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Romantik und Vormärz Literaturhistorischer Epochenüberblick zu Studienkurs 03532 Teil II Prof. Dr. Nicolas Pethes
Vorlesung „Romantik und Vormärz―: Überblick 1) Sozialhistorische und literaturästhetische Hintergründe der Romantik 2) Romantische Literaturtheorie und der Begriff der Romantik 3) Einheit und Differenz von Früh-, Hoch- und Spätromantik 4) Heinrich Heines romantische Romantik-Kritik: Das junge Deutschland // Abwendung von Romantik 5) Literarische statt gesellschaftliche Revolution im Vormärz (soziale und pol. Ereignisse, 1848) : Georg Büchner Literaturhistorische Entwicklung Stets: Erwartung und Antwort Klassik als Antwort auf Sturm und Drang Sturm und Drang als Antwort auf Regelpoetiken, nämlich Befreiung von normativen Vorgaben Vorangehende VL war Klassik Heute: Romantik und Vormärz Klassik: prinzipien, von denen sich Romantiker abwenden, ebenso mit Romantik und Vormärz 2
1.1 Sozialhistorische und literaturästhetische Hintergründe der Romantik -Grösstes Problem der Epochenbestimmung ist das der Datierung -Literaturhist. Epochen überlappen sich Friedrich Schlegel: Athenäums-Fragment 216 (1799): „Die Französische Revolution, Fichtes
Wissenschaftslehre und Goethes Meister sind die größten Tendenzen des Zeitalters.―
Karl Wilhelm Friedrich von Schlegel (* 10. März 1772 in Hannover; † 12.
Januar 1829 in Dresden) war ein
deutscher Kulturphilosoph, Philosoph, Kritiker, Literaturhistoriker und Übersetzer. Friedrich
Schlegel war neben seinem Bruder August Wilhelm Schlegel einer der wichtigsten Vertreter
der „Jenaer Frühromantik― sowie Mitbegründer der modernen Geisteswissenschaften.
Inhaltsverzeichnis
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1 Leben und Tätigkeit
o 1.1 Kindheit, Jugend, Studium
o 1.2 Der Schriftsteller
1.2.1 „Lehrjahre“: Leipzig, Dresden, Jena I, Berlin
1.2.2 Die „Romantiker-WG“
o 1.3 Paris, Köln, Wien
2 Werke
3 Quellen und Anmerkungen
4 Literatur
5 Weblinks
„Lehrjahre“: Leipzig, Dresden, Jena I, Berlin [Bearbeiten]
1792 lernte er Friedrich von Hardenberg (Novalis) kennen, mit dem ihn viele Interessen wie
Philosophie, Geschichte und Literaturtheorie verbanden. 1793 freundete er sich mit der
Arztwitwe Caroline Böhmer an. Beide Freundschaften prägten seinen weiteren Lebensweg
entscheidend, da sie ihn bei seiner literarischen Tätigkeit unterstützten.
1794 gab er das Studium aus Geldnot auf und wurde freier Schriftsteller. Dabei beschäftigte
er sich vor allem mit der klassischen Antike. Er zog nach Dresden zu seiner Schwester
Charlotte. Dort lernte er Christian Gottfried Körner kennen und veröffentlichte sein erstes
Werk Von den Schulen der griechischen Poesie. 1795 machte er Bekanntschaft mit Johann
Friedrich Reichardt, der – wie Caroline – ein begeisterter Anhänger der französischen
Revolution war. Die Mitarbeit an dessen ZeitschriftDeutschland sicherte ihm seit 1796 seinen
Lebensunterhalt. Neben dem politischen Artikel Versuch über den Begriff des
Republikanismus erschien darin Schlegels scharfe Kritik an den Gedichten Friedrich
Schillers (Rezension des SchillerschenMusenalmanachs auf das Jahr 1796). Der daraufhin
verstimmte Schiller griff daraufhin seinerseits Schlegel in den Xenien (erschienen
im Musenalmanach auf das Jahr 1797) an. Schlegels verletzende Rezension von Schillers
Zeitschrift Die Horen führte 1797 zum endgültigen Bruch.
Werke von Friedrich Schlegel im Projekt Gutenberg-DE
Friedrich Schlegel: Schulen der griechischen Poesie, 1794; im Projekt "Lyriktheorie"
Friedrich Schlegel: Geschichte der Poesie der Griechen und Römer, 1798; im Projekt
"Lyriktheorie"
Friedrich Schlegel-Gesellschaft e.V.
Reinhard Markner: „Fraktale Epik. Friedrich Schlegels Antworten auf Friedrich August
Wolfs homerische Fragen― (PDF-Datei; 255 kB)
Günter Oesterle: Friedrich Schlegel in Paris oder die romantische Gegenrevolution (PDF-
Datei; 156 kB)
Allen Speight (2007): Friedrich Schlegel Eintrag in der Stanford Encyclopedia of
Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)
Literaturbrevier: Athenäums-Fragmente - Ausgewählte Athenäums-Fragmente von
Friedrich Schlegel.
Athenäum - Jahrbuch der Friedrich Schlegel-Gesellschaft.
Schlegel rekurriert auf: a) Die französische Revolution 1789 als politischer und gesamtgesellschaftlicher Umbruch b) Der deutsche Idealismus als Verabsolutierung der Vernunftautonomie und Reflexion Fichte ist Hauptvertreter des deutschen Idealismus Kant: Erkenntnistheorie-Ethik-Kunst Wissenschaftslehre von Fichte:Reflexion c) Die Weimarer Klassik als janusköpfiges Gebilde zwischen Tradition und Innovation Kunst ist auf der gleichen Ebene angesiedelt wie pol. Ereignisse für Schlegel Goethes Meister gehört in die klassische Epoche1 Novalis: Blüthenstaub-Fragmente (1799): „Die Welt muß romantisiert werden.― Das ist Projekt, das erreicht werden soll. Roman ist Prosa, also ungebunden, nicht gereimt. Entsprach noch in den neunziger Jahren nicht der Kunst. Roman ist Herausforderung an Literaturverständnis zu jener Zeit.
1 Komplizierte Frage, ob wirklich klassisches Werk
1.2 Klassik vs. Romantik Nimesis- Nachahmung , Kunst hat auszugleichen, was in der Wirklichkeit nicht perfekt ist • „Erhebung der Wirklichkeit zum Ideal― (Friedrich Schiller: Über naive und sentimentalische Dichtung, 1796
• „Das unbedingte Höchste kann aber nie ganz erreicht werden. Das äußerste, was die strebende Kraft vermag, ist: sich diesem unerreichbaren Ziele immer mehr und mehr zu nähern.― Obiges ist Schlüssel für Romantiker: Klassik-denkmögliche Realisierung von Vollkommenheit, diese ist aber für Schlegel nicht erreichbar. Stabiles Konzept-Prozessuales Konzept Schlegels in Romantik Roman gibt nicht vor, eine ideale Vollkommenheit zu vermitteln, sondern etwas prozessuales Friedrich Schlegel: Über das Studium der griechischen Poesie, 1796
• „Die Welt muß romantisiert werden.― Novalis: Blüthenstaub-Fragmente, 1799
• "Das Klassische nenne ich das Gesunde, und das Romantische das Kranke.„ Johann Wolfgang Goethe: Gespräche mit Eckermann, 1829 Bedeutet: Kritik Goethes, er pathologisiert Nicht im med. Sinn zu verstehen, Methapher, Vollkommenheit, Unerreichbarkeit Das ist polemischer Einspruch gegen Romantik, Zitat ist auch wichtig, weil: Goethe hat sich gegen Romantik gewehrt, ist aber doch beeinflusst von ihr. Abgrenzungen konstituieren Epochen.
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1.3 Das Programm der Frühromantik • Geselligkeit und Salonkultur: Jenaer Romantikerkreis im Kontext bürgerlicher Emanzipation (Ludwig Tieck,
Wilhelm Heinrich Wackenroder) Johann Ludwig Tieck (* 31. Mai 1773 in Berlin; † 28.
April 1853 ebenda) war ein
deutscher Dichter, Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer der Romantik. Er publizierte
auch unter den PseudonymenPeter Leberecht und Gottlieb Färber.
Wilhelm Heinrich Wackenroder (* 13. Juli 1773 in Berlin; † 13. Februar 1798 in
Berlin), Jurist, war als Schriftsteller Mitbegründer der deutschen Romantik.
Inhaltsverzeichnis
1 Leben
2 Werke
3 Werkausgabe
4 Als CD
5 Literatur
6 Weblinks
• Ästhetisches Programm in der Zeitschrift „Athenäum― (Friedrich und August Wilhelm Schlegel) Zentrale Zeitschrift für Frühromantische Bewegung • Triadische und utopische Natur- und
Geschichtsphilosophie (Friedrich Wilhelm Schelling) Friedrich Wilhelm Joseph Ritter
von Schelling (* 27. Januar 1775 in Leonberg, Württemberg; † 20. August 1854 in Bad
Strophen: Strophe, Antistrophe und Epode. Novalis gestaltet sie inhaltlich und ggf. auch
formal, zumindest die dritte sogenannte Epode, unterschiedlich aus.
Roman ist Literaturform, in der man erzählen kann, Diaolog möglich, Gedichte können eingefügt werden, daher Gattungsmischung in Romantik Aufhebung von Gattungsgrenzen Schlegel prägt: Moderne Poesie Romantische Literatur will vielfältig sein, populär, volkstümlich, integrativ europäisch
Allgemein zunächst, 2.1 Romantische Literaturtheorie - Kritik am Rationalismus der Aufklärung - Ablehnung der Trennung von Wissenschaft und Kunst - Symphilosophie, Sympoetik, Gattungsmischung - Friedrich Schlegels Begriff der „modernen Poesie― • vielfältig (statt harmonisch) • populär (statt elitär) • europäisch (statt einzelsprachlich) • individuell (statt objektiv) • historisch (statt zeitlos)- sie entsteht in der Zeit und durch den Verlauf von Zeit
Texte im folgenden
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2.2 Fragment, Ironie, Allegorie Friedrich Schlegel: Athenäums-Fragmente (1799) „Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie.― Progressivität meint, rom. Lit ist nicht fixierte Darst. Eines Ideals, sondern im Prozess, prozessual, im Werden, Prozessualität Beansprucht alle Bereich des Denkens, Wissens, etc., keine endgültigen Lösungen, sondern begreiflich im Verfahren „Es ist gleich tödlich für den Geist, ein System zu haben, und keines zu haben. Er wird sich also wohl entschliessen müssen, beides zu verbinden.― Schlüsselzitat für Frührom. Literaturbewegung
Man muss beides miteinander verbinden, obige Aussage paradox. Warum formuliert er das so: er will nicht bei einer fixierten Entität anlangen wie in der Klassik, deshalb Paradox Es soll keine stabilen Punkte mehr geben. Schlegel nennt es: ironisch Stilmittel der Ironie hält die Dinge im Prozess „Naiv ist, was bis zur Ironie, oder bis zum steten Wechsel von Selbstschöpfung und Selbstvernichtung natürlich, individuell oder klassisch ist, oder scheint.― „Die Unmöglichkeit das Höchste durch Reflexion positiv zu erreichen führt zur Allegorie d.h. zur […] Kunst.― Wenn man allegorisch spricht, will man gar nicht eindeutig aussagen.
Die Allegorie (von griechisch αλληγορέω „etwas anders ausdrücken―), in der Literatur
auch Allegorese, ist eine Form indirekter Aussage, bei der eine Sache (Ding, Person,
Vorgang) aufgrund von Ähnlichkeits- und/oder Verwandtschaftsbeziehungen
als Zeichen einer anderen Sache (Ding, Person, Vorgang, abstrakter Begriff) eingesetzt wird.
In der Rhetorik wird die Allegorie als Stilfigur unter den Tropen (Formen uneigentlichen
Sprechens) eingeordnet und gilt dort als fortgesetzte, d. h. über ein Einzelwort
hinausgehende Metapher. In der bildenden Kunst und in weiten Teilen der mittelalterlichen
und barocken Literatur tritt die Allegorie besonders in der Sonderform der Personifikation auf,
in der eine Person durch Attribute, Handlungsweisen und Reden als Versinnfälligung eines
abstrakten Begriffs, z. B. einer Tugend oder eines Lasters, agiert.
Allegorie und Symbol [Bearbeiten]
Justitia, die Gerechtigkeit, mit Darstellung der Unschuld (links) und des Lasters(rechts)
Die seit dem 18. Jahrhundert aufgekommenen Versuche, Allegorie und Symbol voneinander
abzugrenzen, zeichnen sich oft durch philosophischen Tiefsinn aus, sind aber literatur-
und zeichentheoretisch wenig konsistent und führen bei der Anwendung auf antike,
mittelalterliche und auch barocke Allegorie zu historischen Verkürzungen. Ein Symbol wird
manchmal verstanden als ein Zeichen, das die gesagte Sache auch um ihrer selbst und ihrer
Besonderheit willen, und nicht nur um der Verallgemeinerbarkeit der übertragenen Aussage
willen ausspreche, ihren tieferen Sinn außerdem lediglich andeute, ihn aber weniger
bestimmt als die Allegorie festlege, und darum schließlich eher intuitiv zu verstehen als
intellektuell zu enträtseln sei. Vor allem soll das Dargestellte im Symbol noch anwesend sein,
wodurch eine innere und äußere Einheit von Zeichen und Bedeutung gewahrt wird. Der
Allegorie fehlt diese Einheit, sie ist gebrochen und steht in einem Spannungsverhältnis zur
dahinter stehenden Idee. Ästhetisch wurde während des Klassizismusdarum dem als
poetischer empfundenen Symbol meist der Vorzug gegeben vor der verstandesbetont kalten,
als Gedankenspiel geringgeschätzten Allegorie, die im Rahmen einer auf Unmittelbarkeit,
Gefühl und Individualität ausgerichteten Literatur- und Kunstauffassung als die
minderwertigere oder sogar unpoetische Ausdrucksform geringgeschätzt wurde.
Durch Walter Benjamin erfuhr die Allegorie in der Moderne eine Aufwertung: „Das Symbol ist
die Identität von Besonderem und Allgemeinem, die Allegorie markiert ihre Differenz.― [1] Sie
wurde als Kunstform gegen die idealistische Ästhetik paradigmatisch für die Moderne.
2.3 Selbstreferenz der Sprache Friedrich Schlegel: Über die Unverständlichkeit (1799) Novalis: Dialogen und Monolog (1799): „Es ist eigentlich um das Sprechen und Schreiben eine närrische Sache; das rechte Gespräch ist ein blosses Wortspiel. Der lächerliche Irrtum ist nur zu bewundern, dass die Leute meinen – sie sprächen um der Dinge willen. Gerade das Eigentümliche der Sprache, dass sie sich bloss um sich selbst bekümmert, weiss keiner. Darum ist sie ein so wunderbares und fruchtbares Geheimnis, – daß wenn einer bloss spricht um zu sprechen, er gerade die herrlichsten, originellsten Wahrheiten ausspricht. Will er aber von etwas Bestimmtem sprechen, so lässt ihn die Sprache das lächerlichste und verkehrteste Zeug sagen.― Das ist Beleg für Selbstbezug der Sprache auf sich selbst, Was ist dann der Aussagetext des obigen Zitats. Jeder der gezielt spricht sagt nur dummes Zeug, nur der gar nichts aussagen will, spricht die originellsten Wahrheiten. Was ist nun mit dem Text oben: hat er Wahrheitswert, oder nicht. Den Text kann man nicht festlegen. Vermeidung der Fixierung durch Selbstreferenz, s. auch wie bei Schlegel.
2.4 Funktionale Ausdifferenzierung des Literatursystems ‚um 1800‘ 1) Historische Relativierung von Qualitätsurteilen („Geschmack―) Was gute Kunst ist, steht nicht mehr ein für alle mal fest, 2) Individualisierung des Verständnisses von literarischer Produktion und Form („Genie―) Gegen normative Literaturbegriffe in Anschlag gebracht, Lit. Wird nicht extern definiert, sondern durch Schaffen des Genies 3) Aufspaltung von Einheitsvorstellungen durch Vergleich und Differenzierung („Reflexion―) es ist nicht verfügbar, sondern Gegenstand eines Gedankenprozesses 4) Verlegung des Zustands der Perfektion in eine unerreichbare Zukunft („Perfektibilität―) Kunst ist nicht vollkommen, zeitlichkeit und Geschichtlichkeit von Kunst, s.u. 5) Temporalisierung von Schriftkommunikation („Paradoxie―, „Undarstellbarkeit― und „Unendlichkeit―) Vervollkomnung wird nie erreicht in der Frühromantik 6) Beobachtung von Kontingenzen anstelle von Notwendigkeiten („Ironie―) Die Dinge könnten auch anders sein als wir denken Die Welt ist nicht mehr so stabil eingerichtet, von Gott, oder in geschichtlicher Richtung auf Heil Nicht vernünfig und zielgerichtet wie in den theologischen Systemen Daraus folgt: Verlust von Sicherheit, oder Gewinnung von Möglichkeiten und Freiheit Daraus folgt auch letztlich: 7) Selbstreferenz des Ästhetischen statt externer Kunstregeln („Romantisieren―) Es gibt keine externen Regeln mehr, die Welt muss romantisiert werden, die Verhältnisse haben sich umgekehrt, im Vergleich zu Klassik Es ist ein Gegenentwurf, die Kunst soll auf die Welt wirken, die Welt zeichnen und nicht die Welt die Kunst Umfassender Anspruch, aber Projekt, Ziel kann vll nie so erreicht werden. Frühromantik auch Bekenntnis zur Irrationalität
2.5 ‚Kleine Leseliste‘ zur Frühromantik • Ludwig Tieck: Der blonde Eckbert (1796)
Der blonde Eckbert ist ein Kunstmärchen der Frühromantik von Ludwig Tieck. Es erschien
erstmals 1797 in einer, von Tieck selbst herausgegebenen, Sammlung mit dem
Titel Volksmärchen, verlegt von Carl August Nicolai in Berlin. Sie beinhaltet u.a. auch
Tiecks Der Gestiefelte Kater und Ritter Blaubart.
Zuweilen wird die Veröffentlichung des Eckberts als Beginn der
deutschen Literaturepoche der Romantik gesehen.
Inhaltsverzeichnis
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1 Inhalt
2 Interpretation
3 Sekundärliteratur
4 Weblinks
Inhalt [Bearbeiten]
Es geht um ein Ehepaar, den blonden Eckbert und seine Frau Bertha, die in
Zurückgezogenheit (Die angesprochene "Waldeinsamkeit" bezieht sich auf Berthas
vergangenen Zustand) leben. Eckberts Freund Walther ist der einzige Kontakt zur
Außenwelt. Eines Tages erzählt Bertha von ihrer Jugend:
Als Kind von ihrem Vater, einem armen Hirten, hart behandelt, ist sie achtjährig in den Wald
geflüchtet und dort einer alten Frau begegnet, die sie mit in ihre Hütte nimmt. Sie lernt
spinnen und lesen und muss den Hund und einen herrlich singenden Vogel betreuen, der
täglich ein Ei mit einer Perle oder einem Edelstein legt. Sechs Jahre verbringt Bertha so bei
der Alten, die mit ihr sehr zufrieden ist. Immer größer aber wird ihre Sehnsucht nach der Welt
der Ritter, die sie aus ihrer Lektüre kennt, und eines Tages flüchtet sie mit einem Gefäß
voller Edelsteine, lässt den Hund zurück und erwürgt unterwegs den Vogel, der sie mit
seinem Lied in Angst versetzt hat. Als sie in ihrem Heimatdorf erfährt, dass ihre Eltern
gestorben sind, zieht sie in die Stadt und vermählt sich später mit dem Ritter Eckbert.
Eckbert glaubt, der Freund habe Schuld an der Krankheit, die letztlich auch zum Tod seiner
Frau führt. Grund für den Verdacht ist, dass Walther bei den wundersamen Geschichten aus
Berthas Jugend wusste, wie ihr Hund hieß, ohne dass Bertha den Namen verraten hätte.
Eckbert steigert sich wegen der ungewohnten völligen Intimität mit seinem nun Vertrauten
Walther und des schlechten Gesundheitszustands seiner Frau in einen Wahn und auf einer
Wanderung erschießt er Walther. Als er nach Hause kommt, ist auch seine Frau tot.
suchen. Der Stoff selbst gelangte über die Jahre seiner Rezeption dann in zahllosen
Bearbeitungen für Kinder und schließlich einigen Verfilmungen in die Öffentlichkeit.
Versuch im Theater ein Theater aufzuführen: Selbstreferenz • Wilhelm Heinrich Wackenroder: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (1797) • Friedrich Schlegel: Rezension „Über Goethes Meister“ (1799) • Friedrich Schlegel: Lucinde (1799)
Lucinde (Untertitel: Bekenntnisse eines Ungeschickten) ist ein Roman von Friedrich
Schlegel, der 1799 als erster Teil eines vierteiligen Romanprojektes erschien. Er beschreibt
in Briefen, Dialogen, Aphorismen, Tagebucheinträgen und anderen literarischen Formen die
Liebe von Julius und Lucinde. Der Autor – nicht nur Schriftsteller, sondern auch
Literaturtheoretiker, Historiker und Philosoph – artikuliert in und mit diesem Buch
sein frühromantisches Romankonzept. Ein wichtiger Grundsatz dessen besagt, dass ein
Roman stets sowohl einen Roman als auch seine eigene Theorie darstellen soll.
Die Ruinen im Schwarzwalde (2 Bände, Braunschweig 1798/99)
Romano (2 Bände, Braunschweig 1800/01)
Albano, der Lautenspieler (Leipzig 1802)
Nachtwachen. Von Bonaventura (Penig 1804)
Dramen
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2.6 Literatur zur Einführung • Lothar Pikulik: Frühromantik. Epoche – Werk – Wirkung, München 1992 • Ernst Behler: Frühromantik, Berlin 1992 • Manfred Frank: Einführung in die frühromantische Ästhetik. Vorlesungen, Frankfurt/M. 1989 • Silvio Vietta (Hg.): Literarische Frühromantik, Göttingen 1983 • Jochen Hörisch: Die fröhliche Wissenschaft der Poesie. Der Universalitätsanspruch von Dichtung in der frühromantischen Poetologie, Frankfurt/M. 1976 • Walter Benjamin: Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik [1920], Frankfurt/M. 1976
3.1 Einheit oder Differenz? Der Übergang zu Hochromantik • Gegensatz zwischen Selbstreferenz und Gesellschaftsutopie in den Programmen der Frühromantiker • Auflösung des Paradoxes durch die Abkehr von der idealistischen Philosophie • Neudefinition des Romantischen als Kehrseite des Rationalismus und der Höhenkammdichtung • Volkslieder und Märchensammlungen in der Heidelberger Gruppe 1805-1808 (Achim von Arnim, Clemens Brentano, Jakob und Wilhelm Grimm) • Aufwertung der Sphäre des Phantastischen in der Berliner Romantik 1809-1822 (E.T.A. Hoffmann, Joseph von Eichendorff)
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3.2 Katholische Restauration oder ironische Selbstzitation? Ausläufer der Spätromantik • Definition der Romantik als katholisches Projekt von Novalis über Brentano bis Eichendorff: Abkehr vom ‚protestantischen‘ Projekt der Aufklärung • Wiener Romantik um den konvertierten Friedrich Schlegel (1808), Zeitschrift Deutsches Museum • Schwäbische Romantik: Historien-, Sagen- und Märchendichtung bei Ludwig Uhland, Gustav Schwab, Friedrich Hauff • Neuerlich Rückwendung zum Mittelalter (Ludwig Tiecks Minnelied-Edition 1803, Heinrich von Kleists Dramen um 1810, Achim von Arnims Die Kronenwächter 1817) • Naturlyrik Joseph von Eichendorffs (Mondnacht, 1837) • Tiecks ironisches Selbstzitat „Waldeinsamkeit― (1840)
3.3 ‚Kleine Leseliste‘ zur Hoch- und Spätromantik • Heinrich von Kleist: Das Käthchen von Heilbronn oder Die Feuerprobe. Ein großes historisches Ritterschauspiel (1808) • Achim von Arnim/Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn (1806/1808) • Jakob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen (1812-1815) • Ludwig Uhland: Schwäbische Kunde (1814) • E.T.A. Hoffmann: Der goldene Topf (1814) • E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann (1817) • Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts (1826) • Ludwig Tieck: Waldeinsamkeit (1840)
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3.4 Literatur zur Einführung • Rüdiger Safranski: Romantik. Eine deutsche Affäre, München 2007 • Monika Schmitz-Emans: Einführung in die Literatur der Romantik, Darmstadt 2004 • Detlev Kremer: Romantik. Lehrbuch Germanistik, Stuttgart/Weimar, 3. Auflage 2007 • Helmut Schanze (Hg.): Romantik-Handbuch, Stuttgart, 2. Auflage 2003 • Uwe Japp/Stefan Scherer/Claudia Stockinger: Das romantische Drama, Tübingen 2000 • Detlev Kremer: Prosa der Romantik, Stuttgart 1996 • H.G. Pott (Hg.): Eichendorff und die Spätromantik, Paderborn 1985
4.1 Romantische Romantikkritik: Heinrich Heine • Gesellschafts- und Religionskritik statt Eskapismus • Die romantische Schule (1835): „Die Schule schwamm mit dem Strom der Zeit, nämlich mit dem Strom, der nach seiner Quelle zurückströmte. Als endlich der deutsche Patriotismus und die deutsche Nationalität vollständig siegte, triumphierte auch definitiv die volkstümlich germanisch christlich romantische Schule.― (Sämtliche Schriften Bd. III, S. 380) • Das Fräulein stand am Meere (1826): Das Fräulein stand am Meere "Mein Fräulein! Sein Sie munter, Und seufzte lang und bang, Das ist ein altes Stück; Es rührte sie so sehre Hier vorne geht sie unter Der Sonnenuntergang. Und kehrt von hinten zurück."
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4.2 Politik und Literatur Politische Rahmendaten: 1815: Restauration durch den ‚Wiener Kongreß‘ 1819: Karlsbader Beschlüsse gegen Pressefreiheit 1830: Julirevolution in Frankreich 1832: Hambacher Fest in Deutschland 1848: März-Revolutionen in Europa Leserevolution und Politisierung der Literatur: • Alphabetisierung, Massenbuchmarkt, Zeitschriftenwesen • Reiseberichte, Journalliteratur, Fortsetzungsromane • Kritischer Essay, öffentliche Briefe, Flugblätter, politisches Lied • Allianz mit der progressiven antifeudalen Nationalbewegung, Alternative zum konservativen Biedermeier
4.3 Das ästhetische und politische Programm des jungen Deutschland 1830: Diagnose der „Endschaft der Kunstperiode― und des „Goethentums― (Heinrich Heine) 1831: Einspruch gegen die „Kunstonanie des verflossenen Jahrhunderts― (Karl Gutzkow) 1830/31: Kritik am Antisemitismus: „Die armen Deutschen! Im untersten Geschosse wohnend […] erleichtert es ihr ängstliches Gefühl, von Menschen zu sprechen, die noch tiefer als sie selbst, die im Keller wohnen.― (Ludwig Börne, Briefe aus Paris) 1834: Verkündung eines „jungen Deutschland― anstelle des „altdeutschen Adels― zugunsten einer „Poesie des Lebens― (Ludolf Wienbarg: Aesthetische Feldzüge) 1835: Publikationsverbot für u.a. Heine und Gutzkow im Anschluß an Karl Gutzkows Wally, die Zweiflerin
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4.4 Buchdruck und Zensur: Ironische Selbstreflexion literarischer Medialität in
5.1Die literarische Revolution des Vormärz: Georg Büchner • Büchners Kritik an Gutzkow 1836: „Die Gesellschaft mittels der Idee, von der gebildeten Klasse aus, reformieren? Unmöglich! Unsere Zeit ist rein materiell […]. Unsre Zeit braucht Eisen und Brot.― • Der Hessische Landbote (zus. mit Ludwig Weidig,1834) als revolutionäre Flugschrift, die Bibelreferenzen mit statistischen Belegen der sozialen Ungerechtigkeiten verknüpft: „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!― • Lenz (Fragment 1836) als narrative Vermessung pathologischer Grenzzustände des Menschen • Woyzeck (Fragment 1837) als erstes Drama mit einem Protagonisten aus der untersten Gesellschaftsschicht
11 5.2 Poetische Revision der politischen Revolution: Danton‘s Tod (1835) • Dokumentarische Ästhetik: „ein dramatisirtes Capitel des Thiers― (Gutzkow) • Geschichtsmelancholie: „Das ist sehr langweilig immer das Hemd zuerst und dann die Hosen drüber zu ziehen und des Abends in’s Bett und Morgens wieder heraus zu kriechen und einen Fuß immer so vor den andern zu setzen, da ist gar kein Absehens wie es anders werden soll. Das ist sehr traurig und daß Millionen es schon so gemacht haben und daß Millionen es wieder so machen werden und, daß wir noch obendrein aus zwei Hälften bestehen, die beide das Nämliche tun, so daß Alles doppelt geschieht. Das ist sehr traurig.― (II.1) • Fatalismus: „Ich studierte die Geschichte der Revolution. Ich fühlte mich wie zernichtet unter dem gräßlichen Fatalismus der Geschichte. Ich finde in der Menschennatur eine entsetzliche Gleichheit, in den menschlichen Verhältnissen eine unabwendbare Gewalt, Allen und
Keinem verliehen. Der Einzelne nur Schaum auf der Welle, die Größe ein bloßer Zufall, die Herrschaft des Genies ein Puppenspiel, ein lächerliches Ringen gegen ein ehernes Gesetz― (Brief Büchners an seine Verlobte, Januar 1834)
5.3 ‚Kleine Leseliste‘ zum Jungen Deutschland und zum Vormärz
• Heinrich Heine: Reisebilder (3 Teile, 1826-1830) Christian Johann Heinrich
Heine (* 13. Dezember 1797 als Harry Heine in Düsseldorf; † 17. Februar 1856 in Paris) war
einer der bedeutendsten deutschen Dichter, Schriftsteller und Journalisten des
• Ludwig Börne: Briefe aus Paris (1830-1834) • Christian Dietrich Grabbe: Napoleon oder die 100 Tage (1831) • Georg Büchner: Danton‘s Tod (1835) • Georg Büchner: Lenz (1836) • Georg Büchner: Woyzeck (1837) • Ferdinand Freiligrath: Gedichte (1838) • Heinrich Heine: Deutschland, ein Wintermärchen (1844)
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5.4 Literatur zur Einführung • Norbert Otto Eke: Einführung in die Literatur des Vormärz, Darmstadt 2005 • Gerhard Höhn: Heine-Handbuch. Zeit – Person – Werk, 3. Auflage Stuttgart/Weimar 2004 • Gerhard P. Knapp: Georg Büchner, 3. Auflage Stuttgart/Weimar 2000 • Helmut Koopmann: Das junge Deutschland. Eine Einführung, Darmstadt 1993 • Wolfgang Labuhn: Literatur und Öffentlichkeit im Vormärz. Das Beispiel Ludwig Börne, Königstein 1980 • Alfred Estermann (Hg.): Politische Avantgarde 1830- 1840. Eine Dokumentation zum jungen Deutschland, Frankfurt/M. 1972 • Jost Hermand (Hg.): Der deutsche Vormärz. Texte und Dokumente, Stuttgart 1967