einzelmarkt-
abhängigkeit für eine weitere Spezialisierung, müssen bei risikoaversen Entscheidern Berück-
sichtigung finden.
Kommt es im Modell in einer Periode einer Iteration zum Totalverlust steigen die Insolvenzri-
siken in beiden Simulationen stark an, dieser Anstieg wird noch verstärkt je früher in einer
Iteration der Totalverlust stattfindet. Die negativen Auswirkungen auf die Insolvenzrisiken der
Totalverlustvariation sind in Simulation S höher als in Simulation D. Dies führt jedoch nicht
dazu, dass die durchschnittliche Eigenkapitalveränderung, der durch Totalverlustvariation be-
troffenen Iterationen, in Simulation D größer ist als in Simulation S.
Mit steigendem Eigenkapital sinken die Insolvenzrisiken in beiden Simulationen stark. Bei Ei-
genkapitalausstattungssituationen über 360.000 (45% Eigenkapital nach Investition, 90 %
Eigenkapital vor der Investition) treten in beiden Simulationen nahezu keine Überschuldungs-
engpässe auf. Ebenfalls nehmen die negativen Eigenkapitalveränderungen in beiden Simula-
tionen mit höherem Eigenkapitalanfangsbestand ab. Bei steigenden Anfangskapitalbestand,
reduzieren sich, in beiden Simulationen, die Insolvenz- und Ertragsrisiken bei gleichzeitig stei-
genden durchschnittlichen Erträgen. Bei geringer Eigenkapitalausstattung nehmen Mittelwerte
und Mediane der Eigenkapitalveränderung in der Simulation D negative Gestalt, dies ist in der
Simulation S nicht der Fall.
Laterale Diversifikation vs. Spezialisierung in der Landwirtschaft unter Risikogesichtspunkten
66
7 Laterale Diversifikation vs. Spezialisierung in der Land-
wirtschaft unter RisikogesichtspunktenIn der Landwirtschaft finden Preis- und Produktrisiken starke Beachtung, dies kann damit er-
klärt werden, dass bei diesen Risiken messbare, unmittelbare, permanente und kurzfristige
Auswirkungen auf den jährlichen Gewinn bzw. die kurzfristigen Erträge auftreten. Sowohl die
jährlichen Preis-, als auch die jährlichen Produktrisiken der Produkte bzw. Produktbereiche
sind bei lateraler Diversifizierung unabhängig zueinander korreliert, was risikomindernd wirkt
(Vgl. Kap. 3.4. und 6.3.). Unter diesen ersten Risikogesichtspunkten spricht viel dafür, dass
landwirtschaftliche Unternehmen in Expansionsphasen eine laterale Diversifikationserweite-
rung in Betracht ziehen sollten. Aber entscheidet sich ein landwirtschaftliches Unternehmen
für eine Diversifikationsstrategie, verzichtet es auch auf Spezialisierungsgewinne (Vgl. Kapitel
4), die bei einer Entscheidung gegen die Diversifikationsstrategie und für eine Spezialisie-
rungsstrategie auftreten würden. Diversification may also mean giving up the benefits of spe-
cializing in one enterprise in order to gain the benefits from less variability in net income (Kay
et al., 2004). Die Spezialisierungsgewinne aus einer Spezialisierungserweiterung verändern
die Erträge (Rendite) positiv und verringern die langfristigen Ertragsrisiken (Vgl. Kap. 6.2.).
Laterale Diversifikationen erfordern höhere Anforderungen bezüglich des Erwerbes neuer
Kenntnisse an die Betriebsleitung (Vgl. 2.2. Führungsrisiken). Das Befassen mit jedem einzel-
nen Bereich kann nicht so stark erfolgen, wie es in einem spezialisierten Betrieb möglich ist.
Dadurch sind die Führungsrisiken bei Diversifikation ausgeprägter als in der Spezialisierung.
Eine Spezialisierungserweiterung hat somit ebenfalls reduzierende und eine Diversifikations-
entscheidung steigende Auswirkungen auf die unternehmensbezogenen Risiken.
Ein Entscheider, welcher sich nutzenmaximal verhält, wählt bei einer ordinalen Risikonutzen-
funktion die Alternative, welche er bezüglich Chancen und Risiken bevorzugt. Bereits Marko-
witz hat 1952 aufgezeigt, dass diese Alternative nicht die mit dem geringsten Risiko sein muss
(Hoff, 2011). Wenn entsprechend bspw. bei einer Spezialisierungsexpansion die erwarteten
Erträge höher sind, als bei einer Diversifikationsexpansion und gleichzeitig das unternehmens-
spezifische Ertragsrisiko nach Diversifizierung geringer ist, als nach Spezialisierung, muss sich
ein risikoaverser (risikoscheuer) Entscheider nicht zwangsläufig für die Expansionsmöglichkeit
mit dem geringsten Ertragsrisiko entscheiden. Vielmehr kommt es in der Entscheidungssitua-
tion zwischen Spezialisierungs- und Diversifizierungsstrategie, auch für risikoaverse Entschei-
der, auf die Chance-Risiko-Kombination der erwarteten Erträge an. Eine Entscheidung für die
eine oder andere Wachstumsstrategie kann somit nur unternehmensspezifisch, in Abhängig-
keit der Präferenzen des Entscheiders erfolgen. Um die Entscheidungsfindung dieser struktu-
rierter zu gestalten, wird im Folgenden die laterale Diversifikationsexpansion der Spezialisie-
rungsexpansion, in Bezug auf der in Kapitel 2 beschriebenen landwirtschaftlichen Risiken, bei
Laterale Diversifikation vs. Spezialisierung in der Landwirtschaft unter Risikogesichtspunkten
67
gleicher Rentabilität gegenübergestellt. Dabei übernehmen die Vorüberlegungen aus Kapitel
3 und 4, sowie die Erkenntnissen aus den Modellsimulationen (Kap. 6) die tragende Säule.
7.1 PreisrisikenIm Fall der Spezialisierungserweiterung kommt es zu keiner Reduzierung von Preisrisiken zwi-
schen dem Unternehmen vor und nach Expansion. Die Häufigkeit des Auftretens von negati-
ven Preisentwicklungen ist im Unternehmen vor und auch nach der Expansion, sowohl auf den
Faktor, als auch auf den Produktmärkten identisch. Allerdings beeinflussen dieselben Preisri-
siken nach der Spezialisierungserweiterung über ihr erhöhtes Ausmaß die Unternehmenser-
träge verstärkt. Durch eine Diversifikationserweiterung gesellen sich zu den Preisrisiken für
das erste Produkt i.d.R. weitere Preisrisiken für das zweite Produkt hinzu. Die Häufigkeit des
Auftretens negativer Preisentwicklungen erhöht sich dadurch generell nach lateraler Diversifi-
kationserweiterung. Dies gilt nicht, falls das zusätzliche Produkt sowohl über sichere (oder
quasi-sichere) Produkt-, als auch Faktorenpreise verfügt, wie bspw. bei Solar- oder Windkraft-
anlagen für die ersten 20 Wirtschaftsjahre. Im Fall der lateralen Diversifikation kommt es zu
einer Reduzierung von Preisrisiken zwischen dem Unternehmen vor und nach Expansion, auf-
grund der in der Regel unabhängig zueinander korrelierten Preisrisiken. Die bedeutet aller-
dings auch, dass es kurzfristig bei beiden Produkten zu negativen Preisentwicklungen auf den
Faktor und Produktmärkten kommen könnte. Durch die Streuung der Preisrisiken auf zwei
Produkte reduzieren sich die Preisrisiken aber langfristig, im Vergleich zur Spezialisierungser-
weiterung. Dies wurde ebenso in der Modellsimulation D, über die Unabhängigkeit der De-
ckungsbeiträge, festgestellt (Vgl. Kapitel 6.3.). Aufgrund der Verringerung der Preisrisiken
durch eine laterale Diversifikationsexpansion erhöhen sich die langfristigen Unternehmenser-
träge und reduzieren sich sowohl die Ertrags- als auch Insolvenzrisiken im Vergleich zur Spe-
zialisierungsexpansion derselben Rentabilität. Die laterale Diversifikation bietet somit Preisri-
sikoreduzierungsvorteile gegenüber der Spezialisierung. Für beide Unternehmenswachs-
tumsstrategien können kurzfristige bis mittelfristige Preisrisiken aber auch durch Risikoredu-
zierungsmaßnahmen aus dem landwirtschaftliches Risikomanagement, bspw. durch Risiko-
überwälzungsmaßnahmen abgefedert oder eliminiert werden (Vgl. Kap. 2.4.).
7.2 ProduktrisikenProduktrisiken können aufgrund von unsicheren Umweltbedingungen, aber auch hinsichtlich
des betrieblichen Produktionsprozesses auftreten. Durch eine Diversifikationserweiterung
kommen zu den Produktrisiken für das erste Produkt weitere Produktrisiken für das zweite
Laterale Diversifikation vs. Spezialisierung in der Landwirtschaft unter Risikogesichtspunkten
68
Produkt hinzu. Durch die Streuung der Produktrisiken, die aus unsicheren Umweltbedingun-
gen auftreten, auf zwei Produkte, reduzieren sich diese bei lateraler Diversifikationserweite-
rung im Vergleich zur Spezialisierungserweiterung (Vgl. Kap. 3.4.). Dies wurde in der Modell-
simulation D über den Extremfall des Produktionsausfalls (Totalverlustvariation, Vgl. Kapitel
6.5.) verdeutlicht. Die Verringerung der Produktrisiken, aus unsicheren Umweltbedingungen,
durch eine laterale Diversifikationsexpansion erhöht die langfristigen Unternehmenserträge
und reduziert sowohl die Ertrags- als auch Insolvenzrisiken im Vergleich zur Spezialisierungs-
expansion derselben Rentabilität. Die laterale Diversifikation bietet somit Risikoreduzierungs-
vorteile bei Produktrisiken aus unsicheren Umweltbedingungen gegenüber der Spezialisie-
rung. Für beide Wachstumsstrategien können Produktrisiken aus unsicheren Umweltbedin-
gungen auch durch Risikoüberwälzungsmaßnahmen, z.B. Versicherungen ausgeschaltet wer-
den (Vgl. Kap. 2.4.).
Die Produktrisiken hinsichtlich des betrieblichen Produktionsprozesses reduzieren sich jedoch
nach einer Spezialisierungserweiterung, sowohl im Vergleich zum Unternehmen vor der Er-
weiterung, als auch zur lateral diversifizierten Unternehmenserweiterung langfristig. Dies re-
sultiert aus den Lern- bzw. Erfahrungseffekten von spezialisierten Unternehmen (Vgl. Kap.
4.2), die bedeutender ausgeprägt sind als in lateral diversifizierten Unternehmen. Hierdurch
kann das unternehmensspezifische Ertragsrisiko bei gleichzeitiger Steigerung der Erträge re-
duziert werden. (Vgl. Kap.6.2.). Die Verringerung der Produktrisiken, bezüglich des Produkti-
onsprozesses, durch Spezialisierungsexpansion erhöht somit die langfristigen Unterneh-
menserträge und reduziert sowohl die Ertrags- als auch Insolvenzrisiken im Vergleich zur la-
teralen Diversifikationsexpansion derselben Rentabilität. Die Spezialisierung bietet somit Risi-
koreduzierungsvorteile bei Produktrisiken aus dem betrieblichen Produktionsprozess gegen-
über der lateralen Diversifikation. Für beide Wachstumsstrategien können Produktrisiken aus
dem betrieblichen Produktionsprozess durch Risikominderungsmaßnahmen, z.B. durch Ver-
fahrenswahl (Vgl. Kap. 2.4.) reduziert werden.
7.3 VerhaltensrisikenVerhaltensrisiken treten per se sowohl vor als auch nach Spezialisierung- bzw. Diversifikati-
onsexpansionen auf und können in keinem Fall einhundertprozentig eliminiert werden . Aller-
dings steigt die Intensität der negativen Auswirkungen von Verhaltensrisiken nach einer Un-
ternehmenserweiterung, z.B. aus unsicherer Arbeitsqualität. Die Kontroll- und Identifizie-
rungskomplexität von Verhaltensrisiken in der lateralen Diversifikation im Vergleich zur Spe-
zialisierung fallen tendenziell größer aus und damit steigen die Anreize für moralisches Fehl-
verhalten. Beispielsweise ist die Leistungsmessung der Arbeitseffektivität von Mitarbeitern
Laterale Diversifikation vs. Spezialisierung in der Landwirtschaft unter Risikogesichtspunkten
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für die Unternehmensführung schwieriger, wenn diese Mitarbeiter in unterschiedlichen Be-
triebsbereichen beschäftigt sind. Dies resultiert aus der verminderten Vergleichbarkeit ihrer
jeweiligen Arbeitsleistungen. Ein Beispiel hierzu soll die Ausführungen verdeutlichen. Zwei
landwirtschaftliche Unternehmen (ein spezialisiertes und ein lateral diversifiziertes) beschäfti-
gen, z.B. jeweils 2 Mitarbeiter. Die Arbeitsleistungen beider Mitarbeiter im spezialisierten Be-
trieb sind gut miteinander vergleichbar, da die Betätigungsfelder der Mitarbeiter gleich oder
ähnlich sind. Die Arbeitsleistungen der Mitarbeiter im lateral diversifizierten Betrieb sind
schlechter miteinander vergleichbar, da die Betätigungsfelder der Mitarbeiter unterschiedlich
sind. Der Anreiz zu moralischem Fehlverhalten, z.B. bei der Arbeitseffektivität, ist dadurch in
lateral diversifizierten Betrieben höher. Die Verhaltensrisiken in lateral diversifizierten Unter-
nehmen nehmen ein höheres Ausmaß an, als die Verhaltensrisiken in spezialisierten Unter-
nehmen. Die Spezialisierung bietet somit Risikoreduzierungsvorteile bei Verhaltensrisiken
gegenüber der lateralen Diversifikation. Für beide Wachstumsstrategien können Verhaltens-
risiken durch innerbetriebliche Risikomanagementmaßnahmen (Vgl. Kap. 2.4.) gemindert
werden, bspw. durch Interessensgemeinschaft.
7.4 Institutionelle RisikenVor institutionellen Risiken sind weder lateral diversifizierte noch spezialisierte landwirtschaft-
liche Betriebe gefeit. Einige institutionelle Risiken wirken gleichermaßen auf beide Arten von
Unternehmen, z.B. durch die Veränderung von Steuerregelungen. Andere institutionelle Ver-
änderungen betreffen nur einzelne Produktbereiche oder Produktionsformen. Diese haben nur
Auswirkungen auf die betroffenen Betriebe bzw. Produktionsbereiche, z.B. Abschaffung der
Milchquote. Die Auswirkungen von institutionelle Risiken (Veränderungen) sind im betroffenen
spezialisierten Betriebe größer, als im betroffenen lateral diversifizierten Betrieb. Auch dies
soll ein Beispiel verdeutlichen. Die Abschaffung der Milchquote hat auf einen spezialisierten
Milchbetrieb tendenziell größere Auswirkungen, als auch einen lateral diversifizierten Milch-
Obstanbau-Betrieb, aber keine Auswirkungen auf einen spezialisierten Obstbauern. Folglich
ist das Risiko der Betroffenheit einiger institutionellen Veränderung in lateral diversifizierten
Unternehmen größer, aber die Auswirkungen von diesen institutionellen Risiken sind bei be-
troffenen spezialisierten Unternehmen tendenziell höher. Die laterale Diversifikation bietet so-
mit Reduzierungsvorteile für Institutionelle Risiken gegenüber der Spezialisierung.
Laterale Diversifikation vs. Spezialisierung in der Landwirtschaft unter Risikogesichtspunkten
70
7.5 GesellschaftsrisikenAnalog zu den institutionellen Risiken verhalten sich die Gesellschaftsrisiken. Auch hier gibt
es Risiken, die gleichermaßen auf spezialisierte und lateral diversifizierte Unternehmen wir-
ken, z.B. das Fehlen qualifizierter Arbeitskräfte. Auf der anderen Seite gibt es gesellschaftliche
Risiken, bei denen nur einzelne landwirtschaftliche Bereiche betroffen sind, z.B. EHEC-Be-
richterstattung (Vgl. Kap. 2.2.). Folglich ist auch das Risiko der Betroffenheit einiger Gesell-
schaftsrisiken in lateral diversifizierten Unternehmen größer, aber die Auswirkungen von die-
sen Gesellschaftsrisiken sind bei betroffenen spezialisierten Unternehmen tendenziell höher.
Die laterale Diversifikation bietet somit Reduzierungsvorteile für Gesellschaftsrisiken gegen-
über der Spezialisierung.
7.6 FinanzrisikenDas Finanzrisiko rührt aus den Zahlungsverpflichtungen von Unternehmen. Die Ausprägungen
der Zahlungsverpflichtungen in einem Unternehmen an sich sind zunächst unabhängig von
der Unternehmenswachstumsstrategie. Die Höhe des Fremdkapitalanteils, das Zinsniveau
(und die Veränderung des Zinsniveaus), sowie die Höhe der Pachtzahlungsverpflichtungen
bspw. speisen das Ausmaß der finanziellen Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes. So-
wohl spezialisierte, als auch lateral diversifizierte Unternehmen können durch die Reduzierung
ihrer Zahlungsverpflichtungen ihre Finanzrisiken senken. Dies ist in den Simulationsauswer-
tungen zum Darlehenszins (Vgl. Kap. 6.4.) und zur Eigenkapitalanfangsausstattung (Vgl. Kap.
6.6.) verdeutlicht worden. Für die Bedienung und Reduzierung von Zahlungsverpflichtungen
sind sowohl die Erträge als auch die Ertragsrisiken von Relevanz. Aufgrund der geringeren
Ertragsrisiken durch eine laterale Diversifikationsexpansion reduzieren sich somit die Finanz-
risiken im Vergleich zur Spezialisierungsexpansion derselben Rentabilität. Sind die Erträge
von spezialisierten Unternehmungen, aufgrund von Spezialisierungsgewinnen, gegenüber la-
teral diversifizierten Unternehmen größer, dann lassen sich keine eindeutigen Aussagen zur
risikoreduzierten Wachstumsrichtung in Bezug auf die Finanzrisiko tätigen.
7.7 FührungsrisikenFührungsrisiken sind im engeren Sinne abhängig von den Personen, welche die Führung ei-
nes Unternehmens bilden. Daher ist das Niveau der Führungsrisiken in einem Unternehmen
generell unabhängig von der Unternehmenswachstumsstrategie. Tendenziell sind aber Ent-
scheidungen der Betriebsleitung in lateral diversifizierten Betrieben vielschichtiger als in spe-
zialisierten Betrieben. Aufgrund der erhöhten Quantität in markt- und produktionsbezogenen
Laterale Diversifikation vs. Spezialisierung in der Landwirtschaft unter Risikogesichtspunkten
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Kenntnisse für mehrere Bereiche fällt die Qualität dieser Kenntnisse von Unternehmensleitern
in diversifizierten Unternehmen tendenziell geringer aus, als in spezialisierten Unternehmen.
Dies erhöht die Gefahren von Fehlentscheidungen. Außerdem müssen die Interessen der Un-
ternehmensführung nicht zwangsläufig den Interessen des Unternehmens entsprechen. Dies
gilt vor allem, wenn es sich bei Unternehmenseigner(n) und Unternehmensführer(n) nicht um
identische Person handelt oder wenn Stakeholder Interessen in den Unternehmensinteressen
berücksichtigt werden. Möchte ein Unternehmensführer z.B. stabile Gewinne über viele Jahre
erwirtschaften, wird er versuchen eine ertragsrisikoreduzierte Strategie umzusetzen, auch
wenn das Interesse der Unternehmenseigner bspw. auf eine ertragsmaximierende Strategie
abzielt. Die Überprüfung der zielgerichteten Unternehmenssteuerung ist aus Komplexitäts-
gründen in lateral diversifizierten Unternehmen schwieriger als in spezialisierten Unterneh-
men. Führungsrisiken im weiteren Sinne können somit in lateral diversifizierten Unternehmen
im Vergleich zu Führungsrisiken im spezialisierten Unternehmen erhöht auftreten. Die Spezi-
alisierung bietet somit Risikoreduzierungsvorteile bei Führungsrisiken gegenüber der lateralen
Diversifikation. Für beide Wachstumsstrategien können Führungsrisiken durch Risikominde-
rungsmaßnahmen, z.B. durch Weiterbildung (Vgl. Kap. 2.4.) reduziert werden. Bei Unterstel-
lung von konstantem Zeiteinsatz und konstanter Lernverarbeitung von zwei Betriebsleitern, ist
jedoch der Betriebsleiter des spezialisierten Betriebes gegenüber dem des lateral diversifizier-
ten Betriebes im Vorteil, da er sowohl die gesamte Zeit, als auch den gesamten Lernverarbei-
tungsprozess nur in einem Produkt bzw. Produktprozess verbringen kann.
7.8 RisikofazitDas letzte Beispiel aus Kapitel 7.1.7. hat nochmals verdeutlicht, dass die Grenze zwischen
den sieben dargestellten landwirtschaftlichen Risiken nicht starr verläuft, denn dieses Bei-
spiel kann auch für Verhaltensrisiken angeführt werden. Aus der Vertiefung der Vergleichs-
diskussion zwischen Spezialisierung und lateraler Diversifikation unter Risiko wird deutlich,
dass es sowohl Risiken gibt, in denen Spezialisierungserweiterungen, sowie welche, in de-
nen lateral diversifizierte Expansionen risikomindernd wirken. Laterale Diversifikation mindert
somit nur bedingt Risiken im Vergleich zur Spezialisierung, denn Produktprozessrisiken, Ver-
haltensrisiken und Führungsrisiken dürften in der lateralen Diversifikation vergleichsweise
tendenziell höher ausfallen. Aber andererseits mindert laterale Diversifikation im Vergleich
zur Spezialisierung die Preis- und Gesellschaftsrisiken, Institutionelle Risiken, sowie die Pro-
duktrisiken aus unsicheren Umweltbedingungen. Dieses gilt ohne die Betrachtung von Ren-
diteauswirkungen auf die Unternehmensrisiken. Somit verfügen sowohl die laterale Diversifi-
kation als auch die Spezialisierung über risikomindernde Funktionen.
Laterale Diversifikation vs. Spezialisierung in der Landwirtschaft unter Risikogesichtspunkten
72
Renditeerhöhungen mindern die Ertrags- und Insolvenzrisiken von Unternehmen (Vgl. Kap. 4
und 6.2.). Daher dürfen die Betrachtungen der möglichen Renditen bei einer Erweiterungs-
entscheidung unter Risikogesichtspunkten nicht außer Acht gelassen werden. Ergeben sich
langfristige Renditevorteile für die eine oder andere Wachstumsstrategie, kann sich die Risi-
kobewertungsrangfolge der beiden vorgestellten landwirtschaftlichen Expansionsstrategien
verändern. Spezialisierungsgewinne treten i.d.R. in der Spezialisierungserweiterung auf. Der
Verzicht auf Spezialisierungsgewinne steigt tendenziell, je weiter der sachliche Zusammen-
hang zwischen den Produkten ausfällt. Die Renditevorteile zwischen beiden vorgestellten
Wachstumsstrategien müssen nicht zwangsläufig auf der Seite der Spezialisierung auftreten,
denn auch durch das Heben von Synergieeffekten durch Diversifikation sind Renditesteige-
rungen möglich. Die Synergiepotentiale sind bei lateraler Diversifikation im Vergleich zu hori-
zontaler und vertikaler Diversifikation jedoch am geringsten, aufgrund des fehlenden Zusam-
menhangs zwischen den Produkten.
Bei Entscheidungen unter Risiko müssen auch die Risikoeinstellungen der Entscheider in
Betracht gezogen werden. Dies gilt, wenn keine eindeutigen Aussagen im Vergleich von
zwei Situationen getätigt werden können, die für alle Risikoeinstellungen gelten. Im Abwä-
gungsprozess zwischen den beiden vorgestellten Investitionsalternativen, können alle unter-
nehmensspezifisch entscheidenden Einzelrisiken und mögliche langfristige Renditeentwick-
lungen betrachtet werden. Zur Abschätzung können Rangordnungen (Rankings) und Ge-
wichtungen den Entscheidern helfen, unternehmensspezifische Risikovorteile und Risiko-
nachteile zwischen lateraler Diversifikation und Spezialisierung zu identifizieren und zu be-
werten.
Zusammenfassung
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8 ZusammenfassungUnternehmen streben nach Wachstum. Aufgrund knapper finanzieller und anderer Ressour-
cen können nicht beliebig viele Wachstumsstrategien umgesetzt werden. In Wachstumspro-
zessen müssen demzufolge Richtungsentscheidungen getroffen werden. Dies gilt auch für
landwirtschaftliche Betriebe. In der Landwirtschaft treten Risiken aus verschiedensten Strö-
mungen auf. Risiken können eingegangen oder gesteuert werden. Zur Risikosteuerung ste-
hen landwirtschaftlichen Unternehmungen verschiedenartigste Maßnahmen zur Verfügung.
Laterale Diversifikationsmöglichkeiten bieten sich vor allem im außerlandwirtschaftlichen Be-
reich, bspw. im Markt für erneuerbare Energien. Laterale Diversifikationsexpansionen bieten
Risikoreduzierungspotential, vor allem aufgrund der unabhängigen Risikokorrelation zwi-
schen den Produkten. Gleichzeitig sind jedoch Synergiepotentiale und dadurch auch künftige
Renditeerhöhungen begrenzt. Außerdem treten in einigen Risikobereichen potentielle Risiko-
ausbreitungen auf. Für laterale Unternehmensdiversifikationsmöglichkeiten im außerlandwirt-
schaftlichen Bereich gibt es kaum Restriktionen. Anders gestaltet sich dieses Feld bei einer
Spezialisierungserweiterung, da dort oftmals Restriktionen, z.B. durch die Faktorenknappheit
bei Boden in der landwirtschaftlichen Produktion oder durch Anbauobergrenzen bei Markt-
früchten, auftreten. Aus dem Unternehmenswachstum durch Spezialisierung treten Speziali-
sierungsgewinne auf. Erhöhte Renditemöglichkeiten reduzieren Insolvenz und Ertragsrisiken.
Auch in anderen Risikofelder reduziert die Spezialisierungserweiterung Risiken. Allerdings
gibt es Risikoarten in denen eine Spezialisierungserweiterung die jeweiligen Risiken daraus
stark erhöht. Die Höhe der eingegangenen Zahlungsverpflichtungen spielt sowohl bei Insol-
venz- als auch Ertragsrisiken und in beiden unabhängig von der Wachstumsstrategie eine
besonders große Rolle. Durch die Reduzierung der Zahlungsverpflichtungen kann im Unter-
nehmen sowohl Risikoreduzierung als auch Ertragswachstum herbeigeführt werden. Das gilt
insbesondere bei stark verschuldeten Unternehmen und unabhängig der Wachstumsstrate-
gie. Ebenso können andere Risiken unabhängig von der Wachstumsrichtung durch Risiko-
managementmaßnahmen vermindert oder eliminiert werden. Lediglich für einzelne Risiken
ist eine dementsprechende Bewertung möglich, diese ist im Kapitel 7 erfolgt.
Investitionsentscheidungen und Richtungsentscheidungen zur Unternehmensstrategie sind
komplexe und individuelle Angelegenheiten. Mit welchen Gewichtungen einzelnen Risiken
zum Gesamtrisiko eines Unternehmens beitragen, ist unternehmensspezifisch verschieden.
Außerdem sind Risikoeinstellungen und Präferenzen von Entscheider zu Entscheider eben-
falls unterschiedlich. Bewertungen bezüglich der eindeutigen Vorteilhaftigkeit der lateralen
Diversifikation gegenüber der Spezialisierung und umgekehrt, können aus den Betrachtun-
gen der Gesamtheit aller Risiken, den Renditeüberlegungen und der Risikoeinstellungen
nicht getroffen werden.
Literatur- und Quellenverzeichnis
74
Literatur- und QuellenverzeichnisHoag, D. L. Applied Risk Management in Agriculture , 2009
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Mußhoff, O.; Hirschhauer, N Modernes Agrarmanagement , 2011, 2. Auflage, Verlag Franz
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Odening, M.; Bokelmann, W. Agrarmanagement , 2001, 2.Auflage, Verlag Eugen Ulmer
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Picot, A., Dietl, H., Franck, E. Organisation Eine ökonomische Perspektive , 1999, 2.Auf-
lage, Schäffer-Poeschel, Stuttgart
Porter, M. E., Competitive strategy: techniques for analyzing industries and competitors ,