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ETH Library Management von umstrittenen Technologien Doctoral Thesis Author(s): Biedermann, Andreas Publication date: 2007 Permanent link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-005426420 Rights / license: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information, please consult the Terms of use .
304

Management von umstrittenen Technologien

May 06, 2023

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Khang Minh
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Page 1: Management von umstrittenen Technologien

ETH Library

Management von umstrittenenTechnologien

Doctoral Thesis

Author(s):Biedermann, Andreas

Publication date:2007

Permanent link:https://doi.org/10.3929/ethz-a-005426420

Rights / license:In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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Page 2: Management von umstrittenen Technologien

DISS. ETH Nr. 17131

MANAGEMENT VON UMSTRITTENEN TECHNOLOGIEN

ABHANDLUNG

zur Erlangung des Titels

DOKTOR DER WISSENSCHAFTEN

der

ETH ZÜRICH

vorgelegt von

ANDREAS BIEDERMANN

Dipl. Betr.- u. Prod.-Ing. ETH

Geboren am

26. Oktober 1978

von

Obergösgen, Solothum

Angenommen auf Antrag von

Prof. Roman Boutellier

Prof. Volker Hoffmann

2007

Page 3: Management von umstrittenen Technologien

/usammenfassimg IV

Zusammenfassung

Umstrittene Technologien sind Lösungsprinzipien, welche bereits Anwendung finden und

die möglicherweise in Zukunft abgelehnt werden. Immer wieder geraten Technologien unter

Druck der Öffentlichkeit und werden verboten. Zweifel an eingesetzten Technologien wer¬

den Unternehmen auch in Zukunft beschäftigen. Die Gründe für die Ablehnung rühren oft

von gesundheitlichen oder ökologischen Bedenken her. Daneben können aber auch Gründe

wie nachhaltiger Einsatz von Ressourcen, Interferenzen mit anderen Technologien oder auch

ungewollte, gesellschaftliehe Veränderungen den Einsat/ einer Technologie verunmögli¬chen.

Oft existieren bereits früh Anzeichen zur Besorgnis. So können beispielsweise wissenschaft¬

liche Erkenntnisse vorliegen, welche aber kontrovers diskutiert werden. Auf der anderen

Seite zeigen viele Beispiele, dass Ablehnung auch durch die sinkende gesellschaftliche Ak¬

zeptanz bereits bekannter Auswirkungen entsteht. Die in diesem Zusammenhang wichtige

Verstärkung im gesellschaftlichen Umfeld geschieht durch staatliche und private Regulato¬ren, die Öffentlichkeit und insbesondere die Medien. Abhängigkeiten innerhalb der Wert¬

schöpfungskette führen ihrerseits zu einer Verstärkung des Druckes zum Phase-Out.

Zweifel kommen oft auf, erst nachdem die Technologie bereits eine kritische Verbreitungerreicht hat. Die intensivere Anwendung von Technologien und immer genauere Analyseme¬thoden jeglicher Art zum Nachweis kleinster Veränderungen werden auch in Zukunft immer

wieder Technologie unter Bcschuss kommen lassen.

Die vorliegende Forschungsarbeit zeigt Zusammenhänge im gesellschaftlichen Umfeld und

der Wertschöpfungskette aus Sicht der Unternehmen im Umgang mit umstrittenen Techno¬

logien auf. Durch 49 untersuchte Unternehmensfälle in Zusammenhang mit umstrittenen

Technologien konnten unterschiedliche Erkenntnisse gewonnen werden:

In den betroffenen Unternehmen durchlaufen umstrittene Technologien unterschiedliche

Phasen: Phasc-In als unbescholtene Technologie, Identifikation als umstrittene Technologie,

Handling, Phase-Out und Clean-Up. Wobei zu Beginn die Technologie gemeinhin als Prob¬

lemlösung verstanden wird, entwickelt sich ihre Wahrnehmung im Laufe der Zeit zuneh¬

mend zu einem Problem, dass es in den Augen der Finnen so rasch wie möglich loszuwer¬

den gilt.

Das Management muss demzufolge sicherstellen, dass drei Hauptaufgaben erfüllt werden:

Identifikation der Technologie als umstritten, den bewussten Umgang mit der umstrittenen

Technologie garantieren und notfalls einen geordneten Phasc-Out bcschliessen und durch¬

führen,

Identifikation: Einige Technologien werden durch das eigene Unternehmen direkt eingesetzt,der Grossteil wird aber durch die Lieferanten implizit in zugekauften Komponenten oder

Rohstoffen geliefert. Zum Aufspüren von umstrittenen Technologien empfiehlt sich der Out¬

side-Fn-Ansatz: Manager sollen ausgehend von Trends im Umfeld die möglichen Auswir¬

kungen auf das eigene Unternehmen abschätzen und nicht primär jede einzelne Technologieüberwachen. Durch dieses Vorgehen soll verhindert werden, dass die vielen Technologienohne Relevanz betrachtet werden. Eine umstrittene Technologie kann in vielen Produkten

und auch Prozessen zur Anwendung kommen.

Page 4: Management von umstrittenen Technologien

Zusammenfassung v

Es ist unmöglich, alle potentiellen Nebcncffcktc des Technologieeinsatzes frühzeitig zu ent¬

decken. Mit Überraschungen ist daher zu rechnen, was ein kontinuierliches Monitoring von

Produkten und Prozessen unabdingbar macht. Eine enge Kommunikation mit beispielsweise

Gesetzgebern, Kunden und Wissenschaftlern hilft, aufkommende Probleme frühzeitig zu

identifizieren und zu adressieren.

Handling: Die Unternehmen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen dem Druck zum

Phasc-Out einer Technologie und der Verfügbarkeit von Alternativtechnologien. In Abhän¬

gigkeit dieser zwei Dimensionen befinden sie sich in einer von vier Situationen: Dominant

Design, Lock-ln, Zugzwang und Trade-Off. Je nach Situation bieten sich unterschiedliche

Handlungsvarianten an: Alternativen verfügbar machen, Alternativen verunmöglichen, Ak¬

zeptanz erhöhen, Marktausstieg oder Technologie-Substitution. Die meisten Unternehmen

machen Technologien erst unter äusserem Druck verfügbar. Nach erfolgtem Phasc-Out einer

Technologie ist sogar das bewusste Erhöhen des Druckes teilweise sinnvoll.

Der Druck zum Phasc-Out entsteht durch das Zusammenspiel von drei Teilmechanismen im

Umfeld: Anstoss zur Besorgnis, Verstärkung im sozialen Umfeld und Ablehnung in der

Wertschöpfungskette. Der daraus resultierende Druck manifestiert sich aus Untemehmcns-

sicht auf vier Arten: Eigene Zweifel, gesellschaftlicher Druck, Nachfragccinbruch und Be-

schaffüngsproblemc. Um die Ablehnung einer Technologie und die Relevanz für das Unter¬

nehmen einordnen zu können lohnt es sich, diese vier Ausprägungen gemeinsam zu betrach¬

ten und zu einem Gesamtbild zu verdichten. Eine einseitige Betrachtung birgt die Gefahr in

sich, relevante Zusammenhänge zu übersehen und die Relevanz des Themas falsch einzu¬

schätzen.

Phase-Out: Zum Phase-Out einer Technologie stehen Substitution und Marktausstieg zur

Verfügung. Wenn möglich verfolgen die Unternehmen die Substitution, wobei aber die

Funktionalität von umstrittenen Technologien nicht rasch substituierbar ist. Der gesamte

Prozess vom Verfügbarmachen von Alternativen bis zum letzten Einsatz der Technologiedauert oft mehrere Jahrzehnte und die sich zeitlich verändernden Rahmenbedingungen sind

ungewiss. Auch wenn die Technologie nicht mehr eingesetzt wird, beschäftigt sie Unter¬

nehmen auch nach dem Phasc-Out noch weiter, da beispielsweise noch Ersatzteilgarantienerfüllt werden müssen oder Schadeusersatz-Forderangen auf die Unternehmen zukommen.

Page 5: Management von umstrittenen Technologien

Abstiact vi

Abstract

Controversial technologies are solution principles that arc being used and that might become

subject of rejection m future. Again and again, technologies get under pressure of the publicand are forbidden. In future, as it was in the past, doubts about technologies will affect en¬

terprises. The reasons for rejecting a technology are often of a health or ecology-related na¬

ture. Tn addition, sustainable use of resources, interferences with other technologies, or undc-

sired, social changes may trigger a technological rejection.

Often, early warnings of potential adverse effects exist already at market introduction of a

technology. For example, there might already be scientific results around that point to such

effects. But usually, the findings of these early studies are discussed controversially and a

consensus can not easily be reached. On the other side, many examples show that rejectioncan also be triggered by decreasing acceptance of already well-known adverse effects. The

social amplification of the rejection happens through governmental or private regulators, the

public and especially through the media. Dependencies within the value chain increase the

pressure to phase out. Usually, well-founded doubts occur only after the technology has

reached a critical level of diffusion, because with increasing diffusion of a technology, the

number of application cases and the strength of any effects of a technology arc increasing. Tn

special, the generally intensified use of technologies and increasingly apparent methods for

analysis to detect smallest changes will let many other technologies to get under fire.

This research aims to illustrate from the enterprises' perspective the relevant relationships in

the social environment of a company as well as in the value chain, to help to understand the

relevant mechanisms. By interviewing representatives of 49 companies that are or were af¬

fected of controversial technologies, the relevant insights have been collected.

Controversial technologies go through different characteristic phases: Phase-Tn as an uncon-

troversial technology, Identification of the technology as controversial, Handling, Phase-Out

and Clean-Up. Whereas at the beginning, a technology is usually perceived as a solution to a

problem, a controversial technology develops into a problem itself, of which managementwants to get rid of as quickly as possible. Tn consequence, the management has to ensure that

the three main tasks arc being fulfilled: Identification of a technology as controversial, han¬

dling the controversial technology systematically and - if appropriate -- deciding the phase-out of a technology and ensuring its proper realization.

Identification: A controversial technology can occur in many different products and proc¬

esses. Some of these technologies are used by an enterprise itself, but the big part is suppliedhowever by the suppliers implicitly in purchased components or raw materials. To detect

disputed technologies, an outsidc-in approach is most suitable: Starting with external trends

and worries about a technology, managers are to measure the possible effects on the own

company. It is not recommended to monitor every single technology since due to the hugeamount of technologies that a company is applying. Choosing the outsidc-m approach also

allows for integrating the external perspective on a technology. When a technology is subjectto become controversial, the external view on a technology is typically more relevant than

the company's own view.

It is impossible to reveal all potential negative side effects of a technology. Surprises there¬

fore always have to be expected, what turns a continuous monitoring of products and proc-

Page 6: Management von umstrittenen Technologien

Abstract vu

esses indispensable. Close communication with for example legislators, customers and scien¬

tists helps to identify and address arising problems promptly.

Handling: Companies find themselves in the area of conflict between the pressure to phaseout a technology and the simple availability of alternative technologies. In dependence of

these two dimensions, four different strategic situations can be distinguished; Dominant De¬

sign, Lock-Tn, Zugzwang, and Trade-Off Depending upon the situation, the management

can dispose of different variants of action: Make available alternatives, make alternatives

unfeasible, increase acceptance, market exit, or technology substitution. By most enterprises,alternatives arc made available under outside pressure only. After the phase-out of a technol¬

ogy, even the intended increase of the pressure might be meaningful.

Pressure to phase out results out of the interaction of three partial mechanisms in the envi¬

ronment: Trigger for concern, social amplification thereof, and rejection in the value chain.

From a company's perspective, the resulting pressure manifests in four different kinds: Own

doubts, social pressure, drop in demand, and procurement difficulties. In order to assess the

pressure, a combined assessment of these four kinds is worthwhile. A one-sided observation

holds the danger of a fragmentary analysis of the situation. The relevance of the topic mightbe assessed wrongly.

Phase Out; To phase out a technology, management can dispose of two alternatives: Substi¬

tution and market exit. If possible the enterprises choose the substitution to avoid losses in

revenue. Typically, the functionality of disputed technologies can not be replaced rapidly.The entire process from starting to malcc available the alternatives to the last employment of

a technology lakes several decades and the behavior of the constraints during this period is

highly uncertain. Even if the technology is not actively used any longer, companies have to

deal with the topic for years: Warranty of spare parts, possible claims for compensation, and

others must be dealt with.

Page 7: Management von umstrittenen Technologien

Vorwort il

Vorwort

Die vorliegende Dissertationsschrift ist das Resultat einer mehrjährigen Forschungsarbeit amLehrstuhl für Technologie- und Innovationsmanagement, des Departements Management,Technologie und Ökonomie der ETH Zürich. Die Beleuchtung des gewählten Forschungs¬gebietes - dem Management von umstrittenen Technologien - war für mich eine grosse

Freude und eine spannende Herausforderung, da dieses einen Bereich des Technologiema¬nagements abdeckt, welcher in der Literatur oft nur am Rande behandelt wird.

Ein ganz besonderer Dank geht an meinen Doktorvater, Prof. Dr. Roman Boutellier, für sei¬

ne fachliche Unterstützung und das Vertrauen, welches er mir bei der Forschungsarbeit ent¬

gegengebracht hat. Ein herzliches Dankeschön auch an Prof. Dr. Volker Hoffmann, den Kor¬

referenten dieser Arbeit.

Einer ganzen Reihe an Personen aus Forschung und Industrie möchte ich meinen Dank aus¬

sprechen, da ohne ihre Unterstützung die Erstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen

wäre. Insbesondere den Mitarbeitern des Lehrstuhles für Technologie- und Innovationsma¬

nagement möchte ich für die tägliche Zusammenarbeit und die bereichernden Diskussionen

danken, welche ich geschätzt habe. Meinen Dank richte ich auch an verschiedene Studieren¬

de und Junior-Assistenten des Lehrstuhls, welche durch ihren Einsatz wertvolle Beiträge zu

der Arbeit geleistet haben.

Die vorliegenden Forschungsergebnisse wurden erst durch die Zusammenarbeit mit Vertre¬

tern von Unternehmen ermöglicht. Die Bereitschaft dieser Personen, Auskunft über ihre Ar¬

beit und ihr Unternehmen zu geben ist für unsere Forschung die wichtigste Grundlage, wes¬

halb ich hiermit der grossen Zahl Personen aus der Industrie meinen Dank aussprechenmöchte. Ich hoffe, dass auch andere Management-Forscher das Glück haben, mit solch offe¬

nen und angenehmen Gesprächspartnern zusammenzuarbeiten, wie ich es hatte.

Mein grösster Dank geht an Priska Jäggi, für die wertvolle und wohlwollende Unterstützung,welche sie mir bei der Realisierung dieser Arbeit entgegengebracht hat.

Andreas Biedermann

Zürich, im April 2007

Page 8: Management von umstrittenen Technologien

Inhaltsverzeichnis in

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ii

Inhaltsverzeichnis Mi

Zusammenfassung iv

Abstract vi

1 Einführung 1

11 Problemstellung .2

1.2 Ansätze der Theorie.

6

2 Forschungsmethodik 9

2.1 Begriff der umstrittenen Technologie 9

2 2 Forschungsfrage 9

2 3 Fallstudie und Fallstudienforschung .10

24 Bezugsrahmen .11

2.5 Auswahl der Fälle 12

2 6 Datenerhebung 15

2.7 Analyse der Fallstudien mittels Kodierung 17

3 Umstrittene Technologien - Eine Lösung wird zum Problem 19

3.1 Phase-In 19

3 2 Identifikation 21

3.3 Handling 22

3 4 Phase-Out und Clean-Up 24

4 Publikationen 26

4 1 Qualitätsgerechte Produktplanung 28

4.2 Identification of issues with controversial technologies 30

4 3 Wie Technologien unter Beschuss geraten 32

4 4 Die Abhängigkeit von umstrittenen Technologien verringern 34

4 5 Qualitätsmanagement bei umstrittenen Technologien 36

4.6 Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien 38

4 7 Management umstrittener Technologien 40

4.8 Systementwickler und Modullieferanten 42

4 9 Disruptions in global industries (I) ,44

4 10 Disruptions in global industries (II).. 46

5 Literaturverzeichnis 48

6 Kopien der Publikationen I

6 1 Qualitätsgerechte Produktplanung II

6.2 Identification of issues with controversial technologies Ill

6 3 Wie Technologien unter Beschuss geraten IV

6.4 Die Abhängigkeit von umstrittenen Technologien verringern V

6 5 Qualitätsmanagement bei umstrittenen Technologien VI

6 6 Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien VII

6.7 Management umstrittener Technologien VIII

6.8 Systementwickler und Modullieferanten IX

6.9 Disruptions in global industries (I) X

6 10 Disruptions in global industries (II) „XI

7 Geführte Interviews XII

8 Leitfaden zur Gesprachsführung XVIII

Lebenslauf XX

Page 9: Management von umstrittenen Technologien

1 Einführung 1

1 Einführung

Das Wissen um die gezielte Anwendung von Wirkprinzipien lässt Unternehmen neue Pro¬

dukte entwickeln und am Markt einzuführen. Die Lebensqualität wird gesteigert oder

Krankheiten können besiegt werden. Entwicklung und die erfolgreiche Anwendung von

neuen Technologien entscheiden über das weitere Bestehen unserer Wirtschaft im internati¬

onalen Wettbewerb. Daneben basieren aber Produkte nebst einigen neuen Technologien auf

einer viel grösseren Zahl an alten, bereits seit längerer Zeit angewendeten Technologien.

Der Technologie-Einsatz hat aber unbestritten auch seine Schattenseiten, in dem gewisseTechnologien unerwünschte Nebenwirkungen zeigen, so dass Zweifel aufkommen. Wäh¬

renddem in der Vergangenheit technologische Unfallrisiken wie Seveso (1976), Tschernobyl(1986) oder Toulouse (2001) seltener geworden sind geraten vermehrt Technologien unter

Beschuss, welche ihre negativen Nebcncffcktc schleichend entfalten. Die daraus resultieren¬

de Veränderung in der technologischen Risikolandschaft ist eine Herausforderung für Unter¬

nehmen und Gesellschaft (Tabelle 1).

Technologie Negative Nebeneffekte Konsequenzenfür die Unternehmen

Insektizid DDT Unfruchtbarkeit Verbote ab 1972; WHO empfiehlt ab

2006 erneut Einsatz von DDT zur Be¬

kämpfung von Malaria (WHO 2006)

Asbest Schleichender Tod stark

exponierter Menschen

Erste Verbote ab 1970er Jahre, EU-

weites Verbot ab 2005, wenige Aus¬

nahmen. (SUVA 2005)

Fluorchlorkohlenwasserstoff

(FCKWs)Schädigung der Ozonschicht Verwendung stark eingeschränkt, Ver¬

bote ab 1989 (Powell 2002)

Bleihaltige Lote in der

Elektronik

Freisetzung von Blei aus

MülldeponienWeitgehendes EU-Verbot ab 2006.

(Klee 2005)

Quecksilber-Zelle zur

ChlorherstellungQuecksilber-Kontaminationvon Umwelt und Chlor

Verbot für neue Anlagen, (WatanabeundSatoh 1996)

Elektromagnetische Strahlung vonMobilkommunikations-Antennen

Vermutete Auswirkung auf

exponierte Menschen

Einzuhaltende Grenzwerte. Aufwändi¬

ge Bewilligungsverfahren

Polychlorierte Biphenyle (PCB) GesundheitsschädigendReproduktionstoxisch

Einsatz stark eingeschränkt, EU-Phase-

Out-Ziel: 2010 (Koppe und Keys 2001)

Röntgenstrahlung Gesundheitliche Auswirkun- Einsatz stark eingeschränkt. (Lambert

gen 2001)

Tabelle 1: Beispiele von umstrittenen Technologien (Boutellier und Biedermann 200X-a)

Die vorliegende Forschungsarbeit hat zum Ziel, die Situation der Unternehmen zu beleuch¬

ten, welche sich mit Zweifeln an einer von ihnen eingesetzten Technologie konfrontiert se¬

hen. Der Phasc-Out der bis vor wenigen Jahren weit verbreiteten bleihaltigen Lote in der

Elektronikindustrie zum Beispiel hat bei den betroffenen Unternehmen teilweise massive

Massnahmen erfordert und die technologische Unsicherheit erhöht.

Page 10: Management von umstrittenen Technologien

Kinfùhrung

1.1 Problemstellung

Technologien breiten sich oft unbemerkt aus und werden in vielen Produkten und Prozessen

eingesetzt. Daher sind auch viele Unternehmen von einer allfälligcn Ablehnung einer Tech¬

nologie betroffen, wenn auch die meisten nur indirekt: Viele Unternehmen setzen in ihren

Prozessen und auch Produkten drahtlose Kommunikationstechnologien ein. Obwohl deren

Anwendung in einigen Bereichen offensichtlich ist, liegt der Grossteil des Einsatzes von

drahtloser Kommunikation nicht auf der Hand und läuft Gefahr, unterschätzt zu werden.

Die Nebenwirkungen von Technologien können unterschiedlicher Natur sein. In den Medien

sind ökologische und gesundheitliche Auswirkungen die am meisten diskutierten Nebenef¬

fekte. Daneben können Technologien aber auch Sicherheitslücken schaffen1, andere Techno-

logien gefährden oder auch zu sozialen Problemen führen'. Tabelle 2 zeigt vier Beispiele.Aus Managementsicht ist die Art der Nebenwirkungen aber von geringer Bedeutung. Es

steht vielmehr allein die durch diese Nebeneffekte hervorgerufene Ablehnung der Technolo¬

gie im Vordergrund.

Technologie Negative Effekte

Videofone Verbreitung von Gewaltvideos

Computer- Schleichende Schädigung des NervensystemsTastaturen durch Tippen

Toner in Laser- Toxische Substanzen,druckern Nanopartikel in der Raumluft

Autoreifen Möglicherweise krebserregende Substanzen, Ge¬

fahr durch Abrieb auf Strassen.

Anzeichenßir Kontroverse ,

Bayrische Regierung erlässt Handy¬verbot an Schulen

Diskussion in der Fachwelt4

Auswirkungen unsicher

Diskussion in der Presse

Aufbau von Interessenverbänden

Bestrebungen für einen EU-weiten

Grenzwert

Tabelle 2: Technologien mit dem Potential umstritten zu werden (Bauteilier und Biedermann 200X-a)

Es existiert eine Reihe an Anzeichen, welche darauf hindeuten, dass Unternehmen sich in

Zukunft vermehrt mit diesem Thema befassen müssen. Diese Indikatoren lassen sich in vier

Kategorien zusammenfassen (Bild 3).

Viele heutige Wireless-Access-Points unterstützen das lückenhafte Sicherheitsprotokoll „Wired

Equivalence Privacy". Da dieses Protokoll aber in der Hardware implementiert ist, könnte diese

Lücke nur durch Auswechseln der Access Points geschlossen werden (Housley und Arbaugh2003).

In viele elektrisch betriebene Anlagen muss heute ein Filter eingebaut werden. Die Anlagenkönnten ansonsten das Stromnetz durch Impulse stören. Geräte, welche am Stromnetz ange¬

schlossen sind oder auch Steuerungsgeräte für das Stromnetz selber könnten beschädigt werden.

Das Mobiltelefonieren an bayrischen Schulen ist ab Herbst 2006 verboten. Der Landtag will so

die Verbreitung von Gewaltvideos verhindern (Burtscheidt 2006).

Siehe beispielsweise (Mazzotti und Castro 2004)

Siehe beispielsweise www.krank-durch-toner.de [Zugriffsdatum 26. Oktober 2006].

Page 11: Management von umstrittenen Technologien

1 Kinfùhning 3

111 Globalisierung und Ausnützen der Skaleneffekte

11-2 Verbesserte Messmethoden und gezielte Analysen

11-3 Unbewusster Einsatz von Basistechnologien und Technologisierung :•

1 1.4 Steigender Technologieeinsatz

Bild 3: Vier Trends

1.1.1 Globalisierung und Ausnützen der Skaleneffekte

Im Jahre 2003 hat die OECD (2003) technologische Risiken als eine der grössten Herausfor¬

derungen der Menschheit in den kommenden Jahrzehnten identifiziert. Heutige Systeme sind

enger verkoppelt und komplexer, was deren Beherrschung massiv erschwert oder sogar ver-

unmöglicht (Perrow 1992, 26-28). Die heutigen Wertschöpfungsnetzwerke sind solche Sys¬teme: Sie sind durch die Globalisierung enger miteinander verknüpft und stärker voneinan¬

der abhängig als je zuvor.

Daneben treibt der Imperativ der Skaleneffcktc Unternehmen dazu, sich auf einige wenigeKerntechnologien zu konzentrieren um ihre Entwicklungskosten auf mehr Anwendungenabzuwälzen. Ein immer grösserer Anteil der Technologien muss von externen Partnerfinnen

zugekauft werden, weshalb das technologische Wissen im eigenen Unternehmen abnimmt.

Diese Spezialisierung erzeugt „technologische Monokulturen" in denen ganze Wertschöp¬fungsnetzwerke unbewusst von einigen kritischen Technologien abhängen. Aus der Agrar-und Forstwissenschaft wissen wir aber, dass Monokulturen besonders anfällig gegenüberSchädlingen sind, da sich diese zum einen rasch verbreiten können und zum anderen auf¬

grund der Abhängigkeiten von bestimmten Nutzpflanzen ein grosser Schaden entsteht

(Gadgil und Bain 1999). Auf technologische Monokulturen übertragen bedeutet dies, dass

Zweifel an einer dominanten Technologie sich rasch auch auf ähnliche Technologien aus¬

breiten können und Unternehmen in eine Krise zu stürzen vermögen, da sie von dieser Tech¬

nologie abhängig sind.

Globale Auswirkungen des Technologieeinsatzes wurden bereits 500 Jahre vor Christus ver¬

ursacht: Die erhöhte Kupferproduktion während den Hochkulturen lässt sich anhand der

Kupfer-Ablagerungen im grönländischen Eis verfolgen (Bild 4).

Umstrittene

Technologien

Page 12: Management von umstrittenen Technologien

fiinfiihrung

2000 v.Chr. 1500 v.Chr. 1000 v.Chr. 500 v.Chr. 500 1000 1500 2000

Bild 4: Historische Kupferproduktion und Kupferahlagerungen im grönländischen Eis (Allenby 1999, 49, Bou-

tellier und Biedermann 2006b, 3)

Währenddem diese frühen Auswirkungen keine nennenswerten Effekte auslösten ist die heu¬

tige Intensität des Technologieeinsatzes nicht ohne Folgen geblieben (Bild 5).

Page 13: Management von umstrittenen Technologien

] Einführung 5

200 n

-180

EU Klinochrysotil

CH Amosit V Asbest-Arten

H Krokydolith

1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040

N

05Q

Oh_

Q.

EE53

Q

C

m

E

0)>

CD

Jährlicher Bleiverbrauch für Benzin

Durchschnittlicher

Bleigehalt im Blut

110'OOOt/J

100'000t/J

90'000 t/J

80'000 t/J

70'000 t/J

60'000 t/J

50'000 t/J

- 40'000 t/J

30'000 t/J

1975 1976 1977 1978 1979 1980

Bild 5: Technologieeinsatz zeigt Auswirkungen: Oben: Prognostizierte Todesfälle als Folge des Asbesteinsat-

zes: Verzögerung von 40 Jahren (Gee und Greenberg 2001, 52). Unten: Rückgang des Bleigehaltes im mensch¬

lichen Blut seit bleifreiem Benzin (Sexton et al. 2004, 44) illustriert den Zusammenhang zwischen verbleitem

Benzin und Bleigehalt im Blut.

1.1.2 Verbesserte Messmethoden und gezielte Analysen erhöhen Bewusstsein

Erst neue wissenschaftliche Messmethoden machten die oben geschilderten Zusammenhängesichtbar. Analysemethoden zum Nachweis von Veränderungen in Organismen werden stän¬

dig verbessert (siehe beispielsweise Laukenmann 2001) und die Kosten für Analysen sinken,was die Methoden breiter verfügbar macht. Daneben haben verbesserte Möglichkeiten zur

Datenaufzeichnung und zur automatisierten Versuchsführung die Anzahl Analysen erhöht.

Die Verbesserung der analytischen Fähigkeiten ist ein langsamer und unscheinbarer Prozess.

Er hat aber dazu geführt, dass heute Effekte nachgewiesen werden können, welche vor eini¬

gen Jahren noch nicht detektierbar waren. Graduelle Prozesse erhalten so vermehrt Auf¬

merksamkeit und werden so „real und katastrophal" wie plötzliche Ereignisse (Tenner 1997,

42). Langfristige Aufzeichnungen machen Veränderungen erst sichtbar.

Page 14: Management von umstrittenen Technologien

Einführung 6

Weingart (1998) beschreibt, dass Wissenschaftler aufgrund des erhöhten Druckes zur Be¬

schaffung von Forschungsgeldern sich vermehrt den Gesetzen der Medien unterwerfen. Sie

wählen ihre Forschungsschwerpunkte unter publizistischen Gesichtspunkten, da in der Öf¬

fentlichkeit präsente Themen eine erhöhte Aussicht auf Forschungsgelder versprechen. Ein¬

zelne, exponierte Technologien laufen somit verstärkt Gefahr, unter Beschuss zu geraten. Je

mehr Analysen durchgeführt werden und je sensibler diese Tests sind, desto mehr potentielleNebeneffekte werden aufgedeckt. Daneben besteht auch die Gefahr, dass Wissenschaftler

mit provisorischen Forschungsrcsultaten an die Öffentlichkeit gelangen um wissenschaftli¬

che Qualitätsprüfungsprozesse zu umgehen. Voreilige Schlüsse werden wahrscheinlicher.

1.1.3 Unbewusster Einsatz von Basistechnologien und Technologisierung

Zu Beginn der Elektrifizierung verfugte jedes grössere Unternehmen über eine Funktion

welche heute wohl als „Vice-President for Electricity" bezeichnet würde. Die elektrische

Grundvcrsorgung war keineswegs gesichert und auch die Standardisierung der elektrischen

Energie war noch nicht erreicht (Economist 2004, 6-7). Heute wird Elektrizität von den

meisten Verbrauchern als Black-Box-Technologie eingesetzt über deren Entstehung nur

noch wenige Verbraucher im Detail informiert sind. Die Komplexität der Stromnetze läuft

Gefahr unterschätzt zu werden und die Elektrizität wird als selbstverständlich wahrgenom¬men.

Andere Technologien teilen ein ähnliches Schicksal: Die vielen Technologien, welche in

einem elektronischen Produkt enthalten sind oder auch die vielen Prozessschritte zur Her¬

stellung eines unseren Ansprüchen genügenden Nahrungsmittels sind nur noch wenigen Ex¬

perten bekannt. Die Segmentierung der Wertschöpfungskette hat dazu beigetragen, dass

Technologien so weit weg vom Endverbraucher zum Einsatz kommen, dass der durch sie

geschaffene Nutzen nur noch fragmentiert wahrnehmbar ist. Basistechnologien werden als

„Bestandteil des natürlichen Umfeldes" wahrgenommen und werden zu einer Selbstver¬

ständlichkeit. Standardisierung und Segmentierung führen dazu, dass der wahrgenommeneNutzen solcher Technologien sinkt und die Nebenwirkungen in der öffentlichen Wahrneh¬

mung verhältnismässig wichtiger werden (Kcpplingcr 1989, 153-154).

1.1.4 Steigender Technologieeinsatz

Schädlichkeit ist eine Frage der Menge, wie bereits Paracelsus erkannte. Technologien wel¬

che vermehrt eingesetzt werden verursachen auch eine grössere Anzahl an möglichen Ne¬

beneffekten und laufen daher eher Gefahr, abgelehnt zu werden. So wurde beispielsweisedas bleihaltige Lot in der Elektronikproduktion verboten, da aufgrund des wachsenden Elekt¬

ronikschrottes eine steigende Verschmutzung der Umwelt mit dem Schwermetall befürchtet

werden musste (European Union 2003). Darüber hinaus sind breit eingesetzte Technologienauch stärker unter Beobachtung von Behörden. Auch diese zusätzliche Beobachtung erhöht

die Wahrscheinlichkeit, dass Nebeneffektc vermutet werden.

1.2 Ansätze der Theorie

Diese Forschungsarbeit baut auf einer breiten wissenschaftlichen Vorarbeit verschiedener

Disziplinen auf. Tabelle 6 fasst die wichtigsten zusammen.

Page 15: Management von umstrittenen Technologien

Einführung 7

Die Forschung im Umfeld von technologischen Risiken bietet verschiedene Ansätze zum

Verständnis des unternehmerischen Umfeldes mit technologischen Risiken: Naturwissen¬

schaftliche und sozialwissenschaftliche Risikoforschung, sowie Umgang der Regulatorenmit technologischen Risiken. Die Erkenntnis, dass nicht nur rein naturwissenschaftliche Fak¬

toren den Ausschlag zur Akzeptanz und Ablehnung eines technologischen Risikos geben,liegt im Zentrum dieser Betrachtungen. Die naturwissenschaftliche und die sozialwissen¬

schaftliche Risikoforschung befassen sich beide mit den offensichtlichen Grenzen des Risi-

kokonstruktes als Produkt von Eintrittswahrschcinlichkcit und Schadensauwirkungen. Wäh¬

renddem die naturwissenschaftliche Methode häufig an den nicht vorhandenen Daten oder

dem mangelnden Verständnis für die Eintrittsmechanismen scheitert, fokussiert die sozial¬

wissenschaftliche Risikoforschung auf die Wahrnehmung und die Akzeptanz von Risiken.

Die Beurteilung ob Risiken relevant sind oder nicht wird den Individuen oder der Gesell¬

schaft überlassen. Eine Vielzahl an Autoren kommentiert den Umgang der Regulatoren mit

technologischen Risiken. In den letzten Jahrzehnten sind die Regulatoren vermehrt zur An¬

wendung des - nicht unumstrittenen - Vorsichtsprinzips übergegangen, welches das Ergrei¬fen von Gegenmassnahmen erlaubt, auch wenn noch keine wissenschaftlich erhärteten Be¬

weise über einen tatsächlichen Zusammenhang vorliegen.

Drei Disziplinen der Managementforschung geben Hinweise auf das unternehmerische Ver¬

halten in solchen Situationen: Issues- & Stakeholder-Management, Management technologi¬scher Risiken, Technologie- und Produktassessment. Issues- und Stakeholder-Managementsind eng miteinander verknüpft, da Issues erst durch Stakeholder an Relevanz gewinnen.Beide Ansätze heben die Wichtigkeit des unternehmerischen Umfeldes hervor. Hervorgeru¬fen von den grosschemischen Katastrophen und der Diskussion um Nebeneffekte von che¬

mischen Substanzen in den vergangenen Jahrzehnten hat sich eine grosse Literatursammlungzum Management technologischer Risiken entwickelt. Dem Vorbeugen von Risiken und der

Risikokommunikation wird ein grosser Stellenwert beigemessen. Technologie- und Produk¬

tassessment für Unternehmen wird von verschiedenen Autoren als wichtig hervorgehoben.Das Fehlen von klaren methodischen Vorgehensweisen erschwert die Umsetzung in der Pra¬

xis.

Page 16: Management von umstrittenen Technologien

1 Einführung 8

Disziplin Referenzen

Verständnis des Umfeldes

Naturwissenschaftliche Risikoforschung. Das Produkt aus Risi¬

ko und Eintretenswahrscheinlichkeit ist das am weitesten ver¬

breitete Risikokonstrukt. Für die Berechnung solcher Risiken

fehlen aber häufig die statistischen Angaben. Dieser Ansatz

stösst an seine Grenzen.

Sozialwissenschaflliche Risikoforschung. Soziale Mechanismen

spielen im Umgang mit Risiken eine zentrale Rolle. Risiken

werden selektiv im Umfeld verstärkt. Das naturwissenschaftlich

beschriebene Risiko und die gesellschaftliche Wahrnehmungkönnen sich stark unterscheiden.

Umgang der Regulatoren mit technologischen Risiken. Regula¬toren sind mit einem Dilemma konfrontiert. Zum einen dürfen

sie keine Technologien zulassen, welche unakzeptable Neben¬

wirkungen aufweisen und zum anderen dürfen sie nützliche

Technologien der Gesellschaft nicht vorenthalten. In den letzten

Jahrzehnten fand das Vorsichtsprinzip vermehrt Anwendung.

lläfele et al. (1990); Cairns und Smith

(1996); Calow (1998); Renn (1998); Wygo-da (2005)

Hoos (1980); D'Agostino und Wilson

(1993); Foster et al. (1993); Pidgeon und

Beattie (1998); Kuran und Sunstein (1999);Slovic (2000); GladweJl (2001); Kepplinger

(2001); Lieberman und Kwon (2004); Dia¬

mond (2005); Kasperson et al. (2005)

Segerson (1992); Quint (1998); Allenby( 1999); Hartmann (1999); Simonis et al.

(1999); Winter et al. (1999); Latour (2000);Gee et al. (2001); Swanson und Mason

(2002); Wiener (2003); Aemi (2004);Heckman (2005); Menezes und Antuntes

(2005)

Handlungsempfehlungen für das Management

Issues- & Stakeholder Management. Management von Themen

aus dem Umfeld, welche Einfluss auf das Unternehmen haben

könnten. Der Einbezug von Stakeholdern erhöht die Wahr¬

scheinlichkeit, aufkommende Issues zu identifizieren und er¬

folgreich zu beeinflussen.

Management technologischer Risiken. Risiken gehören zum

unternehmerischen Alltag. Den technologischen Risiken kommt

aber eine besondere Bedeutung zu, da es sich hierbei nicht pri¬mär um Risiken des Unternehmenserfolgs handelt sondern um

Risiken, welche Dritte betreffen.

Technologie- und Produkt-Assessment von Unternehmen. Tech¬

nologien müssen zwar bei Markteinführung intensiv getestet

werden, dies schützt aber nicht vor nachträglich entdeckten

Nebeneffekten. Daher müssen Unternehmen kontinuierlich ihre

Produkte am Markt beobachten.

Ansoff (1975); Freeman (1984); Achleimer

(1985); Liebl (1991); Porter et al. (1991);

Dyllick-Brenzinger (1992); Mahon und

Waddock (1992); Heath (1997); Bridgesund Nelson (2000); Liebl (2000); Müller-

Stewens und Lechner (2001); Röttger

(2001); Bridges (2004)

Hribal (1999); Wiedemann (2000); Hribal

(2001 ); Ries und Wiedemann (2003);

Minx und Meyer (1999); Eversheim et al.

(2003); DTN (2005); Grienitz (2005); Holli-

ger-Hagmann (2003)

Tabelle 6: Wichtige Forschungsdisziplinen zum Verständnis von umstrittenen Technologien

Jede dieser Disziplinen beleuchtet einen Teilaspekt von umstrittenen Technologien aus Un-

ternehmenssicht. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, diese verschiedenen Aspekte zu ver¬

einen.

Page 17: Management von umstrittenen Technologien

2 Forschungsmethodik 9

2 Forschungsmethodik

Ausgehend von der Problemstellung lässt sich der Lösungsansatz herausarbeiten. Die jewei¬ligen Situationen der Unternehmen sind sehr spezifisch und es erscheint daher sinnvoll, Gcs-

taltungsempfehlungcn abzugeben, welche jeweils auf die entsprechende Situation angepasstwerden müssen. Ein mechanisch anzuwendendes Vorgehensmodell wäre nicht realistisch.

2.1 Begriff der umstrittenen Technologie

Wir bedienen uns des von Grunwald (1999) beschriebenen Tcchnikbildcs:

„Unter Technik werden sowohl die Beherrschung von Handlungsschemata [...]als auch relikthafte Resultate poietischer Handlungen, also Artefakte oder techni¬

sche Sachsysteme [...] verstanden. [Dieses Handeln hinter!ässt] „beständige"Resultate, d.h. Resultate, die in der einmal hergestellten Form auch ausserhalb

des betreffenden poietischen Handlungskontextes Bestand haben und die eben

darum der Zweckumwidmung oder -entfremdung offen stehen und ein Über-

schiessen der Mittel [...] ermöglichen."

(Grunwald 1999, 185-186)

Solche Resultate können durchaus auch in Form von negativen Effekten bestehen. Weiter

erwähnt Grunwald, dass speziell

„z.B. auch gezüchtete Tiere und gestaltete Gärten technische Artefakte [sind].

Technikphilosophisch besteht zunächst kein Unterschied zwischen einem Maschi¬

nenbauingenieur und einem Hundezüchter oder einem Gärtner: alle dreifertigenzweckorientiert im Hinblick auf den antizipierten VerwendungszusammenhangArtefakte an.

"

(Grunwald 1999, 186)

Tn Anlehnung an diese Ausfuhrungen definiert sich der Begriff der Technologie für die For¬

schungsarbeit als ein Lösungsprinzip, für dessen Beherrschung ein Unternehmen Aufwand zu

tätigen hat. Dieser Aufwand kann in Form von eigener Entwicklung geleistet werden oder

auch durch den Zukauf von Technologien oder Komponenten erbracht werden. Wir fokus-

sieren auf Lösungsprinzipien, welche aufgrund von unerwünschten Nebeneffekten unter Bc-

schuss geraten. Solche Lösungsprinzipien sind umstrittene Technologien.

2.2 Forschungsfrage

Aus der oben beschriebenen Problemsituation und des Technologiebegriffs leitet sich die

zentrale Fragestellung ab:

- Wie sollen Unternehmen beherrschte und am Markt eingeführte Technologien managen,

deren zukünftige Akzeptanz ungewiss ist?

Die Forschungsfrage gliedert sich in Unterfragen, die sich einerseits auf das Verständnis

solcher Situationen konzentrieren und andrerseits auf die Vorgehensweisen von Unterneh¬

men:

- Wie können solche Situationen beschrieben und kategorisiert werden?- Welches sind strategische Optionen in solchen Situationen?

- Wie können strategische Optionen angemessen ausgewählt werden?

Page 18: Management von umstrittenen Technologien

2 ForschungsmeLhodi k 10

- Wie sieht ein Managementkonzept für solche Situationen aus?

2.3 Fallstudie und Fallstudienforschung

Zur Beantwortung der vorliegenden Forschungsfrage wurde ein Forschungsansatz unter Ver¬

wendung von Fallstudicn gewählt. Ausgehend von der oben genannten Forschungsfragc ori¬

entiert sich die Arbeit an der von Yin (1994) präsentierten Forschungsmethodik (Bild 7).Nachdem das Praxis-Problem und die Theorie-Lücke identifiziert sind, gilt es, die For¬

schungsfragc zu definieren. Als nächster Schritt in der gewählten Vorgehensweise ist eine

Theorie über den Forschungsgegenstand zu entwickeln. In der vorliegenden Forschungsar¬beit bildet der Bezugsrahmen dieses gedankliche Fundament, welches das gezielte Erarbei¬

ten der Forschungsresultate erlaubt. Anschliessend erfolgen die Auswahl der Fälle und die

Definition der Art und Weise, wie die Daten gesammelt werden. Die Durchführung von

Fallstudien erfolgt in der Regel parallel, wobei jeweils ein einzelner Fallstudicnbcricht er¬

stellt wird. Nach Abschluss der Datensammlung erfolgt ein Quervergleich der unterschiedli¬

chen Fälle zum Analysieren der Resultate. Die gewonnen Resultate geben Hinweise auf

Implikationen für das Management und zur Anpassung des eingangs entwickelten Bezugs¬rahmens. Als Abschluss der Fallstudienforschung werden die Ergebnisse publiziert und ein

Schlussbericht erstellt. Den Schlussbcricht bilden zum einen die Publikationen und zum an¬

deren die vorliegende, zusammenfassende Schlussfolgerung.

Page 19: Management von umstrittenen Technologien

Forschungsmethodik

Praxis-Problem identifizieren

1.1 Problemstellung

Theorie-Lücke identifizieren

1 2 Ansätze der Theorie

Forschungsfrage definieren

2.2 Forschungsfrage

Forschungsfokusdefinieren

Iteration Bezugsrahmen entwickeln

2.4 Bezugsrahmen

Fälle auswählen

2.5 Auswahl der Fälle

Protokoll entwickeln

2.6 Datenerhebung

Erste Fallstudie

erforschen

Zweite Fallstudie

erforschen

Nte Fallstudie

erforschen

Bericht erstellen Bericht erstellen

I

Bericht erstellen

Fälle vergleichen2.7 Analyse der Fallstudien mittels Kodierung

Forschungsdesignentwerfen

Daten sammeln

} Daten analysieren

Erkenntnisse publizieren4.1-4.10 Publikationen

ÏSchlussfolgerung

3 Umstrittene Technologien - Eine Lösung wird zum Problem

Forschung verwerten

Bild 7: Forschungsvorgehen (Fallstudienforschung in Anlehnung an Yin 1994, 49)

Natürlich erfolgte dieser Prozess nicht streng linear und das resultierende Vorgehen ist ein

Mix zwischen deduktiver und induktiver Vorgehensweise. Es waren einige Iterationsschritte

notwendig wie beispielsweise zur Erstellung des definitiven Bezugsrahmens oder zur Ent¬

wicklung des Protokolls zur Datenerhebung. Die folgenden Kapitel erläutern die Umsetzungdieses Vorgehensschemas in der eigenen Forschungsarbeit.

2.4 Bezugsrahmen

Ein Bezugsrahmen erlaubt die Klassierung von Beobachtungen und das gezielte Sammeln

von Informationen. Er ist eine Vereinfachung der Realität (vgl. Luhmann 1993, 302), spieltbei der Erforschung eines Themengebietes eine wesentliche Rolle (Avlonitis et al. 2000, 52),zeigt Zusammenhänge auf und beinhaltet Aussagen, die ein erfahrener Experte implizit be¬

reits kennt (Kay 1993, 359). Das Grundgerüst des Bezugsrahmens dieser Forschung entstand

zu Beginn und basiert im Wesentlichen auf den Erkenntnissen aus der Analyse von gut do¬

kumentierten Beispielen von umstrittenen Technologien, insbesondere Asbest, DDT und

FCKW. Daneben trugen Interviews mit Experten für einzelne Technologien zur Verfesti¬

gung dieses Bezugsrahmens bei.

Page 20: Management von umstrittenen Technologien

Forschungsmethodik 12

Der Bezugsrahmen (Abbildung 8) unterteilt sich in zwei Hauptbereiche: GesellschaftlichesUmfeld und Wertschöpfungskette. Die beiden Bereiche des Bezugsrahmen stehen durch zwei

Beziehungen im gegenseitigen Austausch: Nebeneffekte und Druck zum Phase-Out. Zum

einen verursacht die umstrittene Technologie Nebeneffekte welche auf das gesellschaftlicheUmfeld wirken und zum anderen reagiert dieses Umfeld mit Druck zum Phase-Out auf diese

Ncbcncffckte. Zum gesellschaftlichen Umfeld zählen die (vermutlich) Betroffenen, die Öf¬

fentlichkeit, die Regulatoren, die Wissenschaft und auch indirekte Profiteure. Diese Gruppenbeeinflussen sich gegenseitig und verfolgen eigene Interessen.

Die Wertschöpfungskette besteht aus den Unternehmen, welche direkt oder indirekt mit der

umstrittenen Technologie in Verbindung stehen. Die umstrittene Technologie und möglicheAlternativen sind ebenfalls in diesem Teil des Bezugsrahmens angesiedelt.

-Gesellschaftliches Umfeld

Indirekte Profiteure

Wissenschaft

(Vermutlich)Betroffene

T

Öffentlichkeit

T

Regulatoren

Druck zum Phase-Out[-- Wertschöpfungskette ffekt i r

— Produkte —^

'/

)

\

LieferantenVsN_Unternehmen j

( Umstrittene

1 Technologie

( Alternative

l Technologien

Kunden,

Endanwender

Anlagen-heferanten

, i

Bild 8: Bezugsrahmen als Raster zur Analyse der Fälle

2.5 Auswahl der Fälle

Jedes Unternchmensinterview stellte die Grundlage für einen Fall dar. Die Suche nach Fällen

erfolgte unter Anwendung einer weit verbreiteten Forscbungsmethode aus den Sozialwissen-

schaften (siehe 2.5.1) und die identifizierten Fälle wurden anhand von drei Kriterien ausge¬wählt (siehe 2.5.2). Schliesslich konnten 49 Fälle in die Analyse einflicsscn (siehe Tabelle

11).

2.5.1 Suche nach Fällen

Unternehmen, welche im Hinblick auf den Phasc-Out von bleihaltiger Elektronik befragtwurden, wurden durch die von Bijker (1995, 46-38) beschriebene Methode, einen „Schnee¬ball zu rollen", identifiziert: Ausgehend von Unternehmen, welche sich im Hinblick auf den

Umgang mit der Technologie profiliert hatten fragten wir die Interviewpartner im Anschluss

Page 21: Management von umstrittenen Technologien

2 Forsohungsmethodik n

an das Gespräch nach weiteren Unternehmen, welche zum weiteren Verständnis der Situati¬

on beitragen könnten. Wie Klein und Klcinman (2002, 32) erwähnen, garantiert eine solche

Vorgehensweise keine vollständige Abdeckung der Situation, da einzelne, bedeutende Ak¬

teure von anderen Akteuren nicht als relevant erachtet werden. Aus diesem Grund haben wir

anhand von Litcraturrecherchc und Expertengesprächen weitere, relevante Firmen identifi¬

ziert. Aus dieser Vorgehensweise am Ende des Interviews resultierten die in Abbildung 9

dargestellten Gruppen der Unternehmen, aus welchen jeweils Unternehmen interviewt wur¬

den.

Wertschöpfungskette

Rohmaterial-

Lieferanten

Lötmaterial

Elektronische

Komponenten

Leiterplatten

i

11 \< 1 [

V"i1 -^

4 1-i /—-J

a

Technologie-Anwender

Hersteller von

Subassemblies

Technologie-Lieferanten

Anlagen- Händler von

Hersteller Anlagen

Umstrittene

Technologie

Bleihaltiges Loten

Unternehmen Technologien

Konsumenten /

Endanwender

Hersteller von

Endprodukten

Endanwender

Leistungsfluss

Abbildung 9. Betrachtete Unternehmemgruppen bei bleihaltiger Elektronik (in Anlehnung an Boutellier und

Biedermann 2006b)

In Ergänzung zu den untersuchten Fällen im Bereich der bleihaltigen Elektronik validierten

wir die Erkenntnisse anhand von 9 Unternehmen aus anderen Branchen, welche jeweils in

der als Technologie-Anwender von einer Kontroverse um eine umstrittene Technologie be¬

troffen waren.

2.5.2 Kriterien zur Selektion der Fälle

Um Daten zu erheben, welche das theoretische Konzept des Bezugsrahmens untermauern

oder falsifizieren haben wir die Auswahl der Fälle eingeschränkt und drei Hauptkritcricnangewandt: Erstens musste die betrachtete Technologie aufgrund von negativen Nebeneffek¬

ten unter Beschuss geraten sein, zweitens muss das untersuchte Unternehmen die Technolo¬

gie bereits seit einigen Jahren einsetzten und drittens durfte die letzte Anwendung der Tech¬

nologie nicht mehr als fünf Jahre zurückliegen (Tabelle 10).

Page 22: Management von umstrittenen Technologien

2 Forschungsmethodik 14

Kriterien

(Vermutete) Nebeneffekte müssen die

Technologie umstritten erscheinen las¬

sen.

Die Technologie muss bereits am Markt

eingeführt sein.

Die letzte Anwendung der Technologieim Unternehmen darf noch nicht mehr

als fünf Jahre vergangen sein.

Erläuterung

Die Art der Nebeneffekte ist vielfältig. Die meisten Zweifel am

Einsatz einer Technologie rühren von gesundheitlichen oder ökolo¬

gischen Bedenken her. Daneben können aber auch Gründe wie

nachhaltiger Einsatz von Ressourcen, Interferenzen mit anderen

Technologien oder auch finanzielle Risiken den Einsatz einer Tech¬

nologie verunmöglichen.

Die Forderung, dass eine Technologie durch das Unternehmen

bereits seit mehreren Jahren am Markt eingeführt sein muss er¬

gründet sich darin, dass die bestehenden Verpflichtungen und Ab¬

hängigkeiten im Hinblick auf die umstrittene Technologie die Be¬

sonderheit der Managementsituation wesentlich ausmachen. Die

entstehenden Abhängigkeiten und Verpflichtungen sind dabei viel¬

fältig und reichen von Ersatzteilgarantien bis hin zu Abnahmever¬

pflichtungen.

Dieses dritte Kriterium garantiert die Aktualität der Fälle: Die letzte

Verwendung der Technologie durch die Unternehmen durfte nicht

länger als fünf Jahre zurückliegen, so dass die Interviewpartner die

Situation noch in Erinnerung haben. (Vergleiche dazu auch "Les¬

sons Learned" beschrieben bei Probst et al. 1999, 211.)

Tabelle 10: Drei Kriterien zur Auswahl der Fälle

2.5.3 Untersuchte Fälle

Unter Berücksichtigung dieser Auswahlkriterien wurden die Fallstudien und die Interview¬

partner identifiziert. Insgesamt konnten Interviews aus 49 Unternehmen in die Analyse auf¬

genommen werden. Wir konzentrierten einen Grossteil der Fälle um den Phase-Out von bis¬

lang dominanten bleihaltigen Lotmaterialien in der Elektronikindustrie, von dem viele Un¬

ternehmen unterschiedlich betroffen sind. Dadurch konnte zum einen Synergien zwischen

den Interviews genutzt werden und zum anderen war dieses Thema für einen Grossteil der

Unternehmen aufgrund des aktuell in Kraft tretenden EU-Verbotes bleihaltiger Elektronik in

vielen Unternehmen aktuell. Zwar existiert wie einleitend geschildert ein grosse Anzahl an¬

derer Technologien, welcher unter Beschuss geraten sind, aus Geheimhaltungsgründen äus¬

sern sich aber Unternehmen in der Regel nur ungern zu diesen Themen. Da der Ausstieg aus

bleihaltiger Elektronik aber die gesamte Elektronikindustrie betraf, entfielen bei den meisten

Firmen diese Bedenken. Durch ergänzende Interviews in weiteren Branchen erhärteten wir

die aus der Elektronikindustrie gewonnenen Erkenntnisse. Die Interviews behandelten total

neun verschiedene Technologien, welche unter Beschuss geraten sind (Tabelle 11).

Page 23: Management von umstrittenen Technologien

2 Forschutigsmelhodik 15

Technologie und Anwendungsbereich

Einsatz bleihaltiger Lotmaterialien in der Elektronikproduktion

Quecksilber-Zellen zur Chlorherstellung

Bleistabilisatoren in der PVC-Herstellung

Erdnussbestandteilc als Zusatzstoffe in der Schokoladeherstellung

Funktechnologie zur Mobiltelefonie

Mikrowellen zur Pasteurisierung von Nahrungsmitteln

Verwendung einer speziellen Kartoffelsorte in der Nahrungsmittelherstellung

Verwendung fossiler Brennstoffe zur Heizung von Glas-Schmelzwannen

Verwendung von PVC für sanitäre Anlagen

9 Technologien, welche unter Beschuss geraten sind 49 Unternehmen

Tabelle 11: Durch Interviews untersuchte und in die Analyse aufgenommene Fälle

Die untersuchten Unternehmen sind alle aus der Schweiz oder Deutschland, so dass die Un¬

ternehmen unter vergleichbaren Rahmenbedingungen operierten.6 Dies erleichterte den Ver¬

gleich der Fälle untereinander. Die Unternehmensgrösse variierte stark, was insbesondere die

heterogene Branchenstruktur der Elektronikindustrie widerspiegelt.

2.6 Datenerhebung

Die Datenerhebung erfolgte mit semistandardisierten Leitfadeninterviews (Bortz und Döring2003, 315) in der Zeit von Januar 2005 bis Oktober 20067 (siehe auch Intervicwliste in Kapi¬tel 7). Sie dienten zur hauptsächlichen Datensammlung innerhalb der Fallstudie und wurden

mit Litcraturrecherche ergänzt. Die Interviewpartner innerhalb der Firma waren Mitarbeiter,welche sich mit der umstrittenen Technologie intensiv beschäftigten. Sie stammten aus un¬

terschiedlichen Abteilungen, da die Unternehmen den Umgang mit der Technologie je nach

Situation als Aufgabe mit Fokus auf Umweltmanagement, Produktion oder beispielsweiseauch Verkauf verstanden. Auch waren die Hierarchiestufen der Interviewpartner unter¬

schiedlich, da auch hier die Technologie von Fall zu Fall als Top-Management-lssue oder als

niedrig-prioritäres Thema verstanden wurde. Je Firma wurden ein bis zwei Mitarbeiter inter¬

viewt.

Die Interviews dauerten in Abhängigkeit der Komplexität des Falles zwischen 45 Minuten

und 4 Stunden. Die meisten Interviews fanden bei den Firmen vor Ort statt, einige Interviews

konnten als Tclcfonkonferenzen durchgeführt werden. Der Leitfaden deckte alle relevanten

Themenbereiche ab (Tabelle 12 und Kapitel 8). Der zuvor erarbeitete Bezugsrahmen bildet

eine wichtige Orientierungshilfe bei seiner Erstellung. Der Leitfaden ist in drei Module un¬

terteilt, welche in jedem Gespräch in dieser Reihenfolge abgefragt wurden. Im ersten Modul

standen allgemein Fragen zur Person, zur Unternehmung und zum aktuellen Bezug zur

Technologie im Vordergrund. Das zweite und am längsten diskutierte Modul bildete den

'

Bei der bleihaltigen Elektronik ist in der Schweiz ein der EU-Regulation ähnliches Regime in Kraft getreten.

Die Rahmenbedingungen bei bleihaltiger Elektronik haben sich in diesem Zeitraum für die Untersuchung nur

unwesentlich geändert.

Anzahl Unternehmen

40

2

Page 24: Management von umstrittenen Technologien

2 Forschungsmethodik lfi

eigentlichen Kern des Interviews. Tn ihm wurden die Dimensionen des Bezugsrahmens be¬

trachtet. Das Modul war wiederum in Analogie zum Bezugsrahmen in zwei Teilbereiche

unterteilt: Dem Umfeld und der Wertschöpfungskettc. Das dritte und letzte Modul öffnete

die Betrachtungsweise, indem Fragen wie „Lessons Learned" aus Sicht der Interviewten

gestellt wurden. Daneben wurde auch in diesem Modul die Frage nach weiteren Interview¬

partnern gestellt, um weitere Unternehmen zu identifizieren. Der Leitfaden wurde mehrmals

aufgrund der gewonnen Erkenntnisse angepasst.

Durch die Anwendung des Gesprächsleitfadcns konnten die Themen in einer systematischenund konsistenten Form abgearbeitet werden. Je nach Gesprächsverlauf konnte von dieser

vorgegeben Reihenfolge abgewichen und die Fragen den Umständen angepasst werden. Die¬

ses Vorgehen erweist sich besonders sinnvoll, wenn der Interviewpartner beispielsweise eine

Frage bereits im Rahmen einer vorhergehenden Frage beantwortet hat oder auch wenn der

Interviewpartner eine andere Ausdrucksweise für das gleiche Phänomen verwendet (sieheauch Ingenhoff 2004, 147-148). Auf diese Weise konnte erreicht werden, dass sich das Ge¬

spräch dem Untersuchungsgegenstand aus der Perspektive des Befragten näherte. Daneben

konnte berücksichtigt werden, dass die befragten Personen den Sachverhalt unterschiedlich

verstehen und insbesondere unterschiedlich artikulieren. Aufgrund des im Vergleich zu stan¬

dardisierten Interviews oder Fragebögen erhöhten Forschungsaufwandes resultiert eine klei¬

nere Anzahl an Interviews.

Page 25: Management von umstrittenen Technologien

2 Forschlingsmethodik 17

Themenhereiche

1 Unternehmen allgemein

Bezug der Firma zur Technologie

2 Umfeld der Firma

Phasen im Umgang mit der Technologie

Wertschöpfungskette

3 Reflexion

Abschlussfragen

Stichworte für Gesprächsjührung

Produkte, Branche, Kennzahlen

Kundenbeziehungen, etc.

Technologie bestimmen

Fragen zur Person

Phase-In der TechnologieEinsatz der TechnologieAktueller Umgang mit der Technologie

Negativer Effekt der Technologie

(Vermutlich) Betroffene

Verhalten und Beeinflussung der Wissenschaft

Verhalten und Beeinflussung der Öffentlichkeit

Verhalten und Beeinflussung der RegulatorenIndirekte Profiteure

Identifikation der Technologie als umstritten

Handling, Phase-Out & Clean-up

Aufkommen alternativer TechnologienTechnologie-Anwender

Technologie-LieferantenRohmaterial-Lieferanten

Produkt-Kunden

Lessons Learned

Längerfristige Auswirkungen auf die Firma

Was war das Spezielle an der Situation?

Offene Punkte

Weitere Interviewpartner zu derselben TechnologieWeitere Unternehmen & umstrittene Technologien

Tabelle 12: Inhalt des Gesprächsleitfaden (siehe auch Kapitel 8)

Die Gespräche wurden zusammenfassend protokolliert und die Niederschrift den Gesprächs¬partnern vorgelegt. Je Gespräch entstand somit ein Dokument, welches die zentralen Aussa¬

gen des Interviewten zusammenfasst. Auf die wörtliche Transkription wurde verzichtet. Die

meisten Untemehmcnsvcrtrctcr wünschten, dass ihre Aussagen anonym weiter verwendet

werden.

2.7 Analyse der Fallstudien mittels Kodierung

Die durchgeführten Untersuchungen resultierten in einer grossen Anzahl qualitativer Daten.

Zum einen waren dies Gesprächsprotokollc, zum anderen auch Zusammenstellungen von

analysierter Literatur. Diese Dokumente wurden in einzelne Aussagen zerlegt und zur Ana¬

lyse in einer relationalen Datenbank (Abbildung 14) abgelegt. Sie konnten so einer oder

mehreren Unterkategorien zugeordnet werden (Tabelle 13). Neben den Kategorien wurden

die Aussagen wenn möglich auf der Zeitachse angeordnet.

Page 26: Management von umstrittenen Technologien

Korschungsmcthodik 18

Kategorie

Bezugnahmen

Gesellschaftliches Umfeld

Wertschöpfungskette

Unterkategorim: Aussagen zu...

Negativer Effekt, Wissenschaft, indirekte Profiteure, (vermutlich) Betroffene,Öffentlichkeit und Regulatoren

Technologie, Alternativtechnologien, eigenes Unternehmen, direkte Konkurren¬

ten, Rohmaterial-Lieferanten, Technologie-Lieferanten, Kunden und Abnehmer

Phasen einer umstrittenen Technologie

Phase-ln Phasc-In durch den eigenen Einsatz, durch die Kunden oder durch die Lieferanten

Identifikation Identifikation der Kontroverse

Identifikation des eigenen Technologieeinsatzes

Adressierung des Themas durch das Management

Handling

Phase-Out

Clean-Up

Aktivitäten zur Erhöhung der Akzeptanz resp. zur Erhöhung des Druckes

Aktivitäten um Alternativen verfügbar zu machen resp. zu verunmöglichenÜberwachung des Druckes zum Phase-Out und der verfugbaren Alternativen

Aussagen zum Dominant Design, Lock-In, Zugzwang und Trade-Off

Phase-Out durch MarktausstiegPhase-Out durch Substitution der Technologie

Längerfristige Verpflichtungen oder Auswirkungen

Tabelle 13: Unterkategorien zur Kodierung der Aussagen aus den Interviews

Diese Aufarbeitung der Interviews erlaubte eine bessere Erkennung von Mustern aus den

Interviews, da die Aussagen nach Kategorien und Fällen gefiltert und zeitlich sortiert be¬

trachtet werden konnten. Die Datenbank bestand im Abschluss aus rund 4'500 Einträgen zu

über 150 verschiedenen Fällen von Technologien und Unternehmen, von denen aber nur 49

ausgewertet werden konnten.

Fälle

Titel des FallesAussagen

BeschreibungZeitraum

Kategorisierung

Quellen

Titel der Quelle

Abbildung 14: Entity Relationship Model der Datenhank zur qualitativen Auswertung der Interviews

Page 27: Management von umstrittenen Technologien

3 Umstrittene Technologien - Eine Lösung wird zum Problem 19

3 Umstrittene Technologien - Eine Lösung wird zum Prob¬

lem

In Unternehmen durchlaufen umstrittene Technologien fünf Phasen: Phase-In als unbeschol¬

tene Technologie, Identifikation als umstrittene Technologic, Handling, Phase-Out und Cle-

an-Up. Wobei im Phase-In die Technologie in der Regel als Lösungsprinzip verstanden wird,stellt sie spätestens ab der Phase-Out-Phase in den Augen der Firmen ein Problem dar, wel¬

ches es so rasch wie möglich loszuwerden gilt (Bild 15).

Forschungsfokus

Phase-In Identifikation Handling > J Phase-Out _>; Clean-up

Durch Lieferanten ; Kontroverse identifizieren Druck zum Phase-Out Marktausstieg ! Reparation

Durch eigene Firma ; Technologie identifizieren Verfügbare Alternativen Technologie-Substitution Ersatzteillieferung

Durch Kunden ! Issue systematisch f Schadensersatz

Bewusst / unbewusst | adressieren

Itlipgjllt "1 1?""

'•-*«.. -Ä-i:,-;!. I |, ',-Ml'iïïèh'''" Ï dï'MMffijmÊbtttttâÊnlilt itt#

I BflllflLfili ^^*^*?&

Bild 15: Umstrittene Technologien: Von der Lösung zum Problemfür ein Unternehmen

3.1 Phase-In

Der Phase-In von Technologien kann auf unterschiedliche Weise erfolgen: Durch die Liefe¬

ranten, das eigene Unternehmen oder die Kunden. Technologien diffundieren so oft während

Jahrzehnten in immer mehr Produkte und Prozesse eines Unternehmens.

Der Einsatz einer Technologie findet in der Regel durch einen bewussten Entscheid statt. Bei

Basistechnologien liegt dieser Entscheid aber nicht selten mehrere Jahrzehnte zurück.

Daneben ist es aber auch möglich, dass Technologien ohne Wissen des Managements ange¬wendet werden, wie beispielsweise Hilfsstoffe in der Produktion. Die ständig verbesserten

Qualitätssystcmc in den Unternehmen verunmöglichen dies aber zunehmend.

Neben dem eigenen, bewusstcn Einsatz kann der Phase-In einer Technologie ebenfalls durch

die Lieferanten erfolgen. Die Fokussierung der Unternehmen auf wenige Abschnitte in der

Wertschöpfungskette und die damit verbundene steigende Anzahl an Lieferanten vermehrt

die ausserhalb des eigenen Unternehmens eingesetzten Technologien, welche in den eigenenProdukten beinhaltet sind.

Die Überprüfung der Lieferanten nimmt in diesem Zusammenhang einen grossen Stellen¬

wert ein.

Als Drittes kann ein Produkt auch durch den unvorhergesehenen Einsatz beim Kunden Be¬

standteil eines technologischen Systems werden. Sei dies nun durch den Endkunden oder

auch durch den Einsatz in einem weiteren Produkt. Sind solche Anwendungsszenarien be¬

kannt giltes,dieseimDesignderProduktevorzusehen.Eswerdenaberniealle

Szenarien

Page 28: Management von umstrittenen Technologien

Umstrittene Technologien - Eine Lösung wird zum Problem 20

antizipiert werden können, weshalb der ständigen Beobachtung der eigenen Produkte am

Markt eine grosse Bedeutung zukommt.

Unternehmen adressieren diese möglichen Phase-In-Pfadc unterschiedlich um den eigenenEinsatz von Technologien möglichst systematisch zu überwachen (Bild 16). Technologien,welche der Firma bewusst sind können durch Liefervereinbarungen, eigene Tcchnologicpla-nung oder auch entwicklerische Vorkehrungen (z.B. Schutzschicht, Gehäuse) abgedecktwerden, so dass ihr Einsatz innerhalb der zulässigen Bedingungen erfolgt. Die unbewussten

Anwendungen einer Technologie können nur durch Überwachung von Lieferanten, internen

Prozessen und auch den Produkten am Markt aufgespürt und verhindert werden. Die

verbleibende Restunsicherheit ist nicht zu vermeiden.

Bewusster

Einsatz

Unbewusster

Einsatz

Einsatz durch

Lieferant

Einsatz durch

Firma

Einsatz durch

Kunden

Lieferverein¬

barungenTechnologie¬

planung

Technologie-

Beobachtung

Überwachungvon Lieferanten

Internes

Qualitätswesen

Produkt-

Beobachtung

Bild 16: Verschiedene Möglichkeiten zum Phase-In einer Technologie und Gegenmassnahmen (in Anlehnungan Boutellier und Biedermann 2007)

Page 29: Management von umstrittenen Technologien

3 Umstrittene Technologien Eine Losung wird zum Problem 21

3.2 Identifikation

Die Identifikation einer umstrittenen Technologie stellt Unternehmen vor eine grosse Her¬

ausforderung, da das Management aus einer Vielzahl an Umwcltvcränderungen und einem

nur teilweise bekannten Portfolio an eingesetzten Technologien diejenigen Kombinationen

identifizieren muss, welche das Unternehmen betreffen könnten. Der Identifikationsprozcssfür umstrittene Technologien besteht daher aus drei Schritten (Boutellier und Biedermann

2006c):

- Identifikation der Kontroverse,- Identifikation der Technologie und

- Start von systematischen Aktivitäten in Bezug auf die identifizierte Technologie.

Um die Kontroverse zu identifizieren bietet sich die Outsidc-In-Perspektive an (Liebl 2000,94), d.h. ausgehend von Veränderungen im Umfeld versucht das Unternehmen, möglicheAuswirkungen auf die eigene Firma zu identifizieren (Boutellier und Biedermann 2006c).Oft sind Regulatoren und Branchenverbändc die ersten Quellen solcher Hinweise. Kunden,Rohstoff- und Technologie-Lieferanten machen erst später auf solche Probleme aufmerksam,da die Kommunikation über umstrittene Technologien in der Wertschöpfungskette nicht ge¬

pflegt wird oder sogar bewusst vermieden wird, um die Geschäftsbeziehungen kurzfristignicht zu belasten (Bild 17).

Um den eigenen Bezug zur Technologie zu analysieren verfügen Unternehmen in der Regelüber genügend Expertenwissen, d.h. der eigene Einsatz einer Technologie kann abgeschätztwerden. Dies setzt jedoch voraus, dass Unternehmen bereits eine klare Vorstellung von der

Technologie haben, welche es zu untersuchen gilt. Die Herausforderung für das Manage¬ment besteht darin, dass die Personen mit dem notwendigen technologischen Fachwissen

nicht immer die Personen sind, welche die ersten Informationen über die Kontroverse auf¬

nehmen. Diese spezifische Kommunikation der unterschiedlichen Abteilungen zu fördern

und die Ownership über umstrittene Technologien zu übernehmen ist Aufgabe des Manage¬ments (Boutellier und Biedermann 2006a).

Page 30: Management von umstrittenen Technologien

Umstrittene Technologien - Eine Losung wird zum Problem 22

Alternative

TechnologienWissenschaft Regulatoren

(Vermutlich)Betroffene

\ \

Patente, Porschungsprojekte,Publikationen v Untersuchungen

X

1

Absichtserklärungen, Anzeichen,

Regulationen/

Beschwerden

Forschung &

Entwicklung

Qualitäts-

Management

Environment 1

& Health 1

N. 1 S

Einkauf —Geschäfts¬

leitung«-

Public '

Relations '

Produktion

^ tProdukt-

Management

VVerkauf &

After Sales '

Marketing, ' Verbesserungen,Information Push Information Push

/ I

Anfragen, ^Presseberichte,

iforderungen Anfragen\ N

LieferantenAnlagen-

Lieferanten

Kunden &

EndanwenderÖffentlichkeit

Bild 17. Informationen aus dem gesamten Umfeld müssen von der Geschäftsleitung zu einem Gesamtbild ver¬

dichtet werden. (Boutellier undBiedermann 2006a)

Der dritte Schritt - der Start von systematischen Aktivitäten - stellt den Abschluss der Identi¬

fikationsphase dar. Innerhalb von Organisationen werden solche Themen als Probleme wahr¬

genommen und der Promoter des Issues ist oft gleichzeitig auch derjenige, welcher sich um

die Erledigung zu kümmern hat. Aufgabe des Managements ist es zu garantieren, dass solche

Themen offen angesprochen werden können.

3.3 Handling

Hat sich ein Unternehmen zu systematischen Aktivitäten in Bezug auf die umstrittene Tech¬

nologie entschlossen geht es darum, die Balance zwischen dem Druck zum Phase-Out der

Technologie und der Verfügbarkeit von Alternativen zu finden.

Der Druck zum Phase entsteht dabei nicht nur aufgrund von Veränderungen im gesellschaft¬lichen Umfeld, vielmehr können auch eigene Zweifel und die Phase-Out-Absichtcn von Un¬

ternehmen im eigenen Wertschöpfüngsnetzwerk die Notwendigkeit zum Phase-Out erzeugen

(Bild 18). Die verschiedenen Motivationen zum Phasc-Out betreffen unterschiedliche Unter-

nchmensbereiche: Eigene Zweifel an Technologien sind typischerweise ein Gcschäftslci-

tungsthema, der gesellschaftliche Druck wird eher durch die Regulationen- und Nonnenab¬

teilung oder das Public Rclations-Team bearbeitet, der Nachfrageeinbuch ist ein Fall für

Marketing & Sales und der Einkauf kommt die Beschaffungsprobleme zu spüren. Daher ist

es auch in dieser Phase wiederum Aufgabe des Managements, die unterschiedlichen Motiva¬

tionen welche den Druck zum Phase-Out der Technologie ausmachen zu einem Bild zu ver¬

einheitlichen.

Page 31: Management von umstrittenen Technologien

Umstrittene Technologien - Eine Lösung wird zum Problem 23

Anstoss zur Besorgnis

Naturwissenschaftliche Erkenntnisse - Wcrtcwandel

T

||üw

Verstärkung im gesellschaftlichen Umfeld

Offontlichksit - Regulatoren - Medien - Pressure Groups

Ablehnung in der Wertschöpfungskette

Kunden - Lieferanten - Händler

Beschaffungs¬

probleme

f

»(p^Wliw'TBchriologl

Direkte Motivation Wertschöpfungsorientierte Motivation

Bild 18: Druck zum Phase-Out einer Technologie (Boulellier und Biedermann 200X-b)

Als zweite wichtige Dimension ist die Verfügbarkeit von Alternativen zu nennen, da diese

den Handlungsspiclraum von Unternehmen massiv einschränken oder erweitern kann. Um

Alternativen verfügbar zu machen genügt die rein technische Machbarkeit nicht, sondern die

Kundenakzeptanz, der Scalc-Up der Technologie, die Beschaffungsmöglichkcitcn und auch

die ökonomische Machbarkeit bestimmen, ob eine alternative Technologie als verfügbarangesehen werden kann oder nicht.

Unternehmen in der Handlingphase sind sich bewusst, dass die von ihnen eingesetzte Tech¬

nologie möglicherweise unter Druck geraten könnte. Sie befinden sich in einer von vier gc-

nerischen Situationen: Dominant Design, Lock-In, Zugzwang oder Trade-Off (Bild 19).Während im Dominant Design die positiven Eigenschaften einer Technologie im Vorder¬

grund stehen und sich die Technologie ausbreitet geraten Firmen zunehmend in Abhängig¬keit dieser Technologie. Der Lock-In wird deutlich, wenn der Druck zum Phase-Out der

Technologie sich erhöht und der Ausstieg aus der Technologie nicht ohne weiteres möglichist. Unternehmen geraten in Zugzwang, wenn Alternativen verfügbar sind und der Druck

gegen die Technologie hoch ist. Der Phasc-Out ist nur noch eine Frage der Zeit. Unterneh¬

men, welche Alternativen zu Technologien entwickeln, ohne dass ein relevanter Druck zum

Phase-Out der alten Technologie besteht befinden sich in einer Traüfe-O/f-Situation in der

rein leistungsmässige Faktoren den Ausschlag für die Technologiewahl geben.

Page 32: Management von umstrittenen Technologien

Umstrittene Technologien Eine Lösung wird zum Problem 24

Lock-In Zugzwang

a

5 Kooperationen Substitution wo zu gefährlich

os Alternativen suchen Handlungsfreiheit bewahren

!3

w Zeit gewinnen

t

Ol

Dominant Design Trade-off

3N

Jeu

2Q

Investieren

Alternativen beobachten

Substitution wenn überlegen

Pilotversuche

Nicht verfügbar Verfügbar

Verfügbarkeit technologischer Alternativen

Bild 19: Vier generische Situationen (in Anlehnung an Boutellier und Biedermann 2007)

3.4 Phase-Out und Clean-Up

Auf den Entschluss, eine Technologie in Zukunft nicht mehr einzusetzen folgt der Phase-

Out. Den Unternehmen stehen zwei grundsätzliche Möglichkeiten zur Verfügung: Technolo¬

gie-Substitution und Marktausstieg. Wenn Alternativen verfügbar sind, wählen Unternehmen

die Subsumtion einer Technologie. Der Marktausstieg wird nur selten beschlossen

(Boutellier und Biedermann 200X-a).

Die Substitution einer Technologie benötigt Zeit. Die Erfahrung mit der alten Technologie,welche während Jahrzehnten gewonnen wurde lässt sich nur bedingt auf die neue Technolo¬

gie übertragen und kann nicht in wenigen Monaten aufgebaut werden. Insbesondere die

Langzeiterfahrungen fehlen bei neuen Technologien, doch sind gerade diese Anforderungenbei älteren Technologien oft besonders hoch. Der Phase-Out einer Technologie kann auch

intern auf Widerstand stossen, da das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter in Bezugauf die umstrittene Technologie obsolet werden. Auch können alternative Technologien oft

das Leistungsniveau der alten Technologie nicht sofort erreichen. Die Unsicherheit ist gross

(Bild 20).

Page 33: Management von umstrittenen Technologien

3 Umstrittene Technologien - Eine Lösung wird zum Problem 25

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Lock-In Zugzwang

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Dominant 11/(ZU frre/f Design

Trade-off

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Verfügbarkeit technologischer Alternativen

Bild 20: Zwei Phase-Oul-Oplionen: Marklausstieg und Technologie-Substitution (Boutellier und Biedermann

200X-a)

Die Auswirkungen des Phase-Out auf Unternehmen sind unterschiedlich und oft ist eine

grössere Anzahl an Unternehmen von der Umstellung betroffen. Im Falle des Ausstiegs aus

bleihaltiger Elektronik in der EU waren von den Herstellern der Lötmaterialien bis hin zu

den Distributoren der Endprodukte sehr viele Unternehmen an der Umstellung beteiligt(Boutellier und Biedermann 2006b).

Auch nachdem die umstrittene Technologie von einem Unternehmen zum letzten Mal einge¬setzt worden ist, beschäftigt sie Unternehmen noch längere Zeit weiter. Oft müssen Firmen

noch mehrere Jahre Ersatzteile für Produkte anbieten oder sind verpflichtet, für die fachge¬rechte Entsorgung dieser Produkte zu sorgen. Daneben haben populäre Fälle wie die ge¬sundheitlichen Auswirkungen von Asbest aufgezeigt, dass Unternehmen sich mit massiven

Schadensersatzforderungen konfrontiert sehen können.

Page 34: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 26

4 Publikationen

Die Aufbereitung und Kommunikation der Resultate ist Teil der wissenschaftlichen For¬

schung. Daher entstanden im Rahmen dieser Dissertation mehrere Publikationen, welche

verschiedene Aspekte der drei fokussierten Phasen Identifikation, Handling und Phase-Out

beleuchten (siehe Abbildung 21). Währenddem die ersten Veröffentlichungen sich den Prob¬

lemen im Phase-Out annehmen, behandeln die späteren Texte die ersten Phasen. Diese Ab¬

folge spiegelt die Reihenfolge wider, in der die Forschungsresultate sich konkretisierten.

Forschungsfokus

Phase^ÜT> IdentifikationHandling

Druck zum Phase-Out AlternativenPhase-Out

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Publikationen:

4.1 Qualitätsgerechte Produktplanung

4.2 Identification of issues with controversial technologies

4.3 Wie Technologien unter Beschuss geraten

4 4 Die Abhängigkeit von umstrittenen Technologien verringern

4 5 Qualitätsmanagement bei umstrittenen Technologien

4.6 Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien

4.7 Management umstrittener Technologien

4.8 Systementwickler und Modullieferanten

4.9 Disruptions in global industries (I)

4.10Disruptions in global industries (II)

Abbildung 21: Fokus der Publikationen

Fünf der Publikationen unterlagen einem doppelblinden Reviewprozess, vier Publikationen

konnten in einem Herausgeberwerk platziert werden und ein Text erschien im Fachorgan des

ETH-Zentrums für Unternehmenswissenschaften (Tabelle 22). Die Artikel wurden jeweilsvon Prof. Dr. Roman Boutcllicr und dipl. Ing. ETH Andreas Biedermann gemeinsam ver-

fasst.

Page 35: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 27

Titel Puhlikatiomgefäss (Jahr) Begulachlungsprozess

4.1 Qualitätsgerechte Produkt¬

planungMasmg Handbuch Qualitäts¬

management

Herausgeberwerk:Prof. Dr. Tilo Pfeifer

Prof. Dr. Robert Schmitt

4.2 Identification of issues

with controversial technologies

International Journal of Tech¬

nology Intelligence and Plan¬

ning (2006)

Doppelblindes Review

4.3 Wie Technologien unter

Beschuss geraten*

Die Unternehmung Doppelblindes Review

4.4 Die Abhängigkeit von

umstrittenen Technologienverringern

io new management (2006) Fachorgan des ETH-Zentrums für Unter-

nehmenswissenschaften

4.5 Qualitätsmanagement bei

umstrittenen Technologien

Masing Handbuch Qualitäts¬

management

Herausgeberwerk:Prof. Dr. Tilo Pfeifer

Prof. Dr. Robert Schmitt

4.6 Umgang der Unternehmen

mit umstrittenen Technologien

Symposium für Vorausschau

und Technologieplanung(2005)

Doppelblindes Review

4.7 Management umstrittener

Technologien

Zeitschrift

Führung + OrganisationDoppelblindes Review

4.8 Systementwickler und

Modullieferanten

Handbuch Technologie- und

1nnovationsmanagement(2005)

1 lerausgeberwerk:Prof. Dr. Sönke Albers

Prof. Dr. Oliver Gassmann

4.9 Disruptions in global in¬

dustries (I)

IFSAM World Congress

(2006)

Doppelblindes Review

4.10 Disruptions in globalindustries (11)

Information TechnologyEntrepreneurship and Innova¬

tion (2007)

Herausgeberwerk

Fang Zhao

In enger Anlehnung an 4.9

Tabelle 22: Liste der Publikationen. *: noch nicht definitiv akzeptiert

Auf den folgenden Seiten sind die Publikationen zusammenfassend beschrieben und die Ein¬

ordnung des Textes in die Dissertation erläutert. Die vollständigen Artikel befinden sich in

Kapitel 6.

Page 36: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 28

4.1 Qualitätsgerechte Produktplanung

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2007): Qualitätsgerechte Pro¬

duktplanung, in Pfeifer, T. und Schmitt, R. (Hrsg.) Masing Handbuch

Qualitätsmanagemcnt, München, Carl Hanser Verlag.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.1.

4.1.1 Zusammenfassung der Publikation

Unternehmen wenden ausgewählte Methoden an, um die Qualität der Innovation sicherzu¬

stellen: Quality Function Deployment, Simultaneous Engineering, Prototyping, Reviews,Zusammenarbeit mit Lieferanten und die Aufteilung in drei Prozessphasen. Quality Function

Deployment dient als Tool um die Erfüllung der wichtigen Kundenanforderungen sicherzu¬

stellen. Simultaneous Engineering im Innovationsprozcss erlaubt Zeitersparnis und somit

eine frühere Markteinführung. Obwohl die Simulation von Produkten am Computer in den

letzten Jahren massive Fortschritte erzielt hat sind Prototypen noch immer unverzichtbar um

Funktionsweisen oder Kundenakzeptanz in einem frühen Entwicklungsstadium zu testen.

Regelmässige Reviews im Tnnovationsprozess erlauben es, den Projektfortschritt zu beurtei¬

len und Abhängigkeiten der kommenden Aktivitäten zu identifizieren.

Der Innovationsprozcss kann in drei Phasen unterteilt werden: Vorprojekt-, Entwicklungs¬und Markteinführungsphase. Die Vorprojektphase zeichnet sich durch eine hohe Unsicher¬

heit in Bezug auf Anforderungen und Realisierbarkeit aus. Die strukturierte Entwicklungs¬phase setzt demgegenüber beherrschte Technologien und klare Kundenanforderung voraus.

Bei der Markteinführung können zwei Ansätze unterschieden werden: Big Bang und Lead

Concept. Bei erhöhtem Zeitdruck ist Big Bang vorzuziehen.

4.1.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Der Entwicklungsprozcss ist ein wichtiger Kanal für den Phase-In von neuen Technologien.Der Qualitätssicherung kommt in dieser Phase daher nicht nur die Verantwortung zur Si¬

cherstellung der Leistungsfähigkeit der Produkte zu, sondern es muss auch garantiert wer¬

den, dass keine problematischen Technologien zur Anwendung kommen. Eine transparente

Qualitätsplanung wie beispielsweise mittels Quality Function Deployment (QFD) trägt dazu

bei, solche umstrittene Technologien zu erkennen. Insbesondere QFD fördert die systemati¬sche Kommunikation zwischen unterschiedlichen Abteilungen.

Page 37: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 29

4.1.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht die folgenden Implikationen für das Management:

- Die Kommunikation im Innovationsprozess unter den beteiligten Unternehmensbereichen

und auch gegenüber den Kunden muss systematisch gefördert werden. Das House of Qua¬lity im Quality Function Deployment ist ein geeignetes Übersetzungstool zwischen den

verschiedenen Fachsprachen.- Massnahmen zur Verkürzung der Tnnovationszeiten versprechen grosse Beschleunigun¬

gen. Die Einführung von parallelen Entwicklungsarbeiten ist aber mit Vorsicht anzuwen¬

den, da insbesondere der Management-Aufwand steigt.- Reviews und Prototypen dienen dazu, mit der Komplexität im Entwicklungsprozess um¬

zugehen. Reviews sorgen für Übersicht im Innovationsprozess und anhand von Prototy¬

pen lassen sich Konflikte frühzeitig identifizieren.

- Die Markteinführung von Produkten kann nach zwei unterschiedlichen Grundsätzen er¬

folgen: Big Bang oder Lead Concept. Das phasenweise Vorgehen im Lead Concept er¬

laubt einen Lcrnprozess und die Produkte können so kontinuierlich den Bedürfhissen der

Zielmärkte angepasst werden. Der Big Bang-Ansatz setzt eine einwandfreie Planung der

Markteinführung voraus und bietet sich insbesondere bei zeitkritischen Innovationen an.

- Die Zusammenarbeit mit Lieferanten im Innovationsprozess wird zunehmend wichtiger.Die Beschaffungsabteilung nimmt daher in zukünftigen Innovationsprojekten eine zentra¬

lere Rolle ein. Sie dient als Informationsdrehscheibc hin zu den Lieferanten resp. Ent-

wicklungspartnem.

4.1.4 Gewählter Publikationsort

Das Masing Handbuch Qualitätsmanagement ist ein über l'OOO Seiten umfassendes Stan¬

dardwerk im Bereich Quaütätsmanagement und ist im deutschsprachigen Raum unter Stu¬

dierenden wie auch Praktikern des Qualitätsmanagements weit verbreitet.

Page 38: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 10

4.2 Identification of issues with controversial technologies

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2006): Identification of issues

with controversial technologies, in International Journal of Techno¬

logy Intelligence and Planning, 2, 3, 225-247.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.2.

4.2.1 Zusammenfassung der Publikation

Die Literatur bietet sechs unterschiedliche Ansätze, wie umstrittene Technologien durch

Unternehmen identifiziert werden können: Tcchnologicfolgenabschätzung, Produktfolgenab¬schätzung, Produktüberwachung, Regulations-Monitoring, Stakeholder-Einbezug und all¬

gemeines Aufspüren von schwachen Signalen. In den untersuchten Fällen war das Aufspürenvon schwachen Signalen der vorherrschende Modus, wie diese frühen Informationen in das

Unternehmen hineingelangten. Vereinzelt fanden erste Hinweise über das Regulations-Monitoring und die Tcchnologiefolgenabschätzung den Weg in die Unternehmen. Der Ein¬

satz der Technologie war in allen untersuchten Fällen in der Unternehmung bekannt, obwohl

häufig nur Experten über deren Einsatz genaue Kenntnis hatten.

Der weitaus grösste Teil der Unternehmen bekam die ersten Informationen über die umstrit¬

tene Technologie durch die Regulatoren resp. durch die Vorbereitung des Verbotes einer

Technologie. Daneben sind Branchenorganisationen ebenfalls häufig eine frühe Informati¬

onsquelle. Die täglichen Geschäftsbezichungcn mit Kunden, Lieferanten und Technologie-Partnern waren nur von untergeordneter Bedeutung. Es stiessen auch nur wenige Unterneh¬

men aufgrund von wissenschaftlichen Veröffentlichungen auf sich abzeichnende Zweifel an

einer Technologie.

In vielen Fällen spürten die Qualitäts- und Uraweltverantwortlichen diese Themen auf und

sammelten die ersten Anzeichen in den Unternehmen. Häufig waren auch der Geschäftsfüh¬

rer oder das Marketing und Sales Department empfänglich für frühe Signale. Der ManagingDirector war in der Regel zuständig, falls das Thema nicht eindeutig einer Stelle zugeordnetwerden konnte. Der Auslöser für systematische Aktivitäten in Bezug auf die umstrittene

Technologie kam oft erst einige Zeit später, nachdem die umstrittene Technologie als mögli¬ches Problemfcld erkannt wurde. Der wichtigste Trigger waren antizipierte Regulationen.

4.2.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Der Artikel fokussiert auf den ersten Schritt im Umgang mit umstrittenen Technologien: Die

Identifikation solcher Themen. Die untersuchten Fälle werden in Bezug auf die Identifikati¬

on der Kontroverse und des eigenen Technologieeinsatzcs sowie durch die Adressierung des

Themas durch das Management untersucht. Die gewonnen Erkenntnisse deuten darauf hin,dass eine Outside-In-Betrachtung mehr Erfolg verspricht als eine Inside-Out-Pcrspcktivc.

Page 39: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 31

4.2.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht verschiedene Implikationen fur das Management:

- Zum Aufspüren von umstrittenen Technologien verspricht die Outsidc-In-Pcrspcktive ei¬

nen grösseren Erfolg als der Inside-Out-Ansatz: Manager sollen ausgehend von Trends im

Umfeld die möglichen Auswirkungen auf das eigene Unternehmen abschätzen und nicht

primär jede einzelne Technologie überwachen.

- Die meisten solcher Themen wurden durch das Detekticren und Analysieren von schwa¬

chen Signalen aufgegriffen. Dazu ist es notwendig, dass diese Signale an einem zentralen

Ort im Unternehmen oder auch extern gesammelt werden. Nur so kann garantiert werden,dass sich abzeichnende Muster auch frühzeitig erkannt werden. Die zentrale Technologie-

, Qualitäts- und Umwcltmanagemcnt-Abtcilungcn sind prädestiniert, diese Sammelfunk-

tion zu übernehmen.

- Unternehmen entscheiden ihre Strategie in Bezug auf die umstrittene Technologie oft,bevor die eigentlichen Auswirkungen und die eigene Abhängigkeit von der Technologie

genau bekannt sind. Um die Qualität dieser Entscheidungen zu verbessern und auch den

Handlungsspielraum zu erweitern empfiehlt es sich, diese Themen möglichst frühzeitig zuadressieren.

4.2.4 Gewählter Publikationsort

Das englischsprachigc International Journal of Technology Intelligence and Planning dient

als Plattform für die Kommunikation zwischen politischen Entscheidungsträgem, Praktikern

und Forschem im Bereich Technologiemanagement. Die Identifikation von umstrittenen

Technologien ist Teil der Aufgabe der Technology Intelligence oder Technologiefrühaufklä¬rung.

Page 40: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 32

4.3 Wie Technologien unter Beschuss geraten

Boutellier, R. und Biedermann, A. (200X): Wie Technologien unter

Beschuss geraten, in Die Unternehmung.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.3.

4.3.1 Zusammenfassung der Publikation

Der Druck, welcher aus dem Umfeld auf eine Firma wirkt, sobald eine Technologie unter

Beschuss kommt bestimmt massgeblich die verbleibenden Handlungsoptionen von Unter¬

nehmen. Der Artikel beleuchtet die Komponenten dieses Druckes und präsentiert hierzu ei¬

nen Analyserahmen. Drei Mechanismen im unternehmerischen Umfeld erzeugen den Druck

zum Phase-Out: Anstoss zur Besorgnis, Verstärkung im gesellschaftlichen Umfeld und Ab¬

lehnung innerhalb der Wertschöpfungskette. Basierend auf 42 Interviews in Unternehmen

und Literaturrecherchen haben wir vier Motivationen für den Phase-Out solcher Technolo¬

gien identifiziert: Firmcncigcne Zweifel an der Technologie, gesellschaftlicher Druck, Nach¬

frageeinbruch und Beschaffungsprobleme.

Firmeneigene Zweifel liegen vor, wenn ein Unternehmen ohne äusseren Druck sich ent¬

scheidet, aus einer Technologie auszusteigen. Diese Zweifel können beispielsweise durch

neue Forschungsrcsultate geweckt werden oder auch durch einen Strategiewechsel des Un¬

ternehmens. Der gesellschaftliche Druck setzt sich zum einen aus dem Druck der Öffentlich¬keit durch die Medien und zum anderen aus den Massnahmen der Regulatoren zusammen.

Regulatoren können dabei staatliche oder auch privatwirtschaftliche Organisationen (wiebeispielsweise Labels) sein. Der Nachfragccinbruch ist häufig zu beobachten, da Kunden

eine bestimmte Technologie nicht mehr akzeptieren. Daneben sehen sich Unternehmen oft

auch auf der Beschaffungsseite mit Problemen konfrontiert, da Komponenten für umstrittene

Technologien nicht mehr verfügbar sind.

4.3.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Der Druck schränkt den Handlungsspielraum eines Unternehmens stark ein. Aus diesem

Grund beleuchtet dieser Artikel die einzelnen Komponenten des Druckes zum Phase-Out

einer Technologie: Eigene Zweifel, gesellschaftlicher Druck, Nachfrageeinbruch und Be¬

schaffungsprobleme. Das systematische Abschätzen des Druckes zum Phase-Out einer

Technologie erlaubt dem Management ein gezieltes Vorgehen.

Page 41: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 33

4.3.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht zwei hauptsächliche Implikationen für das Management:

- Ganzheitliche Betrachtung notwendig. Um die Betroffenheit der eigenen Unternehmungvon einer Kontroverse um eine umstrittene Technologie korrekt einschätzen zu können,müssen Manager die drei Teilsystcmc Anstoss zur Besorgnis, Verstärkung im gesell¬schaftlichen Umfeld und die Ablehnung in der Werlschöpfungskette betrachten.

- Es existieren vier Motivationstypen für den Phasc-Out: Eigene Zweifel, gesellschaftlicherDruck, Nachfragccinbruch und Beschaffungsproblcmc. In allen untersuchten Fällen war

mindestens einer dieser Motivationstypen Grund für den Phasc-Out-Entschcid. Unter¬

nehmen, welche diese vier Bereiche betrachten, können Kontroversen um eine umstritte¬

ne Technologie systematisch erkennen und ihre Relevanz einschätzen.

4.3.4 Gewählter Publikationsort

Die Unternehmung als Organ der Schweizerischen Gesellschaftfür Betriebswirtschaft (SGB)verbreitet neue Erkenntnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung. Die Zeitschrift richtet

sich an Studierende, Dozierende wie auch Praktiker der Betriebswirtschaft. Technologic-und Innovationsmanagement bildet einen Themenschwerpunkt der Zeitschrift.

Page 42: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 34

4.4 Die Abhängigkeit von umstrittenen Technologien verringern

Boutellier, R, und Biedermann, A. (2006): Die Abhängigkeit von um¬

strittenen Technologien verringern, in io new management, 9, 16-19.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.4.

4.4.1 Zusammenfassung der Publikation

Seit jeher verwendete die Industrie bleihaltige Legierungen, um elektronische Geräte zu lö¬

ten. Nun dürfen seit Mitte 2006 in weiten Teilen des europäischen Marktes keine neuen, e-

lcktronischen Geräte mehr verkauft werden, die Blei und andere als problematisch eingestuf¬te Substanzen enthalten. Für die betroffenen Firmen bedeutet dies einen grossen Aufwand

und verursacht viele Unsicherheiten. Unternehmen aus anderen Branchen sind mit ähnlichen

Herausforderungen konfrontiert. Jahrelange technologische Erfahrungen lassen sich nicht

innerhalb weniger Monate substituieren. Zudem benötigt auch die Anpassung anderer Ge¬

schäftsprozesse Zeit. Das systematische, frühe Erkennen von Kontroversen um Technolo¬

gien ist deshalb eine unverzichtbare Aufgabe eines jeden Managements, um solche Entwick¬

lungen sicher und erfolgreich zu meistern.

4.4.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Dieser Artikel fokussiert auf die Identifikation von Kontroversen um eine Technologie. An¬

hand des Phase-Outs der bleihaltigen Elektronik in der EU zeigt er die Relevanz des Themas

für unterschiedliche Unternehmen auf. Da die Mitarbeiter oft über die Ablehnung einer

Technologie erstaunt sind hebt der Artikel die Relevanz von gesellschaftlichen Prozessen

hervor um die stattfindende Entkopplung von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und

gesellschaftlicher Reaktion zu veranschaulichen. Daneben zeigt der Text auf, welche unter¬

schiedlichen Abteilungen in den Unternehmen als Horchposten für aufkommende Kontro¬

versen dienen können.

Page 43: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 35

4.4.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht verschiedene Implikationen für das Management:

- Die Früherkennung ist Aufgabe der Gcschäftsleitung. Da Warnhinweise im gesamtenUmfeld auftreten und daher auch durch unterschiedliche Untcrnchmcnsbereiche wahrge¬nommen werden liegt die Verantwortung über das zentrale Sammeln und Aufbereiten

dieser Informationen im Bereich der Geschäftsleitung.- Bewusststcin in den Abteilungen schaffen. Die vielen unterschiedlichen Technologien,

welche eine Unternehmung einsetzt sind nur schwer überschaubar. Die einzelnen Abtei¬

lungen können daher nicht auf alle diese Technologien sensibilisiert sein und haben von

den jeweiligen Technologien auch ein unterschiedliches Bild. Eine Liste der eingesetztenTechnologien ist ein erster Schritt zur Identifikation und raschen Einordnung von auf¬

kommenden Kontroversen.

4.4.4 Gewählter Publikationsort

Integraler Teil der angewandten Forschung ist die Verbreitung der erarbeiteten Erkenntnisse

in der Praxis. Die deutschsprachige Zeitschrift io new management erfüllt diese wichtigeScharnierfunktion zwischen betriebswissenschaftlichcr Forschung und Management-Praxis.

Page 44: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 36

4.5 Qualitätsmanagement bei umstrittenen Technologien

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2007): Qualitätsmanagemcnt bei

umstrittenen Technologien, in Pfeifer, T. und Schmitt, R. (Hrsg.) Ma-

sing Handbuch Qualitätsmanagement, München, Carl Hanser Verlag.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.5.

4.5.1 Zusammenfassung der Publikation

Kundenansprüche definieren die Qualitätsanfordcrungcn an ein Produkt und der Kunde ent¬

scheidet massgeblich über die Akzeptanz einer Technologie. Umstrittene Technologien sind

daher für qualitätsbewusstc Unternehmen speziell relevant: Wenn eine Technologie in der

Öffentlichkeit unter Beschuss gerät kann ihre Vermeidung zum Qualitätskriterium werden.

Die Anforderungen an die alternativen Technologien sind in der Regel höher als bei klassi¬

schen Markteinführungen von neuen Technologien, da diese neuen Technologien mit bereits

seit längeren gewachsenen Anforderungen der Kunden Schritt halten müssen. Die Alterna¬

tivtechnologien müssen daher bereits zu Beginn ihrer Anwendung ein hohes Leistungsniveauerreichen. Bewährte Methoden aus dem klassischen Produktentwicklungsprozess reichen

nicht aus.

Technologien finden in vielen Produkten Anwendung. Einige Technologien werden durch

das eigene Unternehmen direkt eingesetzt, der Grossteil wird aber durch die Lieferanten im¬

plizit in den zugekauften Komponenten oder Rohstoffen geliefert. Die Beschaffungsabtei¬lung spielt daher eine wichtige Rolle beim bewussten Umgang mit umstrittenen Technolo¬

gien. Da sich Lieferanten gegenüber ihren Kunden nicht gerne zum Thema umstrittene

Technologien äussern, muss die Beschaffungsabteilung aktiv auf die Lieferanten zugehenund den systematischen Umgang mit diesen Technologien initiieren.

4.5.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Dieser Artikel beleuchtet die drei Hauptphasen im Umgang mit einer umstrittenen Techno¬

logie: Identifikation, Handling und Phase-Out. Der Umgang mit umstrittenen Technologienist oft Aufgabe der Qualitätsabtcilungen. Aus diesem Grund ist ein vertieftes Verständnis der

wichtigen Mechanismen im Umfeld und der unternehmerischen Herausforderungen notwen¬

dig. Dieser Beitrag vermittelt zum einen das Verständnis für diese Abläufe, zum anderen

gibt er Hinweise für das Management mit Schwergewicht auf qualitätsrelcvante Themen.

Page 45: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 37

4.5.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht die folgenden Implikationen für das Management:

- Umstrittene Technologien - Ein typisches Qualitätsthema. Oft ist die Qualitätsabteilungdie erste Anlaufstelle für solche Issues. Es ist daher sinnvoll, dass die frühen Informatio¬

nen zu aufkommenden Kontroversen auch von dieser Stelle gesammelt und ausgewertetwerden. Den unterschiedlichen Sichtweisen der Technologien durch die anderen Abtei¬

lungen ist Rechnung zu tragen.- FünfHandlungsvarianten. Dem Management stehen fünf Handlungsvarianten zur Verfü¬

gung: Akzeptanz erhöhen, Alternativen verfügbar machen, Alternativen verunmöglichen,Technologie-Substitution und Marktausstieg. Je nach Situation sind unterschiedliche Va¬

rianten anwendbar und empfehlenswert.- Langzeitzuverlässigkeit von Technologien frühzeitig adressieren. Über das Langzeitver-

haltcn herrscht bei einer Technologiesubstitution in der Regel grössere Unsicherheit.

Wenn Unternehmen sich nicht selber frühzeitig um Tests bemühen, stehen in der Regelnur allgemeine Studien zur Verfügung, welche für das eigene Unternehmen nur bedingtanwendbar ist.

4.5.4 Gewählter Publikationsort

Das Masing Handbuch Qualitätsmanagement ist ein über l'OOO Seiten umfassendes Stan¬

dardwerk im Bereich Qualitätsmanagement und ist im deutschsprachigen Raum unter Stu¬

dierenden wie auch Praktikern des Qualitätsmanagemcnts weit verbreitet. Das Thema um¬

strittene Technologien unter Qualitätsaspekten ist im Teil Beschaffungsmanagement einge¬gliedert.

Page 46: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 38

4.6 Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2005): Umgang der Unternehmen

mit umstrittenen Technologien, in Gausemeier, J. (Hrsg.) Voraus¬

schau und Technologieplanung, Paderborn, Heinz Nixdorf Institut,27-48.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.6.

4.6.1 Zusammenfassung der Publikation

Es ist unmöglich, vor der Markteinführung einer Technologie alle auftretenden Nebenwir¬

kungen zu erkennen. Für Unternehmen ist das Beobachten der Produkte übcrlcbcnswichtig,da eingesetzte Technologien umstritten werden können. Zwar kann eine Firma den Umgangmit umstrittenen Technologien sorgfältig planen, aber die Reaktionen der Öffentlichkeit kön¬

nen so emotional und politisch ausfallen, dass immer wieder mit Überraschungen gerechnetwerden muss. Ein rascher Ausstieg aus einer umstrittenen Technologie ist in der Regel kaum

möglich.

Chlor ist ein wichtiger Grundstoff für die Industrie. Seine Herstellung mit Quecksilber wird

in Westeuropa voraussichtlich ab 2020 verboten. Das Phase-Out ist ein langer Prozess mit

unsicherem Ausgang. Anhand der Quecksilber-Technologie und anderer Beispiele entwi¬

ckelt der Artikel Konzepte zum Umgang mit umstrittenen Technologien.

Die große Unsicherheit über das Schicksal einer Technologie bedingt, dass sich Unterneh¬

men mehrere Optionen offen halten und die Entwicklungen im Umfeld systematisch analy¬sieren. Dabei geht es in erster Linie um die Prognose des Verhaltens der beteiligten Akteure

sowie um die Frage, wie lange und in welcher Form die Technologie noch eingesetzt werdensoll.

4.6.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Dieser Artikel beschreibt anhand des Beispieles der Chlorherstellung mittels Quccksilbcr-zell-Technologie die Phase-Out-Situation einer umstrittenen Technologie. Andere umstritte¬

ne Technologien werden zur Illustration hinzugezogen. Der Phase-Out-Prozess kann mehre¬

re Jahrzehnte dauern und sein Ausgang ist ungewiss, da die gesetzten Zieltermine häufigverändert werden können und die Wissenschaft neue Forschungsrcsultate hervorbringt. Die

gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen von Quecksilber sind schon länger be¬

kannt und die Chlor-Alkali-Tndustrie befindet sich mitten im Phase-Out von Quecksilber-Zellen.

Page 47: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 39

4.6.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht verschiedene Implikationen:

- Die Funktionalität von umstrittenen Technologien ist nicht rasch substituierbar. Der Pro-

zess dauert oft mehrere Jahrzehnte und die Rahmenbedingungen sind ungewiss.- Bei umstrittenen Technologien bestimmen gesellschaftliche Prozesse und die technologi¬

sche Machbarkeit in hohem Masse die Randbedingungen. Es ist daher mit Überraschun¬

gen zu rechnen.

- Unternehmen sollen sich ihrer Abhängigkeit von einzelnen Technologien bewusst sein.

Ist diese Abhängigkeit zu gross, laufen sie Gefahr, den Technologiewechsel nicht innert

nützlicher Frist zu vollziehen. Sic sollen sich technologische Optionen offen halten.

- Eine enge Kommunikation mit Gesetzgebern, Kunden und Wissenschaftlern hilft, auf¬

kommende Probleme frühzeitig zu identifizieren und zu adressieren.

- Es ist unmöglich, alle potentiellen Nebeneffekte des Technologieeinsatzes zu beginn zu

entdecken. Ein kontinuierliches Monitoring von Produkten und Prozessen ist daher unab¬

dingbar.

4.6.4 Gewählter Publikationsort

Das jährlich stattfindende Symposium für Vorausschau und Technologieplanung bietet eine

Plattform zum gegenseitigen Austausch über internationale Forschung im Bereich Techno¬

logiemanagement. Die Symposiumsbeiträge sind in der Schriftenreihe des Heinz-Nixtorf-

Instituts erschienen.

Page 48: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 40

4.7 Management umstrittener Technologien

Boutellier, R. und Biedermann, A. (200X): Management umstrittener

Technologien, in Zeitschrift Führung und Organisation.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.7.

4.7.1 Zusammenfassung der Publikation

Seit der Industrialisierung kommen immer wieder Technologien unter Druck der Öffentlich¬

keit und werden verboten. In Abhängigkeit der Stärke des Druckes und der Verfügbarkeitvon Alternativtechnologien haben wir durch Interviews in über vierzig Unternehmen vier

gencrische Situationen identifiziert, in welche betroffene Firmen geraten können: Dominant

Design, Lock-In, Zugzwang und Trade-Off. Daneben konnten wir fünf Szenarientypen un¬

terscheiden, wie sich umstrittene Technologien aus Untemehmenssicht entwickeln.

Zum systematischen Umgang mit solchen Technologien stehen den Unternehmen verschie¬

dene Varianten zur Verfügung. Neben der Substitution einer Technologie und der Entwick¬

lung von Alternativtechnologien sind dies der Marktausstieg und der Versuch, die gesunkeneAkzeptanz der Technologie wieder zu erhöhen. Auffallend ist, dass viele Unternehmen erst

unter Druck Alternativen verfügbar machen.

4.7.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Unternehmen, welche in Berührung mit umstrittenen Technologien kommen, stehen vor vier

ITauptaufgaben: Identifikation der Kontroverse, bewusster Umgang, Phase-Out und Clean¬

up. Der Artikel fokussiert auf das Handling als zweiten Schritt, den bewussten Umgang mit

solchen Technologien.

Das Handling dauert bei Unternehmen oft mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte und ist stark

durch den Druck zum Phasc-Out der Technologie und der Verfügbarkeit von Alternativen

geprägt. Die von den Unternehmen gewählte Variante für den Phase-Out der Technologiehängt vom Verlauf während des Handlings ab: Sind Alternativen verfügbar, wählen Unter¬

nehmen in der Regel die Substitution der Technologie. Ist hingegen der Druck gegen den

Einsatz der Technologie zu gross und keine Alternativen in Sicht, empfiehlt sich der Markt¬

ausstieg.

Page 49: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 4]

4.7.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht drei hauptsächliche Implikationen für das Management:

- Vier generische Situationen. Unternehmen, welche sich mit umstrittenen Technologienkonfrontiert sehen, befinden sich in einer der vier Situationen Dominant Design, Lock-ln,

Zugzwang und Tradc-off. Diese vier Situationen sind abhängig vom Druck zum Phase-

Out und den verfügbaren Alternativen.

- FünfHandlungsalternativen. Dem Management stehen in Abhängigkeit der gencrischenSituation unterschiedliche Handlungsvariantcn zur Verfügung: Alternativen verfügbarmachen, Alternativen verunmöglichen, Akzeptanz erhöhen, Marktausstieg oder Techno¬

logie-Substitution. Die meisten Unternehmen machen Technologien erst unter äusserem

Druck verfügbar. Erhöhen des Druckes ist erst nach dem eigenen Phase-Out der Techno¬

logie sinnvoll.

- FünfEntwicklungsszenarien: Die untersuchten Unternehmensfällc lassen sich in fünf Ent¬

wicklungsszenarien gruppieren, wobei drei der Szenarien in der Substitution der Techno¬

logie enden, eines den Marktausstieg zur Folge hat und das fünfte der Vertagung der Dis¬

kussion um die Technologie entspricht.

4.7.4 Gewählter Publikationsort

Die Zeitschrift Führung und Organisation (zfo) fördert den Wissenstransfer aus den Berei¬

chen Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung auf dem Gebiet der Führung und Organisati¬on. Die Zeitschrift stellt den Anwendungsbezug in den Mittelpunkt der Beiträge und belegteinen Spitzenplatz unter den deutschsprachigen Fachzeitschriften.

Page 50: Management von umstrittenen Technologien

4 PubliktiLionen 42

4.8 Systementwickler und Modullieferanten

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2005): Systementwickler und

Modullieferantcn, in Albers, S. und Gassmann, O. (Hrsg.) Handbuch

Technologie- und Innovationsmanagement. Strategie - Umsetzung -

Controlling, Wiesbaden, Gabler-Verlag, 641-658.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.8.

4.8.1 Zusammenfassung der Publikation

Die Modularisierung ist ein wichtiger Treiber in der Weiterentwicklung von technologischenSystemen, da sie die Fokussicrung einzelner Unternehmen auf Technologien erlaubt. Sys¬tementwickler und Modullieferantcn können heute in vielen Branchen angetroffen werden:

Der Systcmentwickler konzentriert sich auf die Erfüllung einer Funktion und bietet diese für

möglichst viele Produkte an. Der Modullicfcrant beherrscht eine Baugruppe produktions¬technisch und sucht Skaleneffekte, indem sein Modul in mehreren Systemen verwendet

wird. Am bekanntesten ist diese Systematik in der Automobilbranchc und der PC-Tndustrie.

Modularisierung findet aber nicht mehr nur in diesen typischen Branchen statt, sondern auch

in Industrien, in welchen lange Zeit keine entsprechende Tendenz spürbar war.

Wie das Beispiel der Diffusionsbarriere bei PET-Falschcn aufzeigt kann durch die Auftei¬

lung der Entwicklungsschritte auf einzelne Unternehmen die Entwicklung von Systemenstark beschleunigt werden: Die Barriercncigenschaften werden bestimmt durch die Form der

Flasche, den Verschluss, die Etikette und das Material. Jedes dieser vier Module erfordert

Spczialwissen und spezielle, investitionsintensive Produktionstechniken. Dies hat zur modu-

larcn Produktentwicklung mit einem Systementwickler an der Spitze geführt. Der System¬entwickler übernimmt die Integration des Wissens und die Koordination der Leistungen der

Modulcntwickler. Produktion und Entwicklung der Module erfolgen bei den einzelnen Mo-

dulspezialistcn.

4.8.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Die beschriebene Segmentierung der Wertschöpfungskette durch Spezialisierung ist ein

Treiber zum Entstehen von dominanten Designs, welche letztlich die Substitution einer

Technologie erschweren. Die Wahl der Systemarchitektur hat weit reichende Konsequenzenauf die Ausgestaltung der internen Organisation und auch auf die Positionierung von Zulie-

ferfirmen im Wertschöpfungsnetzwerk, da spezialisierte Unternehmen entstehen. Diese Un¬

ternehmen können auf der einen Seite Skaleneffektc nutzen und erzielen beachtliche Fort¬

schritte, auf der anderen Seite bedeutet diese Spezialisierung aber auch, dass sich das techno¬

logische Wissen auf spezialisierte Unternehmen konzentriert und die Systemintegratoren nur

noch die Koordination oder Orchestrierung der Aktivitäten der Modullieferanten übernch-

Page 51: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 43

men. Sie werden abhängig von diesen und sind sich immer weniger der eingesetzten Techno¬

logien bewusst.

Diese Abhängigkeiten spielen im Verfiigbar-Machcn von Alternativen zu umstrittenen Tech¬

nologien eine wichtige Rolle, da diese oft nur im Verbund entwickelt werden können. Auf

der anderen Seite können diese Technologien nicht von Beginn weg die Leistung erbringen,welche die seit längerem entstandenen Geflechte aus Systemintegratoren und Modullieferan¬

ten erreichen.

4.8.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht verschiedene Implikationen für das Management:

- Die Modularisierung von Produkten nimmt zu. Sie hat Auswirkungen auf unterschiedli¬

che Bereiche von Unternehmen und auf die Wertschöpfungskette.- Die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und ihren Lieferanten wird

wegen der Modularisicrung wichtiger. In Zukunft ist vermehrt auf diese Schnittstellen zu

achten.

- Modularisierung ist ein Mittel um Konstanz und Veränderung in Unternehmen nebenein¬

ander zu fördern. Sie ist in allen Lebensphasen eines Produktes zu berücksichtigen.- Modularisierung und damit die Produktarchitektur ist ein wesentlicher Einflussfaktor für

die Ausgestaltung der Unternchmcnsorganisation.

4.8.4 Gewählter Publikationsort

Das Handbuch Technologie- und Innovationsmanagement dokumentiert den aktuellen Er¬

kenntnisstand aus der Sicht unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen. Der Beitrag ist im

Teil Trends im Technologie- und Innovationsmanagement eingeordnet.

Page 52: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 44

4.9 Disruptions in global industries (I)

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2006): Disruptions in global in¬

dustries caused by controversial technologies. The case of lead-free

soldering in electronics, IFSAM VITIth World Congress 2006, hosted

by VHB. Berlin.

Der Abdruck der gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.9.

4.9.1 Zusammenfassung der Publikation

Dieser Artikel zeigt zum einen Trends auf, welche umstrittene Technologien in Zukunft re¬

levanter für Unternehmen werden lassen und illustriert zum anderen den Bezugrahmen mit

dem Beispiel des Phasc-Outs von bleihaltiger Elektronik, welche seit Mitte 2006 in der EU

weitgehend verboten ist. Das gesellschaftliche Umfeld der Unternehmen wird vertieft erläu¬

tert.

Die Auswirkungen des Phase-Out von bleihaltigen Elektronikkomponenten auf die Unter¬

nehmen sind vielfältig. Neben den Herstellern dieser Komponenten sind die Bestücker von

Elektronikbautcilcn, die Hersteller von Produktionsanlagcn und Lötmaterialien und auch die

Hersteller der Endprodukte in unterschiedlicher Weise betroffen. Die Händler von Elcktro-

nikbauteilen und Endprodukten spielen als Informationsdrehscheibe eine wichtige Rolle. Das

Beispiel des Ausstiegs aus bleihaltiger Elektronik zeigt die Vcrnctzthcit von erzwungenen

Technologyewechseln anschaulich auf.

4.9.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Die Analyse dieses Falles festigt den Bezugsrahmen anhand des Ausstiegs der Industrie aus

bleihaltiger Elektronik. Im beschriebenen Fall ist die Unsicherheit im ganzen Phase-Out-

Prozess besonders gut sichtbar, da die technologische Machbarkeit, die sich neu durchset¬

zende dominante Lotlegierung und auch die Umstellung in der logistischen Kette lange Zeit

unklar waren. Auch die regulatorischen Rahmenbedingungen waren dynamisch. So kursier¬

ten fünf Jahre vor dem effektiven Phase-Out-Stichtag unterschiedliche Fristen in den Fach¬

zeitschriften und einige Monate vor dem definitiven Phase-Out wurden die gesetzlich erlaub¬

ten Ausnahmen noch geändert.

Page 53: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 45

4.9.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht verschiedene Implikationen für das Management:

- Es existieren verschiedene Lebensphasen von umstrittenen Technologien, insbesondere in

Bezug auf die technologische Abhängigkeit und den externen Druck.

- Das Phasc-In einer Technologie kann unterschiedlich erfolgen: Zum einen bewusst oder

unbewusst und zum anderen durch Lieferanten, die eigene Firma oder den Kunden.

- Zweifel an einer Technologie auch ausserhalb der eigenen Branche sind zu beobachten

und ernst zu nehmen. Sie dürfen nicht im Tagesgeschäft untergehen.- Die Auswahl und das Testen von Alternativtechnologien benötigt eine lange Vorlaufzcit.

- Über solche Technologien kommunizieren Unternehmen nur ungern mit externen Part¬

nern. Diese Kommunikation gilt es neu zu kultivieren.

- Da es sich bei umstrittenen Technologien oft um Basistechnologien handelt, wird die

Komplexität der Fragestellung unterschätzt.

4.9.4 Gewählter Publikationsort

Der alle zwei Jahre stattfindende World Congress der International Federation ofScholarlyAssociations ofManagement (IFSAM) bietet Managementforschem aus der ganzen Welt die

Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch. Die angesprochenen Themen am Kongrcss rei¬

chen von Corporate Social Responsibility über Technology and Innovation bis hin zu Globa¬

lization in the Value Chain. Die globalen Zusammenhänge im Phase-Out der bleihaltigenElektronik als umstrittene Technologie prädestinierten den Artikel als Beitrag zu diesem

Kongress.

Zudem wird dieser Beitrag in leicht abgeänderter Form als Buchbeitrag im HerausgeberwerkInformation Technology Entrepreneurship and Innovation erscheinen.

Page 54: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 46

4.10 Disruptions in global industries (II)

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2007): Disruptions in global in¬

dustries caused by controversial technologies: the case of lead-free

soldering in electronics, in Zhao, F. (Hrsg.) Information TechnologyEntrepreneurship and Innovation.

Diese Publikation erfolgt in enger Anlehnung an den gleichnamigenKonferenzbeitrages zur IFSAM-Konferenz 2006. Der Abdruck der

gesamten Publikation befindet sich in Kapitel 6.10.

4.10.1 Zusammenfassung der Publikation

Dieser Buchbeitrag zeigt zum einen Trends auf, welche umstrittene Technologien in Zukunft

relevanter für Unternehmen werden lassen und illustriert zum anderen den Bezugrahmen mit

dem Beispiel des Phase-Outs von bleihaltiger Elektronik, welche seit Mitte 2006 in der EU

weitgehend verboten ist. Das gesellschaftliche Umfeld der Unternehmen wird vertieft erläu¬

tert.

Die Auswirkungen des Phase-Out von bleihaltigen Elcktronikkomponenten auf die Unter¬

nehmen sind vielfältig. Neben den Herstellern dieser Komponenten sind die Bestücker von

Elektronikbautcilen, die Hersteller von Produktionsanlagcn und Lötmaterialien und auch die

Hersteller der Endprodukte in unterschiedlicher Weise betroffen. Die Händler von Elektro¬

nikbauteilen und Endprodukten spielen als Informationsdrehscheibe eine wichtige Rolle. Das

Beispiel des Ausstiegs aus bleihaltiger Elektronik zeigt die Vcrnctzthcit von erzwungenen

Technologiewechseln anschaulich auf.

4.10.2 Einordnung des Artikels in die Dissertation

Die Analyse dieses Falles festigt den Bezugsrahmen anhand des Ausstiegs der Industrie aus

bleihaltiger Elektronik. Im beschriebenen Fall ist die Unsicherheit im ganzen Phasc-Out-

Prozess besonders gut sichtbar, da die technologische Machbarkeit, die sich neu durchset¬

zende dominante Lotlcgierung und auch die Umstellung in der logistischen Kette lange Zeit

unklar waren. Auch die regulatorischen Rahmenbedingungen waren dynamisch. So kursier¬

ten fünf Jahre vor dem effektiven Phase-Out-Stichtag unterschiedliche Fristen in den Fach¬

zeitschriften und einige Monate vor dem definitiven Phasc-Out wurden die gesetzlich erlaub¬

ten Ausnahmen noch geändert.

Page 55: Management von umstrittenen Technologien

4 Publikationen 47

4.10.3 Schlussfolgerungen des Artikels

Der Artikel zieht verschiedene Implikationen für das Management:

- Das Phase-In einer Technologie kann unterschiedlich erfolgen: Zum einen bewusst oder

unbewusst und zum anderen durch Lieferanten, die eigene Firma oder den Kunden.

- Zweifel an einer Technologie auch ausserhalb der eigenen Branche sind zu beobachten

und ernst zu nehmen. Sic dürfen nicht im Tagesgeschäft untergehen.- Die Auswahl und das Testen von Altcrnativtcchnologicn benötigt eine lange Vorlaufzeit.

- Über solche Technologien kommunizieren Unternehmen nur ungern mit externen Part¬

nern. Diese Kommunikation gilt es neu zu kultivieren.

4.10.4 Gewählter Publikationsort

Das Hcrausgeberwerk Information Technology Entrepreneurship and Innovation" von Dr.

Fang Zhao von der School of Management der RMIT University in Melbourne arbeitet aktu¬

elle Trends in der Management-Forschung im Bereich der Information- und Kommunikati-

onstechnologic auf.

Page 56: Management von umstrittenen Technologien

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Winter, G., et al. (1999): Die Abwägung von Risiken und Kosten in der europäischen Chcmikalicnregulierung.Forschungsbericht 297 18 084, Berlin, Schmidt.

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Yin, R. K. (1994): Case study research design and methods, Thousand Oaks etc., SAGE publications.

Page 60: Management von umstrittenen Technologien

C) Kopien der Publikalionen I

6 Kopien der Publikationen

Page 61: Management von umstrittenen Technologien
Page 62: Management von umstrittenen Technologien

6 Kopien der Publikationen \]

6.1 Qualitätsgerechte Produktplanung

BouteUier, R. und Biedermann, A. (2007): Qualitätsgerechte Pro¬

duktplanung, in Pfeifer, T. und Schmitt, R. (Hrsg.) Masing Handbuch

Quahtätsmanagement, München, Carl Hanser Verlag.

Page 63: Management von umstrittenen Technologien
Page 64: Management von umstrittenen Technologien

fiiS* V'

Prof. Dr. Roman BoutcUler und Dipl. Ing. ETII Andreas Biedermann

27-1 Definition und Bedeutung

22.2 QFD: Kundenanforderungenkonsistent umsetzen

22.3 Simultaneous Engineering:

Zeitgewinn und bessere Lösungen

22.4 Prototypen: Komplexe

Zusammenhänge rechtzeitigerkennen

22.5 Reviews: Abstand gewinnen und

Abhängigkeiten identifizieren 11

22.6 Zusammenarbeit mit Lieferanten:

Notwendige Komplexilatsreduklion 12

22.7 Drei Hauptphasen der

Produktentwicklung 14

22.7.1 Vorprojektphase 15

22.7.2 tntwicklungsphasc 20

22.7.3 Markteinführungsphase 22

22.8 Ausblick 76

22.9 Literatur 26

1

Page 65: Management von umstrittenen Technologien

ie Qualität eines Produktes wird wehrend seiner Entwicklung maßgeblichmitbestimmt. Stimmt die Entwurfsqualität nicht, hat das Unternehmen

während der ganzen Produktlebenszeit Mühe, die notwendige Ausführungs¬

qualität zu erreichen. Daherverfügen viele Unternehmen neben dem Strategie-und dem Auftragsabwicklungsprozess auch über einen definierten Innovationsprozess, in

welchem sie die Bereitstellung neuer Produkte und Services systematisch bearbeiten.

Wir betrachten den Innovationsprozess unter dem Aspekt der qualitätsgerechten

Produktplanung und beleuchten die wichtigsten Managementaufgaben in Innovations¬

vorhaben.

Unternehmen wenden ausgewählte Methoden an, um die Qualität der Innovation

sicherzustellen: Quality Function Deployment, Simultaneous Engineering, Prototyping,Reviews, Zusammenarbeit mit Lieferanten und die Aufteilung in drei Prozessphasen.

Quality Function Deployment dient als Tool, um die Erfüllung der wichtigen Kunden¬

anforderungen sicherzustellen. Simultaneous Engineering im Innovationsprozess erlaubt

Zeitersparnis und somit eine frühere Markteinführung. Unternehmen können so den

Innovationsvorsprung besser ausnutzen. Obwohl die Simulation von Produkten am

Computer in den letzten Jahren massive Fortschritte erzielt, sind Prototypen noch immer

unverzichtbar, um Funktionsweisen oder Kundenakzeptanz in einem frühen Entwick¬

lungsstadium zu testen. Regelmäßige Reviews im Innovationsprozess erlauben es, den

Projektfortschritt zu beurteilen und Abhängigkeiten der kommenden Aktivitäten zu

identifizieren. Der Innovationsprozess soll in drei Phasen unterteilt werden: Vorprojekt-,

Entwicklungs- und Markteinführungsphase. Die Vorprojektphase zeichnet sich durch eine

hohe Unsicherheit in Bezug auf Anforderungen und Realisierbarkeit aus. Die strukturierte

Entwicklungsphase setzt demgegenüber beherrschte Technologien und klare Kunden¬

anforderung voraus. Bei der Markteinführung können zwei Ansätze unterschieden wer¬

den: Big Bang und Lead Concept. Bei erhöhtem Zeitdruck ist Big Bang vorzuziehen.

Innovation steht heute im Zentrum unternehmerischer Überlegungen. Viele sehen darin

den besten Weg, um schwindende Margen, hohe Lohnkosten und Arbeitslosigkeit zu

überwinden. Um dies zu erreichen, muss die Qualität neuer Produkte und Services schon

während des gesamten Innovationsprozesses berücksichtigt werden.

2

Page 66: Management von umstrittenen Technologien

22.1 Definition und Bedeutung

22.1 Definition und Bedeutung

Jedes Unternehmen verfügt über drei Hauptprozcsse: Den

Strategieprozess, den Innovationsprozess und die Aul

tragsabwicklungsprozes.se (Abb. 22.1). Der Strategiepro-

zess setzt die Ziele für erfolgreiche Innovationen, mit

der Innovation „kommt das Neue in die Welt" (von Pierer

1997) und mit der Auftragsabwicklung finden die Pro

dukte ihren Weg auf den Markt. Während der Auftrags-

abwicklungsprozess vor allem die Effizienz von Routine¬

arbeiten sicherstellt und der Strategieprozess das Unter¬

nehmen gegenüber seinen Konkurrenten positioniert,

steht und fällt der Innovationsprozess mit der Entwurfs¬

qualität.

Die entwickelten Produkte umfassen Güter und Dienst¬

leistungen für externe Kunden, aber auch Zeichnungen,

Arheitsanweisungen, Schulungsunterlagen etc. für interne

Kunden. Die Auftragsabwicklungsprezesse stellen primär

Produktion, Distribution und Kundenbetreuung sicher,

enthalten aber auch unterstützende Verfahren wie Model¬

lierung, Computer Aided Design oder Schulung der Ver¬

käufer zur I'rodukteinführung. Trendmäßig gehen viele

Bereiche der Dienstleistungen in die gleiche Richtung

wie die Industrie: Auch Banken, Versicherungen und Ge-

sundheitsilienstleister sind immer stärker aufTechnologie

angewiesen. Qnalitätsplanung erfüllt deshalb auch in die¬

sen Branchen die wichtige Rolle der Systematisierung des

ganzen Innovationsprozesses- Serviceleistungen werden

immer stärker „individualisiert" und bewährte Methoden

aus der Industrie werden vermehrt im Dienstleistungs¬

sektor angewandt.

Die Produktqualität ist zum grollen Teil Ergebnis der Ent¬

wicklung. In einem schlechten Entwurf sind die Qualitäts-

problcme bei nachfolgenden Wertschöplungsprozessen

vorprogrammiert. Viele Probleme heutiger Firmen hallen

daher ihren Ursprung in einer ungenügenden Systematik

der Innovationsaktivjtälen (Juran 1988), also einer unge¬

nügenden Qualität des Entwurfes (siehe Tab. 22.1). Diese

Qualitätsdefizite lassen sich in den wenigsten Fällen auf

menschliches Versagen zurückführen und sind leider

häufig systembedingt. Sie wurden unbewusst so „geplant"

(Perrow 1984).

Die letzten lahre haben tünf große Herausforderungen

mit sich gebracht:

1. Kunden haben höhere und stärker differenzierte An¬

sprüche.

2. Einige Technologien veralten rasch.

3. Der Wettbewerb findet global statt.

4. Simulation mit mathematisch-physikalischen Modellen

erlaubt eine bessere theoretische Absicherung.

5. Lieferanten bieten Teilsysteme an und nicht mehr nur

Einzelteile.

Unternehmen müssen ihre Entwicklungsgeschwindig¬

keit erhohen, was zu höheren technischen Risiken führt,

sodass die Anforderungen an die Qualitätsplanung

Tab. 22.1: Problemfelder mit Ursprung in den Innovatiansaktivitäten

Umsatzeinbuße Konkurrenzprodukte treffen Kundenbedürfnisse besser.

Qualitätskosten Kinderkrankheiten, Rückrufaktionen, Kundenreklamationen, Ausschuss- und Nacharbeit

erreichen in vielen Firmen 30 bis 40% der Herstellkosten.

Risiken für unsere

Wohlstandsgesellschaft

Contergan-Kinder, Nuklearkatastrophe Tschernobyl, Rinderwahnsinn; dies alles zeigt, welchen

Gefahren die heutige Gesellschaft ausgesetzt ist und welche Rolle die Qualität von Produkten

und das Design von Prozessen heute spielt.

Strategie

Voraussetzungen

Qualität der Position

III*'!,; •|^Br,^nJ"9f';$jjm ll^^dié|i»lt bringen

Qualität des Entwurfes

Auftragsabwicklung

Effizienz ) Kunden

Qualität der Abwicklung

Abb. Z2.1: Strategie, Innovation und Auftragsabwicklung

3

Page 67: Management von umstrittenen Technologien

22 Qualitätsgerechte Produklplanung

Tab. 22.2: Ziele von Quality Function Deployment

WmJBmÊmths.sli&ifijr'

Treffsicherheit Der Lieferant versucht, die Bedürfnisse seines Kunden möglichst genau zu treffen.

(Interne und externe Lieferanten resp. Kunden)

Robustheit Die gewählte Lösung sollte sich gegenüber Änderungen am Markt, aber auch gegenüber

technischen Änderungen tolerant verhalten.

Fehlerfreiheit Lieferanten versuchen, Fehler möglichst früh auszumerzen.

steigen: Einerseits lassen sich nur einfache Konzepte rasch

realisieren, andererseits verlangt die hohe Komplexität

moderner Produkte umfassende Qualilälsansätze. Daher

existiert keine einzelne Best Practice, sondern das Mana¬

gement muss die allgemeinen Konzepte unternehmens-

spezilisch anpassen. Die situative Anpassung geschieht

am einfachsten innerhalb eines generellen Rahmens,

wie ihn beispielsweise die ISO-Normen 900X oder etwa

das EFQMModell bieten. Dabei spielen vier Faktoren bei

Entwicklungsprojekten herausragende Rollen: Manage¬

ment, Auswahl, Mitarbeiter und Organisation (Boutel-

lier/C.assmann 1997).

Eine formale Verankerung genügt allerdings nicht,

unternehmen mit ähnlichen formalen Voraussetzungen

unterscheiden sich oft stark im Innovationserfolg. Allzu

viele formelle Regelungen treiben den Aufwand in die

Höhe und lassen sich gerade im kreativen F&F-Umteld

kaum durchsetzen. Gefragt sind deshalb nicht dicke

Handbücher, sondern verständliche Abläufe, die sich auf

die wesentlichsten Entscheidungen konzentrieren und

für situative Anpassungen genügend Flexibilität offen¬

lassen.

Die qualitätsgerechte Produktentwicklung identifiziert, des¬

halb Kundenbedürfnisse möglichst genau und entwickelt

Methoden und Prozesse für diese Bedürfnisse.

22.2 QFD: Kundenanforderungenkonsistent umsetzen

„Copy the spirit, not the form."

Yoji Akao, Begründer des Quality Function Deployment

Quality Function Deployment (QFD) ist eine weilverbreite¬

te Methode zur Qualitätssicherung in der Produklemwick-

lung. Die Kundenbedürfnisse werden in spezifische Anfor¬

derungen an das Produkt und dessen Module übersetzt,

um zu erreichen, dass keine wichtigen Kundenbedürfnisse

vergessen werden. Quality Function Deployment verfolgt

drei übergeordnete Ziele: Treffsicherheit, Robustheit und

Fehlerfreiheit (siehe Tab. 22.2).

Die verschiedenen Funktionsbereiche eines Unterneh¬

mens sprechen unterschiedliche Fachsprachen, welche

sich aufgrund ihrer Spezialisierung ergeben. Denken Kon¬

strukteure häufig in Funktionen und Baugruppen, so be¬

gegnen VerkäuferdagegenoftdenGefühlenderKunden,diefürvieleKaufentscheidedenAusschlaggeben.Selbst¬verständlichgelingtdieÜbersetzungderSprachedesKun¬denindieSprachedesLieferantennievollständig.Esent¬stehtOverEngineering,odermanlässtgewisseBedürf¬nisseunbefriedigt(sieheAbb.22.2).DieseUnterschiedeUnbefriedigtesKundenbedürfnisOverEngineering(unnötigeKosten)Kreis:Kundenanforderungen(Gefühle,Attribute,Vergleiche)Quadrat:TechnischeUmsetzung(PhysikalischeGrößen,Quantitäten)Abb.22.2:KonsistenteErfüllungderKundenbedürf-nissealsQualitätsziclmderProduktentwicklung

Page 68: Management von umstrittenen Technologien

22.2 (HD: Kundenanforderungen konsMenl umsetzen

Kunde Produkt1. Kundenanforderungen \

identifizieren /"2. Produkt \planen /

3. Baugruppen und\Teile planen /

4. Prozess \

planen /

Abb. 22.3: Vier Phasen des QFD-Pro?esses

zwischen Kundenbedürfnis und Funktionserfüllung sind

einerseits ein großes Potenzial für Produktverbesserungen

und Kosteneinsparungen, andererseits machen sie das

Produkt aber auch verwundbar gegenüber Konkurrenz-

produkten, welche die Kundenbedürfnisse zielgerichteter

erfüllen.

QFD hilft, zwischen den Unternehmenshereichen zu ver¬

mitteln und so die verschiedenen Aktivitäten im Ent-

wicklungsprnze.ss konsistent auf den Markt auszurichten.

Die Marktanforderungen sollen ohne Pinbuße an Präzision

auf allen Stufen der Wertschöpfungskette gelten. Hoch¬

stehende Qualilätsplanung zeichnet sich aber gerade da¬

durch aus, dass sie diese prinzipiellen Limite kennt und

ihre Auswirkungen immer wieder kritisch hinterfragt,

beispielsweise mit periodischen Fehlermöglichkeit- und

Finfluss-Analysen (FMF.A).

Der ÜFD-Prozess

Der vollständige QFD-Prozoss besteht in der Regel aus

einem vorbereitenden Schritt und drei „Über¬

setzungsschritten", während derer die Kundehanforderun-

gen zunehmend auf einzelne Teile des Produktes und des¬

sen Herstellung übersetzt werden.

In jedem Schritt werden die Anforderungen der vorherge¬

benden Schritte weiter konkretisiert. Je nach Situation

müssen zusätzliche Schritte eingeplant (z.B. bei einem

komplexen Produkt) oder auch weggelassen werden. In

der Praxis beobachten wir häufig, dass bei einfacheren In¬

novationsvorhaben nur der zweite Schritt vollzogen wird,

die anderen Schritte werden implizit durchgeführt. Der

Aufwand für Routinetätigkeiten kann so minimiert wer¬

den.

House of Quality: Das Übersetzungstool im QFD

Der konzeptionelle Kern des QFD ist das „House of

Quality", welches in jeder „Oherset/.ungsphase" zum Ein¬

satz kommt, nachdem die Kundenbedürfnisse identifiziert

sind. Das House of duality dient als „Verständigungs¬

mittel" zwischen den verschiedenen Abteilungen. In jeder

Obersetzung werden die Anforderungen in Funktionen

überführt, welche die Ziele für die weiteren Aktivitäten

bilden. Das House of Quality erlaubt zudem die Gewich¬

tung der Anforderungen und den Vergleich mit der Kon¬

kurrenz.

Die Korrelationsmatrix ist ein wesentlicher Bestandteil des

House of Quality. Sie zeigt die Verbindung zwischen den

Anforderungen und den Funktionen aui. In jedem Schnitt¬

punkt wird ein Zahlenwert von 0 bis 3 eingetragen, wel¬

cher aussagt, wie stark die einzelne Funktion zur Erfüllung

der jeweiligen Anforderung beiträgt. Überflüssige Funktio¬

nen können so identifiziert werden und Over F.ngineering

wird vermieden. Auf der anderen Seite erlaubt es die Ma¬

trix auch, untererfüllte Anforderungen zu identifizieren.

Das Grundgerüst des House of Quality wird am einfachsten

in den folgenden vier Arbeitsschritten gefüllt. Die Numme-

rierung bezieht sich auf Abb. 22.4:

Das House of Quality kann nach diesen vier grundlegenden

Schritten erweitert werden. So kann man die Anforderun¬

gen gewichten, um die nachfolgende Priorisierung derFunktionenzuerleichtern.BeidenKundenanforderungenTab.Z2.3:VierPhasendesQf'D-ProzessesKundenanforderungenidentifizierenOffeneundnochnichtartikulierteKundenbedürfnissewerdendurchWorkshops,InterviewsoderMarktanalysenidentifiziert.ProduktplanenKundenanforderungenwerdenintechnischeFunktionsmerkmaleumgesetzt(vomLasten¬heftzumPflichtenheft).BaugruppenundTeileplanenAusdenFunktionsmerkmalenentstehendieMerkmaleaufderEbeneBaugruppeoderTeil(PflichtenheftfürBaugruppen).DieseentwickelnheutevielfachSystemlieferanten.ProzessplanenDietechnischenMerkmalevonProdukt,BaugruppenundTeilensindBasisfürdieGestaltungderbetrieblichenAbläufe.DieentscheidendenProzessparameterundPrüfpunktesindhierfestzulegen(PflichtenheftfürProzesse).5

Page 69: Management von umstrittenen Technologien

22 Qualitätsgerechte Produktplanunp

(_3) Funktionen

©

Anforder¬

ungenGewichte

©

Korrelationen

©(TT) Messgröße

TeamauswahlCa) Schwierigkeit

©

Erforderliche Schritte:

1 Team Zusammensetzung

2 Anforderungen nur die wichtigsten

3 Funktionen aus Kundensicht

4 Korrelationen bewertet im Team mit 0 bis 3

Optionale Schritte:

5 Gewichte der Kundenanforderungen

6 Konkurrenzvergleich besser, schlechter

7 Trade-Offs gegenläufig, unterstützend

8 Technische Messung Dimension, für Tests

9 Schwierigkeiten aus Unternehmenssicht

Abb. 22.4: House of Quality

/K ~

Trade-Offs zwischen Funktionen

/oV+\ I

"'"-,. x^xlW\l +

.unterstützend

0 neutral

- : gegenläufig

Funktionen Abb. 22.5: Dach des House

of Quality

haben sich drei Kategorien als sinnvoll erwiesen: Basis-,

Schlüssel- und Schrittmrwheranfnrdenmgen. Basisanlorde-

rungen sind beispielsweise alle gesetzlich vorgeschriebe¬

nen Sicherheitsanforderungen (Schlusslicht beim Auto).

Für erhöhte Schlüsselanforderungen zahlt der Kunde

auch mehr (mehr PS, höherer Preis) und erst die Schritt-

macheranforderungen lösen Begeisterung aus (beim Auto

etwa Lieferung innerhalb 24 Stunden). Wird diese

grundsätzliche Einteilung übersehen, können sich irre¬

führende Gewichtungen ergeben. Über die Gewichte der

Kundenanforderungen und ein Produktkostenziel lassen

sich bereits Ideen für die Zielkosten der einzelnen Funk¬

tionen im Sinne des Target Costing ermitteln. Aus Gründen

der Übersichtlichkeit sollen die Anforderungen auf die

wichtigsten Eintragungen beschrankt werden (maximal

ca. zehn Anforderungen).

Tab. 22.4: Schritte zum Füllen des Grundgerüstes des House of Quality

1 Teamauswahl Der QFD-Erfolg steht und fallt mit der Teamauswahl. Sind lauter Optimisten am

Werk, wird mit Sicherheit ein Problemprodukt entstehen. Es ist unbedingt auf eine

ausgeglichene Besetzung zu achten.

2 Anforderungen Die Anforderungen werden auf der linken Seite eingetragen.

3 Funktionen Die Funktionen, die man für die Erfüllung der Kundenanforderung benötigt, werden

oben hinzugefügt.

4 Korrelation von Anforderungen

und Funktionen

Gegenseitige Beeinflussung bewertet das Team mit einer einfachen Maßzahl

(meist 0 bis 3).

6

Page 70: Management von umstrittenen Technologien

22 2 (II D Kundenanforderungen konsistent umsetzen

Produktfunktionen

c ^Jli^ ^

Q) iIP ?

,Korrelationen

C

i:0 M 1

Merkmaie Baugruppen/Teile

c

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!II III W&îï „ 1 V&«Ja,!iïaraMafiM&

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_OJ 4s Iû "

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Q. ^i

£ 1 Korrelationen

Ë( .• /

S 1 s i

2 Produkt

planen

3. Baugruppen und

Teile planen

4 ProzeSS

planen

Abb. 22.6: Phasen des Quality Function Deployment

Das, Dach des House of Quality (Abb ZZ.5) dient dazu, die

idenhfizierlen Funktionen paarweise miteinander zu ver

gleichen und /u bestimmen, ob Funktionen sieh gegen¬

seitig unterstützen oder sich negativ beeinflussen. Da¬

durch können kritisrhe Funktionen identifiziert werden,

welche mit vielen anderen Funktionen interferieren Tven-

tuell müssen nach dieser Analyse einzelne Funktionen

gestrichen werden, da sie die Erfüllung von anderen An¬

forderungen verunmöglichen. Das Dach wird oft als Kon-

fliktmatnx bezeichnet

Bewahrt haben sich, |e nach Situation, die folgenden tunf

7usatzschritte Die Nummerierung bezieht sich wiederum

auf Abb 22 4

Das House of Quality kommt im QTD-Prozess mehrmals

zur Anwendung, wobei die Funktionen des vorhergehen¬

den Hauses jeweils die Anforderungen des darauf folgen¬

den Schrittes sind (Abb 22 o)

QPD als Dokumentationsmittel des

DesignprozessesIn spateren Phasen der Entwii klung treten immei wieder

zwei Fragen auf:

- „Wie haben wn das Kundenbedürfnis funktional

gelost'"

- „Warum haben wn diese Funktion ubeihaupt?"

Tab. 22.5: Optionale Schritte zum Ausbau des House of Quality

5 Gewichtung der

Kundenanforderungen

Die Anforderungen werden am besten gleich nach ihrer Auflistung relativ gewichtet

Sinnvollerweise unterscheidet man bei Kundenanforderungen zwischen Basis-,

Schlüssel- und Schrittmacheranforderungen.

6 Vergleich mit Konkurrenz oder

anderen Varianten

Welche Anforderungen werden durch die Konkurrenz oder andere Varianten besser

erfüllt' Welche schlechter' Auch hier nur drei Kategorien „besser", „gleich" und

„schlechter" mit Bemerkungen verwenden

7 Trade-Offs Welche Funktion korreliert mit den anderen Funktionen (unterstutzende oder

konkurrierende Beeinflussung)'

8 Technische Maßzahl Dimensionen fur die Qualitätskontrolle

9 Technische Schwierigkeiten Dies erlaubt die Bereitstellung von zusätzlichen Kapazitäten zur Problemlösung.

Page 71: Management von umstrittenen Technologien

22 OualilfHsKtM'ttdUe Produklplanung

Funktionen

^-

U a A

. Warum haben wir

diese Funktion überhaupt?

- Wie haben wir diese

Anforderung funktional erfüllt?

Abb. 22.7: OFD beantwortet

das Wie und das Warum.

Die erste Frage tritt spätestens dann auf, wenn das Marke¬

ting wieder mit Kundenreklamationen zurückkommt. Die

zweite wird immer dann gestellt, wenn Funktionen dem

Kostendruck weichen sollten oder größere technische

Schwierigkeiten aufwerfen. In solchen Situationen ist es

notwendig, dass die Wahl der Funktionen nachvollziehbar

ist. Die Korrelationsmatrix im House nf Quality liefert dazu

eine sinnvolle Dokumentation, indem sie die Frage nach

dem Warum und die Frage nach dem Wie einfach beant¬

wortet (siehe Abb. 22.7). Diese Dokumentation kann später

bei Unsicherheiten immer wieder herangezogen werden.

22.3 Simultaneous Engineering:Zeitgewinn und bessere

Lösungen

Simultaneous Engineering erlaubt es, die nachfolgende

Phase im Entwicklungsprozess bereits zu beginnen,

obwohl die vorhergehende noch nicht vollständig abge¬

schlossen ist. Aktivitäten können somit parallel ausgeführt

werden und die totale Entwicklungszeit verkürzt sich

(Abb. 22.8).

Konventionelles Entwicklungsprojekt: Der Wasserfallprozess

Produktkonzept J>.

Produktpianung>Einmalige, vollständig

Informationsübergabe

ProduktkonstruktionÏ*

Prozessplanung "^>j

Simultaneous Engineering: Der integrierte Prozess

Produktkonzept

Produktplanung "^>

Frühzeitiger Informationsaustausch

provisorische Informationen in kleinen Raten

Produktionskonzept

Marketingkonzept

Reduktion von

Time-to-Market

Abb. 22.8: Paralleles Arbeiten

ermöglicht Zeitgewinn.

Page 72: Management von umstrittenen Technologien

22,4 Prototypen: Komplexe Zusammenhänge rechtzeitig erkennen

Parallelisierung: Bewusst statt unbewusst

Parallel gearbeitet wird in jedem Entwicklungsprojekt,

spätestens gegen Ende, kurz vor Markteinführung, wenn

das Team den Termindruck nic:ht mehr anders auffangen

kann. Diese ungeplante Parallelisierung führt zu größeren

Risiken und ist für einen Großteil der Probleme bei der

Markteinführung verantwortlich, Parallelisierung bedeu-

let, dass die einzelnen Phasen des Innovationsprozesses

nicht mehr streng sequenziell erfolgen, sondern dass

man gezielt Überlappungen einsetzt.

Die Parallelisierung hat wichtige Auswirkungen auf die

ProjeklorganisaLion und Kommunikation. Der Informati¬

onsaustausch zwischen den beteiligten Abteilungen und

Personen sollte frühzeitig einsetzen. Die frühen Informa¬

tionen sind jedoch unvollständig, bestehen vielfach aus

verwirrenden Details und geben bestenfalls grobe Richt¬

linien für das weitere Arbeiten vor. Aber auch diese „un¬

sicheren Informationen" erlauben der nachfolgenden

Stufe, grundlegende Entscheidungen zu treffen. Dies funk¬

tioniert allerdings nur, wenn sich die vorhergehende und

die nachfolgende Stelle verstehen und bei Unklarheiten

miteinander in Dialog treten. Wird der Werkzeugbauer

frühzeitig über das Grolldesign des herzustellenden Teils

informiert, lässt sich der Anteil des Werkzeugbaus am zeit¬

kritischen Pfad wesentlich reduzieren.

Hin tragfähiges gegenseitiges Verständnis ergibt sich meist

erst nach vielen Jobrotationen und wird durch Großraum¬

büros, EDV und vor allem eine offene l'rojektkultur un¬

terstützt. Nur so können provisorische lniormationen rich¬

tig interpretiert werden. Fehlen diese Voraussetzungen,

lassen sich höchstens vollständig unabhängige Module

eines Produktes sinnvoll parallel bearbeiten.

Einführung von Simultaneous EngineeringDas Management kann Simultaneous Engineering nicht

innerhalb eines Projektes top-down einführen. Simulta¬

neous Engineering benötigt Monate bis Jahre, um schlie߬

lich ohne ständige Betreuung zu funktionieren. Die Pa¬

rallelisierung braucht intensive Managementunterstüt¬

zung. Sie sollte deshalb bei der Einführung von Simulta¬

neous Engineering im Unternehmen auf den zeitkritischen

Pfad beschränkt bleiben. Neben der Verkürzung der Time-

to-Market ergibt sich normalerweise eine markanle Sen¬

kung der Kosten aufgrund der Früherkennung von größe¬

ren Fehlern. Teams mit Spezialisten aus verschiedenen

Unternehmensbereichen, die in einem parallelisierten ünt-

wicklungsprozess mitarbeiten, erkennen Fehler tenden¬

ziell früher als bei sequentieller Entwicklung. Je früher

ein Fehler korrigiert werden kann, desto geringer sinddieFolgekosten.DieEntwurfsqualitätsteigt.22.4Prototypen:KomplexeZusammenhängerechtzeitigerkennenEinPrototypistdiephysischeRealisierungvonProduktoderProduktkomponentenindenverschiedenenPhasenderProduktentwicklung.EinguterPrototypmussfürdaszulösendeProblemrepräsentativundeinfachzutes¬tensein.DieTestresullatesolltensicheinfachanalysierenlassen.DiehoheKomplexitätderProduklenlwicklungerforderthandfesteIntegrafionswerkzeuge:NichtallePartnerimInnovationsprozesskönnenCAD-Zeichnungenlesen.DerPrototypenhauumfasstnichtnurdieHerstellungansich,sondernauchdievorhergehendenundnachfolgendenTätigkeitendesPrototypentwurfessowiedesPrototypen-tests.BisvorwenigenJahrenwurdenPrototypeneinge¬setzt,umoffenetechnischeFragenzubeantworten,diesichdurchBerechnungenundSimulationnichtdefinitivabklärenließen.HeutewirddemPrototypeinewesentlichbreitereFunktionzugestanden(Tab.22.6).IndenletztenlahrenhatmanvermehrtPrototypenerfahrungenausderSoftware-EntwicklungaufdieEntwicklungvonGerä¬tenundAnlagenübertragen.Tab.22.6:FunktionendesPrototypsjSä^S^^^^^^^^H^^^^^^^^^^^^^^^H^B^II^^HFunktionprüfenBeantwortenoffener,technischerFragenRisikenverminderninsbesondereSkaleneffektebeiSerienstartLernenausExperimentenRisikenbündeln,SimulationenundBerechnungenprüfenErmittlungvonKundenbedürfnissenKundekannetwasindieHandnehmenKommunikationüberSchnittstellenhinwegVerständigungamObjekt,AufzeigenvonKnackpunkten9

Page 73: Management von umstrittenen Technologien

22 Qualitätsgerechte Produktplanung

Tab. 22.7: Arten von Prototypen

ggaaii W'MSMaïi^riyaiiagÉirfJIM&fc^ $M

Grundlagencntwicklung Funktionsnachweis, Funktionsmuster

Konzeptphase System und Funktion, Funktionsmuster

Konstruktion Komponenten, Baugruppen, Funktion, System, Produktionsprototypen

Produktion Komponenten, Baugruppen, System, Erstmuster, Nullserie, Vorserie

Marktforschung Akzeptanzstudien, Kundenbeobachtung, Klärung der Kundenanforderungen

i"1

Einsatz von PrototypenDer Prozess des Prototyponbaus ist ein wesentliches In¬

strument zur Steuerung von Entwicklungsprojekten. Die

Steuerung umfasst die zeitliche Überwachung, die Fort-

schrittskontrolle und die Konzentration der Ressourcen

auf die wichtigsten Probleme. Dabei besteht ein enger Zu

sammenhang zwischen den Prototypen und dem standar¬

disierten Produktentwicklungsprozess, vor allem bei Pro¬

dukten mit kurzer Lebensdauer (z. B. Workstations). Die

Verantwortung für die Prototypen geht mit dem Fortschritt

des Entwicklungsprozesses von der Entwicklungsabtei¬

lung auf die Produktion über.

Im Verlauf einer Produkienlwicklung kommen verschie¬

dene Prototypenarten zum Einsatz (Tab. 22.7). Einige

Firmen machen deshalb immer noch den Unterschied zwi¬

schen Funktionsmuster, Prototyp und Erstmuster. Funkti¬

onsmuster dienen der Abklärung, ob eine gewisse Funktion

physikalisch überhaupt machbar ist. Demgegenüber baut

man Produktionsprototypen bereits mit den später verwen¬

deten Komponenten und Materialien. Erstmuster schlie߬

lich werden mit den definitiven Produktionsprozessen an¬

gefertigt und dienen zur Erprobung der Produktionsmittel.

In der Software-Entwicklung dient der Prototyp häufig zur

Abklärung der definitiven Kundenanforderungen.

V i

r~~

Y

Aktuelles Wissen Teams

Offene FragenAlle

4

Prototyp [fl Intensiver EDV-Einsatz

JJ Spezialisten

f

Test Auswertungsspezialister

fr

Analyse Projektleiter

~f

Maßnahmen Projektleiter

c

3

ja

oi_

0.

A

Abb. 22.9: Prototypen un¬

terstützen das Lernen,

10

Page 74: Management von umstrittenen Technologien

22.5 Reviews: Abstand gewinnen und Abhängigkeiten identifizieren

Der Prototypelleinsatz zeigt große Unterschiede in den Ent-

wicklungsabläufon von Unternehmen auf. Die japanische

Autoindustrie baute Anfang der 9fler lahre Prototypen dop¬

pelt so schnell wie ihre Konkurrenten in Europa und USA.

Bei vielen europäischen Finnen folgen die langen Durch-

laufzeiten aus dem alten Auslastungsdenken in Versuchs¬

werkstätten und Labors. Man ist nicht bereit, die ver¬

längerte „Time-to-Market" gegen die höheren Personal¬

kosten aufzurechnen. Der Prototypenbau entwickelt sich

zum Engpass in der Entwicklungsarbeit.

Prototypen als LernobjekteDas Management hat die Aufgabe, den Prototypenbau auf

die Bedürfnisse eines Entwicklungsprojektes abzustim¬

men. Die Entwicklung einer neuen Technologie stellt ande¬

re Anlorderungen an den Prototypenbau als die Entwick¬

lung eines neuen Produktes oder einer Variante. Der Pro¬

totypenbau wird durch die Anwendung unterschiedlicher

Modelle effektiver, der gesamte Entwicklungsverlauf wird

verbessert. Während bei der Entwicklung von neuen Tech¬

nologien das rasche Feedback an die Konstruktionsabtei¬

lung im Vordergrund steht, werden in der Variantenent¬

wicklung oder in tier Produktpflege häufig Fertigungspro¬

totypen erstellt. Bei integrierten Systemlosungen im Rah¬

men der Neuproduktentwicklung wird der Prototypenbau

oft nach einem festgelegten Zeitplan durchgeführt. Der

Plan ist verbindlich, egal ob die bis dahin zur Erfüllung

vorgesehenen Aufgaben abgeschlossen sind oder nicht.

Größere Softwarefinnen bauen täglich einen Prototyp,

um die Integration auf Produktstufe sicherzustellen.

Jeder Prototyp entspricht einem Problemlösungszyklus

und leistet einen wesentlichen Beitrag zum Lernprozess

in der Entwicklung (Abb. 22.9). Aus dem aktuellen Wissen

formulieren Entwickler neue Fragen, die sie so weit wie

möglich mit Berechnung und Simulation beantworten.

Die bleibenden Entscheidungsalternativen werden durch

den Prototypenbau getestet. Die Festlegung der Anforde¬

rungen an einen Prototyp ist daher von ausschlaggebender

Bedeutung und die Anforderungen sind sorgfältig zu pla¬

nen (Design of Experiments).

Prototypen als Kommunikationsmedien im

Unternehmen und mit Partnern

Die Konzentration der Unternehmen auf Know-how-

Schwerpunkte und Schlüsseltechnologien hilft ihnen

einerseits, die Anzahl Prototypen zu senken, macht ande¬

rerseits aber eine intensive Zusammenarbeit mit den Zu-

lieferanlen unabdingbar. Der Prototyp dient je länger je

mehr als Kommunikationsmittel über Bereichs- und Unter¬

nehmensgrenzen hinweg. Der Hersteller der Prototypen

erhält in diesem Prozess eine höhere Bedeutung und

muss deshalb vor allem nach den Gesichtspunkten

Knnw-hnw-Auflmu (infern oder exfern), Schnittsteüeniiber

Windung (infern oder extern) und Planirngsmaxime (mini¬

male Durchlaufzeit oder maximale Auslastung) bestimmt

werden

Prototypen im Einsatz beim Kunden

Um die langwierige Erstellung eines umfangreichen und

detaillierten 1'flichLenhefles zu umgehen, stellt das Unter¬

nehmen dein Kunden möglichst früh einen funktionsfähi¬

gen Prototyp ins Haus. Bei ganz neuen Produkten ist dies

häufig der einzige Weg, um überhaupt die Bedürfnisse des

Kunden herauszufinden und dessen Akzeptanz abzuschät¬

zen. Man führt gemeinsam laufend Verbesserungendurch,umschließlichbeieinemdefinitivenProduktzulanden(RapidPrototyping),DasVerfahrenbewährtsichvorallembeiInnovationenaufSystemebene,wennStandardkompo¬nentenzurVerfügungstehen.DerKundewirdfrüherundintensiverindenEntwicklungsprozesseingebunden.ErmussdabeinichtkomplizierteZeichnungeninterpretieren,sondernkanndieGeräteindieHändenehmenundauchDesignfrageneinfachabklären.DieMöglichkeit,einenräumlichenPrototypinnerhalbwenigerStundenmittelsStereolithografieoderandererVerfahrenherzustellen,er¬möglichtneueAnwendungsgebietefürdieAbschätzungderKundenakzeptanz.22.5Reviews:AbstandgewinnenundAbhängigkeitenidentifizierenWährendderganzenInnovationsphaseisteszweckmäßig,vonZeitzuZeitetwasAbstandzunehmenunddenerreich¬tenStandzubewerten(Abb.22.11).SolcheReviewsbe¬treffeninersterLiniediehauptsächlichenProjektzieleQualität,KostenundZeit(Ahh.22.10).DieReviewssindZeitProjektzielQualitätKostenAbb.22.10:DreieckderProjektzieie:Qualität,KostenundZeit11

Page 75: Management von umstrittenen Technologien

22 Qualitätsgerechte ProduktpldminK

sorgfältig zu dokumentieren, damit im Halle von Produkt-

haftungsfragen der Nachweis erbracht werden kann, dass

kein Konstruktionsfehler vorliegt und die Entwickhing

dem damaligen Stand der Technik entsprach. Das Unter¬

nehmen trifft dann formal keine Schuld.

Reviews, um Abhängigkeiten zu identifizieren

Die nachgelagerten Stellen erhalten Gelegenheit, auf

Folgen in ihren Bereichen aufmerksam zu machen, wie

etwa sich atizeichnende Probleme und Chancen in der Be

Schaffung, der Produktion oder dem Service. Damit er¬

kennen die Entwickler spätere Probleme frühzeitig und

wissen auch, mit wem sie Lösungsansätze diskutieren

können. Die Bewertung des Entwicklungsprojekts erfolgt

immer im Vergleich mit dem Pflichtenheft; parallel zu

der Bewertung soll es auch immer wieder hinterfragt

und allenfalls angepasst werden. Ein hartnäckiges Festhal¬

ten an den einmal gewählten Zielvorgaben führt meist zu

Zeitüberschreilungen. Auf der anderen Seite löst eine

laufende Anpassung interne Unsicherheiten aus. Es

braucht viel Erfolg und Branchenkenntnis, um das goldene

Mittelmaß zu finden.

Reviews zur EntscheidungsfindungBei jedem Review entsteht ein Dialog über die neuesten

Marktinformationen, technologischen Trends und Projekt¬

fortschritte. Kompromisse in Bezug auf Kosten, Termine

und Qualität resp. Funktionalität kann das Unternehmen

in den meisten Fällen nicht umgehen und sie werden

am besten im Rahmen dieser Reviews verabschiedet, im

Zieldreieck Qualität - Kosten - Preis sollte deshalb Klar¬

heit bestehen, bei welchem der drei Faktoren das Unter¬

nehmen am ehesten zu Einbußen bereit ist, um die beiden

andern Faktoren am Markt voll auszuschöpfen: Im High¬

techbereich lassen Qualität und Zeit meist keine Kompro¬

misse zu, der Kunde ist aber bereit, einen etwas höheren

Preis zu bezahlen.

Das Entwicklungsprojekt durchläuft mit jedem Review

einen Meilenstein (oder Gate) und erreicht nach erfolgrei¬

chem Review eine neue Phase (Stage). In einem solchen

Slage-Gate-Prozess sind die Stufen, in denen die Projekt'

fortschriue erzielt werden („Stages") durch diverse Tore

(„Gales") unierbrochen,, bei deren Durchlaufen das ge¬

samte Entwicklungsprojekt mit einem Review ganzheitlich

hinterfragl wird. Diese Tore sind unumgehbare Entschei¬

dungspunkte, die aber im Gegensalz zu Meilensleinen zeit¬

lich und inhaltlich flexibel sind. Im Mittelpunkt stehen

„Go/NoGo/KüT-Entscheidungen. Beim Simultaneous Engi¬

neering, wo die Phasen parallel ablaufen, soll mindestens

jeweils zu Beginn und bei Abschluss einer Phase ein Re¬

view stattfinden, da zu Beginn der Phase Ressourcen be-

Innovationsprozess \

M \

/ ,-,-^ ^v""'""^TV"

\1TA//FortschrittbeurteilenAbhängigkeitenidentifizierenEntscheidungenfällenReviewAbb.22.11:ReviewsimtntwtcklungsprozessSprüchenwerdenmüssenundbeiAbschlussderPhaseeinigeProjektmitarbeiterwiederausdem'learnheraus¬gelöstwerden.ZusammensetzungdesReviewteamsAufjedenFallmüssendieseheiklenEntscheidevonjenenFührungsstellengetroffenwerden,welchelangfristigfürdenGesamterfolgdesUnternehmensoderdesProduktpro¬grammsverantwortlichsindundwelchedienotwendigenRessourcenfreigebenkönnen.Damitistauchklar,dassdieZusammenstellungdesReviewteamseinegroßeRollespielt:NebenEntwicklungmüssendienachfolgendenStel¬lenwieService,ProduktionoderVerkaufvertretenseinundmindestenseinMitgliedmussdieAuswirkungenaufdenKundenundausSichtdesUnternehmensbeurtei¬lenkönnen.22.6ZusammenarbeitmitLieferanten:NotwendigeKomplexitätsreduktionDieTechnologievielfaltzwingtmoderneUnternehmen,sichaufwenigeKernkompetenzenzukonzentrieren.DerEntscheidzurFokussierungbedeutetabergleichzeitigeineÖffnungdesUnternehmensnachaußen.LieferantenmitgroßemSpezialistenwissenfüllendieinternenWis¬senslücken.BeschaffungalsKontaktknotenzudenLieferantenBeschaffungundF&EarbeitenhäufignochzuwenigHandinHand.EinefrühzeitigeEinbindungderBeschaffung12

Page 76: Management von umstrittenen Technologien

77.6 Zusammenarbeit mil Lieferanten. Notwendige Kornplexilälsieduklion

Abb. 22.12: Beschaffung ^Is

Spiclmacher und Garant für

eine gemeinsame Vision aller

Beteiligten

Internes Projektteam

Marketing -^ m?

Produktion

QuamtswesenBeschaffung

als „Spielmacher"

Liefemntenentwicklung

Grundvertrag:Ziele

SchlüsselpersonenMeilensteine

Exitstrategie

Projektteams der Lieferanten

bereits in der Konzeptphase führt zur Realisierung großer

Kosteoeinsparungspotenziale, denn die Beschaffung weiß,

welche Lieferanten welche Leistungen anbieten. Diese In¬

formation kann die F&E so nutzen, dass sie nur noch

schwierig beschaffbare Produktbeslandteile mit hoher

strategischer Bedeutung selbst uniwickelt. Lieferanten

können deshalb bereits in den frühen konzeptionellen

QFD-Durchführungen wesentliche Beiträge leisten. Die

Möglichkeit der Wertgestaltung in der Konzeptphase

löst die Wertanalyse ab, die häufig erst später unter

Kostendruck durchgeführt wird und deshalb weit weniger

Potenzial hietet.

Damit übernimmt die Beschaffung mehr und mehr die

Rolle einer Drehscheibe in der Zusammenarbeit des Unter¬

nehmens mit externen Partnern im Innovationsprozess.

Sie ist für den Aufbau, die Koordination und die Pflege

der Kontakle mit den Lieleranten verantwortlich. Idealer¬

weise verfügen die Mitarbeiter des Unternehmens und der

Lieferanten über eine gemeinsame Vision ihrer Partner¬

schaft (Abb. 22.12).

Regelung der Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit mit Lieferanten von F&E-Leistungen

sollte das Unternehmen durch Verträge regeln. Reine Qua¬

litätszertifikate genügen kaum, erleichtern die Zusammen¬

arbeit aber bedeutend. Oft besieht allerdings eine große

Zurückhaltung gegenüber Verträgen. Insbesondere scheu¬

en KMUs die „juristische Obermacht" der großen Abneh¬

mer. Wichtiger als der Vertrag ist aber eine intensive ge¬

meinsame Diskussion des Entwicklungsprojektes. Auch

wenn schließlich kein formeller Vertrag zustande kommt,

entsteht durch die Diskussion der unterschiedlichen An¬

sichten eine gemeinsame, ganzheitliche Produktvision.

Dieser Prozess ist zwar aufwendig, aber wesentlich frucht¬

barer als das Unterzeichnen eines Standardvertrags. Der

gemeinsame Wille steht im Vordergrund, nicht die juristi¬

sche Absicherung. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit

sind vier Erfolgsfaktoren zentral (Tab. 22.8):

Sind die Projektziele nicht klar, müssen sehr viele Even¬

tualfälle berücksichtigt werden, die Verträge werden

lang, unübersichtlich und für die meisten Beteiligten un¬

verständlich. Häufig hilft in diesem Fall nur noch die Ab¬

sicherung über die involvierten Personen: Die Projektleiter

Tab. 22.8: Vier Erfolgsfaktoren für eine Entwicklungszusammenarbeit mit den Lieferanten

I1|sä|||111f«««jiiii» 1|B|iHillHK;-mmmProjoktziel Was soll gemeinsam erreicht werden?

Schlüsselpersonen Wer ist Projektleiter im Unternehmen?

Wer ist Projektleiter des Lieferanten?

Wer ist im Projektausschuss des Lieferanten?

Meilensteine Wann sollen welche Resultate vorliegen?

Exitstrategie Wem gehört das erarbeitete Know-how, falls das Projekt scheitert?

13

Page 77: Management von umstrittenen Technologien

22 Qualitätsgerechte Produktplanung

den Innovalionsprozess in drei Hauptphasen (Tal). 22.9).

Iiinc Trennung der Prnduktentwicklung in eine Vorpro¬

jekt- und eine Projektphase erhöht die Transparenz we¬

sentlich und verkürzt die kostenintensive Entwicklungs¬

phase stark. Planbares und Nicht Planbares erhallen so

ihre gebührende Berücksichtigung.

Die drei Phasen stellen ganz unterschiedliche Anforderun¬

gen an Management und (malitatswesen. Man versucht sie

deshalb voneinander zu trennen und fokussiert sich auf

das Management der Schnittstellen. Im Prinzip muss jedes

Mal eine Übersetzung geleistet werden: zwischen Vor¬

projektphase und Projektphase aus der Sprache der Kun¬

den in die Sprache der Entwickler, zwischen Projektphase

und Markteinführungsphase von der Sprache del' Ent¬

wickler in die Sprache der Produzenten, Lieferanten und

Verkäufer. Als Unterstützung für die schwierigen Schnitt¬

stellen hat Quality Function Deployment (QFD) große Ver¬

breitung gefunden.

Compaq hat bereits 1987 die Entwicklung zweigeteilt. In

zwei Jahren wurde in einem funktional übergreifenden

Team das Pflichtenheft eines Personal Computers ausge¬

arbeitet (Vorprojektphase). Das eigentliche, kosteninlen

sive Entwicklungsprojekt konnte darauf rasch in neun

Monaten durch ein Entwicklungsteam realisiert werden.

Heute machen viele Unternehmen die Unterscheidung

zwischen Vorprojekt- und Entwicklungsprojektphase

noch nicht. Eine solche Aufteilung ist jedoch sinnvoll,

weil sich diese beiden Phasen stark unterscheiden

(Tab. 22.10). Die Vorprojektphase gleicht einer „Wolken¬

phase", während die Entwicklungsprojeklphasc klar struk-

1. Phase 2. Phase 3. Phase 4. Phase

Projektsteuerung JahresbudgetFormulare,

Pfiichtenheft, Netzplan

ISO 9001, StandardisierungSimultaneous Engineering

Integrierte ProjektsteuerungSystematisches Lernen

ProjektauswahlAutoritärer, visionärer

UnternehmerTechnikerideen Marketing

Integrierte Projektauswahl'mechanismen

Projektmitarbeiter KonstrukteurePrcjektmanagement-

ausbildung

Jobrotation

Duale Karrieren

Systematische Weiterbildung

Internationale Teams

Projektleiterpools

ProjektorganisationFachabteilung

Lmienûrganisation

Stäbe zur Informations¬

versorgung, Koordination

Projektteams

Matrixorganisation

Starker ProjektleiterFrühe Mgmt-Involvienjng

Beispiele Zeppelin Concorde Boeing Airbus

I1950

1 11960 1970

i l I **

1980 1990 2000

Abb. 22.13: Entwicklungspraxis im Zeitabiauf

sind von zentraler Bedeutung für den Projekterfolg. Des¬

halb solltenunbedingtReferenzenverlangtunddieetilscheidendenSchlüsselmitarbeiternamentlichimZusam-menarbeitsvertragaufgeführtwerden.Kim:intensiveDis¬kussionderExitstmtegie:hilft,diewichtigstenRisikeneinesProjektesaufzudecken.NurwennbeideSeitendenMutautbringen,einenetwaigenProjektabbruchbeiBeginndesProjektesintensivzudiskutieren,könnenteureandRessourcenverschleißendeProjektverläiigerungenodergarStreitigkeitenvermiedenwerden.22.7DreiHauptphasenderProduktentwicklungBisvorwenigenJahrenbeschränktenauchgrößereUnter¬nehmenihreInnovationsaktivitiilenauidasManagementdereigentlichenEntwicklungsprojekte.Seitden1950erlahrenhatdieEntwicklungspraxisvierPhasendurchlau¬fen(sieheAbb.22.13).VieleFirmenrousstenfeststellen,dasssiedasl'rojektmanagementmehroderwenigerimGriffhaben,abernichtwissen,wiesievondenvielengutenIdeenzueinemmachbarenProjektkommen.VorallemhabenvieleFirmenMühe,zuBeginnihreIdeenzubewer¬tenundamSchlusseinProduktamMarkteinzuführen.Umzugewährleisten,dasseinProduktnichlnureffiziententwickeltwird,sonderndassauchdierichtigenEntwick¬lungsprojektegestartetunddieProdukteerfolgreichamMarkteingesetztwerden,unterteilenvieleUnternehmen14

Page 78: Management von umstrittenen Technologien

22.7 Drei Ilauptphasen der ProduktcntwicklunE

Tab. 22.9: Drei Hauptphasen des Quêhtàt$planungspro?essçs

I^^^Hmm: ^ätäfiMMMmi

Vorprojektphase Wie kommen wir zu einem lohnenden

Projekt?

Projektplan, Pflichtenheft,

Präsentation

Projektphase Wie führen wir ein Projekt durch? Pläne (Zeichnungen, Manuals,

Schulungsunterlagen etc.)

Markteinführungsphase Wie erreichen wir eine effiziente Übergabean Produktion, Logistik sowie eine hohe

Akzeptanz in den Verkaufskanälen und bei

den Kunden?

hohe Kundenzufriedenheit bei

tragbaren Kosten

Tab. 22.10: Unterschiede zwischen den Phasen

WÊÈmiÊmmummmÊmHM^^^^^^H 1^1«^!^^', if/ m*.'!0j '' rrl>>.'v vi.

Budgetierung oft keine fest situativ

Ziele grob detailliert detailliert

Kosten gering hoch sehr hoch

Abläufe unstrukturiert strukturierte Prozesse situativ

Resultate unklar definiert Einnahmen

turiert und abgegrenzt werden kann. Letztere beginnt mit

einer genauen Spezifikation, welche oft als Pflichtenheft

bezeichnet wird.

22.7.1 Vorprojektphase

Die Vorprojektphase besteht aus vier Aktivitäten: Markt¬

segment identifizieren, Lastenhefl erstellen, Produkt ktm-

zeptinnieren und Pflichtenheft erstellen (Abb. 22.14). Sie be¬

nötigt eine starke Unterstützung durch das Management;

hier wird am meisten Erfahrung gehraucht und die

besten Leute übernehmen die schwierigsten Aufgaben.

Die weichen Managementfaktoren überwiegen häufig

und an die Stelle von Prozessmanagement tritt „People-

Management".

Wird die Vorprojektphase abgegrenzt und durch erfahrene

Kräfte des Managements intensiv betreut, kann garantiert

werden, dass nur gesicherte Technologie und gesichertes

Marktwissen in die Entwicklungsphaso einfließen. Diese

kann man dann auf festen Grundlagen als Prozess gestal¬

ten und mit hoher Effizienz und Planbarkeit abwickeln.

Eine Überlappung einzelner Projektschritte innerhalb der

Vorprojekte und Projekte ist möglich und sinnvoll. Die

Trennung der beiden grundsätzlich verschiedenen Phasen

Abb. 22.14: Vier Hauptauf¬

gaben in der Vörprujöktphase

Vorprojektphase } Entwicklungsphase / Markteinführungsphase >

Marktsegment \

identifizieren /Lastenheft \erstellen /

Produkt \

konzeptionieren />

Pflichtenheft \erstellen /

Wer sind

unsere Kunden ?

Welches sind die Wie können wir die

Bedürfnisse Kundenbedürfnisse

unserer Kunden? erfüllen?

(Sprache des Kunden) (Unternehmenssprache

Wie erfüllen wir

die Kundenbedürfnisse'?

Unternehmenssprache)

Page 79: Management von umstrittenen Technologien

22 (ludlitHtsKerttClite ProduklplaiiuUK

Vorprojekt und Entwicklung sollte man jedoch vor allem

l)«i kapitalintensiven Innovationsprojekten einhalten.

F&H-Mitarbeiter haben oft große Probleme mit diesem Vor¬

gehen, Tendenziell versuchen Techniker immer wieder, die

allerneuesten technischen Ideen in die Produkte einzu¬

bringen und vergessen dabei, dass gerade neue, nicht

genügend beherrschte Technologien zu nicht planbaren

Gruiidlagenabklärungcn führen und die Entwicklungs¬

phase zu einer dauernden Aufholjagd verkommen lassen.

Bei der Software-Entwicklung wird im Rapid Prototyping

das Pflichtenheft zusammen mit den Kunden mithilfe

von Prototypen erarbeitet, die in rascher Folge aufdatiert

und laufend verbessert werden. Dieses Verfahren kann

man nur dann auf andere Bereiche übertragen, wenn

die Erstellung von Prototypen wenig Zeilaufwand erfor¬

dert.

QFD kann sich bereits in der Vorprojektphase als sehr

nützlich erweisen, da insbesondere Kunden, Marketingund Vertrieb auf der einen Seite und Entwickler auf der

anderen Seile verschiedene Sprachen sprechen. Zur Er¬

stellung vom Lasten- oder Pflichtenheft stellt es einen über¬

schaubaren Rahmen dar und führt rasch zu gut struktu¬

rierten Diskussionen. QFD erzwingt eine einfache, aber

prägnante Dokumentation der wichtigsten Zusammen¬

hänge.

Marktsegmente identifizieren mit Kundenproblemals Ausgangspunkt

Ausgangspunkt jeder Innovation ist die Identifikation

eines akuten oder latenten Kundenproblems. Wird intern

nur Problembekämpfung betrieben, können auch die ein¬

deutigsten Signale des Marktes keine Aufmerksamkeil er¬

regen. 1st die Identifikation aber durch eine Krise oder

durch herausfordernde Zielsetzungen gegeben, genügen

auch schwache Signale, um Innovationen auszulösen.

Die Innovation kann etwa durch ein altes Problem bei Kun¬

den angestoßen werden oder die Konkurrenz wartet mit

einer Neuentwicklung auf, die zu übertreffen ist. Möglich

ist natürlich auch, dass neue technologische Möglichkeiten

neue Produktfelder erschließen, was vor allem in der Hoch¬

technologie der Fall iit. Hier muss das Unternehmen

manchmal sogar zuerst neue Märkte schaffen: Große Soft¬

warepakete verlangen leistungsfähige Rechner und schnel¬

le Rechner erlauben neue Anwendungen, komplementäre

Stärken schaukeln sich gegenseitig hoch.

Ohnedetaillierte,präziseMarktsegmentekannauchdasbesteF&Ii-TeamdieTreffsicherheitderneuenProduktenichtgewährleisten.Dabeispielengeografischeundkultu¬relleUnterschiedeeinegroßeRolle,dasUnternehmenmussseineKundenidentifizierenundnachBedürfnissenzusammenlassen.Der„größtegemeinsameNenner"bildetdamitdieGrundlagefüreinePlattlormodereinenBaukas¬ten,d.h.dieGrundlagefüiMass-Customization.LastenhefterstellenDieneuabzudeckendenKundenbedürtnisseerfordernzu¬ersteineschriftlicheFixierunginderSprachederKunden;DieFestlegungfindetimLastenheftstatt.IstdasProduktschonaufdemMarkt,soleistetMarktforschungguteDienste.FürdiemeistenFällegenügen30bis40Inter¬viewsmitpotenziellenKunden(Reinertsen1997).1stdasProduktneu,lohntsichdieÜberprüfungderwichtigs¬tenEigenschaftenmitPrototypen.Nochbesseristes,wenndieeigenenMitarbeiterauchKundensindunddieeigenenProdukteselberbenutzen.JedesLastenheftsollgewisseGrundangabenzumneuenProduktenthalten.Danebenkönnenweitere,spezifischeKapiteldemLastenhefthinzugefügtwerden(Tab.22.11).ProduktkonzeptionierenDiePhasederProduktkonzeplionistgeradebeineuenPlatt¬formenoderDurchbruchprojektennotgedrungennichtimDetailplanbar.DazusinddieZahlderMöglichkeitenunddertechnologischeUnsicherheitsgradzugroß.TrotzdemTab.22.11:InhaltdesLastenheftsmAnforderungenderKundenMarktsegmentierung(Plattformen)WesentlicheLeistungsdatenNormenundsonstigeexterneVorgabenEinsatzbereichundEinsatzbedingungenStrategischerFit13ÄIII1WirtschaftlicheZielsetzungenAngestrebtesMarktvolumenSchätzungenüberProdukt-undProjektkostenZeitlicheZielsetzungenMarkteinführung,ProduktlebensdauerGesamteinschätzungEinbettungindieUntemehmensstrategie,Chancen,Risiken,Alternativen,Varianten16"

Page 80: Management von umstrittenen Technologien

227 Drei Ilauptphasen dei Produkten »Wicklung

Tab. 22,12: Schritte der Produktkonzeption

Ideen generieren Im Team werden Produktideen gesammelt und gesichtet.

Auch völlig unkonventionelle und visionäre Vorgehensweisen sind im „ersten Anlauf" gefordert.

Nur so kann das Unternehmen Lösungen finden, die das Neuprodukt von Konkurrenzprodukten

entscheidend abhebt. Viele Ideen ergeben sich aus Kundenreklamationen.

Erste Konzepte

erstellen

Produktideen werden in erste Konzepte umgesetzt.

Prototypen, aber auch aussagekräftige Dokumentationen erleichtern die Kommunikation mit

„Externen": Kunden, Lieferanten und Experten des eigenen Unternehmens, die nicht im Konzeptteam

oder Entscheidungsgremium mitarbeiten.

Grobkonzepte

testen

Parallel zur Ausarbeitung der ersten Konzepte kann man mit den Grobkonzepten so weit wie möglich die

Produktideen in technische Parameter übersetzen und technische Wirkzusammenhänge offenlegen.

Ein sinnvolles Instrument dazu ist das erste House of Quality des QFD.

Konzepte

bewerten

Em funktionsübergreifendes Team bewertet die Konzepte.

Technische Realisierbarkeit, notwendige Ressourcen und Marktpotcnziale bieten immer wieder große

Probleme.

Präzise Informationen fehlen häufig. Trotzdem lohnt es sich bereits in dieser Phase, grobe Produkt¬

rentabilitätsrechnungen anzustellen.

In der Fahrzeugindustrie, aber auch in der Architektur läuft diese Phase unter dem Namen Konzept¬

wettbewerb: Verschiedene Anbieter erarbeiten Modelle (Pflichtenhefte) innerhalb vorgegebener

Rahmenbedingungen.

bietet sich eine bestimmte Schrittfolge als Leitlinie an.

Die Produktkonzeption läuft in vielen gut organisierten

Unternehmen in vier Schritten ab: Ideen generieren, erste

Konzepte erstellen, Grobkonzepte testen und Konzepte be¬

werten (Tab.ZZ.lZ).

Die Schritte Idee - Konzept - Bewertung sind so oft zu

„durchlaufen", bis ein überzeugendes Produktkonzept

steht. Die Zahl und die Länge der Zyklen hängt in erster

Linie vom Zeitdruck ab. Die Zyklen sind keine zeitlich

abgrenzbaren Phasen, sondern ein Organisationbrahmen

für das Konzeptteam. Das Konzept mündet normalerweise

in ein Pfiichlenhelt.

Das Konzeptteam soll von Anfang an aus, Mitgliedern

verschiedener betrieblicher Funktionalbereiche, wie Ent¬

wicklung, Marketing, Produktion oder Service bestehen.

Vertreter des Quahtätswesens hinterfragen in dieser

Phase immer wieder die Messbarkeit aller Kriterien sowie

die Relevanz von Tests. In Abhängigkeit von Projekt und

Branche können auch Kunden und Lieferanten mitein¬

bezogen werden. Idealerweise ist der Leiter des Konzept¬

teams auch derjenige, der das resultierende Entwicklungs¬

projekt leitet. Damit stellen einige Unternehmen den

Wissenstransfer von der Forschung in die Fntwieklung

sicher

Tab. 22.13: Grundsatze bei der Zusammenarbeit mit externen Partnern in der Produktkonz$plion

- Es muss schnell reagiert werden: Kunden, Lieferanten und das Management sollen rasch bewerten.

- Das Vorgehen funktioniert nur, wenn eine offene Unternehmenskultur sowie direkte Kontakte zwischen Projektteam

und Partnern aus der Linie bestehen.

- Keine Unterdrückung von Ideen: Alle Ideen sind zunächst gut Allerdings sind mögliche Risiken der Vorschläge ebenfalls

kritisch zu hinterfragen.

- Das Konzeptteam darf sich auch nicht an Ideen „festbeißen", die ständige Bereitschaft zum Verwerfen erweist sich in

frühen Projektphasen als äußerst wichtig. Die Herausforderung besteht gerade darin, die Sicht weise wechseln zu können:

Eigene Ideen muss das Team auch aus der Perspektive von Kunden, Lieferanten, Share und Stakeholdern betrachten.

- Es gilt, „Golf zu spielen": Ständige Szenenwechsel verhindern das gefährliche „Not-invented-here"-Syndrom.

17

Page 81: Management von umstrittenen Technologien

22 Qualitätsgerechte Produktplanunß

rÄnderungen am Markt

Verlängerung der Entwicklungszeit I Einfrieren der Aufgabenstellung

^^ Veränderung der AufgabenstellungAbb. 22.15: Teufelskreis

langer Entwicklungszeitendurch Einfrieren der Auf¬

gabenstellung durchbrechen

Im Zusammenspiel mit Personen, welche sich nicht im

Konzeptteam befinden, müssen einige Grundsätze be¬

achtet werden, damit sich das Projekt zielstrebig einer

befriedigenden Produktkonzeption nähert (Tab. 22.13).

Pflichtenheft erstellen

Die Aktivitäten der Produklkonzeplionsphase finden im

Pflichtenheft ihren Abschluss. Im Wesentlichen stellt es

die Übersetzung der Kundenbedürfnisse in technische

Spezifikationen dar, während viele Firmen die Kunden-

hedürfnisse selber im Lastenheft zusammenfassen.

Waren früher vor allem die marktnahen Bereiche für den

Inhalt des Pflichtenhefts zuständig, werden heute alle Ab¬

teilungen einbezogen, die in irgendeiner Form über den

ganzen Produktlebenszyklus der Innovation Einfluss neh¬

men. Durch frühzeitige Abstimmung aller Beteiligten kann

die Projektierung spätere und teure Koordinationspro¬

bleme vermeiden. Die Erstellung des Pflichtenhefts fällt

bereits in den Verantwortungsbereich des Projektleiters,

der zu diesem Zeitpunkt benannt sein sollte.

Der Inhalt des Pflichtenhefts richtet sich stark nach der

Komplexität von Produkt, Unternehmen und Branche,

aber auch nach der Unternehmenskultur. Meist enthält

das Pflichtenheft einen detaillierten Projektplan. Er ist

von zentraler Bedeutung und legt die einzelnen Ahlauf¬

schritte in Reihenfolge und Ausmaß fest. Der Projektplan

sollte deshalb gemeinsam mit der Produktarchitektur erar¬

beitet werden. Das Produkt kann Integral oder modular

aufgebaut werden. Im Pflichtenheft soll diese Struktur

auf jeden Fall grob umrissen werden, da die Produkt¬

struktur sowohl die Projekt- als auch die Lieferanten¬

struktur beeinflussl. Neben den wesentlichen technischen

Spezifikationen kann das Pflichtenheft Projektpläne, den

zeitkritischen Pfad, technische Risiken und Marktrisiken

sowie Aussagen zu möglichen Alternativen enthalten.

Bei größeren Vorhabon sollten die wichtigsten Konzepte

zu Beschaffung, Produktion, Distribution und vor allem

Markteinführung vorliegen (Tab. 22.14).

Oft ist in der Praxis keine eindeutige Trennung zwischen

Lasten- und Pflichlenheft zu finden. Die genauen Bezeich¬

nungen sind auch von untergeordneter Bedeutung. Im Vor¬

dergrund steht das Ziel, mit dem Lasten- und Pflichtenheft

sinnvoll den „Teufelskreis" der sieh ständig ändernden

Anforderungsdefinition zu durchbrechen (Abb. 22.15).

Eine mangelhafte oder unvollständige Festlegung der

wichtigsten Anforderungen an das neue Produkt führt

mit Sicherheit zu grundlegenden Änderungen in der

Durchführungsphase. Dadurch verlängert sich die Ent¬

wicklungszeit, Markt und Technologie ändern sich und

das Produktkonzept muss laufend angepasst werden! Es

lohnt sich aber meistens auch nicht, ein allumfassendes

Pflichtenheft zu erstellen, in dem jedes Detail geregell

ist. Wichtig ist, die zentralen technologischen und kunden¬

spezifischen Anforderungen so grob zu umschreiben, dass

sie in ihrem Kerngehalt nicht mehr geändert werden. Auf

dieser Basis kann man dann im weiteren Verlauf das

Tab.22.14: Inhalt des Pflichtenhefts

Detaillierte Funktionen, Aufbau, Materialanforderungen,

vorhandene Lösungen, Gliederung in Baugruppen,

detaillierte Leistungsdaten, Abmessungen, Design

Normen und Prüfvorschriften wie Normen von Behörden,

notwendige Zulassung von Prüfstellen, Toleranzbereiche

AnforderungenhinsichtlichzubeschaffenderTeile,detaillierteLeistungsbeschreibungenfürkritischeTeile(Engpässe)WirtschaftlicheZielewiebeimLastenheft,jedochdetaillierteDatenüberKonkurrenzprodukte,Zielpreis,möglicheAbsatzmengenproVertriebsgebiet,Zielkosten,Garantiedauer,ServiceangebotundServiceaufwandetc.Terminziele,MeilensteineundVorgabenaufStufeArbeitspaketGesamtwürdigungmitChancenundRisiken(meistinFormeinerProduktrentabilitätsrechnung)

18

Page 82: Management von umstrittenen Technologien

22.7 Dm I lauplphasfin der Produklentwicklimg

Tab. 22.15: Pflichtenheft am Beispiel eines Herstellers von Präzisionsinstrumenten

^^^3^^^^^^^^^H^^^^^^^^^^^R*^ÄHWPliB^Ziel Strategie, Marktanteile, Volumen, Finanzen

Projektorganisation Leiter, Kernteam, Spezialisten, Lieferanten

Projektplan kritischer Pfad, Arbeitspakete

Produktrentabilitätsrechnung Maßstab für späteren Erfolgsnachweis

Marktbedürfnisse Segmente, Varianten

Marketingkonzept Markteinführung, Lebenszyklus

Marketing Mix Produkt, Preis, Promotion, Platzierung (4 P)

Produktion Make- or Buy-Entscheide

Logistik Beschaffung, Distribution

Umwelt Entsorgung, verwendete Materialien

Controlling Abbruchkriterien

Pflichtenheft sukzessive detailliert ausarbeiten. Dieses

Vorgehen wird auch „dynamisches Pflichtenheft" genannt.

Ab einem vom Unternehmen zu definierenden Zeitpunkt

(„Freezing Point") ist das Pflichtenheft zu fixieren und

weitere Anpassungen sind nur noch in Ausnahmen erlaubt

(Abb. 22.16). Viele Unternehmen frieren das Pflichtenheft

vor der ersten großen Hardwar^lnvestition, der Werk¬

zeugfreigabe, ein.

Die Forderung, in den folgenden Projektphasen der Ent¬

wicklung parallel zu arbeiten, stellt besondere Anforderun¬

gen an den Aufbau und die Inhalte eines Pfiichtenhel'ls:

Es muss ein „Simultaneous-Engineering-konformes"

Pflichtenheft sein. Ein solches Pflichtenheft ist in erster

Linie moduiorienticrl. Dadurch können einzelne Teams

die Arbeilspakele getrennt und so weit wie möglich pa¬

rallel bearbeiten, ohne große Koordination.

Ausgehend von der Punkfionsstruktur erarbeitet das Inte¬

grationsteam Prinziplösungen für die einzelnen Funktio¬

nen. Diese Prinziplösungen hilden die Basis für eine

Modularisierung und die Erstellung von „Modulpflichten-

heften". Die entstehenden Schnittstellen zwischen den

Modulen erfordern ein Schnitlstellenkonzept, welches Be¬

standteil des übergeordneten Pflichtenhefts wird. Schnitt¬

stellen können beispielsweise anhand einer Schnittstcllcn-

matrix ins Pflichtenheft integriert werden. Auch bei

sorgfältiger Wahl der Module stellt die parallele Entwick¬

lung aber immer wieder eine große Herausforderung für

das Management dar. In schwierigen Fällen kann die

Projektleitung deshalb die parallele Entwicklung auf den

zeitkritischen Pfad konzentrieren.

Neben der besseren Eignung zum Simultaneous Engineer¬

ing haben Module den Vorfeil, dass sie in allen Lebens-

Abb. Z2.16: ÜbergangVorprojekt - Projekt

I Projektstart J

Vorprojektphase JA Entwicklungsphase ^>

\...

7Produkt \,

konzeptionieren /Pflichtenheft \j Produkt \erstellen A konstruieren /

Prototyp \

erstellen /

/Beeinflussüngsmöglichkeit für

^rqduktspezifikation und Kosten

Freezing Point

(z. B. Werkzeugfreigabe)

19

Page 83: Management von umstrittenen Technologien

22 Qualitätsgerechte Produktplanung

'.;'; .j'EÄ

phasen des Produkts von dor Entwicklung über Produktion

und Service bis hin zu Upgrades und Entsorgung relativ

unabhängig voneinander bearbeitet werden können. Ne¬

ben Termintreue und Qualität, die das Management mit

dem Pflichtenheft und dem Projektplan weitgehend über¬

wacht, spielen die Entwicklungskosten eine immer wiebti

gere Rolle. Auch hier hilft Modularisierung, indem bereits

entwickelte Module erneul eingesetzt werden können. Die

Mehrfachverwendung erhöht zwar meist den Initialauf¬

wand für die erste Entwicklung, senkt aber später Kosten

und Durchlaufzeiten sehr stark. Dagegen verhindern Mo¬

dule integrale Lösungen, welche häufig unter dem Druck

von Miniaturisierung, Kostenreduktion, Gewichtsoptimie¬

rung oder anderen Top-Leistungen entstehen.

22.7,2 Entwicklungsphase

Die Zeit ist ein wichtiger Treiber in der

Entwicklungsphasc

„Die Schnellen fressen die Langsamen": Neue Produkte

sollten immer schneller entwickelt werden, um auf den

Märkten zu bestehen. Der rasche technologische Fort¬

schritt verkürzt die Innovationszyklen in vielen Branchen.

Man könnte nun annehmen, dass dieser Trend durch

kürzere Produktlebenszyklen noch verstärkt wurde.

Mehrere Studien belegen jedoch, dass dies nicht der Fall

ist: Die Produktgebrauchsdauern bleiben etwa konstant.

Auch die persönliche Erfahrung bestätigt, dass Staubsau¬

ger, Autos und andere traditionelle „Investitionsgüter"

des täglichen Bedarfs etwa gleich lang im Gebrauch blei¬

ben wie vor zehn Jahren. Die Garantiezeiten haben sich

sogar erhöht und die garantierte Ersatzteilverfügbarkeit

für Rasenmäher, Kaffeemaschinen oder ähnliche Geräte

beträgt heute oft zehn Jahre. Die Anforderungen an die

Ausführungsqualität steigen daher enorm. Auch die Ab¬

schreibungsdauern für Industrieanlagen hatten sich nicht

wesentlich geändert. Eine Ausnahme bilden Produkte aus

dem ICT-Bereich. Hier handelt es sich um Produkte mit viel

Elektronik und Software, die schneller obsolet werden als

traditionelle Mechanik.

Die gezielte Beeinflussung der Zeit zwischen der Kon¬

zeption eines Produktes und seiner Markteinführung ist

heute und morgen ein zentrales Managementproblem.

Es geht bei dieser 7ïmff-/n-AYflrÀ'pf-Problematik nicht nur

um die reine Entwicklungszeit, sondern auch um Zeit¬

verkürzungen bis zum positiven Cashflow. Das Qualitäts¬

niveau muss daher bereits beim Markteintritt hoch sein,

um den Vorsprung vor der reaktionsschnellen Konkurrenz

zu nutzen. So verwende! Hewlett-Packard als wichtigste

BewertungsgröBe von Innovationen, die Zeil bis zum

Break-Even-Punkt.

Mit kürzerer Durchlaufzei! verkleinern sich die Prognosc-

und Marklrisiken. „Feuerwehraktionen" zum Auffangen

von Technologie- und Marktveränderungen reduzieren

sich. In der kurzlebigen Modebranche muss man viel

weniger Artikel über Sonderaktionen absetzen

(Abb. 22.17).

50%

Differenz zwischen prognostiziertenund effektiv verkauften Stückzahlen

Damen: Blusen (Modeartikel):Kurze Durchlaufzeit ist ein Muss

Herren: Freizeithosen:

Durchlaufzeit weniger wichtig

Durchlaufzeit

12 16(Monate) Abb. 2Z.17: Unsicherheit am

Markt steigt mit Durchlaufzcit

(Stalk/Hout 1990).

20

Page 84: Management von umstrittenen Technologien

22.7 Drei Ilauptphasen der Produktentwicklung

Tab. 22.16: Grundsätze für ein ganzheitliches Simultaneous engineering im Innovationsprozess

Intensives Management der Prozesse

Frühe, intensive Zusammenarbeit mir wenigen Lieferanten (Systemlieferanten)

Parallele Realisierung auf dem zeitlichen Pfad (Modularisierung)

Teams mit starken Projektleitern

Angepasstes Projektmanagement und Qualitätsmanagement; die Anpassung wird im Vorprojekt erarbeitet.

Simultaneous Engineering als Ansatz

zur ZeiteinsparungSimultaneous Engineering (SE) ist der konzeptionelle An¬

satz zur Zeiteinsparung in der Entwicklung und wird meisl

nur als Parallelisierung des Produklentwicklungsproz.es-

ses verstanden. Alle Aktivitäten, welche die Entwicklung

eines neuen Produktes und des dazugehörigen Produkti¬

onsprozesses betreffen, rücken näher zusammen. Für

eine kurze Time-io-Market muss das Unternehmen Simul¬

taneous Engineering jedoch ganzheitlicher angehen

(Tab. 22.16). Das ganzheifliehe Simultaneous Engineering

ist ein umfassendes Innovationskonzept, welches sich

nicht über Nacht realisieren lässt. Dafür sind die Vorteile

entsprechend groß: Die Time-to-Markel der Projekte sinkt

und die Lerngeschwindigkeit der Teams steigt.

Lernen im Projekt

Folgt ein Team konsequent dem „Plan-Do-Check-Act"-

Zyklus (Abb. 22.18), so wiederholen sich nur wenige

Fehler und neue Projekte verlaufen nicht nur schneller,

sondern auch erfolgreicher. Modernes Projektmanagement

Plan

\Do Lernen Act

1

Check

Abb. 22.18: Plên-Do-Check-Act-Zyklus des Qualitatsmanagements(Dcming-Kreis)

versucht deshalb den Lernaspekt stärker zu betonen und

Unternehmen führen „Entwicklungsprozess-Coaches" ein,

die einerseits den Entwicklungsprozess selber ständig

verbessern, andererseits aber helfen, den geeigneten Ent¬

wicklungsansatz, d.h. die passende Projektstruktur aus¬

zuwählen. Dieser Ansatz ist weitgehend durch den Typ

des Projektteams bestimmt und muss mit einem passen¬

den Projektmanagement unterstützt werden.

Die bei einer Qualitätssystem-Zertifizierung im produkt-

neutralen Entwicklungsplan festgelegten Regeln sollten

sich auf ein Minimum beschränken, damit genügend Fle¬

xibilität erhalten bleibt, auf spezifische Situationen zu rea¬

gieren. Nicht jede einfache Produktverbesserung braucht

zwanzig Meilensteine, aber sie braucht initiative Mitar¬

beiter und damit angepasste Projektpläne.

Organisation von Entwicklungsprojekten

Viele Firmen haben ihre Spezialisten nach wie vor in funk¬

tionalen Einheilen zusammengefasst. Eine solche Organi¬

sation ist allerdings gerade zur Durchführung schneller

Entwicklungsprojekte nicht optimal. Rewährt haben sich

funktionsübergreifende Teams mit hoher fachlicher und

führungstechnischer Kompetenz. Hie für alle Zwecke idea¬

le Organisationsform existiert jedoch nicht (Abb. 22.19).

Das Management muss stets einen Ausgleich zwischen

funktionaler Spezialisierung und Produktorientierung

suchen. So lassen sich etwa Kostenoptimierungen oder

einfache Varianten eines bestehenden ProduktsineinerfunktionalenOrganisationsinnvolldurchführen.MussdasUnternehmenhingegeninkürzesterZeiteinvölligneuesProduktaufdenMarktbringen,empfiehltsichtierTask-Force-Ansatz.KaumbewährthatsichdiereineKoordination:DieStellungdesPrnjektleitersgegenüberderLinieistzuschwach.ErläuftGefahr,wedervonderLinienochvonseinemTeamakzeptiertzuwerden.DieTeamorganisationmiteinemstarkenProjektleiterhatsichinvielenInnovationsprojektenunterZeitdruckhewährt.AllerdingsmüssenfünfVoraussetzungenerfülltsein(sieheTab.22.17).DerlokaleZusammenhaltvonEntwicklungsteamserleich¬tertdieArbeitdesProjektleiters.ImAllgemeinenwirddeshalbinkleinenTeams,dieimgleichenRaumarbeiten,

ZI

Page 85: Management von umstrittenen Technologien

22 Qualitätsgerechte Produktplanung

FunktionalKoordination

(Light Weight Team)

Team

[starker Projektleiter)Task-Force

^rU ririri1 JL, ^ ^

^

Vorteile

DDDD

Spezialisten SpezialistenKoordination

uuu

FührungSchnell

M w w wIII

Klare Prioritäten

Schnell

Nachteile LangsamGroße Regelkreise

Langsam

Projektleiter hat

schwierige Stellung

Linie/Projekt EigenlebenFach-Know-how

Stabile Umwelt Integrationsdruck Zeitdruck Feuerwehraktion

Neues Geschäft

Abb. 22.19: Organisationsformen fur Entwicklungsprojekte (Wheelmight/Clsrk 1994)

fl auch ohne spezielle Anordnungen parallel gearbeitet.

J Spätestens wenn die Produktionsprozesse in den Mittel-

"

punkt der Entwicklungsarbeit rücken, werden die Teams

allerdings so groß und auch so inhomogen, dass sie nicht

mehr unter einem Dach zusammenarbeiten können. Damit

steigt die Problematik der Parallelisierung.

22.7.3 Markteinführungsphase

Die Markteinführung ist die letzte Ilauptphase des Inno¬

vationsprozesses und bietet für die meisten Unternehmen

drei große Herausforderungen (Tab. 22.18). Der Schlüssel

zum Erfolg liegt hier in einem professionellen Projekl-

management. Neben dem eigentlichen Produkt müssen

auch die produktbegleitenden Dienstleistungen ihren

Wog auf den Markt finden. Obwohl die Bedeutung indus¬

trieller Dienstleistungen für den Kauf zunehmend wächst,

werden sie in der Praxis nur wenig systematisch ein¬

geführt.

Straffe Planung der Markteinführung notwendigUm eine Markteinführung getrennt von täglichen Routine¬

aufgaben als Projekt durchzuführen, ist auch hier die

Einsetzung eines Projektleiters entscheidend. Dieser

wird ähnlich wie in der Produktentwicklung mit umfassen¬

den Kompetenzen ausgestattet (Boutellier et al. 1997). Er

trägt die Verantwortung für die gesamte Kintührung von

der Konzeption bis zur Kontrolle. Der Produktmanager

ist in dieser Rolle oft überfordert, da er nicht über die

notwendigen Kompetenzen verfügt.

Die Projektführung koordiniert die Aufgaben von F&E,

Marketing, Produktion, Verkauf und Service. Marktdaten

des Verkaufs fließen häufig unvollständig in den Entwick-

lungsprozess ein; auch bleibt die Distribution bei der Ent¬

wicklung oft unberücksichtigt. Das Tagesgeschäft absor¬

biert zudem die beteiligten Mitarbeiter in vielen Fällen

stark und es besteht damit die Gefahr, dass sie sich nur

wenig mit dem Projekt identifizieren.

Konflikte treten oft mit den autonomen Tochtergesell¬

schaften und unabhängigen Vortriebs- oder Servicepart¬

nern auf. Verkäufer ignorieren die zentralen Vorgaben,

da sie glauben, ihren Markt am besten zu kennen, und

führen eigenwillige Anpassungen an die lokalen Marktan¬

forderungen durch. Der Projektierter muss daher direkten

Zugang zum Top-Management haben, um solche Konflikte

zu beseitigen. Er stimmt die lokale Anpassung der Pro¬

dukteinführung ab, koordiniert die dezentralen Aktivitäten

und führt auch die abschließende Oberführung des Pro¬

jektes in den routineorientierten Auftragsabwicklungs-prozessdurch.Markteinführung:BigBangvs.LeadConceptBeimProzessderMarkteinführunggehtesumdenZeit¬punktunddaszeitlicheVorgehenzurEinführungeinesneuenProduktesindenMarkt.Untersuchungenbestäti¬gen,dassdurcheinenfrühenMarkteintrittdieWettbe-

22

Page 86: Management von umstrittenen Technologien

22 7 Diei Ilauptphasen der Produktcntwicklung

Tab. 22.17: Voraussetzung für die Teamnrganisation in Entwicklungsprojekten

111

Eindeutige

Aufgabenstellung und

Voraussetzungen

Das Top-Management muss die Aufgabenstellung für das Team eindeutig definieren. Dazu

gehören insbesondere abgesicherte Technologien und möglichst aktuelle Marktdaten

(Pflichtenheft, Resultate der Vorprojektphase).

Klare Kompetenzen und

Ziele

Das Projektteam sollte einen „Vertrag" mit der Geschäftsleitung abschließen. Die Leitung legt

Zeitvorgaben, Kosten, Ressourcen und die Messkriterien zur Beurteilung des Projekterfolgs fest.

Akzeptierter Projektleiter Entscheidend ist die Auswahl des Projektleiters. Der Projektleiter realisiert die Produktvision

und moderiert sein Team. Er sollte über eine hohe Akzeptanz bei Mitarbeitern und Management

verfügen und auch die Übersetzung von den marktseitigen Anforderungen in die technische

Spezifikation mitgestalten.

Vereinbarung Projekt-

und Tagesgeschäft

Die Teammitglieder müssen fähig sein, „zwei Hüte zu tragen", d. h. neben ihrer Projekttätigkeit

auch noch ihre tägliche Arbeit zu verrichten.

Die Praxis zeigt, dass es sinnvoll ist, Teammitglieder zu 50-80% ihrer Arbeitszeit im Team zu

haben. Bei zu geringer Beteiligung können sie ihr Wissen nicht voll einbringen und verzetteln sich

in zu vielen Projekten.

Bei einer 100%igen Integration verlieren Teammitglieder den Anschluss an ihre Spezialisten,

was zu großen Problemen führen kann, da neue Produkte das Wissen aller Spezialisten des

Unternehmens benötigen und nicht nur einzelner Projektmitarbeiter.

Intensive

Teamkommunikation

Teams funktionieren nur, wenn die Teammitglieder intensiv miteinander kommunizieren. Die

geografische Distanz zwischen den Beteiligten spielt hier eine herausragende Rolle. Eine

räumliche Zusammenführung erleichtert die informelle Kommunikation,

Dies ist jedoch schwierig zu bewerkstelligen, da das Fachwissen der beteiligten Experten auch

an deren angestammten Arbeitsorten weiterhin gebraucht wird und sich Top-Spezialisten

ohnehin nicht gerne versetzen lassen.

Koordination Virtuelle Teams, über den ganzen Globus verteilt, nutzen moderne Kommunikationssysteme

intensiv und arbeiten zum Teil rund um die Uhr. Die Übergabe einzelner Arbeitspakete an die

nächste Zeitzone stellt dabei ganz spezifische Qualitätsanforderungen. Positive Resultate zeigt

der Einsatz von Groupware. Allerdings ersetzt Software die wichtigen persönlichen Kontakte

nicht. Moderne Telekommunikation kann aber die Abstände zwischen den teuren Meetings

verlängern.

Moderne Gebäude bieten bewusst Gelegenheit für informelle Kontakte (kurze Wege, größere

Büros). Die Praxis zeigt, dass der Arbeitsort von Mitarbeitern wichtiger ist als organisatorische

Umstrukturierungen.

Tab. 22.18: Herausforderungen in der Markteinführungsphase

WM

Tragweite Markteinführung ist häufig ein globales Projekt.

Die Markteinführung verläuft oft über große Distanzen.

Viele Beteiligte Die wenigsten Beteiligten waren zuvor im Projektteam integriert.

Nicht alle Beteiligten sind im eigenen Unternehmen.

Verschiedene Kulturen treffen aufeinander.

Viel Überzeugungsarbeit ist zu leisten.

Hohe Kosten Die Kosten sind oft höher als in allen vorangehenden Phasen zusammen.

23

Page 87: Management von umstrittenen Technologien

11 Qualitätsgerechte Produktpldnung

Tab. 22.19: Markteinführung- Big Bang vs Lead Concept

ÉÉÉWÈÈIÈÈIÊÈmiH^^^^^^^^^^^I^Ä ff^Wf*'^W^'l^^^w"^ilZeitlicher Verlauf Alle Märkte simultan Gestaffeltes Vorgehen

Organisation Projektmanager Kernteam

Controlling Time-to-Money Budget

Managementfokus Zeitmanagement Ressourcenmanagement

Lernmodel Fehlerfrei gleich zu Beginn Erfahrungen aus den ersten Märkten

Marktreife Hoch Goring

Zeitdruck Hoch Gering

werbsposition positiv beeinflusst werden kann. Gegen¬

beispiele wie der IRM PC oder Glaxos Zantac zeigen Jedoch,

dass auch ein späterer Eintrittszeitpunkt sinnvoll sein

kann, wenn das Unternehmen aus den Fehlern der Pio¬

niere lernen kann. Auch das Beispiel des Gillette Sensor

belegt, dass eine lange Innovationszeit bei einem ausgereif¬

ten und innovativen Produkt kein Nachteil sein muss. Die

Mehrzahl der heutigen Marktführer sind zehn bis zwölf

Jahre nach den Pionieren in den Markt eingestiegen! Pio¬

niere hatten harte Zeiten, da die Unsicherheiten noch zu

groß waren.

Das zeitliche Vorgehen der Produkteinführung spielt je¬

doch eine entscheidende Rolle (Tab. 22.19): Die Ein¬

führung kann simultan in allen Märkten („Big Bang")

oder nacheinander, nach Marktsegment gestaffelt erfolgen

(„Lead Concept"). Beim Big Bang wird das Produkt in allen

Zielmärkten gleichzeitig eingeführt. Dieses Vorgehen setzt

ein straffes Projektmanagement voraus. Ein Big-Bang-An-

satz ist sinnvoll, wenn die Einführung aufgrund eines in¬

tensiven Wettbewerbs unter starkem Zeitdruck erfolgt und

die Produktqualität sehr hohen Ansprüchen genügen

muss. Bekanntes Beispiel hierfür ist die Vorstellung von

Windows 95 mit der weltweiten Live-Übertragung einer

Hollywoodshow vor 2.500 Gästen. Vorab hatte Microsoft

400.000 Beta-Versionen an ausgewählte Testkunden ver¬

schickt und 1.500 Spezialisten zur Beantwortung von

Fragen ausgebildet. Allein die Werbekampagne kostete

US$ 150 bis 200 Mio. Da der Markt eine neue Standard¬

software erwartete und die Einführung unter hohem Zeit¬

druck stand, war Geschwindigkeit das oberste Ziel. Da¬

neben durfte das Produkt keine größeren Fehler aufwei¬

sen, um eine rasche weltweite Marktdurchdringung zu er¬

reichen.

Beim Lead Concept wird das Produkt vorab bei führenden

Kunden, in führenden Märkten oder führenden Ländern

(Lead Customers, Markets oder Countries) eingeführt.

Märkte und Kunden sind meist in unterschiedlichem

Maße für die Aufnahme von neuen Produkten bereit

und akzeptieren Kinderkrankheiten neuer Produkte

mehr oder weniger stark. Die Lead Customers bzw. Lead

Countries übernehmen dabei die Rolle von Meinungsma¬

chern und teilweise auch von Pilotanwendern. Im Gegen¬

satz zu europäischen oder amerikanischen Märkten sintl

beispielsweise japanische Märkte eher bereit, innovative

Unterhaltungselektronik zu akzeptieren. Daher wurden

die CD-Player von Sony und Philips, aber auch PC-Kopierer

von Canon zuerst in Japan eingeführt. Da die Märkte noch

nicht reif waren für die neuen Produkte, stand Lernen im

Vordergrund. Der geringe Zeitdruck erlaubte es, mit den

Erfahrungen der Einführung in den Führungsländern

das neue Produkt laufend zu verbessern, und die Kunden

wurden nicht überfordert. Wenn die Produkte durch Ent¬

wicklung individueller Dienstleistungen an unterschiedli¬

ehe Märkte und Kunden angepasst werden müssen (Loca¬

lization und Customization) und das Unternehmen selbst

über wenig Ressourcen verfügt, ist das Lead Concept sinn¬

voll. Nationale oder regionale Vorschriften und Normen

können oft eine Hinführung in vielen Märkten gleichzeitig

verhindern und eine sukzessive Einführung nach dem

Lead Concept erfordern.

Controlling der Markteinführung: Budget vs,

Time-to-MoneyDie Voraussetzungen für das Projektcontrolling bei der

Markteinführung sind quantifizierbare Ziele, ein realisti¬

scher Zeitplan mit Aktivitäten und Meilensteinen sowie

definierte Arbeitspakete. Vereinfacht lassen sich bei der

Kontrolle der allgemeine Budgetansatz und der Time-to-

Money-Ansatz unterscheiden.

Bei der Kontrolle mit dem Budgetansatz definiert das Top-

Management für die Produkteinführung einen allgemei¬

nen Kostenrahmen. Dieses Vorgehen ist geeignet, wenn

knappe Ressourcen und damit die Kosten im Mittelpunkt

stehen. Im Gegensatz zur Produktentwicklung wird aber

24

Page 88: Management von umstrittenen Technologien

22.7 Drei Ilauptphascn der Produktentwicklung

moist kein Budget „top-down" vorgegeben. Vielmehr stel¬

len die lokalen Verantwortlichen aufgrund ihrer Einschät¬

zung der spezifischen Marktsituation autonome Budgets

auf, die der Lonkungsausschuss „hottom-up" zu einer Prog¬

nose über dun Hrfolg der Produkteinführung zusam¬

menführt. Die lokalen Maßnahmen müssen dabei im Ein¬

klang mit der allgemeinen Strategie stehen.

Bei Projekten unter intensivem Zeitdruck empfiehlt sich

der Time-to-Money-Ansatz: Effizienz und Minimierung des

Ressourceneinsatzes stehen kombiniert im Mittelpunkt.

Diese werden mit kombinierten Zeit-, Kosten- und Erlös¬

zielen gemessen; so z. B. „Time-to-Money" oder die von

Hewlett-Packard angewandte „Money-Back-Perind",

Die Ausgestaltung der Ziele ist für jedes Unternehmen spe¬

zifisch. Um zu einer Operationalisierung der Zeitziele zu

gelangen, müssen sowohl Anfangs- als auch Endzeitpunkte

festlegt sein. „Time-to-Money" kann beispielsweise die Zeit

von der Produktidee bis zur Zahlung durch den ersten

Kunden bezeichnen, obwohl mit dem Zahlungseingang

der Erlolg der Einführuog noch oicht erwiesen ist.

„Time-to-Market" kann bei segmentierten Märkten mit

der sukzessiven Einführung an verschiedenen Endzeit¬

punkten festgemacht werden. Mit zunehmender Anzahl

Kunden kann die Akzeptanz des Produktes und somit

ein wichtiger Teil des lnnovationserfolges nur durch

eine professionell durchgeführte Marktforschung ermittelt

werden.

Kostencontrolling in der MarkteinführungIn den meisten Unternehmen sind die wahren Kosten

der Produkteinführung kaum bekannt. Ein Grund dafür

ist die allgemein geringe Professionalität im Marketing¬

controlling: Zumeist erfasst das Controlling nur die Kosten

für Werbung und Verkaufsförderung als Einzelkosten der

Produkteinführung; die Kosten für Produktion und Logis¬

tik, aber auch für die Koordination werden als Gemein¬

kosten über alle Produkte verteilt. Während beispielsweise

in der F&F mittlerweile die meisten Unternehmen die Ar¬

beitsstunden einzelnen Projekten zurechnen, ist dies bei

Marketing und Verkauf unüblich. Solange aber die Kosten

der Produkteinführung unbekannt sind, sind auch zeit¬

bezogene Investitionsrechnungen zum Kelurn-on-Invest-

mcnl (ROI) oder zur „Time-lo-ßreak-Even" mil großen

systematischen Fehlern behaftet.

Handlungsempfehltingen für die Markteinführung

Aus den Herausforderungen und Lösungsansätzen für

die Markteinführung ergeben sich fünf Handlungsempfeh¬

lungen: Projektansatz mit Zielvorgaben, Fokus auf die

Übergabe, Verkauf frühzeitig einbinden, klare Ziele und

Messgrößen sowie eine sorgfältige Auswahl des Ansatzes

(Tab. 22.20).

Tab. 22.20: Handlungsempfehlungen fur die Markteinführung

I^^HÜHS^^H^^^^Bfe'SÉî

Projekt mit Zielen und

Verantwortlichkeiten

Die Produkteinführung als Projekt gestalten.

Notwendig sind quantifizierbare Ziele, detaillierte Zeitpläne, definierte Arbeitspakete und klare

Verantwortungen in F&E, Produktmanagement, Verkauf und Tochtergesellschaften.

Fokus auf Übergabe Die Übergabe vom Entwicklungs- zum Einführungsprojekt erfordert präzise Kleinarbeit-

Bewährt haben sich geführte, überlappende Phasen und die zeitweise Arbeit im gemeinsamen

Team, damit das Wissen nicht verloren geht.

Verkauf frühzeitig

einbinden

Bindet man Verkauf, Kundendienst und Tochtergesellschaften frühzeitig ein, erhöht sich die

Akzeptanz durch die Außenstellen (Reviews in der Entwicklungsphase).

Klare Ziele und

Messgrößen

Das Controlling der Produkteinführung setzt klare Ziele sowie definierte Messgrößen voraus.

Um Kostentransparenz zu erreichen, müssen möglichst alle Kosten der Einführung — auch in

den Tochtergesellschaften - erfasst werden.

Auswahl dos Ansatzes Big Bang und Lead Concept sind nicht immer gleich gut geeignet.

Wenn sich das Unternehmen sicher fühlt und Zeitdruck im Vordergrund steht, ist eine

Kombination aus Projektmanager, Paralleleinführung und Time-to-Money sinnvoll.

Hingegen ist eine Mischung aus Kernteam, Lead Concept und Budget empfehlenswert, wenn

noch Unsicherheiten bestehen und knappe Ressourcen dominieren!

25

Page 89: Management von umstrittenen Technologien

71 Qualitätsgerechte Produktplanung

22.8 Ausblick

Innovation steht heute im Zentrum unternehmerischer

Überlegungen. Viele sehen darin den besten Weg, um

schwindende Margen, hohe Lohnkosten und Arbeitslosig¬

keit zu überwinden. Innovation lohnt sich aber nur, wenn

sie temporär zu einer gewissen Monopolstellung führt:

Einzigartigkeit erlaubt es den Unternehmen, ihre Inno¬

vation zu schützen. Um dies zu gewährleisten, entsteht

Produktinnovation immer parallel mit Prozessinnovation

und immer stärker synchron zur Service-Innovation. Der

Kunde will nicht nur Güter, er will Problemlösungen: Er

will „nicht Waschpulver, sondern weiße Wäsche". Damit

erhält die umfassende Leistungsgestaltung in Zukunft

einen hohen Stellenwert.

Unsere Gesellschaft hinterfragt wieder stärker den Sinn

technischer Innovationen. So fordert etwa von Weizsäcker

in seinem Buch „Erdpolitik" (von Weizsäcker 1992)

sieben Kriterien für Technologie-Innovationen der Zukunft

(Tab. 22.21). Die Geister spalten sich: „Retour à la nature"

oder moderne Technologie? Einig ist man sich, dass nur

mit grundlegenden Innovationen neue Wege gefunden

werden können, um eine nachhaltige Verbesserung der

heutigen Situation zu erreichen.

Das Unternehmen selbst muss sich mit Sicherheit in der

Zukunft nicht nur mit der Systematik der Qualitätsplanung

stärker auseinandersetzen, sondern auch in vielen Berei¬

chen die soziale Akzeptanz seiner Produkte stärker infolge

stellen. Qualitätsplanung, Umweltfragen und Qualität des

Unternehmens in den Augen der Gesellschaft rücken

näher zusammen.

Tab. 22.21: Kriterien für Technologie-Innovationen der Zukunft

(Weizsäcker 1992)

- Sauberkeit

- Energieproduktivität

- Rohstoffproduktivität

- Ökologische Flächennutzung

- Hohe Informationsintensität und Miniaturisierung

- Fehlerfreundlichkeit

- Eignung zur Heimarbeit

22.9 Literatur

Houtellier, fi./Corstm, D./l/ich, C.: Neue Atisät7e im Projekt¬

management der Produktentwicklung. Thexis, 3, 1997

Houtellier, K./Gossmann, 0.: Wie P&b-Frojekte flexihel ge¬

managt werden. Harvard Business Manager, 4, 1997

Boutellier, R/Völker, R.: Erfolg mit innovativen Produkten.CarlHanserVerlag,München,Wien1997F.versheim,W./Hochtler,W./IJiufenberg,L:SimultaneousEngi¬neering.Springer,Berlin1995Hauschiklt,I.:Innovationsmanagenient.FranzVahlenVerlag,München1997Juran,J.M.:JuranonPlanningforQuality.TheTreePress,NewYork19R8Patterson,M.L.:AcceleratingInnovation.VanNostrandRein-hold,NewYork1993Perrow,C:NormalAccidents:Livingwithhigh-risktechno¬logies.BasicBooks1984vonPierer,IL:WiekommtdasNeueindieWeltCarlIlanserVerlag,

München,Wien 1997

Reinertsen, D. G.: Managing the Design Factory. The Free

Press, New York 1997

Seghezzi, HD.: Integriertes Qualitätsmanagcmcnt. Carl Ilan¬

ser Verlag, München, Wien 199o

Stalk, G./limit, T.: Competing Against Time, the Free Press,

New York 1990

lebaul, L: La Dynamique Qualité. Les Editions d'Organisati¬

ons, Paris 1990

von Weizsäcker, E. £/..- Erdpolitik. Wissenschaftliche Buchge¬

sellschaft, Darmstadt 1992

Wheelwright, S. C./Clark, K. B.: Revolution der Produktent

Wicklung. Campus Verlag, Frankfurt 1994

26

Page 90: Management von umstrittenen Technologien

6 Kopien der Publikationen III

6.2 Identification of issues with controversial technologies

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2006): Identification of issues

with controversial technologies, in International Journal of Techno¬

logy Intelligence and Planning, 2, 3, 225-247.

Page 91: Management von umstrittenen Technologien
Page 92: Management von umstrittenen Technologien

Int. J, Technology Intelligence and Planning, Vol. 2, No. 3, 2006 225

Identification of issues with controversial

technologies

Roman Boutellier and Andreas Biedermann*

Department of Management, Technology, and Economics,

ETH Zurich, 8092 Zurich, Switzerland

E-mail: [email protected]

E-mail: [email protected]

Corresponding author

Abstract: Long-term and cumulative side-effects of technologies (e.g., health

effects) arc likely to become more relevant management issues in the future.

Social processes play an important role and companies are forced to deal with

such issues more intensively. Identification of such topics is the first and

most important step to managing issues. We have conducted interviews with

company representatives to understand the companies' perspective during these

early phases. The 42 cases are arranged around the European phase-out of

the use of lead-bearing solders in electronics manufacturing in 2006. We found

that the outside-in perspective is the main source of information about

upcoming issues. Sensing weak signals is the prevailing mechanism to become

aware of these topics. Even though hints about the necessity to phase out a

technology are known long before, customer push and strict regulatoryrequirements have been found to be the most important triggers for systematicactions by companies.

Keywords: controversial technologies; issue identification; lead-bearingsolders; technology management.

Reference to this paper should be made as follows: Boutellier, R. and

Biedermann, A. (2006) 'Identification of issues with controversial

technologies', Int. J. Technology Intelligence and Planning, Vol. 2, No. 3,

pp.225-247.

Biographical notes: Professor Dr. sc. math. Roman Boutellier is an OrdinaryProfessor for Technology and Innovation Management at the Department for

Management, Technology, and Economics (D-MTEC) at the Swiss Federal

Institute of Technology (ETH) in Zurich and Titular Professor at the Universityol St. Gallen (HSG). Professor Boutellier is a member of the board of directors

of several large-scale Swiss enterprises.

Andreas Biedermann is a Scientific Assistant at the Chair of Technologyand Innovation Management at ETH Zurich. His research focuses on the

management of controversial technologies.

Copyright © 2006 Indcrscicnce Enterprises Ltd.

Page 93: Management von umstrittenen Technologien

226 R. Boutellier and A. Biedermann

1 Introduction

OECD (2003) has identified five critical issues in tomorrow's global risk management.

Two of them are directly related to technological developments: (a) heightened mobilityand complexity and (b) increasing scale and concentration. These findings correspondwith the perception of Coates et al. (2001) that "our society is now completely reliant

on technology".All technologies that are incorporated in products or any other artefacts form part

of socio-technical systems. Path-dependence and lock-in effects cause socio-technical

systems to become very stable (Geels, 2004) or even more rigid (Leonard-Barton, 1992).In the invention phase, the performance-oriented discourse of a technology usually

prevails. After a certain period, indications of side-effects of a technology lead to

uncertainty and overall confusion about the acceptance of a technology. For example,

Maguire (2004) showed in the case of DDT, that the shift from the perception of a

technology as a 'solution' to the perception as a 'problem' can last for several decades

and is highly influenced by social mechanisms. Using the case of chlorine manufacturingwith mercury cell technology, Boutellier and Biedermann (2005) highlight the long-termcharacter of the substitution of a technology triggered by side-effects. The substitution of

elaborated, broadly introduced technologies becomes very costly and single companiesare often not able to initiate a change.

It is not only because of the pervasiveness of many technological systems that their

adverse effects have become more relevant: sensitivity and availability of analyticalinstruments and recording tools have increased slowly but steadily in the last decades.

Nowadays, they allow the detection of changes that were not recognisable before. For

example, Farrell (2005) shows that measurement instruments for ozone concentration

became broadly available after the 1970s. Tenner (1997) summarises this development in

terms of an 'amnesia' that has been vanquished allowing gradual processes to get more

attention within the past years, because they have become as 'real' and catastrophic as

sudden events (see also Ames and Gold, 1993). Further improvements of analytical tools

can be expected in the future.

The reaction of society to adverse effects can manifest in different ways, as for

example in regulations or boycotts; and the importance of social mechanisms and

psychological aspects that amplify or diminish rejection have been recognised and

investigated for decades (see for example, Slovic, 1987; MacGregor and Fleming,1996; Kuran and Sunstein, 1999; Adams, 2001; Kepplinger, 2001). Owing to societal

mechanisms of perception of adverse effects, scientifically undoubted and acceptedfacts are not a necessary precondition for a technology to become controversial, as

the examples of Alar, Acrylamid and Amalgam dental fillings show (Lieberman and

Kwon, 2004).

1.1 Big accidents and side-effects oftechnologies

Tn analogy to acute and chronic illnesses, there are two fundamental types of

technological issues that can be distinguished:

1 Discrete events, as for example, big chemical accidents, such as Seveso or Bhopal,that might happen with a certain probability and that can be prevented.

Page 94: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issuer with controversial technologies 227

2 Side-effects that might already have happened but which are not proven yet, as for

example, carcinogenicity of rubber tyres.

In the second-half of the 20th century, big accidents like nuclear power plant catastrophesor accidents at chemical production sites (e.g., Three Mile Tsland, Chernobyl, Seveso)demonstrated the risks that are associated with the application of technologies and the

supra-regional or even global consequences of such disasters. Improvements in the safetyof operations and thousands of small improvements in the design of plants have made

these big accidents nearly disappear at the brink of the new millennium (see Figure 1).

Figure 1 Number of people affected by technical disasters 1940-2005

500 -,

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s

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Bk>, »

a 5T! ^ ?00-0) «-

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1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000

Year

Source: Data from WHO (2006)

In contrast to technological catastrophes, unspectacular side-effects that cumulate

over time can be detected and understood only after a considerable time lag. Theyhave not lost any of their relevance today. As D'Agostino and Wilson (1993) and

Dyllick-Brenzinger (1992) illustrate in the case of health effects of asbestos, the

side-effects of technologies have already been known in the late 19th century. Other

examples are X-rays (Lambert, 2001) or the chemical Bisphenol A (Cook et ai, 1933).

Starting in the chemical industry, risk management practices to cope with these threats

have evolved significantly since the 1960s. Good manufacturing practices were

substantially improved since the Contergan case.

Despite all the mentioned highly sophisticated tools, recent examples like debates

about mobile communication or plasticisers for synthetics demonstrate the impossibilityto prevent or mitigate all fears and side-effects. While the risk of big accidents seem to be

more under control now than some decades ago, society still has not mastered

technological side-effects after more than one century of awareness about them. New

side-effects are likely to be discovered in the future.

7.2 Our understanding of controversial technologies

Controversial technologies are the main focus of the analysis. Our understanding of

technology for this research purpose follows the concept described by Grunwald (1999),which comprises the mastering of a goal-oriented activity and the resulting artefacts.

i

Page 95: Management von umstrittenen Technologien

228 R. Bouiellier and A. Biedermann

Grunwald stresses the fact that from the perspective of the philosophy of technology, a

classical technological artefact (e.g., a drilling machine) and a raised cattle are identical,

since they are both artefacts of goal-oriented human activities. There is no fundamental

distinction between a mechanical engineer and a breeder (Janich, 1996). From the

perspective of companies, a technology is an applicable solution-principle that requiressome investments in order to be mastered, be it a chemical substance, a sourced cultivar

of potato or a microchip.We call a technology 'controversial', as soon as assumptions about potential

adverse effects are being stated. Besides the classical scenarios of impacts on

human health (e.g., asbestos) and eco-systems (e.g., mercury as an environment

toxic), other mechanisms of impacts are of importance as well; for example,

technology-technology interaction (e.g., electromagnetic incompatibility or contact

corrosion), information-related effects (e.g., information abuse through a technology)or national security issues (e.g., non-proliferation of technology). The locations of impactcan be of different natures, such as humans, animals or other technological systems

(see Figure 2).

Figure 2 Relationship between controversial technology, adverse effects and affected groups

Controversial technology

Examples

(not conclusive)Lead-bearing solders,

PVC, asbestos

Adverse effect

Chemical, biological,

physical, mechanical,

physiological, social,

psychological

Affected groups

Workers,

users, customers,

bystanders, companies,eco systems, animals,

technical systems

1.3 Consequences for companies

The public will continue to abandon unwanted practices of companies (see Diamond,

2005). Controversial technologies can hurt a company in different ways:

• The confusion that results from controversies about a technology can have a

paralysing effect on the whole company, especially if the uncertainty is about

liability claims. Management resources are necessary to deal with the issue and

headlines about adverse effects can result in a substantial drop of stock prices

(Holliger-Hagmann, 2003).

• The resulting uncertainty hinders investments. On the one hand, customers may

distrust the controversial technology, since its future is uncertain. On the other hand,

the same customers hesitate to invest in new technologies, since they fear teethingtroubles and prefer learning from their competitors' mistakes.

• A technology is not easily phased out. Since a company is embedded in the

socio-technical system, long-term service liabilities or supplier contracts have

to be fulfilled. The technical substitution causes additional effort in R&D and

manufacturing downtime, as well as a drop in process yield, that has to be dealt with.

Page 96: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issues with controversial technologies 229

1.4 Structure of the paper

Though case studies, we describe different practices on how issues about technologicalside-effects were identified by companies and why they approached the issues

systematically. First, we present mechanisms found in literature that allow companies to

identify adverse technological issues. Second, the adopted research methodology is

described. Third, we present findings of the case studies. The paper concludes with

theoretical and managerial implications.

2 Approaches in literature to identify technological issues

The existing vast literature about the adverse effects of technologies focuses mainly on

the macroeconomic development of technologies. The perspective of a single company

has not been dealt with in-depth by literature. Students have been analysing the co-

evolution mechanisms between technological development and other characteristics in

the environment such as users, industry structure, policy institutions or science (Geels,

2004). On the level of a single organisation, Diamond (2005) states three awareness-

related reasons why issues are not solved by organisations:

1 failing to anticipate an emerging issue

2 failing to identify an emerged issue

3 failing to see the relevance of an issue.

We therefore advocate the view that identification and awareness of issues is of specialrelevance when dealing with controversial technologies. Adapted from Porter (1980), we

have found a first framework for analysis (see Figure 3).

Figure 3 Literature provides a first framework

(oSâtion) — Weak signals —

Regulators

(observation)

Weak signals

1

Companyand

Technology

<— Weak signals •

Customers

(observation)

Weak signals

New technologies(assessment and observation)

Source: Adapted from Porter (1980)

Page 97: Management von umstrittenen Technologien

230 R. Boutellier and A. Biedermann

2.1 Issue identification research

Scholars and practitioners see early detection of issues as a key success factor for issue

handling (Roper and Toledano, 2005; Rutsch, 2003). Organisations face different

challenges when trying to identify issues: Companies do not know how the issues look

like, how they manifest themselves and whether they exist at all (Liebl, 2000; Day and

Schoemaker, 2005). In addition, many potential issues exist, but only a few of them

become relevant to a company (Liebl, 2000).

Hoffmeister and Kuhn (2005) showed that multinational companies, such as

DaimlerChrysler or Bertelsmann, involve a large number of experts to scan the

environment for emerging issues. Röttger (2001a) showed that less than 10% of Swiss

companies have implemented issues management in their organisation. The survival

of the other 92% of the companies indicates that other mechanisms exist that

allow companies to successfully cope with technological issues. Owing to its orientation

towards public stakeholders, scholars propose issues management to be practised by

public relations departments (Regester and Larkin, 2003; Heath and Cousino, 1990;

Chase, 1984).Scholars in issues management distinguish between two basic perspectives for

issue identification (Schulz, 2001): The inside-out perspective concentrates on specificactivities of a company that might trigger an issue. Investigation of possible health threats

of a new product is an example of this approach. The outside-in perspective starts by

scanning the environment for changes in the environment that might affect the company.

Their relevance to the company has to be assessed (Figure 4). An example is the

emerging general ban of a technology, whereas the company is not sure about the

consequences to its own business.

Figure 4 Inside-oul and outside-in perspective

Inside-out perspective

Environment I Company

I f->

Possible Issue 1

Possible Issue 2

Possible Issue 3 | .--- Existing products

What issues might be triggeredby our activities?

Outside-in perspective

Appliedtechnologies

; New products

Company

Appliedtechnologies

New products

Existing products

What issues might be triggered

by trends in the environment?

Source: Adapted from Liebl (2000)

We have identified six main approaches that each contribute to the identification of

technological issues by companies. We have classified them according to the two

perspectives (see Table 1) and will describe them in the following paragraphs:

Page 98: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issues with controversial technologies 231

Table 1 Approaches to identifying issues of controversial technologies

Approach References

Insidc-out perspective

Technology assessment in Grienitz,, 2005; Bröchler, 1999; Pelermann, 1999; Collingridge,

technology development 1980; Braun and Wield, 1994

Product assessment in new Heckman, 2005; Aemi, 2004; Quint, 1998; Minx and Meyer,

product development 1999; Becker, 1999

Product monitoring during Holligcr-Hagmann, 2003

product use

Outside-in perspective

Regulation monitoring Mcnc7.cs and Antuntcs, 2005; Segerson, J 992; DIN, 2005b

Stakeholder dialogue Porter et al., 1991 ; Bridges and Nelson, 2000; Garriga and

Mele, 2004

Sensing weak signals Ansoff, 1975; Liebl, 1991; Bca and Haas, 1995; Rottger, 2001b

2.2 Technology assessment in technology development

Technology assessment includes the appraisal of broader impacts of technologies and is

mainly driven by governmental institutions (Bröchler, 1999). It focuses typically on

adverse effects (Grienitz, 2005). While technology assessment originated in the late

1960s, when social aspects of technologies found their way into the political agenda

(Petermann, 1999), the relationship between social and technological dimensions of

technology development is nowadays addressed more intensively (Hartmann, 1999).

Inability to anticipate all the side-effects of a technology in the early development stagesand the big effort to mitigate the side-effects in later stages (Braun and Wield, 1994;

Collingridge, 1980) lead to today's approaches of influencing the evolution of

technologies in their early stages (see for example, Sundermann, 1999).The connection between forecasting and assessment of technologies has only

been dealt with in a marginal way by literature (Lang, 1998). In contrast to the

recommendations of Eversheim et al. (2003), technology assessment is not widely used

by companies. Grienitz (2005) calls its application as practically irrelevant for the

corporate technology planning, since companies want to avoid mental barriers that result

from dealing with potential adverse effects. Owing to the complexity of technologyassessment, no standard methodology exists (Specht et al., 2002) and private companiesface difficulties in implementing it. The results are controversial at best.

2.3 Product assessment in new product development

Most markets are regulated in terms of mandatory approvals for the market introduction

of products or services (see for example, Heckman, 2005; Aerni, 2004). Similarly, new

plants or processes usually require an operating approval by authorities. Therefore, most

companies are obliged to focus on the conformity with certain regulations nowadays and

product assessment with regard to regulatory compliance is usually well-integrated in the

new product development processes.

Page 99: Management von umstrittenen Technologien

232 R. Boutellier and A. Biedermann

Historically, most product assessment focused on the health effects of chemicals and

therefore, the chemical industry has developed sophisticated assessment methods

(Quint, 1998; Pittinger el ai. 1998). Additional types of effects are of relevance

(e.g., radiation, mechanical impacts), which force other industries to conduct standard

product assessment, as well.

According to Minx and Meyer (1999), a standard procedure for an overall productassessment that takes into account all potential impacts is not available. With special

regard to environmental and health-related effects of products, Life Cycle Assessment

(LCA) methodology of products has been elaborated (see ISO 14040: DIN, 2005a).

LCA mainly focuses on flow of materials and energy. As Beitz et al. (2003) found duringa survey, understandings of LCAs diverge widely and the need for quantified inputsresults in methodological difficulties. As Becker (1999) illustrates, enhancement of the

LCA by additional social and economical dimensions results in even more complex and

demanding tasks.

2.4 Product monitoring during product use

The inability to predict all side-effects together with the enormous financial

consequences that might result pose major risks to companies. For example, product

liability is perceived as major risk by pharmaceutical companies (Shimpi, 1999).

Nowadays, global application of most products has to be expected, even if they are

sold only locally. Therefore, many different modes of application and regimes of

liability-law have to be taken into account. Potential side-effects might occur in specific

application areas, the product was not primarily intended for (Holligcr-Hagmann, 2003).

Product monitoring for signals of adverse effects is mandatory and in some cases is a

legal duty even. Since the products are often integrated in different final products that

are sold by multiple distributors, monitoring one's own products becomes demanding.Dealers, as well as manufacturers of the final products, have to be involved actively

(Holliger-Hagmann, 2003).

Users' expectation of safety is central to product liability, since missing the expectedlevel of safety typically triggers product liability issues. Safety expectations can changeover time, and have to be monitored as well. Nuclear power stations stalled in the

USA not because of technical difficulties, but because safety became a moving target

(Pool, 1997).

2.5 Regulation monitoring

Regulation monitoring comprises the activities that allow companies to keep up-to-datewith the legislative process. Literature distinguishes different reasons why technological

development has to be constricted (see for example, Braun and Wield, 1994). In the

course of the agreement on Technical Barriers to Trade, the World Trade Organization(WTO, 2005) mentions seven main objectives of technological regulation (see Table 2).

As Menezes and Antuntes (2005) found by analysing data of international chemistry

regulation notifications, about 75% of all notifications focused on the prevention of

side-effects. Besides governmental regulations, other restrictions also exist, such as

consumer labels, self-restrictions of industries, industry standards or restrictions from the

parent company.

Page 100: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issues with controversial technologies 233

Table 2 Objectives to regulate technologies

Focus on adverse effects: Focus on positive effects:protection and prevention enabling and ensuring

Protection of human safety or health Quality securing

Protection of animal and plant life or health Technical harmonisation

Protection of the environment Trade facilitation

Prevention of deceptive practices

Source: Adapted from WTO (2005)

Regulation monitoring is being practised in most companies and it is usually integrated in

quality and environmental management systems. The certification criteria of management

systems usually only require compliance with current regulation but do not include any

forecasting of regulations (see for example, DIN, 2000; 2005a). As Segerson (1992)

states, the uncertainty that results from potential future regulations is considerable,

especially in the field of environmental regulation. Therefore, companies face two basic

challenges; firstly, the future regulations are not predictable in detail {e.g., scope, safetyfactors); and secondly, even the consequences of decided regulations are not foreseeable

(e.g., technical problems, ecological consequences).

Companies may move to different regulatory requirements, as well. The most

common example is the introduction of products into new markets with other

regulations. A more hidden mechanism can result in substantial changes in the

regulatory environment. Especially in the chemical industry, requirements for assessment

of substances depend on the volume of the yearly production (Koch and Ashford, 2006).

Therefore, an increase in the yearly production results in stricter regulatory requirements.

2.6 Stakeholder dialogue

The interdependence of companies and their environment is widely accepted. As

Dyllick-Brenzinger (1992) showed by analysing the developments at the German Eternit

AG, when confronted with adverse health effects of asbestos, the management of external

relations is crucial for companies. Bridges and Nelson (2000) emphasise the necessity of

a proactive involvement of stakeholders in the management of issues 'before theybecome issues-oriented publics', since today's issues are typically of a prevailing social

character. Stakeholder dialogue aims to integrate social groups with a stake in the firm to

enhance the acceptance of managerial decisions (Porter et al., 1991). Influenced by the

increasing pressure of social groups that demand what they call responsible corporate

practices, companies are establishing dialogues with a wide spectrum of stakeholders

(Garriga and Mele, 2004). To ease the analysis, stakeholders are usually arranged in

different groups, but the grouping varies in a wide range (see for example, Figure 5).

Page 101: Management von umstrittenen Technologien

234 R. Boutellier and A. Biedermann

Figure 5 Possible grouping of stakeholders

Internal Stakeholders Management

Shareholders

~\~ V-Employees

Credit Capital \

Providers ;

External Stakeholders V^

'*«.. Suppliers

Company Society'

'\State

Customers

Source: Adapted Irom Achleitner (1985)

2.7 Sensing weak signals

Early identification is based on Ansoff s (1975) concept of weak signals, which is based

upon the assumption that issues evolve over time (Liebl, 1991). To illustrate these effects,

Figure 6 shows how the number of scientific articles about lead-free soldering in

electronics manufacturing has grown since the early 1990s.

Figure <î Number of articles about lead-free soldering in electronics manufacturing

European directive passed to

phase-out lead in electronics

US lead ban

proposed

Japanese companies declare

phase-out strategy

1992

Source: Own data

Weak signals have to be arranged in order to recognise patterns (Bea and Haas, 1995);heuristics are applied. Sticking too heavily on such schemes may result in overlooking

emerging issues because of blind spots (Röttger, 2001a). Literature provides many

different possibilities to segment the environment to ease scanning. They usually stay on

a very abstract level (Remmen, 1995; Röttger, 2001b).

3 Research methodology

3.1 Research goal and design

After having examined different approaches from literature on how companies might

identify issues with controversial technologies, we conducted an empirical research to

integrate the practitioners' view on the relevant mechanisms. We gained understandingof how issues with controversial technologies are identified by, and promoted in,

Page 102: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issues with controversial technologies 235

organisations. Given that the focus of our research is primarily on 'how' the identification

happens and that no concluding categorisation exists, semi-structured interviews with

company representatives were chosen. The interviewees were managers that are involved

in the company's handling of the specific technological issue. These interviews are the

primary source of information. External experts and other sources of information, such as

articles in the media and previous research, were considered to clarify some aspects.

3.2 Dimensions ofanalysis

We apply the concept of 'issues' as a legitimacy gap between an organisation's behaviour

and its expectations of its publics (Sethi, 1979; Post, 1982; Bridges, 2004). We consider

technological issues that are triggered because of adverse effects. The legitimacy gap is a

rejection of a specific technology that is being applied by the company. To identify such

a gap, companies need to identify the emerging external rejection and their own

application of a technology.For new issues, a common phrasing or understanding inside a company does not

exist. Therefore, issues have to be promoted and framed internally, which is often done

by middle management (Dutton, 1992). Whether the issue gets on the strategic agenda of

a company or not heavily depends on the influence of the issue promoter, the competingissues and the perceived relevance (Liebl, 2000). Other scholars note take-off pointswhen issues gain momentum (e.g., Gladwell, 2001; Molitor, 1977). We therefore

investigated how the technological issues were put on the management agendas as a third

management task. We translated the three management tasks into five dimensions of

analysis (see Table 3).

Table 3 Structure of the cases

Dimension of analysis

Sources of early information about the controversy

How early information diffused into the organisation

Awareness of own application of the technology

Triggers for systematic actions

Internal advocates ol the issue

3.3 Selection of cases

The selection criteria for our cases were twofold: The technology must have become

controversial because of the side-effects and we are interested in technologies that the

companies are dependent on. Therefore, the considered technology must already have

been introduced in the market. A total of 42 cases were selected. As our interviews

showed, companies willing to talk about their controversial technologies were hard to

find. Confidentiality reasons and unwillingness of companies to be associated with some

of these technologies do not allow us to disclose the participants.

Management tasks

Identify the issue

Recognise the relevance of the issue

Put the issue on the management

agendas

Page 103: Management von umstrittenen Technologien

236 R. Boutellier and A. Biedermann

To ensure up-to-dateness of the cases, the main cluster of interviews is located around

the technology of lead-bearing solders: They have been used as the dominant soldering

technology in electronics manufacturing since the very beginning of the industry. Most

of the companies were affected in different ways by the European ban of these solders

in electronics, enforced in mid-2006. Fundamental changes in the supply chain, the

production process or in the logistics were the consequences. A special emphasis was put

on the manufacturers of electronic modules and end products.In order to achieve a first validation of our findings, we conducted eight interviews

with companies from other industries and focused on other technologies (see Table 4).The companies are located in Switzerland or Germany. The size of the interviewed

companies varies from a dozen to several thousand employees, which reflects the

heterogeneous industry structure.

Table 4 Distribution of the 42 case studies

Main case: lead-bearing solders in electronics manufacturing

Manufacturing Raw material and Electronic End Other

equipment components modules products Distribution cases

3 5 11 11 4 8

4 Findings from the case studies

Five dimensions have turned out to describe the situations (see also Table 3):

• early information about the controversy

• how early information diffuse into the organisation

• awareness of own application of the technology

• triggers for systematic actions

• internal issue promoters.

4.1 Early information about the controversy

We have found different sources of weak signals of emerging controversies. In the case

of the lead-bearing solders, the dominating sources were published intentions of the

regulators to ban the use of lead-bearing solders. Most interviewees indicated regulatorsas the main source of early information (see Figure 7).

Besides the direct information from regulators, industry organisations often acted

as early detection agencies for their member companies. The foundation of a new

subdivision in an industry organisation has been triggered by the controversy about

lead-bearing solders and several companies have newly joined industry organisations in

order to be better prepared in similar cases.

Page 104: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issues with controversial technologies

Figure 7 Origins of early information about the controversy

237

Others

Lead-bearing solders

Daily business relations

ir1

(f>C

£• O

ZJ

ca

O)

o

a> a

el

Besides these two main sources, the existing daily business relations were sources of

early signals for some companies: Customer enquiries about the use of a technology,

phase-out of products by suppliers or offers from technology suppliers.Scientific studies about potential adverse effects were not mentioned in the case of

lead-bearing solders. Two cases, for which this information was of relevance, were both

in the nutrition industry: In the first case, there were no specific research results, only

weakly related research activities by institutions that triggered the worries. In the other

case, new scientific results showed the possibility of contamination of products caused by

vestiges in the production equipment:

"The increased sensitivity of the measurement methods showed us that our

production equipment was likely to be contaminated with a substance we

used for a limited number of products. Before, we were convinced to have no

cross-contamination between our products."

We have found another case in the nutrition industry where there was no earlyinformation before research detected a known toxic substance in some productsthat nobody had thought about before. The substance had formed during the

production process.

4,2 How early information diffuse into the organisation

We have identified different channels through which the companies got their first

information about the controversy of a technology. Most early information was identified

by Quality, Safety, Environment and Health (QSEH) departments. Whereas roughlyhalf of our sample reported clear channels of diffusion, other interviewees described the

diffused entrance of information through several channels (see Figure 8).

Page 105: Management von umstrittenen Technologien

238 R. BouleUier and A. Biedermann

Figure 8 Major channels through which information about the controversy first enters

the organisation

20 i

tu

2 10

D Others

Lead-bearing solders

to

njx:üi_

D

0-

to E£L O

O

Research projects with government agencies were mentioned as good sources for

early signals:

"Thanks to our global network and our participation in governmental research

projects, we already have learned about the trend to phase-out lead-bearingsolders in the 1990s."

Marketing, sales and purchasing departments were typically of relevance when customers

or suppliers tried to clarify the current application of a technology. Subsidiaries of

multinational companies often profit from their network and corporate technology

intelligence activities.

4.3 Awareness ofown application ofthe technology

The application of certain technologies is obvious for management, but many

technologies are hidden (Economist, 2004). Owing to the increased specialisation on very

narrow segments of the value chain, companies typically lack the knowledge about their

own application of some technologies (see for example, the case of Fujitsu described byOzaki and Yamagishi (2005)).

The interviews showed different reasons that lead to the awareness or ignorance about

the application of a technology before it becomes actually controversial (see Tabic 5).

Page 106: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issues with controversial technologies 239

Table 5 Mechanisms Lhal influence the awareness of a controversial technology

Company is aware of the technology if it is.

visible lo the customer.

part of the marketing and sales process.

consciously applied.

part of the financial and operational planning.

subject to existing regulation.

subject to purchasing agreements.

The technology gets hidden if it.

.is a standard technology.

.is applied unconsciously.

.is seen as a 'black box' system.

. just works.

Aware of likely application of the technology, most companies did not know their exact

connection to controversial technologies and how they were reliant on them. Clarification

needed dedicated resources. Therefore, companies usually had no detailed knowledgeabout their connection to lead-bearing soldering technology before they tackled the issue

systematically. In all cases, internal experts knew about the application of controversial

technology long before the controversy emerged. Most cases differed in the

dissemination of knowledge in terms of whether the application of the technologyhas been commonly known and accepted or whether it has mainly been viewed as a

technical detail.

Table 6 Knowledge about own application of the controversial technology

Well-known beforecontroversy

Lead-bearing solders

Others

14 cases

6 cases

Known to internal experts

before controversy

Not known beforethe controversy

21 cases

1 case

4,4 Triggers for systematic actions

Issues need promoters in order to be put on the management agendas. In accordance to

the findings of other scholars, information about an emerging controversy at first did not

trigger systematic activities in the companies. As two interviewees put it:

"Wc have known the issue since several years, but did not consider it as

relevant for our situation."

"Suppliers contacted us already in 2003 about the topic, but we started lo deal

with the issue systematically not until 2005."

Asking the interviewees for the reasons why the companies actually started systematicactions, most of them mentioned anticipated regulations for lead-bearing electronics. For

some companies, aspects such as customer inquiries or concerns about supply availabilitytriggered systematic actions:

"Years before, our corporate research department has informed us about the

issue again and again. We only started to tackle the issue after customer

enquiries for lcad-frcc products had arrived."

Page 107: Management von umstrittenen Technologien

240 K. Boutellier and A. Biedermann

Concerns about public acceptance triggered actions only in a few cases. Competitivestrategy or anticipated, socially amplified fears were the reasons behind these decisions

(see Figure 9). Companies follow a pragmatic approach in substituting controversial lead

soldering technology. Proactive approach could not be found.

Figure 9 Triggers lor systematic actions about the controversy

Others

Lead-bearing solders

11Eo

0) >ï ^=

Q. CO

CT 3m

CO

to

1-_^^,

-"- „_>

Triggers from outside the Ongoing business relations

value chain inside value chain

4.5 Internal promoters

Since early information was often collected in quality, safety, environmental and

health departments, most internal issue promoters were members of these departments(see Figure 10). In nearly as many cases, the managing directors advocated the issue

internally. The Chief Executive Officer attended the issue if:

1 it was perceived as a company-wide crisis situation with high time pressure

2 it was part of an ordinary investment planning process

3 there was no dedicated department that could take responsibility.

Marketing and sales departments usually advocated substitution when the decision to

systematically approach new technology was triggered by early inquiries of keycustomers or a positive competitive effect was to be expected. Purchasing departments

typically became active when supply availability was in question.

30 -,

S 20 -

cflCDO

*o

i io -

z

1: ff

Anticipated regulation Anticipated public rejection

Page 108: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issues with controversial technologies 241

Figure 10 Internal promoters of systematic actions about the controversy

Ü Others

Lead-bearing solders

Note: *Quality, safety, environment and health

5 Conclusion and implications

Our research reveals three implications for the management of controversial

technologies:

1 Outside-in perspective is the main source of information: customer push has the

biggest impact.

2 Communication along value chain and early systematic approaches

speed up substitution.

3 Central collection of hints about controversies is useful to identify emerging patterns.

5.1 Outside-in perspective is the main source of information

Categorising the identification of the issues according to the approaches from literature

shows that only three of the proposed approaches actually lead to the identification of

the issues: Sensing the weak signals, regulation monitoring and technology assessment.

The outside-in perspective was prevailing (see Figure 11), which means that identified

trends in the environment (e.g., customer inquiries) triggered the companies' concerns

about a technology.

Sensing weak signals was the prevailing mechanism that led to sense-making in the

organisations. Often, interviewees were not able to recall exactly how the pattern was

recognised, but they agreed that there were many different signals that arose from

the environment and formed an overall picture of the issue after some time. These

signals were often collected by one employee who promoted the issue internally. Six

interviewees explicitly mentioned their activities to monitor the regulatory environment

Page 109: Management von umstrittenen Technologien

242 R. Boutcllier and A. Biedermann

as a source for their awareness about the risks. In three companies where the issue

was identified during a technology assessment, production process technologies were

under pressure and therefore, top management had to make a technology choice,

investment sums were substantial and the planning horizon was ten years and longer. No

company identified lead-bearing solders as a controversial technology by applying an

inside-out perspective.

Figure 11 Mechanisms by which companies get aware of controversial technologies

40

30 -

20

10

D Others

Lead-bearing solders

Inside-out perspective Outside-in perspective

The inside-out perspective at the level of product assessment or monitoring was not

mentioned to be of relevance in these cases. We see two main reasons: Firstly, most

adverse effects were of creeping nature and could not be assigned to a single product and

secondly, the only three cases where the inside-out perspective was of any relevance

focused on process technologies, thus no single product was involved. Stakeholder

dialogue was not of relevance in any cases. Our assumption is that stakeholder dialoguewas not considered to be important either because companies did not want the issue

to gain additional impetus or because they did not consider stakeholders other than

regulators and customers powerful enough to cause damage.

5.2 Central collection ofhints about controversies is needed to identify patterns

Companies identify and assess controversial technologies in very different ways.

Information diffuses into the company through many different channels. We partiallyexplain the prevalence of the regulators as sources for weak signals owing to the

clustering of the case studies around regulation-related cases. Besides this, there seems to

be no preferred channel.

Page 110: Management von umstrittenen Technologien

Identification of issues with controversial technologies 243

The prevalence of weak signals as a detection principle (see Figure 11) comparedwith the many channels through which the signals enter the company (see Figure 8),

shows the necessity of a central network that discusses weak signals about the adverse

effects of technologies in order to recognise patterns. In most companies, quality, safety,environment and health departments are sensitive sensors.

5.3 Foster early systematic approaches and communication along value chain

Companies usually do not know exactly how reliant Ihey are on one specific technologyand what it takes to substitute it, especially in cases of hidden technologies (see

Table 5). Judgement is a demanding task and needs dedicated resources. Clarification

was often the first step after companies had started to systematically approach the issue.

Therefore, detailed information about the importance of the issue was not available

during decision-making for a systematic approach. To improve decision-making,

management has to introduce systematic approaches on a continuous basis.

As the cases of lead-bearing solders show, rejection of technology is often done

after market introduction of end products. Monitoring adverse affects of a technology

means, therefore, monitoring the final application of the own products in all markets.

This comprises the discourse about the technology in these markets and therefore

can only be done in collaboration with the manufacturers of the end products.

Considering the importance of information from the value chain to trigger systematicactions (see Figure 9), together with the importance of weak signals, shows the necessityof communication about technological issues along the value chain. Since companies

rely on the availability of suitable supply, they should communicate technological issues

to their suppliers in order to create a bottom line relevance: Today's communication

about emerging technological issues along the value chain seems to be dominated byworries about business confidentiality and the fear of loss of customer faith. Companieshave to foster communication about such topics towards their customers as well as

their suppliers.

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Page 115: Management von umstrittenen Technologien
Page 116: Management von umstrittenen Technologien

(i Kopien der Publikationen IV

6.3 Wie Technologien unter Beschuss geraten

Biedermann, A. und Boutellier, R. (Forthcoming): Wie Technologienunter Beschuss geraten, in Die Unternehmung.

Page 117: Management von umstrittenen Technologien
Page 118: Management von umstrittenen Technologien

Wie Technologien unter Beschuss geraten

Vier Motivationstypen zum Phase-Out einer Technologie

Prof. Dr. Roman BouteUier

Dipl. Ing. ETHAndreas Biedermann

Technologiemanagement, strategische Umfeldanalyse, technologisches Risiko,

Risikomanagement, technologischer Phase-Out, Issues Management, Wertschöpfungskette

Immer wieder beanstandet die Öffentlichkeit umstrittene Technologien wie Mobilfunk fur

Handys, Weichmacher für Kunststoffe oder bleihaltige Elektronikgeräte und erreicht teilweise

Verbote. Technologisierung der Gesellschaft und präzisere Analysemethoden führen zu neuen

Zweifeln an Technologien. Wir betrachten den Druck, welcher aus dem Umfeld auf eine

Firma wirkt, sobald eine Technologie unter Beschuss kommt und präsentieren einen

Analyserahmen. Basierend auf Einzelinterviews in 42 Unternehmen und Literaturrecherchen

haben wir vier Motivationen für den Phase-Out solcher Technologien identifiziert:

Firmeneigene Zweifel an der Technologie, gesellschaftlicher Druck, Nachfrageeinbruch und

Beschaffungsprobleme.

The public will continue to complain about technologies such as radio communication for cell

phones, softeners for plastics or electronic devices containing lead due to feared side-effects.

Technologization of society and more precise methods for analysis result in new doubts about

technologies. We focus on the external pressure, which affects a company as soon as a

technology becomes controversial. Subsequently, we present a framework for analysis. Based

on single interviews in 42 enterprises and literature review we identified four motivations for

the phase-out of such technologies: Own doubts about the technology, social pressure, break-

in of demand and supply problems.

Prof. Dr. sc. math. Roman BouteUier ist Professor für Technologie- und

Innovationsmanagement am Departement an der Eidgenössischen Technischen Hochschule

(ETH) in Zürich und Titularprofessor an der Universität St. Gallen. Herr BouteUier verfügtüber langjährige Führungserfahrung in der Industrie und ist Mitglied der Verwaltungsrätemehrerer Schweizer Grossunternehmen.

Dipl. Ing. ETH Andreas Biedermann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für

Technologie- und Innovationsmanagement der Eidgenössischen Technischen Hochschule

(ETH) in Zürich. Sein Forschungsschwerpunkt ist der Umgang der Unternehmen mit

umstrittenen Technologien.

Kontakt: Andreas Biedermann; Departement Management, Technologie und Ökonomie; ETHZürich, CH-8092 Zürich, E-mail: [email protected]; Tel: +41 79 616 26

57.

Page 119: Management von umstrittenen Technologien

Wie Technologien unter Beschuss geraten

Vier Motivationstypen zum Phase-Out einer Technologie

Technologiemanagement, strategische Umfeldanalyse, technologisches Risiko,

Risikomanagement, technologisches Phase-Out, Tssues Management, Wertschöpfungskette

Immer wieder beanstandet die Öffentlichkeit umstrittene Technologien wie Mobilfunk für

Handys, Weichmacher für Kunststoffe oder bleihaltige Elektronikgeräte und erreicht teilweise

Verbote. Technologisiemng der Gesellschaft und präzisere Analysemethoden führen zu neuen

Zweifeln an Technologien. Wir betrachten den Druck, welcher aus dem Umfeld auf eine

Firma wirkt, sobald eine Technologie unter Beschuss kommt und präsentieren einen

Analyserahmen. Basierend auf Einzelinterviews in 42 Unternehmen und Literaturrecherchen

haben wir vier Motivationen für den Phase-Out solcher Technologien identifiziert:

Firmeneigene Zweifel an der Technologie, gesellschaftlicher Druck, Nachfrageeinbruch und

Beschaffungsprobleme.

The public will continue to complain about technologies such as radio communication for cell

phones, softeners for plastics or electronic devices containing lead due to feared side-effects.

Technologization of society and more precise methods for analysis result in new doubts about

technologies. We focus on the external pressure, which affects a company as soon as a

technology becomes controversial. Subsequently, we present a framework for analysis. Based

on single interviews in 42 enterprises and literature review we identified four motivations for

the phase-out of such technologies: Own doubts about the technology, social pressure, break-

in of demand and supply problems.

Page 120: Management von umstrittenen Technologien

3

1 Einleitung und Problemstellung

Viele Lehrbücher vertreten die Meinung, dass ein Technologiewechscl durch eine neu

entwickelte Technologie mit besserer Leistungsfähigkeit ausgelöst wird {Smith 1996, 22.1).Neben der technologischen Leistungsfähigkeit sind aber weitere Faktoren relevant und seit

mehr als zwei Jahrzehnten befassen sich Tnnovationsforscher, Soziologen, Historiker und

Ökonomen intensiv mit systemischen Aspekten der Diffusion neuer und dem Lock-In alter

Technologien. Sie fanden, dass gesellschaftliche und strukturelle Faktoren einen

Technologiewechscl massgeblich beeinflussen und nicht zwingend eine neu entwickelte,

leistungsfähigere Substitutionstechnologie vorhanden sein muss {David 1985, Millstone 1994,

Christensen 1997, Unruh 2000, Perkins 2003, Geels 2004). Einer dieser Faktoren ist der

Umstand, dass eine Technologie aufgrund von Nebeneffekten unter Beschuss geraten kann.

Die Art, wie sich der Druck, eine solche Technologie nicht mehr einzusetzen auf

Unternehmen auswirkt, ist Gegenstand dieses Beitrages.

1.1 Kritischer Umgang mit Technologien seit Mitte des zwanzigstenJahrhunderts

Nebeneffekte einer Technologie können einen frühzeitigen Phase-Out erzwingen. In der

zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts haben durch Technologien hervorgerufeneUmwelt- und Gesundheitsprobleme mehrmals zu öffentlicher Empörung geführt

{Anastas/Warner 2000) und bereits Beck (1986) weist auf Modernisierungsrisiken hin, welche

heutzutage über nationale und soziale Grenzen hinweg relevant werden und nun nicht mehr

isoliert betrachtet werden können. Auch die OECD (2003) betrachtet die zunehmende

Technologisierung der Umwelt als Quelle neuer Risiken oder Samwel (1999) hebt

exemplarisch hervor, dass im menschlichen Körper sehr viele künstliche Stoffe nachgewiesenwerden können. Grunwald (1999, 189-190) weist darauf hin, dass anthropogene

Umweltveränderungen zur Entstehung globaler Schreckensszenarien geführt haben. Die von

Perrow (1992) angeführte Verstärkung von Komplexität und Kopplung moderner technischer

Systeme ist sicher ein Grund für diese Entwicklung. Viele Befürchtungen beziehen sich auf

gesundheitliche oder umweltbezogene Risiken; daneben können aber auch andere

Schadensfolgen wie Informationsunsicherheit oder finanzielle Risiken analoge Befürchtungenauslösen. Lang (1998) weist darauf hin, dass die Literatur die Verbindung zwischen

Technologievorausschau und Technikfolgenabschätzung nur sehr beschränkt behandelt und

auch Grienitz (2005) bezeichnet die Anwendung von Technikfolgenabschätzung in der

Industrie als verschwindend klein. Specht et al. (2002, 89-90) machen dafür das Fehlen einer

entsprechenden Standardmethodik mitverantwortlich.

1.2 Auch heute noch Grund zur Besorgnis

Pool (1997, 279ff) konstatiert eine zunehmend technikfeindliche Gesellschaft, obwohl

Technologie wesentlich zum Wohlstand beiträgt, Kepplinger (1989, 153-154) sieht die

wachsende Selbstverständlichkeit der Technologie als Ursache hierfür und Zwick und Renn

(1997, 16-20) zeigen, dass die Einstellung der Öffentlichkeit zu Technologien im letzten

halben Jahrhundert ambivalent geworden ist. Empirische Studien belegen, dass seit den

1980er Jahren auch Ingenieure vermehrt die mit Technologien verbundenen Risiken

betrachten {Senghaas-Knobloch/Müller 1999, 98-99). Boutellier et al. (2000, 12-14) fassen

diesen Trend als sinkende Technologieakzeptanz in den westlichen Gesellschaften zusammen

(vgl. auch Wolfrum 1994, 178-179) und Haller (1999, 75-95) konstatiert ein zunehmendes

öffentliches Bewusstsein von negativen Konsequenzen des Technologiecinsatzes seit Ende

des zwanzigsten Jahrhunderts. Zweifel gegenüber neuen Technologien haben eine lange

Page 121: Management von umstrittenen Technologien

4

Tradition (von Gleich 1999, 288-289). Die Diskussionen über Nebenwirkungen erfolgreich

eingeführter Technologien jedoch sind erst seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts

angestiegen und schlugen sich in staatlichen Regulationen nieder. Die Beispiele in Tabelle l

zeigen, dass solche Auseinandersetzungen keinesfalls der Vergangenheit angehören. Das

Technology Assessment stellt zur Abschätzung negativer Auswirkungen und stellt eine

Vielzahl an Methoden zur Verfügung.

Schleichende Probleme Ereignisorientierte Probleme

20. Jh. Asbestbedingte Krankheiten 1961 Contergan (Thalidomid)

Aktuell Allergieauslösende Substanzen 1984 Chemieunfall in Bhopal

Aktuell Brennstoffe und Klimaerwätmung 1986 Reaktorunglück in Tschernobyl

Aktuell Mobilfunk für Handys 2001 Explosion in Toulouse

Tabelle 1: Beispiele von schleichenden und ereignisorientierten technologiebedingten Problemen

1.3 Auswirkungen auf die Unternehmen

Mertz et al. (1998) zeigen, dass Management, Experten und die Öffentlichkeit

Technologierisiken unterschiedlich wahrnehmen. Viele dieser Risiken manifestieren sich erst

nach Jahren und können Unternehmen überraschen. Die entstehende Verwirrung um solche

Risiken kann eine Firma lähmen, indem sie Managementkapazität bindet (Holliger-Hagmann2003, 8) und Investitionen hemmt. Spühler (2001, 7-8) erwähnt in diesem Zusammenhang,dass die Folgen des heutigen Handelns und die daraus resultierenden Verpflichtungen damit

schwieriger abschätzbar werden. So stoppte beispielsweise 3M die Herstellung einer

Produktlinie, da neue wissenschaftliche Analysemethoden einen Nebeneffekt vermuten

Messen. Die Kosten wurden auf rund 200 Mio. US$ beziffert, und dies, obwohl keine

Anzeichen für eine tatsächliche Schädigung vorlagen {Wood/Clarin 2000). Schon rein die

Kosten technologischer Anpassungen an Regulationen können erheblich sein, wie Gerard und

Lave (2005) am Beispiel der US-Emissionsgrenzwerte für Automobile aufzeigen.

1.4 Struktur des Artikels

Unternehmen müssen die Konsequenzen solcher Kontroversen systematisch einschätzen, um

sich angemessen vorzubereiten. Wir entwickeln und validieren einen Analyserahmen, der dies

unterstützt, wobei die Multidisziplinarität der Herleitung die Komplexität der Fragestellungwiderspiegelt. Im folgenden Abschnitt geben wir einen Überblick über die bestehenden

Ansätze aus der Literatur. Im Anschluss leiten wir den Analyserahmen zur weiteren

Untersuchung her und präsentieren die Ergebnisse aus der Befragung. Wir schliessen unseren

Artikel mit Implikationen für das Management ab.

2 Ansätze zur Analyse des Druckes zum Phase-Out einer

Technologie

Die Managementliteratur erwähnt die Auseinandersetzung mit negativen Auswirkungen von

Technologien meistens im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer Technologien (Porteret al. 1991, 341, Eversheim et al 2003). Demgegenüber findet man die kontinuierliche

Überwachung bestehender Technologien unter dem Gesichtspunkt aufkommender Zweifel

vor allem in Regulationen und Normen. Wir haben drei Disziplinen identifiziert, welche dem

Management erlauben, die Vorgänge bei umstrittenen Technologien zu verstehen: Issue-

Analyse, Stakeholder-Ansatz, strategische Umfeldanalyse. Daneben lassen sich grob zwei

Page 122: Management von umstrittenen Technologien

5

Ansätze zum Verständnis des Risikos an sich unterscheiden: natur- und

sozialwissenschaftliches Risikoverständnis (Tabelle 2).

Éetirag Disziplin Betrachtungsgegenstand

Verständnis der Vorgänge Iss>sue-Analyse Thema, Issue, Verlauf

Stakeholder-Analyse Personen und Gruppierungen

Strategische Umfeldanalysc Bereiche um Umfeld

Verständnis des Risikos Naturwissenschaftliches Risikoverständnis Wahrscheinlichkeil x Auswirkung

Sozialwisscnschaftlichcs Risikoverstandnis Soziale und kulturelle Aspekte,Risikowahrnehmung

Tabelle 2. Fünf Disziplinen zum Verständnis der Vorgänge und des Risikos

2.1 Issue-Analyse

Ansoff (1980, 133) definiert ein Issue als Entwicklung, welche Einfluss auf die

unternehmerische Zielerreichung haben könnte. Tm unternehmerischen Umfeld lauern viele

solcher latenter Themen, welche sich zu Issues entwickeln können: Wer hätte 1921 bei der

Entdeckung von Tetraethylblei als Antiklopfmittel vermutet, dass das bleihaltige Benzin in

den 80er Jahren verboten würde? Dem Konzept des „Issues" kommt daher bei der

Umfeldbeobachtung eine herausragende Bedeutung zu. Die Analyse von Issues mittels der

Detektion schwacher Signale (Ansoff 1975) und der Beitrag von Chase (1977) lieferten

wesentliche Impulse zur Operationalisiemng des Konzepts (Hainsworth 1990, 3, Röttger

2005, 140). Neuere Beiträge beschreiben einen Issue fokussierter als „Legitimationslücke",welche sich durch die Differenz des wahrgenommenen Verhaltens einer Organisation und der

Erwartungen von sozialen Gruppen ergibt (Sethi 1979, 65, Nasi et al. 1997).

Wartick und Mahon (1994, 305-306) nennen drei wichtige Bestandteile eines Issues:

Legitimationslücke, Kontroverse und potentielle Auswirkungen auf die Firma. Eichhorn

(1996, 8-9) erwähnt diesbezüglich ein auslösendes Ereignis, damit zusammenhängende

Vorgänge wie mediale Verstärkung, öffentliches Interesse sowie Anknüpfungspunkte zu

anderen Issues. Die Idee, Issues als Legitimationslücke aufzufassen, hebt die Wichtigkeithervor, die verschiedenen Erwartungen und Wahrnehmungen des unternehmerischen

Verhaltens in Einklang zu bringen. Die Lücke entsteht durch Konflikte um Tatsachen,

Wertvorstellungen oder politische Veränderungen (Wartick/Mahon 1994, Heath 1997).

Verschiedene Autoren unterstreichen die Notwendigkeit, Issues zu bewerten um einen

effizienten Umgang mit diesen zu gewährleisten (siehe beispielsweise Achleitner 1985, 91-93,

Hoffmeister/Kuhn 2005, 34). Häufig ist die Relevanz für das Unternehmen ein wichtigesKriterium für diese Einordnung. Einige Unternehmen setzen Issues-Management bereits seit

den 60er Jahren ein (Wernli 1998, 720); in der Schweiz dagegen betreiben es nur wenigeUnternehmen systematisch (Röttger 2001a, 12).

Issues durchlaufen einen Lebenszyklus (Downs 1972). Liebl (2000, 23-25) leitet

phasentypische Verhaltensempfehlungen ab und Bridges (2004, 62, 72-73) präsentiert eine

Übersicht über verschiedene Modelle und beklagt das Fehlen empirischer Grundlagen solcher

Ansätze. Röttger (2001b, 266-267) erwähnt die verbesserte Prognostizierbarkeit von Issues,

wenn diese an andere Prozesse wie beispielsweise die Gesetzgebung gekoppelt sind. Die

Issue-Analyse betont also die Lücke zwischen Erwartungen und Wahrnehmungen und

berücksichtigt, dass die Relevanz von Issues unternehmensabhängig ist. Ein auslösendes

Ereignis muss für ein Issue vorliegen, welches sich häufig durch schwache Signale im

Vorfeld ankündigt.

Page 123: Management von umstrittenen Technologien

6

2.2 Stakeholder-Analyse

Stakeholder (resp. Anspruchsgruppen) sind Gruppen von Personen, welche durch die

Aktivitäten des Unternehmens betroffen sind, oder welche auf diese Einfluss nehmen können

{Freeman 1984, Garriga/Mele 2004, 59). Zur Operationalisierung des Stakeholder

Gedankens werden die Anspruchsgruppen in der Regel in verschiedene Cluster eingeteilt

(siehe beispielsweise Achleüner 1985, 75, Liebl 2000, 28, Müller-Stewens/Lechner 2001,

130). Nicht alle Stakeholder haben denselben Einfluss auf eine Firma und deren Management

{Bridges 2004, 56); so sind Single-Source-Lieferanten und Grosskunden wichtigeStakeholder. Der Einfluss dieser Stakeholder ist oft durch ein Abhängigkeitsverhältnis

begründet {Nasi et al. 1997) und ändert sich im Verlauf der Zeit {Mitchell et al. 1998, 879).Vercic (1997, 265) weist darauf hin, dass Stakeholder oft unterschiedliche oder sogar

widersprüchliche Interessen verfolgen. Viele Autoren betonen die Rolle der Öffentlichkeit

und vor allem auch die gestiegene Relevanz von „Pressure Groups" wie Nicht-Regierungs-

Organisationen, Medienexponenten oder Aktivisten {Zwick/Renn 1997, 102, Garriga/Mele2004, 59).

Im Gegensatz zur themenzentrierten Issue-Analyse stehen im Stakeholder-Ansatz Gruppenvon Personen im Vordergrund. Die beiden Modelle sind aber verknüpft: Lieb! (2000, 31)bezeichnet die Stakeholder als die wichtigen Treiber innerhalb der Entwicklung von Issues

und Bridges (2004, 55) nennt die Wahrnehmung des Issues durch die einflussreichen

Stakeholder einen guten Indikator für die Relevanz eines Issues für das Unternehmen. Die

Stakeholder-Analyse gruppiert die Akteure und hebt die Wichtigkeit der Öffentlichkeit, der

Regulatoren und von Pressure Groups hervor. So wirkten im Asbest-Fall in der Schweiz die

Gewerkschaften massgeblich beim Erlassen der Verbote mit.

2.3 Strategische Umfeldanalyse

Unternehmen stehen im Austausch mit ihrem Umfeld und versuchen dieses zu verstehen

{Wygoda 2005, 103-105), weshalb der Umfeldanalyse im strategischen Planungsprozess eine

wichtige Stellung zukommt (siehe beispielsweise Kay 1993, 342-343, Müller-

Stewens/Lechner 2001, 113-173). Luhmann (1993, 302) bemerkt, dass jede Organisation in

einer Welt operiert, „die sie nicht kennen kann. Diese Welt wird durch

Unsicherheitsabsorption in eine bekannte Welt überführt, durch eine bekannte Welt ersetzt".

Zur Abbildung dieser „bekannten" Welt existieren verschiedene Ansätze.

Aeberhard (1996, 45-46) präsentiert Unterteilungen der unternehmerischen Umwelt (sieheTabelle 3), wobei die wertschöpfungsorientierte Sicht oft durch die Berücksichtigung von

Kunden und Lieferanten vertreten ist und die meisten Unterteilungen das technologische und

das gesellschaftliche System erwähnen. In den letzten Jahrzehnten entstand die

Technologiefrühaufklärung als eigenständige Managementdisziplin zur strategischen Analysedes technologischen Umfelds {Ashton/Klavans 1997, Lang 1998, 21 und 68-69).

Page 124: Management von umstrittenen Technologien

7

Quelle Analysefelder

Farmer/Richman (1965) Kconomic, social-cultural, legal-political, educational

Ulrich (1978) Ökonomische, soziale, technologische und ökologische Bedingungen,

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ökologische, physische Bedingungen

Kreilkamp (1987) Wirtschaftliche, gesellschaftliche, politische, technologische, ökologische

Bedingungen, Marktanalyse, Lieferantenanalyse, Wettbewerbsanalyse

Hinterhuher (1989) Gesamtwirtschaftliche, gesellschaftliche, politische, technologische

Entwicklungen

Greenley (1989) Kconomic, social, political, technological, customers, markets,

competitors, industries

Welge/Al-Laham (1992) Ökonomische, soziokulturellc, politische, technologische Bedingungen

Kreikehaum (1991) Absatzmarkt, Beschaffungsmarkt, Branche

Porter (1989) Abnehmer, Lieferanten, Wettbewerber, Ersatzprodukte

Pümpin (1992) Marktanalyse, Branchenanalysc, Konkurrcnzanalyse

Pistorius/Utterhack (1995, 220) Technologie-, politik-, beschaffungs- und absatzorientierte Veränderungen

Grant (2005, 68) National/international economy, technology, government and politics,natural environment, demographic structure, social structure

Tabelle 3: Analysefelder der unternehmerischen Umwelt (Quelle: Aeberhard 1996, 45 und eigene). Fast alle

Autorenführen heule die Technik auf

Die gegenseitige Beeinflussung von technologischen und sozialen Systemen wie politischeInstitutionen, Wissenschaft oder Kultur wird in der Literatur intensiv behandelt. Maguire

(2004) weist darauf hin, dass Ablehnung in der politischen, marketing-orientierten,technischen oder öffentlichen Arena ausreichen kann, um eine Technologie aus dem Markt zu

stossen. Die strategische Umfeldanalyse zeigt, welche Akteure das Unternehmen gleichzeitig

berücksichtigen muss um erfolgreich zu sein. Für das Management von angezweifeltenTechnologien sind die anderen, ebenfalls betroffenen Unternehmen, die Repräsentanten der

Öffentlichkeit und Partnerunternehmen am wichtigsten.

2.4 Naturwissenschaftlicher Risikoverständnis

Das formale Risikokonzept als Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungstammt aus der Finanzwirtschaft und ist in Technik und Ökonomie weit verbreitet. Die

systematische Erforschung des Risikos begann in der zweiten Hälfte des vergangenen

Jahrhunderts {Renn 1998, 49-50) und in einigen Industrien sind daher die Methoden zur

Risikobeurteilung sehr weit entwickelt (Pittinger et al. 1998, Anastas/Warner 2000).

Sind ähnliche Risikoereignisse bereits öfters eingetreten, kommen deduktive Methoden zur

Anwendung (Zwick/Renn 1997, 120). Diese setzen konstante Wirkzusammenhänge und

genügend statistische Daten voraus (Häfele et al. 1990). Sie versagen aber bei Risiken von

sehr tiefer Eintretenswahrscheinlichkeit: Die Erfahrungsdaten fehlen und statistische

Berechnungen nützen dem Management nur wenig. Bei seltenen Ereignissen kommen eher

induktive Methoden zur Anwendung, mit Hilfe derer Risiken als Verknüpfungen von

Einzelereignissen modelliert werden. Solche Risikoabschätzungen sind limitiert, da häufignicht ausreichend Informationen vorliegen (Wygoda 2005, 37) und damit gerechnet werden

muss, dass nicht alle Fälle betrachtet werden (am Beispiel der Nuklearenergie: Kollert 1993).

Page 125: Management von umstrittenen Technologien

s

Die verbleibende Unsicherheit ist gross. Klinke und Renn (2002, 1073-1074) sind überzeugt,dass keine ausreichenden Methoden zu deren Berücksichtigung existieren. Sie teilen die

Risiken anhand der verbleibenden Unsicherheit sowie Schadenscintritt in verschiedene

Kategorien ein und bezeichnen beispielsweise Risiken, welche sich schleichend entwickeln

als Büchsen der Pandora und ereignisorientierte Gefahren als Damoklesschwerter. Aus der

Perspektive eines Rückversicherer schlägt Spühler (2003, 12-16) eine Unterteilung in

Traditionsrisiken und neu entstehende Risiken vor; Foster et al. (1993b) gehen den

Phantomrisiken nach, über welche noch grosse wissenschaftliche Unsicherheit herrscht.

Die wissenschaftliche Forschung kann lange Zeit zu keinem Konsens führen, wie die

Toxizität von Dioxin {Friedman 1999, 114) oder die möglichen Auswirkungen elektro¬

magnetischer Felder illustrieren. Solche Öffentlich ausgetragenen Expertenstreits bergen ein

grosses Konfliktpotential für die Eskalation eines Risikothemas in sich (Hribal 2001, 449).Zwick und Renn (1997, 89) fügen hinzu, dass Risikoberechnungen nicht immer objektiv sind

und auch unterschiedlich interpretiert werden können, wie die Frage um das „sicherste

Transportmittel" aufzeigt {The Economist 1997).

2.5 Sozialwissenschaftliche Risikoverständnis

Die rein naturwissenschaftliche Analyse von Risiko greift zu kurz {Hoos 1980, Freudenburg

1989, Renn 1998, 53), weshalb in den letzen Jahrzehnten das Risikokonzept um

psychologische, soziale und kulturelle Aspekte erweitert wurde {Zwick/Renn 1997, OECD

2003, 15). Es sind mittlerweile viele Merkmale bekannt, welche die subjektive

Risikowahrnehmung beeinflussen (siehe Tabelle 4). Foster et al. (1993a, 33) sehen in der

einfacheren Datenerhebung im Vergleich zur tatsächlichen Bedrohung einen Grund für die

zunehmende Betrachtung der subjektiven Risikowahrnehmung. Neben den

Risikoverursachern und den potentiell Geschädigten sind weitere Akteure zu berücksichtigen

{Zwick/Renn 1997,7).

Vertrautheit Persönliche Kontrolle

Freiwilligkeit der Risikoübernahme Auswirkungen auf Kinder

lCatastrophenpotential Auswirkungen auf zukünftige Generationen

Verständnis der Schadenswirkung Bestimmbarkeit der Betroffenen

Künstlicher oder natürlicher Ursprung Verknüpfter Nutzen

Verteilung von Nutzen und Risiko Vertrauen in involvierte Institutionen

Medienpräsenz Zeitliche Verzögerung des Schadens

Umkehrbarkeit des Schadens Schäden in der Vergangenheit

Wahmehmbarkeit Schrecklichkeit

Tabelle 4: Beispiele qualitativer Risikomerkmale (in Anlehnung an Zwick/Renn 1997, 92, sowie Kuran/Sunstein

1999, 709)

Interaktionen zwischen den Akteuren beeinflussen ebenfalls den Umgang mit Risiken. Der

Ansatz der „Social Amplification of Risk" trägt zum Verständnis dieser Phänomene bei

{Kasperson et al. 1988, Renn 1991). Kasperson et al. (2005) formulieren das Risiko als

Signal, welches durch gesellschaftliche „Stationen" verstärkt und verzerrt wird. Das Thema

erhält so Relevanz und kann in eigentlich unbeteiligte Bereiche hineingetragen werden. Auch

können sekundäre Effekte wie Panik entstehen, welche das ursprünglich befürchtete

Schadensausmass übersteigen {OECD 2003, 54). Kuran und Sunstein (1999) bemerken, dass

gesellschaftliche Prozesse die Plausibilität unsicherer Informationen erhöhen und so das

Page 126: Management von umstrittenen Technologien

9

empfundene Risiko verschärfen. Einzelne Akteure können einen sehr grossen Einfluss auf

diese Prozesse haben (Kuran/Sunstein 1999, 687). Auch Kepplinger (2001, 16-17) hebt

gruppendynamische Effekte wie Übertreibung in Gruppen, Hochschaukeln und Beeinflussungdurch Aussenseiter hervor. Haller (1999, 79) erwähnt die gegenseitige Abhängigkeit sozialer

Gruppen und Hribal (2000, 12) weist auf den Einfluss der Risikokommunikation hin. Der

Risikodialog tritt an die Stelle von traditioneller Risikobeherrschung.

Die Wahrnehmung einer Technologie, d.h. ihre soziale Konstruktion, wird wichtiger als die

zugrunde liegenden wissenschaftlichen Fakten. Diese Tatsache können technokratisch

orientierte Ingenieure nur schwer akzeptieren. Latour (2000) versucht diesen harten

Gegensatz aufzuweichen und präsentiert vier Einflussfaktoren, die schlussendlich über die

Akzeptanz wissenschaftlicher Tatsachen entscheiden.

Allianzen

(Verbündete)

Öffentliche X.V^/AutonomisierunqRepräsentation /J\\ (Kollegen)

Mobilisierungder Welt

(Instrumente)

Abbildung 5: Vier Einflussfaktoren auf die Akzeptanz wissenschaftlicher Tatsachen (in Anlehnung an Latour

2000, 121)

Das natur- und das sozialwissenschaftliche Risikoverständnis weisen auf die Grenzen der

Objektivierbarkeit von Risiken hin. Die sozialen Mechanismen im Umgang mit Risiken

müssen vermehrt betrachtet werden.

3 Forschungsmethodik

Aufbauend auf den Erkenntnissen der zuvor diskutierten Disziplinen entwickeln wir im

folgenden einen Analyserahmen aus Unternehmenssicht für den Druck zum Phase-Out einer

umstrittenen Technologie.

3.1 Forschungsmethodik und -design

Zur Konstruktion des Analyserahmens orientierten wir uns an der Fallstudienforschung {Stake1988, Eisenhardt 1992, Yin 1994). Mit leitenden Mitarbeitern von 42 Unternehmen in der

Schweiz und in Deutschland, welche mit dem Zwang zum Phase-Out einer Technologiekonfrontiert waren, haben wir eine leitfadengestützte Befragung (Bortz/Döring 2003, 315)

durchgeführt und so den Analyserahmen empirisch validiert. Die Niederschrift der Gesprächewurde den Interviewpartnern vorgelegt. Zur Auswahl der Unternehmen orientierten wir uns

an der von Klein und Kleinman (2002, 32) sowie Bijker (1995, 46-38) beschriebenen

Methode, die Interviewpartner nach Abschluss des Gespräches nach weiteren Firmen zu

befragen. So bauten wir ein Verständnis für einzelne Motivationstypen zum Phase-Out auf.

Page 127: Management von umstrittenen Technologien

10

3.2 Analyserahmen

Der Analyserahmen ist eine Vereinfachung der Realität (vgl. Luhmann 1993, 302), welche

uns systematische Analysen und die Klassierung von Beobachtungen erlaubt. Er spielt bei der

Erforschung eines Themengebietes eine wesentliche Rolle {Avlonitis et al. 2000, 52), zeigt

Zusammenhänge auf und beinhaltet Aussagen, die ein erfahrener Experte implizit bereits

kennt (Kay 1993,359).

Die beschriebenen Forschungsdisziplinen liefern Beiträge zum Analyserahmen {Tabelle 6).Die identifizierten Ansätze sind aus Unternehmenssicht jedoch entweder zu allgemein oder

verfolgen einen makroskopischen Ansatz. Sie bieten keinen umfassenden Analyserahmen für

das Management: lssue-Analysen fokussieren auf die Analyse des Themas und dessen

Verlaufs, Stakeholder-Analysen versuchen durch Einbezug von Personen und Gruppierenderen Einfluss auf das Unternehmen zu verstehen und die strategischen Umfeldanalysenunterteilen das Umfeld in verschiedene Bereiche (z.B. Technologie, Gesellschaft). Das

naturwissenschaftliche Risikoverständnis kämpft mit Unsicherheiten und neue Ansätze zur

Risikobeurteilung entstehen. Das sozialwissenschaftliche Risikoverständnis hebt die

Interpretation und gesellschaftliche Verstärkung von Risiko hervor, was zu unterschiedlicher

Risikowahrnehmung führt.

Disziplin Meitretgmm Analyserahmen

Issue-Analyse Anstoss zur Kontroverse resultiert aus dem Umfeld

Legitimationslücken durch unterschiedliche Mechanismen

Mit Prozessen gekoppelte Issues sind prognostizierbarerIssue ist Betrachtungsgegenstand

Stakeholder-Analyse Clustering der Stakeholder

Unterschiedliche Auswirkungen der Gruppen auf Unternehmen

Öffentlichkeit und Pressure Groups als wichtige Stakeholder

Personen oder Gruppierungen sind Betrachtungsgegenstand

Strategische Umfeldanalyse Unterteilung des Umfeldes in unterschiedliche Bereiche

Kunden, Lieferanten als zentrale Bereiche

Interaktion von Technologie und Gesellschaft intensiv behandelt

Naturwissenschaftliches Konsens über Risikoeinschätzung nicht garantiertRisikoverständnis Risiken werden falsch eingeschätzt resp. nicht identifiziert

Risikoberechnungen lassen Interpretationsfreiraum

Sozialwissenschaftliches Rein naturwissenschaftliches Risikoverständnis greift zu kurz

Risikoverständnis Risiken werden unterschiedliche wahrgenommenGesellschaftliche Verstärkung der Risikowahrnehmung

Tabelle 6: Beitrag derfünfDisziplinen zum Erstellen des Analyserahmen

Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse aus der Literaturrecherche und in Anlehnung an

die „Stations of Social Amplification" (Kasperson et al. 1988) haben wir daher im Gesprächmit Experten drei Teilmechanismen identifiziert und vier Motivationstypen zum Phase-Out

unterschieden (siehe Abbildung 7). Der Anstoss zur Besorgnis als erster Teilmechanismus

kann sich aus neu erkannten oder erneut beachteten Nebeneffekten oder aus der sinkenden

Akzeptanz bereits bekannter Effekte ergeben {Sokalski et al. 1997). Neben

naturwissenschaftlichen Erkenntnissen gehört daher auch der gesellschaftliche oder

unternehmerische Wertewandel in diese Analysegruppe. Durch Verstärkung im sozialen

Umfeld können solche Anstösse zu einem Öffentlichen Thema werden, an dem sich

verschiedene Gruppen wie Öffentlichkeit, Medien oder Regulatoren beteiligen. Private Labels

wie BioSuisse nehmen eine ähnliche Rolle wie die staatlichen Regulatoren wahr. Die

Ablehnung innerhalb der Wertschöpfungskette bedeutet, dass Kunden eine Technologie

Page 128: Management von umstrittenen Technologien

Il

ablehnen oder Lieferanten diese nicht mehr anbieten. Sie kann sich über mehrere Stufen der

Wertschöpfungskette ausbreiten.

Anstoss zur Besorgnis

Naturwissenschaftliche Erkenntnisse - Wertewandel

ÏVerstärkung im gesellschaftlichen Umfeld

Öffentlichkeit - Regulatoren - Medien - Pressure Groups

Ablehnung in der Wertschöpfungskette

Kunden - Lieferanten - Handler

EigeneZweifel

f«Ptilff

Gesellschaftlicher

Druck

Nachfrage¬einbruch

Beschaffungs¬

probleme

Drück aufÛntè^Hefomen zum Phass-«

•Il i III. «É

Direkte Motivation Wertschopfungsorientierte Motivation

Abbildung 7: Analyserahmen für den Druck zum Phase-Out einer Technologie

Wir unterscheiden aus Unternehmenssicht vier Motivationstypen für den Phase-Out: Eigene

Zweifel, gesellschaftlicher Druck, Nachfrageeinbruch und Beschaffungsprobleme. Eigene

Zweifel kennzeichnen sich dadurch, dass ein Unternehmen ohne äusseren Zwang aus einer

Technologie aussteigt. Edison stieg aus der Röntgentechnologie aus, nachdem einer seiner

Mitarbeiter an der Exposition starb (Kevles 1997, 46-49). Der gesellschaftliche Druck kann

sich in staatlichen Verboten, Besteuerungen, negativen Medienberichten oder auch

Öffentlichen Protesten manifestieren. Rauchen in öffentlichen Räumen oder die

Feinstaubproblematik durchlaufen zurzeit diese Phase. Der Nachfrageeinbruch kündet sich

oft durch Kundenanfragen nach alternativen Technologien an. Auf der anderen Seite treten

Beschaffungsprobleme dann auf, wenn Lieferanten ihr Sortiment straffen oder Preise

aufgrund der gesunkenen Losgrösse erhöhen. Die längerfristige Ersatzteilverfügbarkeitverschärft die Situation.

3.3 Analysierte Fälle und Auswertung

An der Befragung nahmen Unternehmen teil, welche Technologien einsetzen, die schon gut

am Markt eingeführt sind und aufgrund von Nebeneffekten in die Kritik geraten sind.

Unternehmen sind häufig nur unter Vorbehalt bereit, über solche Themen zu sprechen,weshalb unsere Auswertung anonym erfolgt. Um die Aktualität zu gewährleistenkonzentrierten wir einen Grossteil der Fälle um den Phase-Out von bislang dominanten

bleihaltigen Lotmaterialien in der Elektronikindustrie (34 Unternehmen), von dem viele

Unternehmen unterschiedlich betroffen sind (vgl. Boutellier/Biedermann 2006). Wir

erhärteten die Erkenntnisse durch Interviews in Nahrungsmittelindustrie (3 Unternehmen),Chemie (2 Unternehmen), Kunststoff- (1 Unternehmen) und Glasverarbeitung (1

Unternehmen). Die Fälle konnten wir den verschiedenen Motivationstypen zuordnen

(Bortz/Döring 2003, 330). Tabelle 8 zeigt die zur Auswertung verwendeten Indikatoren.

Page 129: Management von umstrittenen Technologien

12

MQtivatiamiypm Indikatoren für die Zuordnung

Direkte Motivation Eigene Zweifel Wissenschaftliche Ergebnisse, Forschungsschwerpunkte,Wcrtcwandel

Gesellschaftlicher Regulationen, Lenkungsabgaben, Medienberichte,

Druck Anfragen von Journalisten oder besorgten Endkunden,

Proteste

Wertschöpfungsorientierte Nachfrageeinhruch Absatzprobleme, Preiszerfall, Kundenanfragen nach

Motivation Alternativen, Kündigung von Abnahmeverträgen

Beschaffung- Produkt-Abkündigung der Lieferanten, Verlängerung der

problème Lieferfristen, Erhöhung der Beschaffungskosten

Tabelle 8; Indikatorenfür die Auswertung der Interviews

4 Erkenntnisse aus der Untersuchung

Bei 32 Unternehmen waren Absatzprobleme relevant, während Beschaffungsprobleme in

zwölf Firmen die Entscheidung beeinflussten. Daraus lässt sich folgern, dass die

Unternehmen vor allem auf Druck aus der eigenen Wertschöpfiingskette reagierten. Ein

anderes Bild ergibt sich, wenn man wertschöpfungsorientierte und direkte Motivationen aus

dem Umfeld konsolidiert betrachtet (Abbildung 9): Tn 26 Firmen war der

wertschöpfungsorientierte Druck der einzige Treiber für den Phase-Out. Die meisten dieser

Fälle, entstammen der Problematik der bleifreien Elektronik, da die europäische Regulationbei der Inverkchrsetzung greift und Kunden den Druck an die Lieferanten weitergeben. In vier

Fällen waren eigene Zweifel oder gesellschaftlicher Druck der alleinige Auslöser.

Demgegenüber beeinflusste in zwölf Fällen eine Kombination der beiden den Ausstieg. Das

Fehlen von Fällen, die von keinem der Motivationstypen getrieben sind, festigt unseren

Analyserahmen.

Direkte Motivation

aus dem Umfeld

Kombinierte

Motivation

Indirekte Motivation

aus der

Wertschöpfungskette

Eigene Zweifel

Gesellschaftlicher Druck

X X

X X

X

X X

Nachfrageembruch

Beschaffungsproblcme

X X

X

X X

X X

Anzahl Fälle 2 1 1 3 4 5 6 1 19v

_

*_ ,

>v__

^

Total 4 Firmen Total 12 Firmen Total 26 Firmen

Bild 9: Auswertung der Interviews nach Motivation zum Phase-Out (N=42, keine Mehrfachnennungen)

4.1 Eigene Zweifel

Nur sechs Interviewpartner nannten eigene Zweifel als wichtige Motivation. Die meisten

konnten nicht aus eigener Kraft den Phase-Out initiieren und externe Beweggründe wie

Regulationen kamen diesen Unternehmen entgegen. In einem Fall Hessen überraschende

Forschungsresultate Zweifel aufkommen. Diese frühen Informationen waren aber mehrdeutigund stark interpretationsbedürftig. Der Phase-Out-Entscheid fiel rasch und blieb auch nach

Page 130: Management von umstrittenen Technologien

13

neuen, entwarnenden Untersuchungen bestehen. In dem Fall, in dem die Firma sich rein durch

eigene Zweifel zum Phase-Out entschloss, lösten verbesserte Analysemethoden Zweifel aus,

da Rückstände von problematischen Substanzen in Anlagen Produkte kontaminierten, welche

bislang als unbedenklich gegolten hatten. Daher stellte die Firma die Verarbeitung des

problematischen Stoffes ein und nahm den damit verbundenen Umsatzeinbruch in Kauf.

4.2 Gesellschaftlicher Druck

Der gesellschaftliche Druck unterteilt sich in die beiden Typen Regulationen und Druck der

Öffentlichkeit. Regulationen waren in den meisten untersuchten Fällen eine der Ursachen für

den Phase-Out, jedoch war nur ein Viertel direkt von Regulationen betroffen; der Grossteil

erfuhr den Druck indirekt über die Wertschöpfungskette. Interviewpartner beklagten, dass

Regulationen nicht immer auf die wirtschaftliche Realität abgestimmt seien, und forderten

einen intensiveren Einbezug der Industrie. Es wäre aber zu einfach, hier die Schuld den

Regulatoren zuzuweisen. Regulationen erfordern für jedes Unternehmen und Produkt

teilweise aufwendige Abklärungen und lassen oft einen beachtlichen Interpretationsspielraum.

Einige Firmen haben daher ihre Produkte aus dem Geltungsbereich von Regulationen

„hinausinterpretiert".

Regulationen sind nicht immer verlässliche Planungsgrundlagen. So wurde der europäische

Phase-Out-Stichtag für bleihaltige Lote im letzten Jahrzehnt mehrmals verschoben und

technische Feinheiten wurden erst Monate vor dem Stichtag geregelt. Auch in anderen

Industrien wurden ähnliche Tendenzen genannt, wie häufig wechselnde Grenzwerte oder

Nachweismethoden. Zudem greifen Regulationen regional unterschiedlich und sind oft auf

einige Industrien beschränkt. Die entstehende Unsicherheit ist ein Nährboden für Gerüchte.

Demgegenüber wirkt der öffentliche Druck über Industrie- und Staatsgrenzen hinweg.Substanzen mit ähnlichen Namen sind in der öffentlichen Wahrnehmung identisch und

wissenschaftliche Erkenntnisse werden grosszügig ausgelegt. Für verschiedene

Interviewpartner war es nicht nachvollziehbar, dass pauschale und wissenschaftlich nicht

fundierte Aussagen in der Öffentlichkeit Gehör finden. Verschiedene Finnen verzeichneten

einen Anstieg von Medienberichten oder Anfragen besorgter Endanwender. Oft traten diese

Indikatoren erst auf, als es für geeignete Gegenmassnahmen zu spät war. Viele Unternehmen

vermeiden es, solche Themen gegen die Konkurrenz einzusetzen und weichen dem

öffentlichen Druck aus, indem sie sich bewusst nicht öffentlich mit diesen Themen

auseinandersetzen.

4.3 Nachfrageeinbruch

Absatzprobleme waren in vielen Fällen dominant und eintreffende Kundenanfragen stiessen

den Phase-Out an, obwohl die Finnen von der bevorstehenden Notwendigkeit bereits vorher

Kenntnis hatten. Ein Mitarbeiter eines globalen Elektronikkonzerns drückte es treffend aus:

„Das zentrale Labor hat uns bereits vor vier Jahren darauf hingewiesen. Handlungsbedarfbestand für uns aber erst, als vor zwei Jahren erste Kundenanfragen eintrafen.

"

Die

Kundenanfragen waren teilweise unqualifiziert und stellten sich im Verlauf der Zeit als

ungerechtfertigt heraus. Auch erfolgten sie nicht synchron und die Kunden verfolgten ihre

individuellen Phase-Out-Ziele. Daneben unterschieden sich die Anforderungen je nach

Produktgruppe, Anwendungsgebiet und Absatzmarkt. Ein Abgleich dieser Ansprüche brachte

den Unternehmen eine Erleichterung, war aber nicht immer möglich. Einige Unternehmen

verzeichneten einen Rückgang der Verkäufe im Vorfeld des Technologieausstiegs, denn

Kunden warteten mit Investitionen in der Hoffnung, dass sich technologische und

Page 131: Management von umstrittenen Technologien

14

regulatorische Unsicherheiten verringerten. Andere Unternehmen verzeichneten eine

Intensivierung der Verkäufe im Zuge der Last-Time-Buys, da Kunden ihren Allzeitbedarf der

alten Technologie an Lager legten. Die Nachfrage stieg dann aber sprunghaft an und als Folgeresultierten Lieferengpässe und Preiserhöhungen.

Diese indirekte Verstärkung über die Wertschöpfungskette erzeugt Unsicherheit.

Unternehmen können ihre effektive Betroffenheit nur schwer abschätzen und

Fehlinterpretationen sind die Folge. Vielen Unternehmen fehlt auch das notwendige,technische Grundlagenwissen und sie müssen auf die Kompetenz von Anlagen- oder

Betriebsmittellieferanten zurückgreifen.

4.4 Beschaffungsprobleme

„Die Lieferanten sind die Treiber im Umstellungsprozess. Sie wollen sowieso nur noch

bleifrei produzieren."

Wie dieses Zitat eines Technologieverantwortlichens veranschaulicht,

beeinflussen Lieferanten den Phase-Out-Prozess massgeblich. Sie versuchen so

Produkthaftpflichtfälle zu vermeiden. Die eng verflochtenen Wertschöpfungsketten in der

Elektronikindustrie haben dazu geführt, dass viele Komponenten nur noch in der bleifreien

Variante verfugbar sind. Da jede Substitution die Neuqualifikation gesamter Baugruppen

bedingt, entschlossen sich viele Unternehmen dazu, alle bleihaltigen Materialien auch ohne

regulatorischen Druck zu ersetzen. Für andere Unternehmen war die ungewisse längerfristige

Verfügbarkeit von Ersatzteilen der Hauptgrund für den Phase-Out. Solche Firmen waren

typischerweise nicht dem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt, aber in die gleichen

Wertschöpfungsketten integriert wie die direkt betroffenen Unternehmen. Überdies besassen

sie häufig eine geringe Macht gegenüber den Lieferanten. Hersteller von Werkzeugmaschinenoder Medizinalgeräten sind Beispiele.

Allein die Abklärung der zukünftigen Verfügbarkeit von Komponenten band viele

Ressourcen und die fehlende Harmonisierung der Umstellungsplanung der Hersteller sowie

der Produkt-Bezeichnung Hess die Komplexität ansteigen. Aufgrund der grossen

Komponentenanzahl mussten einige Unternehmen Mitarbeiter speziell für

beschaffungsseitige Fragestellungen einstellen.

5 Zusammenfassende Thesen für das Management

Drei Teilmechanismen im Umfeld eines Unternehmens beeinflussen den Druck zum Phase-

Out einer Technologie massgeblich: Anstoss zur Besorgnis, Verstärkung im sozialen Umfeld

und Ablehnung in der Wertschöpfungskette. Um die Ablehnung einer Technologie und die

Relevanz für das Unternehmen einordnen zu können, lohnt es sich, diese gemeinsam zu

betrachten. Eine einseitige Betrachtung birgt die Gefahr in sich, relevante Zusammenhänge zu

übersehen und die Bedrohung falsch einzuschätzen. Wir haben einen Analyserahmen aus

Unternehmenssicht für den Druck zum Phasc-Out einer Technologie hergeleitet und

Einzelinterviews in 42 betroffenen Unternehmen anhand dieses Rahmens ausgewertet. Aus

den Ergebnissen unserer Untersuchungen lassen sich drei Thesen ableiten, welche durch

weitere empirische Untersuchungen zu verifizieren sind.

5.1 Vier Motivationstypen, welche den Druck zum Phase-Out einer

Technologie ausmachen

In allen analysierten Unternehmen existierten bereits früh Anstösse für die Besorgnis um eine

Technologie. Oft lagen wissenschaftliche Erkenntnisse vor, welche aber kontrovers diskutiert

Page 132: Management von umstrittenen Technologien

15

wurden. Auf der anderen Seite zeigen viele Beispiele, dass Ablehnung auch durch die

sinkende gesellschaftliche Akzeptanz bereits bekannter Auswirkungen entsteht. Die

Verstärkung im gesellschaftlichen Umfeld geschieht durch staatliche und private Regulatoren,die Öffentlichkeit und insbesondere die Medien. Abhängigkeiten innerhalb der

Wertschöpfungskette führen ebenfalls zu einer Verstärkung des Druckes zum Phase-Out. Da

die Wertschöpfungsketten heute stärker segmentiert und verflochten sind, haben Technologie-

Ausstiege und Substitutionen unmittelbar Auswirkungen auf viele Unternehmen. So bedingte

beispielsweise die Forderung nach bleifreien Elektronik-Endprodukten Anpassungsarbeitenbis hin zu den Komponentenherstellern und den Herstellern von Lötanlagcn und Prüfgeräten.Ist ein Unternehmen mit einer umstrittenen Technologie konfrontiert, ist das Wissen über die

eigenen Wertschöpfungsketten in Richtung der Kunden wie auch der Lieferanten von

entscheidender Bedeutung. Unsere Untersuchungen erhärteten unsere Unterteilung des

Druckes zum Phase-Out in vier unterschiedliche Motiviationstypen: Eigene Zweifel,

gesellschaftlicher Druck, Nachfrageeinbrauch und Beschaffungsprobleme.

5.2 Mindestens eine der vier Motivationen liefert den Anstoss für den

Phase-Out einer Technologie

In allen Interviews wurde mindestens eine der vier Motivationstypen genannt, welche das

Unternehmen zum Phase-Out bewegten. Teilweise haben eigene Zweifel das Managementintrinsisch zum frühzeitigen Verlassen einer Technologie bewegt. Der gesellschaftliche Druck- wie Regulationen oder Boykotte - hat einige Male dazu geführt, dass eine Technologieverboten oder stark benachteiligt wurde und somit nicht mehr am Markt eingesetzt werden

konnte. Daneben können auch Medien und Öffentlichkeit Druck zum Phase-Out erzeugen.

Am häufigsten beobachteten wir Situationen, in denen Unternehmen mit einem

Nachfrageeinbruch konfrontiert waren. Kunden wollten oder durften eine Technologie nicht

mehr einsetzen. Unternehmen können von Beschaffungsproblemen betroffen sein, wenn

wichtige Partner im Wertschöpfungsnetzwerk eine Technologie nicht mehr anbieten.

Unternehmen, welche eigentlich die Technologie aus Kundensicht noch weiterhin einsetzen

dürften können daher ebenfalls von den Phase-Out-Bestrebungen betroffen sein. Auch

konnten wir für jeden dieser einzelnen Motivationstypen Unternehmen identifizieren, welche

alleine aufgrund eines einzelnen dieser Motivationstypen den Phase-Out einer Technologiebeschlossen hatten.

5.3 Druck aus der Wertschöpfungskette ist vorherrschender Auslöser

Der Druck zum Phasc-Out aus der Wertschöpfüngskette führte im untersuchten Sample öfters

zum Phase-Out von Technologien als direkter, gesellschaftlicher Druck oder auch eigeneZweifel. In 26 Fällen waren alleine Nachfragecinbruch oder Beschaffungsprobleme für den

Phasc-Out ausschlaggebend, in weiteren zwölf Fällen waren diese neben der direkten

Motivation entscheidend. Nur in vier Fällen entschloss sich das Management ohne Druck von

Lieferanten oder Kunden zum Phase-Out. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass in den

meisten Situationen, sich das Management aufgrund des Drucks aus der Wertschöpfungskettezum Phase-Out entschliesst. Dieses Untersuchungsergebnis könnte jedoch aufgrund des

Schwerpunktes des gewählten Samples auf den Phase-Out von bleihaltiger Elektronik

einseitig beeinflusst werden und bedarf - wie auch die beiden anderen Thesen - weiterer

empirischer Validierung.

Page 133: Management von umstrittenen Technologien

16

6 Endnoten

': Es existieren starke Unterschiede zwischen den verschiedenen Behörden. So wurde der

Umgang der Schweizer Regulatoren mit solchen Thematiken mehrfach als vorbildlich

genannt.

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Page 137: Management von umstrittenen Technologien
Page 138: Management von umstrittenen Technologien

6 Kopien der Publikationen V

6.4 Die Abhängigkeit von umstrittenen Technologien verringern

Boutcllier, R. und Biedermann, A. (2006): Die Abhängigkeit von

umstrittenen Technologien verringern, in io new management, 9, 16-

19.

Page 139: Management von umstrittenen Technologien
Page 140: Management von umstrittenen Technologien

iG E^^HM^ Management umstrittener Technologien

Die Abhängigkeit von umstrittenen

Technologien verringernNimmt die Öffentlichkeit negative Effekte einer Technologie wahr, sind Alternativen gefragt.

Das braucht Zeit, weshalb das Management frühzeitig nach Anhaltspunkten beginnender

Kontroversen suchen muss, „„von roman bout f. llier und andreas Biedermann

BiHJHWJBH Seit jeher verwendete die

Industrie bleihaltige Legie¬

rungen, um elektronische Geräte zu löten.

Nun dürfen seit Mitte 2006 in weiten Tei¬

len des europäischen Marktes keine neu¬

en, elektronischen Geräte mehr verkauft

werden, die Blei und andere als proble¬

matisch eingestufte Substanzen enthalten.

Für die betroffenen Firmen bedeutet dies

einen grossen Aufwand und verursacht

viele Unsicherheiten. Unternehmen aus

anderen Branchen sind mit ähnlichen He¬

rausforderungen konfrontiert. Jahrelange

technologische Erfahrungen lassen sich

nicht innehralb weniger Monate substitu¬

ieren. Zudem benötigt auch die Anpas¬

sung anderer Geschäftsprozesse Zeit Das

systematische, frühe Erkennen von Kon-

troversen um Technologien ist deshalb

eine unverzichtbare Aufgabe eines jeden

Managements, um solche Entwicklungen

sicher und erfolgreich zu meistern.

PROF. DR, ROMAN

| BOUTELUER in Professorf für Technologie- und Innovations-

management am Departement

| Management, Technologie unaÖkonomie (D-MTF.C) lier ETH

Zurkh. rhoatdlkr^cih7,ch

ANDREAS BIEDER-

;, MANN, Dipl. Inq. ETH, ist wis-

l sensehäßlicher Mitarbeiter am

,Lehrstuhlfur Technologie und

Innovationsmanagement am: 'D MTKC der ETH Zürich.

andreasÄ[email protected]

SeitBeginn des zwanzigsten Jahr¬

hunderts setzt die Industrie zum

Loten elektrischer Verbindungen

bleihaltige Legierungen ein. Bleihalti¬

ge LoLe haben sich im Laufe der Zeit zur

dominanten Technologie entwickelt

und sind Bestandteil fast aller Elektro-

nikgerätc. Das ist kein Zufall, denn Blei

ist weit verfügbar, preiswert und ver¬

leiht den Loten eine Reihe erwünschter

Eigenschaften. Bleihaltige Lote blieben

bis Anfang dieses Jahrhunderts die

bevorzugten Legierungen. Doch gestie¬

gene Anforderungen an die Lötstellen

und empfindlichere Halblciterkompo-

nenten haben eine Suche nach alterna¬

tiven Loten ausgelöst. Hinzu kam, dass

die japanische Konsumelektronik In

dustrie aus Umweltschutzübcrlegun-

gen den freiwilligen Ausstieg aus blei¬

haltigen Loten proklamiert hat

Die gesundheitlichen Auswirkun¬

gen von Blei im menschlichen Körper

sind seit Langem bekannuind spätestens

seit der Debatte um das Bleifrei-Benzin

auch im öffentlichen Bewusstsein. Moti¬

viert durch den rasch wachsenden Berg

vonElektrosehrotlformuliertedieEUin

den Neunzigerjahren den Ausstieg aus

der bleihaltigen Elektronik als ein um¬

weltpolitisches Ziel. Dieses setzte sie

2003 'n c'er Richtlinie zur «Restriction

of Use of Hazardous Substances» - kurz

RoHS - um, die auf dem europäischen

Absatzmarkt einen Ausstieg bis Mitte

2006 erzwingt. Nur einige Sparten und

Spczialanwcndungcn sind von diesem

Verbot ausgenommen oder profitieren

von verlängerten Ubcrgangsfristen. Die

Schweiz hat im Rahmen des Chemika¬

lienrechts bereits 2005 eine entspre¬

chende Verordnung in Kraft gesetzt. Chi¬

na bereitet eine ähnliche Richtlinie vor

und in den USA isl ein solcher Vorstoss

seit Anfang der Neunzigerjahre hängig.

Dei Einsatz von bleihaltigen Loten ist

dort noch weit verbreitet.

Weg mit bleihaltigem Material

Innerhalb weniger Jahre rausste die

Industrie die bleihaltigen Lote durch

andere Legierungen ersetzen. Dies

bedeutet für die betroffenen Elektro

nikuntemehmen einen grossen Auf

wand - Forschung und Entwicklung,

Logistik, Daten management, Qualitäts¬

sicherung, Einkauf, Verkauf und After

Sales sind die am meisten betroffenen

IJnternchmensbereiche. Handler der

Endprodukte und Komponenten wie

beispielsweise das Elektronikunterneh-

men Distrelec sind in erster Linie logis¬tisch gefordert, denn sie müssen ihre

Lagerbeständc an bleihaltigen Materia¬

lien bis zum Stichtag geleert haben.

Hersteller der Endprodukte, die in

der Regel ihre Produkte durch externe

l'artnerlötenlassen,sind nun verpflich¬

tet, bleifreie Elektronik-Module zu be¬

zichen und ihre Produkte an diese neu

anzupassen. Auch müssen sie die eige¬

nen bleihaltigen Lagerbestande abbau¬

en, einen Vorrat an bleihaltigen Ersatz¬

teilen anlegen oder die Naehproduktion

sicherstellen. Um zusätzliche Kosten

10 new management Nr. 9 | 2006

Page 141: Management von umstrittenen Technologien

Management umstrittener Technologien 17

Abb. v. Die Entstehung des Drucks zu einem Phase-Out

WtMSM**ui4Si&&t£UË^hM^fcA^4uF III 11 ,i H

Produkte

Akteure im unternehmarischen Umfeld wie die Öffentlichkeit können einen grossen Druck auf eine Firma ausüben.

wegen sinkender Losgrößen zu ver¬

meiden, haben dieseUnlernehmen häu¬

fig ihr gesamtes Produktsortiment auf

«bleifrei» umgestellt ungeachtet mög¬

licher Ausnahmeregclungcn für einzel¬

ne Produkte oder Markte.

Der ökologische Nutzen ist

nicht erwiesen

Die Elektronikdienstleister (^Electronic

Engineering and Manufacturing Ser¬

vices») liegen im Zentrum des Tech-

nologiewechsels: Sie müssen ihre Pro

duktionsproz.esse umstellen, neue Kom

ponenten beschaffen und ihre eigenen

Lagerbestände eliminieren. Sie können

im Unterschied zu den Herstellern der

Endprodukte nicht die Produktionsstra¬

tegien der Produkte festlegen. So sind bei

spielsweise die Industrie- und Medizin

elektronikfirma Iftest AG oder die Elek¬

tronikdienstleister CCS Holding und

Swisstronics gefordert, auch in Zukunft

den bleihaltigen Lötprozess auszufüh¬

ren. Häufig werden hierzu verschiedene

Produktionsstrassen parallel betrieben

und zusätzliche Lagerplätze geschaffen.Daneben müssen die Zulieferer fur den

Grossteil der Komponenten die Stamm

daten anpassen und die Verfügbarkeiteiner blcifrcien Variante abklären. Die

Komplexität hat sich spürbar erhöht.

Bei den Lötanlagcn selber handelt es

sich weit gehend um standardisierte

Produkte. Obwohl die Anlagenherstel¬

ler ihre Produkte frühzeitig anpassten

und Produktionskapazitäten ausbau¬

ten, verlängerten sich die Lieferzeiten

für neue Anlagen in den letzten Jahren

massiv, da viele Firmen innerhalb von

wenigen Monaten orderten. Die Umstel¬

lung in der Elektronikindustrie erfol gle

unter Zeitdruck und konnte daher nur

bedingt mit anderen Prozessen syn¬

chronisiert werden (wie zum Beispiel

die Produktentwicklung oder die Inves¬

titionsplanung). Erhöhtes Re-Enginee-

ring, ausserordentliche Investitionen

und frühzeitig vom Markt zu nehmen

de Produkte belasten die Branche. Auch

sind die nunmehr eingesetzten Alter¬

nativen teilweise wiederum problema¬

tisch und der ökologische Nutzen der

Umstellung ist nicht erwiesen.

Informationen zur Langzeitzuver¬

lässigkeit von bleifreien Loten sind nur

beschränkt vorhanden, da sich Alte

rungstests nicht beliebig beschleunigen

lassen und sich bisherige Anwendun¬

gen auf die kurzlebige Konsumelektro¬

nik konzentrierten. Viele europäische

Elektronikunternehmen produzieren

aber langlebige Produkte, die teils unter

extremen Bedingungen eingesetzt wer¬

den, wie zum Beispiel in Baumaschinen,

Motorstcucrungen oder Sicherheitsan-

Wendungen.

Sicherheit schaffen

durch frühes Erkennen

Fest steht: Die Umstellung einer Firma

auf eine alternative Technologie ist ein

langer Prozess. Jahrzehntelange tech¬

nologische Erfahrung lässt sich nicht

innerhalb von Monaten substituieren

und auch die Anpassung anderer

10 new management Nr. 9 | 2006

Page 142: Management von umstrittenen Technologien

l8 ^^^WhB Management umstrittenor 1 eihnolopien

(Tesehatlspro/essc benotigt Zeit Will

ein llnttrnc hintn chest Veranderun

gen die\on umstrittenen [echnologien

ausgehen, ohne unnötige Hektik mcis

tern oder sogar /um eigenen Vorteil aus

nut/en, muss das Management aktiv

nach frühen Anhaltspunkten sieh an

bahnender Kontroversen sut ht n

Der Id( ntifikation von Zweifeln

kommt eine Schlüsselt ollp zu (Rottgcr

2001, S 255fr) I îuhes Wissen über mog

liehe Akzeptanzprobleme einer einge

sc t/ten I et hnolugic erlaubt es die Tech

nologie Abhängigkeit zu vemngern

und alternati\e Losungsprmzipien zu

entwickeln Zudem lasst sich die Sub

stitution mit anderen Prozessen syn

chronisieren und Langzeittests sind

möglich Die Kosten sinken und die

Sicherheil steigt

Gesellschaftliche Prozesse

sind ausschlaggebend

Der Druck /um Phase Out einer Tech

nologie entsteht durch das Zusammen

spiel der Betroffenen, der Öffentlichkeit,

den Reguldtoif n der Wissenschaft

(/um Beispiel der! mwcltmcdi/m) und

den indirekten Profileuien wie bn

spielsweise politise he Parteien Medien

Liauser oder Protekliomsten (siehe Ab

bildung r auf Seite 1/) AlleTeehnolo

gicn weisen nach dem nt ue>ten Wis

sensstand bei ihrer Zulassung keine

unzumutbaren Ncbeneflekte auf Alle

spater entdeckten Lffektcsinddetnnat h

nu ht offensichtlich und die Betroffenen

korinen sie häufig gar nicht eindeutig

zuordnen Fbenfalis sind lange Zeitver

/ogerungen die RegelGilt eine Technologie im Lauft der

Zeit als umstritten, kann dies verschie

dene Ursachen haben

Die Nebeneffekte der 7t e hnologie

haben sic h verstärkt oder smd neu

entstanden

Die Nebeneffekte werden nicht

mehr akzeptiert

Die Messmethoden zum Nachweis

der Nebentffckte haben sich ver

bessert

Die Betroffenen smdeuipfindhcher

geworden

DieBctroffcnt nsineleinfrussrcichcr

gewoidenDie Öffentlichkeit skandalisieit die

lechnologie

Indus kt Betroffene (Dritte) nutzen

das Thema fui cigcnt Interessen

Studien decken Mangel auf

Oft sind mehrere Ursachen Auflöset fur

eint kontroverse Am Anfang steht abe r

meist emf wisstnsthafthe he Studie die

auf mögliche Nedentftektc cmerTeth

nologie hinweist Die Massenmedien

greifen diese Resultate auf, und die

Gesellschaft projiziert die Laborbedm

gungen grosszugig auf die Realität Die

wissenschaftliche Logik von Ursache

und Wirkung wird durch das mediale

latei Opfer Denkschema ersetzt Ahnh

che Begriffe weiden v( 1 wechselt, die

Kontioverse schlappt auf mtht betraf

fenc Produkte ubei Der öffentliche Dis

kurs entfernt sich immer mehr von den

wissenschaftlichen Fikenntnissen und

wird teilweise durch unbetnl igte Dritte

verstärkt

Abb. 2: Warnhinweise im Umfeld eines Unternehmens

'Fr*«

Lieferanten

Verbesserung««Irtfermätf»! Pmh

AnlagijUefann

^esMbenchte,

Anfragen

il

Informationen aus dem gesamten Umfeld müssen von der Ceschaftsleitung zu einem Gesamtbild verdichtet werden

10 new marine ment Mr 9 | zoqG

Page 143: Management von umstrittenen Technologien

Management umstrittener Technologien jjj^^f^fl 19

Viele Staaten betreiben zwar Iiisli

tutionen, die die Auswirkungen von

Technologien abschätzen, doch sind

diese Folgen nur beschränkt vorherseh¬

bar. In den letzten Jahrzehnten haben

die Regulatoren daher vermehrt Vor¬

sicht walten lassen und Beschränkun¬

gen erlassen, die über die wissenschaft¬

lich erhärteten Fakten hinausgehen

(vgl. Wiener 2005, $.111 ff). Sic wenden

auch zunehmend Kriterien der Risiko¬

wahrnehmimg an, da schon alleine die

öffentliche Reaktion aufdie vermuteten

Risiken beträchtliche Schäden anrieh

ten kann (Calow j «y8. S. 308ft)- Bei der

Analyse technologischer Kontroversen

muss das Management daher neben

den rein wissenschaftlichen Unlersu

chungsresultaten auch weitere Krite¬

rien hinzuziehen.

Die Früherkennung ist

Aufgabe der Geschäftsleitung

Warnhinweise treten im gesamten

unternehmerischen Umfeld als frühe,

schwache Signale auf (Kuhn et al. 2003,

S. isff). Unterschiedliche Abteilungen

können sie erkennen (siehe Abbildung

2 aufder rechten Seite ), wobei die ersten

Anzeichen oft in Unternehmensbcrei-

ehen auftreten, die sich nicht intensiv

mit der Technologie befassen. Es ist

daher Aufgabe der Geschäftsleitung,den Informationsfluss zu gewährleistenund die Mitarbeiter zu sensibilisieren.

Oft müssen diese aber solche Themen

dem Topmanagement geradezu '<ver

kaufen» (Licbl 2003, S. 106fr),

Neben internen Berek hen sind

bestehende Geschäftsbeziehungen eine

häufige Informationsquelle: Der Liefe¬

rant macht auf neue Komponenten auf¬

merksam, Kunden fragen nach der Ver¬

wendung eines bestimmten Stoffes oder

die Hersteller der Produktionsanlagen

informieren über Weiterentwicklun¬

gen, Hinweise aus diesen Quellen be¬

deuten keinen Informationsvorsprung,

da sie sich innert ku rze r Zei t in der Bran¬

che weiterverbreiten. Lin nachhaltiger

Wettbewerbsvorteil ist nicht möglich,

im Gegenteil. Denn die Informationen

sind häufig durch die Eigenintcrcssen

der Informanten gefärbt und wider

sprechen sich. Durch diese Informa¬

tionsflut kann grosse Verwirrung ent

stehen, wie derFall derbleihaltigen Lote

aufzeigtUm frühzeitig auf Zweifel aufmerk¬

sam zu werden und besser vorbereitet

zu Sein, müssen Unternehmen andere

Informationsquellen überwachen und

alle Abteilungen mit einbeziehen. Das

Erkennen und das interne Kommuni¬

zieren solcher Themen sind von ent¬

scheidender Bedeutung. Die Geschäfts¬

leitung muss schwache Signale aktiv

sammelnund zu einem Gesamtbild ver¬

dichten. Nur so kann sie ein systemati¬

sches Vorgehen erarbeiten. Ein Grund¬

verständnis über die Entstehung einer

technologischen Kontroverse ist dabei

sehr hilfreich.

Bewusstsein in den

Abteilungen schaffen

Unternehmen setzen eine grosse Zahl

an Technologien ein- dieGcschäftslei-

tung muss sich über deren Akzeptanz

im Klaren sein. Einige Technologien

sind offensichtlich, viele aber sind in

eingekauften Komponenten oder Anla¬

gen versteckt und nur wenigen Mitar

beitern bekannt, Danehen nehmen ver¬

schiedene Mitarbeiter einzelne Tech¬

nologien unterschiedlich wahr. So ist

beispielsweise das bleihaltige Lot in der

öffentlichen Wahrnehmung primär ein

«Schwermetall»,im Bereich Forschung

und Entwicklung eine «Zinn-Blei

(SnPb)-Legierung» und im Einkauf ein

nicht «RoHS»-konformcr Hilfsstoff.

Eine Liste der eingesetzten Techno¬

logien ist ein erster Schritt zur Identifi¬

kation relevanter Kontroversen, Diese

Liste umfasst die wichtigsten einge¬

setzten Produkt- und Prozesstechnolo-

gien und trägt den unterschiedlichen

Sichtweisen auf die Technologien Rech¬

nung. Aufkommende Zweifel lassen

sich anhand dieser Liste von den Mit¬

arbeitern rasch auf ihre Relevanz, hin

beurteilen und bei Bedarf an die für die¬

ses Technologiefeld verantwortliche

Person weiterleiten. Daneben ermög¬

licht die Liste die Kommunikation

anhand technologischer Kategorien:

Die zuständigen Personen bereiten die

potenziellen Issues auf und berichten

diese periodisch der Geschäftsleitung.

Der Ausstieg aus bleihaltigen Loten

in der Elektronikindustrie ist kein Ein¬

zelfall (vgl. Fnstei et al. 1993). Ein weit

verbreiteter Einsatz von Technologien,

analytische Fortschritte beim Nachweis

von Nebeneffekten und die gestiegene

öffentliche Wahrnehmung von negati

ven A uswirkungen schaffen Zweifel an

den eingesetzten Technologien. Auch

die Chemie- oder Nahrungsmittelin¬

dustrie sowie die Telekommunikation

befassen sich mit ähnlichen Fragestel¬

lungen. Klar ist, dass Firmen, die solche

Themen identifizieren und systema¬

tisch bearbeiten, mehr Zeit haben, um

technologische Alternativen zu ent-

w ickeln.

Literatur

Calow, P, (jggü). Handbook o/Etwironmental ftisk

Assessment and Mayiaqement. 'Hlachuell Science,

London.

Foster, K. R.; Bernstein, D. E.; Huber, P. W.

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the Law. The MITTress, London.

Kuhn, M.; Kalt, C; Kinter, A, (1003): Chefsache

Issues Management. F.A.Z.-Institut, Frankfurt am

Main.

Liebt« F. (icjqd): Der Schock des Neuen. Entstehung

undMuhaijcment von Issues und Trends. Gerling

Verlag, München.

Rottger, U. (i-ooi): Issues Management, Theoretï

sehe Konzepte und praktische Umsetzung. West¬

deutscher Vcrlaq, Wiesbaden.

Wiener, J. B. (2003)1 Wlwse Precaution After All? A

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Regulatory Systems. In: Duke journal ofCompara¬

tive G International Law. ] J fV.

lonew management Nr. 9 | 2006

Page 144: Management von umstrittenen Technologien

6 Kopien der Publikationen VI

6.5 Qualitätsmanagement bei umstrittenen Technologien

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2007): Qualitätsmanagement bei

umstrittenen Technologien, in Pfeifer, T. und Schmitt, R. (Hrsg.)

Masing Handbuch Qualitätsmanagement, München, Carl Hanser

Verlag.

Page 145: Management von umstrittenen Technologien
Page 146: Management von umstrittenen Technologien

ber ';rrn.ç,t'*:+x'r'". *

Tc-.-^."GiogienRoman Bautellicr una" Andreas Biedermann

26.1 Einfluss umstrittener Technologienauf die Qualität

26.1.1 Kritischer Umgang mit Technologien

26.1.2 Trends in der Wertschöpfungsketle

26.1.3 Qualitätstrends

26.1.4 Konsequenzen für Unternehmen

76.2 Mechanismen im Umfeld sind

ausschlaggebend

26.2.1 Auswirkungen und Betroffene

26.2.2 Wissenschaft

26.2.3 Öffentlichkeit

26.2.4 Regulatoren

26.?..5 Indirekte Profiteure

26.2.6 Drei Managemontaufgabon

26.3 Identifizierung einer

umstrittenen Technologie

26.3.1 Identifikation der Kontroverse

um eine Technologie

26.3.2 Bestimmen des eigenen Einsatzes

der 1 echnologie

3

26.3.3 Anstoß von systematischen

Abklärungen 14

4

4

76.4 Umgang mit einer umstrittenen

Technologie 14

676.4.1 Dominantes Design 15

726.4.2 Lock-In-Situation 16

26.4.3 Zugzwang 16

8 26.4.4 Trade-Off 17

9

9

26.5 Phase-Out einer umstrittenen

Technologie und Clean-Up 17

926.5.1 Substitution oder Marktausstieg 17

10

11

11

26.5.2 Aufräumarbeiten nach dem

Phase-Out 19

26.6 Implikationen für das

Qualitätsmanagement 19

1126.6.1 Umstrittene Technologien - Ein

typisches Qualitätsthema 19

11

13

76.6.2 Fünf Handlungsvarianten 20

26.6.3 Langzeitzuverlässigkeit von

Technologion frühzeitig adressieren 20

26.7 Literatur 21

1

Page 147: Management von umstrittenen Technologien

f'mmerwieder kommen Technologien unter Druck der Öffentlichkeit und werden

verboten. Unternehmen, welche mit einer solchen Situation konfrontiert sind,

r bewegen sich im Spannungsfeld zwischen dem Druck aus dem Umfeld, diese

-À, Technologie nicht mehr einzusetzen, und der Verfügbarkeit von Alternativ¬

technologien. Kurze Entwicklungszeiten, globale Markte und kritische Kunden deuten

darauf hin, dass sich Unternehmen in Zukunft vermehrt mit umstrittenen Technologien

auseinandersetzen müssen.

Die Qualität von Produkten wird durch die Erfüllung von Kundenansprüchen definiert.

Der Kunde entscheidet maßgeblich auch über die Akzeptanz einer Technologie Wenn

eine Technologie in der Öffentlichkeit unter Beschuss gerät, kann die Vermeidungder Technologie zum Qualitätskriterium werden. Qualitätsanforderungen für etablierte

Technologien sind höher als Anforderungen, welche an neu am Markt eingeführte

Technologien gestellt werden. Alternativtechnologien müssen daher bereits zu Beginn

ihrer Anwendung ein hohes Leistungsniveau erreichen.

Eine spezifische Technologie kann in vielen Produkten zur Anwendung kommen. Einige

Technologien werden durch das eigene Unternehmen direkt eingesetzt, der Großteil

wird aber durch die Lieferanten implizit in zugekauften Komponenten oder Rohstoffen

geliefert. Die Beschaffung spielt daher eine wichtige Rolle beim bewussten Umgang mit

umstrittenen Technologien. Da sich Lieferanton gegenüber ihren Kunden nicht gerne zum

Thema umstrittene Technologien äußern, muss die Beschaffungsabteilung aktiv auf

die Lieferanten zugehen und den systematischen Umgang mit solchen Technologien

initiieren.

Unternehmen müssen drei Hauptaufgaben erfüllen: Identifikation der Technologie als

umstritten, bewusster Umgang mit der umstrittenen Technologie und notfalls geordneter

Phase-Out, Auch wenn die Technologie nicht mehr eingesetzt wird, beschäftigt sie

Unternehmen auch nach dem Phase-Out noch weiter, da z. B. noch Eratzteilgarantien

erfüllt werden müssen. Der Umgang mit umstrittenen Technologien ist oft Aufgabe der

Qualitätsabteilungen. Aus diesem Grund ist ein vertieftes Verständnis wichtiger

Mechanismen notwendig.

2

Page 148: Management von umstrittenen Technologien

/it 1 1 iniliES um im Il oit (ii. ifJ II Wîl (iH (lLnIlldî

26.1 Einfiuss umstrittener

Technologien auf die Qualität

I in le(hnolugiewe<.hsel stellt gtofie Ilernusfoideninyii in

das Quulitatsm.m igement, da o(t FrlahiunKsdaten leiden

und das Uualit itsvetstaiidms lut die neue Teihnoloye

noch wem;, enmukelt ist Viele Lelllhuihet veitleteli

die Meinung das, ein lrchtiologiewecltsrl dutth neu etil

uk kellt Itthnologun nul iihohiot I t isrungsfanigkt P

ausgt iost wnd Ca seilst haftiu hi und nitbt zuktzt Öko¬

nomist ht Faktoren bepinflussen dip Diffusion neupt Ferh-

nolngien und den I ock-ln alfpr TPthnologien

Im uithttgei Mechanismus aus dem gesellschaftlichen

Umfeld, wekhel m den letzten Jallt/ehnleti veiinelut

zum Tedmolo^iH'liase-Out s-efuhil hal isl du ktiltk an

cuigesel/lrn Itt hnologit n Das Instkli/id DIU, 1 luor

c hloikohlcnw.tsscistofit (i C KY\ ) m Kuhlschtankt n otlet

\sbt s! als Isolaimnsmafpnal wurden Miffp des letzten

hihrhundPrts als hahnhrpclipnde rrfmdungen gelobt und

fanden weile \ erbreiUitu; Inneihalb weiiigei lalm enl

0 —

Kt Bisphenol A bereits in

niedrigsten Dosen

scnadlioh7

Nein

Ja

Öffentlich finanziert Industne-findii^iert

Abb ?6 1 Dwergioende /oischungs/esultate ethotteti dit Unt,i-

r hfi hat (vom Sanl/Hughcs JOÜb)

\ut kellt n sic at h abet m det V\ aliinelitiluni; seihet zu

Pioblotnvt rursat horn und worth n nat h dt i Inldttkutt^

dei schädlichen Nebpnwitkungen veibottn (iah 26 1)

Zivai smd tet hnoloysc he Linialle Mie Seveso (1976),

1st iietnobvl (198ô) oder loulouse (2001) seltenei ge-

woiden jtdoth lotdetn st bleu hernie Probleme des lech-

iiologuansal/cs unti du dataus icsuitlett ndeli Ängste

tinlornt limon und Cost list hail vermehrt Gerat eine ein¬

gesetzte Terhnologit- unter Upschuss, wird tititn \ t mit i

dune, schnell zum üualitatskntetmm

Lange ignorierte Zweifei an Technologien und

unsichere Resultate

Bereits ein Jahr nach der Fntdeckung der Röntgenstrah¬

len im Jahre 1885 erschienen erste Berichte über be-

strahlLe Personen mil massivem Haarvcrlust und starken

Verbrennungen Nichtsdcstotroiz wurden Röntgenstrah¬

len verbreitet angewendet, bevor ein restriktiver Einsatz

verfolgt wurde Auch bei Asbest begleiteten erste Ver

dachtsmomente auf eine mögliche gesundheitliche

Schädigung die Markteinführung Ende des 19 Jahrhun¬

derts 1927 deckte eine Studie auf, dass zwei Drittel aller

Asbestarbeiter anormale Veränderungen dei l ungen hat¬

ten Hinweise duf hormonelle Effekte von Bisphûnol A wa

ren bereits 1933 vorhanden, dennoch findet diese Sub¬

stanz als Weichmacher immei noch in einer großen An¬

zahl von Produkten Verwendung Der Fffekt wurde lange

als vernachiassigbar eingestuft Über die hormonellen

Auswirkungen von Bisphonol A bei geringsten Mengen

herrscht zuKeit große Unsicherheit (Abb 26 1)

Diese Falle folgen alle demselben Muster Die Vorteile

von Röntgenstrahlen und von Asbest waren damals der¬

art überwältigend, dass ihre negativen Fffekte akzeptiert

oder einfach ignoriert wurden Zudem war das Wissen

über negative Tffekte eher von spekulativer Natur

Tdb 26 Î Urrv,tni!?n*> Tee hnoiogien losen Verbote nur

-t;,

Insektizid DDT Unfruchtbarkeit bei Tieren Verbote ab 1972, Ausnahmen

Fluorchlorkohlunwasscrstoffe

(r-CKWs)

Schädigung der Ozonschicht Vorwendung stark eingeschränkt, Verbot ab 2010

Asbest Schleichender Tod stark

opponierter Menschen

Erste Verbote seit 1980, EU-weites Verbot seit

2005, wenige Ausnahmen

Bleihaltige [ ote in der

Elektronik

Freiset?ung von Blei aus

Mulideponien

Quecksilber Kontamination von

Umwelt

Weitgehendem tu Verbot ab A)06

Verbot fur neue Anlagen, kompletter Phase-Out

geplant

Quecksilber-Zelle ?ui

Chlorherstellung

i

Page 149: Management von umstrittenen Technologien

26 Omina riHnag'mtü! lit! unistiitit nui Ik liiioinut ri

Vi.ihitnridit [iiisitrveli Effekte elliel itthnologit in dl i

Regel nnmittPlbiir bei ilnei Anwendung suhtb.n sind

manifestieren steh ntguli\e Aiisvvnklingen oft erst nach

ciuei laitnzztit von lahren Zahlend diesel Zell dillun

dieun dies! Technologien m eine Vielzahl ,111 Anwen

düngen und du Untt rn< hnn n guatm m Abhängig!« il

Wenn du ntgativt Tffekt del Technolugie sithlbai wild,

ist ( in Terbnologieuechsel beieiLs mil hohen Aulwentliin

gen verbunden (Collmgiitlge 1980)

26.1.1 Kritischer Umgang mit

'i echnologien

Phase-Out von bleifreier Elektronik

Seit Mitte ?006 dürfen auf dem europäischen Markt

fast keine elektronischen Gerate mehr verkauft werden,

welche Blei enthalten Da ßlei seit Beginn der Elektronik

als Legierungsbestandteil im Lotzinn verwendet wird, be¬

deutete diese Umstellung fur die hrrnen einen großen

Aufwand und verursachte Unsicherheiten Jahrzehnte¬

lange technologische Erfahrung kann man nicht inner

halb weniger Monate substituieren und auch die An

passung von Geschaftsprozessen benotigt Zeit

Viele Branchen sind heule mit lethnologien unter Druck

knnfionüeit hrmen in der I"(lekommunikation befassen

sieh mil gesundheitlichen Risiken elektromagnetischer

Strahlung, Tier stellet von (.ompuler Pei tphonegeraten ge¬

hen del liage nar h ob Ustatuien tatsachlich Lang

/eit&tluden des mensrhlirhen Nervensystems aus!us"n,

und Iasoidrutker erzeugen mogluheiwoist loxisthe

Gase (vergleuhe Tab 26 2)

Uass lechnologischer hülst null rnthi nm positive Seiten

hat ist seit 1 angem 1111 gesellst haltht hon Bewusstsem \ei-

ankert Bel del hnluhiung last jeder Technologie gibt es

Zweiiei an tleien L nbedr nkhrhkeit Sie veistaiken sah

oft mit zunehmender \ eibieilung t int 1 Itthnologit Dit

Beurteilung diese! Zweilel ist eine ansprut hsvolit \ulgubt

flu jedes (Inleint hint 11

Auch unbegründete Zweifel an Technologien

Die Finfubrung von Eisenbahnen wahrend der Indus¬

trialisierung war von massiven Zweifeln begleitet, ob

die „unnatürlich hohen" Geschwindigkeiten schädlich

fur die Roisenden seien Bislang konnte dieser Vercacht

nicht bestätigt werden

Ende der 1980er Jahre führte der Hersteller von Alai,

einem zugelassenen Pestizid fur Obstbäume, Untersu¬

chungen durch, um dessen Unbedenklichkeit zu über¬

prüfen Vorläufige Untersuchungsergebnisse gelangten

an die Öffentlichkeit und führten zu einer panikartigen

Reaktion des Marktes, in dem die Nachfrage nach

Aplein massiv einbrach Der Hersteller von Alar war

von verschiedenen Seiten her gezwungen, das Produkt

vom Markt zu nehmen Fin Panel der Vereinten Nationen

stufte Alar einige Jahre spater als harmlos ein

26 } 2 Trends m der Weilst hoptungskette

Veränderungen m del WertsihopfungskeUe deuten daran!

hui ilass sit h Unleinehmen in /ukunfl vermi hrt mit um

sliillenen let hnolotiit n belassen müssen

' Glubalisieiung und Uisiiul/eti von Skalentifeklen Pro

dukle werden so rasrh wit möglich eingeführt uhne

große !t sts

» Modularis» ningderYveitschopfungskette linmei mein

wird eingekauft Lieferanten enlvtitkeln aul 1 igt ne

I aust

> Lnbewusslei Einsatz von Basisti c hnologit n 1 nlerneh

men wisstn mt hl mt hr was in ihien Produkten alles

enlhallen isl

Tab 26 2 Viäle Ter hnobgirn haben das Potenzial nin^e^ündiikt /u werden

Im'.*'' j»#"^ 1 rt.Jf'ï'XkM<4M/a,?éêéir>jf't.t'*

"'

Mobilkommunikation Ängste vor gesundheitlichen Auswirkungen

auf Menschen

Starke Vorschriften zum Bau von Antennen

Medienprasenz des Themas

Compute! I aStaturen Schädigung des Nervensystems durrh Tippen,

Muskelschadigungen

Diskussion in dei Euchwoll,

Auswirkungen unsicher

Tonei der I aserdi ucker Toxische Substanzen,

Nanopartikei in dei Raumluft

Diskussion in der Presse Aufbau von

Interessenverbanden

Explosivzundung von

Airbags

Schädigung des Gehörs und dei Atemwege,

msbcsondeie be! Kleinkindern

Wissenschaftliche Studien deuten auf einen

Zusammenhang hm

4

Page 150: Management von umstrittenen Technologien

/(> 1 ! mflus um .lullt nei lei hiiiiiouei iul dit Üüiiu-tt

Cdolhih^leiung und Ausnutzen von Sktdeiietlckteu

Die 01 f 1) (2003) hat Kiaken weicht dim h let hnologien

het wngciufon weiden, .its eine (ici gioßton lleiausfoidc

innren in fit n kommenden Inhrzehnfen identifiziert Heu¬

tig! \V' rtschopfungssv sterne smtl duicliclieGlobalisieiuiig

i ngi r mifmialidei veikliupft und stalkel vonelnahdcl

abhängig ah |e zuvoi was deieii Behensi hung rnassi\ t1

schwelt odet sogal vt lUninoght ht (Poiitm ls>92) 1 m Ska

leneffektt /u nul/en iokussieien su h Unternehmen auf

(Millet wenige keime thnnlogten Daher muss ein wachsen

der Ani< il des le chnologiepoiffolios von externen Partner-

fiimen zugekauft wilden Dies fuhrt dazu, dass die tech-

holuglsdic Ubeisichl im i igcnen Untcinthmcn ahnimmt

Man wi US immer un In von immei weniger

Spt ziahsieiung er/engt „technologische Monokulturen'

inniihalh der t nlernehmen und audi entlauf, del Vvelt-

schopfungskette Die L meint Innen weiden so von knli

sehen fedinologlLii abhängig MonokuliiiH n stelli n i in

kluilipeniisiko dar da su besonders anfällig gegenüber

eAleinin Sltirungtn sind /um t inen können su h these

Stillungen in form von Zweifeln rasch ausbreiten und

/um Hilden n steigt die Abhängigkeit von eine! lethnolo

git mil ihrei \erbreitung, sodass die Auswiikungeii del

Ablihnung einer Terhnnlogie /unehmen

Du I M Aufwendungen fur neue Technologien sind /um

led massn angestiegen Damit diese Investitionen einen

miiunltlgon Return on inves! warbt lien, müssen neuf

lechnologicn mneihalb kur/i slor/( il auf voller Breite glo

bal eingi fuhrl werden Die 7eit fur intensive Tests fehlt

und sie »erden nur doit duichgefuhrt wo Nebeiiwitkun

gen \on \nfung an auftieten oder wo lests vol Kesdn leben

sind, wie / R m del Pliai mazie

MotluLin-yU'rung der VWtjschnpfungskette

US ameiikanist ht 1 irmen sind heute durchschnittlich

noch in zwei Bianihen lang, 1973 waren es vier {Tapsiott

1096) Aili Bianihen speziahsie ien ihie Albeit stalk ent¬

lang der Wertsihopftmgskette Nicht nur die Automobil-

und Pt Industrien sind diesem Trend unteiwoileu Audi

Industrien, welche lange Zelt von slaik mlegiieilen Unlei

nehmen geplagt Walen wenden \eilnehit Arbeitsteilung

über che tinteinelimensgienzen hinweg an Sjslrmenl

Wickler fokusslelell aui die Hinktiunseilullung und setzt n

dazu llll .\etzwerkan tieft tauten und Paitnernt in Modut

lieleranten beliensthen eine Bauguippt produklionstet h

mscli und leallsieien Skalenefleklt, indem ein Modul

mehrfach eingesetzt wutl lethnologist ht Weiltet ntwttk

hingen weiden vereinfacht und beschleunigt

Modularisierung der PEI-Rasche

Bier aus Ptl Flaschen feiert zurzeit einen Siegeszug

Lieferanten schätzen, dass m Zukunft ein beachtlicher

Anteil des Marktes von Glasflaschen auf diese neue Tech

nologie wechselt, was einem ansprechenden Wachs¬

tumspotenzial bei einem weltweiten Markt von jahrlich

übet 100 Milliarden Haschen entspricht Neben den Vor¬

teilen von PET in Bezug auf Gewicht, Robustheit und

Enlsorgungsfreundlichkeit schon sich die Hersteller mit

einer großen Herausforderung konfrontiert PET ist fui*

Gase und Licht viel durchlassiger, weshalb Sauerstoff

und Licht das Bier rasch ungenießbar machen „Diffusi¬

ons- und UV-Barrieren" sind daher fur den Erfolg det

PFT-Flaschen entscheidend

Formgebung, Verschluss, Ftikette und Material bestim¬

men die Barnereneigenschaften einer PET-riasche Fur

jedes dieser vier Module sind Spezialwissen und spe

zielle, investitionsintensive Produktionstechniken notig.

Die modufare Produktentwtcklung wird durch einen Sys

tementwickier koordiniert, welcher im Fall der PET-Fla

sehen in dei Regel gleichzeitig der I lersteller der Flaschen

ist

Der Tri nd zur Modularise rung dl i Wi rtsthopfungskttfe

beruht auf wer Umwicklungen steigende feclmohgieviel

{nil verein!willen OulviiiKing Zeigende Komplexität dei

Pioduktr und liniv,paienz entlang dei Weilvhopjung-ikitle

Wegen det steigend? n Technologieidfalt ist t s kaum mihi

möglich, dass em Inteinthmen alli eingesetzten Techno¬

logien vollständig beherrsi ht Toehnologjepirtner gewin¬

nen an Bedeutung Veieinfttchtri, Outsourcing wird durch

die VV10, LL und NA1 1A erwirkt Diese lassen Btn-

heiimaikte wachsen und veiemfadieii den Technologie

liansle! zwischen Unternehmen Die ^k'lgaidi kolhphuUlt

da Piodukk zeigt sich daeluidi dass heutige Pinclukte

mein Funktionen ei füllen km Mobiltelefon ist heute nicht

mein nui Spiac htcloltui, sondern Agenda Musikplavci

oder auch I oloapparat gliithziilig Tnmymienz enllnnis

dei Wnt',(hopfim^keftt /eitrt sich d idurch, dass Tort

sihntti im elektronischen Datenaustausch entlang der

Wi rtseliopfungskette e*s irhuben, die Qualität dir Pro¬

dukte und auch die Kosten tramparentei /u kontrollieren

Daneben erleichtern sie che opeiative Kooitlination zwi¬

schen L hlei nehmen

Damit steigt die logistiscbe Iranspaienz Well abei JVlndul-

liofornnton se Ibe r enrwicke In, sinkt die Technologie-1 bor-

sichl kein Unternehmen weiß heult noe h, weit ht Pro-

duktteehnologien in allen Produkfem stecken Noch sthhm

mer ist es mit den Pro/esstechnolngien, da diese oft l>e-

wusst geheim gehalten weiden

5

Page 151: Management von umstrittenen Technologien

zo (liialuatsmanagemcnl hei umstrittenen 'krlinoiegien

Vnhewinvter Einsat? vim Busistechntilogieu

In jedem Produkt wird heute eine große Zahl an Techno¬

logien eingesetzt, damit dies den heutigen Ansprüchen

genügt, hinige; Technologien werden direkt durch den Her¬

steller der hndprodukte hin/.ugelügt, ûe!J größte Teil wird

aber durch voigeiagerie Stellen in der Werlsohöpiung.s

kette bei der Erstellung von Halbfabrikaten oder Roh¬

stoffen verwendet. Viele dieser Technologien sind heute

mir noch den Experten bei den Zulieferern bekannt und

der Beilrag, welchen diese 'Jeclinoiogien zum Hndprodukl

leisten, wird von Laien oft nicht mehr wahrgenommen.

Elektrizität wird zur Basistechnologie

Bei der Elektrifizierung vor übet hundert Jahren verfügte

jedes größere Unternehmen übet eine Funktion, welche

heute wohl als „Vice-President for Electricity" bezeichnet

würde. Die elektrische Grundversorgung war keineswegs

gesichert und auch Spannung und Frequenz waren noch

nicht standardisiert (Economist 2004}. Heute setzen die

meisten Verbraucher Elektrizität als Black-Box-Techno-

logie ein und wissen über deren Entstehung und kom¬

plexe Verteilung nur noch wenig. Die Komplexität der

Stromnetze läuft Gefahr, unterschätzt zu werden, Die

Elektrizität wird als selbstverständlich wahrgenommen

und die neuen Abhängigkeiten sind vielen Personen

nur bei Ausfällen bewusst.

26.1.3 Qualitätstrends

Kundenerwartungeii sind das wesentliche Kriterium für

Qualität. Neue Technologien steigern diese Erwartungen

nul der einen Seite und verhindern den Einsatz gewisser

Technologien auf der anderen Seite. Die Qualität wird

zum „moving target".

Schleichende Nebeneffekte gewinnen un Relevanz

Technologische Katastrophen haben die öffeiillkhe Wahr¬

nehmung von Technologien entscheidend beeinflussl. Ne

ben diesen ereignisorientierten Kjsiken evi.süeren auch

Risiken, welche ihre Nebenwirkungen schleichend ent¬

falten {/. R. durch Bioakkuniulation). Obwohl bei er

elgnisntientlerten Ncbenoffektell häufig staristisehe Daten

fehlen, können diesen zumindest annäherungsweise

Wahrscheinlichkeiten und Sehadensausmaße zugeoidnel

werden. Bei schieichenden Effekten isl aber bereits der

Begriff der Wahrscheinlichkeit schwierig /.u definieren,

was den Umgang mit diesen Eiiekien erschwer), Eieig

nisorientierte Technologierisiken scheinen m den vergan¬

genen lahr/ehnten seltener geworden zu sein.

Da Technologien vor ihrer Markteinführung einem be¬

schrankten lestpiozess unterliegen, sind die Nelieneffekte

nie vollständig erkennbai und in der Kegel schleichend.

Darüber hinaus können solche Nebeneffekle oft el'Sl

nach einer längeren I.aion/zoii nachgewiesen weiden,

nachdem die Technologie bereits weitverbreitet ist. Sobald

aber Nebeneffekte erkannt werden, ist die Verunsicherung

groß.

Steigender Tcclinologiceinsat/. bietet keine

Akzept;mz.frimnlie

Der zunehmende Tecbnologjoeinsatz führt selber dazu,

dass Effekte, weiche lange als akzeptierbar gegolten haben

odel niciil waiiigenommen winden, in Zukunft als un-

ciüäghche Last gelten: Sc führte del Anstieg des Elektlo-

niksduoües dazu, dass die ökologischen Konsequenzen

von schwerrnelalihaltigen Eleklronikproduklen veimehr!

Beachtung fanden. Schwerrnetalio wurden schließlich

Mitte 2006 verboten Auch die breite Anwendung von ge

wdssen allergenen Substanzen iührt zur Sensibilisierung

einer größeren Bovölkerungsschichl. Zusätzlich sind breit

eingesetzte Technologien auch slärkei unlei Beobachtung

von Behörden,

Verbesserte Messmethoden und gezielte Analysen

erhüben das Bewusstsein

Wissenschaftliche Methoden zum Nachweis von Verände¬

rungen in Organismen und dei Luiwelt werden immer

genauer (i.aukenmanu 2001}. Die Analvsekoslen sinken,

was die Methoden broiler verhigbai macht. Solche Vei

besserungen sind langsame; und unscheinbare Ero/essc,

haben aber dazu geführt, dass heule Effekte nachgewiesen

weiden können, welche vot einigen lahien noch nicht

delcklicrbar waren. Giaduelle Vciändeiungen cihallon

Tab. 26.3: Schleichend? und crcignivoncnt/crtc Tcchnologicnsihcn

Schleich»* C^lÄJÜlÄillÄlIlPiiltl«ill«IffP^lPiülüM20. Jh.

Aktuell

Asbestbedingte Krankheiten 1961 Contergan (Thahriomid)

Allergieausiösende Substanzen 1984 Chemieunfall in Bhopal

Aktuell

Aktuell

Brennstoffe und Klimaerwärmung 1986 Reaktorungiùck in Tschernobyl

Mobilfunk fül Handys 2001 hxpioüion in Toulouse

6

Page 152: Management von umstrittenen Technologien

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Bleikonzentration

im Blut

1965 1975 1985 1995

Abb 26 2 Blripeh.ilt im Blut zur Definition von Bleivergillung(Sextori et jl 2004)

\t rmehrt Aufmeiksumkeit und uoidi n so „teal und kata-

stiophal wie ubetiasdiendi I ingriissi (lennoi 1V97)

roischungssi hweipunkli «erden heute vermeint unter

publizistischen Crt'sii hlspunkten gewählt da in del Öffent¬

lichkeit piasinle i hemen ( ini ( rhohte Aussicht auf koi-

scbuilgsgeldoi wrsprerhen 7udem eilallbt dieses Voigt

hen die Publikation (1er Resultate unter Umgehung des

VMSSf nsi baftlldiett Peu-Rewew Pro/t sses m populaiwis-

senschaftliihen/eilschiillen (Weingart t'>98) Det wissen

srhaftluhe Quuhtatspiutungsprnzess wild so umgangen

Eni/rhu, m dei Öffentlichkeit e\poiiieile hdinologn n

sind (lain r ( hi i gefährdet untel intensivi Ijborwudiung

/u geraten

Neue Messmethoden decken Mängel auf

„Die neu verfugbaren Anafybemethoden zeigten uns,

dass unsere Pwduktiorisanlagen wahrscheinlich durch

ein Allergen verunreinigt waren welches in einem kleinen

Teil dei Produkte eingesetzt wurde und lebensgefahrliche

Auswirkungen auf allergische Konsumenten haben kann.

Zuvor waren wir dei Überzeugung, das? keine solchen

Verunreinigungen vorliegen Wir stellen die fraglichen

Produkte nun nicht mehr her"

Qualitatsverantwortlicher

eines Nahrtingsmittelbetriebes

26.1.4 Konsequenzen fut Unternehmen

Risiken, welrbe duich ledmologien veruisadit werden

und Dritte betieffen, weiden dunh Management Lxpeilen

und dti Öffentlichkeit untel schiedlich wahrgenommen

Daher 1st du detain groß diss l nt< rn< hmi n \on in

dot Gesellsihdll als lux h ( ing< suifti n Risiken ulx rrasdit

wi rdrn /w( del an eingesetzten Technologien weiden das

Managf ment aurh m Zukunft auf unterschiedliche V\eise

ht schattige n

» Die Verwirrung um eine lechnologie bindet viele Ma

nagementkajiaataten und kann /u einem Linbtudi des

Unrernehmenswertcs fühlen Die Aktien des lcduio

logieknri/erns ARB stiegen maikant, nachdem del As¬

bestfall in den USA mit einem "\ ei gleit h abgeschlossen

werden konnte

& Die resultierend! l nsu beilud u'ihmdirt lançnftisltgt

Investitionen Aul der euu n Sehr misstrauen Kunden

der eingi sitzten Technologie, da ihre Zukunft nicht

mehr gesichert scheint, auf del alideleti Seite kämpfen

Alternatstechnologien aber mit kmdeikianklieilen und

che neue dominante Jeduioiogie ist noih unklar

• Del Phase-Out eltu'i lerhnologie lauft in der Regel

schnellel at) als die Dillusion Dennoth ist it em hinirci

Ptoztbs (Abb 26 3) Lange ilnstige Verpflu htungen

binden die Unternehmen teilweise not h uhei lalu

/.etink

Abb 26 3 Verbreitungund Phd$e-Oul van hin

hdltipcn I otmatermhen in

der Elrktrnnik

| Verwendung bleihaltiger Lote in

der ElektronikGesellschaftlicher Druck

Erste Zweifel

Phase-In

Studien zu gesundheitlichen

Auswirkungen

Industrielles Loten von Elektronik

Anstieg von Elektroschrott

Zeit

EU-Verbot in Krafl

japanische Unternehmen

künden Phase-Out an

7

Page 153: Management von umstrittenen Technologien

26 Qualiutsm m i^tmtm hu imMinnnui lithrui

Lange Erfahrung in der Chemie — Restunsicherheit

bleibt

in den 1960er Jdhren erregte das Buch „Silent Spring

von Rachel Carson {1962} zu den miUof und langfristigen

Auswirkungen des Insektizids DDT massive öffentliche

Verunsicherung über den damaligen großzugigen bnsatz

von synthetischen Substanzen In den folgenden Jahr

zehnten hat steh die chemische Industrie intensiv mit

dem eigenen Umgang mit Risiken auseinandergesetzt

Die Risikomanagementmethoden fz ß mathematische

Modeile, Fxtrapoiation von Laborversuchen Good Manu

factoring Practice) in dieser industrie hdben einen hohen

Spezialisierungsgrad erreicht

Aber all diese ausgereiften Methoden und großen Men¬

gen an Daten werden nie alle Zweifel an einer Techno

iogie beseitigen können da die Beurteilung eines Risikos

zum einen selber Unsicherheiten in Bezug auf An

nahmen, Wahl der Samples, Verständnis der Kausalitäten

und Versuchsfuhrung aufweist und zum anderen immer

wieder neue Arten von Risiken identifiziert werden

können welche bislang noch nicht betrachtet wurden

26.2 Mechanismen im Umfeld

sind ausschlaggebend

Dis unternehme!isrbe I mfelü bestimmt die Ak/epian/

\on Technologien fiesellschiftliches System und Wert

schopfuti^skttn sind du wtscntiuhcn Faktoun

(Abb 26 4} Im dm \ erlauf t mer kontrovtisc um u\t

itthnologit und (h( damit urbundtntn Qu^hlalsprobit

mt /u v< rslt ht n solllt sich das Unit rnt hmt n t \m n übt r

blick ubi r du v\it hiigstt n Akh urt ursthuTtn

Das <"£ scIhchafthchc Vmjdd befiehl uis \ktfuitn vukht

tk n ihn; k/um Phast Oui einet Jethtiub ieet/eu^en He

liofhiu '/ B \rh<il(i o(k i konsutnt ritt n) Offtntlkhkeit

und Rf ^ul ihm n I) int 1k n bttmflusstn /v\ti wtiltit

Gtuppen dis \ethdten dn din II nipUkh urt I)<lt Wis

setisdutU welche den \ebenefffkt det Ttchnologu untti

sut hl und indu ekle Profiten.) e \\ eiche \ on dei Abkhnung

t mt r Itthnologit odt r dir korüruvtrst piohLitten

Du Tfiitnti in dt! Waise iiopfun^skttU sind vom LinsaLz

dt i itthnologit abhan^iL, unti d iht r daran llileî stielt

tnlvudti tiit Itthnologit. cinsct/ui zu knnue!) od*--!

abfrnnt pdsst ndt Altt rnalivit t hnolo^it /u [luden Dutch

dit Sp< /i iIisk rung dt r Unit rnt hmt n vt ilu^t n du Unk i

nehmen welche eine umstimmt Ttthnniogit tmstl/tn

haufit, nicht inthr über d^ technologisch) Uisstn und

müssen vLiiiichtt^atizt PinduktionssyMf im von < \tnnto

1i1 hnologit 1h Ie i finit n bt /u ht n

Gründe fur den Druck zum Phase-Out einer

Technologie

Gerat eine Technologie im Laufe der Zeit unter Druck, so

kann dies mehrere Ursachen haben

— Nebeneffekte der Technologie haben «sich verstärkt

odet sind neu entstanden

Nebeneffekte werden neu erkannt

Bereit«, bekannte Nebeneffekte werden nicht mehi

akzeptiert

— Betroffene sind empfindlicher geworden

— Betroffene sind einflussreicher oder zahlreicher go

Worden

— Öffentlichkeit skandaltsiert die Technologie

Indirekte Profiteurs nutzen das Thema fur eigene

Interessen

GpSRllschaftfichps Umfpicf

indirekte Profitcure

W SSpnsrhrtfl

Wprtsc hopfunq "ï k ette

Technologiepip ri itpn

(Vcrmutf wh

BetrottPRP

Öffentl r hkp f

Regulatoren

Druck zum Phase-Out

Technnlng e

Alternative

Iprhnnlnnipn /

Kunden

ilfirtrwf Miif r

Abb 26 4 Unternehmen

sches Umfeld bei umstntte

non Icchnolopicn

Page 154: Management von umstrittenen Technologien

?(>.? Mechanismen in» l mkild sind ïiiif^rhlayijebend

26.2.1 Auswirkungen und Betroffene

Negative Effekte von Technologien üeien durch Ijii'älle,

öffentlichem Bewußtsein oder durch die Produkfbeob;ieh-

tuug von Unternehmen zutage. Wurden bei der Markt¬

einführung einer'technologie ihre möglichen Auswirkun¬

gen seriös abgeklärt, berulien neue .Nebenwirkungen in

dei liege! ;nif wissenschaftlichen Untersuchungen, die un

lerschiedlich ausgelegt werden können, da sie den gängi

gen Annahmen und damit meist bestehenden alteren wis

setischaftlichen Untersuchungen widersprechen. Grup¬

pen, welche sich betroffen fühlen, haben zwei wirkungs¬

volle Möglichkeiten, um sich gegen die 'technologie 7\\

wehren: „Sie suchen die Unterstützung der Öffentlichkeit

oder die der Regulatoren.

26.2.2 Wissenschaft

Wissenschaftliche Resultate, können immer besinnen

werden Reweise sind daher keine Voraussetzung für die

Ablehnung einer Technologie. Insbesondere sind die Fr

gebnisse von Laborexperimeiiten und epidemiologischen

Untersuchungen mit beachtlichen Fehienniolen behaftet.

Diese Resultate gellen oll nur unter spezifischen Laborbe-

dhigimgeii, deren CbertTagimg auf die Realität schwierig

ist. Einstimmigkeit in der wissenschaftlichen Gesellschaft

über die .Schädlichkell einer Technologie w, ird ofl erst nach

fahren oder gar lahrzchnlen erreich!, in der Öffentlichkeit

und vor allem m der Presse wird diese Unsicherheit oft

ignoriert.

Obwulil der Wissenschaft heute weniger das Bild anhaftet,

unumstößliche Wahrheiten zu liefern, spielt sie in del Fra¬

ge der Akzeplanz einer 'lechnologie erne wichtige Kelle.

Sie liefert in den meisten Fällen Argumente für Befür¬

worter wie, degner. Fin typisches ßeispiel ist die seit Jahr

zehnten andauernde Diskussion um den hinsaiz von Kern

technologie.

Erkenntnis um Schädlichkeit von bleihaltigen

Lotmaterialien in der Elektronik

Blei wurde bereits 3000 vor ChrisLus als Material zum

Verbinden von Objekten verwendet. Römer und Ägypterentwickelten Latlegierungen auf Zinn-Blei-Basis wegen

der geringeren Herstellkosten und der tiefen Schmelz¬

temperatur, Es verwundert deshalb nicht, dass diese

Legierungen bis vor Kurzem auch in der Elektronikferti¬

gung die dominanten Lote darstellten. Daneben fand

Blei seit über 2000 Jahren als weißes Pigment, als

Schutzschicht in Farben sowte als Bestandteil in vielen

Gläsern Verwendung. Blei verhinderte lange Zeit das

Klopfen von Aulomotorcn und wild noch heute in großen

Mengen in AutobaLterien eingesetzt.

Die Schädlichkeit von Blei ist seit Langem bekannt.

Schon 370 v, Chr. beschrieb Hippokrates eine Bleikolik

von Minenarbeitern. Bereits kurze Zeit nach der bin

führung von verbleitem Benzin traten in Raffinerien

rätselhafte Todesfälle auf. Durch diese Vorfälle motiviert

begannen Forscher die Nebenwirkungen von Blei zu

untersuchen. Öko Effekte, welche Schwermetalle ver¬

ursachen, werden seit öun 1920er Jahren systematisch

untersucht; seit 1933 ist bekannt, dass Blei in weiten

Teilen der Umwelt und im menschlichen Körper gefunden

werden kann. Heutzutage beschreibt eine große Zahl

an Studien die gesundheitsschädigenden Auswirkungen

von Blei im Körper, wie neurologische Störungen oder

Unfruchtbarkeit.

Der drastische Anstieg des Elektroschrottes am Ende des

vergangenen Jahrhunderts hat die Besorgnis geweckt,

dass aus Mülldeponien längerfristig freigesetzte Blei¬

mengen negative Auswirkungen haben könnten. Seit

den 90er Jahren ist in den USA ein Vorstoß zum Verbot

von bleihaltiger Flektronik hängig, in der EU sind solche

Lote seit 2006 weitgehend verboten und die japanische

Elektroindustrie hat sich zu einem freiwilligen Verzicht

entschieden. In China ist eine analoge Gesetzgebung

in Vorbereitung. Die globale Vernetzung der Elektronik¬

industrie hat dazu geführt, dass wegen des Phase-Outs

in Europa die weltweite Elektronikfertigung auf bieifreie

Komponenten umgestellt wird.

Während die gesundheitlichen Auswirkungen von Blei

innerhalb des Körpers gut erforscht sind, verfügt die

Wissenschaft zurzeit noch über keine erhärteten Resul¬

tate zur möglichen Gefahr, welche von bleihaltigem

Elektronikschrott in Mülldeponien ausgehen könnte.

26.2.3 Öffentlichkeit

Öffentliche Risikoemschätzung folgt einem anderen Derik-

musler als die Naturwissenschaft. Massenmedien spielen

eine wichtige Kelle: Sie greifen Resultate von 1 Intersuchuri

gen au! und projizieren Laborbediiigungen großzügig auf

dir; Realität. Die wissenschaftliche Logik von Ursache und

Wirkung wird durch das mediale Tätet Upier-Denkschema

ersetzt.

Die öffentliche Diskussion entfernt sich oft von den wissen¬

schaftlichen Erkenntnissen und kann durch Dritte

verstärkt werden. Die Kontroverse kann rasch auf nicht

betrollenc Produkte übergehen. Die Ablehnung der Tech¬

nologie durch die Öffentlichkeit drückt sich in verschiede

9

Page 155: Management von umstrittenen Technologien

/ti (lu till ttsin in i"(Mtu ni b<i unisl! Itleneli it < lltiolout !

net Vveisi aus Neben Boykotten kann sir h audi das

1 ingerfiistigc kauh el halten del Kunsuminrui viisdut

Ik n odi i polilis{ her Diiu k .ml die Regulativen einstellen

Kerne Diskussion um bleihaltige Elektronik in der

Öffentlichkeit

Die schädigende Wirkung von Blot ist bereits 5.01t Langem

bekannt Daneben ist das Thema „Blei" spätestens seit

dor Debatte um das bleihaltige Benzin m aller Munde Im

Gegensatz zu dieser Debatte wurden nur sehr wenige

Artikel in Tageszeituogen zur bleihaltigen Elektronik

veröffentlicht Die gioße Umstellung in dei Elektronik¬

industrie war der Öffentlichkeit scheinbar nicht bewusst

Auch hatten nur sehr wenige Eiektronikunternehmen

diesbezüglich Kontakt mit Vertretern der Öffentlichkeit

oder Journalisten Der Druck entstand Übel die Regula¬

toren und durch die gioßen Retailer, welche selber keine

Flektronik herstellen

26 2.4 Regulatoren

Regulatoren wagen zwist hon dem Sr hui/ der Bevölkerung

und den \0r7ugen des technischen, rortsrhnlirs al) Su

miLssen bestimmen wie lange der Nutzen der Terbnologn

die negativen Auswirkungen aufwiegt Diese Entscheidung

isl oll nullt einlach zu hellen, da die 1 aktentagetvpisdipr-

weiso unsi li.trI isl

Abwägen zwischen positiven Effekten und negativen

Auswirkungen

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Chlor sind

bekannt Die Chcmikalie wird unter anderem auch zur

kostengünstigen Desinfektion von Trinkwasser verwen¬

det Nachdem in Peru Anfang der 1990er Jahre aufgrund

der öffentlichen Ablehnung von Chlor plötzlich auf diese

billige Art der Desinfektion von Trinkwasser verzichtet

werden musste, brach eine Cholera-Fptdemie aus Sie

forderte mehrere tausend lodesopfer

Die wichtigsten Regulatoren sind in de r Hegel Behörden, es

koniKii aber auch pinntvurtschafthchi Slelh n wie Biola¬

nds »ri( 1 Ueralungsslellen sein, welche dtnrh ihn Bcuilei

lung f iktisch du /ulassuiigen zu einem Marktsegment

d>« stellen Refill ihnen stdit tint giolie Zahl an Möglich¬

keiten zut \eiiugung um den I insal/c mei let hnologie/u

lenken ( \bb 26 5)

Kc gtilaliohcii gteiien häufig legional, d h loi hnologieii

können in veist hiedenen Maikten not h emgeset/i »t iden

Auch litun nein Regulationen zeltlich verset/t 111 Kralt

Aus ethisc hen und »iitst haftlii hen Gründen können mtil

tmatiotialt Unternehmen solche Geset/esdifft-rc-n/rn nur

st hi best hiankl ausnutzen 01obn.li lnt( inthmt n di [mu¬

rin sich ( men Standard welchen sie fui alle Pioduktc an¬

wenden l)i( st 1 Standard isl in dei Kegel so gewählt, class

et die ZulasstingSdllfordf rungen in allen /lelrnalkten

erfüllt

Anwendung des Vorsichtsprinzips durch die Regulatoren

In den letzen Jahrzehnten hat das Vorstchtspririzip bei

don Regulatoren vermehrt Anwendung gefunden Dieses

Prinzip basiert auf der Annahme, dass Technologien

Risiken enthalten, weiche eine massive Bedrohung fur

die Gesellschaft darstellen können Sie können weder

im Voraus identifiziert noch genau bestimmt werden

Staatliche Institutionen

Pnvntwirtsrhaftlirhe

Institutionen

03

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_J tu if) X U J_ j CD q:

X X X X X X X X X

X X

Abb 26 5 Vielfältige 'nie;

vcntionimaclichkatcn von

RpguLiiaren dn) Beispiel von

Umwcltftagen (in Anlehnung

nnAHcnby 1999)

10

Page 156: Management von umstrittenen Technologien

Id \ äti'ntlil/lt lUlu tun I urnstnllt nt I! It [ hnoluttu

Das Vorsichtsprinzip hat daher vier Operationalis-ie-

rungen in der Gesetzgebung gefunden

- Anordnungen von Vorsichtsmaßnahmen sind auch

bei wissenschaftlicher Unsicherheit möglich

Regulationen enthalten Sicherheitsreserven

- Aktivitäten, welche ein unsicheres Gefahrcnpotenzial

bergen, sollen nach bestmöglichem Stand dor

Technik ausgeführt werden

- Falls möglich, sollen diese Aktivitäten ganz einge¬

stellt werden

Erste staatliche Anwendungen des Vorsichtsprinzips

reichen ms, Jahre 1854 zurück (Gee et al ?001) Die

europaische RoHS-Richtlinie zur Vermeidung von blei¬

haltiger Elektronik, das vorübergehende Importverbot

von britischem Rindfleisch wahrend der ESF-Knse

1998 oder das Verbot von Weichmachern in Kinder

Spielzeugen sind Beispiele fur die Anwendung des Vor-

stchtspnnzips

Urspiungltch war das Vorsichtspnn2ip dazu gedacht,

Gegenmaßnahmen zu ermöglichen, bevor eine Situation

außer Kontrolle gerat Heute sind Tendenzen spurbar,

dass bereits Gerüchte fur ein Verbot ausreichen (Kogan

2003)

2Ö.2.5 [nriircklc Profiteure

kontroversen um eine Technologie Kissen einige Akleurr

prolitioren Diese sind daian mleiessiert, dass du konlro

verse um die leihnoloyu t ulwodt i langt einhält oder cirif

Stimmung gegen die lethnologit ankommt T>pischem

direkte Piuhlcuri können Proieklionisten, politische Par¬

teien Sthadeiiseisalzanwallt odor auch Dienstleisttmgs-

Uhterhehmori /um l mgang mit der Terhnologie sein Zwi

sehen indueklen Prolitoun n und anderen Gruppen kann

es /u Allianz! n kommen (Beispiel TImveltschutzti und

Piotektiomsten in Beinauer/Ruloll \^99)

2Ö.2.6 Dkm Maria^emenlauigaben

Das Management isl mil tliei Aufgaben im l ingung uni

einet umstiiuenen lediholugie koiiiionlieil IdcnU/izic

/tt/lg Hanfllini! und nollads Pliaw Out Wählend du leih

nologit zu Hl ginn als 1 osung wahrgt nommen \uid i ntwi

c kt It su su h im 1 unit tit i /tit st lbt i /u t int in Pioblem

(sit ht \bli 1(> () und tht nat hslen Kapitel)

26.3 Identifizierung einer

umstrittenen Technologie

Die kk ntilikation eint r umstntttnen Tethnologie ist dei

etslt Schrill Dit Sthvuengkt it besteht d-nm, dass aus

einei Vielzahl an I_mweltveianderungen und einem mn

teilweise bekannten Portfolio an eingesetzte n hthnolo

gien diejenigen kombtnationen idenldiziorl wt rden

müssen weit ht sit h aul tl.is Inleinthmtn auswirKen

konnlen Der Pro/ess zur Identifikation ht Sit ht daher

aus tier kit ntifikation tier kontroverse, dei Identifikation

tier Tethnologit und dem Stur! von svstematisrhen Akti¬

vitäten (sieht Abh 2h 7)

Lnternthmen welche mit emei umstrittenen 1 ethnologie

konfrontiert werden, erleben in der eisten Phase eine

gioBt \ eiunsit ht rung Auf der t int n St itt eist ht mt dit

zukunfligt Akzeptanz der Tt t. hnologie nicht mehr so gesi¬

chert und aul dt1! andeien Seit! ist aut h der oigt nt Bt zug

zu dei lethnoiogit nithf genau klar

26.3.1 Identifikation der Kontroverse

um eine 'let hnologie

Im Konllo\erseh um eine lethnologie zu idonlihzieien

bietet sich eine Out-ittk Inl'cryH'kUvc an ti h dun h dit Bt

obarhtuiig von Veratide!ungen im tJmfeld wird auf tht

eigene fietiOffenheit geschlossen Dieses \uigellen liai

Phase-In Identifizierung

Kontroverse identifizieren

Technologiccinsatzbestimmen

Technologie ist

Lösung

Handlinq

Druck zum Phase-Oul

beurteilen

Alternativen erarbeiten

Notfalls Phase-Oul

Marktausstieg

Technologiesubstitution

Ciean-Up

Technologie ist

Problem

Abb 76 6 Umstrittene leüinokigien Von dpr ln\un° ~am Problem fur ein Unternehmen

Page 157: Management von umstrittenen Technologien

10 (kuthutsmanai'eriif ni hi i um iiilienen i11 1im:)Ji>l,ilii

Phase-In j Identifizierung Handling :iase-Out Clcan-Up

Kontroverse

identifi/eren

Technologiccmsatzbestimmen

.?tjA

SystematischeAktivitäten starten

Abb 26 7 Idcntifizicrunf einer um;liiltenen Technologie

den \ oiteil djss nui die im l mfeld poion/K II irlev,inleii

Ihcrncn im 1 okus bleiben In der Repel sind Konlioveisen

hi'i ihiei LnldeikutiR duirh die 1 nternehm boirils mch

leie Jjlne dit und es existieren teilwc isi sc hon Inteiessen-

giupperi suheilich dhei Frfchexperten, wel<h( weilen in

fiinn.irioiK n lulciri können Diest trstin An/eichen dif-

fundmtn oft über i'inrn lan^elen Zeitraum m du llnlci

nehmen hinein und dreien zu Besinn kein Aufs; hen

(suhl Abb 2d 8) hine nute fhlejh fui soll h( liuhenlnfol-

lndtioni n sind Rr,ini tu nveib.mde und Regulton n 1 ic(c-

Quellen früher

Informationen

Quellen spater

Informationen

Alternative

TechnologienWissenschaft Regulatoren

Branchen-

verbandeKunden

Patente rorschungsprojekte Regulationen- Trends Erfahrungen

Publikationen ^Untersuchungen Absichtserklärungen Aufrufe . Beschwerden

^A < T * *

1 Forschung &

| Entwicklung

Qualitats-

management

Environment

& Health'

Ni, y äS

.Einkauf -

Geschafts-

leitung«_

Public

Relations

S t V

. ProduktionProdukt-

managernent

Verkauf &

After Sales

S 1* A * VMarketing Verbesserungen Anfragen Anzeichen Presseberichte

Information Push Information Push Anforderungen Beschwerden Anfragen

LieferantenAnlagenheferanten

Endanwender(Vermutlich)Betroffene

Öffentlichkeit

Abb 26 8 Informationen aus dem gesamten Umfeld mnwen /erdichtet werden

12

Page 158: Management von umstrittenen Technologien

20 3 idenlili/iHunt t ihm imisli itle ne r !<*< hntilop'

Regulatoren

Kunden

Lieferanten

Technologie'" heferanten

Wissenschaft

Abb 26 9 Wie frühe Informationen in die Unternehmen gelengen(BouLelliei/Biedermann 2006 Umfinge N-4/)

ranlcn machen oft erst spatei auf solche Probleme aul

mrrksam, da m diesen (..esehallsbc/iehungi'ii mihi gerne

über solche Ihomen gcsproelicn wncl Inloiinalionen aus

diesen Quellen sind im (.egenleil oft durch die ["igenmte-

ipsscn dpr Inlormanlpn geprägt

Häufig sammelt du üualitalsabipilung solchp Informatio¬

nen (Abb 26 9) Sie isl in vielen Slaaten /nr svstpmnti-

sthen Produktbeobac h hing verpfiic hl M und bietet sich da¬

bei du, um du < rste n schwachen Signale /u einem Gesamt¬

bild /u \ciduhl(n Dip \ erantwornmg /ui SichelStellung

von Aufnahme und Analyse diesel Informationen hegl

ibor m jedem I all bei del Gesc hallsleilung 1 in 11 lolgslak

tnr m diesem l'iozess ist dass die unterschiedlichen \hlci

Innren welche solche [ruhen Signale wahrnehmen

können, dicsi auch weiterleiten

26 3.2 Bestimmen des eigenen Einsatzes

der Technologie

/um Abschätzen des eigenen Bezuges /u i'inci 1 et hnologie

veifugen Umeinehmen ubei gimugend 1 xpcilenwissen

Diese Anal> sc sel/l aber voraus, dass die bntei nehmung

bereits ein klau s \ prstandnis bpsit/t, welche Technologie

es /u analysieren gilt Personen mit dem notwendigen

lei hnologise hen lachwissen mussen mit Experten des

idenlih/ierlen 11 concis zusammengebracht werden Diesen

Austausch /u L,aianlieîeii und die Ahahsc von umsüitte-

nen Ich hnologien voianzulieibt n isl Aulgabe dot

(Teschaftsleitung Der Sc hnillslc llc /u den 1 le le tauten

kommt bei dei Identifikation des möglichen hinsitzes

von Technologien eine wichtige Rolle zu da del (Siolîtell

del le c hnologion dine h die I lele lanle n und nu hl die tige

ne I lima eingese l/î wird

Verschiedene Möglichkeiten zum Phase-In einer

Technologie

Unternehmen können in verschiedener Weise in Bezie¬

hung zu einer Technologie stehen

- Sic können die Technologie in den eigenen Prozes¬

sen odor Produkten anwenden

- i leferanten können die Technologie in ihren Prozes¬

sen oder Produkten verwenden

Die hergestellten Produkte werden erst durch die

Kunden zu einer neuen Technologie zusammenge¬

setzt

Der Einsatz einer Terhnologie kann bewusst oder unbe-

wusst erfolgen Der Phase-In einer Technologie wird in

der Regel durch einen bewussten Entscheid beschlossen

Bei Basistochnologicn imgt dieser Entscheid aber nicht

selten mehrere Jahrzehnte zurück oder ihre Anwendung

wird von Mitarbeitern oder Geschäftspartnern als selbst¬

verständlich verstanden und ist nur noch wenigen M t-

arbeitern bewusst Unternehmen müssen alle diei Be¬

ziehungen überwachen und können spezifische Kontroll¬

methoden anwenden (Abb ?6 10) Die gestiegene Trans¬

parenz entlang der Wertsehopfungskette und die standig

verbesserten Qualitatstnanagementsysteme beugen dem

uribowussten Einsatz von Technologien vor Er kann je¬

doch nie vollständig ausgeschlossen werden

Abb 26 10 Drei An-,,il/e zur

Kontrolle de~ lechnologican Sitzes

Lieferverein¬

barungen

Technologie¬

planung

Technologie¬beobachtung

Überwachungvon Lieferanten

Internes

Qualitätswesen

Produkt¬

beobachtung

Einsatz durch

Lieferant

Einsatz durch

Firma

Bewusster

Einsatz

Unbewusster

Einsatz

Einsatz durch

Kunden

13

Page 159: Management von umstrittenen Technologien

/ù (lu dual aiMn,it.Hnt !h kl uroarillenen Technologien

26.3 3 Anstoß von systematischen

Abklärungen

Nachdem Lnternehmen eine 1 ethnologie als polenzic 11

pi oblemah.se h eingestuft haben beginnen systematische

Aktivitäten Del Anstoß /n solchen Aklivilaleli wild chut h

einen internen l'roniulei geReben, well her su 11 des

Themas annimmt Da die frühen Informationen häufig

dutch che Üuahtatsabn düngen gesammelt werden, hiin

Ren meist auch diese Mitarbeilei das iliema auf du Mana

gementagenda Wenn Handlilligsbetlarf aufgrund \on

Kundenfnrderungen bestellt, wml die Yerkaufsabli'ilung

das Thema propagierten, bei aufkommenden Beschaffung

pioblemeii vviid der 1 inkaul aktiv Del (>escbaftsloitei

nimm! sieb tle.s Ihemas in der Regel an wenn es sich

um eine tinleinehmensweite Krisensiluafion mil hohem

Zeitdruck handell, gioßete Investitionen notwendig sind,

knn( prädestinierte Abteilung besteht oder das Ihema

die Reputation der Lnternehmen slaik beemflusst

Die Ausloset fui systematiseh( \kiivnalen sind vielseitig

Obwohl eisle Informationen off beieils seil langem vorlie¬

gen, velhelfeu i rst du spater eintiellendeli Anfragen von

Kunden oder auc h die Ankündigung von Produkt! n dure h

Liefeiatiteii dem Thema /ur genügenden Relevanz Dürr h

diese wnd die wiitsehafthrhe rietroflenheil des Lnier-

nehmens gredbac

26.4 Umgang mit einer

umstrittenen Technologie

Isl sich das Managemenl dei Relevaii/ einer keinlicivcisc

um eine technologie bewussl, sind zwei Lmtlussgioßen lui

das weileic \ oigehen entsihe-iele nd Drutk zum PhrnrOut

der Inhnnluçw und Verfügbarkeit von Uteriultiwn Unter

nehmen befinden sich in einei von moi geneiisiheii Si¬

tuationen Dommanles Design, Lock-ln, 7ugzwang odel

hade-Uff (Ahb 26 11 )

Neben dim Drink zum l'hase-Out einer Technologie be¬

stimmt die \erfiigbaikeit von Alternativen ebenlalls mab-

geblieh den Il.indlungsspiehauin der Lnternehmen Die

rem technische Machhaikeit genug! hierbei noch nie hi

Viel mein rnuss dasWerfsrhopfungsnclzweik auf die neuen

lechnologien voiheieilet werden, eventuelle neue iNeben-

wlikungen brauchen ebenlalls längere Miklaiungen

Druck zum Phase-Out einer Technologie

Druck zum Phase Out einer Technologie entsteht nicht

nur aufgrund von direkten gesellschaftlichen Auswirkun¬

gen, sondern wirkt häufig durch das Wertschopfungs-

nefTwerk auf die Firma Es können vier verschiedene

Arten unterschieden werden

Ol

,0o

c

3

O

w

E3

Handling

Lock-In

Kooperationen

Alternativer* suchen

Zeit gewinnen

Dominantes

Design

Investieren

Alternativen

beobachten

Zugzwang

Substitution wo zu

gefährlich

Handlungsfreiheitbewahren

Trade-Off

Substitution wenn

überlegen

Pilotversuche

Nicht verfugbar Verfugbar

Verfügbarkeit technologischer Alternativen

Clcan-llp

Abb 26 11 Viel gf'neir.üieSituationen

14

Page 160: Management von umstrittenen Technologien

H 1 L mpan'i mit ( int r umslnllt nen it t hnolti^lf

eigene Zweifel

— gesellschaftlicher Drurk

— Nachfrageeinbrurh— Beschaffungsprobleme

Eigene Zweifel können das Management zur Uberzeu-

gung bringen, dass der Technologieeinsatz nicht mehr

sinnvoll ist Sie werden oft durch neue wissenschaftliche

Resultate oder durch eigene Beobachtungen geweckt

Sie können auch durch einen Strategiewechsel der Un¬

ternehmen entstehen So veranlasste der Tod seines

Chief-Fngineers Fdison damals zur Aufgabe der Rontgen-

technologie (Kevles 199/)

Der gesellschaftliche Druck manifestiert sich in staatli¬

chen VerboLen, Besteuerungen, negativen Medienbe-

richten oder auch öffentlichen Protesten Asbest wurde

verboten

Der Nachfrageeinbruch kündet sich oft durch Kunden-

anflagert rweh alternativen Technologien an Europäische

Kunden wollen keine genetisch modifizierten Pflanzen

Wenn Lieferanten ihr Sortiment straffen oder die Preise

fur Rohmaterialien steigen, können Beschaffungspro-

blerne Trends aufzeigen Viele Chemikalien kann man

nur in limitierten Dosen kaufen

26.4.1 Dominantes Design

Bei Tethnologun im Dnminnnhn Drsicn überwiegen die

positiven Eigenschaften m dei Wahrnehmung und die

lerhnolugien In eilen siih rasch aus In Spraydosen wur¬

den langt /eil vorwiegt nd die O/tmsthu hl st hatligendeii

I luditliioikulilfnwdsselstnffp (ITkWs) emgest l/l Blei

slabilisaloit n lui l'olvvmvkhloiid (PVO h ibt n sit h

phr/t hm< lang bewahrt su sind abei ab 201) m dt i

II geneielî verbt)fen Zwtilt! an tier let hnolugie sind

m diesen Phasen \on spekulativt i \alui

Dominant! It < iinologien laufen ("tt'fahl Unterst hat/t /u

weiden da su aus tit r Wahrnehmung \ei stimmen

Paiallel zut Entwicklung tlominanlei lit hiiologieu "tu-

blu len su li alltli btlllktuien im Wirfst hopfungsncl/wi ik

wtltht denn 1 insal/cllizienter gestalten aber/ut'ltith

auth du \bhangigkeil von tiiesei etliohtn Industnt

standards tntstthtn und Pioduklt weiden fui tien Tm-

sat/ der Technologie nptrmieil

Dominante Technologien zur Chlorherstellung

Chlor wird heute größtenteils elektrolytisch aus natürli¬

chem Salz hergestellt Diese Art der Chlorgewinnung

ist schon über zweihundert Jahre bekannt, abei erst

die Fntwieklung geeigneter Generatoren und Grafit

anöden Fnde des 19 Jahrhunderts ermöglichte die in¬

dustrielle Chlorherstellung mit diesem Verfahren An

der Anode entsteht Chlor, an der Kathode Natronlauge

und Wasserstoff Ein zentraler Prozessschritt ist dabei

die Trennung des Chlors von den restlichen Reaktions¬

produkten Dazu setzten sich zwei "1 renntechnologien

als dominante Prinzipien durch die Diaphragma Zc le

und die Querksilber-Zelle (Abb 26 12) Ende der

1970er Jahre wurden rund B0% des gesamten Chlors

in Westeuropa mittels Quecksilbertechnologie produziert

(EuroChlor ?004) Alle anderen Technologien setzten

sich nur in Nischen durch

Abb 26 1? 0unk;ilhcr7cllr

lui Chlarhen>Lellun£,

Chlor

'Verarmte Sole

Quecksilber

Sole

(Salz)

Page 161: Management von umstrittenen Technologien

( Oll tljtatsm II) VclluM '-»t. £ llIIlbtllUtlien [tlhlu! ^lf I

26 4 2 Lork-tn Situation

I nu I ot k In Silu ilion tntsftht wtnn Diutk /um Pti ise

Oui (h i Terhnoltij le besteht îhei keine ak/ept iblen Alte!

n iti\en lealisierbai sind Das Liileniehnitti muss diso die

umstnttt ni Tt chnolopie weiter einsetzen 1 m lock In

1 arm hhu andauern und Mdiidj emtiilkdpd/itdli n binde n

die unsichere Zukunft lit mini Investiront n m ni m An

1 iperi

Technologien im Lock in

fossile Brennstoffe, Nuklcarencrgie, der Einsdlz gc

wisser Pestizide oder die Mobilkommumkation sind

Icchnologicn gegen deren Einsatz Widerstand besteht

Ein Technologiewechsel ist aber nicht ohne Weiterem

machbdr Fur mobile Datenübertragung bestehen bei

spielsweise keine akzeptablen Alternativen zu der elekt

romagnetischeh Strahlung

Die Bc dm einigt n /um I o( k In tntwit kein sub bereits im

Duimiidnl Design unit ni /um t me n litt rn ltivt Ttthnilo

Heu nu bl un In wi ill im ilnlgl wi idt n und /um andern die

Wulst hrillhi In \bh,mi'igki U von (ii r Technologie w iclist

Üu Iotk In wird diutbth sohilddie Ablehnung del Tech

nolngif steigt Wenn ein I. nternebmen m diesti Situaüuii

une Technologie nicht mehr emscl/en will so blüht ihm

nurdei Muknusstiefc del oft mit liohi n \hscbu ibum,t n

verbunden ist

Mittel zum Verringern des Druckes gegen eine

Technologie

Den Unternehmen stehen verschiedene Möglichkeiten

zur Verfügung um den Druck gegen eine Technologie

zu verringern

- End of Ptpe-Los-ungen

Optimieren der umstrittenen Technologie

positive Beeinflussung der Wahrnehmung der Tech

nologie- Hervorheben von Nachteilen der Alternativen

FndofPipe Losungen verringern den Effekt einerTechno-

iogie, ohne dass die Technologie selber otark verändert

wird Bekannte Beispiele sind d e Automobilkatalysato

ren Abschirmungen alter ftohrenmonitorc, um d e elekt

romagnetisrhe Strahlung einzudämmen, oder duth

Sicherheitsabstande zwischen Anbdufeldein genmarnpu

herter Pflanzen und biologischen Kulturen in der Pro

Zessmdustne finden Abluftfiiler häufig Verwendung

Optimierung der umstrittenen Technologie zielt dardul

ab ihren Einsatz zu verringern um sc den negativen

Effekt einzudämmen Das 1 I iter Auto verbesserte Iso¬

lation von Brennofen um den Fneigieverbrauch zu

senken oder auch effizientere Uhertragungsprotokolle

in dor Mobilkommumkation jind hier Beispiele

Positive Beeinflussung der Wahrnehmung der Technologiezielt darauf ab zum einen den Nutzen der Technologie

wieder ins Bewusstsein zu rufen und zum anderen

auch den negativen Effekt zu objektivieren Mobilkom

munikdlionsanbiettr oder die PVC Industrie unterstützen

so häufig die wissenschaftliche Erforschung möglicher

Effekte

Hervorheben von Nachteilen der Alternativen dient dazu

den Lock In zu begtunden und Außenstehenden bewusst

zu machen ddss eine Substitution auch Nebenwirkungen

hat Nuklcdrencrgie ist C02 neutral, Braunkohlekraft

werke nicht

26 4 3 7ug/wang

Der Di ink zum Flnse-Out erhöht sich erneut sobald Alter

n tthen veifü^bu sind und L iitcim hmiii j,e!dlen m /u„

/willig Su konnitidii umstimmt Icihnolo^it nu run b

/c diu h in si In inkt i insi l/i n Unli rni hmi n wahïi n d inn

in dt r Ri gl I du Tt thnnlogit sulistitutinn VI irkt lussut g isl

wt mg ittrakfiv und du Vi mngt rung des Fhurkes /um

Phase Out vi rspntht nur ungt wissen Erlolg ImOegmttil

weiden die konktureuten welche die Technologe bereits

nsit7t bibt n dm Druck zu irbohcn vti uihin Mirki

tingnnßn ihnit n wu du lit rvtirhtbtmg ^on Argunitnttn

wit bli ifn i bi im Antobt ii7in odt r thlnrfiti gcbltiibf

bei I'ipifiin sind hu i bi belli

Unk int hmi n vt isui ht n /u^/wdti^ v\t nn imini i tnogiii h

/u verhindern cl î der 7eitdrutk /um einen dtn Aufw ind

und du \bst Iiri ibungi n i iboiif /um indt ri n abi i lutb

lur Ou il it nsfragt n nit hl gi nugi ntl /t il bit ibt I s ft hit ms

bfsonilirf m I ingzeiti rf ihruii'-'fn Auch müssen untt r

I mstaniim unausgtre jftt Tt < linoltigitnaus melt reu Bian

chen emgeset/t werden

Synchronisierung des Phase-Outs mit anderen

Prozessen

Die Prozcssinduslne wechscll ProdukLionstcchnologicn

oft im Rahmen der Gcsumterneucrung e ner Anlage

In Europa sind zur Chlorgewinnung bestehende Queck

silber-Zell-Aniagen noch weiter zugelassen fur Neupro¬

jektierung sind sie jedoch nicht mehr gestattet Durch

16

Page 162: Management von umstrittenen Technologien

lb mei iimslnlle [ lu hmilocic und Clean 1p

die Synchronisierung von Anlagenlebensdauer und Fin-

satzbewilligung dor Technologie können erhebliche Kos¬

ten eingespart werden Der Phase Out dauert mehrere

Jahrzehnte, das aktuell verfolgte Phase Out Datum ist

2020

26 4.4 Trade-Off

Beim Ttade-Off spielt de] Dmrk /um Phase-Out emei let h

iinlogie keine große Rolle und Alternativen sind verfügbar

Der Lutschen! zum Phase-Out einer technologie wird auf

giuiid von Ictslungsoitenlieiten und !iiiariziellen Klltenen

getiuffen Unieiiielimeti im Jiade-Off befinden sich auf

dem Pfad ilei klassischen Substitution Allelnalivterhnolo-

gien werden bereits in Nischen eingesetzt

Der lc< hnologu wee hsrl isl möglich Obwohl eiste Anzei¬

chen e'ine r Kontroverse \oihegon bc slrht not h kein An

lass zui sofortigen Substitution Unternehmen hc linden

sich m del läge, den Wechsel mit anderen Ablaufen im

Unternehmen zu koordmieieu und so beispielsweise Pro

dttkte im Rahmen det teguluien Soitimemseineuemng auf

die neue ledinulogie um/ustellen Der Aufwand ist we

seiithch kleinei und die Sicherheit steigt

\ eiweiit ein Lntei nehmen zu lange im lrade-Off, kann es

nachträglich mildem Vorwurf del wissenden L utatlgkelt

konfrontiert weiden was in den L SA im schlimmsten f all

zu .punitive damages' fühlen kann Das Lnieinehmen

wird fur seine moralisch veiwerfluhe I mstellung venir

teilt und büßt dah.11

Trade-Off' Bleifretes Loten schon langer in Nischen

verwendet

Bleifrete Lotmatenalien weisen einen höheren Schmelz¬

punkt auf als bleihaltige Daher wird bletfreies Loten von

Eleklronikbauteilen in der Elektronikindustrie bereits

seit Längerem eingesetzt zum einen fur Spezialan-

wendungen fur hohe Betriebstemperaturen, wie etwa

Steuerungselektronik fur Verbrennungsmotoren, aber

auch fur Produktionsprozesse, in welchen mehrmaliges

Loten notwendig ist In dies-en Prozessen sind hoch

schmelzende Lote notwendig, um ein Aufbrechen beim

zweiten Erhitzen zu vermeiden Das bleifreic Loten wuide

abet nur von wenigen Spezialfirmen angeboten

Hervorgerufen duich die aufkommende Forderung nach

bleifreier Elektronik ist die Anzahl wissenschaftlicher

Publikationen in den 1990er Jahren zu diesem Thema

massiv angestiegen {Abb 26 13)

26.5 Phase-Out einer

umstrittenen Technologieund Clean-Up

Der dritte Schritt im Umgang mit umslnlli nen lec hiioio

gicn ist deren Phase Out Aus Sicht von einzelnen l nti r

nehmen kann ein ulicicillei Phase-Out den Verlust eines

ganzen Geschnfts/we lges bedeuten fur che Gesellschaft

kann er einen massue n I msc hniU in die lebeiisqualltat

/tu Tolge haben Der Phase Ou! kann nach unie1!schädli¬

chen S/enanen verlaufe n Die se S/e narien enden entweder

mit der Substitution der Technologie, dem Marklaussltrg

cieie: einer lietlellirhen Akzeptanz der il e hnologie

(Abb 26 14) Del Vfalktausstieg wird nur se Ken ge wählt

Lm einlache! Phase-Olli ist häufig me hi moduli da die

t nier nehmen und die Gesellschaff von le ehnologic n

abhangig sind

26.5.1 Substitution oder MarMausslicg

Den 1 nlernehmen stehen zum Phase Out einer Technolo¬

gie zwei Moghe hkeiten zur Veifugung [udiiiolü^hLln bub

strtiition und Wmhtniiwlirt; res/i PiodakUibkandi^wi^n

Unternehmen wählen oh"eine Kombination zwischen Sub¬

stitution und Vlatktatisstieg Tmzelne Produkte mit noch

großem Potenzial we rden umge stell!, ancien Plodukte

am I ndc de s I ehe nszyklus weiden abgckutidet lelJweist

werden auch e-m/elne Muktreginnen nicht mein bedient

Abb 26 13 Wi^ernÜMfl-

lichc Publikationen zum blci

freien Loten (Diien Web of

Science /00ô)

USA Verbot

vorgeschlagen

Europd Verbot beschlossen

(Inkrafttreten 2006)

Japan Unternehmen

deklanen Phas.e Out Ziel

17

Page 163: Management von umstrittenen Technologien

26 ÜUalliatMtniUf',! mein be 1 uliisUlUcmn i<< hnoloiilMi

IdciHiftzierunçj Handling

Nicht verfugbar Verfuqhar

Technologische Alternativen

Jiù,

Abb 26 14 Funf S/enjtlen

fur umstrittene Tuchnoloficn

da die \nlotdeiun°en lokal mihi mein erfüllt vu-niin

können oder du Risiken /u Mark ansli in Durch pim n

teilweisen Ausstieg stehen abet m priem I all Skaleneffektp

\ erloren

Dpi Phase-Out emei li t hnologie kann am h inIrin .tuf M i-

doisbind stoßen da das (ethnologist he \\issen von Mi ai

hf item obsolet und Oft ist es fur l nleinehmen auch ni< In

moplifh, aus tum luchnolORH vollständig aus/ustPise n,

da em/elm Kunden dif Tethnologie noih imntpi forriirn

Die Auswirkungen einei Tpihnolos'iesubstitution aul Un

letiiehmen sind unleisdiiedlirh Da oft keine 1 i-Suhstitu

lioncn \etfuf,bai sind (\bb 26 Id), ist eint stoßen Anzahl

an 11nie [nehmen entlang dei gesamten \\erls( hopfunRS-

k{tl< von dri Umstellung betiollrn Daneben lassulet km-

sat/ von vi i,< luedenell Substitutionen die bislang er/iel

len Skaleneffekli sinken Die Substitution ( nier Technolo

gii benötigt 7eit Iaht/t hnlelalige rifahruii£ kann nicht m-

nelliafb weniçei Monate erspt/t weiden

noiwono gp FCKW Substitute (nicht voHs'ar d'g)

CT;

05

'ci.F CC

Umprungnrhe Anweridunq von FCKW

i5

L

F

CO

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a

"^ ~~3n ü_

? Î t Ës s h n ^ ^

s n s -f e f^ e £z o i£ q>

o "^ L 2 - Ei; ^ <: n c/i o

_52 !£

r —

Kuhlqerale X X X X X

Ajtokl'maanlriqen X X

Treibmittel be Kuriststoflschaijmcn X X X X

Feuerlöscher X XXX

Treibmittel in àpraydnson X X X XXX

Schdd 1 mqsbekämpfung X X

Reinigungen tipl X X X

Lodern tie X X X

Abb 26 15 FCKW Line

Technologie wird durch virlr

andern ersetzt

18

Page 164: Management von umstrittenen Technologien

20 (> impitkdtiuin.n fui das 0' 1 Usui ei eJt ruf ni

Abb 26 16 SthmelAampe-raturcn verschiedene! Lotie

gicnmgrn (Grn^mann /0Ü4)

Zmn-ESismut (> 50 % Bi)Zmn-lndium (-» 30 % In)

Zinn-Zink 7inn-Silber

Zinn-Kupfer

Zinn-Silber-Kupfer

Zinn-Biei

(verboten) 7inn-Bismut

SchmelztemperaturT~

Auswirkungen des Phase-Out von bleihaltiger

Elektronik

Der Ausstieg aus der bleihaltigen Elektronik wurde durch

den Frsat? der dominanten Zinn-Blei Legierungen durch

andere Lotlegierungen voll70gert. Von Herstellern der

Lotmatenaiien bis hin zu den Distributoren der Endpro¬

dukte waren sehr vicie Unternehmen von der Umstellung

betroffen Viele Prozesse mussten angepasst werden

Die größte Herausforderung stellt die höhere Lottempe¬

ratur dar (Abb 26 16) Daneben sind die neu verwende¬

ten Legierungen ebenfalls aggressiver und teurer

Ls ist ein schwieliges Untet fangen, Alternativen zu domi¬

nanten lei hnologien veifugbat /u machen Die Alternati¬

ven (Treuhen das goforde rte I oistungsnivc au nie hl sofort

dir notwendigen Wrrtsc hoplungsnrlzweikc sind noch

nicht ausgereift und das Kundrnvortrauon in che neu(

technologie fehlt Alternative Technologien entwickeln

.sich daher häufig m fieniden Anwendungsgebieten und Ni-

sc heniijdikten

Intelnehmen hewahien sicluhie Flexibilität durch geziel¬

te Kenntnis alteinaüvei Technologien auch wenn keine

konkreten Anh.ilKpunkte zu/wedeln bosic he n So konn

lern \ahrungsmittelhri steiler bei der aufkommenden

\crvlamid-Pamk 200? rasch auf unbedenklichere Rohslot

fe wechseln oder Kimstsfoffunternehmon konnlen dm eh

ständiges Testen von Alternativen alternativ e Stoffe einse i-

zen, als Blel-Slabilisatoten unter Reschuss gerieten

26.5 2 Aufraumarbeiten nach dem

Phase-Out

1 interne hmen müssen sieh auch nach de m Phase-Oute iner

Technologie noch mit dieser beschäftigen Wie der Tall des

Vsbesls aufzeigt, können W ledeigutuiachungs- oder Straf-

zahiungrn ein I nleinchrnen not ti Jahrzehnte nach der

letzten \nweiictung eine1! Iethnologie beschäftigen und

hohe Kosten \erursachen I s he sic hen oft \ etpflichtungen

zum 1 ie lern von Li salzteilen oder die Firma muss du lach

gen chic i nlsorgung von Produkten oft noch mehrere lahr

zehnte lang sicherste lien

26.6 Implikationen für das

Qualitätsmanagement

Unistiilletie Jechnologien finden sich m allen Industtien

Neben dei ftixizilat chemischei Substanzen erscheinen

neue Phänomene wie ciei Mausaim' bei intensiver Com

pnteraibelt oder dei Flektiosmog Sie können fui Finnen

eine existentielle Bedrohung clarslc lie n Das Aufkoinuieri

von /weileln an einet Technologie \ei mdeit die üuahlals

anspruche <it-i Kunden an die Produkte, indem namheh

haulig etet kinsatz tlet iec hnologie nicht mehr akzeptier!

wird, und stellt eine große Hciausloldeiung fill das Qua

lilatsmanagement dar

26 6 1 Umstrittene Technologien -

bm typisches Quahtàtsthema

Das Oualitalsmanage mrnl ist m vielen fallen dir erste

Anlaufstelle fur Anfragen zu umstiillencn lechnologien

} s ist wichtig, tlass du Ouahtalsdhtc dung sole Ik Antragen

sammelt, auswertet und bei Bceiail sx slt'rn^tisc hc Abklä¬

rungen vornimmt da die Anhage n haulig aus unteisc tued-

lithen Lntetnehmensbertichen stammen OualilatsveiaiH

woithchc können eine solche Quersthnittshmktion walu

nehmen Daiiebenruttssderneobachtungsraum auc h liern

de Hranthen umfassen, da Kontioverson um lechnologien

leicht m den eigenen Markt übe ist hwappen können \ rii-

schieelene Personen nehmen Technologien unlet sc hiccllich

wähl Lui hltlhatllges Lot ist m der Öffentlichkeit pruiar

ein ,Se hweimetall', (ut che tntwickltmgsahteilung eine

„SnPb Icgieiung" und tlet Veikauf geengt sich mit dir

19

Page 165: Management von umstrittenen Technologien

2ö üualitätsmanagement bei umstrittenen Technologien

Information, dass es sich um einen „nicht RoIIS-

konfnrmen" Hilfsstoff handelt.

Der Einsatz einiger Technologien ist offensichtlich, viele

aber sind in eingekauften Komponenten oder Anlagen ver¬

sleckt und nur wenigen Mitarbeitern bekannt. Basistech¬

nologien geraten gerne in Vergessenheit und ihr Einsatz

ist nicht mehr bekannt. Die Fähigkeit, den eigenen Bezug

zu einer Technologie zu eruieren, ist eine notwendige

Voraussetzung zum sicheren Umgang mit umstrittenen

Technologien.

26.6.2 Fünf Handlungsvarianten

Dem Management stehen fünf Ilandlungsvarianlen zur

Verfügung: Akzeptanz erhöhen, Alternativen verfügbar

machen, Alternativen verunmöglichen, Technologiesubsti-

tution und Marktausstieg.

Diese Varianten sind je nach Situation sinnvoll anwendbar

(Abb. 26.17). Alternativen verfügbar zu machen ist das am

häufigsten verfolgte Vorgehen. Unternehmen stehen oft

einer zunehmenden Ablehnung von eingesetzten Techno¬

logion gegenüber, ohne dass Alternativen verfügbar sind.

Sie müssen daher Alternativen unter externem Druck ent¬

wickeln. Daneben versuchen Unternehmen auch, den

Druck gegen eine Technologie zu verringern, jedoch meist

nur mit kurzfristigem Erfolg.

26.6.3 Langzeitzuverlässigkeit von Tech¬

nologien frühzeitig adressieren

Langzeitzuverlässigkeit von alternativen Technologien ist

bei Substitution unter /.eitdruck in der Regel ein Problem,

da keine oder nur sehr allgemeine Langzeitstudien zur Ver¬

fügung stehen. Die Bedingungen, unter denen die Techno¬

logien eingesetzt werden, variieren von Produkt zu Pro¬

dukt. Resultate aus allgemein verfügbaren Latigzeittests

sind daher nur bedingt für das eigene Unternehmen ver¬

wendbar.

So machte z. R. der Deutsche „Zentralverband F.lektrotech-

nik-und Elektronikindustrie" bereits in den 1990er lahren

die Unternehmen darauf aufmerksam, dass solche Themen

in Bezug auf bleifreie Elektronik möglichst frühzeitig zu

adressieren seien, um auch in Zukunft die Qualität der Pro¬

dukte zu gewährleisten (ZVEI 1999). Der bekannteste

Langzeiteffekt bei bleifreien Lötmaterialien ist die spon¬

tane Bildung von kleinen Dendriten auf der Oberfläche

der Lötstellen, welche Kurzschlüsse verursachen können.

Daneben tritt z. B. auch eine spontane Zersetzung von

Legierungen bei sehr tiefen Temperaturen auf. Dies macht

einige Spezialanwendungen schwierig. Blei wurde früher

unter anderem auch zur Verhinderung dieser Effekte hin¬

zugefügt. Über Nebenwirkungen der neuen Materialien

lässt sich nur spekulieren.

tMarkWProduktausstieg

Lock-In

IDominantes

Design

mm Alternativen mm

verunmöglichen

mm Alternativen n

verfügbar machen

Zugzwang

Technologie¬substitution #

unter Zeitdruck

Akzeptanz erhöhen Steigender Druck

v Alternativen mm

verfügbar machenTrade-Off

Klassische

Technologie-1substitution

Abb. 26.17: Fünf Hendlungs¬alternativen für die Unterneh¬

men

20

Page 166: Management von umstrittenen Technologien

26.6 Implikationen für das OualilälKmanagerneiii

26.7 Literatur

Allenby, B. R.: Industrial Ecology: Policy Framework and Im¬

plementation. AT&T, Prentice-IIall, New Jersey 1999

Bernauer, T./Rttloff, D.: Handel und Umwelt: Zur Frage der

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lag, Opladen 1999

Boutellier, R./'Biedermann, A: Identification of issues with con

troversial technologies. International Journal of Technology

Intelligence and Planning, 2, 3, 2006. S. 225-247

Carson, R. I..: Der stumme Frühling. Biederstein, München

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Collingridge, D.: The Social Control of Technology. Frances

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2004-11-30

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Furo Chlor, Brüssel 2004

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Grossmann, G.: Beifreies Löten: Technik ist bereit. Bulletin

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Laukenmnnn, L: Drei Sensoren: Nachweis von kleinsten

Konzentrationen. Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2001-

11-28

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action OECD Publications Service, Pans 2003

Eerrow, G: Normale Katastrophen: die unvermeidbaren Ri¬

siken der Großtechnik. Campus Verlag, Frankfurt, New

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Sexlun, K./Ncedlium, L.L./Frikie, l.l..: Human Hiomonitoring

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2004. S. 38-45

Tapscolt, D.: The digital economy. McGraw-Hill 1996

Tenner, £..- Die Tücken der Technik: Wenn Fortschritt sich

rächt. Fischer, Frankfurt a. M. 1997

vom Saal, F. S./llughes, C-: An extensive new literature concer¬

ning low-dose effects of Hisphenol A shows the need for a

new risk assessment. Environmental Health Perspectives

2005

Weingurt, P.: Science and the media. Research Policy 27, 1998.

S. 869-879

ZVF.I: Bleifreies Löten: Materialien, Komponenten, Prozesse.

Zentralverband Elektrotechnik- und lHektronikindustrie

e. V., Frankfurt a. M. 1999

21

Page 167: Management von umstrittenen Technologien
Page 168: Management von umstrittenen Technologien

6 Kopien der Publikationen VII

6.6 Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien

Boutcllicr, R. und Biedermann, A. (2005): Umgang der Unterneh¬

men mit umstrittenen Technologien, in Gausemeicr, J. (Hrsg.) Vor¬

ausschau und Technologicplanung, Paderborn, Heinz Nixdorf Insti¬

tut, 27-48.

Page 169: Management von umstrittenen Technologien
Page 170: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien

Prof. Dr. sc. math. Roman Boutellier

ETH Zürich, Professur für Technologie- und Innovationsmanagement

Kreuzplatz 5, CH-8032 Zürich

Tel.: +41 (0) 44/632 05 80, Fax: +41 (0) 44/632 18 75

E-Mail: [email protected]

Dipl. Ing. ETH Andreas Biedermann

ETH Zürich, Professur für Technologie- und Innovationsmanagement

Kreuzplatz 5, CH-8032 Zürich

Tel.: +41 (0) 44/632 05 83, Fax: +41 (0) 44/632 18 75

E-Mail: [email protected]

Zusammenfassung

Es ist unmöglich, vor der Markteinführung einer Technologie alle auftretenden

Nebenwirkungen zu erkennen. Für Unternehmen ist es überlebenswichtig, Pro¬

dukte aus umstrittenen Technologien zu beobachten. Zwar kann eine Firma den

Umgang mit umstrittenen Technologien sorgfaltig planen, aber die Reaktionen der

Öffentlichkeit können so emotional und politisch ausfallen, dass immer wieder

mit Überraschungen gerechnet werden muss. Ein rascher Ausstieg aus einer um¬

strittenen Technologie ist in der Regel kaum möglich.

Chlor ist ein wichtiger Grundstoff für die Industrie. Seine Herstellung mit Queck¬

silber wird in Westeuropa voraussichtlich ab 2020 verboten. Das Phase-Out ist ein

langer Prozcss mit unsicherem Ausgang. Anhand der Quecksilber-Technologie

und anderer Beispiele entwickelt der vorliegende Beitrag Konzepte zum Umgang

mit umstrittenen Technologien.

Die große Unsicherheit über das Schicksal einer Technologie bedingt, dass sich

Unternehmen mehrere Optionen offen halten und die Entwicklungen im Umfeld

systematisch analysieren. Dabei geht es in erster Linie um die Prognose des Ver¬

haltens der beteiligten Akteure sowie um die Frage, wie lange und in welcher

Form die Technologie noch eingesetzt werden soll.

Schlüsselwörter

Strategisches Technologiemanagement, umstrittene Technologien, Verhaltensva¬

rianten für Unternehmen, Unsicherheit, Technologie-Akzeptanz

Page 171: Management von umstrittenen Technologien

Seite 28 R BoLitellier, A. Biedermann

1 Einführung

Das chlorhaltige Insektizid DDT wurde Mitte des letzten Jahrhunderts als Prob¬

lemloser gelobt, entwickelte sich aber in wenigen Jahren von einer nobelpreis¬

würdigen Technologie zum Problemverursacher und wurde verboten. Ein ähnli¬

ches Schicksal teilen Asbest, polychlorierte Biphenyle (PCB) oder die

Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) in unseren Kühlschränken. Neben chemi¬

schen Substanzen sind auch andere Technologien ins Blickfeld gerückt, so zum

Beispiel elektromagnetische Strahlung [Koc05], Computer-Eingabegeräte [MC04:

141ff], Antibiotika in Futtermitteln [NZZ03], zuckerreiche Kartoffeln [StN04 und

Rög04] oder Toner-Druckverfahren [Mac05]. Vier Trends stehen hinter diesem

erhöhten Risikobewusstsein:

Erstens haben in der Analytik genauere Messmöglichkeiten dazu geführt, dass

selbst kleinste Konzentrationen von Substanzen oder Abweichungen von einem

Idealzustand nachgewiesen werden können [LauOl]. Zweitens wachsen die An¬

zahl Horrorgeschichten und das Wissen über Nebenwirkungen, je länger eine

Technologie eingesetzt wird [KM01]. Drittens helfen Fortschritte der Wissen¬

schaften im Aufdecken von Wirkzusammenhängen in Natur und Technik, die ver¬

steckten Kausalketten zwischen Verursachern und negativen Auswirkungen offen

zu legen. Und schließlich bewirkt die Technisierung des Lebensraums, dass ein

Grossteil der so genannten „Umwelteinflüsse" heutzutage von Menschen hervor¬

gerufen wird. Das Bewusstsein unter den Betroffenen ist gestiegen.

Zweifel an Produkt- und Prozesstechnologien führen zu einer eingeschränkten

Verwendbarkeit. Investitionen der Industrie werden obsolet. So verursachte bei¬

spielsweise der Ausstieg der USA aus der Kernenergie in den späten 1970er Jah¬

ren über 170 Milliarden Dollar Kosten. Industrie, Versicherungen und Anwender

stehen vor großen Herausforderungen, sobald eine Technologie in Verruf gerät.

Im Folgenden beleuchten wir anhand der Chlorherstellung mittels Quecksilber die

Geschichte einer umstrittenen Technologie sowie das Verhalten einzelner Akteure

und leiten Implikationen für das Management ab.

2 Fallstudie: Chlorhersteilung mit Quecksilber

Chlor wird in Westeuropa zur Hälfte unter der Verwendung von Quecksilber her¬

gestellt, obwohl der Einsatz von Quecksilber zur Herstellung von Chlor seit meh¬

reren Jahrzehnten umstritten ist. Der Ausstieg aus dieser Technologie dauert be¬

reits mehrere Jahrzehnte und sein weiterer Verlauf ist unsicher.

Page 172: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 29

2.1 Chlor - Wichtiger Grundstoff mit langer Geschichte

Chlor als stark oxidierendes Gas ist ein Grundstoff für die Herstellung und Bear¬

beitung von vielen Produkten und spielt in der Technik bereits seit längerer Zeit

eine zentrale Rolle. Es wurde zu Beginn seiner industriellen Verwendung einge¬

setzt, um Bleichmittel für Textilien und Papiere herzustellen. Zudem eignet sich

Chlor gut als Reinigungs- und Desinfektionsmittel. Diese frühen chlorbasierten

Produkte waren flüssig oder pulverförmig und allgemein als nützliche Stoffe an¬

erkannt. Schließlich verdanken wir den verbesserten Hygienebedingungen unsere

heutige Lebenserwartung.

Anfang des letzten Jahrhunderts wurde Chlor als Ausgangsstoff für die syntheti¬

sche, organische Chemie in großen Mengen eingesetzt und wurde essentieller Be¬

standteil einer großen Anzahl an Endprodukten und Fertigungsprozessen in den

verschiedensten Bereichen. Ein Drittel des weltweit verbrauchten Chlors wird

heute für die Herstellung von Polyvinylchlorid (PVC) verwendet.

Polyvinylchlorid (PVC)

Fensterprofile, Rohre,

Fussbodenbeläge, Dachbahnen,

Waggonbau

Isocyanate und Oxidationsmittel

Isolationsmaterialien, Schuhe,

Plastik, Pestizide, Autoteile,

Mübelbezüge

Bild 1: Chlorverwendung in Westeuropa 2003 [EuCOS: "European production & use

data"]

Chloreinsatz ist nach wie vor für viele Anwendungen die geeignetste Lösung. So

empfiehlt beispielsweise die Weltgesundheitsorganisation WHO Chlor als wir¬

kungsvollste Substanz zur Desinfektion von Wasser [Sch02, Abschnitt „14. Li¬

ses"].

Andere

Reinigungs- und Schmiermittel, Klebstoffe,

Herbizide, Insektizide

MethylchloridSilikon, Kosmetika, Polytetrafluorethylen

EpichlorhydrinPestizide, Epoxydharze, Leiterplatten

LösungsmittelMetall-Entfettung, Klebstoffe, Plastik

Inorganische Substanzen

Desinfektionsm ittel, Wasserbehandlung,

Farbpigmente, Silizium-Chips

Page 173: Management von umstrittenen Technologien

Seite 30 R. Boutcllicr, A Biedermann

2.2 Drei wichtige Technologien zur Herstellung von Chlor

Chlor (CI2) wird heute zumeist elektrolytisch aus natürlichem Salz (NaCl) herge¬

stellt. Erstmals dokumentiert wurde das grün-gelbe Gas im achtzehnten Jahrhun¬

dert und seine erste industrielle Herstellung erfolgte aus Mangandioxid und Salz¬

säure. Die Chlorgewinnung mittels Elektrolyse war bereits seit Beginn des

neunzehnten Jahrhunderts bekannt, aber erst die Entwicklung geeigneter Genera¬

toren und Graphit-Anoden Ende des neunzehnten Jahrhunderts ermöglichte die e-

lektrolytischc Herstellung von Chlor in industriellem Maßstab, den so genannten

Chlor-Alkali-Prozess. Es entsteht an der Anode Chlor, an der Kathode Natronlau¬

ge und Wasserstoff. Ein wichtiger Prozessschritt ist dabei die Trennung des

Chlors von den restlichen Reaktionsprodukten. Zwei Trenntechnologien eigneten

sich dazu: die Diaphragma-Zelle und die Quecksilber-Zelle. Ende der 1970er Jah¬

re wurde rund 80% des gesamten Chlors in Westeuropa mittels Quecksilber-

Technologie produziert [Sch02: „1. Introduction" und EuC04b: 4]. Alle anderen

Technologien setzten sich nur in Nischen durch.

.Chlor (CI)

Sole

(NaCl)Verarmte" Sole

(H20)

Quecksilber-/' A

Pumpe '^^

Quecksilber

Horizontaler Zersetzer

Bild 2: Quecksilber-Zelle zur Chlurherslellung [in Anlehnung an MGH02: 102]

2.3 Die Kehrseite der Medaille

Ein möglicher Austritt von Quecksilber aus Chlorproduktionsstätten bedroht über

den Nahrungsmittelkreislauf eine große Zahl an Menschen und Tieren: Einerseits

durch den direkten Verzehr von Meerestieren und andererseits auch im Landesin-

nern durch die Verwendung von Fischmehl als Tierfutter [FAZ96: N3].

In der Umwelt tritt Quecksilber in verschiedenen Formen auf, in Fischen am häu¬

figsten als organisches Methylquecksilber (z.B. CHi-Hg-CH3). Dieses wird vor¬

wiegend durch Mikroben aus elementarem Quecksilber gebildet [Scl05: 25].

Page 174: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 31

Organisches Quecksilber wurde 1866 erstmals als gesundheitsschädigend erkannt,

als Labormitarbeiter nach Exposition durch Dimethylquecksilber erkrankten und

starben. Der therapeutische Einsatz von Dimethylquecksilber zur Bekämpfung

von Syphilis wurde Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Deutschland aufgrund

der hohen Toxizität aufgegeben. 1940 traten Methylquecksilber-Vergiftungen bei

Arbeitern einer Fungizid-Verarbeitung auf, da sie aufgrund fehlender Abschir¬

mung exponiert waren. Da Methylquecksilber hauptsächlich zur Saatgutbehand¬

lung eingesetzt wurde, erkrankten vorwiegend Landwirte und am Herstellungs-

prozess beteiligte Fabrikarbeiter [WS96: 368].

Ende der 1950er Jahre erregte die Situation in der japanischen Minamata-Bucht

öffentliches Aufsehen: 111 Menschen erlitten durch die Einnahme von quecksil¬

berhaltigen Fischen dauerhafte Gehirn- und Nervenschädigungen oder starben.

Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich im japanischen Nigata [Fou94: 2]. Dies be-

wog 1972 die japanische Regierung zu einem Verbot der Chlorproduktion mit

Quecksilber. Ähnliche Regulierungsmaßnahmen in Nordamerika und Europa er¬

folgten erst später [SMS03: 432 und Jac99: 6-8]. Die Vergiftung der Minamata-

Bucht ist das Schlüsselereignis im Aufstieg des Quecksilbers zu einem wichtigen

Umwelt- und Gesundheitsproblem [Sel05: 26]. Damit hat der Lernprozess ganze

106 Jahre gedauert.

1955 bis 72 ereigneten sich im ländlichen Irak ähnliche Tragödien. Die Landbe¬

völkerung konsumierte Getreide, dessen Saatgut mit Alkylquecksilber behandelt

worden war. Im Irak, wie auch in der Minamata-Bucht, traten im Anschluss an die

Vergiftungen ebenfalls Schädigungen an Neugeborenen auf [WS96: 370]. Seit ei¬

niger Zeit wird Quecksilber ebenfalls mit Krankheiten wie Alzheimer und Parkin¬

son in Verbindung gebracht [ZRH+05: 4].

Auch die anderen Chlor-Herstellungstechnologien haben ihre Schattenseiten, so

verwendete die Diaphragma-Technologie Asbest, das als hochgradig krebserre¬

gend eingestuft wird. Die Verwendung solcher Diaphragmen zur Chlorherstellung

ist beispielsweise in Deutschland ab 2011 verboten [Jac99: 12]. Die Diaphragma-

Technologie wurde ab den 1890er Jahren industriell eingesetzt und seither laufend

verbessert. In Europa fehlte ihr aber der große Durchbruch.

2.4 Chlorproduzenten: Wechsel zur Membran-Technologie

Die Membran-Technologie zur Chlorherstellung wurde in der Mitte des 20. Jahr¬

hunderts entwickelt. Das 2001 im Rahmen der EU-Richtlinie über die integrierte

Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (LPPC) publizierte

Referenzdokument zur Herstellung von Chlor empfiehlt einen Technologiewech-scl von den Quecksilber-Zellen hin zu den Membran-Zellen [EIPPCD01: 11 Iff].

Page 175: Management von umstrittenen Technologien

Seite 32 R. Boutellier, A. Biedermann

Es ist daher in den kommenden Jahren mit einem Anstieg der Membran-Zell-

Technologie zu rechnen. Einige Unternehmen sind bereits frühzeitig umgestiegen.

100%

50%

0%

Diaphragma-Technologie^f*m|^n-Tw»olÄ

s**a

M.' ji#. '•if<

Quecksilber-Technologie;»1»

•echnoiogie mx.

1985 1990 1995 2005 2010 2015 2020

Bild 3: Technologien zur Chlorherstellung in Europa [Daten von Euro Chlor]

2001 existierten in Westeuropa rund 50 Chlorproduktionsstätten, welche noch auf

der Quecksilber-Technologie basieren. Der Grossteil davon steht in Deutschland,

Italien, Spanien und Frankreich [ShoOl: 21ff]. 2003 wurde in Europa rund die

Hälfte des Chlors mittels Quecksilber-Technologie produziert und über 30%

durch Membran-Zeil-Technologie.

Technologie mit Nebenwirkungen

Chlorherstellung mit Quecksilber

Unfälle und SpätfolgenMinamata, Irak

Druck auf Ausstieg

Membran-Technologie

Grenzwerte sicher einhalten

suboptimale Technologie verwenden

reife Technologie verwenden

Grenzwerte problematisch

Bild 4: Entscheid zwischen frühem und spätem Wechsel

Für die Anwender der Quecksilber-Technologie stellt sich die Frage, ob und wann

sie den Technologiewechsel hin zur Membran-Zelle vollziehen sollen. Die ver¬

gleichsweise hohen Investitionen in die neue Technologie und die angespannte

Marktsituation schränken den Handlungsspiclraum der Finnen ein. Der Technolo¬

giewechsel wird daher mit Vorteil gleichzeitig mit anderen Investitionsvorhaben

(z.B. mit der Erhöhung der Sicherheit des Produktelagers) getätigt.1 Firmen, wel¬

che früher als notwendig in die Membran-Zell-Technologie investierten, tragen

Gespräch mit Beat Lorétan (ehemals Papier- und Zellulosefahrik Attishoh, Schweiz)

Page 176: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 33

heute höhere Kapitalkosten und betreiben suboptimale Technologien, da die

Membranzell-Technologie laufend weiter verbessert wurde [Sch02: "Introducti¬

on"]. Ein späterer Wechsel hätte aber dazu fuhren können, dass die Firmen die

neuen Grenzwerte nicht mehr hätten einhalten können.

2.5 Verbote und freiwillige Verpflichtungen zum Phase-Out

Bild 5: Quecksilber-Ausstoß durch Quecksilber-Technologie [EuC04a: 2]

In Anbetracht der Bedrohung der Umwelt durch Quecksilber unterzeichneten die

15 Staaten, deren Gewässer in den Nordatlantik und die Nordsee fließen, 1990 die

„Paris Convention". In dieser Übereinkunft wurde das Ziel eines Phase-Outs der

Quecksilber-Technologie bis zum Jahre 2010 angepeilt.2 Die europäische Chlor-

Alkali-Industrie vertritt heute jedoch die Auffassung, dass ein komplettes Phase-

Out erst bis zum Jahre 2020 sinnvoll und vertretbar ist. Dies aus vier Hauptgrün¬

den: Erstens wurden seit 1990 die Quecksilber-Emissionen aus dem Chlor-Alkali-

Prozess stark reduziert.3 Zweitens werden Werke, welche am Ende ihres Lebens¬

zyklus angekommen sind, kontinuierlich durch Membran-Zellen ersetzt. Drittens

würden die Investitionskosten die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Firmen

stark beeinträchtigen, während der Nutzen für die Umwelt marginal bliebe. Zu¬

sätzlich wäre der ökologische Schaden unnötig groß, welcher durch eine verfrühte

und eilige Sanierung der Quecksilber-Anlagen entstünde [Sco02: 15; ShoOl:

21ff]. Schließlich vermuten Experten, dass die verfügbare Engineering-Kapazität

zur Umrüstung aller verbleibenden Werke bis zum Jahre 2010 nicht ausreicht. Die

2

OSPARCOM(Oslo-Paris-Commission): ShoOl und EuC04b: 4

Bis zum Jahre 2007 hat sich die Industrie das Ziel gesetzt, den Grenzwert von einem Gramm

Quecksilber-Emission pro Tonne produzierten Chlors zu erreichen. Vgl Har04: 27

Page 177: Management von umstrittenen Technologien

Seite 34 R. Boutcllicr, A. Biedermann

Quecksilber-Technologie könnte also noch länger als ursprünglich gedacht einge¬

setzt werden. Die Unsicherheit bleibt.

Parallel zu dieser Entwicklung unternimmt die EU Bestrebungen, Quecksilber bis

zum Jahre 2020 vollständig vom globalen Markt zu verbannen [Sta05: 7]. Welche

Meinung sich durchsetzt, ist offen: Die Unsicherheit in der Industrie ist groß.

Quecksilber ist nicht die einzige Substanz, welche der Chlor-Alkali-Industrie auf¬

grund von Umwelt- und Gesundheitsschutzüberlegungen zu schaffen macht. Eini¬

ge mit Chlor hergestellte Endprodukte sind höchst wirksam, aber ökologisch oder

toxikologisch bedenklich, so zum Beispiel polychlorierte Biphenyle (PCB), Dich-

lordiphenyltrichlorethan (DDT) oder Polyvinylchlorid (PVC) [Sch02: "14. Uses"].

Der Chlor-Bedarf für die Herstellung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen

(FCKW) ist praktisch vollkommen zum Erliegen gekommen, als 1990 mit dem

Protokoll von Montreal diese Ozonschicht schädigenden Substanzen de facto ver¬

boten wurden. Ein zweiter großer Abnehmer, die Papier- und Faserstoffindustrie

ging wegen der Forderung nach „chlorfrei gebleichtem Papier" Ende der neunzi¬

ger Jahre ebenfalls verloren.4 Überdies ist der elektrolytische Chlor-Alkali-

Prozess einer der größten industriellen Konsumenten elektrischer Energie [Sch02:

"1. Uses"].

3 Schwierige Aktionsforschung

Die Chlor-Alkali-Industrie ist nicht die einzige Industrie, welche sich mit solchen

Problemen beschäftigt. Andere Industrien haben bereits ähnliche Erfahrungen

gemacht. Auch liegt eine große Zahl an Technologien vor, welche unter Umstän¬

den ebenfalls verboten werden. Dabei handelt es sich vielfach um Technologien,

die bei ihrer Einführung als Durchbruch gefeiert wurden und in vielen Bereichen

Anwendung fanden.

Die Firmen befinden sich in einer unsicheren Situation, da nicht klar ist, wie lange

und in welcher Form die Technologie in Zukunft angewendet werden soll.

Vgl. SMS03: 432 undPoo97. 288-290. Ein interessantes Detail ist, dass neu in den Papierfabri¬ken die bis anhin als Nebenprodukte der Chlorgewinnung angefallene Natronlauge zur Blei-

ehung verwendet wird. An deren Stelle wird neu das Chlor verkauft.

Page 178: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 35

Die Entwicklungen im Umfeld - von den Unternehmen nur bedingt steuerbar -

bestimmen den llandlungsspielraum der Firmen maßgeblich. Um möglichst opti¬

mal auf die Anforderungen aus dem Umfeld zu reagieren und diese wenn möglich

sogar zu antizipieren, müssen die Unternehmen die vorliegende Situation analy¬

sieren und Trends identifizieren können. Die Analyse des Umfeldes und der Risi¬

ken, welche eine Technologie unter Druck setzen könnten, ist zentral.

Technologien, bei welchen der Phase-Out klar ist: Technologien, welche unter Druck geraten konnten

Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs): Bisphenol A

Spraydosen, Kuhlschranke: Ozonabbauende Wirkung Kunststoff-Herstellung Verdacht auf Erbgutschadigung

Asbest: Computer-Tastaturen

Isolation, Bremsbeläge Asbestose, Krebserkrankung Verdacht auf Repetitive Strain Injury („Mausarm")

Polychlorierte Biphenyle (PCBs) Geräte mit elektromagnetischer Strahlung

Dichtungsmassen: Verdacht auf hormonelle Wirkung Telefone Verdacht auf Gesundheitsschadigung

Quecksilberzellen-Technologie: Phthalate

Chlorherstellung: Austritt von Quecksilber in Umwelt Bodenbeläge Verdacht auf Fortpflanzungsschadigung

Bleihaltige Elektronik Toner-Druckverfahren

PCs1 Einbringen von Blei in die Biosphäre Laserdrucker. Verdacht auf allergene Wirkung

Bild 6: Beispiele umstrittener Technologien

Vergleiche umstrittener Technologien haben gezeigt, dass sich Firmen aus ver¬

schiedenen Branchen ähnliche Fragen stellen, wenn sie sich in solchen Situationen

befinden. Typische Verhaltensmuster sind zu erwarten. Allerdings sprechen Fir¬

men nicht gerne über die Problematik. Sie befinden sich in einem Dilemma:

Nehmen sie die Zweifel ernst und beschäftigen sich intensiv damit, so müssen sie

nach dem heutigen Börsengesetz die erkannten Risiken publizieren und setzen

sich unter Druck, rasch zu reagieren. Es fehlt ihnen so die Zeit um Erfahrungen zu

sammeln. Wenn Firmen aber nicht intensiv den möglichen Risiken nachgehen, so

können sie sich dem Vorwurf des Nichtstuns aussetzen und handeln fahrlässig.

Somit gestaltet sich die Aktionsforschung schwierig. Zwei Fragen stehen dabei im

Vordergrund:

1. Wie können Firmen frühzeitig erkennen, dass eine Technologie angezweifeltwird und unter Druck gerät?

2. Wie können sie reagieren, wenn eine Technologie bereits umstritten ist?

Für das Management dieser Situationen und als Forschungsmethodik bietet sich

trotz aller Schwierigkeiten im offenen Umgang mit latenten Risiken das aus dem

Wissensmanagement bekannte Konzept von „Lessons Learned" an, bei welchem

Erfahrungen aus abgeschlossenen Projekten gesichert und für neue Vorhaben ge¬

nutzt werden können.

Drei wesentliche Erfolgsfaktoren für „Lessons Learned" sind (1) die Offenlegung

aller zur Beschreibung der Unternehmens- und Technologiesituation wichtigen In¬

formationen, (2) das unmittelbare Debriefing nach durchgeführtem Projekt und

Page 179: Management von umstrittenen Technologien

Seite 36 R. Boutellier, A. Biedermann

(3) der Einbezug sämtlicher am Projekt beteiligten Personen [PRR99: 211]. Über¬

tragen auf den Umgang mit umstrittenen Technologien bedeutet dies:

1. Um die Offenlegung der in der Regel sensitiven Daten zu ermöglichen, ist ei¬

ne Anonymisierung der Informationen notwendig, so dass auch Experten kei¬

ne Rückschlüsse auf die Informationsquelle ziehen können.

2. Die Erfahrungen in den untersuchten Unternehmen sollten noch nicht lange

zurückliegen oder die Unternehmen befinden sich noch in der unsicheren Pha¬

se des Prozesses.

3. Neben den betroffenen Unternehmen ist es wichtig, dass beispielsweise auch

Kunden, Regulatoren und NGOs in die Untersuchungen miteinbezogen wer¬

den.

Klassifizierung unsicherer Situationen

Alternative TechnologienMembran-Zelle, Diaphragma-Zelle

Technologie-Lieferant

Anlagenbauer

Technologie-Anwender

Chlorhersteller

umstrittene

TechnologieQuecksilber-Zelle

z

o :3 tu

£ u cp

3 S >

Produkt-Anwender

PVC- & FCKW-Industrie,

Papierindustrie, Haushalte

i-?

Öffentlichkeit

Betroffene

Meeres-Anwohner, Bevölkerung

3= =

Bild 7: Wichtigste Akteure

Betroffene Unternehmen, welche die Technologie einsetzen, sind Technologie-

Lieferanten, Technologie-Anwender oder Produkt-Anwender. Eine große Rolle

spielen zudem Regulatoren und die Öffentlichkeit; dies in Anlehnung an die so¬

zialen Gruppen der Theorie der Social Construction of Technology (SCOT).5

Die Technologie-Anwender kaufen die Technologie von Technologie-Lieferanten

oder entwickeln sie zum Teil selber. Sie stellen damit Erzeugnisse her, die von

Produkt-Anwendern wiederum in ihre Fabrikate eingearbeitet werden. Diese Pro-

Bij95: 45/ Soziale Gruppen sind im SCOT massgeblich an der Gestaltung neuer Technologien

beteiligt

Page 180: Management von umstrittenen Technologien

Umgang dei Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 37

dukte haben häufig keine negativen Auswirkungen, die umstrittene Technologie

kommt nur noch versteckt vor. Chlor wird beispielsweise zu rund einem Drittel

zur Herstellung von „chlorfreien" Endprodukten eingesetzt [Sch02: "14. Uses"].

Eine Firma analysiert die Situation, um das Verhalten der Akteure zu verstehen

und wenn möglich zu prognostizieren. Es geht darum, die Ziele der Akteure und

deren grundsätzliche Entscheidungsalternativen zu kennen. Die Frage, ob wirklich

negative Auswirkungen von der Technologie ausgehen, ist für die betroffenen Un¬

ternehmen sekundär. Obwohl heute noch nicht Klarheit über mögliche schädigen¬

de Wirkungen des Medikamentes VIOXX herrscht, ist der Aktienkurs von Merck

um 30% gefallen.

4.1 Funktionalität nicht immer rasch substituierbar

Wie am Beispiel der Chlorherstellung illustriert, erfüllt die umstrittene Quecksil¬

ber-Technologie eine wichtige Funktion für die Wirtschaft. Auf der anderen Seite

werden Dritte durch negative Auswirkungen der Technologie betroffen. Die

Technologie-Anwender müssen nun abschätzen, ob und wie lange die positiven

Eigenschaften die negativen Extemalitäten der Technologie aufwiegen. Dieser

Trade-off und die schwierige Vorhersage des Verhaltens der Akteure sind wichti¬

ge Gründe für die vorherrschende Unsicherheit: Anfangs der 1990er Jahre brach

in Peru eine verheerende Cholera-Epidemie aus, welche mehrere tausend Todes¬

opfer forderte. Als wichtiger Grund für den Ausbruch wird der plötzliche Verzicht

auf die Desinfektion des Trinkwassers mit Chlor genannt [Jar97]. Das Dilemma

wurde in der Presse verschiedentlich aufgegriffen.

Bild 8: Cholera-Epidemie als Folge von Verzicht aufChlor [McL04]

Die durch die Technologie erfüllte Funktionalität wir weiterhin gefordert. Ein ü-

bcreilter Ausstieg kann stark negative Folgen haben. Aus Sicht von einzelnen Un-

Page 181: Management von umstrittenen Technologien

Seite 38 R. Boutcllier, A. Biedermann

ternehmen kann er den Verlust eines ganzen Geschäftszweiges bedeuten, aus ge¬

sellschaftlicher Sicht einen massiven Einschnitt in die Lebensqualität. Ein einfa¬

cher Ausstieg ist häutig nicht möglich, da die Unternehmen und die Gesellschaft

von Technologien abhängig sind [Bul94: 69]. Vielmehr findet - wenn überhaupt

möglich - eine Substitution statt. So wurde Chlor in Schwimmbädern durch Ozon

ersetzt.

4.2 Auswirkungen und Betroffene

Das breite Bewusstsein über die Schädlichkeit von Quecksilber als Umweltgiftentstand erst im Laufe der Zeit [WS96]. Negative Konsequenzen einer Technolo¬

gie erkennt die Industrie erst im Verlauf der Anwendung der Produkte. Manchmal

sind erste Zweifel an einer Technologie teilweise bereits bei der Markteinführung

präsent, werden aber von den Entwicklern als nicht relevant eingestuft. Im Falle

der Nebenwirkungen von chemischen Substanzen ist es vergleichsmäßig einfach,

die unmittelbar akuten Nebenwirkungen von Substanzen abzuklären. Die mittel¬

baren, chronischen Schädigungen kann aber niemand mit Bestimmtheit vorhersa¬

gen. Die Komplexität der Systeme, insbesondere der Organismen, erlaubt es nicht,

alle möglichen Folgen abzuschätzen. Zwar ist es möglich, einzelne, isolierte Ef¬

fekte zu verstehen, aufgrund der vielen Kombinationsmöglichkeiten fehlt jedochdie notwendige Erfahrung [AdaOl : 45f].

Hat das Unternehmen bei der Markteinführung der neuen Technologien deren

Auswirkungen seriös abgeklärt, so beruhen neu entdeckte Nebenwirkungen in der

Regel auf Untersuchungen, deren Resultate auf verschiedene Weise interpretiert

werden können. Die Öffentlichkeit kann sehr emotional darauf reagieren. Die

Kommunikation der Ergebnisse ist sehr schwierig und eine differenzierte Betrach¬

tung der Gefahrenpotentiale findet nicht statt. Pauschalaussagen und Verbote nach

dem Gießkannenprinzip sind die Folge und müssen durch die Firmen mit Anträ¬

gen auf Ausnahmeregelungen zum Teil rückgängig gemacht werden. Das effekti¬

ve Gefahrenpotential steht dabei nicht mehr im Zentrum [Wan04]. Experten be¬

klagen eine unnötige Panikmache [KM01: 349ff], was das Lösen der tatsächlichen

Probleme erschwert. Die Akzeptanz von Risiken ist sehr unterschiedlich [AdaOl:

135ffJ.

Die Betroffenen haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, sich gegen die Auswir¬

kungen der Technologie zu wehren: Sie können via Regulatoren Verbote oder Be¬

schränkungen der fraglichen Technologie erwirken. Beispiele für solche Szenarien

sind das Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffen, welches durch das Montreal-

Protokoll 1987 beschlossen wurde, oder das Verbot der Quecksilber-Technologiein Japan in den 1970er Jahren [SMS03: 432]. Der zweite Pfad führt über den frei¬

en Markt: Die Abnehmer können die Technologie boykottieren oder eine Aus¬

zeichnung verlangen. Im Fall von Chlor treffen wir auf die Bezeichnung „chlor-

Page 182: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 39

frei gebleichtes Papier", die allerdings nicht offen legt, ob der weitere Herstel-

lungsprozess Chlor verwendet.

4.3 Regulatoren

Die Regulatoren stehen in einem Dilemma und müssen zwischen Schutz der Be¬

völkerung und dem technischen Fortschritt abwägen.

Neben dem absoluten Verbot einer Technologie existieren auch Lenkungsabga¬

ben, globale Begrenzung der Belastung, Deklarationspflicht und Haftpflichtregc-

lungen [in Anlehnung an BP04: 245]. Die Regulationen können die Technologie

selber betreffen oder aber deren Auswirkungen. Sie können also entweder die

Quecksilber-Technologie direkt verbieten oder den Quecksilber-Ausstoß regulie¬

ren.

Regulationen gelten in den meisten Fällen national, d.h. lokal, so dass eine um¬

strittene, global eingesetzte Technologie in den Märkten unterschiedlich stark ein¬

geschränkt werden kann. Zudem treten die Vorschriften zeitlich versetzt in Kraft

und gelten nicht in allen Teilmärkten. Aufgrund dieser Unterschiede kann sich ei¬

ne Segmentierung eines bislang homogenen Marktes ergeben. So ist beispielswei¬

se die RoHS-Richtlinie,6 welche im Wesentlichen den Umstieg auf bleifreie Elekt¬

ronik erzwingt, nur im EU-Raum verbindlich. In Nordamerika und Asien wird

eine ähnliche Regelung erst angestrebt [End04]. Aufgrund der weltweit vernetzen

Märkte ist ein globaler Trend hin zu RolIS-konformen Produkten zu erwarten.

Aus ethischen Gründen können multinationale Unternehmen solche Gesetzesdif¬

ferenzen nur sehr beschränkt ausnützen.

in den letzten Jahren hat das Vorsichtsprinzip in der europäischen Rechtsspre¬

chung Einzug gehalten. Auch die EU-Kommission beruft sich auf dieses Prinzip

und empfiehlt es den EU-Mitgliedstaaten. Das Vorsichtsprinzip nach Hans Jonas

[Jon79] basiert auf der Annahme, dass neue Technologien möglicherweise

menschheitsbedrohliche Risiken bergen. Aufgrund der moralischen Verpflichtung

gegenüber den Nachkommen muss die heutige Generation alles unternehmen, um

das Überleben der Menschheit zu sichern [LH01]. Beispiele der Anwendung des

Vorsichtsprinzip sind die RoHS-Richtlinie, das vorübergehende Importverbot von

britischem Rindfleisch während der BSE-Krise 1998 oder das Verbot von

Weichmachern in Kinderspielzeugen [LH01 und EU03: 19].

In der Gesetzgebung können vier unterschiedliche Ausprägungen des Vorsichts¬

prinzips identifiziert werden: (1) wissenschaftliche Unsicherheit schließt nicht au¬

tomatisch Vorsichtsmassnahmen aus, (2) Regulationen sollen eine Sicherheitsre-

RoHS: EU-Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe

(Restriction ofHazardous Substances)

Page 183: Management von umstrittenen Technologien

Seite 40 R. Boutellier, A Biedermann

serve beinhalten, (3) Aktivitäten mit unsicherem Gefahrenpotential sollen nach

bestmöglichem Stand der Technik ausgeführt werden und (4) falls möglich sollten

Unternehmen solche Aktivitäten ganz einstellen [Ste02: 75-76].

Ursprünglich war das Prinzip dazu gedacht, Gegenmaßnahmen zu ermöglichen,bevor große Gefahren auftreten und die Situation eventuell bereits außer Kontrolle

geraten ist. Heutzutage ist die Eingriffschwelle gesunken und wir kommen einer

Umkehr der ßeweislast nahe. Unter Umständen reicht sogar ein (noch) unbewie¬

senes Gerücht aus um ein Produkt zu verbieten [LH01].

Im Extremfall könnte das Vorsichtsprinzip sogar das Gegenteil des ursprünglichenZiels erreichen, wenn infolge der innovationshemmenden Wirkung immer weni¬

ger, neue, sicherere Technologien entwickelt werden. Auf identifizierte Gefahren

von bestehenden Technologien können Firmen so nicht mehr angemessen reagie¬

ren.

Technische Innovationen

Unsicherheit

Gesichertes Wissen über

ungewollte Wirkzusammenhange Erfahrung sammeln

Zeit

Bild 9: Geschwindigkeit der Technologie und des Wissens über Auswirkungen

Das Dilemma, in dem die Unternehmen und die Regulatoren stecken, ist groß:

Vertrauen die Anwender zu schnell auf den Fortschritt, passieren Unfälle oder es

treten unerwartete Nebenwirkungen auf. Zu langsames Vorangehen bewirkt aber,

dass Menschen nicht geholfen werden kann, obwohl es technisch möglich wäre.

Es gilt, eine angemessene Geschwindigkeit des technologischen Wandels zu er¬

reichen, wobei Vorsicht die Geschwindigkeit drosselt und das Verlangen nach

Verbesserungen der Technologie sie erhöht.

LeHOl unter Berufung aufdie Aussagen des britischen Umweltanalvsten Julian Morris

Page 184: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 41

4.4 Anwender und Lieferanten einer umstrittenen Technologie

Eine umstrittene Technologie kann sowohl eine Produkttechnologie sein, welche

im Produkt selber enthalten ist, als auch eine Prozesstechnologie, welche zur Her¬

stellung des Produktes angewandt wird. Meistens sind Produkt- und Prozesstech¬

nologien eng miteinander verknüpft.

Die Verfügbarkeit von leistungsfähigen Alternativtechnologien ist eine entschei¬

dende Voraussetzung für den Technologiewechsel. Solche Wechsel bedingen in

der Regel Investitionen. Handelt es sich bei den Substituten um neue, noch nicht

ausgereifte Technologien, muss mit einem erheblichen Änderungs- und Anpas¬

sungsaufwand gerechnet werden. Kommt das Verbot noch in der Angebotsphase,

können Milliardenverluste entstehen, wie im Fall der Atomenergie in den USA.

Die neuen Technologien sind keine l:l-Substitutc, so dass unter Umständen mit

der Aufgabe von Produkten oder Prozessen gerechnet werden muss. Es kann

durchaus sein, dass die neue Technologie nicht die Leistungsfähigkeit der alten

Technologie erreicht, und nicht mehr alle Funktionen erfüllt werden können, ins¬

besondere im Hinblick auf Langzeiteigenschaften, Im Unterschied zu einer Neu¬

entwicklung einer Technologie, bei welcher in mehreren Entwicklungsschritten

ein hohes Leistungsniveau erreicht wird, muss in einer solchen Situation die neue

Technologie sprunghaft auf ein hohes Qualitätsniveau gebracht werden. Zudem

dauert der Aufbau des Vertrauens in die neue Technologie ebenfalls eine gewisse

Zeit.

Folgenschwere Unfälle und Spätfolgen

Minamata, Irak

Viele

verschiedene

TechnologienDiaphragma,

Quecksilbor, HCI-

Oxidation

Technische

Unsicherheit

Dominantes

DesignQuecksilber,

Diaphragma

Sicherheit

Öffentlicher Druck, GegenmassnahmenVerbot m Japan EU

Substitution

Membran-Technologie

Verbleibende

Nischen

Gesetzliche

Unsicherheit

StrategischeUnsicherheit

Bild W: Typische Unsicherheil und Verbreitung einer umstrittenen Technologie

Neben technischen und finanziellen Problemen kann auch eine psychologische

Komponente ins Spiel kommen: Unternehmen, welche aufgrund ihrer Tätigkeit

zum technischen und gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen haben, werden von

der Gesellschaft plötzlich für negative Auswirkungen verantwortlich gemacht.Insbesondere beim erstmaligen Auftreten können solche Vorwürfe zu einer Ab¬

wehrhaltung der Unternehmen fuhren.

Page 185: Management von umstrittenen Technologien

Seite 42 R, Boutellier, A Biedermann

Das Phase-Out einer Technologie erfolgt nie vollständig. So steht FCKW in Ent¬

wicklungsländern noch bis zum Jahre 2010 im Einsatz [NZZaSo05: 79] und bei

DDT diskutiert man sogar eine Wiederaufnahme zur Malariabekämpfung [Haa04:

28]. Ein Phase-Out-Prozess dauert aufjeden Fall mehrere Jahrzehnte.

4.5 Anwender der Produkte

Eine starke Kundenorientierung kann dazu führen, dass Technologiewechsel nicht

rechtzeitig angegangen werden [Chr97: 101 ff]. Das Verhalten der Kunden gegen¬

über dem Einsatz von umstrittenen Technologien ist unterschiedlich und von meh¬

reren Einflussfaktoren bestimmt. Der Druck der Endverbraucher, der Umstel¬

lungsaufwand, das Vertrauen in die neue Technologie, sowie die

Machtverhältnisse zwischen Kunde und Lieferant spielen eine große Rolle. Wäh¬

rend bei minimalen Switching Costs die Kunden sich eher proaktiv verhalten, ist

bei aufwändigen Anpassungsarbeiten ein herauszögerndes Verhalten zu erwarten.

Allen Situationen gemeinsam ist, dass die eigenen Investitionskosten in der Regel

nicht auf die Kunden mittels Preiserhöhungen abgewälzt werden können.

Häufig kann der alte Markt nicht vollständig durch die neue Technologie abge¬

deckt werden. Beispielsweise erforderte der Ersatz von FCKW je nach Anwen¬

dungsbereich verschiedenste Chemikalien. Dies hat eine Neusegmentierung des

Marktes zur Folge.

Der Markt der Technologie-Abnehmer kann sich ebenfalls neu unterteilen, da un¬

ter Umständen einige der Kunden erst später aus einer Technologie aussteigen

wollen. Diese Kunden fordern sogar noch explizit die alte Technologie. Wollen

die Lieferanten nun nach wie vor alle ihre Kunden bedienen, müssen sie die bei¬

den Technologien parallel anbieten. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass Zahn¬

ärzte noch immer mit Amalgam arbeiten.

5 Verhaltensvarianten für Technologie-Lieferanten

Firmen können im Umgang mit umstrittenen Technologien verschiedene Strate¬

gien zum Teil parallel verfolgen. Aufgrund der herrschenden Unsicherheit geht es

in erster Linie darum, sich Optionen offen zu halten. Eine eigens durchgeführte

Umfrage hat gezeigt, dass eine Bedrohung von Technologien durch Verbote oder

Akzeptanzprobleme auf Geschäftsleitungsebene nicht stark wahrgenommen wird.

Page 186: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 43

Ab es 2500 vor Christus Asbestfasern werden zur Verstärkung von Gefäßen eingesetztFinnland

1878 Beginn des industriellen Abbaus von Asbest

Kanada, Russland, Südafrika

Ab ca. 1895 Gesundheitliche Folgen von Asbest werden entdeckt

16 von 17 Arbeiter einer Fabrik sterben innerhalb von fünf Jahren

1900 Ludwig Hatschek erhält Patent fur „Eternit"

1939 Asbestose wird in der Schweiz als Berufskrankheit anerkannt

1953 Asbestose wird in die Schweizer Liste der Berufskrankheiten aufgenommen

1975 Totales Verbot von Asbest in Schweden

Schwedische Asbestverarbeiter gehen bankrott

1980 Erste asbestfreie Eternit-Produkte sind auf dem Schweizer Markt erhältlich

1989 Asbest wird in der Schweiz generell verboten

Einige Ausnahmen

1994 Produktion der letzten Schweizer Eternit-Röhre, welche Asbest enthält

Ab ca 1990 Vergangenheitsbewältigung

Haftungsfragen und SaniemngsarbeitenUngefähr 150 Millionen CHF Kosten für die Schweizer Firma Eternit

Bild 11: Meilensteine in der Schweizer Asbest-Geschichte

Die Unsicherheit zwingt die Unternehmen häufig, mehrere Varianten parallel zu

verfolgen. Das Spektrum an Möglichkeiten ist dabei sehr weit. Nachfolgend wer¬

den einige Beispiele anhand der Quecksilber-Technologie aufgezeigt:

Die Substitution einer Technologie bedeutet, dass dieselbe Funktion mit einer

neuen Technologie erfüllt wird. Da auch bei neuen Technologien mit negativen

Auswirkungen gerechnet werden muss, entscheiden sich Firmen möglichst spät

für eine Substitution. Quecksilber-Zellen wurden erst in den letzten Jahren durch

Membran-Zell-Technologie ersetzt.

Reine End-of-pipe-Lösunge.n bedeuten, dass das eigentliche Problem der Techno¬

logie nicht behoben wird, vielmehr werden die Auswirkungen eingedämmt. Bei¬

spiel: Quecksilber-Entfernung aus Industrieabwässern.

Reparation kann bei reversiblen Schäden angewendet werden. Dies bedeutet, dass

Maßnahmen ergriffen werden, damit der Zustand vor dem Eingriff wieder herge¬stellt wird. Reparation ist beispielsweise bei lokalen Quecksilber-

Verunreinigungen des Bodens möglich.8

Firmen können auch das Problem hinterfragen. Dies bedeutet, dass die Kausalket¬

te zwischen den eigenen Aktivitäten und den Effekten angezweifelt wird. Ebenso

kann auch der eigene Beitrag zum Problem relativiert werden.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Problem auf einer höheren Wert¬

schöpfungsebene zu lösen. Dies bedeutet, dass die Funktion, welche die umstritte-

Gespräch mit Beat Lorétan (ehemals Papier- und Zellulosefabnk Atüsholz, Schweiz)

Page 187: Management von umstrittenen Technologien

Seite 44 R. Boutellier, A. Biedermann

ne Technologie erfüllt, nicht mehr benötigt wird. Für eine Firma, welche bis zu

diesem Zeitpunkt Chlor für den Eigenbedarf in einem Fertigungsprozess produ¬

ziert hat, kann dies sinnvoll sein. Sie kann beispielsweise den Prozess so modifi¬

zieren, dass kein Chlor mehr verwendet wird.

Eine 2005 durchgeführte Umfrage unter Geschäftsleitungsmitgliedern von Deut¬

schen und Schweizer Großfirmen hat bezüglich des Bewusstseins der Unterneh¬

men von umstrittenen Technologien ein interessantes Resultat ergeben: Rund die

Hälfte wusste von Technologien, welche im eigenen Unternehmen verboten wur¬

den. Demgegenüber gab weniger als ein Drittel der Befragten an, dass im eigenen

Unternehmen Technologien durch Verbote oder Akzeptanzproblcme bedroht sind.

Die zunehmende Anzahl an umstrittenen Technologien steht im Widerspruch zu

dieser Aussage. Offenbar beachten Manager auf Geschäftsleitungsstufe ihre be¬

drohten Technologien nicht, und nehmen Überraschungen in Kauf.

100% -,

80%

60%

40%

20%

0%

Ja

Weiss Nicht / k.A.

Eingesetzte Technologien waren bereits

betroffen (Vergangenheit)

Einzelne eingesetzte Technologien sind

bedroht (Zukunft)

Bild 12; Umfrageergebnis zu umstrittenen Technologien (2005); n=42

6 Implikationen für das Management

Umstrittene Technologien finden sich in allen Industriebereichen. Neben der To¬

xizität von chemischen Substanzen rücken auch andere Effekte ins Blickfeld. So

zum Beispiel der „Mausarm" bei intensiver Computerarbeit oder der Elektrosmog.

Der Umgang mit umstrittenen Technologien ist von hoher Unsicherheit geprägt.

Das Management muss die positiven Eigenschaften einer Technologie gegen die

negativen Auswirkungen abwägen und das Verhalten der Akteure abschätzen.

Dazu gehören die Anlagenbauer, die Anwender und die Firmen mit involvierten

Produkten, aber auch die Öffentlichkeit. Da die Endverbraucher häufig emotional

überreagieren, empfiehlt es sich, intensiv mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Zusammenfassend einige Implikationen für den Umgang mit umstrittenen Tech¬

nologien:

Page 188: Management von umstrittenen Technologien

Umgang der Unternehmen mit umstrittenen Technologien Seite 45

Den Ausstieg aus einer Technologie kann man zwar mit sorgfältiger Pla¬

nung unterstützen, die Reaktion der Öffentlichkeit kann aber derart emoti¬

onal und politisch ausfallen, dass immer wieder mit Überraschungen ge¬

rechnet werden muss. Wie das Beispiel der Quecksilberzell-Technologic

zeigt, ist der Zeitplan des Phase-Out-Prozesses in der Regel unsicher.

Durch einseitige Investitionen und kontinuierliche Weiterentwicklung von

Technologien begeben sich Firmen in eine gefährliche Abhängigkeit von

einzelnen Technologien. Da die Einstellung von Öffentlichkeit und Regu¬

latoren sich dermaßen rasch ändern kann, hilft eine intensive Beobachtung.

In solchen Situationen ist es für Unternehmen wichtig, sich mehrere Opti¬

onen offen zu halten. Je später ein grundsätzlicher Entscheid zum Techno¬

logieausstieg getroffen wird, desto reifer ist die Ersatztechnologie.

- Das Phasc-Out von eingeführten Technologien ist ein Prozess, der mehre¬

re Jahrzehnte dauert und dessen Ausgang ungewiss ist. Die Technologien

spielen wie im Fall von Chlor eine wichtige Rolle in der Wirtschaft und

sollen aufgrund ihrer Vernetztheit sehr behutsam ersetzt werden. Ein ra¬

scher Ausstieg empfiehlt sich selten.

Umstrittene Technologien werden häufig in der öffentlichen und der poli¬

tischen Arena unter Berufung auf wissenschaftliche Quellen thematisiert.

Eine enge Kommunikation mit Gesetzgebern, Kunden und Wissenschaft¬

lern hilft somit, auftauchende Probleme frühzeitig zu erkennen und richtig

einzuordnen.

Es ist unmöglich, vor der Markteinführung alle potentiellen Probleme zu

erkennen. Technologien werden in allen nur denkbaren Anwendungen

eingesetzt und mit anderen Technologien kombiniert. Nicht nur Software

und Hardware braucht ein „Debugging": In der Markteinführungsphase

hilft ein möglichst breites Anwendungsspektrum, mögliche Gefahren früh¬

zeitig zu erkennen.

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Page 191: Management von umstrittenen Technologien
Page 192: Management von umstrittenen Technologien

(i Kopien der Publikationen V11I

6.7 Management umstrittener Technologien

Boutellier, R. und Biedermann, A. (200X): Management umstrittener

Technologien, in Zeitschrift Führung und Organisation.

Page 193: Management von umstrittenen Technologien
Page 194: Management von umstrittenen Technologien

Management von umstrittenen Technologien

Systematischer Umgang mit Technologien,

welche unter Beschuss geraten

Vorwort / Lead

1 Einleitung1.1 Thema für Unternehmen aktueller denn je

1.2 Massive Konsequenzen für Unternehmen

1.3 Interviews in betroffenen Unternehmen zur Datenerhebung2 Vier generische Situationen

2.1 Dominant Design2.2 Lock-In

2 3 Zugzwang2.4 Trade-off

3 Folgerungen für das Management3 1 Fünf Szenarien für umstrittene Technologien3.2 Palette an Management-Mitteln

ZusammenfassungSummary

Anmerkungen

Page 195: Management von umstrittenen Technologien

Vorwort / Lead 2

Vorwort / Lead

Seit der Industrialisierung kommen immer wieder Technologien unter Druck der

Öffentlichkeit und werden verboten. Unternehmen, welche in Berührung mit solchen

Technologien kommen, stehen vor vier Hauptaufgaben: Identifikation der Kontroverse,

bewusster Umgang, Phase-Out und Clean-Up. Der Artikel fokussiert den zweiten Schritt,

den bewussten Umgang mit solchen Technologien.

In Abhängigkeit der Stärke des Druckes und der Verfügbarkeit von Alteraativtechnologicn

haben wir durch Interviews in über vierzig Unternehmen vier generische Situationen

identifiziert, in welche betroffene Unternehmen geraten können: Dominant Design, Lock-

In, Zugzwang und Tradc-Off. Daneben konnten wir fünf Szenarientypen identifizieren, wie

sich umstrittene Technologien aus Unternehmenssicht entwickeln.

Zum systematischen Umgang mit solchen Technologien stehen den Unternehmen

verschiedene Varianten zur Verfügung. Neben der Substitution einer Technologie und der

Entwicklung von Alternativtechnologien sind dies der Marktausstieg und der Versuch, die

Akzeptanz der Technologie zu erhöhen. Auffallend ist, dass viele Unternehmen erst unter

Druck sich nach Alternativen umschauen.

Page 196: Management von umstrittenen Technologien

Hinleitung 3

1 Einleitung

Wie Paracelsus bereits erkannte, macht die Dosis den Unterschied zwischen Medikament

und Gift.' Für Technologien bedeutet dies, dass der zunehmende Einsatz dazu führt, dass

Effekte, welche lange als akzeptierbar gegolten haben oder gar nicht bekannt waren, in

Zukunft als unerträgliche Last empfunden werden können: So führte der Anstieg des

Elektronikschrottes dazu, dass die ökologischen Konsequenzen von schwcrmctallhaltigcn

Elektronikproduktcn vermehrt Beachtung fanden, die Anwendung von Allergenen führt zu

einer Sensibilisierung einer grösseren Bcvölkcrungsschicht und die weite Verbreitung von

Mobilkommunikationsantcnnen weckt ernst zu nehmende Ängste in der Bevölkerung. Den

möglichen Ausgang solcher Diskussionen zeigen historische Beispiele auf: Das breit

eingesetzte Tnsektizid DDT, das Wundermaterial Asbest (vgl. Abb. 1) oder die

Fluorchlorkohlenwasscrstoffc (FCKWs) in unseren Kühlschränken wurden erst Jahrzehnte

nach ihrer bahnbrechenden Entwicklung als Problem erkannt. Ihre weite Verbreitung

erzeugte Abhängigkeiten und machte die Umstellung zu einem Kraftakt für die betroffenen

Unternehmen.

200 -,

: 1-140

E3 Klinochrysotil "]Amosit f Asbest-Arten

WM Krokydolith J

3500

3000

• 2500

2000 £ o

• 1500

-- 1000 u

500 ->

1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040

Abb. 1: Asbest-Import nach Grossbritannien und Sterberate der Opfer"

Währenddem technologische Unfallrisikcn wie Seveso (1976), Tschernobyl (1986) oder

Toulouse (2001) seltener werden sind schleichende Probleme des Technologie-Einsatzes

und die daraus resultierenden Ängste eine steigende Herausforderung für Unternehmen und

Gesellschaft. Diese Zweifel entstehen nicht zuletzt aufgrund von technologischenFortschritten im Bereich der Analysemethoden, welche kleinste Spuren von Substanzen

detektieren können.3

Im Gegensatz zu den intensiven Abklärungen von neu entwickelten Technologien (z.B.

Anwendungen im Nanobereich, Genmanipulation), verschwinden Basistechnologien aus

dem Bewusstsein der Öffentlichkeit und auch Firmen sind sich ihres - noch immer

Page 197: Management von umstrittenen Technologien

Einleitung 4

verbreiteten Einsatzes - nicht bewusst. Im Gegenteil bedeuten Veränderungen an

Basistechnologien oder gar ein Technologiewechsel oft einen grossen technischen,

logistischen Aufwand und sind oft mit Qualitätsproblemen verbunden. Auch lässt sich ein

Phasc-Out einer Basistechnologie nicht rasch durchführen: Der Phase-Out der Quccksilber-

Zelle-Technologie zur Chlorherstellung in Europa dauert mindestens 40 Jahre.

Währenddem zu Beginn sich hauptsächlich die chemische Industrie mit solchen Fragen

auseinandersetzen musste, sind heute Unternehmen aus allen Branchen betroffen. So

befassen sich Telekommunikationsfirmen intensiv mit gesundheitlichen Risiken der

elektromagnetischen Strahlung der Mobilkommunikation, Computer-Tastaturen sollen

Langzeitschäden des menschlichen Nervensystems auslösen und Toner von Laserdruckern

erzeugen möglicherweise toxische Gase.4 Auch durch Management-Literatur wird der

Umgang mit umstrittenen Technologien aus Unternehmenssicht nur marginal beleuchtet.

Wie gehen Unternehmen mit solchen Technologien um und welche Varianten stehen ihnen

hierbei zur Verfügung? Anhand von Interviews in Unternehmen, welche sich heute mit

einer solchen Technologie konfrontiert sehen sowie historischen Beispielen charakterisiert

dieser Artikel vier typische Management-Situationen und fünf unterschiedliche Strategien

zum Umgang mit einer umstrittenen Technologie.

1.1 Thema für Unternehmen aktueller denn je

Trotz - oder teilweise gerade wegen - der stets weiter entwickelten Messmethoden und

Überwachungssystemen, hat das Thema auch in den letzten Jahren nicht an Aktualität

eingebüsst. Im Gegenteil steht eine Vielzahl an Technologien unter dem Verdacht,

unerwünschte Nebenwirkungen zu entfalten (Beispiele siehe Tabelle 1). Die Liste der

Technologien, lässt sich beliebig ergänzen und täglich erscheinen neue, zum Teil

widersprüchliche, wissenschaftliche Untersuchungsresultate zu vermuteten Nebeneffekten\

Page 198: Management von umstrittenen Technologien

Hinleitung 5

Technologie mil beschlossenem

Phase-Out

Negative Effekte Konsequenzen

Insektizid DDT Unfruchtbarkeit Verbote ab 1972; WHO empfiehlt ab

2006 erneut Einsatz von DDT zur

Bekämpfung von Malaria''

Asbest Schleichender Tod stark

exponierter Menschen

Erste Verbote ab 1980, EU-weites

Verbot ab 2005, wenig Ausnahmen

Fluorchlorkohlenwasserstoffe

(FCKWs)

Schädigung der Ozonschicht Verwendung stark eingeschränkt,Verbot ab 2010

Bleihaltige Lote in der

Elektronik

Freisetzung von Blei aus

Mülldeponien

Weitgehendes EU-Verbot ab 2006

Technologien mit Potential,

umstritten zu werden

Negative Effekt Anzeichenfür Kontroverse

Computer-Tastaturen Schädigung des

Nervensystems durch Tippen

Diskussion in der Fachwelt

Auswirkungen unsicher

Toner in Laserdruckern Toxische Substanzen,

Nanopartikel in der Raumluft

Diskussion in der Presse

Aufbau von Interessenverbänden

Mobilkommunikation Ängste vor gesundheitlichen

Auswirkungen auf Menschen

Starke Vorschriften zum Bau von

Antennen

Medienpräsenz des Themas

Autoreifen Möglicherweisekrebserregende Substanzen,Gefahr durch Abrieb auf

Strassen.

Bestrebungen für einen EU-weiten

Grenzwert der Inhaltsstoffe

Verbrennungsmotoren für fossile C02-Ausstoss Emissionsgrenzen, Besteuerungen,Brennstoffe Proteste

Tab. 1: Beispiele von (potentiell) umstrittenen Technologien.

Technologien sind aber aus Sicht der Unternehmen in erster Linie Lösungsprinzipien, für

deren Beherrschung Aufwand notwendig ist. Sie bestehen zum einen aus der

Anwendungskompetenz der Unternehmen und zum anderen aus Artefakten wie Maschinen,

Produkten oder durch ihren Einsatz verursachte Veränderungen.9 Eine Technologie wird

umstritten, wenn ihr Einsatz kontroverse Meinungen hervorruft. In den Unternehmen findet

ein Umdenken, statt, d.h. die Technologie wird auch intern zunehmend als Problem

betrachtet.

Da Technologien in vielen Produkten häufig unbemerkt enthalten sind und breit

angewendet werden, sind viele Unternehmen von ihrer Ablehnung betroffen: Mobilfunk,

Toner für Drucker, Elektronik oder Abriebe von Autoreifen haben Auswirkungen auf fast

jedes Unternehmen. Ob ein Unternehmen die Technologie selber einsetzt, diese von

Page 199: Management von umstrittenen Technologien

Einleitung 6

Lieferanten zukauft (z.B. in Form von Produkttechnologien) oder ob ein Produkt erst beim

Kunden in ein technologisches System eingebaut wird ist von untergeordneter Relevanz:

Diese Unterschiede beeinflussen lediglich die Motivation der Unternehmen sich mit diesem

Thema zu befassen. Das Bewusststcin im Management ist bescheiden, wie eine

Industrieumfrage unter Geschäftsleitungsmitgliedern von Schweizer Grossunternehmen

aufzeigt: Über die Hälfte der 42 befragten Manager gab an, keine Technologien mit

potentiellen Nebenwirkungen einzusetzen.

1.2 Massive Konsequenzen für Unternehmen

Im Gegensatz zu diesem Verdrängen der Problematik sind die Konsequenzen aber zum Teil

enorm: Beispielsweise dürfen seit 2006 in vielen Bereichen des europäischen Marktes keine

Elektronik-Geräte mehr verkauft werden, welche Blei enthalten. Die globale Vernetzung

der Industrie auch zwischen unterschiedlichen Anwendungsbereichen hat aber dazu

geführt, dass in weiten Teilen der globalen Elektronikindustrie kein Blei mehr eingesetzt

wird. Da Blei seit Beginn der Elektronik als Lcgicrungsbcstandteil im Lötzinn verwendet

wird, bedeutet die Umstellung für die Firmen einen grossen Aufwand und verursacht

Unsicherheiten sowie Probleme der Qualität und der Beschaffung. Jahrzehntelange

technologische Erfahrungen und etablierte Wertschöpfungsnetzwerke kann man nicht in

wenigen Monaten substituieren oder umstellen. Auch die Anpassung von

Geschäftsprozessen benötigt Zeit. Die Abhängigkeit von solchen Basistechnologien wird

den Unternehmen oft erst bei der Notwendigkeit des Phasc-Outs bewusst.

Die Auswirkungen auf die Unternehmen sind nur selten finanziell erfasst. Indikatoren

deuten aber auf einen beachtlichen Aufwand hin. So haben in der Schweiz alleine die durch

Asbest bedingten Berufskrankheiten bis 2003 383 Millionen Franken Gesundheitskosten

verursacht.10 Schadensersatzforderungen überschreiten diese Summe um ein Vielfaches.

Unternehmen, welche sich mit umstrittenen Technologien konfrontiert sehen," verspüren in

einer ersten Phase eine grosse Verunsicherung: Zum einen ist die zukünftige Akzeptanz der

Technologie plötzlich in Frage gestellt, zum anderen ist der eigene Bezug zu der

Technologie nicht ohne weiteres klar. Der Zeitraum, in welchem die Technologie trotz

externen Druckes noch weiter eingesetzt werden muss, kann lange andauern und

Managementkapazitäten binden. Zudem können neue Investitionen gehemmt werden und

bestehende Anlagen werden rasch obsolet. Aber auch nach dem Phasc-Out einer

Technologie beschäftigt sie Unternehmen weiter. Wie Asbest aufzeigt, können

Wiedergutmachungs- oder Strafzahlungen ein Unternehmen noch Jahrzehnte nach der

letzten Anwendung einer Technologie beschäftigen.12

Page 200: Management von umstrittenen Technologien

Vier generische Situationen 7

1.3 Interviews in betroffenen Unternehmen zur Datenerhebung

Unsere Untersuchung fokussiert den Zeitraum von den ersten Zweifeln bis zum Verlassen

der Technologie. Anhand aktueller Beispiele von Technologien unter Beschuss führten wir

Gespräche in 49 Unternehmen, welche sich in den letzten fünf Jahren intensiv mit einer

umstrittenen Technologie auseinandergesetzt haben (Abbildung 2). Die Intcrviewpartner

waren Geschäftsführer und leitende Mitarbeiter der Unternehmen, welche in den Umgang

mit der umstrittenen Technologie involviert sind. 40 der Interviews waren motiviert von

dem erzwungenen Ausstieg aus bleihaltiger Elektronik. Um die Perspektiven von

unterschiedlich betroffenen Unternehmen zu beleuchten wählten wir Firmen aus allen

betroffenen Stufen der Wcrtschöpfüngskcttc aus: Hersteller von Endprodukten,

Komponenten, Modulen, Hersteller von Lötmatcrialicn und Lötanlagcn, sowie Händler.

Die weiteren acht Technologien dienten zur Validierung der Erkenntnisse aus den

Interviews in der Elektronikindustrie. Einige der Firmen haben die jeweils diskutierte

Technologie bereits verlassen, andere Unternehmen setzen die Technologie noch immer

ein. Historische, gut dokumentierte Beispiele wie der Einsatz von Asbest oder der Phase-

Out der FCKWs trugen zur Erkenntnisfmdung bei.

Technologie und Anwendungsbereich Anzahl Firmen

Einsatz bleihaltiger Lotmaterialien in der Elektronikproduktion 40

Quecksilber-Zellen zur Chlorherstellung 2

Bleistabilisatoren in der PVC-Herstellung 1

Erdnussbestandteile als Zusatzstoffe in der Schokoladeherstellung 1

Funktechnologie zur Mobiltelefonie 1

Mikrowellen zur Pasteurisierung von Nahrungsmitteln 1

Verwendung einer speziellen Kartoffelsorte in der Nahrungsmittelherstellung 1

Verwendung fossiler Brennstoffe zur Heizung von Glas-Schmelzwannen 1

Verwendung von PVC für sanitäre Anlagen 1

Abb. 2: 9 Uniersuchte Technologien m 49 Unternehmen

2 Vier generische Situationen

1st sich das Management einer umstrittenen Technologie bewusst, können vier Situationen

abgegrenzt werden, welche sich in den Dimensionen Ablehnung der Technologie und

Verfügbarkeit von technologischen Alternativen unterscheiden (vgl. Abb. 3). Erste Zweifel

an einer Technologie existieren oft bereits bei der Markteinführung, werden dann aber

häufig als irrelevant betrachtet.13 Mit zunehmender Anwendung der Technologie können

sich diese Zweifel verstärken und so zur Ablehnung der Technologie führen, was auf das

Unternehmen als Druck zum Phase-Out wirkt und seinen Handlungsspielraum stark

einschränkt. Daneben bestimmt die Verfügbarkeit von Alternativen die Situation

massgeblich: Die Realisierbarkeit der Technologie im Labor ist dabei nur ein erster Schritt,

bis eine Technologie effektiv verfügbar ist. Die Kundenakzeptanz, der Scale-Up, die

-i Konzept-

Entwicklung

Validierung der

Ergebnisse

Page 201: Management von umstrittenen Technologien

Vier genensche Situationen

Beschaffungssituation und auch die ökonomische Machbarkeil sind Hürden, welche eine

alternative Technologie nehmen muss. Diese Erfahrung musste ein Hersteller von

Elektronikkomponentcn machen, welcher sich als einer der ersten der Branche zum

Ausstieg aus bleihaltigen Lötmaterialien entschieden hat: „Die Kunden waren die Bremse

im Substitutionsprozess. Sie verhielten sich skeptisch gegenüber der neuen Komponenten,

obwohl wir sie in den Prozess einbezogen hatten. "(Entwicklungsleiter)

Den Unternehmen stehen zwei Phase-Out-Optionen zur Verfügung: Solange keine

Alternativen verfügbar sind, ist nur der Marktausstieg möglich. Sobald aber Alternativen

existieren, befinden sich Unternehmen in Zugzwang, die Technologie zu substituieren. '"

N Marktausstieg

Lock-In Zugzwang

& Kooperationen mit Substitution wo

0 F Konkurrenz Reputationsveriust zu

% CO Alternativen suchengefährlich c

o

Zeit gewinnenHandlungsfreiheit bewahren JD

s

3 CO

<d

8Dominant Design Trade-off

a. Investieren Substitution weil technisch

S3

g Alternativen beobachtenüberlegen

o

1-

Je pPilotversuche

1 Substitution planbar

Nicht verfügbar Verfügbar Angewendet

Verfügbarkeit technologischer Alternativen

Abb 3: Vier generische Situationen und zwei technologische Phase-Out-Optionen

2.1 Dominant Design

Viele Technologien befinden sich im Dominant Design, d.h. sie werden überwiegend

positiv wahrgenommen und in vielen Anwendungen eingesetzt. Sic stellen über mehrere

Generationen von Entwicklern das vorherrschende Lösungsprinzip dar, d.h. viele Produkte

und Prozesse basieren auf ihnen.15 Zweifel an der Technologie sind in den frühen Phasen

von spekulativer Natur. Ein typisches Beispiel war Ende der 1990er Jahre die Verwendung

von Erdnussbestandtcilcn als Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln. Zur Erreichung des

Erdnussgcschmackes sind keine Alternativen verfugbar. Die Rückstände konnten aber nie

vollständig aus den Produktionsanlagen entfernt werden konnten, was dazu führte, dass

vermeintlich erdnussfreie Lebensmittel Spuren aufwiesen, welche allergische Reaktionen

auslösen können. Ebenfalls waren bleihaltige Lote in der Elektronikproduktion mehr als ein

Jahrhundert lang die Lotlcgierung erster Wahl, und auch die mittlerweile nur noch selten

Page 202: Management von umstrittenen Technologien

Vier gcnerischc Situationen 9

verwendeten Bleistabilisatoren für Polyvinylchlorid (PVC) haben sich jahrzehntelang

bewährt.16 Parallel zur Entwicklung der technologischen Monokulturen im Dominant

Design etablieren sich Wertschöpfungsnetze im Umfeld dieser Technologie. Ausserdem

entstehen Industriestandards und Produktstrukturen werden durch die Technologie

bestimmt. Unternehmen binden sich vermehrt an die Technologie in Form von

längerfristigen Abnahmeverträgen oder der garantierten Ersatzteilverfügbarkcit: In der

Industrieelektronik kann die Ersatzteilgarantie mehrere Jahrzehnte betragen.

Unternehmen laufen in dieser Situation Gefahr, die eigene Abhängigkeit von einer

Technologie zu unterschätzen. Dominant Designs entwickeln sich zu Basistechnologien

und werden von Anwendern als „Black-Box" eingesetzt. Die Weiterentwicklung findet

häufig statt, ohne dass der Anwender viel davon wahrnimmt, da die Eigenschaften konstant

gehalten werden. Das technologische Wissen konzentriert sich auf wenige verbliebene

Unternehmen. Als Konsequenz verschwinden diese Technologien aus dem Bewusstsein

von Anwendern und Öffentlichkeit und ihr Nutzen wird nicht mehr wahrgenommen.17 Neu

entdeckte, negative Auswirkungen erhalten so ein übcrproportionales Gewicht.1* Risiken

und Opportunitäten werden emotional beurteilt, was sich am Beispiel DDT sehr deutlich

zeigt.

Alternativen zu entwickeln ist im Dominant Design ein schwieriges Unterfangen: Einerseits

erreichen diese das gewohnte Leistungsniveau nicht sofort, andrerseits akzeptiert auch die

Wcrtschöpfungsnctzwcrke alternative Technologien nicht ohne weiteres: Die Switching

Costs sind zu hoch und das Vertrauen in die neue Technologie fehlt. Alternative

Technologien entwickeln sich daher häufig in fremden Anwendungsgebieten.19 Aber auch

innerhalb der Organisation sind spezifische Hürden zu meistern, wie der Geschäftsführer

eines Nahrungsmittelverarbeiters schilderte: „Der Phase-Out-Entscheid musste durch das

Top-Management gefällt werden. Die Technologieverantwortlichen sahen nicht ein, warum

man eine derart gute und beherrschte Technologie plötzlich nicht mehr brauchen solle."

Einige Unternehmen bewahren ihre Flexibilität, in dem sie sich gezielt alternative

Technologien verfügbar halten, selbst wenn keine konkreten Anhaltspunkte für die

Notwendigkeit zum Phase-Out bestehen. So untersucht der Snack-Hersteller Zweifel

beispielsweise neben den vorherrschenden auch ständig die Eignung von alternativen

Kartoffelsorten. Zweifel konnte so die Sorte während der globalen Acrylamid-Panik im

Jahre 2002 schnell wechseln. Auch die Firma A lean Airex erforscht kontinuierlich

alternative Stabilisatoren für die eigenen Kunststoffprodukte. Sie konnte so rasch auf die

unbedenklichen Calcium-Zink-Stabilisator wechseln, als die damals vorherrschenden Blei-

Stabilisatoren unter Beschuss gerieten.

Page 203: Management von umstrittenen Technologien

Vier gcnensühc Situationen 10

Drei Viertel der untersuchten Unternehmen identifizierten umstrittene Technologien als

potentiell problematisch, noch bevor die Notwendigkeit eines Phasc-Out gegeben war, d.h.

sie erkannten mögliche negative Auswirkungen häufig früher als die breite Öffentlichkeit.

Demgegenüber hat der grösste Teil der untersuchten Unternehmen in diesen frühen Phasen

noch keine Alternativen entwickelt.

2.2 Lock-In

Steigt der Druck gegen eine Technologie im Dominant Design an, so geraten die

Unternehmen in eine Lock-In-Situation, da Substitution nicht möglich ist. Die Phase kann

ebenfalls längere Zeit andauern. So ist für den Werkstoff PVC in einigen Bereichen keine

Alternative vorhanden, obwohl einige Unternehmen den Einsatz schon seit längerem zu

vermeiden suchen: „1990 definierte unsere Firma eine Umweltstrategie. Der angestrebte

Ausstieg aus PVC wurde als Ziel genannt, wobei alternative Stoffe gegenüber PVC

bevorzugt werden sollen"(Umweltmanager des Konzerns). Auch zur Nutzung

elektromagnetischer Wellen für die mobile Datenkommunikation sind keine Alternativen

verfügbar. Andere Beispiele von Technologien im Lock-Tn sind fossile Brennstoffe,

Nuklcarenergie oder der Einsatz gewisser Pestizide20 Wenngleich nebst den genannten

Beispielen auch für weitere Technologien keine Alternativen zur Verfügung stehen, werden

sie nicht zur Lock-In-Situation gezählt, da keine Bestrebungen zum Phasc-Out bestehen.

Solche Technologien befinden sich im Dominant Design: Zurzeit gibt es keinen Ersatz für

Zement als Baustoff; obwohl pro Tonne Zement ca. 0.9 Tonnen CO2 anfallen,21 wird

Zement nicht kontrovers diskutiert.

Die Bedingungen zum Lock-In entwickeln sich schleichend, wobei zwei wesentliche

Mechanismen diese Entwicklung unterstützen: Netzwerkeffekte und technologische

Paradigmen'}2 Netzwerkeffekte entstehen, wenn eine Technologie aufgrund ihrer

Verbreitung favorisiert wird. Sie treten auch auf, wenn grosse Unternehmen eine

Technologie wählen und so den Technologieentscheid kleinerer Firmen vorwegnehmen.Diese ausgewählten Technologien werden breit verfügbar, wie beispielsweise die

bleihaltigen Lotmaterialien und die damit kompatiblen Komponenten, welche rasant mehr

Verbreitung fanden. Technologische Paradigmen entstehen aus einem zu starken

cntwicklerischen Fokus auf eine Technologie und verstärken den Lock-In-Effekt.

Der Lock-In tritt schliesslich zu Tage, wenn die Ablehnung der Technologie für das

Unternehmen relevant wird. Will ein Unternehmen die Technologie nicht mehr einsetzen,

so bleibt ihm in dieser Situation nur noch die Abkündigung von Produkten oder aber die

Verringerung der Ablehnung durch PR-Massnahmen und Optimierung des Technologie-

Einsatzes. Dabei ist zu beachten, dass die erste Option mit hohen Abschreibungen

Page 204: Management von umstrittenen Technologien

Vier genensche Situationen 11

verbunden und die zweite eine unsichere Aussicht auf Erfolg besitzt. Während dieser Phase

kooperieren Unternehmen oft innerhalb der Branche.

In den meisten Fällen steigt der Druck zum Phasc-Out einer Technologie an, ohne dass

Alternativen vorhanden sind. Da der Marktausstieg für die Unternehmen keine akzeptable

Option darstellt, investieren sie beachtlichen Aufwand in die Entwicklung von Substituten.

In unseren Untersuchungen konnten wir keinen Fall identifizieren, in dem es einer Firma

gelungen ist, langfristig alle relevanten Zweifel am Einsatz einer Technologie zu beseitigen.

Es gelang den Unternehmen aber, den Phase-Out hinauszuschieben und Zeit zu gewinnen.

Unternehmen im Lock-In versuchen häufig, die Akzeptanz einer Technologie zu erhöhen.

Dazu stehen verschiedene Mittel zur Verfügung, welche oft kombiniert angewandt werden:

- Viele Unternehmen setzen so genannte End-Of-Pipe-Lösungen ein: Diese verringern den

negativen Effekt, lassen die Technologie aber praktisch unverändert. Die wohl

bekanntesten Beispiele sind der Automobil-Katalysator und Metall-Abschirmungen der

alten Computermonitore zum Eindämmen des elektromagnetischen Feldes. In der

Prozessindustrie setzt man häufig Abluftfilter ein.

- Einige Unternehmen verringern den Druck auch, indem sie die umstrittene Technologie

optimieren und so den Schaden verringern. Beispiele sind, das 3-Liter-Auto, verbesserte

Isolation von Brennöfen zur Senkung des Energieverbrauchs oder effizientere

Übertragungsprotokolle in der Mobilkommunikation, damit weniger Strahlung pro

übermittelte Dateneinheit erzeugt wird.

- Daneben kann ein Unternehmen auch die Wahrnehmung der Technologie positiv

beeinflussen. Dazu zählen Informationskampagnen, welche einerseits den Nutzen der

Technologie ins Bcwusstscin rücken und andrerseits den vermuteten negativen Effekt

objektivieren. Der Mobilkommunikationsanbieter Swisscom unterstützt die Erforschung

der Auswirkungen elektromagnetischer Felder.23

- Einige Unternehmen machen aufdie Nachteile der Alternativen aufmerksam. So führten

die Gegner des Phase-Outs von bleihaltigen Lotlegierungen auf, dass die erhöhten

Löttcmpcraturcn den Energieverbrauch steigern und die Gewinnung der alternativen

Legierungsbestandteile ökologisch bedenklich sei.

Page 205: Management von umstrittenen Technologien

Vici gcricnsche Situationen 12

2.3 Zugzwang

Sind Alternativen verfügbar, erhöht sich der Druck zum Phase-Out.24 Unternehmen

befinden sich in Zugzwang und können die umstrittene Technologie nicht mehr einsetzen.

Sie wählen in der Regel die Substitution der umstrittenen Technologie, da der

Marktausstieg eine wenig attraktive Option ist und die Verringerung des Druckes zum

Phasc-Out nur ungewissen Erfolg verspricht. Es besteht im Gegenteil die Gefahr, dass

Konkurrenten, welche bereits eine alternative Technologie einsetzen den Druck auf die

Technologie erhöhen. Hier sind typische Marketing-Massnahmcn wie die Hervorhebung

von Argumenten wie „bleifrei" beim Autobenzin oder „chlorfrei gebleicht" bei Papieren

beliebt.

Im Zugzwang dominiert der Zeitdruck. Entwicklungen, Sortimentsbereinigungen und auch

Tests müssen beschleunigt werden. Nicht immer ist dies aber möglich, wie der Laborleitcr

einer Prüfungsabteilung ausführt„Es ist schwierig, von den beschleunigten Tests auf die

wirklichen Langzeiteigenschaften von bleifreien Lötstellen zu schliessen. Wir sind daher

gezwungen, Langsam-Tests durchzuführen, damit die Übertragbarkeit von beschleunigten

Tests auf die realen Gegebenheiten abgeschätzt werden kann."

Um den Aufwand zu minimieren versuchen Unternehmen einen Technologiewechsel

immer mit anderen Vorgängen zu synchronisieren, was aber aufgrund des Zeitdruckes nicht

immer möglich ist. So wechselt die Prozessindustrie Produktionstechnologien oft im

Rahmen der Gesamterneuerung einer Anlage: In der europäischen Chlorgewinnung dürfen

bestehende Quecksilber-Zell-Anlagen noch verwendet werden, für Neuprojektierung sind

sie jedoch nicht mehr zugelassen.25 Durch die Synchronisicrung von Anlagenlcbensdauer

und Einsatzbewilligung der Technologie können erhebliche Kosten eingespart werden, wie

der technische Leiter eines Unternehmens in der Prozessindustrie ausführt:„Unsere Anlage

stammt aus den früher 197Gern. Die Investitionen in eine neue Anlage sind viel zu hoch, um

diese früher zu ersetzen. Wir werden den Technologiewechsel im Rahmen der

Gesamterneuerung der Anlage durchführen und konzentrieren und derzeit auf die

Optimierung der bestehenden Technologie und End-Of-Pipe-Lösungen."

Viele Intcrviewparlner nannten das Vermeiden des Zugzwangs als wichtigen Erfolgsfaktor.

Der überwiegende Teil geriet aber in diese Situation und beklagte deshalb hohe

Zusatzaufwendungen. Die abrupte Substitution einer Technologie verursacht hohe Kosten

und erhöht die Unsicherheit, Zudem kann ein zu rascher Technologicwcchscl ebenfalls

Probleme hervorrufen, da unausgereifte Technologien eingesetzt werden müssen.

Page 206: Management von umstrittenen Technologien

Folgerungen fur das Management 13

2.4 Trade-Off

Firmen im Trade-Off befinden sich auf dem Pfad der klassischen Technologie-Substitution:

Der Druck zum Phase-Out der Technologie spielt noch keine relevante Rolle, und die

verfugbaren Alternativen werden in Nischen eingesetzt. So waren in der Elektronikindustrie

bleifreie Lote bereits seit mehreren Jahren für Spezialanwendungen mit höheren

Betriebstemperaturen wie zur Steuerung von Verbrennungsmotoren im Einsatz. Obwohl

erste Anzeichen für eine Kontroverse vorliegen besteht kein Anlass zum sofortigen

Technologiewcchsel. Unternehmen, welche sich in dieser Situation befinden, können den

Technologicwcchscl mit anderen Aktivitäten synchronisieren und so die Substitution mit

wesentlich kleinerem Aufwand und höherer Sicherheit bewerkstelligen: „Für uns bedeutet

der Ausstieg aus bleihaltiger Elektronik keinen grossen Aufwand. Wir müssen einfach

andere Oberflächen bei unseren Leiterplatten einsetzen, welche wir aber bereits seit

längerem in einigen Bereichen routinemässig verwenden"

(Leiter Sales eines Herstellers

von Leiterplatten). Aber auch der Trade-Off birgt Gefahren in sich: Verweilt ein

Unternehmen zu lange in dieser Situation, kann es sich nachträglich mit Vorwürfen der

wissenden Untätigkeit konfrontiert sehen.

3 Folgerungen für das Management

3.1 Fünf Szenarien für umstrittene Technologien

Die untersuchten Unternehmen durchliefen mehr als nur eine der gencrischen Situationen.

Der Grossteil der Unternehmen geriet unter Zugzwang, da sie zu einem Phase-Out der

Technologie aufgrund von externem Druck gezwungen waren. Zusammenfassend konnten

wir fünf Szenarien für umstrittene Technologien identifizieren (vgl. Pfeile in Abb. 4):

Erzwungener Marktausstieg und Substitution, vertagte Krise, verpasste und klassische

Substitution.

Page 207: Management von umstrittenen Technologien

Folgerungen ftir das Management 14

1 Erzwungener MarktausstiegKeine Alternativen in Sicht

Druck zu stark

2 Erzwungene Substitution

Alternativen unter Druck geschaffen,übereilte Substitution

3 Vertagte Krise

Druck zum Phase-Oul kann

temporar verringert werden

4 Verpasste Substitution

Alternativen schon länger verfugbarzu lange mit Substitution gewartet

5 Klassische Substitution

Frühzeitige Substitution mit

geringem Zusalzaufwand

Nicht verfugbar Verfugbar Angewendet

Verfügbarkeit technologischer Alternativen

Abb 4: FünfSzenarienfür umstrittene Technologien

(1) Der erzwungene Marktausstieg ist die am wenigsten erwünschte Entwicklung, welche

eine umstrittene Technologie nehmen kann. Das Unternehmen, welches sich mit der

Verwendung von Erdnussbestandteilen in den eigenen Produkten befassen musste, sah sich

mit einer solchen Entwicklung konfrontiert: Als neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf

Verunreinigungen in den eigenen Produktionsanlagen hindeuteten schien das Abkündigen

von eigenen Produkten mit Erdnussgeschmack die einzig sinnvolle Option: Wie bereits

erwähnt waren keine alternativen Geschmacksstoffe verfügbar und auch war es nicht

möglich, den Druck gegen die Technologie zu verringern: Eine intensivere Reinigung der

Produktionsanlagen nach jedem Produktionslos war technisch nicht machbar. Die mit

dieser erzwungenen Produktabkündigung einhergegangenen Umsatzeinbussen waren aber

gering.

(2) Für viele Unternehmen folgte die Entwicklung dem Pfad der erzwungenen Substitution:

Alternative Technologien wurden entwickelt oder verfügbar gemacht, nachdem der Druck

gegen die ursprüngliche Technologie hoch war. Teilweise wurden auch frühe Anzeichen

nicht beachtet, wie der Leiter Assembly Technology eines Halbleiterherstellers schildert:

„Bereits 2001 wurden wir von der zentralen Forschungsabteilung auf das Thema der

Kompatibilität mit bleifreien Lötprozessen hingewiesen. Für uns entstand aber erst

Handlungsdruck, als konkrete Kundenanfragen für konforme Produkte vorlagen."

Die

erzwungene Substitution findet im Zugzwang statt, d.h. der Zeitdruck für den Phasc-Out ist

besonders hoch.

Page 208: Management von umstrittenen Technologien

Folgerungen fui das Management 15

(3) Vertagte Krisen konnten wir in unseren Interviews keine identifizieren. Jedoch

existieren viele Technologien, welche regelmässig wieder ins Blickfeld der Kritik geraten:

UV-Filter in Sonnencremes, Parabene oder auch die Nuklcarenergie. Das bewusste

Verunmöglichen von Alternativen konnten wir ansatzweisc beobachten: Einzelne

Unternehmen haben auf die Nachteile der Alternativen aufmerksam gemacht und so

versucht, auf die Probleme einer Substitution hinzuweisen.

(4) Einige der Unternehmen haben die Substitution verpasst: Obwohl sie bereits in

Alternativen zur Verfügung gehabt haben, gerieten sie unter Zugzwang, da sie mit der

Substitution nicht früh genug begonnen hatten oder ihre Kunden nicht auf die Alternativen

vorbereitet hatten:„Wir haben bereits seit 1995 Anlagen für bleifreies Löten an

Nischenkunden geliefert und haben nicht erkannt, dass nun auch weitere Kunden einen

Technologiewechsel vollziehen müssen. Wir haben hier eine grosse Chance verpasst."

Wie

hier der Geschäftsführer eines Herstellers von Lötanlagen ausfuhrt, können solche

erzwungenen Technologiewechsel für Nischenanbieter eine grosse Marktchance darstellen.

Die Gefahr, solche Entwicklungen zu verpassen ist aber gross.

(5) Klassische Substitutionen finden ohne nennenswerten Druck zum Phase-Out der alten

Technologie statt: Eine neu entwickelte Technologie übertrifft die Leistungen der alten

Technologie. Für die Substitution stehen dem Management unterschiedliche Mittel zur

Verfügung (vgl. Tab. 2), wobei Unternehmen oft eine Kombination dieser

Vorgehensweisen wählen: Sie künden einzelne Produkte ab und stellen Produkte mit

grösserem Potential auf die neue Technologie um. Viele Firmen können die Technologie

nicht vollständig verlassen, da wichtige Kunden diese noch immer explizit fordern. Auch

findet sich in der Regel keine l:l-Substition, d.h. es müssen in Zukunft mehrer neue

Technologien eingesetzt werden. Die Folge eines unvollständigen Technologiewechsels ist

der Verlust von Skalcncffcktcn und organisatorische Anstrengungen. So mussten viele

Unternehmen in der Elektronikindustrie nun unterschiedliche Produktionslinien betreiben,

für bleifreie und bleihaltige Lote. Überdies ist es unsicher, welche der Lotlegierungen sich

in Zukunft durchsetzen wird.

Page 209: Management von umstrittenen Technologien

Folgerungen für das Management 16

Substitution der Technologie

1:1 -Substitution

(„Drop-In-Lösung")

Elektroheizung anstelle fossiler Brennstoffen zur

Gasherstellung

Membran-Zelle anstelle von Quecksilber-Zelle zur

Chlorherstellung

Einsatz alternativer Stabilisatoren bei PVC-Herstellung

1 :N-Substitution FCKWs mussten durch 25 Substanzen ersetzt werden.

(Verschiedene Substitutionen) Bieihaltjge Lote durch mehrere Legierungen ersetzen

ÜbergeordneterTechnologiewechscl

Elektrische Kontakte pressen anstatt löten

Tab. 2: Ausprägungen der Technologie-Substitution

3.2 Palette an Management-Mitteln

Das Management muss aus einer Vielzahl an Möglichkeiten auswählen: Um die Akzeptanz

einer Technologie zu erhöhen oder zu erhalten, stehen End-Of-Pipe-Lösungen,

Technologie-Optimierung oder auch die Widerlegung des negativen Effektes zur Auswahl

(vgl. Tab. 3). Um Alternativen verfügbar zu machen müssen Unternehmen neben der rein

technologischen Entwicklung auch den Beschaffungs- und den Absatzmarkt vorbereiten.

Häufig existiert keine l:l-Substitution, welche alle Anforderungen an die alte Technologieerfüllt. Mehrere Substitutionsschrittc sind erforderlich. Eine Technologie kann auch durch

einen übergeordneten Tcchnologiewechsel ersetzt werden.

33 °

S -S

Ü ni

1) J3

CZî O

Druck verringern /

Akzeptanz erhöhen

End-Of-Pipe-Lösungen

Technologie optimieren

Negativen Effekt widerlegen

Informationskampagnen

Wiedergutmachung,

Milderung

Druck erhöhen*

Phase-Out als Marketing-Argument

Effekt untermauern

*: erst nach Phase-Out

sinnvoll

Alternativen verfügbarmachen

Technologie-Entwicklung

Technologie-Integration

Flexibilität erhöhen

Beschaffungsmarktvorbereiten

Kundenakzeptanz schaffen

Alternativen

verunmöglichen

Nachteile der Alternativen

aufzeigen

Technologie^Suhstitution

1:1-Substitution

(„Drop-In-Lösung")

1 :n-Substitution

(VerschiedeneSubstitutionen)

ÜbergeordneterTechnologiewechsel

Marktausstieg

Produktabkündigungen

Unternehmensteil schliessen

Untemehmensteil veräussern

Tab. 3. Management-Mittel beim Einsatz einer umstrittenen Technologie

Page 210: Management von umstrittenen Technologien

Zusammenfassung 17

Alternativen verfügbar zu machen war die am häufigsten verfolgte Variante: Die

Unternehmen standen einer zunehmenden Ablehnung der eingesetzten Technologie

gegenüber, ohne dass Alternativen verfügbar gewesen wären. Die meisten Unternehmen

mussten daher Alternativen unter externem Druck verfugbar machen. Sic gerieten in

Zugzwang, als die Alternativen verfügbar wurden und hatten wenig Zeit, die Substitution

zu realisieren. Auch konnten sie den Substitutionsprozess nicht mit anderen Aktivitäten im

Unternehmen synchronisieren und hatten so erheblichen Zusatzaufwand. Sobald aber

Alternativen zur Verfügung stehen, ist der Marktausstieg für Unternehmen keine Option

mehr. Vereinzelt konnten wir Sortimentsbereinigungen beobachten, welche aufgrund des

erzwungenen Technologiewechsels vorgezogen wurde.

Zusammenfassung

Seit der Industrialisierung kommen immer wieder Technologien unter Druck der

Öffentlichkeit und werden verboten. Unternehmen in einer solchen Situation sollen sich

systematisch mit der Technologie auseinandersetzen, wozu dieser Artikel einen Beitrag

leistet: In Abhängigkeit der Stärke des Druckes und der Verfügbarkeit von

Alternativtechnologien haben wir vier gencrische Situationen identifiziert, in welche

betroffene Unternehmen geraten können: Dominant Design, Lock-In, Zugzwang und Trade¬

off. Netzwerk- und Skalcneffekte führen dazu, dass sich eine Technologie ausbreitet, zum

Dominant Design wird. Wenn solche dominanten Technologien plötzlich von der

Gesellschaft abgelehnt werden, manifestieren sich die Schwierigkeiten eines sofortigen

Phase-Outs: Der Lock-In wird deutlich und die Unsicherheit steigt. Sobald Alternativen

verfugbar sind, geraten Unternehmen in Zugzwang und die Substitution der Technologie ist

eine Frage der Zeit. Entwickeln Unternehmen Alternativen, ohne dass ein nennenswerter

Druck gegen eine Technologie besteht, sind rein leistungs- und kostenorientierte Faktoren

für den Substitutionsentscheid relevant (Trade-Off).

Unternehmen, welche in Berührung mit umstrittenen Technologien kommen, stehen vor

vier Hauptaufgaben: Identifikation der Kontroverse, bewusster Umgang, Phase-Out und

Clean-Up. Als erstes gilt es, dass ein Unternehmen sich einerseits der Kontroverse um eine

Technologie bewusst wird und andrerseits auch den eigenen Bezug zur Technologie kennt.

Der Artikel fokussiert auf den zweiten Schritt, den bewussten Umgang mit solchen

Technologien. Unternehmen müssen sich ihrer Situation anhand der präsentierten Matrix

bcwusst sein und ihre Ilandlungsvariantcn systematisch auswählen. Der Phase-Out der

Technologie lässt sich in der Regel nicht einfach durchfuhren und oft müssen Unternehmen

ihre längerfristigen Verpflichtungen erfüllen {Clean-Up), sei dies im Rahmen der

Ersatzteilgarantie oder auch von Schadensersatzforderungen.

Page 211: Management von umstrittenen Technologien

Summary 18

Den Unternehmen stehen verschiedene Vcrhaltensvarianten zur Verfügung sich in dieser

Situation zu bewegen. Neben der Substitution einer Technologie und der Entwicklung von

Ahernativtechnologien sind dies das Verunmöglichen von Alternativen, der Marktausstieg

und der Versuch, die Akzeptanz der Technologie zu erhöhen.

Umstrittene Technologien werden auch in Zukunft das Management beschäftigen. Für

einige Unternehmen ist eine umstrittene Technologie nur Hintergrundsrauschen in der

strategischen Umfeld-Analyse, andere Unternehmen sehen sich existcnzicllcn Bedrohungen

gegenübergestellt. Um die Herausforderung sicher zu meistern, müssen sie die beiden

Dimensionen Druck zum Phase-Out der Technologie und Verfügbarkeit von

technologischen Alternativen systematisch überwachen und gegebenenfalls beeinflussen.

Summary

Since industrialization, technologies come under pressure of the public and become

forbidden. Companies in such a situation have to deal systematically with the technology.

Therefore, this article contributes to these systematic considerations by identifying four

different generic management situations of companies affected by such controversial

technologies: Dominant Design, Lock-In, Zugzwang and Trade-Off. Network effects and

economies of scale give rise to the wide diffusion of a technology that finally becomes the

Dominant Design. In case such a dominant technology is suddenly refused by society, the

difficulties to phase out the technology rapidly are unveiled: The Lock-In becomes clear

and uncertainty rises. As soon as alternatives are available, enterprises are put in Zugzwang

and the substitution of the technology is just a question of time. Enterprises developing

alternatives without a considerable pressure against the old technology follow the path of a

classical substitution. In these situations, performance and cost-oriented factors arc relevant

for the decision for substitution (Trade-Ofjf).

Companies that are concerned about controversial technologies, face four major challenges:

Identification of the controversy, conscious handling, phase-out and clean-up. First, the

management has to become aware of the ongoing controversy about the technology and

about the own relationship with the technology. The article focuses on the second step, the

conscious handling of such technologies: Enterprises knowing their situation according to

the presented matrix can systematically select their variants of action. Usually, the phase-

out cannot be accomplished easily and often, enterprises have to fulfill long-term

obligations like spare part warranty or compensation payments {clean-up).

Different variants of behavior are at the management's disposal: Besides the substitution of

a technology and the development of alternatives, companies can try to make impossible

alternatives, to exit the market and to increase the technology acceptance.

Page 212: Management von umstrittenen Technologien

Anmerkungen 19

Anmerkungen

„Dosis facit venenum.", Paracelsus.

Daten von Gee and Greenberg: Asbestos: from 'magic' to malevolent mineral. In Harremoes (Hrsg.):Late lessons from early warnings: the precautionary principle 1896-2000. Copenhagen 2001, 52-63.

Laukenmann: Nachweis von kleinsten Konzentrationen. In: Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2001.

Mobilkommunikation: Koch: Unter Hochspannung: Neue Hinweise auf ein erhöhtes Leukämie-Risiko

heizen die Debatte um elektromagnetische Felder an. In: Süddeutsche Zeitung, 2005.

Computer-Tastaturen: Mazzotti and Castro: RSl-Repctitive Strain Injury - eine Berufskrankheit? In:

Versicherungsmedizin, 3,2004, 14Iff.

Laserdrucker: Macke: Feinstaub im Büro: Nicht nur Autos, auch Laserdrucker und Kopierer stoßen

gesundheitsschädliche Partikel aus. In; Berliner Zeitung, Berlin 2005.

Siehe die kontroverse Informationslage bei Bisphenol A: vom Saal and Hughes: An extensive new

literature concerning low-dose effects of Bisphenol A shows the need for a new risk assessment. In:

Environmental Health Perspectives, 2005.

WHO: WHO gives indoor use of DDT a clean bill of health for controlling malaria. In: WHO Media

Centre, 2006.

Siehe beispielsweise Mazzotti and Castro: RSI-Repetitive Strain Injury - eine Berufskrankheit? In:

Versicherungsmedizin, 3, 2004.

Siehe beispielsweise www.krank-durch-toner.de [Zugriffsdatum 26. Oktober 2006].

Vergleich dazu auch Grunwald: Technikphilosophie. In Bröchler, Simonis and Sundermann (Hrsg.):Handbuch Technikfolgenabschätzung. Berlin 1999, 183-191.

suva: Daten und Fakten zu Asbest, Luzern 2005, 9.

Die Identifikation von Kontroversen ist dieser Phase noch vorgelagert und kann auf unterschiedliche

Weise stattfinden. Siehe dazu auch Boutellier, R. und Biedermann, A.: Identification of issues with

controversial technologies, in International Journal of Technology In-telligence and Planning, 2006, 2,

3, 225-247.

Siehe das Beispiel der Asbestverwendung durch die Firma Eternit: NZZ: Eternit gründet Stiftung für

Asbest-Opfer. In: Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2006. und NZZ: Asbest-Opfer verklagen die Gebrüder

Schmidhciny. In: Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2005.

Siehe das Beispiel der Röntgenstrahlung: Lambert; Radiation; early warnings; late effects. In

Harremoës (Hrsg.): Late lessons from early warnings: the precautionary principle 1896-2000.

Copenhagen 2001, 31-37.

llarrigan and Porter: End-Game Strategies for declining industries. In: Harvard Business Review, 61,

2001, 4. nennen Marktaustrittsbarrieren wie Anlagen, Ausstiegskosten oder die Abhängigkeit anderer

Geschäfte.

Siehe auch Utterback; Mastering the dynamics of innovation how companies can seize opportunities in

the face of technological change, Boston, Massachusetts 1994.

Page 213: Management von umstrittenen Technologien

Anmerkungen 20

Bleistabilisatoren sind wegen Nebeneffekten ab 2015 in der EU verboten: Baunemann, (îrass, Lindner,

Saffcrt and Spindler: PVC. Daten, Fakten, Perspektiven, Köln 2003.

Siehe das Beispiel der Elektrizität beschrieben in Economist: Now you see it, now you don't. In: The

Economist, 2004-11-30, 2004.

Kepplinger spricht in diesem Zusammenhang vom abnehmenden Grenznutzen einer Technologie:

Kepplinger: Künstliche Horizonte: Folgen, Darstellung und Akzeptanz von Technik in der

Bundesrepublik, Frankfurt etc. 1989, 153-154.

Christenscn weißt daraufhin, dass disruptive Technologien sich in Nischenmärkten entwickeln, bis sie

den Hauptmarkt erschüttern: Christensen: The innovator's dilemma: when new technologies cause

great firms to fail, Boston, Massachusetts 1997.

Wilson and Tisdell: Why farmers continue to use pesticides despite environmental, health and

sustainability costs. In: Ecological Economics, 39, 2001, 3.

Anand, Vrat and Dahiya: Application of a system dynamics approach for assessment and mitigation of

C02 emissions from the cement industry. In: Journal of Environmental Management, 79, 2006, 4, 384.

Perkins: Technological "lock-in". In Neumayer (Hrsg.): Online Encyclopaedia of EcologicalEconomics. 2003.

Siehe auch als Beispiel Baunemann, Grass, Lindner, Saffert and Spindler: PVC. Daten, Fakten,

Perspektiven, Köln 2003.

Die Regulatoren wenden vennehrt das Vorsichtsprinzips an, welches auch besagt, dass Alternativen zu

einer umstrittenen Technologie einzusetzen sind, wenn sie verfügbar sind. Diese Form des

Vorsorgeprinzips wird durch die Regulatoren beispielsweise in Form von Formulierung der der „BestAvailable Technology" operationalisiert (Stewart: Environmental regulatory decision making under

uncertainty. In; An Introduction to the Law and Economics of Environmental Policy: Issues in

Institutional Design, 20,2002.). Siehe beispielsweise European Commission: Integrated Pollution

Prevention and Control (IPPC): Reference Document on Best Available Techniques in the Chlor-

Alkali Manufacturing industry, City 2001.

25Siehe www.eurochlor.org.

Page 214: Management von umstrittenen Technologien

6 Kopien der Publikationen___,

IX

6.8 Systementwickler und Modullieferanten

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2005): Systcmcntwickler und

Modullieferanten, in Albers, S. und Gassmann, O. (Hrsg.) Handbuch

Technologie- und Innovationsmanagement. Strategie - Umsetzung -

Controlling, Wiesbaden, Gabler-Verlag, 641-658.

Page 215: Management von umstrittenen Technologien
Page 216: Management von umstrittenen Technologien

Roman Boutellier, Andreas Biedermann

J Systementwickler und

I Modullieferanten

1 Einleitung 643

2 Steigende Anzahl Systemanbieter 643

3 Modularisierung als Balance zwischen Veränderung und Konstanz 645

4 Entscheidung zwischen integralem und modularem Design 646

5 Beziehung zwischen modularer Produktarchitektur und Organisation 649

6 Modularisierungskriterien in den Phasen des Produktlebenszyklus 651

7 Gestaltung der Zusammenarbeit mit Modullieferanten 653

8 Fazit 657

Literaturverzeichnis 658

Prof. Dr. Roman Boutellier ist Leiter des Departments Management, Technology, and

Economics (D-MTEC) an der ETH Zürich.

Dipl. Ing. ETH Andreas Biedermann ist wissenschaftlicher Assistent beim Department

Management, Technology, and Economics (D-MTEC) an der ETH Zürich.

641

Page 217: Management von umstrittenen Technologien
Page 218: Management von umstrittenen Technologien

Systementwickler und Modullieferanten

1 Einleitung

Systemcntwiekler und Modullieferanten können heute in vielen Branchen angetroffen

werden: Der Systementwickler konzentriert sich auf die Erfüllung einer Funktion und

bietet diese für möglichst viele Produkte an. Der Modullieferant beherrscht eine Bau¬

gruppe produktionstechnisch und sucht Skaleneffekte, indem sein Modul in mehreren

Systemen verwendet wird. Am bekanntesten ist die Systematik in der Automobilbran¬

che und der PC-Industrie. Modularisierung findet aber nicht mehr nur in den typi¬

schen Modularisierungsbranchen statt, sondern auch in Industrien, in welchen lange

Zeit keine entsprechende Tendenz spürbar war:

Seit einigen Jahren wird immer mehr Bier aus PET-Flaschen getrunken. Einige Liefe¬

ranten schätzen, dass ein beachtlicher Anteil des Marktes auf die neue Technologie

wechselt. Ein ansprechendes Wachstumspotential bei einem weltweiten Markt von

jährlich über 400 Milliarden Flaschen. Verglichen mit Glas hat Kunststoff große Vortei¬

le: Die PET-Flasche ist leichter, weniger aufwendig zu entsorgen und zersplittert nicht,

wenn sie fallengelassen wird. Der gewichtigste Nachteil hegt auf der Hand: PET hat

eine viel größere Durchlässigkeit von Licht und auch Gase diffundieren leichter durch

die Flaschenwand. Sauerstoff und Licht machen das Bier rasch schal und ungenießbar.

Eine lange Lagerung in PET-Flaschen ist daher nicht möglich. Aus diesem Grund sind

die „Diffusions- und UV-Barrieren" für den Erfolg der PET-Flaschen von entscheiden¬

der Bedeutung. Diese Barrieren sind aber zurzeit noch nicht genügend ausgereift, um

es der PET-Flasche zu erlauben, die Glasflasche zu substituieren.

Die Barriereneigenschaften werden bestimmt durch die Form der Flasche, den Ver¬

schluss, die Etikette und das Material. Jedes dieser vier Module erfordert Spezialwis-

sen und spezielle, investitionsintensive Produktionstechniken. Dies hat zur modularen

Produktentwicklung mit einem Systementwickler an der Spitze geführt. Der System¬

entwickler übernimmt die Integration des Wissens und die Koordination der Leistun¬

gen der Modulentwickler. Produktion und Entwicklung der Module erfolgen bei den

einzelnen Modulspezialisten. In der Regel ist der Systementuucklcr des Systems „PET-

Flasche" auch gleichzeitig der Systemhersteller, d.h. der Flaschenhersteller.

2 Steigende Anzahl Systemanbieter

Dass immer mehr Systemanbieter und Modullieferanten anzutreffen sind, beruht auf

fünf Entwicklungen, die laufend an Bedeutung gewinnen und laufend neue Branchen

in ihren Bann ziehen.

643

Page 219: Management von umstrittenen Technologien

Roman Boutellier, Andreas Biedermann

-". Moderne Produkte beinhalten eine so große Technologievielfalt, dass es kaum

mehr möglich ist, diese in einem Unternehmen vollständig zu beherrschen. Out¬

sourcing von F&E lässt sich nicht mehr vermeiden.

*f Outsourcing wird aber auch einfacher, da mit WTO, EU und NAFTA die Märkte

gewachsen sind. Je größer der Markt, umso größer die Spezialisierung, wie Adam

Smith bereits vor mehr als 200 Jahren bemerkt hat: Global fokussieren Firmen auf

weniger Geschäfte. Die US-amerikanischen Firmen sind heute durchschnittlich nur

noch in zwei Branchen tätig. 1975 waren es noch jeweils vier (vgl. Tapscott 1996).

£> Neue Produkte sind im Allgemeinen komplizierter als früher. Nicht nur wegen

der Technologievielfalt, sondern weil sie mehr Funktionen ausführen. Ein Auto ist

heute nicht nur Transportmittel, sondern auch Unterhaltungsraum mit Kino, TV,

Radio und in den USA auch Büro und Verpflegungsstätte. Dies sind alles Funktio¬

nen, die neben den vielen Sicherheitsmaßnahmen in den letzten Jahren hinzuge¬

fügt wurden.

« Die Miniaturisierung ermöglicht das Erfüllen von vielen Funktionen auf kleinstem

Raum. Der Miniaturisierung im Maschinenbau entspricht die schnelle Entwicklungdes Speicherplatzes, der Rechenkapazität und der Ubertragungsraten in der In¬

formations- und Kommunikationstechnologie. Dadurch nutzen die Systeme die

ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr vollständig. Räumliche Re¬

serven oder überflüssige Übertragungsraten erlauben es, konstante Schnittstellen

zu definieren und so die Subsysteme isoliert voneinander zu entwickeln.

5- All die technischen Entwicklungen würden zu keiner Verbesserung führen, wenn

nicht parallel dazu Controllingsysteme entstanden wären, die die verursacherge¬rechte Zuweisung von Kosten in internationalen Netzwerken erlauben und das

Verfolgen von Projekten im Detail ermöglichen. Damit können Unternehmen ohne

Verlust an wichtigen Informationen Entwicklungsaufträge nach außen vergeben.

Diese Trends treffen auf fast alle Branchen zu: In der Versicherungsbranche und bei

den Banken spricht man heute von der Modularisierung der Produkte und kauft ver¬

schiedenste Module ein. In der Softwareindustrie tritt die massiv erhöhte Leistungsfä¬

higkeit moderner Rechner an die Stelle der Miniaturisierung. Die Standardisierung der

Schnittstellen wird von den so genannten Web Services übernommen. Diese ermögli¬chen die einfache Verbindung von verschiedensten Softwarepaketen zu einem Ge¬

samtsystem. Hinter der Reduktion von F&E- und Produktionstiefe steckt die Einsicht,

dass eine Firma nur noch auf wenigen Gebieten eine wettbewerbsfähige Entwick¬

lungsgeschwindigkeit erreichen kann.

644

Page 220: Management von umstrittenen Technologien

Systementwick/er und ModuUieferanten

3 Modularisierung als Balance zwischen

Veränderung und Konstanz

Wenn die Stückliste des Produktes der Aufbauorganisation von F&E und Produktion

entspricht und die verschiedenen Marktsegmente alleine durch den Austausch eines

einzelnen Moduls erschlossen werden können, so besteht ein durchgängiger Baukas¬

ten. Dieser Baukasten weist gleichzeitig eine hohe Economy of Scale auf und lässt eine

große Variantenvielfalt zu. Durch die geschickte Wahl der Produktarchitektur lassen

sich nicht nur die Änderungen darin minimieren, sondern auch viele aufwendige

Veränderungen in der Organisation vermeiden.

Eine Abbildung der Produktarchitektur in der Organisationsstruktur von Firmen führt

aber dazu, dass eine Änderung der Architektur des Produktes gleichzeitig eine Verän¬

derung der Organisationsstruktur bedingt. Organisatorische Veränderungen sind

aufwendig und dauern lange. Eine Konsistenz von Produktarchitektur und Unter¬

nehmensarchitektur bringt deshalb nur Vorteile, wenn die Produktarchitektur längere

Zeit konstant bleibt. Damit wird das fundamentale Kundenbedürfnis, welches eben¬

falls über längere Zeit konstant bleibt (vgl. Ohmae 1982), zum Ausgangspunkt aller

Strukturüberlegungen: Von der Produktstruktur über die Organisation von F&E, Pro¬

duktion und Service und sogar des gesamten Unternehmens.

Die Austauschbarkeit der Module führt dazu, dass die Lieferanten von Modulen in

unterschiedlichen Märkten tätig sein können. Der Hersteller von integrierten Schalt¬

kreisen kann sovvohl in der Cebäudeautomation, der Medizinaltechnik, der Automo¬

bil- und der Flugzeugindustrie tätig sein. Diese Branchen sind alle unterschiedlichen

Entwicklungszyklen unterworfen und stellen verschiedene Anforderungen an die

einzelnen Module. Ein Beispiel ist das Verbot von schwermetallhaltigen Elektronik¬

bauteilen, welches für die einzelnen Branchen nicht zur selben Zeit in Kraft tritt. Aus

Sicht des Lieferanten von Elektronikbauteilen hat sich sein bis dahin homogener Kun¬

denstamm in heterogene Gruppen unterteilt. Er sieht sich nun gezwungen, verschie¬

dene Anforderungen (schwermetallfreie Produkte bzw. altbewährte, schwermetallhal¬

tige Technologie) parallel zu erfüllen. Als Folge daraus sinken seine Losgrößen, da er

verschiedene Klassen von Produkten herzustellen hat. Es entstehen weniger Econo¬

mies of Scale, die operative Effizienz sinkt und die Margen schrumpfen.

Für Modullieferanten, deren Produkte in verschiedenen Märkten und Branchen einge¬

setzt werden, ist es daher sehr wichtig, bei der Gestaltung der Architektur ihrer Pro¬

dukte die Entwicklungen in möglichst vielen Zielmärkten zu berücksichtigen. Damit

wird eine über längere Zeit konstante Architektur der Produkte erreicht. Beispielswei¬

se könnte eine geschickte Produktarchitckrur von elektronischen Bauteilen die

schwcrmetallhaltigen Komponenten in einem Modul zusammenfassen. Dies führt

dazu, dass für die neuen Kundensegmente nur ein einzelnes Modul ausgetauscht

werden muss - unter Umständen sogar zugekauft wird - und die anderen Module

645

Page 221: Management von umstrittenen Technologien

Roman Boutel lier, Andreas Biedermann

konstant bleiben und damit auf diesen die Skaleneffekte weiter genutzt werden kön¬

nen.

Die Firma Leica produziert seit mehr als 100 Jahren Vermessungsgeräte. Früher waren

dies optisch- mechanische Produkte. In den achtziger Jahren ermöglichte die Elektro¬

nik eine völlig neue Art der Distanzmessung. Sie wurde von den Ingenieuren sofort

aufgegriffen und die Kunden waren begeistert. Nur schrumpfte die gesamte Elektro¬

nik der Produkte Jahr für Jahr um die Hälfte; in Bezug auf den Platzbedarf und auch

und auch preislich. Leica entwickelte daher komplett neue Produkte in immer kürze¬

ren Abstanden und die F&E-Kosten stiegen ins Unermessliche, bis einem findigenMitarbeiter auffiel, dass die Mechanik immer die gleiche blieb. Aufgrund dieser Er¬

kenntnis wurde die sich rasch weiterentwickelnde Elektronik von den relativ konstant

bleibenden mechanischen Komponenten getrennt, indem elektronische und mechani¬

sche Komponenten in unterschiedliche Module integriert wurden. Die Produkte von

Leica sind heute modular aufgebaut, und die einzelnen Module werden heute nur

noch verändert, wenn ein eindeutiger Kundennutzen erzeugt wird. Den Rest lässt man

konstant. Im Weiteren konzentriert sich Leica heute auf einige wenige mechanische

Kern-Baugruppen: die Softwareentwicklung, Endmontage und die Integration der bei

den Lieferanten stattfindenden Entwicklung.

Gelingt es einem Unternehmen, die Schnittstellen innerhalb eines Produktes konstant

zu halten, so können die Modullieferanten in die F&E ihrer Module investieren. Kon¬

stante Schnittstellen sind eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Modul-

arisierung und ein bewährtes Mittel, um die F&E-Tiefe zu senken, die Entwicklungs¬geschwindigkeit zu erhöhen, die Qualität zu steigern und gleichzeitig die Kosten zu

senken.

Eine große Produktvielfalt zieht kleine Losgrößen nach sich, was wiederum hohe

Produktkosten bewirkt. Diese hohen Kosten führen zu einer tiefen operativen Effi¬

zienz. Mit der Balance zwischen „Konstanz der Schnittstellen" und „Wandel der Mo¬

dule" kann das Unternehmen das Dilemma zwischen Produktvielfalt und operativerEffizienz überwinden.

4 Entscheidung zwischen integralemund modularem Design

Wir leben in einem Zeitalter der Vernetzung und der ständigen Verfügbarkeit. Mobil¬

telefone und die Allgegenwärtigkeit der Massenmedien vermitteln das Gefühl, alles

hänge mit allem zusammen. Eine ganz andere Meinung vertritt H. A. Simon: Die Welt

646

Page 222: Management von umstrittenen Technologien

Systementwickter und Modullieferanten

sei leer und bestehe aus lauter Einzelobjekten, die wenig bis gar nichts miteinander zu

tun hätten (vgl. Simon 1996,197f). Falls dies zutrifft, wird tatsächlich vieles einfacher.

Ulrich unterscheidet zwischen zwei Typen von Produktarchitekturen: Das modulare

Design ist gekennzeichnet durch eine 1.1-Zuordnung von Produktfunktionen yu Mo¬

dulen. Das integrale Design andererseits kennt mehrdeutige Verknüpfungen zwischen

Funktionen und Modulen, und die Schnittstellen zwischen den Komponenten sind

nicht klar definierbar (Ulrich 2003,117ff).

Abbildung 4-1: Modular^ und integrales Design (in Anlehnung an Ulrich 2003, 120)

Modulares Design

Produktfunktion

Fracht schützen

Mit Zuggeratverbinden

Luftwiderstand

minimieren

Fracht tragen

en^>-

>

>

>

>

PhysischeKomponente

Box

Deichsel

Verkleidung

Ladefläche

Integrales Design

Produktfunktion

Fracht schützen

Mit Zuggeratverbinden

Luftwiderstand

minimieren

Fracht tragen

Physische

Komponente

Obere Haltte

Untere Haltte

Nasenstuck

Lastau f-

hangung

Die Natur kennt nur integrale Designs, d.h. eine Funktion eines Organismus kann

nicht einem einzelnen Teil eines Organismus zugeordnet werden und umgekehrtschon gar nicht. Diese integral gebauten Lebewesen haben sich in einer bestimmten

Nische ideal an die Natur angepasst, haben jedoch Mühe mit großen Veränderungenm ihrem Umfeld, insbesondere wenn diese Veränderungen schneller ablaufen, als sich

die Lebewesen anpassen können.

647

Page 223: Management von umstrittenen Technologien

Roman Boutellier, Andreas Biedermann

Integrale Designs sind auf höchste Leistungsfähigkeit getrimmt. Stehen nicht die

höchste Leistungsfähigkeit des Produktes im Vordergrund, sondern eher tiefe Kosten,

hohe Flexibilität gegenüber Kundenwünschen oder rasche Entwicklungszeiten, so

gestallet man Produkte modular. Die Abhängigkeit der einzelnen Module untereinan¬

der wird dabei bewusst reduziert. Damit wird erreicht, dass die einzelnen Teile verän¬

dert und ausgewechselt werden können, ohne das Gesamtsystem allzu stark zu stören.

Nicht immer gelingt es den Ingenieuren, die Interaktion der einzelnen Module unter¬

einander zu beherrschen. Beispiele von unerwünschten Interaktionen sind resonanz-

bedingte Vibrationen im Auto, elektromagnetische Unverträglichkeit oder Software-

Konflikte bei einem Betriebssystem.

Bei der Wahl zwischen integralem und modularem Design können drei verschiedene

Ansätze verfolgt werden: höchste Leistungsfähigkeit, Flexibilität (bzw. kurze Entwick¬

lungszeiten) sowie tiefste Produktkosten.

Das integrale Design kommt bei technischen Produkten wie in der Natur bei höchster

Leistungsfähigkeit zum Tragen: Ein Formel-I-Rennwagen erlaubt keine Kompromis¬

se, alles ist auf ein Ziel ausgerichtet: Höchste Leistungsfähigkeit in einer eng definier¬

ten Situation. Wenn sich die Pneus ändern, ändert man zwar nicht den Motor, aber

immerhin das Tuning. Im integralen Design verzichtet man in den Schnittstellen zwi¬

schen den „Organen" auf alle Reserven und nimmt damit in Kauf, dass alles angepasst

werden muss, wenn sich ein Detail ändert.

Da die Unternehmen nicht soviel Zeit aufwenden wollen wie die Evolution und auch

nicht derartig viele Prototypen zu konstruieren bereit sind, gehen sie in ihren Entwick¬

lungen wenn möglich nicht nach dem Prinzip „trial and error" vor, sondern bauen

Flexibilität und kurze Entwicklungszeiten bereits im Produktkonzept ein und wäh¬

len daher das modulare Design. Ein Produkt hat nur dann Erfolg, wenn es ein be¬

stimmtes Marktsegment trifft bzw. ein Organismus überlebt nur dann, wenn er in

einem oder mehreren Lebensräumen lebensfähig ist. Wie in der Natur folgen aus den

Anforderungen dieses spezifischen Umfeldes (des Marktes) die zu erfüllenden Funk¬

tionen, Im Gegensatz zur Natur wird versucht, diese Funktionen möglichst eindeutig

einzelnen Modulen zuzuordnen, um vereinfachter auf Veränderungen der Anforde¬

rungen reagieren zu können.

Der dritte und letzte Designansatz - tiefste Produktkosten - ist der schwierigste.

Ähnlich wie bei der höchsten Leistung kann man sich in der Regel keine Reserven in

den Schnittstellen leisten. Tiefste Kosten zu erreichen, stellt deshalb die höchsten An¬

sprüche und wird nur von wenigen Firmen beherrscht. Tiefste Stückkosten sind eine

Kernkompetenz, die in einer Firma eingebettet ist und stellen deshalb eine strategische

Erfolgsposition dar. Zurzeit scheinen viele chinesische Betriebe aus ihrer Not eine

Tugend zu machen und entwickeln zum Teil kapitalintensive Anlagen, die aufgrundder tiefen Betriebskosten bis zu 50 % billiger produzieren als europäische.

648

Page 224: Management von umstrittenen Technologien

Systementwickler und Modullieferanten

5 Beziehung zwischen modularer

Produktarchitektur und Organisation

In der Biologie unterscheidet man schon lange zwischen Organen und Funktionen.

Der Magen ist ein Organ und das Verdauen eine Funktion. Bereits im 19. Jahrhundert

stellte man fest, dass alle Teile eines Tieres einander entsprechen und im Wesentlichen

dieselben Funktionen erfüllen. Sie beeinflussen sich gegenseitig, so dass kein Teil ge¬

ändert werden kann, ohne dabei die anderen Teile in Mitleidenschaft zu ziehen (vgl.

Jacob 2002,117).

Auch in der Produktentwicklung werden Systeme in Module und Funktionen geglie¬dert. Diese Zuordnung bestimmt die Produktarchitekrur (vgl. Boutellicr und Wagner

2003, 227).

Der Gesamtmarkt für über sechs Tonnen schwere LKWs liegt in Europa bei rund

300.000 Einheiten pro Jahr und wird heute noch von sechs großen Herstellern domi¬

niert. Führend ist Mercedes-Benz mit einem Absatz von rund 70.000 LKWs in Europa.Hinter diesen - im Vergleich zum PKW-Geschäft - geringen Stückzahlen verbergensich bei Mercedes-Benz vier Baureihen mit drei verschiedenen Führerkabinen, Ge¬

wichtsklassen von 7,5 t Gesamtgewicht bis über 40 t, unterschiedlichsten Radstandsva¬

rianten, drei verschiedenen Motorenfamilien und eine Vielzahl an Getriebe-, Achs¬

und Ausstattungsalternativen. Bei dieser Variantenvielfalt überrascht es nicht, dass die

Wiederholrale baugleicher Fahrzeuge deutlich unter zwei liegt. Würden die Farbvari¬

anten ebenfalls mitgezählt, läge diese Zahl noch tiefer. Gleichzeitig ist der TKW-Markt

geprägt von einem hoch kompetitiven Umfeld mit erheblichem Erlösdruck.

Das LKW-Geschäft stellt besondere Anforderungen an die Entwicklung. Erstens muss

das Konzept einer LKW-Familie größtmögliche VariantenVielfalt zulassen, Erweite¬

rungen der Typenpalette und des Angebots an Sonderausstattungen müssen ohne

großen Aufwand möglich sein und eine Baureihe sollte mehr als zehn Jahre existieren,

da die Produktlebenszyklen sehr lang sind.

Zweitens sind bei der Entwicklung von LKWs erstaunlich niedrige Produktkosten zu

erreichen. So hegt der Verkaufserlös einer Standard-Sattelzugmaschine sehr nahe bei

den Werten eines PKWs der Oberklasse. Diese Situation verbietet üppige Entwick¬

lungsabteilungen und großzügige F&E-Budgets. Im Verhältnis zum PKW prägenkleine Entwicklungsmannschaften das Bild und die für F&E verfügbaren Umsatzantei¬

le - wieder im Verhältnis zum PKW-Geschäft - sind deutlich tiefer (vgl. Böhm 2003,

471 ff). Um diesem Effizienzdruck nachzukommen, wurde in der LKW-Entwicklungdie Entwicklungstiefe schon früh reduziert.

Drittens sind LKWs technisch sehr anspruchsvolle Produkte, da die technologischen

Möglichkeiten zur Erreichung der tiefen Produktionskosten und einer sehr hohen

Qualität ausgeschöpft werden müssen. Als Investitionsgüter sollen sie dem Besitzer

649

Page 225: Management von umstrittenen Technologien

Roman Bouteltier, Andreas Biedermann

möglichst hohe Gewinne erwirtschaften helfen. Emotionen spielen im Vergleich zum

PKW-Geschäft eine untergeordnete Rolle. Ausschlaggebend sind Zuverlässigkeit und

niedrige Betriebskosten.

Der LKW-Markt zeigt, wie Unternehmen eine große Variantenvielfalt durch Modulari¬

sierung erreichen können. Dahinter stecken langjährige Erfahrung mit dem Produkt

und eine Vision, wohin sich Markt und Technologie in den nächsten Jahren entwi¬

ckeln.

Die Geschwindigkeit, mit der sich die angewandten Technologien verändern, hat sich

zu einem der wichtigsten Strukturierungsparameter entwickelt. Beim SMART hat

MCC früh erkannt, dass sich der Motor in Zukunft aufgrund technologischer Fort¬

schritte ändern wird. Ändert sich der Motor, so müssen auch Getriebe und Hinterach¬

se angepasst werden. Deshalb wurden Motor, Getriebe und Hinterachse zu einem

Modul zusammengefasst und einem Lieferanten übertragen, der nicht nur entwickelt

und produziert, sondern auch gleich den Einbau des Moduls in der Endmontage ü-

bernimmt. Die Schnittstellen wurden möglichst konstant gehalten. Dies ermöglicht das

parallele Arbeiten von System- und Modulentwicklern. Zusätzlich sind diese nicht

mehr gezwungen, ständig die Konstruktionen aufeinander abzugleichen.

Neben dem technologischen Wandel sind aber auch Entwicklungen im Markt für

Veränderungen des Produktes verantwortlich. Die Geschwindigkeit des Marktes ist

daher auch ein geeignetes Kriterium zur Produktstrukturierung. Die einfachste Situa¬

tion liegt vor, wenn zwischen Montagesrückliste, Marktsegmentierung, Aufbauorgani¬

sation der Firma, Lieferantenstruktur und Servicemodul wenige Differenzen bestehen.

Werden unterschiedliche Markt- oder Technologiegeschwindigkeiten in die gleiche

Organisationseinheit, in das gleiche Modul oder m das gleiche Projekt gepackt, so

passen sich die Organisation, die Modulentwicklung und die Projektdauer der höchs¬

ten dieser Geschwindigkeiten an. Dies, weil die höchste Geschwindigkeit die Frequenz

der Neuentwicklung und der Markteinführung neuer Produkte vorgibt. Damit steigen

die Kosten, denn Geschwindigkeit erhält man trotz vieler Behauptungen nicht um¬

sonst: Eine höhere Frequenz der Produktentwicklung bedeutet in der Regel kleinere

Losgrößen, wobei in fast allen Fällen die Kosten mit sinkender Losgröße steigen; es sei

denn man produziert am Markt vorbei und kann die Produkte nicht absetzen. Dies ist

aber wiederum eine Frage der Abstimmung der Marktgeschwindigkeit, der Technolo¬

giegeschwindigkeit und der internen Durchlaufzeitcn in Entwicklung und Produkti¬

on.

Die bereits erwähnte Firma Leica produzierte früher ihre mechanisch-optischen Win¬

kelmessgeräte vollständig inhouse, war also sehr stark vertikal integriert. Die Produk¬

te hatten Lebenszyklen von 30 und mehr Jahren. Mit der Umstellung auf Elektronik

hatte das Unternehmen plötzlich zwei Geschwindigkeiten: Die Elektroniker dachten

im Monaten, die Mechaniker in Jahrzehnten. Nachdem die Mechanik- und Elektronik-

Module sowie die Entwicklungsteams getrennt wurden, entkoppelten sich auch die

Geschwindigkeiten der Neuentwicklungen der Module. Neuerungen in der Elektronik

650

Page 226: Management von umstrittenen Technologien

Systementwickler und Modutlieferanten

konnten von nun an innerhalb weniger Monate umgesetzt werden, die Lebenszyklen

von Mechanik-Komponenten konnte man auf eine sinnvolle Dauer verlängern: Die

Entwicklungskosten sanken und die Innovationsrate der Produkte stieg.

Die Technologiegeschwindigkeit gibt auch einen Hinweis für die Organisation der

F&E (Allen 2004). Verändert sich die Technologie sehr rasch, lohnt es sich, das Fach¬

wissen in einer eigenen Abteilung zusammenzufassen. Spezialisten können sich dann

besser austauschen und die Verbindung zur externen Fach-Community lässt sich effi¬

zienter gestalten.

1st dagegen die Technologiegeschwindigkeit klein und die gegenseitige Abhängigkeitder Module hoch, so lohnt sich eine klassische Projektorganisation. Schwierig sind die

Mittelpositionen. Hier entscheidet die Geschwindigkeit des Markteintritts. Projektor¬

ganisationen sind schneller in der Projektentwicklung als fachabteilungsbasierte Or-

ganisattonsformen.

6 Modularisierungskriterien in den

Phasen des Produktlebenszyklus

LKWs setzt der Kunde für ganz unterschiedliche Zwecke ein, und die Kundenanfor¬

derungen sind daher auch sehr heterogen. Die Kunden sind bereit, etwas mehr Ge¬

wicht, etwas größere Dimensionen und etwas weniger Leistung zu akzeptieren, wenn

sie dafür den Wagen innerhalb Wochen erhalten statt erst in 2 - 3 Jahren. Der Designer

versucht, diese Flexibilität über eine geschickte Wahl der Module zu erreichen. Dabei

muss er vier ganz verschiedene Modularisierungskriterien berücksichtigen:

9 Im Produktkonzept versucht er, die Marktsegmentierung abzubilden und die

Technologiegeschwindigkeiten zu berücksichtigen: Gleiche Führerkabine, aber

verschiedene Motoren. In zweiter Priorität wird er die einzelnen Funktionen auf

möglichst wenig Module verteilen, insbesondere die optionalen Funktionen, wel¬

che zusätzliche Marktsegmente erschließen.

'S In der Entwicklung steht die Problemlösung im Vordergrund: Was beeinflusst

was? Worauf ist Rücksicht zu nehmen? Das erlaubt die Definition von Arbeitspake¬

ten, so dass sie unabhängig voneinander und wenn möglich sogar parallel abgear¬beitet werden können. Auch in dieser Phase wird man die Funktionalität möglichsteinfach aufgliedern.

SS Die Produktion kann das Produkt nicht beliebig aufteilen. Sie muss Rücksicht

nehmen auf die eigenen Strukturen und Fähigkeiten bzw. auch auf die Fähigkeiten

der Lieferanten. Diese Fähigkeiten können im Laufe der Zeit angepasst werden:

651

Page 227: Management von umstrittenen Technologien

Roman Boutetlier, Andreas Biedermann

Noch bis vor wenigen Jahren gab es keinen Lieferanten, der eine komplette Auto¬

tür hätte liefern können. (Boutellier und Wagner 2003, 236)

Nach der Auslieferung spielen der Service und die Nachrüstbarkeit eine wichtige

Rolle. Die serviceintensiven Baugruppen müssen gut zugänglich sein. Außerdem

wird der Kunde es schätzen, dass er bei einer Nachrüstung nicht gleich ein neues

Produkt kaufen muss, sondern einzelne Baugruppen austauschen kann.

Abbildung 6-Î: Modularity muss verschiedene Kriterien berücksichtigen

Produktlebenszyklus

Produktkonzept

Entwicklung

Produktion

Service

Kriterien

1. Marktsegmentierung und

Technologiegeschwindigkeiten

2. Funktionalität

1. Problemlösung

2. Funktionalität

1. Fähigkeiten der Lieferanten

2. Produktionskapazität

1. Service

2. Upgradeability

Modularisierungfindet In allen

Phasen statt

Wie man sieht, haben die Entscheidungen zwischen modularer und integraler Bau¬

weise weit reichende Ausvvirkungen und müssen trotzdem spätestens am Ende der

Konzeptphase festliegen. Einmal entschieden, ergeben sich daraus viele Konsequen¬

zen für Projektmanagement, Produktion, Service und Einkauf.

Der Aufwand für die Produktstrukturierung darf nicht unterschätzt werden. In kom¬

plexen Projekten erreicht er rasch 5 % der gesamten Entwicklungskosten. Allerdingslohnt sich dieser Aufwand in der frühen Phase der Produktentwicklung. Viele struktu¬

relle Fehlentscheidungen können später nur noch mit immensen Kosten wieder korri-

652

Page 228: Management von umstrittenen Technologien

Systementwickler und Modullieferanten

giert werden. Steht nicht nur ein einzelnes Produkt zur Entwicklung an, sondern eine

ganze Produktfamilie und haben die Produkte eine Lebensdauer von zehn und mehr

Jahren, so kann eine Entscheidung, die spätere Upgrades verhindert oder den Service

verteuert, fatale Folgen haben. Das Unternehmen kann ge/.wungen sein, eine Modell¬

reihe Jahre früher als geplant aus dem Markt zu nehmen.

7 Gestaltung der Zusammenarbeit mit

Modullieferanten

Das externe Sourcen von gesamten Subsystemen führt zur engeren Zusammenarbeit

unter den Geschäftspartnern (vgl. Gadde und Jellbo 2001, 389). Eine Swatch hat etwa

30 Teile, eine Luxusuhr mehrere hundert, ein Auto mehrere tausend und ein Jumbo Jet

mehrere Millionen. Um Logistik, Produktion und Montage zu vereinfachen, drängtsich eine Hierarchie auf: OEMs beauftragen Systemlieferanten mit der Vormontage

von Systemen, die meist eine funktionale Grundausrichtung haben. Die Systemhefe-ranten ihrerseits haben Modullieferanten. Damit ergibt sich ein mehrstufiger Herstell-

prozess, der sich im Verlaufe eines Projektes entwickelt, später etabliert und ganze

Industrien verändert.

Er führt zum Aufbrechen der bekannten, vertikal integrierten Supply Chains hin zu

einer Industriestruktur, in welcher sich einzelne Marktteilnehmer auf wenige Stufen

der Wertschöpfung und auf einige wenige Module spezialisieren. Diese Fokussierungerlaubt es, Services und Produkte zu einem günstigeren Preis anzubieten (vgl. Dow¬

ney, Greenberg und Kapur 2003). Der eben erwähnte Trend von der vertikalen zur

horizontalen Konkurrenz findet zurzeit bei der Autoindustrie sowie bei den Mobiltele¬

fonen statt.

Damit ergeben sich zwei fundamentale Anforderungen an die Beschaffung von Modu¬

len (vgl. Boutellier und Wagner 2001):

* Vernetzung: Der Einkauf eines Unternehmens arbeitet weltweit mit den besten

Lieferanten zusammen und ist fähig, diese untereinander und auch mit der eige¬

nen F&E-Abteilung zu vernetzen.

H Standardisierung: Der Einkauf bringt die eigene F&E-Abteilung dazu, die sich

abzeichnenden Standards der Modullieferanten zu akzeptieren und selbst die ei¬

genen Schnittstellen möglichst konstant zu halten.

Damit sind neue Formen der Zusammenarbeit gefragt, intern und auch extern.

653

Page 229: Management von umstrittenen Technologien

Roman Boutellier, Andreas Biedermann

Bei der internen Zusammenarbeit geht es zunächst um die Verbesserung des Zusam¬

menspiels der dezentralen Einkaufseinheiten. Nur so lassen sich Pooling-Effekte reali¬

sieren und die überbordende Vielfalt von Teilen reduzieren. Bereits in der F&E ist es

wichtig, dass Einkaufsaspekte frühzeitig in die Produktkonzepte einfließen. Dies hat

noch nichts mit Preisverhandlungen zu tun, sondern mit der Schaffung von optimalen

Voraussetzungen für die spätere Produktion. Der Trend geht in Richtung hybrider

Einkaufsorganisationen: Der strategische Einkauf erarbeitet möglichst zentral zusam¬

men mit der F&E die grundlegenden Konzepte und hilft auch mit, die externen F&E

Leistungen vernünftig einzukaufen. Später übernehmen Produktion und Beschaffung

die Führung, überarbeiten die Make-or-Buy-Konzepte nochmals im Detail und führen

die Preisverhandlungen mit den Lieferanten. Zwei Aspekte sind von herausragender

Bedeutung: Verträge für F&E und das Verhältnis zwischen OEM, Systemlieferanten

und Modullieferanten.

Da zu Beginn eines F&E Projektes naturgemäß noch vieles offen ist, scheuen einerseits

die meisten Entwicklungsabteilungen den Abschluss eines Vertrages, da sie in Ruhe

die technischen Probleme lösen möchten. Die Rechtsabteilungen andererseits drängen

zur vertraglichen Regelung. Ein Kompromiss in Form eines einfachen, grundsätzli¬chen Vertrages in der F&E-Phasc hat sich bewährt. Juristen sollen die Vertragsver¬

handlungen zumindest begleiten, denn F&E-Leistungen lassen sich qualitativ nicht

einfach beurteilen, Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten lassen sich nicht

vermeiden. Dieser Vertrag soll die folgenden vier Punkte abdecken (vgl. Boutellier

und Wagner, 2003, 239):

Ziel der gemeinsamen Entwicklung: Ohne Klärung des Zieles können Ingenieure

nicht zusammenarbeiten. Die Unternehmen sollen intern mindestens soviel Vorar¬

beit leisten, um diesen Punkt zu klären.

h, Projekte stehen und fallen mit ihren Leitern. Deshalb sollen alle beteiligten Parteien

ihre Projektleiter namentlich nennen und im Vertrag aufführen.

.'' Je präziser Milestones und Deliverables formuliert sind, desto besser lässt sich

der Fortschritt messen und damit die Leistung aller Parteien beurteilen. Zumindest

ein grober Phasenplan ist Bestandteil des Vertrages.

A Eine Exit-Strategje ist notwendig, damit keine Streitereien entstehen und die an¬

dern Parteien weiterfahren können, wenn eine Partei während des Projektes auf¬

gibt und keinen Sinn mehr in der Zielerreichung sieht.

Liegt ein entsprechender Vertrag vor, können die internen F&E-Mitarbeiter ihrer Ar¬

beit nachgehen, ohne ständig mit Einkäufern und Juristen Rücksprache zu nehmen. Es

darf nicht vergessen werden, dass gute technische Produkte nur entstehen, wenn die

Ingenieure des Abnehmers und der Lieferanten absolut offen miteinander arbeiten

können, denn: Geheimhaltung ist der beste Garant für Mittelmäßigkeit! Neben der

juristischen Definition der Zusammenarbeit spielt aber auch das Vertrauen der Ge-

654

Page 230: Management von umstrittenen Technologien

Systementwickler und Modulheferanten

schaftspartner ineinander eine wichtige Rolle Vertrauen ist eine wichtige Vorausset¬

zung fur langfristig erfolgreiche Geschaftsbeziehungen (vgl Morgan und Hunt 1994)

Abbildung 7-1: Der Technologie-Wmnei entscheidet über Fuhnmg im Projekt(in Anlehnung an Bratzier 1999, 712)

hoch

TechnologischeUnsicherheit und

Spezifität

tief

Abnehmer Strategisch

dominieren

ProjektbezogeneZusammenarbeit

Klassische Lieferanten

Beschaffung dominieren

gering hoch

Technologische Abhängigkeit vom Lieferanten

Wer in der Zusammenarbeit zwischen Abnehmer und Lieferant die technische Leitung

übernimmt, kann am besten nach dem Wissensstand der beteiligten Parteien entschie

den werden, wie Abbildung 7-1 zeigt Sind technologische Unsicherheit und Spezifitätsowie die technische Abhängigkeit vom Lieferanten klein, so kann problemlos „klas¬

sisch" beschafft werden In der anderen Extremsituation bietet sich eine strategischeZusammenarbeit an Dazwischen dominieren projektbezogene Zusammenarbeitsfor¬

men Die Leitung übertragt man in diesen Fallen am besten der Partei mit dem größtentechnischen Wissen (vgl Bratzier 1999, 112ff)

655

Page 231: Management von umstrittenen Technologien

Roman BoutelUer, Andreas Biedermann

Abbildung 7-2: Enge Zusammenarbeit im Dreieck

Marktspezialist

Gesamtdesign

Integration

Entwicklungsführer

Beispiel:Automobilhersteller

Funktions-Spezialist

Integration

Entwicklungsführer und

Entwicklungszulieferant

Beispiel:Sitzlieferant

Technologie-Spezialist

Economy of Scale

Globale Präsenz

Beispiel:Textilhersteller

Kauft der OEM Systeme ein, die aus mehreren Modulen bestehen, ergibt sich eine

weitere Problematik, die sorgfältige Führung erfordert (vgl. Abbildung 7-2). In der

Kon^eptphase arbeitet der OEM häufig direkt mit den Modullieferanten zusammen

und überspringt die Ebene des Systemlieferanten. Er möchte, dass die beste Technolo¬

gie in seine Produkte eingebaut wird und ist es traditionell gewohnt, Informationen

direkt aus der ganzen Supply Chain einzuholen. Der Systemanbieter ist in der Kon-

/eptphase häufig nur mit seiner Spezialität vertreten und muss sich deshalb seine

notwendige Führerschaft gegenüber den Modullicferanten später mühsam erkämpfen.Er sitzt zwischen Hammer und Amboss: Erstens nimmt ihm der OEM seine Optimie¬

rungsmöglichkeiten, indem dieser direkt mit den Modullieferanten arbeitel und diese

/u Pflichtlieferanten macht. Zweitens muss er häufig damit rechnen, dass der Modul¬

lieferant ebenfalls zum Systemlieferanten aufsteigt, da dieser durch die bestehende

Zusammenarbeit mit dem OEM einige der wesentlichen Schlüsselvoraussetzungen

dazu erfüllt (vgl. Girschik 2002). Auch hier empfiehlt sich in der Konzeptphase die

656

OEM

Kommunikation

und

Organisation

Systemspezialist

Modullieferant

Page 232: Management von umstrittenen Technologien

Systementwickler und Modullieferanten

gemeinsame Erarbeitung eines Vertrages, der die Zusammenarbeit klärt und langfris¬

tig regelt. Wichtig ist, dass sich die Parteien als Partner mit einem gemeinsamen Ziel

verstehen. Insbesondere OEM und Systemlieferant müssen ihre Rollen klären:

18 Variante 1: Der OEM und die Systemlieferanten treten als Blackbox-Einkäufer auf,

welche die Schnittstellen und die Funktionen definieren und sich weiter nicht um

die Entwicklung des Inhaltes kümmern. (Reduktion von Entwicklungs- und Pro¬

duktionstiefe)

8 Variante 2: Der OEM und die Systemlieferanten treten als Entwickler auf, die alles

entwickeln, später aber modular einkaufen (Reduktion der Produktionstiefe).

Nur wenn es gelingt, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu klären, können die

beteiligten Parteien ohne allzu große Konflikte zusammenarbeiten.

8 Fazit

Systementwickler und Modullieferanten sind heute in vielen Branchen anzutreffen.

Die Modularisierung bietet eine gute Lösung des Dilemmas zwischen Produktvielfalt

und operativer Effizienz: Einerseits können einzelne Module in einem System ausge¬

tauscht werden, was die Produktvielfalt erhöht. Andererseits werden Module in meh¬

reren Systemen eingesetzt und somit Skaleneffekte genutzt. Neben der großen Techno¬

logievielfalt und dem Trend zu komplexeren Produkten tragen auch die Miniaturisie¬

rung und die Entwicklung von Controllingsystemen zu einer Modularisierung der

Produkte und von Branchen bei. Die Unterteilung von Systemen in Module bietet eine

große Chance, die Komplexität eines Produktes zu reduzieren und kundengerechterzu gestalten.

Gelingt es dem Unternehmen, Marktstruktur, F&E-Organisation und Produktarchitek¬

tur konsistent zu gestalten und auf die Industriestruktur auszurichten, so lassen sich

große Skaleneffekte realisieren. Die Berücksichtigung von Markt- und Technologiege-

schwindigkeiten, die Berücksichtigung der Modularisierung in allen Phasen des Pro¬

duktlebenszyklus sowie die Zusammenarbeit der Geschäftspartner sind dabei von

zentraler Bedeutung. Durch geschickte Modularisierung der Produkte und der Orga¬nisation werden Produkte zwar nicht einfacher, aber überschaubarer, vielfältiger und

insbesondere kostengünstiger.

657

Page 233: Management von umstrittenen Technologien

Roman Boutellier, Andreas Biedermann

Literaturverzeichnis

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658

Page 234: Management von umstrittenen Technologien

6 Kopien der Publikationen X

6.9 Disruptions in global industries (I)

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2006) Disruptions in global value

chains caused by controversial technologies: The case of lead-free

soldering in electronics. IFSAM Vlllth World Congress 2006, hosted

by VHB. Berlin.

Page 235: Management von umstrittenen Technologien
Page 236: Management von umstrittenen Technologien

Track 6: Technology and innovations in the global economic geography

IFSAM Vlllth World Congress 2006:

Enhancing managerial responsiveness to global challenges

28th - 30th September 2006; Berlin, Germany

Disruptions in global industries caused by controversial

technologies

The case of lead-free soldering in electronics

Technologies, which are praised initially as problem solvers, frequently evolve into problem

causers themselves. Increased awareness about potential adverse effects and undervalua¬

tion due to lower public perception of their utility are shaping the future scenarios of tech¬

nologies. They become controversial. Well-known but almost already past representatives

are asbestos, fluorine chlorinated hydrocarbons (CFCs) and the biocide DDT. Current exam¬

ples are Bisphenol A or lead-bearing electronic equipment. Affected companies are facing

the threat of technological obsolescence and fundamental change processes. We have de¬

veloped a framework to analyze the social environment and the value creation chains of a

company in such situations, and during case study research, we have analyzed the example

of the phase-out of lead-bearing solders in the electronics industry due to environmental

concerns. In this paper, we outline mechanisms in the social environment and the value

creation chain of electronics components. Implications for the management of controver¬

sial technologies are derived.

Page 237: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions m globdl industrie'; caused by controversial technologies 2

i Introduction

7.7 Historical examples Early warnings and late reactions

Already, one year after the discovery of x-rays in 1885, reports about people losing their hair

after being exposed to a high dose of x-rays occurred'Other early researchers reported skin

injuries.2 Despite these adverse effects, x-rays have been successfully applied in various

fields such as medicine or material analysis There have already been early signs of possible

adverse effects on human health by the exposition to asbestos since the very beginning of

the industrial use of this mineral and studies showed in 1927 that two thirds of all asbestos

workers had abnormal lungs3 Due to its outstanding advantages, asbestos was used as an

insulating material all over the globe. The hormonal effects of the Bisphcnol A have been

reported since 1933^ but Bisphenol A is widely applied as a plasticizer in products such as

drinking bottles or CDs.5 Nowadays, the use of Bisphenol A is discussed very controversially.

The theory of global warming has already been stated in 1896 by the Swedish scientist

Svante Arrhenius.6 It remained a theoryfortoo long.

The problem is that many other early warnings are just warnings which express the fear of

the new and which are not founded with empirical evidence at all The advent of railway

systems during the industrialization was accompanied with fears of adverse health effects

on the travelers caused by the unnatural high traveling speed. Nevertheless, railway sys¬

tems are the prevailing means of public transport nowadays These early fears have not

been proven to be of any relevance yet

1.2 Early warnings cannot always be trusted - Use ofa new technology is usually overwhelming

The early views on technology in technology philosophy have put emphasize on positive ef¬

fects of technology as an "enhancement of the human abilities"7 As the introducing exam¬

ples show, the predictions of the doom of a technology usually co-evolve with the technolo¬

gies themselves. Of course, not all of these words of Cassandra proveto be scientifically du¬

rable and often, it is not the early claims that prove to be the final reason for a ban or a

regulation of a technology. Always, when confronted with an emerging technology, society

faces Collingndge's dilemma of control: Due to the novelty of an emerging technology, the

empirical evidence of potential adverse effects is not available and a reasoned balance of

positive and negative effects is not possible at all When the need for change is apparent,

1

Radiologie de (2006)

2Gee et al (2001) 31

3D'Agostino& Wilson (1993) 186

"Cook, Dodds & Hewett (1933)

5

Hentges (2003)

6Tenner (1997) 43

7Grunwald (1999) 183

Page 238: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global Industrie-1", caused by controversial technolog es 3

change has become expensive, difficult and time consuming In many cases, the over¬

whelming and plausible utility of new technologies often exceeds the potential and not yet

imaginable adverse effects

i3 Globalization and economies ofscale lead to technological clump risks

Technological risks have been identified by the OECD9 as one of the most important emerg¬

ing risks in the next decades According to Perrow, most of today's technical systems be¬

come tighter coupled and more complex10 Globalization has contributed to this effect

While during the 1980s, "global" was understood in the Western hemisphere as a synonym

for new and aggressive competition from Japan and South Korea11, the "global village" phe¬

nomenon seems to have manifested not only in terms of communication, transportation

and traveling, but also in terms of measurable effects of technologies As figure 1 shows, the

historic copper production has already affected the copper concentration in Greenland Ice

since several thousand years, but the concentration has started to increase dramatically

with the industrial revolution

10'000 000t/y

1'000 000t/y

100 000t/y

10 000t/y

I'OOO t/y

100 1/y

10 t/y

1 t/y

2000 BC 1500 BC 1000 BC 500 B C

Figure i Historic Copper Production and Deposition in Greenland ice"

Globalization of the adverse effects of technology is nothing new, its intensity has changed

due to economies of scale With specialization, the imperative to realize economies of scale,

globally dominant technologies emerge and create "technological monocultures" Mono¬

cultures are known in agriculture and also in IT-systemsto be especially fragile towards ex-

Collmgndge (1980) 13 22

9OECD (2003)

10Perrow (1992) 26 28

11Prahalad (7005) 449

12

Allenby (1999) 49

Page 239: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industrie1; caused by controversial technologies 4

ternal factors such as epidemics or computer viruses In terms of technological monocul

tures, such external factors could be the discovery of potential adverse effects and the re

suiting dwindling acceptance of this technology Globally dominant technologies on the

other side lead to a high dependency towards these technologies

7 4 Improved methods ofmeasurement Adverse effects become visible

Methods for the analysis of trace elements and other indicators arc constantly being im

proved and the costs of these analyses have become cheaper due to technological ad

vances14The more sensitive these tools are, the more potential hazards are discovered 15An

impressive advancement in analytical methods is the increase of the sensitivity of cheap

ion-selective electrodes to detect lead in water by six orders of magnitudes in 1997, allowing

the detection of as little as one nanogram lead per liter water16 This change in analytical

possibilities has been a very slow but steady process Thanks to these improvements, evolv

mg patterns of adverse effects of technologies can now be recognized and described that

where not noticeable before Gradual processes got more attention within the past years,

because they have become as „real" and catastrophic as sudden events17

7 5 Society is not aware ofbasic technologies - they become invisible

In former times, every modern company had a „Vice-President for Electricity", which can be

seen as a pendant to today's Chief Information Officer in a company The power grids are

very complex nowadays, but they are not recognized in public anymore18

Technology be

comes invisible It becomes a black-box because we cannot understand its details anymore

and because artifacts are perceived more and more as "natural" parts of the environment

Artificial overtakes natural diversity

7 6 Higher standards ofliving lead to a lower acceptance ofadverse effects and technologies

Technology acceptance in Western societies seems to have decreased within the last dec¬

ades19

Haller states a shift of the risk debate in public from a technology friendly growth

phase (1945 - 1985) to a phase of increasing awareness of global and local consequences

(since 1989)20 In societies with poor living standards, fulfillment of basic needs with the

help of technology leads to a higher acceptance of potential adverse effects The increase of

living standards lowers the perceived use of a technology and therefore, people are more

likely to overvalue the adverse effects of a technology Those who profit the most from a

13Brugger(2004) 54

14Laukenmann (2001)

15Santanus (2003)

16 Sokalski Ceresa Zwickl h Pretsch (1997)

17Tenner (1997) 42

18economist (2004) 6 7

19ßoutellier Gassmann & von Zedtwit2 {2000) 12 14

20Haller (1999) 7595

Page 240: Management von umstrittenen Technologien

Disruption1; in global industries caused by controversy technologies 5

technology are sometimes the most critical ones This development is likely to make exist¬

ing technologies controversial Kepphnger calls this phenomenon the "decreasing marginal

utility of a technology"21

In prospect theory, such phenomena are referred to as changes in

the point of reference22

7 7 Basic technologies are likely to become controversial

In addition to the decreasing marginal utility volume factors suggest basic technologies to

be especially threatened to become controversial Their pervasiveness leads to many poten¬

tial adverse effects due to the high number of different applications and application envi¬

ronments of the technology As we will show, the European ban of lead-bearing electronics

was mainly motivated by the increasing amount of electronic waste

Toxicity and other adverse effects are a question of quantity23 Basic technologies are lead¬

ing to high doses and therefore the adverse effects are more likely to occur Another conse¬

quence of the intense use of such technologies is the aggravated necessity to conduct more

detailed tests, e g tiered testing systems for chemicals24 Broader use of a technology leads

to a better understanding of adverse effects of these technologies

The full use of basic technologies cannot be perceived Since basic technologies are used

very broadly, their contribution to many other technologies that rely on them cannot be

understood easily Who knows what will happen to aluminum used in removable can open¬

ers? In addition, the output of basic technologies is likely to betaken for granted because of

their long-term historical growth and their omnipresence At the end, this leads to a nega¬

tive perception Potential adverse effects are overvalued and not seen in balance with the

full costs of abandonment

7 8 Few discussions about the specific consequencesfor management

Despite the illustrated developments, management science has not approached this field

yet to provide a comprehensive approach for companies that face upcoming doubts of an

applied technology Different streams of research have already approached sub questions

of this field

Issues Management has been elaborated in USA as a response and an early warning tool for

emerging issues, mainly motivated by the upcoming protests against different industries25

Nowadays, Issues Management literature focuses on identification, analysis and taming of

emerging issues Issues can arise from a number of different sources such as the social,

21

Kepphnger (1989) 153154

22

Wygoda (7005) 157

73,Dosis facitvenenum ', Paracelsus

24 Smrchek &t Zeeman (1998) 55

25Heath (2003) 32 33

Page 241: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies 6

technological or political environment They can trigger a severe crisis for an enterprise Is¬

sue Management does not give hints on how to solve a possible controversy

Risk Communication literature has grown enormously in the 1990s This trend is provoked

by five issues Increasing risk communication and information laws, increase in public fear,

increased media interest, increasing importance of communication skills in the debates and

public loss of faith in institutions27 Risk Communication literature does not address the

management oftechnological risks

Product Assessment literature deals with the assessment of new products during the inno¬

vation process Technological consequences as well as changes in the public perception of

the product are considered Due to the complexity of the task, no standard methodology ex-

ists28

Environmental Management frameworks typically address five fundamental factors hu¬

man and environmental safety, regulatory compliance, resource use, waste management,

and consideration of the concerns of society29 The Environmental Audit is a tool that allows

companies to asses their own situation concerning the risk of environmental pollution In

addition to the assessment of "real" environmental threats, regulator's perception of these

risks is also taken into account Environmental Audit aspects are also incorporated in the

environmental management standard ISO 1400130 Since most of the adverse effects of

technologies are related to environmental concerns, environmental management practices

can often be used to cope with controversial technologies

In the 1980s, there was a flurry of Product Phase-Out Management literature Despite this

short period of attention, this topic suffers from neglect The few existing literature empha¬

sizes the decision processes and does not provide guidelines for the implementation of the

phase-out31 Only marginal insights from this stream of research can be expected

Basic technologies that become controversial disrupt an industry As Chnstensen empha¬

sizes, technological disruptions threaten well-established value networks Being stuck m

these well-established value networks and relying too heavily on today's customer prefer¬

ences endangers the income base of companies32

All these streams of research address parts of the management of controversial technolo¬

gies We especially have not found any framework that allows companies to analyse the

situation of a controversial technology in terms of the relevant social environment, the

26Ries Si Wiedemann (2003) 15 31

27CovellofiggS) 520

28Minx & Meyer (1999) 351 361

79

Pittinger, Cowan, Hmdle & r-cijtel (199S) 386

30

Quint (1998) 404 405

31Avlonitis, Hart & Tzokas (2000) 41 42

32 Chnstensen (1997)

Page 242: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global ndustrip'; caused by controversial technologies

value creation chain and the own situation in a comprehensive way We therefore have de¬

veloped a more comprehensive framework for the description of such situations

This paper is structured as follows Part 2 introduces the framework for analysis, part 3

analyses the developments in the social environment that lead to the ban of lead-bearing

solders in electronic equipment on the European market Part 4 outlines the consequences

within the value creation chain and in part 5 we provide a set of management implications

2 A new framework for the description of controversial technologies

Many decision processes in the environment of a controversial technology arc less techno¬

logical driven, they are ill defined problems and thus driven by power and politics According

to Haller, the activities and decisions of one social group do affect other social groups, but

these groups often do not understand each other's behavior33 To create an understanding

of the overall mechanisms, a basic understanding of the different actors involved is needed

Therefore, after some preliminary interviews and an extensive literature review we have

set-up a basic research framework in order to navigate oneself in this field

2 ; Theframework

According to Kay, "a valid framework is one which focuses sharply on what the skilled man¬

ager, at least instinctively, already knows"34

Our research framework is based on the actor-

network theory35 and the approach of the Social Construction of Technology36 Pistonus and

Utterback distinguish four different areas that influence the technological environment of a

company Technology-related, raw material, market and political developments37 Having

the technology user in the middle, our framework takes these four possible influences into

account The framework has been applied in more than 50 interviews and seems to be ro¬

bust and stable by now Our framework consists of two mam areas Society and the value

creation chain (see figure 2)

33Haller (1999) 79

31

Kay (1993) 359

35

Maguire (2004) 114

36Klein &Kleinman (2002)

37Pistonus & Utterback (1995) 220

Page 243: Management von umstrittenen Technologien

Disruption1; in global industries caused by controversial technologies

Society

Exterr al Actors

"1.

Science

\

\ /

\

•„.. .

\-,

Value Creation

Chain \

<?• &?$mmmMmmm

(PoteAffecte

itially)i Actors

r

Public

1

Regulators

"D DD

2 3"

-I

Suppliers

Raw Material TechnologyUsers

Controversial

Technology

TechnologySuppliers

J/

" Products Consumers / Users

Alternative

Technologies

*zmm "wmt mmmm%WAi

L | Ro!es

Figure 2- Research Framework

{ J Technologies Interfaces

Changes in public acceptance and new regulations do not happen over night. There are

long evolutionary processes going on that can be identified and monitored38 As Maguire

has identified in the case of the insecticide DDT, social discourses about a controversial

technology can significantly influence their future.39 Especially in the public discourse, dif¬

ferent pictures of realities are constructed that are accepted by actors. Research in the field

of scientific uncertainty stresses the importance of such considerations as well.40 As Barnett

and Breakwell show in the case of the 1995 oral contraceptive pill scare, the approach of the

social amplification of risk emphasizes the importance of social mechanisms in the public

risk discourse'11 and in particular the role of "stations of amplification".4J

Since adverse ef¬

fects are typically considered as risks these amplification mechanisms are important to un¬

derstand the social behavior towards potential adverse effects.

The social environment of a controversial technology comprises the affected actors (e.g.

workers, consumers), the public (individuals, society, media), the regulators (authorities, in¬

ternational organizations), the scientific community that investigates the adverse effects of

a technology and a group that we call "external actors". External actors are individuals or

institutions that are not affected by the technology itself but that try to profit from the on¬

going social processes. They may play an important role.43

38Liebl (1991) 34

39Maguire (2004), 129

10 Shrader-Frechette (1996)12

11Barnett & Breakwell (2003), 302

42Pidgeon&Beattie (1998). 306

43Achleitner (1985): 95

Page 244: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions m global industries caused by controversial technologies

Inside the value creation chain, we have made a necessary simplification that resulted in

four basic groups of actors: Raw material suppliers, technology suppliers, technology users

and product consumers. We found that alternative technologies play a crucial role in the

process.

In the following paragraph, we briefly outline the social environment of controversial tech¬

nologies.

2.2 Science

For many decades, the prevailing understanding was that the science had the "monopoly

on truth in society"4'1 Therefore, society addresses questions about adverse effects typically

by scientific studies, but the results of such epidemiological studies or laboratory experi¬

ments are far from being certain.45 In contrast, outputs of scientific studies are always un¬

certain and conditional'16 and therefore, scientific consensus cannot be reached for many

years. Examples are the cases of dioxin47 or Bisphenol A4S (see figure 3). Recent events indi¬

cate that rules of media attention are adapted by some scientists in order to bypass peer re¬

view mechanisms.49 In the public, scientific uncertainty is often neglected,50 which leads to

misinterpretation of the research outputs. Scientifically unfounded reactions can result. The

misinterpretation of the research results of a study concerning the toxicity of Acrylamid is a

recent example thereof.51

100-]

Yes

Number

f.

of 50 - '*;\ | -

studies

90%

No

No

Yes

0 -

10% 100%1

Public financed Industrial financed

Figure ): Results ofscientific studies about the question whether low-dose effects of Bisphenol A are dangerous, or not52

41

Weingart (1998); 869

45Foster, Bernstein & Huber (1993): 3-5; Mills (1993): 92-93

46 Zehr (1999): 3

47Friedman (1999)

48Saal & Hughes (7005)

45

Wemgart {1998); 872

50Stocking (1999). 24-26

51

Rogener (2004)

52 Saal et al. (2005): 31

Page 245: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries causod by controversial technologies

2 J Public

Intensive research has been undertaken in the last decades to gam an understanding of the

social perception of risks and the resulting reactions53 The importance of the public is at

least known since the public outcry concerning the application of certain chemicals in the

1960s54 Public and scientific risk assessments apply different logics As Slovic shows, rank

ing of risk varies greatly by laypeople and experts55

In order to analyze public behavior to¬

wards a controversial technology, technocratic and populist dimensions have to be consid¬

ered56

24 Regulators

Governments dispose of a variety of different means to influence the development and ap¬

plication of a technology, as figure 4 shows Since the 1960s, massive improvements in the

regulatory assessment of technologies have been realized57

While at the beginning, tech¬

nology assessment has been applied as a corrective mean after adverse effects have already

manifested, regulators have recently started to influence potentially controversial tech¬

nologies already in the early development phases58

<f t <ii ^ ^H ^ T v <!) V

/7/7///V//////////

Information- Removal of Incentive- Directive-

based policy and based based

strategies distortions instruments regulation

figure 4 Continuum of degrees and types ofgovernment intervention^

To cope with the increasing speed of the technological change, regulators apply a strategy

known as the precautionary principle which legitimates regulations even before a pre

sumed adverse effect has been empirically proven Early roots of the precautionary ap-

53For an overview see Pidgeon et al (1998)

54Anastas & Warner (2000) 2 3 Carson (1962)

55Slovic (1987) 281

56Pidgeon et al (1998) 308 312

57Simonis Brochler & Sundermann (1999) 13

58Rophol (1999) 83 94 Sundermann {1999) 119 128

59

Allenby (1999) 210

Page 246: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies

proach can be identified as soon as 1854 Nowadays, it is widely applied in international

treaties as well as in national law60

Its application is not without controversy Industry and

politicians claim hidden intentions of precautionary regulations mainly in terms of protec¬

tionism61The increasing number of regulatory constraints that are motivated by adverse

effects of technologies will aggravate the need to follow and influence developments in this

area6Z

To illustrate this trend, figure 5 shows the development of the number of interna¬

tional environmental treaties

100

50

Number of international

environmental treaties

0

1920 1940 1960

Figure; Growing number of international environmental treaties 1920 19906

1980

2 5 External actors

Amongst others, environmental activists, attorneys or insurance companies play an impor¬

tant role in the social environment of controversial technologies6'1 Even though these ex¬

ternal actors are typically not directly affected by adverse effects they are interested in in¬

fluencing the behavior of other actors Dangerous alliances like the one between environ¬

mentalist and protectionists can have a strong influence on the future of a controversial

technology65

60 Geeetal (2001) 11 16

61

Kogan (2003) 3

67Bernauer & Ruloff (1999) 113 114

63 Allen by (1999) 180

61Braun & Wield (1994) 265

65Bernaucretal (1999) 113114

Page 247: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies

2.6 (Potentially) affected acton

The perspective of someone who has fallen victim to an adverse effect is completely differ¬

ent to the one of policy makers, researchers or the public.66 Persons can be affected in vari¬

ous ways such as health or material damages. Often, these people do not notice by them¬

selves thai Ihey are affected, as the case of long-term exposure to chemicals shows.67 They

have to rely on scientific analysis and other information sources. Psychological factors play a

crucial role.68

3 Research Methodology

3.1 Focus of the research

Our research focuses on the mechanisms triggered when a technology becomes controver¬

sial until it is phased out. In addition, we approach the question of how a company can op¬

erate in such an uncertain situation. Since such processes usually last for several decades,

no longitudinal studies are available and we therefore focus on current examples that in¬

dustry is dealing with. An industry survey indicated a lack of management awareness about

controversial technologies (see figure 6).

Is your company applying

technologies that might become

controversial?

No

57%"

Don't know

15%

Figure 6: Lack ofmanagement awareneSi about controversial technologies (N=42)

The example we will introduce in this paper is the phase-out of lead-bearing solders in the

manufacturing of electronics.

3-2 Case study by interviews and literature review

We have applied a case study methodology which is referred to as "rolling a snowball": Ask¬

ing the interviewed person at the end of the talk which companies else should be inter¬

viewed to get a complete picture.69 The case study itself was realized by a series of 40 open

interviews with specialists of Swiss and German based companies. Companies with differ¬

ent positions in the value chain were chosen to provide a holistic picture of the mechanisms

within the industry. In addition to these interviews of directly involved people, literature re-

66hoster et al. (1993); 14-15

67Kuran & Sunstein (1999); 717-718

68MacGregor& Fleming (1996)

65Bijker (1995). 46-48

Page 248: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies

search and 12 expert interviews have been conducted to develop explanations for some of

the findings on a more comprehensive and as well technical basis Due to business confi¬

dentiality and uncertain legislative situation concerning use of lead-bearing solders in elec¬

tronic components, companies are not named Since companies are in an uncertain legal

situation, only little can be found in literature about managerial action Research was diffi¬

cult to carry out for the same reason Technical aspects are well covered in literature

Mechanisms in the social environment of lead-bearing electronics

MAmount of lead bearingsolders in electronics Public Pressure

Niches

Time

2006 Lead ban In EU

1999 Japanese Companiesannounce phase out

1900 Industrial soldering in electronics 1990s Increase in electronics waste

higure 7 f-ive phases in the life cycle of a controversial technology The case of lead bearing solders in electronics

As many other controversial technologies, lead-bearing solders follow a life-cycle that con¬

stitutes of six phases Figure 7 is a schematic illustration of these global phases of a contro¬

versial technology At the beginning, many different technologies are available until one

dominant design elaborates After intense use of the dominant technology, late effects are

detected due to accumulated knowledge and residues Public pressure evolves causing

regulators and industry to phase-out the technology Due to a lack of suitable substitutions

and a dependency of the technology, the phase-out process is realized gradually At the end,

very few highly specialized applications are still allowed for the controversial technology As

the history of lead-bearing solders shows, such a life-cycle can last more than one century

Page 249: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies

Ml17 \

a- -,

I. ..H CD

External actors

Other industries

\ .__

Science

e.g Environmental toxicology

A

\

A

(Potentially) Affected Actors

Mankind, workers, children, etc.

Adverse effects

Toxic to humans

Controversial

Technology

Lead-bearing solders

Regulators

EU, China, US, Japan

/\

Public

Individual, media

Roles ( J Technologies

Figure 8: Social environment in theframework: The case ofleod-bearing solders

Interfaces

In the following paragraphs, we describe the elements of the social environment of the

lead-bearing soldering technology (see figure 8).

4.7 Adverse effects - Effects oflead-bearing soldering in electronic equipment

Lead was used as a kind of solder for joining copper as early as 3000 B.C.70 Romans and

Egyptians have developed lead-tin solders because they were lower in cost and had a lower

melting temperature.71 Lead has been used as a white pigment in paints for more than

2000 years and in more recent history, lead has been used as a rust protection coating and

in special types of glassware. Furthermore, lead compounds are added as antiknock agent in

gasoline.72 The rapid increase of electronic waste at the end of the last century has given

rise to concerns about late effects of lead-bearing solders in electronics when deposed in

solid waste landfills.73

4.2 Science - Understanding oflead-bearing solders as a threat to health

Hippocrates described lead colic already in 370 B. C. The effects of heavy metals on the envi¬

ronment have been systematically studied since the 1920s.74 Shortly after the start of the

manufacturing of leaded gasoline some plant workers became psychotic and died. Moti¬

vated by these incidents researchers started to investigate the causes.75

70 Smith (1967): 165-166

71Gibson, Choi, Bieler o* Subramanian (1997)' 246

72NZZaSo (2004)

73Turbini, Munie, Bernier, Gamalski & Bergman (2001): 4

74Smrcheketal. (1998): 26

75Needleman (2000): 20-21

Page 250: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions, in global industries caused by controversial technologies

3000 B.C Lead bearing solders applied to join materials

app 370 B.C. Hippocrates describes adverse effect of lead (lead colic)

1900 Advent of radio communication gives rise to electronics soldering

1920s First studies about health effects of lead

Until 1990s Lead bearing solders are the prevailing solder alloys

1990s US legislation initiative to ban lead (not realized)

1996 European Unioriformulatesstrategyto reduce hazardous waste

1999 Japanese Companies roadmap the phase-out of lead soldering

2006 European Union broadly bans the use of lead-bearing solders in electronics

Figure: g- Milestones in the development of lead-bearing solders as a controversial technology

In 1933, studies brought to light that lead can be found very widely in the environment and

in human bodies76 Measurements of lead-levels in blood during the phase-out of leaded

gasoline have suggested that the lead in gasoline was a main source for lead in human or¬

ganisms (see figure 10).

110'OOO t/y

100'OOOt/y

90'000 t/y

80TJ00 t/y

£ 11-1 Mean blood levels ' V \l 7u'000 t/y

60'000 t/y

SO'000 t/y

4C000 t/y

Mean blood levels

in micrograms per deciliter

30'000 t/y

1976 1980

Figure 10: Use oflead in gasoline and mean blood levels of lead

Nowadays, there are a high number of studies that describe a variety of different adverse

health effects of lead. Amongst others, lead poisoning may result in neurological and repro¬

duction-toxic effects. Furthermore, lead is considered as a possible carcinogenic to hu-

76Bolt (2005)

77Soct.on, Ncedham & Prikle (20041.44

Page 251: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industrie*; caused by controversial technologies

mans.78 As figure 11 shows, the threshold of lead poisoning diagnosis has been decreased

over time. While the health effect of lead are well known scientific evidence about the late

effects of lead-bearing electronic components in landfills is not yel available.79

w55

Blood levols defining lead poisoning

in microgram per deciliter

1965 1970 1975 1980 19S5 1990 1995

Figure u Blood level defining lead poisoning10

43 Public-Perception of the adverse effects of lead-bearing solders

The toxicity of lead is well-known in public. Topics like lead-free gasoline or lead-poisoning

of famous art painters or children are of some interest in public In contrast, very few news

articles about contamination resulting from lead-bearing solders in electronic equipment

were published. The public is even unaware of the ongoing big transition to lead-free sol¬

ders in the electronics manufacturing industry. None of the interviewed companies got into

contact with journalists because of lead-bearing solders

44 Regulators - European ban oflead triggers global transition

Since electronic waste has grown with the advent of consumer electronics dramatically, the

European Union has emphasized to remove toxic substances out of electric and electronic

equipment. In 1996, the European Commission has communicated its intentions to do so.81

In 2003, the directive 2002/95/EC "on the restriction of the use of certain hazardous sub¬

stances m electrical and electronic equipment" has been published and had to be trans¬

posed into national law of the member states by 200482 In Switzerland, a similar regulation

exists. Broadly speaking, one consequence of these regulatory measures is that the market-

Bolt (2005)

Abtew &i belvaduray (2000) ion

be>ctonetal (2004) 44

European Union (2003)

Furopean Union (2003)

Page 252: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologie1; 17

mg of new electronic equipment for many applications is banned from the European Mar¬

ket after mid 2006 Due to the global intcrweavement of the electronics value chains, the

European phase-out forces a big part of the global manufacturers to convert their products

to meet lead-free requirements Up to now, different temporary exemptions33 have been

included in the directive (eg brass, medical devices) and several application areas are not

covered at all (eg automotive) Reviews of these exemptions are planned to be carried out

every four years84 Only in August 2005, the tolerable contamination of lead in electronics

has been definedes In addition, there has been confusion about the exact date of the phase-

out of lead-bearing solders in the European markets

Year of statement Predicted phase out date

1999 1st January J00286

2000 11'January 200487

2000 ist January 2008

2002 ist July 20068'

Figure 12 Uncertainty about the deadlinefor the phase out oflead bearing solders Final phase out date ?' July 2006

In mid 2006, People's Republic of China will enforce a similar law as the European directive,

which bans the use of lead in electronics, as well90 The intended implementation of this

law is not yet defined and firm information is rare91 In the United States, no national envi¬

ronmental regulation banning the use of lead in electronics is in force, single states are pre¬

paring corresponding environmental laws92 and federal laws to reduce the use of lead are in

preparation since 199193

In Japan, no ban of lead-bearing solders in electronics is enforced

or planned up to date94 Due to marketing reasons, Japanese multinational electronics

manufacturers have started to phase-out lead-bearing solders already at the end of the

1990s95

European Union (2003) (2005 A)

European Union (2003)

European Union (2005 B)

Vianco(i997) 47

Abtewetal (2000) 101

Laeutenschuetz (2000)

NZZ (2002)

World Trade Organization (2005)

DCA (2006)

Abtewetal (2000) iot Arrow (2005)

Abtpwetal (7000) toi, 7VH (1999) 8

Klee (2005) 2

Fukuda Pecht Fukuda & Fukuda (2003) 616

Page 253: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies

4-S External Actors - Charges of protectionism offending WTO agreement

Industries outside Europe claim that banning lead-bearing solders from electronics would

build-up technical barriers to trade which might be a breach of the corresponding agree¬

ment within the World Trade Organization.96 This conflict has not yet been solved.

5 Consequences in the electronics value creation chain

The developments in the last years have given rise to the substitution of lead-bearing sol¬

ders in the electronics industry. Though different regulations apply, many exemptions exist

and due to the high uncertainty within the industry the phase-out activities are not syn¬

chronized which results in many challenges for the companies. Within this chapter, we out¬

line the major groups of the market participants and give a brief overview of their particular

phase-out situation in the value chain. Figure 13 shows a simplified value creation chain of

the electronics industry.

Raw Materia]

Suppliers

Mechanical

Components

SolderingMaterial

Electronic

Components

Printed Circuit

Boards

SolderingChemicals

£~i±

/ Vr^

Technology Users

SubassemblyManufacturers

Technology Suppliers

Production Line Production Line

Manufacturers Vendors

Controvfirsial

Technology

Lead-bearing

soldering

Alternative

Technologies

Pure tin solders,

etc.

/

Products

Electronic

subassemblies

Consumers /

Users

Final Product

Manufacturers

End Customers

J

Roles Technologies Interfaces

Figure 73,- Value creation chain in theframework. Simplified value creation chain in the electronics industry

5-'

The change-over to lead-free soldering processes has triggered a cascade of changes in the

electronics value chain. To give an impression of the complexity of this change processes,

some of the consequences forthe different market participants are illustrated in the follow¬

ing paragraphs.

Controversial technology - Diffusion of lead as a soldering compound into the industry

The electronics revolution has been ushered by the advent of wireless radio communication

at the end of the nineteenth century. At that time, soldering has been recognized as an

ideal joining for assuring electrical conductivity.97 In modern electronics, solder joints fulfill

Kogan (2003): 13; ZVEi (1999): 8

Vianco (1997). 46

Page 254: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies

different basic functionalities beyond electronic conductance between electronic elements

and printed circuit boards, as for example the mechanical mounting of components (espe¬

cially smaller ones). Increasing power consumption per volume has resulted in the use of

the solder joints as heat conductors for the cooling of some elements.98 Figure 14 illustrates

a typical application of solder joints in electronics.

Final products Electronic subassembly

e.g. personal computer Printed circuit board

Electronic component

Solder joint

Circuit path

Printed circuit board

t».

Figure 14; Solderjoints can befound in oil electronic products. Example- Surface Mounted Device (SMD)

In the modern electronics industry, lead-tin solders allow a reliable and well-known joint of

elements." Until the mid 1990s, this metallic system was the prevailing technology for sol¬

dering. Modern prevalence of lead-tin solders (especially the eutectic 63Sn-37Pb solder) is

due to the resource related factors such as availability and cost of lead and tin as well as to

path-dependent factors such as the large established manufacturing base and the exten¬

sive experience with tin and lead.100

5.2 Alternative technologies ~ Intensive research since the iggos

Electronics are applied in a range of different ambiances: Aircraft electronics being exposed

to low temperatures as low as ~40°C in flight101 and as high as +140°C when sitting next to

the engine. Besides the concerns about adverse environmental and health effects, increased

technical requirements such as specific mechanical strength102, sensitivity of electronic

components towards low-doses of alpha radiation of contaminated lead103 and higher op-

crating temperatures104 have necessitated the quest for alternative lead-free solders by in¬

dustry already before public pressure started to mount Therefore, lead-free solders have

been researched on for several years.

98Kahn, Diehm & Beske (1995): ig

99NZZaSo (2004)

100Gibson et 31.(1997): ?46

""Vianco (1997)47

102 Gibson et al. (1997)' 246

103

Mastipuram &t Wee (2004). 70

104Rahn (2004): 109

Page 255: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions m global industries Cdused by controversial technologies

In the US, the first joint industrial research started in 1992 to search systematically for lead-

free solder alloys105

European companies have started research in lead-free soldering proc¬

esses in the second half of the 1990s106 The main focus of these activities was on the tech¬

nological feasibility, quality and reliability In 1999, the Japan Electronics and Information

Technology Industries Association (JfclTA) published a roadmap according to which Japa¬

nese companies will gradually phase-out the use of lead-bearing solders This voluntary

self-commitment of the Japanese companies has mainly been motivated by the market po¬

tential that Japanese companies have predicted for "green products"107 These activities

have resulted m a remarkable number of patents generated by Japanese companies For ex¬

ample, Matsushita lead the global lead-free intellectual property activity by holding 43 lead-

free patents or patents pending108

The number of scientific publications related to the topic of lead-free soldering has signifi¬

cantly grown since the end of the 1990s

European directive to phase out

lead in electronics passed

Japanese companies declare

phase out strategy

5 200

0

CO c

of

journalsree

solder00

US lead ban —\

* Id propsed

t-2

2\

1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004

Fiqure 15 Increase of the number ofscientific articles related to the lead free soldering since the late iggosIas

5 5 Technology users - Manufacturers ofsubassemblies

Economies of scale, globalization and standardization have changed the electronics manu¬

facturing industry Many companies have outsourced their electronics manufacturing lines

to subcontractors that mount the electronic components on the printed circuit boards and

do the quality testing of these subassemblies This trend has given rise to a number of

highly specialized global manufacturing companies that do not market their own products

but produce a variety of electronic subassemblies for a number of different final product

manufacturers A manufacturer of electronic assemblies typically manages several ten

thousands of different product masters in his enterprise planning system

ZVEI (1999) 9

Vincent et al (1999)

f-ukuda et al (^003) 616

Fukuda et al (2003) 617

Data Web of Science, ?oo6

Page 256: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies

S Soldering line

sl= e.g. wave soldering

Wave solderingThrough-hole-technology

cr—--r

Printed circuit board with

components

Hot wave of molten solder material

Figure 76: Manufacturing linefor electronic subassemblies- Wave soldering

The manufacturers of the electronic subassemblies are heavily affected by the technologi¬

cal substitution. Not only do they have to guarantee the quality and reliability of their prod¬

ucts that are newly manufactured in lead-free processes but they often are forced to pro¬

vide lead-bearing and lead-free solder processes in parallel. This is due to the fact that some

of their customers still demand the old, mastered and trusted solder technology (e.g. avia¬

tion, military, medical technologies). For many such subassembly manufacturers, this

means a new segmentation of their customers which leads to a drop of the economies of

scale because they have to run additional manufacturing lines. Though manufacturing line

suppliers offer special machines to rapidly switch from lead-free to lead-bearing, additional

costs are generated due to additional changeover times.

Lead-free solders demand higher soldering temperatures. (See figure 17 for some examples

of melting temperatures.) Changes on the installed manufacturing base comprise mainly

the purchasing of new equipment either for higher temperature (reflow soldering) or sol¬

dering equipment that resists to the more aggressive solder alloys (wave soldering).

220°C -

20CTC

E 180°C

160°C

140°C

Sn

+3-20% Bi

Sn-Pb

Sn+>50%Bi

Sn+>30%ln

Sn-AgSn-Cu

Sn-Ag-Cu

SnZn

Sn48ln52 118°C

Sn42Bi58 139°C

Sn63Pb37 183°C

Sn77.2Ag2.8ln20 187°C

Sn91Zn9 198,5°C

Sn91.8Ag3.4Bi4.8 210°C

Sn96.1Ag2.6Cu0.8Sb0.5 211°C

Sn93.5Ag3.5Bi3 213°C

Sn95.5Ag3.5CuO.7 217°C

Sn95Ag3Bi2 220°C

Sn96.5Ag3.5 221"C

Sn99.3Cu0.7 227°C

Figure 77.- Melting temperatures of solders Actual soldering temperatures are higher.

Grossmann (2004). g

Page 257: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies 22

Apart from the higher soldering temperature, other important changes in the soldering

processes are necessary. Due to more aggressive chemical characteristics of the lead-free

solders, small amounts of metals or other materials of the circuit board or the components

might be elutriated and contaminate the tank of molten solder of wave soldering machines.

This leads to a loss in quality and reliability.111 In addition, due to the lower wetting per¬

formance of the solders the soldering process has to be protected by a shielding gas, typi¬

cally nitrogen.

Initial fears of some manufacturers of the impossibility to mount lead-free together with

lead-bearing devices have not been proven to be true Therefore, many logistical night¬

mares were avoided. Subassembly manufacturers might have several ten thousands of dif¬

ferent components to manage. It would have been a very demanding task to synchronize

the change-over of all the -several hundred - components of a printed circuit board. In ad¬

dition, the timing of the use of the components in stock would have been nearly impossible

In production, the mixture of lead-bearing and lead-free components has to be controlled

Though often a mixture would be technically feasible thanks to mixed-mounting of lead-

free and lead-bearing components, regulations in some countries do not allow the use of

lead-bearing components anymore.

tead-free components sometimes do not show identical performance or other characteris¬

tics (e.g. shape) as their lead-bearing components. In addition, not all of the used compo¬

nents will be available as a lead-free-soldering version forcing manufacturers to use new

components.

All components have to be analyzed for their future availability of a lead-free or lead-

bearing version which causes an immense workload for the corresponding departments.

Substitution of these components leads to a temporary doubling of stock that can result in

a substantial increase in fixed capital.

Most electronics industries have very demanding quality standards, including a recertifica¬

tion of the products after any changes in the manufacturing process. In reality, this means a

recertification of the bigger part of all the products. This work is usually done periodically,

depending on the introduction of new products or processes. Due to the phase-out of lead-

bearing solders, many recertifications have to be done within a short period of time.

54 Consumers and users - Product manufacturers and end customers

Electronic subassemblies are used in a plurality of products such as cars, pocket calculators,

greeting cards, light bulbs, manufacturing systems and medical devices. Correspondingly,

the product manufacturers are situated in different industries and the product require¬

ments vary widely. Typically, the subassemblies are integrated into final products by me¬

chanical joining processes Due to the different work sharing models with the subassembly

manufacturers, the final product manufacturers are affected in different ways Normally,

Grossmann (2005) 43

Page 258: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions m global industries caused by controversial technologies 23

they Lry to outsource the problem on their subcontractors by just ordering their products

"lead-free" to have no problems in sales

Depending on the specific situation, product manufacturers have to deal with a lot of que¬

ries from their customers for a confirmation of their phase-out dates Sometimes the re¬

quested information cannot be given because the request is too specific and would require

unreasonable clarification activities Despite the administrative efforts to deal with these

queries, strategic questions may arise due to business confidentiality considerations

Lead-bearing soldered parts are usually still needed even after the phase-out because new

spare products might not be compatible or because of special customer requirements

Manufacturers of final products have to ensure the availability of such spare parts by plac¬

ing an all-time need into stock or by ensuring the ability to re-manufacture these subas¬

semblies Manufacturers sometimes encounter high depreciation of obsolete leaded inven¬

tory in stock

Despite the rougher environments and increased requirements caused by the changes in

the manufacturing process, the established design rules for the layout of printed circuit

boards do not have to be changed substantially In the "lead era", a breach with these de¬

sign rules did only seldom result in quality problems of the whole subassembly Now, this

has changed due to the more narrow tolerances in the production process Therefore, poor

board design can cause quality problemsU2

Since changes in the design of printed circuit

boards, required new templates for production, such redesigns can cause high costs of

adoption

On the one hand, some product manufacturers of final products still do their subassembly

manufacturing m-house This gives them the freedom to synchronize the change of their

soldering processes which preservers the economies of scale On the other hand, some

manufacturers of final products are influenced by their customers, again because they have

strict requirements for the quality of their products This is typically true in industries that

are not affected by any regulatory need to phase-out lead-bearing solders at this moment

Usually, final product users do not notice any change of the product at all Even though in

Japan, companies claim that lead-free electronics are a competitive advantage in consumer

electronics, at least in Switzerland's cell phone or computer market, lead-free is not consid¬

ered to be a purchase criterion at all The situation seems to be similar or even more striking

in industrial electronics, where customers sometimes even try to postpone the shift to lead-

free soldered products due to missing trust in the new technology "Never change a running

system" seems to be the maxim

5 5 Raw material suppliers - Manufacturers ofcomponents, printed circuit boards and others

tike boards, electronic components are exposed to a higher temperature during the solder¬

ing process, as well Since the previous temperatures had already stressed the components

112Grossmann (2005) 49

Page 259: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologie. 24

to the limit, old components were not usable wilhm the new process Basically, the old plas¬

tic compounds do not withstand the higher process temperature Melting or deformation

of the components or even explosion of the components due to absorbed humidity can be

observed New compounds have to be found that endure the lead-free soldering The con¬

nections of the leads of the components that are soldered need to be adopted in order to be

compatible with the new soldering alloys

Sales figures of lead-bearing solders have already decreased In the lead-era, there has only

been one prevailing family of solder alloys, namely the tin-lead system No alternative sol¬

der can fulfill all the requirements that lead-bearing solders fulfill (e g price, operation tem¬

perature or mechanical strength) Today, different families of solders are applied for specific

applications which automatically lead to a segmentation of the market for soldering al-

loys113

Fluxers are chemicals that are deposed on boards prior to soldering to increase the joining

of the surfaces During usage of the product, ingredients of the fluxers react with new lead

free solder alloys resulting in a higher tendency of the solders to substrate moisture from

the air leading to an increased danger of corrosion and therefore lowering the expected life¬

time of the electronic part

The printed circuit boards themselves have to be changed, as well This is mainly due to the

higher temperatures during the soldering process, changed chemical properties of the ap¬

plied agents and other requirement on the surface to guarantee appropriate solder joints

The prevailing finishing technique (hot air solder leveling, HASL) has to be replaced by alter¬

native surfaces Different alternatives exist and have already been applied due to other

technical reasons years before the advent of the lead-free requirement Their handling and

their long-term behavior is known114

Other effects like delaminating caused by the higher

temperatures during soldering have not yet been proven to be of big concern

5 6 Technology suppliers Vendors and manufacturers ofsoldering equipment

Adoption m the soldering equipment has been driven by different changes in the produc¬

tion process that were triggered by the shift to lead-free soldering The most striking ones

were higher soldering temperatures, more aggressive soldering materials and gas-shielded

soldering processes115

In general, these adoptions of the soldering equipment triggered the

development of new products by the vendors of the soldering equipment and increased the

sales Since the new equipment can in general be used for lead-free as well as lead-bearing

soldering, no new segmentation of the market can be observed Some manufacturers have

developed production lines that can rapidly switch between lead-bearing and lead-free al¬

loys

113 Rahn (2004) 65 71

114Rahn (2004) 39 42

115Rahn (2004) 51 62

Page 260: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies 25

57 Dealers of electronic components

Standardization and globalization has given rise to business-to-business dealers of elec¬

tronic components. On the one hand, these dealers distribute the physical goods; on the

other hand, they serve as an information platform between manufacturer of components

and manufacturers of subassemblies or products. Since many manufacturers source their

components through a dealer the role of these dealers in the technological change to lead-

free solders has become critical. Not only do they have to double their number of stock

places but also have an immense workload in updating their data management systems. In

addition, brokering occurs where dealers buy the rare lead-free products and sell them at

higher prices. The same happens with dealers stocking old, lead-bearing materials in order

to sell them at a rather high price within some years when the installed manufacturing

base for leaded components has been converted to a lead-free basis.

6 Conclusion - Managerial challenges with controversial technologies

From our research in the electronics industry, we can identify a set of basic principles for a

good management of controversial technologies.

6.1 Identify the phase in the life-cycle ofthe controversial technology in your company

The life-cycle of a technology inside a company differs from the global life-cycle of the tech¬

nology shown above. Two independent dimensions can be distinguished in the life-cycle

phases of a controversial technology: Technological dependency and external pressure.

Technological dependency means the degree to which a company's products and processes

depend on the performance of the technology. Business objectives often make a rapid

phase-out impossible which leads to a technological lock-in situation.

External pressure typically manifests through liability suits, public boycotts and negative

media presence. This may stay high for a long period of time, since even a complete phase-

out normally does not undo the caused adverse effects.

high

TechnologicalDependency

low

Claims Limits

Untroubled

Use

ff Phase-In

New

Technology

Disturbed

Use

Left behind

Technology

Limited

Use

Phase-

Out lrHangover

Technology

Sunk Costs Clean-up

none low high

External Pressure

Figure j8,- Life-cycle ofo controversial technology made a company

After the initial phase-in of a new technology there is usually a longer period of untroubled

use. In the case of lead-bearing solders in electronics, this phase lasted for several genera-

Page 261: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies ?6

62

tions of developers and managers Technological dependency is created Claims against the

technology arise and after a certain time they are considered as important issues by the

management Taking these claims seriously heralds the period of disturbed use Uncer¬

tainty is at the maximum Subsequently limits are defined to keep the adverse effects of a

technology within a range that is considered acceptable Readjusting of these limits creates

an uncertain situation once again

If feasible, the technology is being phased-out, releasing the company from the dependency

towards this technology The external pressure typically stays high because the company

has to clean-up the remains of the technology Since it does not profit from the technology

anymore we use the term "hangover technologies" As asbestos and chlorofluorocarbons

show, the hangover phase can also last for years and decades Not only after-sales obliga¬

tions but also lawsuits have to be taken into account After all liabilities related to the con¬

troversial technology have been cleaned up the company is free again

Be aware ofthe different possibilities to phase in a technology outsideyour company

Controversial technologies usually need several decades to diffuse into the products and

processes of companies The whole value chain has to be considered The term phase-m

therefore does not only mean the planned introduction of a new technology by the com¬

pany itself but includes changes by customers and suppliers, as well

Phase-in on the customer side means the emergence of a new and unforeseen application

mode of the own products Customer monitoring is crucial because technologies usually

become regulated or controversial in relation to their application Due to the high number

of changes in the whole value chain a company cannot be aware of all these developments

Unknown phase-in happens

known to the

company

Phase-In

unknown to

the company

supplier manufacturer customer

Technology User

figure 79 Different possibilities to phase in 0 technology

Approved

Change

Classical

Phase-In

Anticipated

Use of the

Product

ImplicitIntroduction

Unconscious

Application

Unconscious

Use

Phase-in of new technologies through suppliers is usually handled by product change noti¬

fications or prequalification where any changes m the products have to be approved by the

customer Due to complexity not all changes can be covered Therefore, implicit introduc¬

tion of technologies has to betaken into account A residual uncertainty is unavoidable

Page 262: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies ?7

63 Realize the relevance of claims even outsideyour main business

Knowledge about Ihe toxicity of lead thai has been gained during the debate of leaded

gasoline is also applicable in the case of lead-bearing solders As this case shows, even

claims against a technology outside of the main business of a company have to betaken se¬

riously, because these claims may spill over to the own business due to discovered applica¬

tion of the technology

6 4 Analyze long-term reliability of alternatives in long-term studies

Some companies have identified the looming demand for lead-free products very early

Typically, these companies started with a rough assessment of the own situation and also

with first research projects in the technical feasibility of certain alternatives At the end of

the 1990s, the German „Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie" has called

industry's attention to the potential issue of long-term reliability and the necessity of start¬

ing tests to ensure the future functionality of the products116

The most common long-term reliability issues of lead-free solders include spontaneous

growth of shortage-causing dendrites from the solder joints (whiskers) and spontaneous

decomposition of solder joints at very deep temperatures (tin pest) Lead has been added to

the solder alloys to prevent these long-term effects

Different views on the relevance of several long-term reliability issues exist Long-term ef¬

fects can only be truly understood by real empirical long-term studies, not through models

and artificial aging Artificial aging of components may give some hints about the relevance

of certain long-term effects but they often cannot provide the necessary certainty concern¬

ing the behavior of the components in real use

Companies are urged to conduct long-term studies about long-term reliability of new tech¬

nologies that have to be applied, emphasizing their specific modes of applications The ear¬

lier they start the less uncertainty they will have to manage

6 s Cultivate communication inside the industry and to externals about the technology

In the electronics industry, there yet does not exist any common labeling of lead-free mate¬

rial A huge diversity of stickers, labels and texts exist that produce a lot of administrative

work in the goods receiving departments and cause uncertainty Some manufacturers do

not label their products at all Not only the labeling itself varies from manufacturer to

manufacture but also the term "lead-free" itself is interpreted differently Sometimes, "lead-

free" is used as a synonym for "conform to regulations"

As practitioners of the industry know, whenever people who are unfamiliar with the busi¬

ness tell one what to do, a suboptimal solution will result117 Since important decisions

nbZVEI (1999) 41

"7Bigelow (2005) 14

Page 263: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial technologies 28

about the future of a controversial technology are made by non-experts, communicating

the relevant aspects of the business situation to laymen becomes an important capability

6 6 Accept the complexity

A big part of knowledge, norms and quality standards in industrial soldering of electronic

components that have evolved in the last decades is still valid but the details need adop¬

tion New quality standards have to be developed118

A well introduced and historically de¬

veloped technology cannot be changed easily, too many unknown interdependences exist

The phase-out of a technology, therefore, has always to be seen as an evolving project

where new challenges are identified during the change-over itself Especially in electronics

manufacturing companies are currently facing different tasks to phase out many different

technologies Current examples are volatile organic compounds (VOCs) or halogens

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Page 268: Management von umstrittenen Technologien

6 Kopien der Publikationen XI

6.10 Disruptions in global industries (II)

Boutellier, R. und Biedermann, A. (2007): Disruptions in global in¬

dustries caused by controversial technologies: the case of lead-free

soldering in electronics, in Zhao, F. (Hrsg.) Information Technology

Entrcpreneurship and Innovation.

Page 269: Management von umstrittenen Technologien
Page 270: Management von umstrittenen Technologien

Disruptions in global industries caused by controversial

technologies. The case of lead-free soldering in

electronics

In this chapter, the raise of a business phenomenon is introduced and illustrated

with the case of the ban of lead-bearing solders in electronics manufacturing: The

disruptions caused by controversial technologies. Technologies arc praised initiallyas problem solvers and frequently evolve into problem causers themselves. Affected

companies arc facing the threat of technological obsolescence and fundamental

change processes. A framework of the social environment and the value chain helpsthe management to better understand the relevant mechanisms. Using the case of

lead-bearing solders, the chapter illustrates the far-reaching consequences of the

forced phase-out of these alloys, which have been used since the beginning of

industrial electronics production. Lead bearing solders arc one example of many

technologies, which are candidates to become controversial. Increased awareness of

side-effects, globalization and intensified use of single technologies indicate that this

management task will gain momentum in the electronics industry and others.

Keywords: (according to http://www.idea-group.com/assets/keywords.asp?parenUD=3)

Manufacturing Industry; Electronics Industry; Strategic Planning; Production; Research

and Development; Strategy and Policy

Page 271: Management von umstrittenen Technologien

INTRODUCTION

Already, one year after the discovery of x-rays in 1885, reports about people losing their

hair after having been exposed to a high dose of x-rays occurred; other early researchers

reported skin injuries (Gee et al., 2001, p. 31; Radiologie.de, 2006). Despite these adverse

effects, x-rays have been successfully applied in various fields such as medicine or

material analysis. Also for other technologies, early warnings about side-effects of their

application were known since their market introduction, but they where not taken serious

or the merits of the application surmounted the possible drawbacks. Such technologiesarc the use of asbestos as an insulation material (D'Agostino & Wilson, 1993, p. 186) or

the application of Bisphenol A as a plasticizer (Cook, Dodds, & Hewett, 1933; Hentges,2003). But not all of these early warnings prove to be of relevance: The most prominentexamples of exaggerated precaution towards a new technology are the fears of adverse

health effects on the travelers caused by the unnatural high traveling speed at the

introduction of railways during industrialization.

The application of technologies will always be accompanied by assumptions of possibleside-cffccts. If these side-effects are not accepted anymore, the technology is endangeredof being banned, A recent example of such a process is the European restriction of the use

of lead in electronics manufacturing, which caused big efforts to the affected companies

and generated technological and regulatory uncertainty. Other materials were affected

and future regulations arc expected. Due to the global interweavement of the electronics

industry, the European ban has led to a global phase-out of lead bearing electronics.

To master such controversial technologies successfully, companies need to understand

the relevant social mechanisms and the interweavement of the value chain. Therefore,this chapter starts with the introduction of a framework that helps the management to

understand these relationships. Afterwards, the framework is applied to the case of lead-

bearing electronics.

FRAMEWORK FOR THE DESCRIPTION OF CONTROVERSIAL

TECHNOLOGIES

Many decision processes in the environment of a controversial technology are less

technologically driven, they arc ill defined problems and thus driven by power and

politics. According to Haller (1999, p. 79), the activities and decisions of one social

group do affect other social groups. To create an understanding of the overall

mechanisms, a basic understanding of the involved actors is needed.

The framework

Pistorius and Uttcrback distinguish four different areas that influence the technologicalenvironment of a company: Technology-related, raw material, market and politicaldevelopments (Pistorius & Uttcrback, 1995, p. 220). Having the technology user in the

middle, the framework takes these four possible influences into account. It consists of

two main areas: Society and the value creation chain (see figure 1 ).

Page 272: Management von umstrittenen Technologien

Society

External Actors

Science

/

\

/

\

Value Creation

Chain \

(Potenlially)Affected Actors

Raw Material

Suppliers

TechnologySuppliers

TechnologyUsers

Controversial__. _ .

,

- ,. ,-* Products

Technology .

./Alternative

Technologies

Technologies| ] Roles I

tigure 1 Research Framework

Changes in public acceptance and new regulations do not happen over night. There are

long evolutionary processes going on that can be identified and monitored (Liebl, 1991,

p. 34). As Maguire has identified in the case of the insecticide DDT, social discourses

about a controversial technology can significantly influence their future (Maguire, 2004,

p. 129). Especially in the public discourse, different pictures of realities are constructed

that are accepted by actors. Research in the field of scientific uncertainty stresses the

importance of such considerations as well (Shradcr-FrccheUe, 1996, p. 12). As Barnett

and Brcakwell show in the case of the 1995 oral contraceptive pill scare, the approach of

the social amplification of risk emphasizes the importance of social mechanisms in the

public risk discourse (Barnett & Breakwell, 2003, p. 302) and in particular the role of

"stations of amplification" (Pidgcon & Bcattie, 1998, p. 306). Since adverse effects are

typically considered as risks, these amplification mechanisms are important to understand

the social behavior towards potential adverse effects.

In the following paragraph, the social environment of controversial technologies is brieflyoutlined.

Science

For many decades, the prevailing understanding was that the science had the "monopolyon truth in society" (Wcingart, 1998, p. 869). Therefore, society addresses questionsabout adverse effects typically by scientific studies, but the results of such

epidemiological studies or laboratory experiments are far from being certain (Foster,Bernstein, & Huber, 1993, p. 3; Mills, 1993, p. 92). In contrast, outputs of scientific

studies arc always uncertain and conditional (Zehr, 1999, p. 3) and therefore, scientific

consensus often cannot be reached for many years. Examples are the cases of dioxin or

Bisphenol A (Friedman, 1999; vom Saal & Hughes, 2005) (sec figure 2). Recent events

indicate that rules of media attention are adapted by some scientists in order to bypasspeer review mechanisms (Wcingart, 1998, p. 872). In the public, scientific uncertainty is

often neglected (Stocking, 1999, p. 24), which leads to misinterpretation of the research

outputs. Scientifically unfounded reactions can result. The misinterpretation of the

research results of a study concerning the toxicity of Acrylamid is a recent examplethereof (Rogener, 2004).

Page 273: Management von umstrittenen Technologien

100 iYes

%

Number

of 50 -

studies

ÀNo

Yes

No

0 -

10% 100%

Public financed Industrial financed

Figure 2L Results oj scientific studies about the question whether low-dose effects ofBisphenolA are dangerous (vow Saal S. Hughes,2005, p 11)

Public

Intensive research has been undertaken in the last decades to gain an understanding of the

social perception of risks and the resulting reactions. Pidgeon and Beattie provide and

overview thereof (Pidgeon & Beattie, 1998). The importance of the public is at least

known since the public outcry concerning the application of certain chemicals in the

1960s (Anastas & Warner, 2000, p. 2; Carson, 1962). Public and scientific risk

assessments apply different logics. As Slovic shows, ranking of risk varies greatly bylaypcople and experts (Slovic, 1987, p. 281). In order to analyze public behavior towards

a controversial technology, technocratic and populist dimensions have to be considered

(Pidgeon & Beattie, 1998, p. 308).

Regulators

Governments dispose of a variety of different means to influence the development and

application of a technology, as figure 3 shows. Since the 1960s, massive improvements in

the regulatory assessment of technologies have been realized (Simonis, Bröchler, &

Sundcrmann, 1999, p. 13). While at the beginning, technology assessment has been

applied as a corrective mean after adverse effects have already manifested, regulators

have recently started to influence potentially controversial technologies already in the

early development phases (Rophol, 1999, p. 83; Sundermann, 1999, p. 119).

Page 274: Management von umstrittenen Technologien

$> $ etS Vi _to &>

/ # / / # /V /^ /> 0<? $ i / <? i

//////////////////

Information- Removal of Incentive- Directive-

based policy and based based

strategies distortions instruments regulation

Figure 3: Continuum ofdegrees and types oj government intervention (Allenby: 1999. p. 210)

To cope with the increasing speed of the technological change, regulators apply a strategyknown as the precautionary principle which legitimates regulations even before a

presumed adverse effect has been empirically proven. Early roots of the precautionaryapproach can be identified as soon as 1854. Nowadays, it is widely applied in

international treaties as well as in national law (Gee et al., 2001, p. 11). Its application is

not without controversy: Industry and politicians claim hidden intentions of precautionaryregulations mainly in terms of protectionism (Kogan, 2003, p. 3). The increasing numberof regulatory constraints that are motivated by adverse effects of technologies will

aggravate the need to follow and influence developments in this area (Bernauer & Ruloff,

1999, p. 113).

External actors

Amongst others, environmental activists, attorneys or insurance companies play an

important role in the social environment of controversial technologies (Braun & Wield,

1994, p. 265). Even though these external actors are typically not directly affected byadverse effects they are interested in influencing the behavior of other actors. Dangerousalliances like the one between environmentalist and protectionists can have a stronginfluence on the future of a controversial technology (Bernauer & Ruloff, 1999, p. 113).

(Potentially) affected actors

The perspective of someone who has fallen victim to an adverse effect is completelydifferent to the one of policy makers, researchers or the public (Foster et al., 1993, p. 14).Persons can be affected in various ways such as health or material damages. Often, these

people do not notice by themselves that they are affected, as the case of long-termexposure to chemicals shows (Kuran & Sunstein, 1999, p. 717). They have to rely onscientific analysis and other information sources. Psychological factors play a crucial role

(MacGregor & Fleming, 1996).

Page 275: Management von umstrittenen Technologien

RESEARCH METHODOLOGY

The research focuses on the mechanisms triggered when a technology becomescontroversial until it is phased out. In addition, the question of how a company can

operate in such an uncertain situation is approached. Since such processes usually last for

several decades, no longitudinal studies are available and the research therefore focuses

on current examples that industry is dealing with. An industry survey indicated a lack of

management awareness about controversial technologies (see figure 4).

Is your company applying

technologies that might become

controversial?

No

57%

higure 4 Lack oj management awareness about controversial technologies (N-42)

The case study methodology which is referred to as "rolling a snowball" is most suitable:

Asking the interviewed person at the end of the talk which companies else should be

interviewed to get a complete picture (Bijker, 1995, p. 46). The case study itself was

realized by a scries of 40 open interviews with specialists of Swiss and German based

companies. Companies with different positions in the value chain were chosen to providea holistic picture of the mechanisms within the industry. In addition to these interviews of

directly involved people, literature research and 12 expert interviews have been

conducted to develop explanations for some of the findings on a more comprehensive and

as well technical basis. Due to business confidentiality and uncertain legislative situation

concerning the use of lead-bearing solders in electronic components, companies arc not

named. Since companies are in an uncertain legal situation, only little can be found in

literature about managerial action. Research was difficult to carry out for the same

reason. Technical aspects are well covered in literature.

Don't know

15%

Page 276: Management von umstrittenen Technologien

MECHANISMS IN THE SOCIAL ENVIRONMENT OF LEAD-BEARING

ELECTRONICS

,Amount of lead-bearingsolders in electronics Public Pressure

Late effects detected f

Dominant ^rDesign jr Substitution

Introduction ^^^ ;

__^^- ***».,,¥

Niches

\ \ \ Time

\ \ 2006 Lead ban in EU

1 V- 1925 First studies

I about health effectsV

1999 Japanese Companies

announce phase out

1900 Industrial soldering in electronics 1990s Increase in electronics waste

Figui e 5 t ive phasei m the life ( ycle of a i ontroven ml tec hnology

As many other controversial technologies, lead-bearing solders follow a life-cycle that

constitutes of six phases (figure 5): At the beginning, many different technologies arc

available until one dominant design elaborates. After intense use of the dominant

technology, late effects arc detected due to accumulated knowledge and residues. Public

pressure evolves causing regulators and industry to phase-out the technology. Due to a

lack of suitable substitutions and a dependency of the technology, the phase-out processis realized gradually. At the end, very few highly specialized applications arc still allowed

for the controversial technology. As the history of lead-bearing solders shows, such a life-

cycle can last more than one century.

In the following paragraphs, we describe the elements of the social environment of the

lead-bearing soldering technology (sec figure 6).

^r^

B^c

Extern

Other

al actors

industries

\ i

Science

eg Environmental toxicology

(Potentially) Affected Actors

Mankind WOfkörS children etc

\

/

\

Adverse effects

Toxic to humane

Regulators

EU China US Japan

/\

ÛûntrOVerfrla!

Technology

Lead'bearifis soldftrs

Public

Individual media

D O Technologies

Figure 6 Social environment in theframework

Adverse effects - Effects of lead-bearing soldering in electronic equipment

Lead was used as a kind of solder for joining copper as early as 3000 B.C. (Smith, 1967,

p. 165) Romans and Egyptians have developed lead-tin solders because they were lower

Page 277: Management von umstrittenen Technologien

in cost and had a lower melting temperature (Gibson, Choi, Bieler, & Subramanian, 1997,

p. 246). Lead has been used as a white pigment in paints for more than 2000 years and in

more recent history, lead has been used as a rust protection coating and in special types of

glassware. Furthermore, lead compounds arc added as antiknock agent in gasoline(NZZaSo, 2004). The rapid increase of electronic waste at the end of the last century has

given rise to concerns about late effects of lead-bearing solders in electronics when

deposed in solid waste landfills (Turbini, Munie, Bernier, Gamalski, & Bergman, 2001, p.

4)-

Science - Understanding of lead-bearing solders as a threat to health

Hippocrates described lead colic already in 370 B. C. The effects of heavy metals on the

environment have been systematically studied since the 1920s (Smrchck & Zceman,

1998, p. 26). Shortly after the start of the manufacturing of leaded gasoline some plantworkers became psychotic and died. Motivated by these incidents researchers started to

investigate the causes (Needleman, 2000, p. 20).

3000 B.C. Lead bearing solders applied to join materials

app. 370 B.C. Hippocrates describes adverse effect of lead (lead colic)

1900 Advent of radio communication gives rise to electronics soldering

1920s First studies about health effects of lead

Until 1990s Lead bearing solders arc the prevailing solder alloys

1990s US legislation initiative to ban lead (not realized)

1996 European Union formulates strategy to reduce hazardous waste

1999 Japanese Companies roadmap the phase-out of lead soldering

2006 European Union broadly bans the use of lead-bearing solders in electronics

Figure 7 Milestones tn the development oflead-bearing solders as a controversial technology

In 1933, studies brought to light that lead can be found very widely in the environment

and in human bodies (Bolt, 2005). Measurements of lead-levels in blood during the

phase-out of leaded gasoline have suggested that the lead in gasoline was a main source

for lead in human organisms (see figure 8).

Page 278: Management von umstrittenen Technologien

110'OOO t/y

S 11

Ë

Mean bloud levels

in micrograms pQr deciliter

Lead ii'ied in gasoline i

in tons per year I

1Û0'0OOt/y

90 000 t/y

^ \ ^v 1

BO 000 t/y

70'000 l/y

BO'000 t/y

, 50 000 t/y

40 000 t/y

Figure 8 Use oflead in gasoline and mean blood levels oj lead (Sexton, Needham & Prikle 2004 p 44)

Nowadays, there arc a high number of studies that describe a variety of different adverse

health effects of lead. Amongst others, lead poisoning may result in neurological and

reproduction-toxic effects. Furthermore, lead is considered as a possible carcinogenic to

humans (Bolt, 2005). As figure 9 shows, the threshold of lead poisoning diagnosis has

been decreased over time. While the health effect of lead are well known scientific

evidence about the late effects of lead-bearing electronic components in landfills is not

yet available (Abtew & Selvaduray, 2000, p. 101).

Blood levels defining load poisoning \

in microgram per deciliter

Figure 9 Blood level defining leadpoisoning (Sexton el al, 2004, p 44)

Public - Perception of the adverse effects of lead-bearing solders

The toxicity of lead is well-known in public. Topics like lead-free gasoline or lead-

poisoning of famous art painters or children are of some interest in public. In contrast,

very few news articles about contamination resulting from lead-bearing solders in

electronic equipment were published. The public is even unaware of the ongoing bigtransition to lead-free solders in the electronics manufacturing industry. None of the

interviewed companies got into contact with journalists because of lead-bearing solders.

Page 279: Management von umstrittenen Technologien

Regulators - European ban of lead triggers global transition

Since electronic waste has grown with the advent of consumer electronics dramatically,the European Union has emphasized to remove toxic substances out of electric and

electronic equipment. In 1996, the European Commission has communicated its

intentions to do so (European Union, 2003). In 2003, the directive 2002/95/EG "on the

restriction of the use of certain hazardous substances in electrical and electronic

equipment" has been published and had to be transposed into national law of the

member states by 2004 (European Union, 2003). In Switzerland, a similar regulationexists. Broadly speaking, one consequence of these regulatory measures is that the

marketing of new electronic equipment for many applications is banned from the

European Market after mid 2006. Due to the global intcrweavement of the electronics

value chains, the European phase-out forces a big part of the global manufacturers to

convert their products to meet lead-free requirements. Up to now, different temporary

exemptions (European Union, 2003, 2005a) have been included in the directive (e.g.brass, medical devices) and several application areas arc not covered at all (e.g.automotive). Reviews of these exemptions are planned to be carried out every four years

(European Union, 2003). Only in August 2005, the tolerable contamination of lead in

electronics has been defined (European Union, 2005b). In addition, there has been

confusion about the exact date of the phase-out of lead-bearing solders in the Europeanmarkets:

Year of statement Predicted phase-out date

1997 I"1 January 2002 (Vianco, 1997, p. 47)

2000 Is' January 2004 (Abtcw & Sclvaduray, 2000, p. 101)

2000 1st January 2008 (Laeutenschuetz, 2000)

2002 1st July 2006 (NZZ, 2002)

Figure 10 Uncertainty uboul the deadlinefor the phase-out oflead-bearing solders Final phase-out date 1" lui) 2006

People's Republic of China will enforce a similar law as the European directive, which

bans the use of lead in electronics, as well (World Trade Organization, 2005). In 2006,the intended implementation of this law was not defined and firm information was rare

(DCA, 2006). In the United States, no national environmental regulation banning the use

of lead in electronics is in force, single states are preparing corresponding environmental

laws (Abtew & Sclvaduray, 2000, p. 101 ; Arrow, 2005) and federal laws to reduce the

use of lead are in preparation since 1991 (Abtew & Selvaduray, 2000, p. 101; ZVEI,

1999, p. 8). In Japan, no ban of lead-bearing solders in electronics is enforced or plannedup to date (Klee, 2005, p. 2). Due to other reasons, Japanese multinational electronics

manufacturers have started to phase-out lead-bearing solders already at the end of the

1990s (Fukuda, Pccht, Fukuda, & Fukuda, 2003, p. 616).

External Actors - Charges of protectionism offending WTO agreement

Industries outside Europe claim that banning lead-bearing solders from electronics would

build-up technical barriers to trade which might be a breach of the corresponding

Page 280: Management von umstrittenen Technologien

agreement within the World Trade Organization (Kogan, 2003, p. 13; ZVET, 1999, p. 8).This conflict has not yet been solved.

CONSEQUENCES IN THE ELECTRONICS VALUE CREATION CHAIN

The developments in the last years have given rise to the substitution of lead-bearingsolders in the electronics industry. Though different regulations apply, many exemptionsexist and due to the high uncertainty within the industry the phase-out activities are not

synchronized which results in many challenges for the companies. Within this chapter,we outline the major groups of the market participants and give a brief overview of their

particular phase-out situation in the value chain. Figure 11 shows a simplified value

creation chain of the electronics industry.

Raw Material

Suppliers

Mechanical

Components

SolderingMaterial

Electronic

Components

Printed Circuit

Boards

SolderingChemicals

iSl ^y> w

Technology Users

subassemblyManufacturers

Technology Supplier*

Production Line Production Lino,

Manufacturers Vendors

Controversial

Technology

Lead-bearingsoldenng

Alternative

Technologies

Pure tin solders

/Electronic

subassemblies

Consumera /

Users

Final Product

Manufacturera

End Customers

Roles I J Technologie1: Interfaces

figwe 11 Value creation chaw m the framework Simplified value c nation chain in the via Ironic * industry

The change-over to lead-free soldering processes has triggered a cascade of changes in

the electronics value chain. To give an impression of the complexity of this change

processes, some of the consequences for the different market participants are illustrated in

the following paragraphs.

Controversial technology - Diffusion of lead as a soldering compound into the

industry

The electronics revolution has been ushered by the advent of wireless radio

communication at the end of the nineteenth century. At that time, soldering has been

recognized as an ideal joining for assuring electrical conductivity (Vianco, 1997, p. 46).In modern electronics, solder joints fulfill different basic functionalities beyond electronic

conductance between electronic elements and printed circuit boards, as for example the

mechanical mounting of components (especially smaller ones). Increasing powerconsumption per volume has resulted in the use of the solder joints as heat conductors for

the cooling of some elements (Rahn, Diehm, & Bcskc, 1995, p. 19). Figure 12 illustrates

a typical application of solder joints in electronics.

Page 281: Management von umstrittenen Technologien

Final products Electronic subassembly

e.g. personal computer Printed circuit board

MB-f"" Aw

Figure 12. Solderjoints can be found in all electronic products Example Surface Mounted Device (SMD)

Tn the modern electronics industry, lead-tin solders allow a reliable and well-known jointof elements (NZZaSo, 2004). Until the mid 1990s, this metallic system was the prevailingtechnology for soldering. Modern prevalence of lead-tin solders (especially the eutectic

63Sn-37Pb solder) is due to the resource related factors such as availability and cost of

lead and tin as well as to path-dependent factors such as the large established

manufacturing base and the extensive experience with tin and lead (Gibson et al., 1997, p.

246).

Alternative technologies - Intensive research since the 1990s

Electronics are applied in a range of different ambiances: Aircraft electronics being

exposed to low temperatures as low as -40°C in flight (Vianco, 1997, p. 47) and as highas +140°C when sitting next to the engine. Besides the concerns about adverse

environmental and health effects, increased technical requirements such as specificmechanical strength (Gibson et al., 1997, p. 246), sensitivity of electronic componentstowards low-doses of alpha radiation of contaminated lead (Mastipuram & Wee, 2004, p.

70) and higher operating temperatures (Rahn, 2004, p. 109) have necessitated the questfor alternative lead-free solders by industry already before public pressure started to

mount. Therefore, lead-free solders have been researched on for several years.

In the US, the first joint industrial research started in 1992 to search systematically for

lead-free solder alloys (ZVE1, 1999, p. 9). European companies have started research in

lead-free soldering processes in the second half of the 1990s (Vincent et al., 1999). The

main focus of these activities was on the technological feasibility, quality and reliability.In 1999, the Japan Electronics and Information Technology Industries Association

(JEITA) published a roadmap according to which Japanese companies will graduallyphase-out the use of lead-bearing solders. This voluntary self-commitment of the

Japanese companies has mainly been motivated by the market potential that Japanesecompanies have predicted for "green products" (Fukuda et al., 2003, p. 616). These

activities have resulted in a remarkable number of patents generated by Japanese

companies. For example, Matsushita lead the global lead-free intellectual property

activity by holding 43 lead-free patents or patents pending (Fukuda et al., 2003, p. 617).

The number of scientific publications related to the topic of lead-free soldering has

significantly grown since the end of the 1990s.

Page 282: Management von umstrittenen Technologien

European directive to phase out

lead in electronics passed

US lead ban

propsed

Japanese companies declare

phase-out strategy

Figure 13 Increase of the number ofscientific articles related to the lead-free soldering since the late 1990s (Data. Web of Science,

2006)

Technology users - Manufacturers of subassemblies

Economics of scale, globalization and standardization have changed the electronics

manufacturing industry. Many companies have outsourced their electronics

manufacturing lines to subcontractors that mount the electronic components on the

printed circuit boards and do the quality testing of these subassemblies. This trend has

given rise to a number of highly specialized global manufacturing companies that do

not market their own products but produce a variety of electronic subassemblies for a

number of different final product manufacturers. A manufacturer of electronic assemblies

typically manages several ten thousands of different product masters in his enterprise

planning system.

^1 Soldering line

i^ eg. wave soldering

Wave solderingThrough-hole-technology

Printed circuit board with

components

Hot wave of molten solder material

Figure 14 Manufacturing line for electronic subassemblies: Wave soldering

The manufacturers of the electronic subassemblies are heavily affected by the

technological substitution. Not only do they have to guarantee the quality and reliabilityof their products that are newly manufactured in lead-free processes but they often are

forced to provide lead-bearing and lead-free solder processes in parallel. This is due to

the fact that some of their customers still demand the old, mastered and trusted solder

technology (e.g. aviation, military, medical technologies). For many such subassemblymanufacturers, this means a new segmentation of their customers which leads to a drop of

the economies of scale because they have to run additional manufacturing lines. Though

manufacturing line suppliers offer special machines to rapidly switch from lead-free to

lead-bearing, additional costs are generated due to additional changeover times.

Lead-free solders demand higher soldering temperatures. (See figure 15 for some

examples of melting temperatures.) Changes on the installed manufacturing base

comprise mainly the purchasing of new equipment cither for higher temperature (reflow

Page 283: Management von umstrittenen Technologien

soldering) or soldering equipment that resists to the more aggressive solder alloys (wave

soldering).

220°C

200°C

E 180°C

160°C

140'C

Sn-AgSn-Cu

Sn-Ag-Cu

Sn

+3-20% Bi SnZn

Sn-Pta _'_J Sn48ln52

Sn42Bi58

118°C

139°C

Sn63Pb37 183°C

Sn77.2Ag2 8ln20

Sn91Zn9

187°C

198 5°C

Sn91 8Ag3.4Bi4.8Sn96.1Ag2.6Cu0 8Sb0.5

Sn93.5Ag3.5Bl3Sn95 5Ag3 5CuO 7

Sn95Ag3Bi2Sn96.5Ag3.5Sn99 3CuO 7

210°C

21 rc

213°C

217°C

220°C

221°C

227°C

Sn+>50%Bi

Sn+>30%ln

ting temperatw es ofsolders (Grossmann, 2004, p 9) Actual soldering temperatw e\ arc kigkc

Apart from the higher soldering temperature, other important changes in the solderingprocesses are necessary: Due to more aggressive chemical characteristics of the lead-free

solders, small amounts of metals or other materials of the circuit board or the components

might be elutriated and contaminate the tank of molten solder of wave solderingmachines. This leads to a loss in quality and reliability (Grossmann, 2005, p. 43). In

addition, due to the lower wetting performance of the solders the soldering process has to

be protected by a shielding gas, typically nitrogen.

Initial fears of some manufacturers of the impossibility to mount lcad-frcc together with

lead-bearing devices have not been proven to be true. Therefore, many logisticalnightmares were avoided. Subassembly manufacturers might have several ten thousands

of different components to manage. It would have been a very demanding task to

synchronize the change-over of all the - several hundred - components of a printedcircuit board. In addition, the timing of the use of the components in stock would have

been nearly impossible.

In production, the mixture of lead-bearing and lead-free components has to be controlled.

Though often a mixture would be technically feasible thanks to mixed-mounting of lead-

free and lead-bearing components, regulations in some countries do not allow the use of

lead-bearing components anymore.

Lead-free components sometimes do not show identical performance or other

characteristics (e.g. shape) as their lead-bearing components. In addition, not all of the

used components will be available as a lead-frcc-soldcring version forcing manufacturers

to use new components.

All components have to be analyzed for their future availability as lead-free or lead-

bearing versions which causes an immense workload for the corresponding departments.Substitution of these components leads to a temporary doubling of stock that can result in

a substantial increase in fixed capital.

Page 284: Management von umstrittenen Technologien

Most electronics industries have very demanding quality standards, including a

recertification of the products after any changes in the manufacturing process. In practice,this means a recertification of the bigger part of all the products. This work is usuallydone periodically, depending on the introduction of new products or processes. Due to the

phase-out of lead-bearing solders, many recertifications have to be done within a short

period of time.

Consumers and users - Product manufacturers and end customers

Electronic subassemblies are used in a plurality of products such as cars, pocketcalculators, greeting cards, light bulbs, manufacturing systems and medical devices.

Correspondingly, the product manufacturers arc situated in different industries and the

product requirements vary widely. Typically, the subassemblies arc integrated into final

products by mechanical joining processes. Due to the different work sharing models with

the subassembly manufacturers, the final product manufacturers arc affected in different

ways. Normally, they try to outsource the problem on their subcontractors by justordering their products "lead-free" to have no problems in sales.

Depending on the specific situation, product manufacturers have to deal with a lot of

queries from their customers for a confirmation of their phase-out dates. Sometimes the

requested information cannot be given because the request is too specific and would

require unreasonable clarification activities. Despite the administrative efforts to deal

with these queries, strategic questions may arise due to business confidentialityconsiderations.

Lead-bearing soldered parts arc usually still needed even after the phase-out because new

spare products might not be compatible or because of special customer requirements.Manufacturers of final products have to ensure the availability of such spare parts byplacing an all-time need into stock or by ensuring the ability to re-manufacture these

subassemblies. Manufacturers sometimes encounter high depreciation of obsolete leaded

inventory in stock.

Despite the rougher environments and increased requirements caused by the changes in

the manufacturing process, the established design rules for the layout of printed circuit

boards do not have to be changed substantially. In the "lead era", a breach with these

design rules did only seldom result in quality problems of the whole subassembly. Now,this has changed due to the more narrow tolerances in the production process. Therefore,

poor board design can cause quality problems (Grossmann, 2005, p. 49). Since changes in

the design of printed circuit boards, required new templates for production, such

redesigns can cause high costs of adoption.

On the one hand, some product manufacturers of final products still do their subassemblymanufacturing in-house. This gives them the freedom to synchronize the change of their

soldering processes which preservers the economics of scale. On the other hand, some

manufacturers of final products are influenced by their customers, again because theyhave strict requirements for the quality of their products. This is typically true in

industries that are not affected by any regulatory need to phase-out lead-bearing solders at

this moment.

Usually, final product users do not notice any change of the product at all. Even tliough in

Japan, companies claim that lead-free electronics are a competitive advantage in

Page 285: Management von umstrittenen Technologien

consumer electronics, at least in Switzerland's cell phone or computer market, lead-free

is not considered to be a purchase criterion at all. The situation seems to be similar or

even more striking in industrial electronics, where customers sometimes even try to

postpone the shift to lead-free soldered products due to missing trust in the new

technology: "Never change a running system" seems to be the maxim.

Raw material suppliers - Manufacturers of components, printed circuit boards and

others

Like boards, electronic components are exposed to a higher temperature during the

soldering process, as well. Since the previous temperatures had already stressed the

components to the limit, old components were not usable within the new process.

Basically, the old plastic compounds do not withstand the higher process temperature.

Melting or deformation of the components or even explosion of the components due to

absorbed humidity can be observed. New compounds have to be found that endure the

lead-free soldering. The connections of the leads of the components that are soldered

need to be adopted in order to be compatible with the new soldering alloys.

Sales figures of lead-bearing solders have already decreased. In the lead-era, there has

only been one prevailing family of solder alloys, namely the tin-lead system. No

alternative solder can fulfill all the requirements that lead-bearing solders fulfill (e.g.price, operation temperature or mechanical strength). Today, different families of solders

are applied for specific applications which automatically lead to a segmentation of the

market for soldering alloys (Rahn, 2004, p. 65).

Fluxers are chemicals that are deposed on boards prior to soldering to increase the joiningof the surfaces. During usage of the product, ingredients of the fluxers react with new

lead-free solder alloys resulting in a higher tendency of the solders to substrate moisture

from the air leading to an increased danger of corrosion and therefore lowering the

expected lifetime of the electronic part.

The printed circuit boards themselves have to be changed, as well. This is mainly due to

the higher temperatures during the soldering process, changed chemical properties of the

applied agents and other requirement on the surface to guarantee appropriate solder

joints. The prevailing finishing technique (hot air solder leveling, HASL) has to be

replaced by alternative surfaces. Different alternatives exist and have already been

applied due to other technical reasons years before the advent of the lead-free

requirement. Their handling and their long-term behavior is known (Rahn, 2004, p. 39).Other effects like delaminating caused by the higher temperatures during soldering have

not yet been proven to be ofbig concern.

Technology suppliers - Vendors and manufacturers of soldering equipment

Adoption in the soldering equipment has been driven by different changes in the

production process that were triggered by the shift to lead-free soldering. The most

striking ones were higher soldering temperatures, more aggressive soldering materials

and gas-shicldcd soldering processes (Rahn, 2004, p. 51). Tn general, these adoptions of

the soldering equipment triggered the development of new products by the vendors of the

soldering equipment and increased the sales. Since the new equipment can in general be

used for lead-free as well as lead-bearing soldering, no new segmentation of the market

Page 286: Management von umstrittenen Technologien

can be observed. Some manufacturers have developed production lines that can rapidlyswitch between lead-bearing and lcad-frcc alloys.

Dealers of electronic components

Standardization and globalization has given rise to business-to-business dealers of

electronic components. On the one hand, these dealers distribute the physical goods; on

the other hand, they serve as an information platform between manufacturer of

components and manufacturers of subassemblies or products. Since many manufacturers

source their components through a dealer, the role of these dealers in the technological

change to lead-free solders has become critical. Not only do they have to double their

number of stock places but also have an immense workload in updating their data

management systems. In addition, brokering occurs where dealers buy the rare lead-free

products and sell them at higher prices. The same happens with dealers stocking old,

lead-bearing materials in order to sell them at a rather high price within some years when

the installed manufacturing base for leaded components has been converted to a lead-free

basis.

CONCLUSION - MANAGERIAL CHALLENGES WITH CONTROVERSIAL

TECHNOLOGIES

From our research in the electronics industry, we can identify a set of basic principles for

a good management of controversial technologies.

Be aware of the different possibilities to phase in a technology outside your company

Controversial technologies usually need several decades to diffuse into the products and

processes of companies. The whole value chain has to be considered. The term phase-intherefore does not only mean the planned introduction of a new technology by the

company itself but includes changes by customers and suppliers, as well.

Phase-in on the customer side means the emergence of a new and unforeseen applicationmode of the own products. Customer monitoring is crucial because technologies usuallybecome regulated or controversial in relation to their application. Due to the high number

of changes in the whole value chain a company cannot be aware of all these

developments. Unknown phase-in happens.

known to the

company

Phase-In

unknown to

the company

Approved

Change

Classical

Phase-In

AnticipatedUse of the

Product

ImplicitIntroduction

Unconscious

Application

Unconscious

Use

supplier manufacturer

Technology User

Page 287: Management von umstrittenen Technologien

Figure 16 Different possibilities to phase m ci technology

Phase-in of new technologies through suppliers is usually handled by product changenotifications or prequalification where any changes in the products have to be approvedby the customer. Due to complexity not all changes can be covered. Therefore, implicitintroduction of technologies has to be taken into account. A residual uncertainty is

unavoidable.

Analyze long-term reliability of alternatives in long-term studies

Some companies have identified the looming demand for lcad-frcc products very early.Typically, these companies started with a rough assessment of the own situation and also

with first research projects in the technical feasibility of certain alternatives. At the end of

the 1990s, the German „Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie" has

called industry's attention to the potential issue of long-term reliability and the necessityof starting tests to ensure the future functionality of the products (ZVE1, 1999, p. 41).

The most common long-term reliability issues of lcad-frcc solders include spontaneous

growth of shortage-causing dendrites from the solder joints (whiskers) and spontaneous

decomposition of solder joints at very deep temperatures (tin pest). Lead has been added

to the solder alloys to prevent these long-term effects.

Different views on the relevance of several long-term reliability issues exist. Long-termeffects can only be truly understood by real empirical long-term studies, not throughmodels and artificial aging. Artificial aging of components may give some hints about the

relevance of certain long-term effects but they often cannot provide the necessary

certainty concerning the behavior of the components in real use.

Companies are urged to conduct long-term studies about long-term reliability of new

technologies that have to be applied, emphasizing their specific modes of applications.The earlier they start the less uncertainty they will have to manage.

Realize the claims even outside your main business and cultivate external

communication

Knowledge about the toxicity of lead that has been gained during the debate of leaded

gasoline is also applicable in the case of lead-bearing solders. As this case shows, even

claims against a technology outside of the main business of a company have to be taken

seriously, because these claims may spill over to the own business due to discovered

application of the technology.

In the electronics industry, there yet does not exist any common labeling of lead-free

material. A huge diversity of stickers, labels and texts exist that produce a lot of

administrative work in the goods receiving departments. Some manufacturers do not label

their products at all. Not only the labeling itself varies from manufacturer to manufacture

but also the term "lead-free" is interpreted differently. Sometimes, "lead-free" is used as a

synonym for "conform to regulations".

As practitioners of the industry know, whenever people who are unfamiliar with the

business tell one what to do, a suboptimal solution will result (Bigclow, 2005, p. 14).Since important decisions about the future of a controversial technology are made by

Page 288: Management von umstrittenen Technologien

non-experts, communicating the relevant aspects of the business situation to laymenbecomes an important capability.

Accept the complexity

A big part of knowledge, norms and quality standards in industrial soldering of electronic

components that have evolved in the last decades is still valid but the details need

adoption. New quality standards have to be developed (TPC, 2005). A well introduced

and historically developed technology cannot be changed easily; too many unknown

interdependences exist. The phase-out of a technology, therefore, has always to be seen

as an evolving project where new challenges are identified during the change-over itself.

Especially in electronics manufacturing companies are currently facing different tasks to

phase out many different technologies. Current examples are volatile organic compounds(VOCs) or halogens that are used in electronics manufacturing.

REFERENCES

Abtew, M., & Selvaduray, G. (2000). Lead-free Solders in Microelectronics. Materials

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Page 296: Management von umstrittenen Technologien

Gefühlte Interviews XII

7 Geführte Interviews

Datum Funktion in der Organisation Inhalt des Gespräches

20.01.2005 Technologieexperte Umgang mit unerwünschten Technologien in der Industrie¬

automation, Besprechung mehrerer Technologien.

20.01.2005 Technischer Leiter Umgang mit unerwünschten Technologien elektronischen

Zahlungsverkehr und bei sicherheitsrelevanten Anwendun¬

gen. Besprechung mehrerer Technologien.

21.01.2005 Geschäftsführer Lock-In bei Tcilnchmcrvcrmittlungsanlagcn in der Tele¬

kommunikation. Schwierigkeiten des Technologiewechsels.

25.01.2005 Wissenschaftlicher Mitarbeiter Umgang mit unerwünschten Kommunikationstechnologien.

Spezieller Fokus auf sicherheitsrelevante Technologien.

31.01.2005 Manager Operations and Services Erzwungener Technologiewechsel in sicherheitsrelevanten

Bereichen des elektronischen Datenverkehrs

09.02.2005 Technologieverantwortlicher

"Archivierung"

Probleme der langfristigen Verfügbarkeit archivierter, c-

lektronischer Daten. Fokus auf langfristige Herausforde¬

rungen.

22.02.2005 Professor für Atmosphärenphysik Phase-Out von FCKW aus umweltnaturwissenschaftlicher

Sicht

04.03.2005 Geschäftsführer Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Produktionsanlagen fur die Elektronikfertigung. Das

Unternehmen war schon längere Zeit für bleifreie Elektro¬

nik bereit, hatte dies aber nicht aktiv am Markt vertrieben.

11.05.2005 Geschäftsführer Umstrittene Technologien in der Elektronik. Viele unter¬

schiedliche Technologien besprochen und den aktuellen

Stellenwert dieser Themen bei Unternehmen erörtert.

12.05.2005 Leiter Technik Umstrittene Technologien in der Elektronik. SpeziellerFokus auf Schwermetalle, polybromierte Biphenyle (PBB),

polybromierte Biphenyl-Ether (PBDE) und Chrom IV-

Verbindungen.

13.05.2005 Bereichsleiter, Analytik Aktuelle Problemfelder im Technologieeinsatz aus Sicht

eines staatlichen Analyselabors

17.05.2005 Bereichsverantwortlicher

"Cleaner Production"

Umstrittene Technologien als internationales Problem.

Spezieller Fokus auf Unterschiede zwischen Dritterund

Zweiter Welt. Quecksilber-Zell-Technologie zur Chlorher¬

stellung.

18.05.2005 Geschäftsführer Umgang des Unternehmens mit umstrittenen Technologien.

23.05.2005 Geschäftsführer & Technischer Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

Berater Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen.

Page 297: Management von umstrittenen Technologien

7 Geführte Interviews Xlll

Datum Funktion in der Organisation Inhalt des Gespräches

23.05.2005 Leiter Forschung und Entwicklung Umstellung auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstel¬

lers von elektronischen Komponenten. Herausforderungeiner zu frühen Umstellung.

24.05.2005 Abteilungsleiter Umstrittene Technologien aus Sicht der Regulatoren. Zu¬

sammenarbeit mit den Unternehmen und Herausforderun¬

gen des Nachweises von negativen Effekten.

24.05.2005 Geschäftsführer Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen.

25.05.2005 Ressortleiter Umwelt & Energie Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen. Spezieller Fokus auf RoIIS- und EUP-

Richtlinien.

26.05.2005 Geschäftsführer Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen. Spezieller Fokus auf PVC und die damit

verbundenen Technologien sowie PET.

27.05.2005 Geschäftsführer und Leiter Ent¬

wicklung

Umstrittene Technologien in der Firma. Aktueller Umgangund Stellenwert der Problematik anhand von einzelnen

Beispielen aus der Farbherstellung.

01.06.2005 Geschäftsfuhrende Partnerin und

wissenschaftliche Mitarbeiterin

Umstrittene Technologien aus Sicht der wissenschaftlichen

Forschung. Spezieller Fokus auf hormonaktive Substanzen.

01.06.2005 Verantwortlicher Normen und

Ordnungen

Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen.

02.06.2005 ehemaliger Geschäftsführer Einsatz einer umstrittenen Technologie in der eigenen Fir¬

ma. Erfahrungen im Rückblick.

02.06.2005 Technologieexperte Einsatz einer umstrittenen Technologie in der chemischen

Industrie. Operative Probleme der alternativen Technolo¬

gien und Herausforderungen der Substitution.

06.07.2005 Geschäftsführer Umstrittene Technologien in Alt- und Neubauten. Aktuelle

Themen und Stellenwert dieses Themas bei den betroffenen

Unternehmen.

06.07.2005 Produktionsverantwortlicher Einsatz einer umstrittenen Technologie in der eigenen Un¬

ternehmung. Entscheide gegen den Technologiewechsel.

08.07.2005 Umweltschutzbeauftragter Umstieg auf blcifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Industrie-Elektronik. Nutzen einer verlängerten Um¬

stellungsfrist.

15.08.2005 Geschäflsführer des Branchenver- Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

bandes, Produktionsleiter von Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen Unternehmen.

Page 298: Management von umstrittenen Technologien

7 Geführte Interviews XIV

Datum Funktion in der Organisation Inhalt des Gespräches

01.09.2005 Director Corporate Research &

Analytic

Umstrittene Technologien in der eigenen Unternehmung.

Beispiele und Probleme. Diskussion möglicher Forschungs¬

strategien.

29.09.2005 Geschäftsführer Umstrittene Technologien aus Sicht eines NGOs im Bereich

Ökologie.

03.10.2005 Strategischer Einkauf Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Elcktronik-

Dienstleisters.

03.10.2005 Qualitäts- und Umweltmanage¬ment

Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Endprodukten.

05.10.2005 Produktmanagement Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronikprodukten für den Haushalt.

05.10.2005 Geschäftsführer Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen. Spezieller Fokus auf PVC und die damit

verbundenen Technologien.

11.10.2005 Technologieverantwortlicher Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

"Assembly" von integrierten Schaltelementcn. Technologie ist ein Rand¬

problem, der logistische Aufwand ist gross.

11.10.2005 Verantwortlicher Technologie Bleifreie Elektronik aus der Sicht eines Prüf- und Qualitäts¬sicherungs-Unternehmens in der Elektronikbranche.

12.10.2005 Leiter Global Supply Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Endprodukten im Medizinalbereich. Be¬

schaffungsprobleme und Konkurrenzdruck war ausschlag¬gebend für den Phase-Out.

19.10.2005 Umwcltmanagement Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines globalenElektronik-Dienstleisters.

24.10.2005 Abteilungsleiter Technik Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Industrie-Elektronik. Unsicherheit, da nur ein Teil des

Marktes betroffen ist.

24.10.2005 Bereichsleiter Stahl Umstrittene Technologien in der Metallverarbeitung. Stel¬

lenwert des Themas bei den Unternehmen.

25.10.2005 Leiter Qualitätsmanagement Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Industrie-Elektronik.

27.10.2005 Leiter Marketing Umstieg auf blcifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Endprodukten.

01.11.2005 Entwicklung Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Werkzeugmaschinen.

02.11.2005 Leiter Produktion Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Komponenten.

Page 299: Management von umstrittenen Technologien

7 Geführte Interviews XV

Datum Funktion m der Organisation Inhalt des Gespräches

02.11.2005 Projektleiter Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht einer Umweltbe-

ratungs-Hrma. Die verursachte Verunsicherung hat den

Beratungsbedarf von kleineren und mittleren Unternehmen

erhöht.

07.11.2005 Leiter Qualitätsmanagement Umstieg auf blcifrcie Elektronik aus Sicht eines Elektronik-

Dicnstlcistcrs.

08.11.2005 Leiter Elektronikfertigung Umstieg auf blcifrcie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Komponenten.

09.11.2005 Director Technology Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Endprodukten fur Industrieanwendungen.

10.11.2005 Laborleiter Technologische Probleme des Umstiegs auf blcifrcie Elekt¬

ronik in der Industrie. Verhalten der Unternehmen und

längerfristige Herausforderungen.

10.11.2005 Production Technology Manager Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Endprodukten für den alltäglichenGebrauch.

11.11.2005 Produktmanagement Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Endprodukten für Industrieanwendungen.

16.11.2005 Qualitätsmanagement Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Industrie-Elektronik. Nutzen einer verlängerten Um¬

stellungsfrist.

25.11.2005 Leiter Forschung und Entwicklung Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Komponenten für die Investitionsgüter-Industrie.

17.01.2006 Projektleiter RoHS Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Elektronik-

Grosshändlers. Information entlang der Wertschöpfungsket¬te und logistische Umstellungen waren die grossen Heraus¬

forderungen.

17.01.2006 Verkaufsleiter Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Leiterplatten. Seit Jahren waren bleifreie Leiterplattenbereit, aber der Markt verlangte sie noch nicht.

23.01.2006 Bereichsleiter Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Grosshänd¬

lers für Elektronik-Bauteile und Produktionsanlagen für

Elektronik.

23.01.2006 Anwendungstechnik Umstieg aufbleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Lötmaterialien.

24.01.2006 Head of Engineering & QSEH Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Elektronik-

Dienstleisters.

25.01.2006 Chief Operations Officer Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Elektronik-

Dienstleisters.

Page 300: Management von umstrittenen Technologien

7 Geführte Interviews XVI

Datum Funktion in der Organisation Inhalt des Gespräches

27.01.2006 Qual itätsmanagement Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Endprodukten für die Investitionsgüter-Industrie.

27.01.2006 Geschäftsführer Umstieg aufbleifreie Elektronik aus Sicht eines Händlers

für Elektronik-Bauteile und Produktionsanlagen für Elekt¬

ronik.

30.01.2006 Bereichsleiter Produktionstechnik Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Händlers

für Elektronik-Bauteile und Produktionsanlagen für Elekt¬

ronik.

30.01.2006 Fachreferentin Umstieg aufbleifreie Elektronik in der Elektronikindustrie.

Umgang der Unternehmen und Stellenwert des Themas.

31.01.2006 Technologieexperte Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Elektronik-Endprodukten für die Investitionsgüter-Industrie.

01.02.2006 Technischer Koordinator As¬

semblyUmstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von integrierten Schaltelementen.

02.02.2006 Geschäftsführer Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Produktionsanlagen für die Elektronikfertigung.

07.02.2006 Geschäftsführer Umstieg aufbleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Produktionsanlagen für die Elektronikfertigung.

07.02.2006 Geschäftsführer Umstieg auf bleifreie Elektronik aus Sicht eines Herstellers

von Lötmaterialien.

14.03.2006 Verantwortlicher Umwelt, Sicher¬

heit, Gesundheit

Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen.

24.03.2006 Leiter angewandte Wissenschaft Ausstieg auf einer umstrittenen Technologie in der Nah¬

rungsmittelindustrie. Das Unternehmen hat aufgrund von

neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen den eigenen Aus¬

stieg beschlossen.

23.03.2006 Geschäftsführer Ausstieg aus einer umstrittenen Technologie in der Nah¬

rungsmittelindustrie. Das Unternehmen hat den Ausstiegaus dieser Technologie zu einem Zeitpunkt entschieden, zu

dem noch kein Druck zum Phase-Out der Technologiebestand.

28.03.2006 Leiter Entwicklung Substitution von Bestandteilen in den eigenen Produkten

aufgrund von Regulationen und öffentlichem Druck. All¬

gemeiner Umgang des Unternehmens mit umstrittenen

Technologien.

Page 301: Management von umstrittenen Technologien

7 Geführte Interviews XVII

Datum Funktion in dey Organisation Inhalt des Gespräches

04.04.2006 Umweltmanagement Jahrzehntelanger Phase-Out des Einsatzes eines Kunststof¬

fes in den eigenen Produkten. Teilweise wird der Kunststoff

noch in grossen Mengen eingesetzt, da entweder die Akzep¬tanz in diesen Märkten hoch ist oder aber keine Alternati¬

ven existieren.

20.04.2006 Präsidentin Der Einsatz von umstrittenen Technologien aus Sicht von

Betroffenenorganisationen am Beispiel einer Nahrungsmit-

telallergie.

25.04.2006 Geschäftsführer & Direktor Pro¬

duktion und LogistikAusstieg aus einer umstrittenen Technologie in der Nah¬

rungsmittelindustrie. Der Ausstieg musste rasch erfolgen,da das Thema in der Öffentlichkeit skandalisiert wurde.

11.05.2006 Geschäftsführer Ausstieg aus einer umstrittenen Technologie in der Gasher¬

stellung.

17.05.2006 Geschäftsführer Umstrittene Technologien in der Branche. Umgang der

Unternehmen und Stellenwert des Themas bei einzelnen

Unternehmen.

24.05.2006 Verantwortliche für Labelvergabc Umstrittene Technologien in der Nahrungsmittelherstellungaus Sicht eines Konsumentenlabels für biologisch produ¬zierte Lebensmittel.

18.09.2006 Umwcltmanagement und

-VerträglichkeitUmgang mit umstrittenen Technologien am Beispiel einer

breit angewandten Technologie, für welche keine Alternati¬

ven verfügbar sind.

30.09.2006 Leiter Entwicklung Bleifreie Elektronik aus Sicht eines unbetroffenen Unter¬

nehmens in der Branche.

06.10.2006 Technical Product Manager Umstrittene Technologien in der Nahrungsmittelindustrie.

Page 302: Management von umstrittenen Technologien

Leitfaden zur Gesprächsführung XVUI

8 Leitfaden zur Gesprächsführung

Der Leitfaden wurde mehrere Male überarbeitet und diente als Orientierung in den Gesprä¬chen mit den Unternehmensvertretern. Die Strukturierung blieb im Wesentlichen identisch.

Nachfolgend ist der letzte Stand des Leitfadens abgebildet.

Interviewleitfaden: Umstrittene Technologien

Allgemeine

Fragen

Interview und

Person

Unternehmen

allgemein

Technologiebestimmen

TechnologischeSituation

Relevante

Produkte aligemein

Negative Effekte

der Technologie

Phase-In

Prozesse

Produkttechnologie

EingekaufteKomponenten

Anwendung beim

Kunden

Issu«

Identification

Regulatoren,Public, Betroffene

Wissenschaft,Profiteure

Kunden,Endanwender

Rohstoff- &

Technologie-Lieferanten

Alternative

Technologie

Anstoss

Handling

Unternehmungund Konkurrenten

Regulatoren

Alternative

Technologie

Öffentlichkeit

Betroffene

Wissenschaft

Indirekte

Profiteure

Kunden

Funktion in Firms; Zeit in Firms und Branche

Welche Produkte; Zielmarkt (global, lokal), Endkundennähe;Konkurrenzsituation

Welche Technologie?

Aktueller; Input/ Eigenleistung / Output; Players in der

Wertschöpfungskette?; Unterschiedzu Konkurrenz

Lebensdauer der Produkte; Garantieverpflichtungen; Dauer bis zur

Neuentwicklung, Welche Produkte

Allgemeine Vorwürfe an die Technologie; Anteil des Unternehmens am

Effekt

Seit wann und wo setzen Sie die Technologie ein?

Produktionsprozess, unterstützende Prozesse

Eingekaufte Komponenten

Technologie entsteht erst bei derAnwendung durch Kunden

Ab wann befassen Sie sich mit dem Thema? Zeitliche Entwicklung?Auslöser? '•

Absichtserklärungen, Gesetze; Pressemitteilungen;Interessengemeinschaften, Label

Wissenschaftliche Resultate; Schadensersatzklagen

Sensible Kunden; Kundenanfragen; Neue Kundensegmente; Sinkende

Kundenakzeptanz

Konkurrenten haben Alternative; Alternativen sind verfügbar

Was war der Auslöser?

Wie entwickelte sich der Druck? Verhalten der Firma?

Wie entwickelten sich die Optionen?

Lager reduzieren; Investitionsstopp; Kapazität schaffen; Technologieeinsatz

verringern; End-of-pipeWelche Regulationen? Fokus? Vorgeschriebener Einsatz?

Ausnahmereglungen, Harmonisiert

Welche Alternativen; Entwicklungsprojekte; Pilote; Kompetenzaufbau;Patente; Zuverlässigkeit; Kosten

Akzeptanz; Relevanz; Reportagen; Issue-Lebenszyk/us; Schlüsselereignisse;

Informationskampagne

Wer ist betroffen? Betroffenenverbände; Klagen

Wissenschaftliche Erkenntnisse; Berücksichtigung; Effekt hinterfragen;Alternativen überprüfen

Protektionisten; Medienhäuser; Anwälte; Politische Parteien

Druck; Trägheit; Unterstützung; Aufklärungskampagnen; Umsatzwachstum;

Umsatzrückgang

Bild 23: Gesprächsleitfaden (Seite 1)

Page 303: Management von umstrittenen Technologien

Leitfaden zur Gcsprächüführung XIX

Phase-Out & Clean-up

Market Exit

Substitute Technology

Betroffene

Regulatoren; Öffentlichkeit

Wertschöpfungskette

Eigenes Unternehmen

Lessons Learned

Positive Effekte

Negative Effekte

Unsicherheit/Überraschungen

Zu früh oder zu spät

Gutes und schlechtes

Vorgehen

Meinungen

Andere Technologien

Identify technology

Identify controversy

Raise issue internally

Technological Options

Public Pressure

Weiteres Vorgehen

Weitere Interviewpartner

Protokoll

Abschlussbericht

Vertraulichkeit

Exit oderSubstitution? Welche Aktivitäten ? Auslöser und

Entscheidungsträger?Längerfristige Aktivitäten und Verpflichtungen; Konsequenzen

Produktabkündigungen; Restrukturierungen

Aufwand; Entwicklungen; Investitionen; neue Lieferanten;Abschreibungen; Träge Kunden; Engpässe; Phase-In verhindern;Neue Prozesse, Zeitlicher Verlauf

Schadensersatz; Effekte der alternativen Technologie;

Strafzahlungen leisten; Anspannungen im regulatorischenUmfeld; Imageverlust, Vertrauensverlust

Garantie; Service-, Liefer-, Rücknahme- und

Abnahmeverpflichtungen; Neusegmentierung; Neue Risiken

Kosten; Komplexität; Qualität; Phase-In verhindern;

Prozessbeherrschung; Unternehmensverständnis

Neue Kunden; neue Märkte; neues Geschä/tsmode/l: Verständnis

der Firma; Umstieg als Vorwand

Kosten; Komplexität; Innovationshemmer, Unsicherheit

Regulation; Kunden; technologische Machbarkeit; Lieferanten;

Wissenschaft; Dritte

Kunden / Lieferanten noch nicht bereit; Langzeitversuche;Ausnahmeregelungen; Kundenkontakt

Routine- oderAusnahme; Hektik; Vereinbarung mit dem

Tagesgeschäft

Welt besser geworden? Folgen für die Industrie genügendberücksichtigt?

welche Technologien? Wie vorbereiten?

Unternehmens-Scanning; Technologieliste; Rote undgelbe Liste

Umfeld-Scanning; Gespräche mit Lieferanten

Zentrales Sammeln & Auswerten von Hinweisen; Unterscheidungzwischen Issues und Strohfeuern?

Optionen offen halten

Welche Themen?

Gleiche Technologie, andere Technologie, Regulatoren, Kunden,Lieferanten

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Bild 24: Gesprächsleitfaden (Seite 2)

Page 304: Management von umstrittenen Technologien

0 Lebenslauf XX

Lebenslauf

Name: Biedermann, Andreas

Geburtsdatum: 26. Oktober 1978

Bürgerort: Obergösgen, SO

Nationalität: Schweizer

Ausbildung:

2004 bis 2007 Management, Technology, and Economics der ETII Zürich

Doktorat in Technologie- und InnovationsmanagementForschungsgebiet: Management von umstrittenen Technologien

2000 bis 2004 Betriebs- und Produktionswissenschaften an der ETH Zürich

Abschluss als, Dipl. Betr.- und Prod.-Ing. ETH

Vertiefung: Technologie-Management und Informationssysteme

1998 bis 2000 Maschinenbau und Verfahrenstechnik an der ETH Zürich

Grundstudium

1993 bis 1998 Kantonsschule Ölten, Matura Typus C

Berufliche Tätigkeit und praktische Erfahrung:

Seit 2007 Ammann BauAusrüstungLeiter Technologie und Innovation

2007 Georg Fischer AG

Technology Development

2006 bis 2007 B'Rcsults - The Innovation Management CompanyProj ektmitarbeiter

2004 bis 2007 ETH Departement Management, Technology, and Economics

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

2004 ETH Zentrum für Untcrnehmenswissenschaften (BWI)Professur für Technologie- und InnovationsmanagementWissenschaftlicher Mitarbeiter

1999 bis 2004 Praktika und Arbeiten bei folgenden Unternehmen:

Unaxis Displays AG: Disruptive Technologien im Bildschirm-

Markt

Schweizerhall Chemie AG: Internal Transportation SystemUBS AG: Entwicklung eines Accounting SystemsScnsirion AG: Business Process ManagementITT Flygt AB (Schweden): Produktionsplanung und Logistik