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Lösung für das Knappheitsproblem oder nationales Risiko? Auf Erdölsuche in der Schweiz

Feb 03, 2023

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Ber. Wissenschaftsgesch. 37 (2014) 41 – 59

© 2014 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 41

www.bwg.wiley-vch.de

DOI: 10.1002/bewi.201401663

Lea Haller und Monika Gisler

Lösung für das Knappheitsproblem oder nationales Risiko? Auf Erdölsuche in der Schweiz

Summary: Remedy for Shortage or Risk for National Security? The Search for Oil in Switzerland. Over several decades, geologists, entrepreneurs, politicians, and public authorities dealt with a potential petroleum occurrence in Switzerland. They provided scientific expertise, granted concessions, invested capital and sank bore holes. Although the endeavour was never successful economically, it reveals how closely related geopolitical situations and the exploitation of natural resources were. This article investigates the search for crude oil in Switzerland from the 1930s until the 1960s, combining a history of science and technology perspective with a history of the political regulations and economic considerations concerning the extractive industry. It traces the changing fears and hopes about potential oil occurrences in Switzerland: From an investment to overcome future shortages, to the risk of imperial desires if oil would be found in abundance.

Keywords: petroleum, geology, geopolitics, shortage, autonomy

Schlüsselwörter: Erdöl, Geologie, Geopolitik, Knappheit, Unabhängigkeit

„Y a-t-il du pétrole en Suisse?“ titelte am 27. April 1939 die französische Ausgabe des Touring, der Zeitschrift des größten Schweizer Verkehrsclubs TCS, und sorgte damit wohl für einiges Augenreiben. Die Frage war nicht neu. Sie beschäftigte Industrielle und Wissenschaftler seit dem Ersten Weltkrieg. 1935 ernannte die Zentralstelle für Arbeitsbeschaffung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements offiziell eine Expertenkommission für Petrogeografie, über deren Arbeit am 17. April 1939 ein Kreisschreiben betreffend „Erschließung und Ausbeutung von Lagerstätten minera-lischer Rohstoffe“ an die Kantonsregierungen ging. „Die Schweiz besitzt eine große Zahl von Vorkommen mineralischer Rohstoffe“, hieß es darin. „Leider ist die Mehrzahl dieser Lagerstätten nicht abbauwürdig.“1

Damit war die Sache aber nicht erledigt. Mit dem zunehmenden Erdölverbrauch in der Nachkriegszeit wurden in der ganzen Schweiz neue Explorationsgesellschaften gegründet, die sich 1959 in der Swisspetrol Holding AG zusammenschlossen. Diese verfolgte den Zweck, „Gesellschaften und andere Unternehmungen, die sich mit der Erforschung, der Gewinnung, der Förderung, der Verarbeitung, der Lagerung, dem Transport und dem Vertrieb von Erdöl, Erdgas oder deren Derivaten“ befassten, zu übernehmen und zu verwalten.2 In den 1960er Jahren kam es zu einem regelrechten Öl-Boom. 16 Bohrungen wurden abgeteuft, in Essertines-sur-Yverdon konnten da-bei einige Tonnen Erdöl und bei Pfaffnau im Kanton Luzern einige hunderttausend Kubikmeter Erdgas gefördert werden – zu einer kommerziellen Förderung kam es jedoch nicht. 1972 wurde die erste Tiefbohrung im Alpenvorland vorgenommen. Bei Linden im Kanton Bern stieß man in einer Tiefe von über 5.400 Metern auf Erdgas,

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für das man damals allerdings keine Verwendung hatte. Zwischen 1974 und 1982 wur-den weitere acht Bohrungen abgeteuft, wobei man 1980 bei Entlebuch erstmals eine Gasmenge ortete, die Aussicht auf eine kommerzielle Produktion bot. Die Bohrung Entlebuch-1 lieferte schließlich 74 Millionen Kubikmeter Erdgas, mit denen zwar die Investitionen in die Produktion bezahlt werden konnten; von den Bohrkosten von rund 30 Millionen Franken konnten jedoch nur knapp zehn Prozent gedeckt werden.3 1996 wurde die Swisspetrol-Gruppe aufgelöst.

Dass die Erdöl- und Erdgasförderung in einem kleinen Land wie der Schweiz, die als rohstoffarm und zahlungskräftig gilt, über Jahrzehnte hartnäckig verfolgt wurde, verweist auf die Komplexität der Ressourcenfrage. Rohstoffe unterliegen nicht einfach einem Kalkül von Angebot, Nachfrage und Kaufkraft. Sie sind im Spannungsfeld von Expertenwissen und technischen Explorationsverfahren, Eigentums- und Förderrech-ten, Risikokapital und Investitionsbereitschaft, nationaler Versorgungssicherheit und internationalen Handelsbedingungen anzusiedeln, das heißt sie tangieren ökonomische, soziale und politische Fragen.

Das gilt insbesondere auch für den Knappheitsdiskurs, der das Reden über ‚na-türliche Ressourcen‘ seit der Verallgemeinerung des Begriffs um 1900 begleitet. Bei natürlichen Rohstoffen hat man es im Gegensatz zu Industriegütern immer mit der Frage der Knappheit zu tun. Diese Knappheit ist allerdings als politisches und nicht als quantitatives Problem zu verstehen. Sie ist mit Luhmann eine „Kontingenzformel für einen bestimmten Bereich gesellschaftlicher Kommunikation“.4 Denn Knappheit per se gibt es nicht oder nur in einer technokratischen Vorstellung. Sie ist immer kontextgebunden und lässt sich nicht abstrakt definieren. Auch Endlichkeit bedeutet gemäß Luhmann nicht notwendig Knappheit. Knapp wird ein endliches Gut erst, wenn man darauf zugreift, wenn sich jemand einen bestimmten Anteil daran sichert: Es geht um eine soziale Wahrnehmung von Beschränkung, an die soziale Regulierungen anschließen können.5

Ähnlich paradox verhält es sich mit dem Überfluss. Ein Überfluss an Rohstoffen nach der Erschließung ergiebiger Quellen wäre weit davon entfernt, im Sinne der Sta-tistik einfach das Knappheitsproblem zu lösen. Die politischen Akteure in der Schweiz befürchteten denn auch, dass potenzielle Erdölfunde eine Reihe von Problemen nach sich ziehen könnten, allen voran imperiale Gelüste anderer Staaten. Der ‚Ressour-cenfluch‘, der heute mit rohstoffreichen Drittweltländern assoziiert wird, stand in den 1950er Jahren als Schreckgespenst über der helvetischen Alpenrepublik. An der nüchternen Erleichterung über die Misserfolge der Erdölsuche kann man ablesen, dass auch der Überschuss eine Kontingenzformel für gesellschaftliche Kommunikation im Sinne Luhmanns ist: Zuviel von etwas zu haben, das andere auch gern haben möchten, kann nicht nur ein materielles, sondern vor allem auch ein soziales und politisches Ungleichgewicht schaffen.

Während sich mit der Angst vor dem Überschuss nicht leicht lobbyieren ließ, bot der Knappheitstopos, insbesondere in geopolitischen Krisensituationen, wiederholt ein Argument für die Verfechter der Erdölsuche in der Schweiz. Das Knappheitspara-digma wurde immer dann bemüht, wenn die Importe aufgrund von Einfuhrbeschrän-kungen, politisch unsicheren Lagen oder Lieferengpässen prekär wurden, wenn die Rohstoff-Abhängigkeit von anderen Ländern also als fatal angesehen wurde. Eine mögliche Erdölknappheit wurde während des Ersten Weltkriegs erstmals virulent und sie war Thema während der Zwischenkriegszeit, als der internationale Devisenhandel

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eingeschränkt wurde und die Preise während der Weltwirtschaftskrise anstiegen. Res-sourcen-Knappheit beflügelte die nationalsozialistische Rhetorik der Landnahme im Osten,6 sie orchestrierte den Zweiten Weltkrieg und wurde mit der Suezkrise in den 1950er Jahren erneut virulent.

In diesem Beitrag soll die Erdölexploration in der Schweiz im Spannungsfeld von ökonomischer Knappheit, politischer Ressourcenhoheit und geologischer Expertise untersucht werden. In der Diskussion um helvetisches Erdöl kamen Vertreter aus der Industrie, wissenschaftliche Experten, internationale Investoren und politische Akteu-re zusammen. Die Öl- und Gasförderung setzte spezialisiertes geologisches Wissen, technisches Know-how und hohe Investitionen voraus. Prägend für die schweizeri-sche Energiepolitik waren eine geringe staatliche Regulierungstätigkeit, eine starke Position der Kantone sowie eine ausgeprägte Lobbyarbeit der Erdölgeologen. Über die Jahrzehnte tauchten nicht nur immer neue Akteure auf, sondern es veränderten sich auch die Argumente für und wider die kostenintensive Suche nach helvetischem Erdöl und die Hoffnungen und Befürchtungen, die man mit künftigen Funden ver-band. Kam es dem Staat und seinen Bürgern zugute? Profitierten die Kantone? Oder konnte es sein, dass es sich ausländische Investoren oder gar andere Staaten sicherten, sollte man fündig werden?

Petroleumhunger in Krieg und Frieden

Erdöl, heute Energierohstoff Nummer eins, hat seine große Bedeutung nach dem Zwei-ten Weltkrieg erlangt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielten Erdölprodukte nur eine geringe Rolle bei der Energieversorgung; vor dem Ersten Weltkrieg betrug ihr Anteil am Primärenergieverbrauch noch weniger als 1 Prozent.7 Erdölderivate wurden aber ab 1880 zunehmend industriell verarbeitet, was eine rasch wachsende Erdölindustrie nach sich zog. Diese zunehmend global agierenden Investoren gerieten dabei mit nationalen und regionalen Ansprüchen in Konflikt. So entwickelte sich die Standard Oil Company zur unangefochtenen Marktführerin in den USA und begann ab 1870 eine radikale vertikale Integration durch Übernahme von Raffinerien. 1879 hatte Rockefeller 90 Prozent von Amerikas Raffineriekapazität in der Hand und kontrollierte die Leitungen und den Transport.8 Erst mit der wachsenden in- und ausländischen Konkurrenz konnte der politische Druck auf Rockefellers Monopol erhöht werden. Als Folge des 1890 verabschiedeten Sherman Antitrust Act musste es 1909 in unabhängige Unternehmen aufgeteilt werden.9 Auch von anderen Ländern und Unternehmen kam das Konglomerat zunehmend unter Druck. Im von Russland annektierten Aserbaidschan modernisierten die Brüder Ludwig und Robert Nobel die Raffinerien in Baku und starteten eine Expansionspolitik, in Niederländisch-Ostindien gelang es der Royal Dutch ab 1892, in größerem Ausmaß Öl zu exportieren, und die Briten fanden in Persien einen Kooperationspartner für ihre Ölinteressen. Am erbit-terten Streit zwischen der Standard Oil und Österreich-Ungarn, dem damals nach den USA und Russland drittgrößten ölproduzierenden Land mit reichen Erdölvorkommen in Galizien, hat Alison Frank gezeigt, dass die Erdölfrage eng mit unterschiedlichen Vorstellungen von Souveränität verbunden war, und damit, wie Nationalität in Bezug auf international agierende Firmen und natürliche Ressourcen zu definieren sei.10

Nationale Souveränitätsansprüche, der Zugriff auf Ressourcen und die Sicherung von Importen spitzten sich im Ersten Weltkrieg weiter zu. England war eine treibende Kraft

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bei der Umstellung auf Öl als Energieträger. Ab 1900 war die britische Kriegsflotte sukzessive von Kohle auf Öl umgerüstet worden und 1911 beschloss der damalige Innenminister und Erster Lord der Admiralität Winston Churchill, die Kriegsflotte definitiv auf Ölantrieb umzustellen. Damit wurde der Nachschub (das, was man ab dem Zweiten Weltkrieg und vor allem nach der Ölkrise von 1973 ‚Versorgungssicherheit‘ nannte) ein politisches Desiderat. 1913 machte Churchill unmissverständlich klar, dass die Unternehmen der Anglo-Persian Oil Company in einem direkten Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit standen. 1914, nach Ausbruch des Krieges, wurde auf seine Empfehlung ein Abkommen unterzeichnet, das der britischen Regierung für zwei Millionen Pfund eine Beteiligung an der in finanzielle Nöte geratenen Persian Oil Company sicherte.11 Damit wurde Öl definitiv zum strategischen Instrument nationaler Politik.

Während des Ersten Weltkriegs entwickelte sich die Versorgung mit Treibstoff zu einem zentralen Kriegsvorteil. Während Deutschland zunächst auf heimische Kohle setzte, den Ölnachschub aus Rumänien sicherte und sich später um kaukasisches Erdöl bemühte, waren die USA und der Nahe Osten die wichtigsten Erdöllieferanten der Alliierten.12 Aber nicht nur die Kriegsmaschinerie war auf das schwarze Gold angewie-sen, auch die Industrie verarbeitete Erdöl, das unter den Voraussetzungen des Kriegs zunehmend schwierig zu beschaffen war. Unter diesen Voraussetzungen kam es in der Schweiz zu einem korporativen Regulierungsregime, in dem sich staatliche und wirtschaftliche Akteure zusammenfanden. Das Land bezog Erdölprodukte zunächst hauptsächlich von Standard Oil, die in der Schweiz bereits 1893 eine Niederlassung gegründet hatte: die Esso Schweiz. An zweiter Stelle stand Shell, eine Tochtergesell-schaft der Royal Dutch/Shell-Gruppe (ab 1949 Shell Switzerland), deren Produkte über die Lumina SA in Genf vertrieben wurden.13 Eine Kohlekrise vor und während des Krieges gab den Ausschlag, erste Ansätze einer bundesstaatlichen Energiepolitik zu formulieren; 1916 sah sich der Bund gezwungen, wegen des stark gestiegenen Öl-preises die Einfuhr von Petroleum und Benzin unter staatliches Monopol zu stellen und die Preise festzusetzen. Als versorgungspolitische Handlung führten Bund und Kantone sogenannte ,Brennstoffämter‘ ein, die die Energieträger zu bewirtschaften und die Landesversorgung zu sichern hatten.14

Auch auf privatwirtschaftlicher Seite wurden nun regulierende Maßnahmen ergrif-fen. Die prekäre Versorgungslage der Schweiz veranlasste Vertreter der Maschinenin-dustrie (die Schaffhauser Eisen- und Stahlwerke Georg Fischer und die Winterthurer Sulzer AG), beim Geologen Arnold Heim eine Studie zu möglichen Erdölvorkommen in der Schweiz in Auftrag zu geben. Heim hatte bei seinem Vater Albert Heim – unter dessen Einfluss die Theorie der Platten-Tektonik im 19. Jahrhundert an Bedeutung ge-wonnen hatte – an der ETH Zürich Geologie studiert und war nach seiner Habilitation als Dozent und unabhängiger Forscher tätig.15 In der Schweiz hatte er insbesondere die Gesteinsformationen am Säntis studiert, wo er 1907 erstmals fremdartige Gesteins-schichten im Flysch entdeckte und an diesen so genannten Überschiebungsklippen die Theorie tektonischer Decken exemplifizierte.16 Später reiste er durch verschiedene Länder und Erdteile, sammelte Daten, verfasste Reisebücher und führte Auftragsar-beiten für Erdöl- und Erzgesellschaften aus.17 Mit diesem Wissen, das globale geolo-gische Zusammenhänge und die Spezifik der Schweizer Voralpen vereinte, war Heim prädestiniert für eine petroleumgeologische Expertise im Alpenland. Im Juli 1917 legte er in zwei Teilen seine Studie Die Aussichten der Erdölgewinnung in der Schweiz

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vor und nach dem Krieg publizierte er die wichtigsten Resultate zusammen mit dem Chemiker Adolf Hartmann unter dem Titel Untersuchungen über die petrolführende Molasse der Schweiz.18

Ein akademisches Gutachten und ein Verein von Praktikern

Heims Studie legte den Grundstein für die Engführung von Geologie, Knappheits-diskurs und Autonomiebestreben der kommenden Jahrzehnte. In der Einleitung übernahm Heim die Knappheitskriterien seiner Auftraggeber als Rechtfertigung für die Untersuchung:

Bei den gegenwärtig außerordentlich hohen und weiter steigenden Preisen des Erdöles und seiner Destillationsprodukte (Leuchtgas, Gasolin, Benzin, Leuchtöl, Schmieröl, Paraffin, Asphalt) und unserer Abhängigkeit vom kriegführenden Ausland ist die Frage brennender als je geworden, ob in der Schweiz eine Möglichkeit zur Gewinnung von Erdöl bestehe.19

Eine solche hielt Heim nicht für aussichtslos, Sondierarbeiten seien vom geologischen Standpunkt aus durchaus gerechtfertigt.

Es ist im Allgemeinen noch kaum bekannt, dass in der Schweiz reiche Ölsande vorkommen, und noch weniger, dass im Kt. Genf neben Benzin und Leuchtpetroleum Schmieröle bester Qualität in Hundert-tausenden von Tonnen in der Erde verborgen liegen. Wenn wir das Problem lösen könnten, diese Vorräte in rationeller Weise abzubauen, so wäre unser Land für einige Zeit mit den Rohprodukten der Petro-leumindustrie versorgt.20

Die grundsätzlich guten Aussichten auf eine künftige Ölförderung in der Schweiz führte Heim aber nicht nur auf die geologischen Bedingungen zurück, die einer ge-nauen Prüfung zu unterziehen seien, sondern ebenso auf das vorhandene Wissen. Es sei kaum bekannt, dass mit Ausnahme der Vereinigten Staaten wohl kein Land der Erde so viele tüchtige Petrolgeologen ausgebildet habe wie die Schweiz. Bekannt seien etwa 50 und sie seien über die ganze Erde verteilt. Erst die Notlage des Krieges gebe Anlass zu überlegen, ob sie ihre Expertise nicht auch auf „unser armes eigenes Ländchen“ anwenden könnten.21

Voraussetzung für Ölvorkommen waren erstens Ausgangsmaterial aus pflanzli-chen und tierischen Organismen, aus dem sich im so genannten Muttergestein Erdöl gebildet hatte, und zweitens poröses und durchlässiges Speichergestein (sekundäre Lagerstätte), in welches das Erdöl gewandert war und sich dort angesammelt hatte, wobei dieser Speicher gegen oben mit einem undurchlässigen Deckengestein und seitlich durch Verschiebungen und Zerstörung von Gesteinsschichten abgeschlossen sein musste.22 Heim teilte die Schweiz entsprechend in drei geologische Gebiete ein: die Alpen, das Juragebirge und die Molassezone des Mittellandes. Während die Alpen technisch als aussichtslos eingestuft werden müssten, bestehe das Juragebirge „aus den denkbar schönsten Faltungen mit herrlichen Antiklinalen“ und berge die größten Asphaltlagerstätten.23 Es handle sich dabei allerdings um primäre Lagerstätten, d.h. die Erdölvorkommen seien an Ort und Stelle oder nicht weit davon entfernt aus Or-ganismen hervorgegangen. Bohren nach Erdöl sei im Juragebirge daher aussichtslos. Das subalpine und subjurassische Molasseland biete hingegen alle Erscheinungen, die zur Erdölansammlung notwendig seien, namentlich das Vorhandensein von porösen Ölsanden und eine Abdichtung derselben durch undurchlässige tonige Schichten so-wie das Vorhandensein von Schichtfaltungen mit Antiklinalen. Die zahlreichsten und reichsten Fundstellen seien in der subjurassischen Molassezone anzutreffen, zwischen Aarau und der französischen Grenze bei Dardagny.24

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Die Studie von Arnold Heim gab nicht unmittelbar Anlass zu Ölförderunterneh-mungen, aber sie war ein wichtiges Referenzwerk, als die Rohstoff-Versorgung mit der globalen Wirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre erneut zum Thema wurde. Seit den späten 1920er Jahren bemühte sich der Bund, die Einfuhr von Erdöl zu regeln. 1932 beschränkte er den Benzinmarkt im Rahmen seiner Kontingentierungspolitik und im selben Jahr schuf er eine neue Regulierungsinstanz: die Schweizerische Zen-tralstelle für die Einfuhr flüssiger Treib- und Brennstoffe Carbura.25 Im Kontext der prekären Landesversorgung sollte sie eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Rohstoffen sicherstellen. Die Carbura überwachte die Kontingente und erteilte die Einfuhrbewilligungen für Erdöl. Eine Mitgliedschaft war zwingend für alle, die Erdöl in die Schweiz importieren wollten.

Auch auf Seiten der geologischen Experten wurde die Erdölfrage wieder virulent, insbesondere weil zahlreiche Schweizer Erdölgeologen in die Heimat zurückkehrten, nachdem ihre Anstellungen bei ausländischen Firmen aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Lage prekär geworden waren. Am 7. September 1934 trafen sich anlässlich einer Tagung der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft eine Anzahl Petro-leumgeologen im Restaurant Schmidstube in Zürich und gründeten die Vereinigung schweizerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure (VSP). Initiator und Gründungspräsident war Joseph Kopp, der seine Erdölkenntnisse von 1926 bis 1929 bei Shell in Sumatra erworben hatte und nach seiner Rückkehr in Ebikon bei Luzern ein Beratungsbüro für Grundwasser und Bodenschätze betrieb. Das Initiativkomitee bestand außerdem aus Walter Staub, Privatdozent für Geologie an der ETH Zürich, der seine Erdölerfahrung einer Anstellung bei Shell in Borneo verdankte, Ernst Frei, der für Shell in Mexiko gearbeitet hatte und nach einem weiteren Kontrakt bei Shell in Sumatra und Java 1933 in die Schweiz zurückgekehrt war, dem Zürcher Bauingenieur Heinrich Brupbacher sowie Werner Tappolet aus Genf, der in den 1930er Jahren im Auftrag von Shell als Fotogeologe in Mexiko tätig war und später im Dienst verschie-dener amerikanischer Erdölkonzerne in den Vereinigten Staaten gearbeitet hatte.26 Es war eine Schicksalsgemeinschaft von abenteuerlustigen Praktikern, die aus allen Weltregionen zurückgekehrt war.

Nostalgie oder Politik?

Über Sinn und Zweck der Vereinigung gingen die Ansichten auseinander. Im Bulletin, das die Vereinigung ab 1935 herausgab, nannte man als Ziel „die Fühlungnahme der aus dem Ausland zurückkehrenden Petroleumgeologen etwas enger zu gestalten“ und mitzuhelfen, „dass der Zurückkehrende sich auch in der Heimat über geologische und technische Fragen der Petroleumgeologie auf dem Laufenden halten kann“.27 Das schien ein Kompromiss zu sein, denn die prominenten Shell-Geologen und VSP-Mit-glieder Hans Thalmann und Ernst Kündig formulierten den Zweck lakonisch als „gegenseitige berufliche Förderung im Zeichen freundschaftlicher Verbundenheit“.28 Ganz anderer Meinung war der Gründungspräsident Joseph Kopp, der die VSP als „Arbeitsgemeinschaft zur Lösung der Schweizerischen Erdölfrage“ definierte.29 Er wollte die Schweizer Behörden von der Notwendigkeit einer aktiven Erdölforschung mit Hilfe von Bundesgeldern überzeugen. Dabei verstand er es, geologisches Wissen profitabel in die Rede über Knappheit und nationale Versorgungssicherheit einzu-bringen.

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Unermüdlich verglich er zu diesem Zweck Erdölexplorationen im Ausland mit den Gegebenheiten in der Schweiz. In den diktatorisch regierten Nachbarländern seien die Petroleumaufschlussarbeiten zum Teil durch Millionenzuschüsse an Ex-plorationsbohrungen (Deutschland, Italien), zum Teil durch vorteilhafte gesetzliche Bestimmungen (Österreich) begünstigt worden, so Kopp. Diese staatliche Förderung der Petroleumindustrie sei wohl nicht zuletzt aus kriegswirtschaftlichen Erwägungen erfolgt; angesichts der gewaltigen Bedeutung des Petroleums in einem zukünftigen Krieg suche jedes Land eine möglichst unabhängige Petroleumwirtschaft sicherzu-stellen.30 Neben dem Szenario möglicher Rohstoff-Verknappung war der geologi-sche Analogieschluss zentral bei der Öffentlichkeitsarbeit. Am 17. Januar 1935 hielt Kopp in der Naturforschenden Gesellschaft Freiburg einen Lichtbildervortrag über „Petrolgeologische Expeditionen in Sumatra mit Mitteilungen über die Petrolfrage der Schweiz unter besonderer Berücksichtigung des Kantons Freiburg“.31 Während die drohende Verknappung von Erdöl unmittelbar mit der Lage der Nation zu tun hatte, kannten die in Jahrmillionen verschobenen Sedimentschichten keine staatlichen Grenzen. In Südostasien gemachte Beobachtungen ließen direkte Vergleiche mit dem Kanton Freiburg zu.

Die Engführung von drohender Knappheit und geologischer Analogie veranlasste das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, bei der Eidgenössischen Zentral-stelle für Arbeitsbeschaffung 1935 eine geotechnische Beratungsstelle einzurichten. Das Unterfangen war von Paul Niggli, Professor an der ETH Zürich und Präsident der Schweizerischen Geotechnischen Kommission, maßgeblich unterstützt wor-den. Die Beratungsstelle ernannte eine Expertenkommission für Erdölfragen (die Petroleum-Expertenkommission PEK), die sich aus sieben Erdölgeologen mit Aus-landerfahrung zusammensetzte. Sie erhielt von der Stelle für Arbeitsbeschaffung einen Kredit von 22.500 Franken für die Beschäftigung arbeitsloser Geologen, Ingenieure und Arbeiter.32

Diese Petroleum-Expertenkommission führte rund vier Jahre lang in der West-schweiz, am Jura- und am Alpenrand Forschungsarbeiten durch. Es waren allerdings nicht alle Beteiligten von der Suche nach helvetischem Erdöl so beseelt wie Joseph Kopp, wie sich an den Beratungen der Expertenkommission herausstellte. Ein Mit-glied erklärte schon in der ersten Sitzung: „Jeder Franken, der für die Erdölforschung in der Schweiz ausgegeben wird, ist weggeworfenes Geld.“ Auch der Präsident der Expertenkommission, Henri Lagotala, soll dem Vernehmen nach gesagt haben: „Erd-öl in der Schweiz zu suchen, wäre ein wirkliches Abenteuer.“33 Nach Abschluss der Arbeiten veröffentlichte Paul Niggli einen Bericht, aus dem hervorging, dass die Mehrzahl der Mitglieder die Möglichkeit von abbaubarem Erdölvorkommen nicht günstig beurteilte.34 Betreffend gewinnbarem Erdöl in der subalpinen Molasse herrschte also durchwegs Pessimismus; drei Mitglieder hielten immerhin verwertbare Gase für möglich. Trotz dieser Einschätzung wurden Bohrungen zur endgültigen Abklärung von Erdöl- und Gashöffigkeit als wünschenswert erachtet. Solche Ver-suchsbohrungen müssten allerdings, wie die NZZ am 26. April 1939 in einem Bericht schrieb, der Privatinitiative überlassen werden, wobei „ausdrücklich auf das Risiko aufmerksam zu machen“ sei.35

Die Geologen der VSP waren mit dem Bericht der Expertenkommission nicht ein-verstanden. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Erschließung von Erdölvorkommen liege es nicht im Landesinteresse, wenn private Unternehmen durch von amtlichen

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Stellen ausgehende und nicht hinlänglich begründete Warnungen vor dem Risiko abgeschreckt würden, so Kopp.36 Die Praktiker warfen der von einem Akademiker geleiteten Expertenkommission übersteigerte Vorsicht und fehlende Aussagekraft vor. Dass die sieben Erdölexperten zu einer einheitlichen Beurteilung gelangen würden, sei von vornherein nicht zu erwarten gewesen, so die VSP in einem Pressebericht. Man hielt fest, dass die effektive Mehrzahl der Experten (vier) das Vorkommen ausbeutbaren Erdöls wenigstens für möglich (wenn auch wenig wahrscheinlich) hält und Bohrungen für wünschenswert (ein Beweis ihrer Unsicherheit) erachtet – was aber schließlich nichts anderes heißt, als dass die Frage betreffend ausbeutbarer Erdöllager in der Schweiz heute noch ebensowenig abgeklärt ist wie vor der Untersuchung durch die Experten.

Das Urteil der Kommission könne nicht als definitiv gelten, solange die Abklärung durch Bohrungen noch nicht erfolgt ist, d.h. solange die Nichtexistenz von aus-beutbaren Ölvorkommen nicht nachgewiesen ist durch einen deutlichen Misserfolg einer genügenden Anzahl Bohrungen, die an geeigneter und ausschlaggebender Stelle und in bohrtechnisch einwandfreier Weise bis in die entscheidende Tiefe niedergebracht worden sind.37

Dass man diese nun der privaten Initiative überlassen wolle, die man zudem noch unnötig abschrecke, hielt die VSP für kontraproduktiv. Auch Arnold Heim äußerte sich weiterhin wohlwollend zur Frage des Petroleumvorkommens in der Schweiz. Bohrungen wie diejenige bei Tuggen am oberen Zürichsee seien zwar nicht erfolgreich gewesen, der Grund dafür sei aber, dass sie nicht ausreichend professionell durchge-führt worden seien, was zu Fehlschlüssen geführt habe.38

Bohren statt diskutieren

Diesen Optimismus teilten auch ausländische Ölgesellschaften. Bereits 1912 hatte die Deutsche Erdöl AG bei Chavornay im Kanton Waadt zwei Bohrungen von 246 und 202 Metern Tiefe abgeteuft, die allerdings „geologisch sehr ungünstig angesetzt worden“ seien, wie Kopp festhielt.39 Mitte der 1930er Jahre wurde vom belgischen Erdölindustriellen J.G. Vingerhoets erneut ein Anlauf genommen, diesmal mit einer Tiefbohrung. Die Vergabe von Förderkonzessionen oblag in der Schweiz den Kanto-nen, die das Verfügungsrecht über die ungehobenen Bodenschätze auf ihrem Terrain hatten (kantonales Bergregal).

1935 gründete Vingerhoets in Lausanne unter dem Namen Forages Petroles et Gaz (Fopega) eine Aktiengesellschaft, die bei der Regierung des Kantons Waadt die Konzession für Erdölgewinnung erhielt und in Basel und Lausanne zwei Tochterge-sellschaften errichtete. Vingerhoets war nicht irgendein an Forschung interessierter Geologe, sondern Mittelsmann im Auftrag internationaler Erdölfirmen und Staaten und ein Spekulant mit ,wildcatter‘-Reputation.40 Joseph Kopp warnte in einem Schrei-ben an den Bundesrat vor einer Zusammenarbeit mit Vingerhoets. Nach persönlichen Erkundigungen erscheine eine Begünstigung des ausländischen Petroleumindustriellen „von Seite hoher Militärpersonen als sehr gewagt“.41 Kopp verfolgte dabei allerdings auch persönliche Ziele, hielt er doch selber Konzessionen in verschiedenen Kantonen, von denen er beabsichtigte, Gebrauch zu machen.

Von Seiten des Bundes und der waadtländischen Kantonsregierung wurden gegen die Zusammenarbeit der Société Anonyme des Hydrocarbures (SAdH) mit Vinger-hoets kaum Einwände erhoben, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Waren die Kantone an der Vergabe von Konzessionen und den damit verbundenen Einnahmen

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interessiert, interessierte sich der Bund zu diesem Zeitpunkt kaum für die Frage der Exploration im eigenen Land und überließ diese den Kantonen bzw. den privaten Unternehmen. Folgerichtig erstellte 1936 die Fopega bei Cuarny, unweit einer von Arnold Heim bereits während des Ersten Weltkriegs als aussichtsreich bezeichneten Stelle, einen Bohrturm. Als geologischer Gutachter amtete der holländische Erdöl-geologe W.A.J.M. Waterschoot van der Gracht.42 Er stammte aus einer patrizischen Amsterdamer Familie, hatte in unterschiedlichen Erdteilen geologische Expertisen erstellt – von Rumänien über Spanien, Indonesien, Süd- und Ostafrika bis Patago-nien – und für verschiedene Ölgesellschaften gearbeitet und beriet die holländische Regierung als Generalinspektor für Bergbau. Einen prestigeträchtigeren Experten hätte die Fopega kaum engagieren können. Bei der VSP sorgte die Bohrtätigkeit bei Cuarny allerdings für Unruhe. Auf einmal schien sich ein ausländisches Unterneh-men einen Wissensvorsprung zu sichern, denn effizienter als alles erfahrungsbasierte Beobachten von Gesteinsformationen war immer noch der Tatbeweis einer Tiefboh-rung. Die Frage war einzig, ob eine solche Bohrung Privatsache investitionsfreudiger Industrieller sein sollte oder ob sich der geologische Einflussbereich auch über die Amtsstuben hinaus in die Tiefe erstreckte.

Während sich die Erdölgeologen auf nationaler Ebene organisiert hatten und hier einigen Einfluss genossen, führte das kantonale Bergrecht dazu, dass die Vergabe von Förderkonzessionen sich nationalstaatlicher Koordination entzog und der konkrete technische Aspekt der Erdölfrage an private Organisationen übertragen werden konnte – aus Geologensicht eine unhaltbare Situation. Kopp vereinbarte umgehend eine Un-terredung mit Bundesrat Philipp Etter, der sich allerdings gegen eine Vereinheitlichung des Bergrechtes in der Schweiz aussprach; die Bergbau-Gesetzgebung müsse bei den Kantonen verbleiben. So blieb den Schweizer Erdölexperten nur die Beurteilung aus der Distanz und sie waren auf die Berichterstattung Dritter angewiesen. Am 7. Februar 1937 brachten die Basler Nachrichten einen Bericht über die Bohrung, gemäß dem in einer Bohrtiefe von 880 Metern starke Gasausströmungen beobachtet worden waren, woraus man schloss, dass sich die Arbeiten der entscheidenden Phase näherten.43

Um mehr über das Vorhaben bei Cuarny zu erfahren, lud die VSP Waterschoot van der Gracht ein, seine Auffassung über das Erdölproblem der Schweiz in einem Artikel für das Bulletin darzulegen; eine Einladung, der der holländische Geologe am 16. Juni 1938 nachkam. Er verglich die Situation in der Westschweiz mit dem „tektonisch ziemlich verwandten, aber wahrscheinlich viel mehr verwickelten nörd-lichen Karpathenrand“, wobei es bei den zwei Bohrungen lediglich darum gehe, die Möglichkeit von Erdölvorkommen systematisch mit den besten Technologien zu prüfen. Seine Auftraggeber seien sich des großen Risikos derartiger Bohrungen in einem neuen Gebiet bewusst.

Es sind aber Männer, die den Mut haben, derartiges Risiko auf sich zu nehmen in der Erkenntnis, dass ohne solchen Mut nie ein möglicherweise vorhandenes neues Ölfeld aufgeschlossen werden kann. Sie wissen auch aus Erfahrung, dass, wo in geologisch geeignetem Gelände derartig gehäufte Anzeichen auf-treten, fast immer früher oder später bauwürdige Erdöllagerstätten erschlossen werden (Wiener Becken!).44

Die Bohrung bei Cuarny oberhalb Yverdon erreichte schließlich 2.220 Meter Tiefe, wobei man in der Molasse auf Ölspuren stieß. Zu einer Förderung kam es angesichts der komplizierten geologischen Verhältnisse allerdings nicht. Die zweite Bohrung bei Servion im Broyetal musste in den Molasseschichten in 1.435 Metern Tiefe wegen finanzieller und technischer Schwierigkeiten aufgegeben werden.45

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Horten statt fördern

Die Bohrung bei Cuarny hatte gezeigt, dass es für die Erdölgeologen kaum aussichts-reich war, einen Austausch von Wissen über private Bohrunternehmen zu verwirkli-chen. Gegen Ende 1938, mit der sich verdüsternden politischen Situation in Europa, boten sich die Infrastruktur für nationale Kriegswirtschaft und das Argument der prekären Versorgungslage an, eine neue Initiative zu lancieren. Am 12. Dezember 1938 schlug die VSP dem Beauftragten für Kriegswirtschaft vor, „an die nördlich der Alpen gelegenen Kantone ein Zirkular zu senden mit dem Ersuchen, es möchte bei Verleihung von Erdölkonzessionen zur Bedingung gemacht werden, dass von den Bewerbern schweizerische Erdölfachleute als Berater hinzugezogen werden müssen“.46 Die Antwort lautete, dass es zweckmäßiger sei, wenn der Verband direkt an die Kantone gelange. Auf Bundesebene beurteilte man die Frage nach schweizerischem Erdöl wei-terhin defensiv, eine Haltung, die mit den Aspirationen der VSP kollidierte. In einem ausführlichen Antwortschreiben verknüpfte deren Vorstand das Szenario möglicher Rohstoff-Knappheit mit dem Argument der Ineffizienz, wenn Bohrungen ausländi-schen Unternehmen überlassen und die Resultate nicht wissenschaftlich ausgewertet würden. Die VSP war zwar damit einverstanden, dass man den Konzessionären in der Auswahl ihrer Fachleute und Mitarbeiter eine gewisse Freiheit lassen sollte, „jedoch mit der wichtigen Einschränkung, dass ein vorgeschriebener Prozentsatz desselben aus schweizerischen Fachleuten bestehe“. Nur so könne sichergestellt werden, dass nicht nur im Interesse des Konzessionärs, sondern auch im Interesse des Staates alles getan werde zur zweckmäßigen Verwendung der aufgewendeten Mittel.47

Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit leitete die Intervention des VSP an die Eidgenössische Zentralstelle für Arbeitsbeschaffung weiter, die die Sache ein gehend prüfte und das Volkswirtschaftsdepartement schließlich dazu veranlasste, am 17. April 1939 ein Kreisschreiben an die Kantonsregierungen zu richten. Darin distanzierte sich der Bund unmissverständlich von der Erdöleuphorie und warnte vor voreiligen Investitionen. „Ähnlich wie während des Weltkrieges sind heute Bestrebun-gen im Gange, die auf die Ausbeutung mineralischer Rohstoffe hinzielen“, hieß es darin.

So sehr der Staat ein Interesse hat, die Erschließung und die Ausbeutung der einheimischen Lagerstätten mineralischer Rohstoffe zu fördern und insbesondere deren Abbauwürdigkeit durch geologische und bergwirtschaftliche Untersuchungen klarzustellen, so hat er auf der andern Seite auch die Pflicht, nach Möglichkeit dafür zu sorgen, dass für solche Bestrebungen keine Mittel nutzlos oder in unzweckmäßiger Weise aufgewendet werden.

Da die von der geotechnischen Kommission der Naturforschenden Gesellschaft vorgelegte Studie die Mehrzahl der Lagerstätten als nicht abbauwürdig eingestuft habe, liege es dem Bund fern, zu vermehrtem Bergbau aufzumuntern: „Wir möch-ten im Gegenteil darauf aufmerksam machen, dass die schweizerischen Lagerstätten nur in Ausnahmefällen ausgebeutet werden können, und möchten verhindern, dass schweizerisches Kapital für aussichtslose Unternehmungen eingesetzt wird.“48

Das Rundschreiben an die Kantone nahm zwar explizit Bezug auf die von der VSP geforderten Punkte, machte andererseits aber klar, dass man in Bern die Pe-troleumgeologie nicht unter kriegswirtschaftlichem Aspekt sah. Ganz im Gegen-teil zu den Mitgliedern der VSP, die eine mögliche Knappheit zu ihren Gunsten auszulegen versuchten und das Thema ab 1939 mit Pressemitteilung und eigenen Artikeln popularisierten. So erschien am 19. Januar 1939 ein Artikel im Express mit

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dem Titel „Les recherches de pétrole en Suisse“, dessen Ziel durch die fettgedruckten Schlagzeilen unmissverständlich klargemacht wurde: „Aspects méconnus pour ne pas dire ignorés de notre défense nationale! [...] Utilisons nos géologues suisses! Hâ-tons-nous d’élaborer une législation minière!“49 Um die innenpolitische Wichtigkeit der Erdölfrage zu unterstreichen, zitierte die VSP gern auch die Einschätzung von im Ausland arbeitenden Kollegen. So soll ein Schweizer Erdölgeologe aus den USA geschrieben haben: „Es ist meine feste Überzeugung, dass eine planmäßige Suche in der Schweiz kommerziell produzierende Ölfelder zutage fördern würde.“ Und ein anderer Schweizer wurde mit der Aussage zitiert: „Wir sind in der Erdölerschließung sehr rückständig; wenn die Erdöl- und Gas-Anzeichen, die wir in der Schweiz haben, im hintersten Erdenwinkel, und sei es in Zentralpapua, gefunden würden, so hätten die Petrolgesellschaften schon Millionen für Bohrungen ausgegeben.“50

Während die Erdölgeologen ihr Projekt als Teil der Landesverteidigung lancierten, hatte der Bund eher das Horten als das Fördern im Sinn. Bereits 1937 hatte der Bundes-rat eine Botschaft über die Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern erlassen und am 1. April 1938 wurde die Pflichtlagerhaltung von Brenn- und Treibstoffen gesetzlich verankert.51 Mitte 1939 schuf der Bund als Teil des Eidgenössi-schen Volkswirtschaftsdepartements das Kriegs-, Industrie- und Arbeitsamt (KIAA), das sich um Rohstoffe zuhanden von Industrie und Gewerbe bemühen sollte. Das KIAA vereinbarte mit der Carbura, ein erstes Benzinpflichtlager von 50.000 Tonnen anzulegen. Ein Teil davon sollte in Bundesanlagen gespeichert werden, zu diesem Zweck wurde der Bau von Tanks im Umfang von 65.000 Kubikmetern bis Ende 1940 geplant.52 Im Dezember 1939, nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, entschied der Bundesrat, die Carbura durch ein kriegswirtschaftliches Syndikat zur Einfuhr von flüssigen Treibstoffen abzulösen: die Petrola. Ihre Aufgabe war es, die Importe von Erdöl zu koordinieren. Alle Importprodukte gelangten über die Petrola an den Großhandel und von dort in den Verbrauch, wobei der Handel auf einem Rationie-rungssystem beruhte; ohne Vorweisen eines Rationierungsausweises auf Basis eines monatlichen Verbrauchsbudgets wurde keine Ware ausgegeben.53

Bald zeigte sich jedoch, dass die Vorkriegsmenge von drei Millionen Fass Öl pro Jahr nicht mehr beschafft werden konnte. Die Importe gingen drastisch zurück und erreichten 1944 einen Tiefpunkt bei 180.000 Fass.54 Nachdem 1940 die Importe aus Übersee zum Erliegen gekommen waren, fiel Ende August 1944 mit Rumänien auch der letzte Lieferstaat weg.55 Die dramatische Treibstoffknappheit zwang Bund und Kantone dazu, den Verbrauch von Brenn- und Treibstoffen zu rationieren und mit konkreten Verordnungen zu vermindern: Lastwagen wurden mit Holzvergasern ausgerüstet, Benzin vermischte man mit aus Holz gewonnenem Alkohol oder er-setzte es mit Gemischen und Private erhielten kaum mehr Benzin.56 Die Devise hieß: reduzieren, regenerieren und substituieren.57 Angesichts der kriegswirtschaftlichen Bedeutung des Erdöls verstummten nun auch die pessimistischen Stimmen des Bun-des. Notwendige Explorationen wurden fortan – wenn auch nur moralisch und nicht finanziell – unterstützt, trotz des zurückhaltenden geologischen Gutachtens, das vor dem Krieg erstellt worden war.58

Mit dem wachsenden Brenn- und Treibstoffverbrauch nach dem Zweiten Welt-krieg und den Nationalisierungsbestrebungen der ölexportierenden Staaten, aber auch mit dem Wissen um das zunehmend freie Kapital wurde die Vorkriegsexpertise der Erdöl-Kommission revidiert, die pessimistischen Aussichten wurden gemildert.

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Das rief internationale Erdölgesellschaften auf den Plan. Bereits 1947 bekundete die Royal Dutch/Shell Interesse für Sondierungen. Es kam zu Unterhandlungen mit der schweizerischen Studiengesellschaft zur Nutzbarmachung von Erzlagerstätten mit dem Ziel eines gemeinsamen Konzessionserwerbs bei einer Reihe von Kantonen. Wegen Meinungsverschiedenheiten wurde der Plan allerdings wieder aufgegeben. Am 2. Mai 1951 gelangte Shell Switzerland schließlich an eine Reihe von Kantonsregierungen, um die Konzessionen für die Exploration von Erdöl und Erdgas zu erhalten. Das Ansinnen wirkte ansteckend. Anfang der 1950er Jahre wurden über 15 neue Konzessionsgesuche eingereicht. Unter den Gesuchstellern befanden sich neben der Shell und schweize-rischen Interessenten auch englische, amerikanische und deutsche Gesellschaften.59

Regulierungsbemühungen

Hatte sich der Bund abgesehen von regulatorischen Eingriffen während der Weltkriege bisher geweigert, in der Erdölfrage legislative oder koordinierende Maßnahmen zu ergreifen, so änderte sich dies im Kontext des Kalten Krieges. In den 1950er Jahren wurden die nationale Versorgungssicherheit und die nationale Hoheit über die Res-sourcen auf Bundesebene virulent. Am 28. November 1952 ging ein Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen, in dem diese darauf aufmerksam gemacht wurden, dass durch die Erteilung von Konzessionen die äußere Sicherheit sowie die Behauptung der Unabhängigkeit und Neutralität des Landes nicht gefährdet werden dürfen. Die Kantone wurden eingeladen, alle Konzessionen über die Schürfung und Ausbeutung von Erdöl im Entwurf dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement zu unterbreiten, damit der Bundesrat dazu Stellung nehmen könne. Des Weiteren wurde empfohlen, an ausländische Staaten sowie an Gesellschaften, an denen ausländische Staaten mehrheitlich beteiligt waren, keine Konzessionen zu erteilen; grundsätzlich seien auch Konzessionen an ausländische Gesellschaften anderer Art unerwünscht. Das Kreisschreiben berief sich auf Artikel 102, Ziffer 9 der Bundesverfassung, wonach dem Bundesrat die Wahrung der äußeren Sicherheit und der Unabhängigkeit und Neutralität des Landes oblag.60 Die Abwehr ausländischer Konkurrenz war an einem Höhepunkt angelangt.

Obwohl dem Bund, wie er selber feststellte, über diesen Artikel hinaus keine Kom-petenzen zustanden, legte er den Kantonen dringend nahe, den gesamtschweizerischen Gesichtspunkten bei der Behandlung der Erdölangelegenheit nach Kräften Rechnung zu tragen. Wichtig sei diesbezüglich, dass die Frage der Erdölvorkommen möglichst abschließend beantwortet werde:

Dies ist vor allem auch unter politischen und militärisch-strategischen Gesichtspunkten von gewisser Be-deutung. Sollte sich z.B. auf Grund zuverlässiger fachmännischer und auf breiter Grundlage durchgeführter Untersuchungen ein für alle Mal und einwandfrei ergeben, dass in der Schweiz mit praktischer Gewissheit kein Erdöl zu finden ist, so könnte damit eine allfällige Gefahrenquelle in künftigen internationalen Ent-wicklungen ausgeschaltet werden.61

Wo keine Rohstoffe vorhanden sind, ist auch nicht mit imperialen Gelüsten zu rech-nen. Denn aus politischer und militärstrategischer Perspektive wären Erdölvorkommen von Nachteil: „Wenn man bedenkt, dass das Erdöl nicht nur heute, sondern wohl auch in der Zukunft von großer politischer und militärischer Bedeutung ist, müsste man mit neuen Risiken und Gefährdungen unserer Unabhängigkeit, namentlich im Kriegsfall, rechnen.“62 Erklärtes Ziel der Suche nach schweizerischem Erdöl war nicht

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mehr lediglich, das Knappheitsproblem zu bekämpfen und die materielle Unabhän-gigkeit der Schweiz zu sichern (Autarkiegedanke), sondern ebenso, einen möglichen Überschuss auszuschließen und damit die politische Unabhängigkeit zu garantieren.

In industriellen Kreisen versuchte man nun aufgrund des gestiegenen Interesses ausländischer Gesellschaften die Kräfte zu bündeln. 1953 gründeten Vertreter der Schweizer Industrie zusammen mit einigen Banken das Schweizerische Konsortium für Erdölforschung, dessen Ziel eine strikt schweizerische Erdölexploration war.63 1955/1956 traten zudem neun Kantone der Nordostschweiz einem Erdölkonkordat bei, das die Suche nach Erdöl und Erdgas sowie die Nutzungs- und Konzessions-bestimmungen zumindest in einem Teilgebiet vereinheitlichte. Mit dem Konkordat wurde ein zusammenhängendes Erdölgebiet geschaffen und die betreffenden Kantone verpflichteten sich zu einem gemeinsamen Vorgehen, um eine „bestmögliche Er-schließung allfälliger Erdölvorkommen sicherzustellen“.64 Insbesondere sollten gleich-lautende Schürf- und Ausbeutungskonzessionen für Erdöl erteilt und die gleichen Konzessionäre berücksichtigt werden. Ebenfalls 1956 wurde eine Aktiengesellschaft für Schweizerisches Erdöl ins Leben gerufen: die SEAG. Sie hatte ein Startkapital von sechs Millionen Schweizer Franken.65

Während auf privater Seite die Karten verteilt wurden, versuchte der Bund weiter-hin, die Interessen der Nation sicherzustellen. Ende 1957 nahmen das Politische De-partement, das Justiz- und Polizeidepartement, das Militärdepartement, das Finanz- und Zolldepartement sowie das Post- und Eisenbahndepartement Stellung zur Frage einer bundesrechtlichen Ordnung der Erdölschürfung. Es wurde vorgeschlagen, das kantonale Bergrecht zwar zu erhalten, dem Bund aber in einem Verfassungsartikel die Oberaufsicht zu übertragen und ihm die Kompetenz zu übertragen, im öffentlichen Interesse bestimmte Vorschriften zu erlassen. Dem Politischen Departement wäre es gar am liebsten gewesen, die Bergbauhoheit ganz dem Bund zu überantworten.66 Im selben Jahr betonte Otto Zipfel, Delegierter für Arbeitsbeschaffung und wirt-schaftliche Landesverteidigung, in einem Schreiben an Bundesrat Petitpierre, dass die „Erforschung unseres Bodens aus allgemein wirtschaftlichen und insbesondere aus kriegswirtschaftlichen Gründen notwendig ist“.67

Warum traten 1958 in der Schweiz erneut Selbstversorgungs- und Unabhängigkeits-erwägungen in den Vordergrund – zu einer Zeit, als die Preise für Erdöl vom Trend der übrigen Lebenshaltungskosten abgekoppelt wurden und also massiv sanken und sich mit Ausnahme einiger Weniger die Geologen einig waren, dass Öl auf absehbare Zeit nicht knapp werden würde? Was erzeugte in dieser Konstellation den Selbstversor-gungswunsch, der letztlich dazu führte, dass in den 1960er Jahren so viele Bohrungen abgeteuft wurden wie nie zuvor? 1958 deckte die Schweiz bereits 42 Prozent ihres Bruttoenergieverbrauchs mit Erdölprodukten, während die Kohle noch einen Anteil von 27 Prozent hatte. Dies allein reicht als Grund allerdings kaum aus zu erklären, weshalb die Schweiz sich erneut auf nationale Interessen besann, umso mehr, als sie als kaufkräftiges Land es sich hätte leisten können, den Rohstoff zu importieren. War man noch 1952 von fehlenden Erdölvorkommen als potenziellem Grund für eine Nichtinvasion fremder Mächte überzeugt, rückten nun stärker Unabhängig-keitsanliegen in den Vordergrund. Es waren geopolitische Verschiebungen, die noch einmal den Topos der Knappheit zur Geltung brachten. 1963 ließ der Tages-Anzeiger verlauten, dass man in der Versorgung mit Erdöl „auf Tod und Gedeih“ vom Ausland abhängig sei, eine Abhängigkeit, die 1956 drastisch vor Augen geführt worden sei.68

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Die Suezkrise und ein Erdölrausch mit neuen Technologien

Es waren die Ereignisse rund um den Suezkanal, einer der Hauptverkehrsadern für den Erdöltransport aus dem Nahen Osten nach Westeuropa, die die Suche nach Erdöl im Schweizer Untergrund nochmals antrieben. 1957 schrieb der Zürcher Rechtsanwalt und Präsident des Schweizerischen Konsortiums für Erdölforschung Werner Niederer nach Bern, dass Konflikte um das Erdöl nicht selten zu machtpolitischen Auseinan-dersetzungen führten.69 Mit Verweis auf den Militärputsch im Iran von 1953 zeigte er sich davon überzeugt, dass, wenn es einem Land gelänge, seine Erdölindustrie mit eigenen Mitteln aufzubauen und in der Hand zu behalten, die Gefahr ausländischer Einmischung wesentlich verringert werden könnte. Für das Konsortium stellte sich die Tatsache, dass die Schweiz 70 Prozent ihres Energiebedarfs importieren musste, „angesichts der Verletzlichkeit der internationalen Beziehungen und damit auch der weltwirtschaftlichen Bezugskanäle“ als drohende Abhängigkeit dar. Die Suezkrise habe diese Abhängigkeit nachdrücklich gezeigt.70

Eine Konsequenz dieser Kontrollkrise war die Gründung der Swisspetrol Holding AG im Jahr 1959. Sie bezweckte die Finanzierung der Erdöl- und Erdgasforschung und -ausbeutung mittels Übernahme und Verwaltung von Beteiligungen an in der Schweiz tätigen – auch ausländischen – Unternehmen.71 Die Holding wurde in der Erdölforschung selber nicht aktiv, sondern übernahm vor allem Koordinationsfunk-tionen und beteiligte sich an der Finanzierung regionaler Fördergesellschaften, zu denen unter anderen die SEAG gehörte.72 Der Firmengeschichte der Swisspetrol ist zu entnehmen, dass die Gesellschaft explizit unter dem Eindruck der Suezkrise entstanden sei: „Suez gab der Idee, vermehrt nach allfälligen Energiequellen im eigenen Boden Ausschau zu halten, neuen Impuls. Die Swisspetrol war damals Symbol des Willens, sich im Energiesektor aus der Abhängigkeit vom Ausland zu lösen.“73 Wenn man sich vergegenwärtigt, dass ab 1958 die Erdölpreise fielen, das Gut sich also vermehrte und nicht verringerte, erscheint die damalige Knappheitskrise als Wahrnehmungs-krise.74 Wie für die 20 Jahre später auftretende Erdölpreiskrise von 1973/1974 kann festgehalten werden: Die Schweiz war nie ernsthaft von einer Ölknappheit bedroht. Dafür war die Zeitspanne in beiden Fällen schlicht zu kurz: Von einer ernsthaften Knappheitsbedrohung konnte keine Rede sein.75

In der zweiten intensiven Phase der Suche nach Schweizerischem Erdöl ab Ende der 1950er Jahre spielte zunehmend eine Rolle, dass auch in der Schweiz neue Techniken in der Erdölexploration angewandt wurden. Zahlreiche Erdölgeologen hatten wiederholt moniert, dass die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgeteuften Bohrungen unsachgemäß durchgeführt worden seien und deshalb zu negativen Resultaten ge-führt hätten. Protagonisten wie Max Mühlberg begannen nun, neue Methoden, die sie während ihrer Auslandaufenthalte kennen und anwenden gelernt hatten, in der Schweiz zu propagieren.76 Mühlberg machte sich insbesondere für geophysikalische Methoden stark. Diese fanden in verschiedenen Teilen der Welt bereits ab den 1920er Jahren Anwendung. Denn die Erdölvorkommen waren, dies wurde nach und nach erkannt, stark von den geologischen und tektonischen Bedingungen des Untergrunds abhängig. Nun sollten neue Methoden, die sich physikalischer Eigenschaften wie Magnetismus, Dichte, Schallgeschwindigkeit oder elektrischer Widerstand bedien-ten, gezielt für die Erdölsuche fruchtbar gemacht werden. Solche geophysikalischen Neuerungen wurden durch die Weiterentwicklung technischer Apparate möglich, die

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bereits während des Ersten Weltkriegs zum Einsatz gekommen waren. Auf interna-tionaler Ebene hielt die Geophysik – wenn auch auf Experimentierbasis – sehr früh Einzug in die Erdölforschung, in der Schweiz erfolgte ihr systematischer Einsatz erst ab den 1950er Jahren.77 Nicht zuletzt begann sich damit schleichend das Berufsbild des vormals eher praktisch ausgerichteten Erdölgeologen zu verändern.

Die Möglichkeit neuer Technologien verlieh den Geologen und Investoren in der Schweiz neuen Schwung. Pessimistische Stimmen sind für diesen Zeitpunkt in den Quellen kaum noch auszumachen. Unter der Swisspetrol und ihren vorwiegend ausländischen Beteiligungsgesellschaften – das Wissen kam also weiterhin auch aus dem Ausland – wurde nun systematisch und unter Einsatz seismischer Methoden und neuer Bohrtechniken exploriert.78 Zwischen 1958 und 1966 wurden insgesamt 17 Bohrungen abgeteuft – die Hälfte der insgesamt 35 Bohrungen, die zwischen 1912 und 1989 in der Schweiz durchgeführt wurden, allein fünf davon 1960. „Noch nie waren es so viele“, berichtete das Bulletin der VSP 1961.79 Auf Bundesebene übernahm das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement fortan die Behand-lung aller Fragen der Erdölschürfung und damit auch der Pipelines. Denn auch in den folgenden Jahren (und trotz weiterer Versuche, Erdöl zu finden) gelangte der Rohstoff horizontal und nicht vertikal aus dem Untergrund in das Verteilnetz der Schweiz. Weiterhin galt, was die Action Nationale bereits im Mai 1939 vermeldet hatte: „Pas de pétrole en Suisse!“80

Schlussbemerkungen

1927 hatte Werner Sombart festgehalten, im Koksverfahren, also im Entgasen von Kohle und der Verwendung des daraus resultierenden Koks in der Verhüttung von Erzen, liege der Schlüssel für das Verständnis der modernen Zeit: „Alles, was wir Hochkapitalismus nennen, findet hier, in diesem plötzlichen Vermögenszuwachs der Menschheit, seine Erklärung.“81 Neue Richtindustrien wie die chemische Industrie, die Elektrizitäts-, die Montan- und die eisen- und stahlverarbeitende Schwerindustrie bauten allesamt auf der effizienten Verwertung von Holzkohle auf.82 Im 20. Jahr-hundert löste das Erdöl die Kohle als Inbegriff von Produktion, Leistung und Fort-schritt ab. Knappheit wurde dabei zu einem strukturierenden Thema, das von ganz unterschiedlichen Akteuren immer wieder in Anspruch genommen werden konnte.

Während des Ersten Weltkriegs waren es Industriellenkreise, die aus der Not plötz-licher Knappheit heraus eine erste geologische Expertise in Auftrag gaben. Als zahl-reiche Erdölgeologen aufgrund der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre in die Schweiz zurückkamen und sich 1934 in einer Vereinigung zusammentaten, führte die hohe Dichte von erdölgeologischem Wissen zu einem erneuten Aufflammen der Diskussion. Die Geologen nahmen das Knappheitsargument der Industrie auf und forderten vom Bund ein Engagement betreffend möglicher schweizerischer Erdöl-vorkommen. Nach der Erfahrung des Ersten Weltkriegs und der Großen Depression bedienten sich Geologen der notwendigen größtmöglichen Energieautonomie, um ihre Interessen geltend zu machen, und sie boten ihr Analogiedenken als Effizienz-garantie an: Seit dem 19. Jahrhundert wusste man, dass Antiklinalen – durch Faltung aufgrund der Plattentektonik erzeugte Aufwölbungen geschichteter Gesteine – gute Indizien waren für Erdölvorkommen. Die geotektonische Analyse sollte industrielle Fehlinvestitionen verhindern.

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Umgekehrt waren die Geologen explizit auf risikofreudige Investoren angewiesen, die mit Probebohrungen die geologische Expertise erst verifizieren konnten. Die Zu-sammenarbeit zwischen privaten Investoren und an neuen Erkenntnissen interessierten Geologen erwies sich allerdings als schwierig. Während des Zweiten Weltkriegs appel-lierten die Geologen erneut an eine staatliche Koordination der Kräfte im Zeichen der Kriegswirtschaft. Die Rohstoffknappheit des Zweiten Weltkriegs gab den Optimisten wieder Auftrieb, was bei ausländischen Erdölgesellschaften eine gewisse Risiko- und Investitionsbereitschaft weckte. Der ‚rush‘ auf kantonale Erdölkonzessionen, der Anfang der 1950er Jahre einsetze, löste beim Bund, aber auch bei den Kantonen und bei der Industrie Regulierungsbemühungen aus, die auf eine effiziente Erforschung ausgerichtet waren und die Suche nach Erdöl als nationales Unternehmen lancierten.

Als sich zahlreiche ausländische Investoren für Konzessionen interessierten und als schließlich mit der Suezkrise das Abhängigkeitsargument wieder salonfähig wurde, wurde auch der Staat aktiv. Nun wurde die Erdölfrage zunehmend unter dem Aspekt der Eigentums- und Schürfrechte diskutiert und es kamen Ängste vor einem Aus-verkauf der Heimat und ihrer Ressourcen auf. Hatte man in der Zwischenkriegszeit noch gehofft, auf Erdöl zu stoßen, so befürchteten zur Zeit des Kalten Kriegs viele, dass tatsächlich Erdöl vorhanden sein könnte und dass die Schweiz aufgrund von Energieressourcen Gegenstand imperialer Interessen werden könnte. Im Zuge der Auseinandersetzungen um helvetisches Erdöl verschoben sich nicht nur wiederholt die Demarkationslinien zwischen Apologeten und Skeptikern, Optimisten und Pessimis-ten, Industriellen und Politikern, Geologen und Kantonsregierungen. Es veränderten sich auch die Hoffnungen und Befürchtungen, die man an Erdölfunde koppelte – von möglicher Knappheit zum möglichen Vorhandensein bzw. von der Hoffnung, etwas zu finden, zur Befürchtung, etwas zu finden, was andere haben möchten.

1 Hans Knecht, Presse-Artikel über den Bericht der Geotechnischen Beratungsstelle über die Erdöl-untersuchungen in der Schweiz, Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 5 (i. e. 6), 19 (1939), 12 – 14, hier S. 12; Touring, 27.04.1939 („Y a-t-il du pétrole en Suisse?“); Neue Zürcher Zeitung, 26.04.1939 („Erdölforschungen in der Schweiz“).

2 Monika Gisler, Erdöl in der Schweiz – Eine kleine Kulturgeschichte, Zürich: Verein für wirtschafts-historische Studien 2011, S. 37.

3 Patrick H. Lahusen, Roland Wyss, Erdöl- und Erdgasexploration in der Schweiz: Ein Rückblick, Bul-letin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 62 (1995), 43 – 72, hier S. 47.

4 Niklas Luhmann, Die Wirtschaft der Gesellschaft, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1988, S. 191 (Hervorhebung im Original).

5 Luhmann, Wirtschaft (wie Anm. 4), S. 177; dazu auch Corinna R. Unger, Knappheit – Hemmnis oder Sprungbrett?, Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1 (2011), 45 – 54, hier S. 46. Im selben Band plä-diert Monika Dommann für eine Historisierung des ökonomischen Knappheitsparadigmas: Monika Dommann, Reden wir über Geld! Aber wie? Und wozu? Debatte: Das Knappheitsparadigma und die Kulturwissenschaften, Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1 (2011), 113 – 143.

6 Zur nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik Adam Tooze, Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus., München: Siedler 2007; Susanne Heim, Einleitung, in: diesel-be (Hrsg.), Autarkie und Ostexpansion: Pflanzenzucht und Agrarforschung im Nationalsozialismus, Göttingen: Wallstein 2002, S. 7 – 13.

7 Energiestatistik der Schweiz 1910 – 1985, Bulletin SEV/VSE 22 (1987), 1 – 60. 8 Daniel Yergin, The Prize: The Epic Quest for Oil, Money, and Power, New York: Simon and Schuster

1991, S. 54. 9 Yergin, Prize (wie Anm. 8), S. 230.

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10 Alison Frank, The Petroleum War of 1910: Standard Oil, Austria, and the Limits of the Multinational Corporation, The American Historical Review 114 (2009), 16 – 41, hier S. 17; Neue freie Presse, 24.09.1910 („Der Petroleumkrieg“); siehe auch Brian C. Black, Crude Reality: Petroleum in World History, Lanham: Rowman & Littlefield 2012, S. 54 ff.

11 Black, Crude Reality (wie Anm. 10), S. 60; siehe auch Yergin, Prize (wie Anm. 8), S. 150 – 153.12 Siehe Wolfgang Gründinger, Die Energiefalle. Rückblick auf das Erdölzeitalter, München: C.H. Beck

2006, S. 142.13 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 25.14 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 10. Es gab hier Parallelen zur korporatistischen Kriegswirtschaft des

Deutschen Kaiserreichs.15 Zu Schweizer Erdölpionieren, darunter Arnold Heim, vgl. Monika Gisler, Die „Swiss Gang“. Schweizer

Pioniere der Erdölforschung, Zürich: Verein für wirtschaftshistorische Studien 2014.16 Arnold Heim, Gliederung und Facies der Berrias-Valangien-Sedimente in den helvetischen Alpen,

Zürich: Zürcher u. Furrer 1907 (Separatdruck aus der Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesell-schaft Zürich, 52).

17 Rudolf Trümpy, Albert Arnold Heim, Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 265.18 ETH-Archiv, Hs 494: 32; Arnold Heim, Untersuchungen über die petrolführende Molasse der Schweiz,

Bern: A. Francke 1919.19 ETH-Archiv, Hs 494: 32, S. 3.20 ETH-Archiv, Hs 494: 32, S. 4 (Hervorhebung im Original).21 ETH-Archiv, Hs 494: 32, S. 4; vgl. auch Gisler, Pioniere (wie Anm. 15).22 Alfred Peter, Wirtschaftliche Voraussetzungen und Folgen einer schweizerischen Erdöl- und Erdgas-

förderung, Zürich: Polygraphischer Verlag 1961, S. 1.23 ETH-Archiv, Hs 494: 32, S. 6.24 ETH-Archiv, Hs 494: 32, S. 6 f.25 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 13 f.26 Peter Lehner, Zum 70. Geburtstag der VSP/ASP, Bulletin der angewandten Geologie 9 (2004), 3 – 9,

hier S. 3 f.27 Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 1 – 2, 1

(1934 – 1935), 1 (ohne Angaben von Autor und Titel).28 Lehner, VSP/ASP (wie Anm. 26), S. 5.29 Lehner, VSP/ASP (wie Anm. 26), S. 5.30 Joseph Kopp, Die Lage in den Petroleumgebieten Zentraleuropas, Bulletin der Vereinigung Schweizerischer

Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 1 – 2, 2 (1934 – 1935), 5 – 6, hier S. 5.31 Anonym, Personalnachrichten, Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeologen und

Petroleumingenieure 2 (1934 – 1935), 6.32 Anonym, Expertenkommission für Erdölforschung in der Schweiz, Bulletin der Vereinigung Schwei-

zerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 1 – 2, 5 (1934 – 1935), 4. Joseph Kopp, Erdgas und Erdöl in der Schweiz, Luzern: Räber 1955, S. 43.

33 Kopp, Erdgas (wie Anm. 32), S. 43.34 Kopp, Erdgas (wie Anm. 32), S. 44; hieraus auch das Folgende.35 Neue Zürcher Zeitung, 26.04.1939 („Erdölforschungen in der Schweiz“).36 Kopp, Erdgas (wie Anm. 32), S. 44.37 Fr. W., Zur Schweizerischen Erdölfrage, Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeologen

und Petroleumingenieure 5 (i. e. 6), 20 – 21 (1939), 2 – 8, hier S. 7 f. (Hervorhebungen im Original).38 Zitiert nach Kopp, Erdgas (wie Anm. 32), S. 45. Die Bohrung Tuggen in der Linth-Ebene war 1925

aufgrund der Prognose eines Rutengängers angesetzt worden. Sie erreichte eine Tiefe von knapp 1.700 Metern, wobei Spuren von Erdöl und Erdgas nachgewiesen werden konnten; Schweizerisches Bundesarchiv BAR, E 8190B, 1981/12, Az. 813.11 (Bundesrechtliche Ordnung der Erdölschürfung und Ausbeutung. Gutachten über die geologischen Grundlagen einer schweizerischen Erdölexploration von Prof. Dr. R.F. Rutsch, 17.05.1957).

39 BAR, E 8190B, 1981/12, Az. 813.11 (Bundesrechtliche Ordnung der Erdölschürfung und Ausbeutung. Gutachten über die geologischen Grundlagen einer schweizerischen Erdölexploration von Prof. Dr. R.F. Rutsch, 17.05.1957), S. 59.

40 Rainer Karlsch, Raymond Stokes, Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859 – 1974, München: C.H. Beck 2003, S. 171 ff.; Titus Kockel, Deutsche Ölpolitik 1928 – 1938, Berlin: Akademie Verlag 2005, S. 51.

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Lea Haller und Monika Gisler

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41 BAR, E 27, 1000/271, 09.A.05.e.1, 18860 (Brief von Kopp an Bundesrat Minger, 2.04.1935), S. 1.42 Anonym, Erdölbohrung in der Westschweiz, Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeo-

logen und Petroleumingenieure 2 (i. e. 3), 6 (1936), 4.43 Basler Nachrichten (07.02.1937).44 Willem van Waterschoot van der Gracht, Zur schweizerischen Erdölfrage, Bulletin der Vereinigung

Schweizerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 4, 15 (1938), 3 – 5, hier S. 4 f.45 Kopp, Erdgas (wie Anm. 32), S. 59.46 Ernst Frei, W. Knecht, Vorschlag der V.S.P. betreffend Verleih von Erdölkonzessionen beim Bundesamt

für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 5 (i. e. 6), 18 (1939), 1 – 4, hier S. 1.

47 Frei, Knecht, Vorschlag (wie Anm. 46), S. 2.48 Schreiben des Eidgenössischen Volksdepartements (Obrecht) an die Kantonsregierungen, 07.04.1939,

abgedruckt in Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 5 (i. e. 6), 19 (1939), 3 – 8, hier S. 3.

49 B. Wasserfallen, Les recherches des pétroles en Suisse, Express, 19.01.1939, abgedruckt in Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 5 (i. e. 6), 18 (1939), 6.

50 Knecht, Presse-Artikel (wie Anm. 1), S. 12 – 14.51 BAR, BBl 1938/14, 10 033 575 (Bundesgesetz über die Sicherstellung der Landesversorgung mit

lebenswichtigen Gütern, 01.04.1938), S. 552 – 556.52 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 14 und 17.53 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 18.54 Daniele Ganser, Ernst Reinhardt, Erdölknappheit und Mobilität in der Schweiz, Zürich: Schweizerische

Akademie der Technischen Wissenschaften 2008, S. 12. 55 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 19.56 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 17 f.57 Siehe Heinrich Egli, Kriegszeit und Schmieröl, Bulletin der Vereinigung Schweizerischer Petroleum-

geologen und Petroleumingenieure 9, 29 (1942), 6 – 9, hier S. 7; Adolf Guggenbühl, Die Notwendigkeit der schweizerischen Altstoffwirtschaft, Bern: Eidgenössische Drucksachen- und Materialzentrale 1942.

58 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 20.59 Peter, Voraussetzungen (wie Anm. 22), S. 13 f.60 BAR, BBl 1952, Bd. 3, Heft 50, 10038100 (Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen

betreffend die Erdölschürfung und -ausbeutung in der Schweiz, 28.11.1952), S. 677 f.61 BAR, BBl 1952, Bd. 3, Heft 50, 10038100 (Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen be-

treffend die Erdölschürfung und -ausbeutung in der Schweiz, 28.11.1952), S. 678 f. Siehe auch Emil Klöti, Das Erdöl darf für uns nicht zu einer Gefahr werden, Schweizer Journal 3 (1953), 43 – 44. Weiterführend dazu Anne-Sophie Zbinden, Monika Gisler, ‚Das Schweizer Erdöl den Schweizern!‘. Erdölsuche in der Schweiz im goldenen Zeitalter der 1950er-Jahre, Traverse, Zeitschrift für Geschichte 3 (2013), 99 – 111.

62 BAR, E 8190B, 1981/12, Az. 813.3, Bd. 62, S. 5 f.; zitiert nach Zbinden, Gisler, Erdölsuche (wie Anm. 61), S. 102. Zu den Auswirkungen internationaler Ereignisse auf das Engagement der Erdöl-Suche in der Schweiz sowie zum Unabhängigkeitsdiskurs siehe auch Daniele Ganser, Europa im Erdölrausch. Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit, Zürich: Orell Füssli 2012.

63 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 36.64 BAR, E8190B, 1981/12 258, Az. 813.11 (Bundesrechtliche Ordnung der Erdölschürfung und Aus-

beutung. Kreisschreiben des Vorstehers des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements an die Kantonsregierungen der Schweiz, 11.02.1958), S. 6. Es handelte sich um die Kantone Zürich, St. Gallen, Thurgau und Aargau, wenig später kam die beiden Appenzell, Zug, Schaffhausen und Schwyz dazu.

65 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 36.66 BAR, E7001C 1968/72 4495, Az. 8311.01 (Erdölfragen, Verfassungsartikel Dossier II. Stellungnahmen

zu den Mitberichten), S. 1; BAR, E8190B, 1981/12 258, Az. 813.11 (Bundesrechtliche Ordnung der Erdölschürfung und Ausbeutung. Kreisschreiben des Vorstehers des Eidgenössischen Volkswirtschafts-departements an die Kantonsregierungen der Schweiz, 11.02.1958), S. 9.

67 BAR, E2808, 1974/13 211, Az. F-10 (Erdölforschung in der Schweiz).68 Tages-Anzeiger, 07.05.1963 („Erdöl in der Schweiz?“).69 BAR, E 7001 (C), 1968/72, Az. 8311.2, Bd. 287 (Schreiben Niederers an Bundesrat Holenstein,

28.10.1957), S. 1.70 Schweizerisches Konsortium für Erdölforschung, Erdöl in der Schweiz, Davos: Eigenverlag 1958,

S. 46. Mit Knappheitsargumenten wurde notabene auch die Atomforschung (nicht nur) in der Schweiz

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Lösung für das Knappheitsproblem oder nationales Risiko?

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vorangetrieben; vgl. Bundesblatt 32 (14.8.1958), 507: „Keiner besonderen Begründung bedarf es heute, weshalb angesichts der wachsenden Knappheit an den herkömmlichen Energieträgern Kohle, Erdöl und Wasserkraft […] der Bau von Atomkraftwerken national und international in absehbarer Zeit zu einem dringenden Erfordernis wird.“

71 BAR, E7001C 1968/72 4496, Az. 8311.01 (Swisspetrol Holding AG, Finanzierung der Erdölforschung. Statuten der Swisspetrol Holding AG); siehe auch Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 37.

72 Gisler, Erdöl (wie Anm. 2), S. 38.73 Swisspetrol Holding AG, Dossier Swisspetrol, Zürich: Eigenverlag 1974, S. 14.74 Hansjörg Siegenthaler, Zur These des ‚1950er Syndroms‘: Die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz

nach 1945 und die Bewegung relativer Energiepreise, in: Christian Pfister (Hrsg.), Das 1950er Syndrom. Der Weg in die Konsumgesellschaft, Bern: Haupt 1996, 97 – 104.

75 Bundesblatt 6 (11.02.1960), 484.76 Gisler, Pioniere (wie Anm. 15).77 Gisler, Pioniere (wie Anm. 15); Rudolf Trümpy, Geologie, Historisches Lexikon der Schweiz

(http://www.hls-dhs-dss.ch/ download 09.11.2013).78 Ausführlicher dazu Gisler, Pioniere (wie Anm. 15).79 Lukas Hauber, Die schweizerische Erdölfrage im Jahre 1960, Bulletin der Vereinigung Schweizerischer

Petroleumgeologen und Petroleumingenieure 27, 73 (1960 – 1961), 1 – 6, hier S. 1.80 Action Nationale, 06.05.1939 („Pas de pétrole en Suisse!“).81 Werner Sombart, Der moderne Kapitalismus. Dritter Band: Das Wirtschaftsleben im Zeitalter des

Hochkapitalismus. Erster Halbband: Die Grundlagen – Der Aufbau, München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1987 [1927], S. 121 f.

82 Sombart, Kapitalismus (wie Anm. 81), S. 124.

Anschriften der Verfasserinnen: Dr. Lea Haller, Harvard University, Minda de Gunzburg Center for European Studies, 27 Kirkland Street, Cambridge, MA-02138, USA, E-Mail: [email protected] / ETH Zürich, Institut für Geschichte, Clausiusstrasse 59, CH-8092 Zürich, E-Mail: [email protected] − Dr. Monika Gisler, ETH Zürich, Scheuchzerstrasse 7, CH-8092 Zürich, E-Mail: [email protected] / Unternehmen Geschichte, Hardturmstrasse 261, CH-8005 Zürich