www.lahn-dill-kliniken.de Masernausbruch im Krankenhaus – Evaluation von 10 arbeitsbedingten Masernfällen bei medizinischem Personal Wie haben wir reagiert und was haben wir daraus gelernt? Ute Hiller – ärztliche Leitung Krankenhaushygiene – Lahn-Dill-Kliniken GmbH
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Masernausbruch im Krankenhaus – Evaluation von 10 arbeitsbedingten Masernfällen bei medizinischem Personal
Wie haben wir reagiert und was haben wir daraus gelernt? Ute Hiller – ärztliche Leitung Krankenhaushygiene – Lahn-Dill-Kliniken GmbH
Zeitlicher Verlauf
• Einweisung Pat. mit gesicherter Masernerkrankung von auswärtigem Gesundheitsamt, stationär vom 31.01.-07.02.2017, Versorgung nur durch MA mit ausreichendem Immunstatus: ab Aufnahme isoliert, Schleusenzimmer, MNS.
• Meldung durch Personalarzt am Dienstag, 14.Feb.2017 über einen erkrankten MA des ärztlichen Dienstes
• Exanthem seit 14.Feb. (Exanthem minus 5 Tage = Beginn der Infektiosität) somit ansteckend seit mindestens Donnerstag, 9.Februar
• Dienst bis Samstag, 11.Februar mit Versorgung der unfallchirurgischen Ambulanz und Station
• Impfanamnese negativ, kein sicherer Kontakt mit Indexpatient
• Diagnosesicherung durch NRZ-Kit (PCR aus Rachenabstrich)
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Diagnose Masernerkrankung
• Klinisches Bild generalisierter Ausschlag (makulopapulös), Fieber und mindestens eines der drei folgenden Kriterien: Husten, Katarrh, Rötung der Bindehaut
• Labordiagnostischer Nachweis - Direkter Erregernachweis (PCR) aus Rachenabstrich, Zahntaschenflüssigkeit, Urin, Liquor bei ZNS-Komplikationen. Unterscheidung Wildvirus/Impfvirus möglich - Indirekter serologischer Nachweis: IgM-AK-Nachweis, IgG-Ak-Nachweis bei deutlicher Änderung zwischen zwei Proben oder IgG Serokonversion
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-Falldefinitionen des Robert Koch-Instituts zur Übermittlung von Erkrankungs- oder Todesfällen und Nachweisen von Krankheitserregern. Stand 01.01.2015 -Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen - S2k-Leitlinie -AWMF Registernummer 0093/001 -Mankertz A: Beantwortung der Frage: Infektion mit Wildvirus oder Impfvirus.Epid Bull 2017;22:201 – 203 | DOI 10.17886/EpiBull-2017-030.2
Zeitlicher Verlauf
• Erstellung Kontaktlisten von stationären Patienten, ambulanten Patienten und Mitarbeitern ca 50 stationäre Patienten, 100 ambulante Pat mit Angehörigen, 40 MA mit direktem Kontakt
• Abklärung Impfstatus alle MA Unfallchirurgie, Impfangebot
• Welche MA haben einen ausreichenden Immunstatus? 2 nachgewiesene Impfungen oder vorliegender Impftiter. Anamnestische Masernerkrankung ist nicht als ausreichender Immunstatus zu werten!
• Dokumentation des Betriebsarztes unzureichend
• Bei unklarem Immunstatus Dauer bis Einsatzfähigkeit bei Titerbestimmung 2 Tage, bei Impfung 2 Wochen
Entscheidung zur Titerbestimmung (Masern IgG und IgM) bei allen Mitarbeitern, Freistellung und Impfung bei fehlendem Titer
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Rechtliche Grundlagen
2015 Präventionsgesetz: Einführen des §23a in das IfSG Bundesgesetzblatt: Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention (Präventionsgesetz-PrävG) 2015
• Von 17.02. bis 27.02. ist bei 1246 von 1681 Mitarbeitern Masern- IgG und –IgM bestimmt worden
• 64 von 1681 (3,8%) Mitarbeiter hatten keinen ausreichenden Immunstatus, davon 7 trotz nachgewiesenen Impfungen (2 Impfungen im Impfpass dokumentiert), in der Folge 62 geimpft
• 10 Mitarbeiter sind an Masern erkrankt
• Somit fehlender Schutz bei 74 MA (4,4%)
• 6 von 659 (0,91%) vor 1970 geborene MA hatten keinen ausreichenden Schutz, einer hiervon ist an Masern erkrankt
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MA mit nachgewiesener Maserninfektion
♂/♀
Alter Abteilung Exanthem Impfung PCR
m 33 Arzt 13.02. Nein x
m 49 Interne Logistik 14.02. Nein nein
m 32 Reinigungsdienst 16.02. Nein nein
w 27 Pflege 15.02. Nein x
w 31 Arzt 17.02. Nein x
w 21 Pflege 06.02. 2x nein
w 44 Pflege 16.02. Nein x
w 40 Pflege 13.02. Nein nein
m 34 Pflege 13.02. 1x nein
w 42 Pflege 17.02. Fraglich 2x nein
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Reinigen des Ambulanzraumes 2h nach Verlegung des Patienten
Primäres oder sekundäres Impfversagen?
Masern im Gesundheitswesen
• Berufliches Infektionsrisiko von med. Beschäftigte:13 bis 19-mal so hoch wie in der Normalbevölkerung
Chen et al. JID 2011, Botelho-Nervers et al. Vaccine 2012
• Ca. 20% der Masernfälle in Ländern, die die Masernelimination anstreben, sind nosokomial bedingt
Botelho-Nervers et al. Vaccine 2012
• In einer franz. Studie konnte jedoch jeder 4. med. Beschäftigte keine Angaben zu seinen Masern- und Mumpsimpfstatus machen Botelho-Nevers et al. Eurosurveill 2011
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Vermeidung Infektionen bei Patienten
• Nur MA mit gesicherter Immunität
• Kenntnis des Immunstatus der Patienten, v.a. in Risikobereichen (Geburtshilfe, Hämato-Onkologie, Intensivstationen)
• Fehlende Immunität bei Patienten: Impfung, Umkehrisolation
• Besonders gefährdet: Säuglinge von Müttern ohne Immunität = kein Nestschutz
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Immunstatus der Patienten
• Von 31. Januar bis 31.März wurden 7 gesicherte Masernfälle stationär behandelt (davon 1 Mitarbeiter)
• 7 weitere Verdachtsfälle haben sich nicht bestätigt
• Bis 28.2. bei insgesamt 29 Patienten einen unzureichenden Titer festgestellt, davon 2 Pat. geburtshilfliche und 7 Pat. der Hämato-Onkologie
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(geschätzte) Kosten
• Serologie-Bestimmungen, sonstige Sachkosten: ca 50t €
• Kenntnis über Immunstatus von impfpräventablen Erkrankungen aller Mitarbeiter Voraussetzung - Diskussion: Impfnachweis ausreichend? Zusätzlich Serologie notwendig? Ggf in Risikobereichen?
• Schneller Zugriff auf Befunde und Status erforderlich (Archivierung IT-gestützt und/oder MA-gebunden?)
• Festlegung des geforderten Immunstatus der MA durch Geschäftsführung sinnvoll
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Zusammenfassung - Ausbruchsgeschehen
• Zusammenarbeit mit Gesundheitsamt wichtig
• Frühzeitiges Einberufen des Krisenstabes hilft
• Klare, schnelle Kommunikation mit allen MA sehr schwierig
• IT-Unterstützung essentiell
• Kommunikation nach außen – Pressestelle frühzeitig einbeziehen
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Vielen Dank für die Unterstützung an
Prof. Dr. Dr. Sabine Wicker - Vorsitzende der Nationalen
Verifizierungskommission Masern/Röteln beim Robert Koch-Institut