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Nummer 26 / Juli 2011 Lilienberg – Die Zeitschrift für lebendiges Unternehmertum
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Lilienberg – Die Zeitschrift für lebendiges …...man somit nicht lernen. Zuversicht kann man aber durch Erfahrung und Erleben wecken und stärken. Dazu braucht es Mit - menschen,

Jun 02, 2020

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Page 1: Lilienberg – Die Zeitschrift für lebendiges …...man somit nicht lernen. Zuversicht kann man aber durch Erfahrung und Erleben wecken und stärken. Dazu braucht es Mit - menschen,

Nummer 26 / Juli 2011

Lilienberg –Die Zeitschrift für lebendiges

Unternehmertum

Page 2: Lilienberg – Die Zeitschrift für lebendiges …...man somit nicht lernen. Zuversicht kann man aber durch Erfahrung und Erleben wecken und stärken. Dazu braucht es Mit - menschen,

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3 Editorial: Zuversicht gewinnen

und ausstrahlen

4 Sicherheit, Bildung und Mobilität

sind unsere Trümpfe im globalen

Wettbewerb

8 Thomas E. Kern: «Im Unternehmen

ist ein gutes Team mehr wert als ein

einzelner Star»

12 Dr. Heinz Bachmann: Aktionsfeld-

leiter mit Liebe zu fremden Kulturen

15 Unternehmerpersönlichkeiten mit

Lilienberg Preisen ausgezeichnet

20 Dr. Luzius Wasescha: «Die Schweiz

muss sich selbstbewusst profilieren.»

23 Naturpärke als Kapital für die Regi-

onalentwicklung

26 «Innovationen sind ohne Schutz

öffentliche Güter»

29 Dr. Michael Ambühl: «Der Spitzen-

diplomat für schwierigste Fälle»

32 Der Schweizer Armee geht es bes-

ser als viele denken, aber nicht so

gut wie es ihr gehen sollte

37 Werte-Profil-Analyse hilft, eine Stel-

le optimal zu besetzen

39 Fernöstliches Gedankengut erfolg-

reich in den Führungsalltag integriert

42 Auf der Suche nach den Quellen

unternehmerischer Innovation

44 Medienvielfalt dahin – Aktienkurse

gestiegen

48 Schule muss Unterricht auf Bildungs-

standards ausrichten

51 Im Dilemma zwischen Schützen und

Nutzen

55 Datenschutz verbessern – Eigenver-

antwortung stärken

58 Technische Entwicklung: Gefahr

oder Unterstützung?

61 Gespräch mit dem abtretenden

Gründungsrektor der ZHAW

62 Annemarie Huber-Hotz spricht über

die Führung einer Freiwilligen-Orga-

nisation

64 Die Schweizerische Landwirtschaft

und die globalen Herausforderungen

im Ernährungsbereich

66 «Ins Gelingen verliebt, ans Scheitern

nie denkend»

68 Willkommen als Lilienberg Freund

69 Die Schweiz braucht wieder eine

Medienpolitik

U N T E R N E H M E R T U M

B E G E G N U N G

G E S P R Ä C H

B I L D U N G

A U S B L I C K

M I T G L I E D S C H A F T

B L I C K W I N K E L

Herausgeberin

Stiftung Lilienberg

Unternehmerforum

CH-8272 Ermatingen

Telefon +41 71 663 23 23

Fax +41 71 663 23 24

[email protected]

www.lilienberg.ch© Stiftung Lilienberg Unternehmerforum, Ermatingen

Redaktion und Konzeption

Lilienberg Unternehmertum, Hinwil

Stefan Bachofen, Wilhelm Knecht

Bilder – Fredy Blunier, Vinzenz Zahner,

Layout – Alinéa AG, Wetzikon

Druck – pmc, Oetwil am See

Lilienberg

Die Zeitschrift für lebendiges

Unternehmertum

Nr. 26 – Juli 2011

Erfolgreiche Unternehmer zeichnen sich

durch verschiedene Eigenschaften aus.

Sie müssen schöpferisch Visionen entwi-

ckeln, kreativ denken und konstruktiv

handeln. Und vor allem müssen sie mit

Zuversicht ans Werk gehen – mit einer

Zuversicht, die auch die Mitarbeitenden

spüren und diese stärkt. Wer Zuversicht

ausstrahlt, dem folgen seine Mitmen-

schen auch in schwierigen Zeiten, wenn

das Ziel noch in weiter Ferne ist. Zuver-

sicht ist auch die Begleiterin der eigenen

Tüchtigkeit. Der tüchtigste Unternehmer

kommt ohne Zuversicht nicht weit.

Doch was ist Zuversicht und wie gewinnt

man sie? Zuversicht könnte man als tiefe

Überzeugung umschreiben, dass die Zu-

kunft Gutes bringt, dass man durch das

eigene Wirken zum Erfolg kommt. Zuver-

sicht ist eine Frage der inneren Einstel-

lung, ein Bekenntnis dazu, dass man in-

nere Stärke braucht. Zuversicht beruht

auch auf Vertrauen in uns selbst und in

unsere Mitarbeitenden. Zuversicht kann

man somit nicht lernen. Zuversicht kann

man aber durch Erfahrung und Erleben

wecken und stärken. Dazu braucht es Mit-

menschen, die helfen, die eigene Zuver-

sicht in der persönlichen Begegnung und

Auseinandersetzung hervorzuholen und

zu fördern. Wer sich in solchen Gesprä-

chen einbringen kann, hat den ersten

Schritt zur Klärung getan und kann da-

durch Halt und Zuversicht gewinnen.

Doch vielen Menschen in leitender Stel-

lung fehlt diese Gelegenheit zum zwi-

schenmenschlichen Gespräch, zur klären-

den Auseinandersetzung mit Mitmen-

schen, die auf gleicher Stufe stehen,

offen und unabhängig sind. Das trifft für

Politiker, Manager und auch für Unter-

nehmer zu – vor allem dann, wenn sie

vor existenziellen und grundlegenden

Fragen und Herausforderungen rund um

das eigene Unternehmertum stehen. Die

Rede von der Einsamkeit an der Spitze ist

kein Allgemeinplatz, sondern Realität –

oft mit fatalen Folgen.

Auf Lilienberg Zuversicht stärken

Lilienberg ist ein idealer Ort, wo sich Un-

ternehmer zusammenfinden können, um

im vertrauten Gespräch Halt zu finden

und die eigene Zuversicht zu stärken. Das

Lilienberg Unternehmerforum ist für Un-

ternehmer ein bestgeeigneter Denkplatz

für eigene Aktivitäten, Konferenzen, Se-

minare und Tagungen, wo sie sich mit

ihrem eigenen Umfeld und mit ihresglei-

chen zurückziehen können, um Grund-

satzfragen zu klären.

Lilienberg bietet in den Bereichen Begeg-

nung, Gespräch und Bildung Aktivitäten

an, die auch zur Stärkung der eigenen

Zuversicht beitragen können. In der Be-

gegnung mit hervorragenden Persönlich-

keiten lernt man, den eigenen Standpunkt

zu hinterfragen und zu klären, in den An-

lässen der Aktionsfelder setzt man sich

mit den relevanten Themen unserer Zeit

auseinander und gewinnt Zuversicht in der

heutigen von grosser Unsicherheit ge-

prägten Zeit. Und schliesslich setzt man

sich in den Fach- und Sachgesprächen des

Bereichs Bildung im direkten Vergleich mit

anderen unternehmerischen Persönlich-

keiten auseinander und lernt, sicher mit

neuen Tools umzugehen.

Gewinnen auch Sie auf dem Lilienberg

Zuversicht für sich und Ihr Unternehmen

– sei es als Kunde in unseren schönen

Räumlichkeiten, als Nutzniesser unserer

Dienstleistungen oder als Teilnehmer un-

serer vielfältigen Aktivitäten!

Von Christoph Vollenweider

E D I T o R I A L

Zuversicht gewinnen und ausstrahlen

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U N T E R N E H M E R T U M

Die Aussagen von Bundesrätin Doris

Leuthard zur Verkehrskonzeption 2030

führten im Nachgang zur Medienkonfe-

renz von Anfang Jahr teilweise zu gehar-

nischten Kommentaren bei den Politikern

und in der Presse. Aussagen wie «Für die

stetig wachsende Mobilität braucht es

über Jahre Milliarden» oder «Alle müssen

für die Mobilität mehr bezahlen» führten

zu einer überraschenden Betroffenheit. In

unserer gesättigten Gesellschaft haben

wir uns daran gewöhnt, dass hohe Stan-

dards in den Bereichen Sicherheit, Bildung

und Mobilität zur Normalität gehören.

Doch ist dies so normal? Breite Kreise der

Bevölkerung sind sich keineswegs be-

wusst, dass genau dies die eigentlichen

Ressourcen unseres Landes sind und damit

die Grundvoraussetzungen für Stabilität,

Berechenbarkeit, wirtschaftliche Prospe-

rität, Arbeitsplätze und Wohlstand bilden.

Damit liegt aber auch die Erkenntnis

nahe, dass eine griffige, transparente

und glaubwürdige Sicherheits-, Bildungs-

und Mobilitätspolitik die Voraussetzung

für die Zukunftsfähigkeit unseres Wirt-

schaftsstandortes bilden.

Sicherheit – ein sehr weitläufiger

Begriff

Was umfasst Sicherheit? Sicherheit be-

zeichnet den Zustand, der frei von unver-

tretbaren Risiken ist, damit als gefahren-

frei angesehen wird und deshalb die

kreative und innovative Entfaltung der

Menschen zulässt. Sicherheit ist deshalb

umfassend und beinhaltet viele Teilaspek-

te und Politikbereiche.

Von Hans Gall*

Sicherheit, Bildung und Mobilität sind unsere Trümpfe im globalen Wettbewerb

Sicherheit umfasst:

• Schutzderphysischenundterritorialen

Integrität (Sicherheits- und Armeepo-

litik)

• SchutzdesEigentums

• öffentlicheSicherheit(Polizei,Umwelt-

schutz, Lebensqualität)

• individuelle Sicherheit (Gesundheits-

wesen, soziale Sicherheit, Altersvorsor-

ge, Datenschutz)

• wirtschaftlicheSicherheit(Rahmenbe-

dingungen und Marktzugang, Versor-

gungssicherheit)

• Rechtssicherheit(Gewaltentrennung)

• technischeSicherheit(Standardsund

Sicherheitstechnik)

• Verkehrssicherheit

• Informatiksicherheit

Bildung fördert Kreativität und

Innovation

Bildung ist die Grundlage für den stetigen

Entwicklungsprozess des Menschen, bei

dem er seine geistigen, kulturellen und

praktischen Fähigkeiten und sozialen

Kompetenzen gemäss seinen Anlagen

einsetzen und erweitern kann. Dies för-

dert Kreativität, Innovation und das

selbstständige, verantwortungsbewusste

Handeln, ist motivierend und unterstützt

so die Leistungsbereitschaft. Qualifizier-

te und gut honorierte Arbeit schafft

Markt, Konsum, weitere Arbeitsplätze

und schliesslich Wohlstand.

Bildung umfasst:

• Vorschul-, Grundschul-, Primar- und

Sekundarschule

• dualeBerufsausbildung

• Fachhochschule

• Hochschule

• Weiterbildung

• leistungsgerechteEntfaltungsmöglich-

keit

Mobilität beeinflusst alle

Lebensbereiche

Mobilität ist im Wirtschafts- und Privat-

leben von grundlegender und stets um-

fassenderer Bedeutung. Mobilität ver-

schafft uns Zugang zu Arbeit und Freizeit.

Sie beeinflusst in signifikanter Art prak-

tisch alle Lebens- und Gesellschaftsberei-

che, vom persönlichen Zeitmanagement

über die Arbeit bis zur Siedlungspolitik

und Raumplanung in unserem Land. Da-

raus entsteht im unternehmerischen Sinn

ein Markt mit einem Bedarf, der bedient

und auch gemanagt werden muss. Un-

sere Arbeitswelt befindet sich im Um-

bruch.

Mobilität umfasst:

• MobilitätaufderSchiene

• MobilitätaufderStrasse

• öffentlichenVerkehr

• Luftverkehr

• Raumplanung(Siedlungs-,Wirtschafts-

und Erholungsraum)

• BereitstellungderInfrastruktur(Lasten-

und Finanzausgleich)

Die drei wichtigsten Ressourcen unseres

Landes und damit Grundvoraussetzun-

gen für Stabilität, Prosperität, Arbeits-

plätze und Wohlstand: Sicherheit …

… Bildung …

Hans Gall

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Neben den Aspekten der Raumplanung

erlauben auch die modernen und künf-

tigen Informations- und Kommunikati-

onstechnologien einen tief greifenden

Kulturwandel im beruflichen, familiären

und sozialen Bereich. Gemäss dem Trend-

report der Stiftung Produktive Schweiz

bricht die Erwerbstätigkeit aus ihrem

bisher klar definierten Rahmen aus und

wird zu einem integralen und integrierten

Lebensbestandteil.

Welches sind im Zusammenhang mit der

Mobilität die politischen und unterneh-

merischen Herausforderungen der Zu-

kunft?

• AusserordentlichedemografischeEnt-

wicklung bei gleichzeitig erhöhten An-

forderungen der Zuzüger an das Woh-

nen, das Arbeiten und an die Mobilität

(Wertewandel). Immer mehr Menschen

legen immer häufiger immer längere

Wege zurück.

• Verlagerung der Wirtschaft hin zum

Dienstleistungssektor. Bereits heute sind

in der Schweiz 50 Prozent der arbeiten-

den Bevölkerung im Dienstleistungssek-

tor tätig. Auch dies führt zu wachsenden

Mobilitätsbedürfnissen.

• Beeinflussung der Siedlungsentwick-

lung durch die Strasse und neu auch

der Landschaft über Siedlungen (Dörfer,

Städte, Agglomerationen, Metropolitan-

Räume) bis hin zu den Versorgungs-

und Verkehrseinrichtungen. Die Raum-

planung wird beeinflusst durch die Be-

völkerungsbewegungen, durch Verände-

rungen des menschlichen Verhaltens,

durch den permanenten wirtschaftlichen

und gesellschaftlichen Wandel und durch

die Ansprüche an Wohnen, Arbeiten,

Freizeit und Mobilität des Menschen so-

wie an die ökologischen Bedingungen.

• virtuelleMobilität(globalerAustausch

von Informationen ohne räumliche Be-

wegung und ohne Zeitverzug)

• MobilitätinderArbeitsplatzgestaltung

(«work anywhere» ist hier ein wichtiges

Stichwort)

Gemäss dem Juristen Prof. Dr. Martin

Lendi ist Mobilität auch eng mit der

Raumplanung verbunden. Inhaltlich geht

es bei der Raumplanung um die Erhaltung

und Gestaltung des Lebensraumes – von

durch den öffentlichen Verkehr (Taktfahr-

plan mit hohem Leistungsangebot auf

Schiene und Strasse).

• BelastungderLandgemeindendurch

Forderungen bezüglich Infrastruktur und

Leistungsangebot.

• LastenausgleichzwischendenZentren

(Städten) und den Landgemeinden.

• Führung mit neuen Arbeitsmodellen

und moderner Informations- und Kom-

munikationstechnik.

Gute Bedingungen für Sicherheit,

Bildung und Mobilität schaffen

Fazit: In unserem ressourcenarmen Land

sind Sicherheit, Bildung und Mobilität

die entscheidenden Trümpfe im globalen

Wettbewerb. Um die Zukunftsfähigkeit

des Wirtschaftsstandortes Schweiz zu

bewahren und auszubauen, müssen die

Politik und die Wirtschaft alles daranset-

zen, in diesen drei Bereichen gute Rah-

menbedingungen zu erhalten oder wenn

nötig zu schaffen. Wir sind gefordert,

intelligente Gesamtkonzepte zu erarbei-

ten, aufeinander abzustimmen und nach

den Grundsätzen der Nachhaltigkeit zu

optimieren. Dabei stehen die Sinnfrage

und die Frage nach der Wirtschaftlich-

keit im Zentrum. Macht eine Swissmetro

Sinn, die es einem Mitarbeiter erlaubt, in

der Agglomeration Zürich zu wohnen

und in Genf zu arbeiten, wobei er mit

Sicherheit nicht für die verursachten Kos-

ten aufkommt?

Wie bereits erwähnt, revolutionieren die

modernen und künftigen Informations-

und Kommunikationstechnologien auch

die Arbeitswelt. Workstyle wird ebenso

wichtig wie Lifestyle. Neben der zuneh-

menden Bedeutung des globalen Talent-

Pools kommt auch das Ende des Ru-

hestandes. Flexible Arbeitszeitmodelle

gestatten die Bildung von Drei- und Vier-

Generationen-Führungsteams.

Ein Umdenken wird in unserer Gesell-

schaft stattfinden. Wir können den Wirt-

schaftsstandort Schweiz nicht durch

ausufernde Gesetze, Vorschriften und

Reglemente, sondern nur mit einer ganz-

heitlichen Politik in den strategischen

Bereichen Sicherheit, Bildung und Mobi-

lität menschenwürdig und zukunftsfähig

gestalten. Dies ist die gemeinsame Auf-

gabe der Politik, der Führungsverant-

wortlichen und der Unternehmerschaft.

Sicherheit

Nur Menschen, die sich sicher füh-

len, können sich frei entfalten,

kreativ sein und Verantwortung

übernehmen. Dies schafft weitere

Arbeitsplätze und Wohlstand.

Bildung

Dank guter Bildung können sich Men-

schen besser und ihren Fähigkeiten

entsprechend entwickeln und enga-

gieren. Auch dies schafft Konsum,

weitere Arbeitsplätze und Wohlstand.

Mobilität

Dank einer ausgezeichneten Infor-

mations-, Kommunikations- und

Verkehrsinfrastruktur verschwenden

Menschen weniger Zeit und kön-

nen sich beruflich und privat stär-

ker engagieren. Dies motiviert, gibt

Raum für Kreativität und Innovation,

schafft weitere Arbeitsplätze und

nützt der Umwelt.

*Hans Gall, Divisionär a.D, wohnt in

Ebmatingen und ist Mitglied des Ehren-

teams der Stiftung Lilienberg Unterneh-

merforum. Als Präsident der FDP Maur

ist er auch politisch aktiv.

… und Mobilität.

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U N T E R N E H M E R T U M E D I T o R I A L

Als Direktor des grössten Schweizer Flug-

hafens bin ich zwar kein Unternehmer im

klassischen Sinn. Dennoch stehen das

unternehmerische Denken und Handeln

im Mittelpunkt meiner Tätigkeit. Die un-

ternehmerischen Entscheide, die täglich

gefällt werden müssen, bewegen sich – in

einer komplexen Infrastruktur wie dem

Flughafen – zwischen einem sehr lang-

fristigen Planungshorizont und vielen

kurzfristigen operationellen Fragestellun-

gen. Langfristig denken und danach han-

deln, ist deshalb mein Credo – auch bei

scheinbar kurzfristigen Aufgaben.

Vor diesem Hintergrund ist es klar, dass

ich Verantwortung delegieren muss. Das

bedeutet, dass Vertrauen in meine Mit-

arbeitenden eine zentrale Komponente

für den Geschäftserfolg ist. Dieses Ver-

trauen kann nur dann weitergegeben

werden, wenn sichergestellt ist, dass auch

die Mitarbeitenden unternehmerisch

denken und handeln.

Die Unternehmenskultur den

Mitarbeitenden vorleben

Welche Faktoren prägen die unterneh-

merische Persönlichkeit? Meine Verant-

wortung als Chef ist es, die Kultur und

die Spielregeln vorzuleben und die Mit-

arbeitenden dafür zu gewinnen. Auf die-

ser Grundlage soll und darf unternehme-

rische Kreativität entstehen. Ein Unter-

nehmer zeichnet sich auch dadurch aus,

dass er schöpferisch denkt und entschei-

dungsfreudig ist. Er kann seine Ideen so

konkretisieren, dass er sie in erfolgreiche

Dienstleistungen, Produkte oder Prozes-

se zu übersetzen vermag. Dies bedeutet

im Weiteren, dass er eine gewisse Risiko-

bereitschaft mitbringt, um so die Chan-

cen zu nutzen und die Risiken realistisch

einzuschätzen. Er muss die Verantwor-

tung übernehmen, um seinen Ideen zum

Erfolg zu verhelfen.

Von Thomas E. Kern*

Im Unternehmen ist ein gutes Team mehr wert als ein einzelner Star

Der Flughafen Zürich mit seinen drei

Pisten von oben.

Dabei ist die emotionale Stabilität eine

unerlässliche Eigenschaft, denn eine un-

ternehmerisch handelnde Persönlichkeit

muss in der Lage sein, Misserfolge zu ver-

arbeiten und kritische Situationen mit der

nötigen Klarheit und Übersicht zu bewäl-

tigen. Auch in der täglichen Zusammen-

arbeit mit Teammitgliedern und Kunden

oder Investoren muss die Unternehmer-

persönlichkeit die Fähigkeit zur Empathie

haben, will heissen die Fähigkeit, sich in

sein Gegenüber hineinzuversetzen, ohne

dabei emotional zu reagieren.

Überzeugende Vision stellt

Motivation sicher

Die Vision eines Unternehmens – ein

möglichst konkretes Bild in der Zukunft,

das durch kreatives Schaffen Realität wer-

den soll – muss überzeugen und begeis-

tern. Nur so ist die Leistungsmotivation

sichergestellt. Der Wunsch ist also, Auf-

gaben selbstständig und zielorientiert

anzugehen und die eigenen Fähigkeiten

unter Beweis zu stellen. Das wiederum

stärkt das Vertrauen in die eigenen Fä-

higkeiten und unterstützt die Eigeniniti-

Das Airside Center lädt mit seiner impo-

santen Struktur zum Verweilen ein.

Thomas E. Kern

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verschiedensten Fachdisziplinen gefragt,

die wie ein Räderwerk ineinandergreifen.

Alle müssen für ihren Teil die volle Ver-

antwortung übernehmen und sich auch

für die interdisziplinäre Schnittstelle zur

nächsten Facheinheit verantwortlich füh-

len. Die Flughafen Zürich AG beschäftigt

1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

aus rund 60 verschiedenen Berufsberei-

chen und bietet verantwortungsvolle

Aufgaben in einem einzigartig spannen-

den Umfeld. Gemeinsam mit über 270

Flughafenpartnern, die insgesamt zirka

25 000 Menschen beschäftigen, sorgen

wir dafür, dass die Infrastruktur der gröss-

ten Luftfahrtdrehscheibe der Schweiz

zuverlässig funktioniert. Wir betreiben

das Tor der Schweiz zur Welt und «the

gateway to the Alps».

Hinweise von Kunden und

Mitarbeitenden ernst nehmen

Kunden sind in aller Regel die besten Be-

rater, denn sie wissen genau, welche Be-

dürfnisse sie haben und wie ein Service

oder ein Produkt ausgestaltet sein muss,

damit sie ihre Zwecke erfüllen. Dieses

Know-how gilt es für uns als Unterneh-

men zu nutzen, ebenso müssen Hinwei-

se und Warnungen von Mitarbeitenden

ernst genommen werden, denn Krisen-

signale können so frühzeitig erkannt

werden. Eine weitere Komponente des

Unternehmertums ist die Problemlö-

sungsfähigkeit. An einem Flughafen sind

die Abläufe zwar klar organisiert und

strukturiert. Dennoch gibt es auch sehr

viele Aufgaben, die keiner Routine ent-

sprechen, dies oft verbunden mit einem

grossen Zeitdruck. Mitarbeitende mit

unternehmerischem Fokus müssen in der

Lage sein, souverän mit unbekannten

Situationen umzugehen, um die Hand-

lungsfähigkeit des «Systems Flughafen»

aufrechtzuerhalten.

Von Stefan Bachofen

Gastautoren als Vergleichspersönlichkeiten

Die eigene Unternehmertum-Philosophie zum Vergleich stellen, nicht als Lehrmei-

nung, sondern als Beispiel für lebendiges Unternehmertum. So lautet ein zentra-

ler, von Dr. h. c. Walter Reist akzentuierter Unternehmensgrundsatz. Die Teilneh-

menden der zahlreichen Gesprächs- und Bildungsveranstaltungen auf Lilienberg

stehen auf Augenhöhe mit ausgewiesenen Persönlichkeiten, leiten aus dem Erfah-

rungsaustausch ihre persönlichen Meinungen ab, um die vielfältigen Herausfor-

derungen im eigenen Unternehmen zu meistern. Seit einiger Zeit stellt sich auch

in der Lilienberg Zeitschrift in der Rubrik «Unternehmertum» eine Unternehmer-

persönlichkeit zum Vergleich. Zuletzt taten dies Dr. Günter Heuberger, Geschäfts-

führer der Top-Medien in Winterthur (Ausgabe Nr. 24), und der ehemalige Natio-

nalrat Peter Bodenmann, Hotel-Unternehmer im Kanton Wallis (Ausgabe Nr. 25).

Für die vorliegende aktuelle Ausgabe konnte die Redaktion der «Lilienberg Zeit-

schrift» Thomas Kern, CEO von Unique, der Betriebsgesellschaft des Flughafens

Zürich-Kloten, als Gastautor gewinnen. Wie alle bisherigen Autoren formuliert

auch Thomas Kern Gedanken zu grundsätzlichen unternehmerischen Themen

und vertritt dabei seine persönliche Meinung. Dies soll anderen Unternehmerin-

nen und Unternehmern ermöglichen, die Erkenntnisse im unternehmerischen Wir-

ken in den Vergleich zu den eigenen Standpunkten zu bringen.

Besser sein als die Konkurrenz

Die Betreiberin des Flughafens Zürich

bezieht bei ihrer Strategie und deren Um-

setzung neben einem konsequenten un-

ternehmerischen Denken auch die Fakto-

ren Umwelt und Gesellschaft in ihre

Entscheidungsprozesse ein. Ziel ist es,

dank dieser Betrachtungsweise die Wett-

bewerbsfähigkeit und die Glaubwürdig-

keit sowie den Wert des Unternehmens

nachhaltig zu steigern. Der Flughafen

Zürich ist Teil der Wirtschaft und der Ge-

sellschaft. Diese Verantwortung nehmen

mein Team und ich täglich wahr, indem

wir versuchen, Höchstleistungen zu er-

bringen. Denn langfristig garantiert nur

ein Rezept den Erfolg im Wettbewerb:

Besser sein als die Mitbewerber!

* Thomas E. Kern (57) ist seit Januar 2008

CEO der Flughafen Zürich AG. Er trat in

dieser Funktion die Nachfolge von Josef

Felder an. Zuvor war er als CEO der Glo-

bus-Gruppe tätig.

ative, die eine essenzielle Eigenschaft

eines Unternehmers ist. Die Mitarbeiten-

den müssen mit Fachwissen und Ent-

schlossenheit Handlungsstrategien ent-

wickeln, damit das Gesamtunternehmen

seine Vision erreichen kann.

Die volle Verantwortung

jedes Einzelnen

Ein weiteres Kernelement des unterneh-

merischen Denkens und Handelns ist

die Fähigkeit zur Zusammenarbeit. Ich

bin überzeugt, dass im Unternehmen ein

gutes Team mehr wert ist als ein einzel-

ner Star. An einem Flughafen sind die

Ein Blick auf die Fassade des Airside Center des Flughafens Zürich.

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U N T E R N E H M E R T U M E D I T o R I A L

Von Stefan Bachofen

Aktionsfeldleiter mit Liebe zu fremden Kulturen«Soll und kann Schule alles können?»

Unter diesem Titel hat im Frühling auf

Lilienberg der Jahreszyklus 2011 im Ak-

tionsfeld Bildung & Sport begonnen. Mit

Dr. Heinz Bachmann zeichnet ein neuer

Mann für den Inhalt der Veranstaltungen

dieses Aktionsfeldes verantwortlich. Ein

vielseitig interessierter Mensch mit zahl-

losen Facetten und einer ganz speziellen

Liebe, der Liebe zu fremden Kulturen.

In Ghana geboren, in Hinwil im Zürcher

Oberland aufgewachsen, beruflich als

Sekundarlehrer, Lehrerberater, Schulpsy-

chologe, Entwicklungsexperte, Buchau-

tor, Forscher, Projektleiter und Hoch-

schuldozent tätig. Daneben Einsätze im

Ausland als Wahlbeobachter und Konsu-

lent. Das Berufsleben von Dr. Heinz Bach-

mann verlief bisher überaus abwechs-

lungsreich, und der Leistungsausweis des

57-Jährigen ist lang, sehr lang. Heute hat

der Vater von zwei Buben aus Winterthur

eine Anstellung mit einem 80-Prozent-

Pensum als Leiter des Zertifikatlehrgangs

Hochschuldidaktik an der Pädagogischen

Hochschule Zürich. «Ziel dieses Lehr-

gangs ist es, Dozierende an Fachhoch-

schulen und Pädagogischen Hochschulen

zu befähigen, ihre Lehrtätigkeit auf das

studentische Lernen auszurichten und in

diesem Sinne zu optimieren», erzählt

Bachmann. In den restlichen 20 Prozent

nimmt er selbst Lehraufträge an, zum

Beispiel als Aktionsfeldleiter Bildung &

Sport am Lilienberg Unternehmerforum,

schreibt Bücher und Publikationen oder

forscht. So hat er unter anderem Tagun-

gen zu interkulturellem Lernen und inter-

kultureller Kommunikation durchgeführt.

Andere Kulturen und andere Sichtweisen

haben Bachmann schon immer fasziniert.

Nicht nur, weil er in Ghana zur Welt ge-

kommen ist und dort später an einer

Mittelschule auch unterrichtet hat. Eben-

so prägend war sein allererster längerer

Auslandaufenthalt in Peru, wo er in einem

Waisenhaus Kinder im Alter von drei bis

sieben Jahren betreut hat.

Wahlbeobachter im Dienst der UNO

Mit anderen Kulturen sieht sich der rei-

sefreudige Heinz Bachmann, Sohn eines

Automechanikers, auch heute immer

wieder konfrontiert. Für die Vereinten

Nationen (UNO) und die Organisation für

Sicherheit und Zusammenarbeit in Euro-

pa (OSZE) hatte er Mandate als Wahlbe-

obachter. Beispielsweise in Namibia, Süd-

afrika und Bosnien. «Bei diesen Einsätzen

ging es darum, Länder, die politisch un-

abhängig wurden, bei der Organisation

und Überwachung der ersten freien po-

litischen Wahlen zu unterstützen und zu

begleiten.» Seine jüngsten Einsätze als

Wahlbeobachter leistete Bachmann im

vergangenen Jahr in Togo, in Kirgistan

und in Weissrussland. Erst vor ein paar

Wochen kehrte er aus Bangladesch zu-

rück, wo er während eines Monates als

Konsulent in einem grossen Berufsbil-

dungsprojekt wirkte.

«Unser Bildungssystem liegt mir

am Herzen»

Seit Kurzem hat Heinz Bachmann, der

nach der Ausbildung zum Sekundarlehrer

an der Universität Zürich ein Psychologie-

Studium absolvierte und seine Disserta-

tion zum Thema «Die Einflüsse von Kultur

und Sozialisation auf das Denken»

schrieb, ein weiteres berufliches Betäti-

gungsfeld: Als Nachfolger von Georg

Leumann leitet er beim Lilienberg Unter-

nehmerforum das Aktionsfeld Bildung &

Sport. Neben der Lust, der Neugier und

der Freude, auf Lilienberg neue und

interessante Leute kennenzulernen, sich

mit ihnen auszutauschen und neue Er-

kenntnisse zu gewinnen, bezeichnet

Heinz Bachmann das Unternehmerforum

«als ideale Plattform, anstehende Prob-

leme der Schule in einem erweiterten

Gremium mit Persönlichkeiten aus Wirt-

schaft und Politik zu diskutieren.»

«Soll und kann Schule alles können?»,

lautet der Titel des aktuellen Jahreszyklus

im Aktionsfeld Bildung & Sport. Die Tat-

sache, dass in den vergangenen Jahren

immer mehr gesellschaftliche Probleme

an die Schule delegiert worden sind,

hat dazu geführt, dass die eigentlichen

Kernaufträge der Schule vernachlässigt

werden. Heinz Bachmann hofft, mit den

Veranstaltungen auf Lilienberg einen

kleinen Beitrag zur Versachlichung der

Diskussion über die Schule leisten zu kön-

nen. «Denn unser Bildungssystem liegt

mir wirklich am Herzen», betont er.

Unternehmensförderung

in Ecuador und Peru betrieben

Heinz Bachmann ist ein unternehmerisch

denkender Mensch, der im Bildungsbe-

reich Verantwortung übernommen hat

und die Probleme und Herausforderun-

gen unserer Schule unternehmerisch, das

heisst ganzheitlich, unter Berücksichti-

gung der menschlichen, sachlichen und

wirtschaftlichen Gesichtspunkte, anpa-

cken will. Die unternehmerische Perspek-

tive im engeren Sinne lernte er übrigens

in den Jahren 2002 bis 2005 kennen. Bei

Swisscontact, der Entwicklungsorganisa-

tion der Schweizer Wirtschaft und der

Hochschulen, arbeitete er als Programm-

direktor in der Entwicklungszusammen-

arbeit, wo er mehr als zehn Projekte im

Bereich der Unternehmensförderung

schwerpunktmässig in Ecuador und Peru

betreute.

Dr. Heinz Bachmann weilt regelmässig als Wahlbeobachter oder als Konsulent im Ausland. Seinen jüngsten Einsatz hatte er im

Frühling in Bangladesch. Unser Bild zeigt den neuen Aktionsfeldleiter Bildung & Sport auf einer Werft in Dhaka.

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1514

Von Stefan Bachofen

B E G E G N U N G

Heinz Bachmann als Buchautor

Mit der Gründung und Neuausrichtung des Hochschul-

typs Fachhochschulen ist Bewegung in die Schweizer

Bildungslandschaft auf der tertiären Stufe gekommen.

Vieles ist noch im Fluss und nicht endgültig geklärt.

Dies eröffnet Gestaltungsspielräume und Einflussmög-

lichkeiten, die Heinz Bachmann spannend und herausfor-

dernd findet. «Mich fasziniert die Schnittstelle zwischen

Theorie und Praxis. Den Zertifikatslehrgang in Hoch-

schuldidaktik konnte ich selbstständig konzipieren und

entsprechende Fachreferenten verpflichten», freut sich

Bachmann. Gleichzeitig nehme er sich immer auch die

Zeit, kleinere Unterrichtseinheiten selber zu vermitteln,

um so im Kontakt mit den Kursteilnehmenden zu blei-

ben. Gegenwärtig ist der neue Leiter des Lilienberg Akti-

onsfeldes Bildung & Sport mit seinem Team am Aufbau

eines hochschuldidaktischen Zentrums mit dem Fokus

auf Fachhochschulen beschäftigt.

Erst kürzlich ist ein Buch von Heinz Bachmann erschie-

nen, in dem es um die Neuausrichtung in der Hochschul-

lehre geht: Bachmann, H. (Hrsg.), «Kompetenzorien-

tierte Hochschullehre», hep-Verlag, Bern 2011. Eine

weitere Publikation Heinz Bachmanns beschäftigt sich

mit der Volksschule und Themen, die auch Gegenstand

seiner Veranstaltungen auf Lilienberg sein werden. Das

Werk, das vor zwei Jahren in den Buchhandel kam, trägt

den Titel «Ist unsere Volksschule noch zeitgemäss

und artgerecht?», und ist im Sauerländer & Cornelsen-

Verlag in Aarau erschienen.

Und was wir von Heinz Bachmann sonst noch wis-

sen wollten …

Hier halte ich mich am liebsten auf: Trotz der vielen

Reisen immer noch in Winterthur.

Ich bin ein Muffel beim: Gärtnern.

Das kann ich nicht ausstehen: Halbwahrheiten.

Ich habe Angst vor: Der zunehmenden Komplexität

unserer Systeme, die unsere menschliche Natur mehr und

mehr überfordert («Der Zauberlehrling» von Goethe lässt

grüssen).

Eine Schwäche habe ich für: Luxemburgerli von Sprüngli.

Meine Lieblingsfilme sind: Wechselnd – im Moment

«The King’s Speech».

Zurzeit liegt in meinem CD-Player: Eine Blues-Antho-

logie.

Meine jetzige Bettlektüre: «Wer bin ich, wenn ich

online bin … und was macht mein Gehirn solange? – Wie

das Internet unser Denken verändert» (Nicholas Carr).

Mein erstes Geld habe ich verdient: Als Zweitklässler

im Landdienst bei meinen Verwandten.

Mein Vorbild ist: Ein Idealbild – ein Mensch, der es ver-

steht, mit Anstand alt zu werden und zufrieden zu sein,

mit dem was er hat.

Mein Erholungsrezept ist: Daran arbeite (!) ich noch.

Als Kind wollte ich: Meinen eigenen Weg gehen.

Die genialste Erfindung ist: Die steht noch aus – also

dranbleiben ihr Forscher und Tüftler!

Am Lilienberg Unternehmerforum schätze ich: Den

Kontakt mit interessanten Menschen.

Beeindruckende Unternehmerpersönlichkeiten mit Lilienberg Preisen ausgezeichnetDer Thurgauer Unternehmer Peter Spuh-

ler, Inhaber und CEO der Stadler Rail

Group, die Winterthurer Top-Medien-

Gruppe mit Geschäftsführer Dr. Günter

Heuberger und die Technopark-Allianz

um ihren Gründer Dr. Thomas von Wald-

kirch. So heissen die Lilienberg Preisträger

2011, die die Stiftung Lilienberg Unter-

nehmerforum im April ausgezeichnet hat.

Rund 120 Gäste wohnten bei herrlichem

Frühlingswetter den Feierlichkeiten bei.

Ekaterina Frolova und Vesselin Stanev war

es vergönnt, den Festanlass vom 8. April

mit den Fantasiestücken für Violine und

Klavier von Robert Schumann musikalisch

zu eröffnen. Daraufhin ergriff Stiftungs-

ratspräsident Dr. h. c. Walter Reist das

Wort. Die zehnte Preisverleihung finde

nicht mehr wie früher in kleinem Rahmen

in der Aula statt, sondern erstmals vor

einer ansehnlichen Festgemeinde im Zen-

trum, freute er sich. «Die drei Preisträger

erscheinen deshalb heute in Begleitung

einer grösseren Delegation», so Walter

Reist. Unter den geladenen Gästen waren

etwa der Regierungsratspräsident des

Kantons Thurgau, Dr. Jakob Stark (SVP),

der Zürcher Stadtrat Martin Waser (SP)

und, als Vertreter der Winterthurer Stadt-

regierung, Dr. Matthias Gfeller (Grüne

Partei). Auch Ermatingen, Standortge-

meinde des Lilienberg Unternehmerfo-

rums, und Hinwil, Wohn- und Bürgerge-

meinde von Walter Reist, waren mit einer

Behördendelegation vertreten.

Stiftungsratspräsident Dr. h. c. Walter

Reist (Zweiter von links) zusammen mit

den Preisträgern 2011: Peter Spuhler,

Dr. Thomas von Waldkirch und

Dr. Günter Heuberger (von links).

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U N T E R N E H M E R T U M

Mehr auf die Gefühle vertrauen

Christoph Vollenweider, Leiter Unterneh-

mertum bei der Stiftung Lilienberg Un-

ternehmerforum, appellierte in seiner

Festansprache an die anwesenden Un-

ternehmer, dem menschlichen Aspekt

mehr Bedeutung zu schenken. Dies sei

auch ein zentraler Punkt der Lilienberg

Unternehmertum-Philosophie. Sich ein-

zig auf die wirtschaftlichen und sachli-

chen Belange zu konzentrieren, wie dies

leider auch in der Politik viel zu oft

getan werde, reiche für eine erfolgreiche

unternehmerische Tätigkeit nicht aus,

sagte der Redner. Zahlreiche Probleme

könnten gelöst und viele Frustrationen

vermieden werden, wenn die Verantwor-

tungsträger in Wirtschaft, Politik und

Gesellschaft im persönlichen zwischen-

menschlichen Gespräch mehr auf das

Fühlen ihrer Mitarbeiter hören und dar-

aufhin auf die eigenen Gefühle vertrauen

würden.

Unternehmerische Projekte scheiterten

oft an rein menschlichen Problemen, die

nicht angesprochen, geschweige denn

gelöst würden. Dafür verantwortlich,

dass auch die menschliche Dimension

erkannt und eingebracht werde, sei der

Unternehmer.

Peter Spuhlers vorbildliche

Führungsstärke

Im Anschluss an Christoph Vollenweiders

Rede erhielt Peter Spuhler aus den Hän-

den von Walter Reist den Lilienberg

Personenpreis, «in Anerkennung seines

innovativen und vorbildlichen unterneh-

merischen Wirkens in Wirtschaft, Politik

und Gesellschaft», wie der Laudator,

Nationalrat Bruno Zuppiger, Mitglied des

Lilienbergrats, sagte. Es seien die Mitar-

beiterinnen und Mitarbeiter, die den Er-

folg einer Unternehmung ausmachten.

Dies betone der Preisträger stets von

Neuem. «Peter Spuhlers Mut, seine Aus-

dauer, sein Leistungswille und seine Kraft,

aber auch seine Führungsstärke sind

zweifelsfrei ein Vorbild für alle, die unter-

nehmerisch denken und handeln», so

Bruno Zuppiger, langjähriger Freund und

Sitznachbar des Geehrten im National-

ratssaal in Bundesbern.

Laufbahn und Leistungsausweis des in

Spanien geborenen Unternehmers Peter

Spuhler sind einzigartig. 1989 übernahm

er nach seinem Studium der Betriebswirt-

schaft die Stadler AG im thurgauischen

Bussnang. 20 Mitarbeitende waren da-

mals für das Unternehmen tätig, und die

Firma erzielte einen Jahresumsatz von 4,5

Millionen Franken. In den vergangenen

gut zwei Jahrzehnten baute Peter Spuh-

ler die Stadler AG in unermüdlicher Arbeit

zu einem der erfolgreichsten Industrie-

konzerne der Schweiz auf. Heute be-

schäftigt die Stadler Rail Group über

3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

und erwirtschaftet einen jährlichen Um-

satz von 1,1 Milliarden Franken.

2006 rettete Peter Spuhler ausserdem

den damals stark kränkelnden Landma-

schinenhersteller Aebi Burgdorf. Er fusi-

onierte die Firma mit der deutschen

Schmidt Gruppe und baute sie innert vier

Jahren zu einer schlagkräftigen Unter-

nehmensgruppe mit 1700 Mitarbeiten-

den aus. Das Unternehmen weist heute

einen Jahresumsatz von 400 Millionen

Franken aus. Peter Spuhler ist heute

Mehrheitsaktionär und Verwaltungsrats-

präsident der Unternehmung.

Doch damit nicht genug: Als der einst so

illustre Winterthurer Industriekonzern

Rieter 2008 kurz vor dem Absturz stand,

trat Peter Spuhler erneut als «Retter in

der Not» auf und half dem angeschlage-

nen Unternehmen wieder auf die Beine.

Peter Spuhler zeigte sich in seinem Dan-

keswort sichtlich gerührt ob der Ehre, die

ihm mit dem Lilienberg Preis zuteilwurde.

Walter Reist bezeichnete er als grosses

Vorbild auf dem Weg zum erfolgreichen

Unternehmer. Doch Peter Spuhler ist

nicht nur eine beeindruckende Unterneh-

merpersönlichkeit, sondern auch ein

höchst angesehener Politiker. Er gilt als

Kämpfer für die Unabhängigkeit und Ei-

genständigkeit der Schweiz. Er setzt sich

engagiert für einen starken Wirtschafts-

und Werkplatz Schweiz ein und damit

verbunden für die Schaffung von Arbeits-

plätzen und Lehrstellen. «Wohlstand und

Wohlfahrt sind nicht gottgegeben. Es gibt

noch viel zu tun – packen wir es an!»,

hört man das SVP-Schwergewicht immer

wieder sagen. Was den gebürtigen Zür-

cher, der für den Kanton Thurgau im Na-

tionalrat sitzt, besonders auszeichnet:

«Seine offene und zupackende Art wird

von seinen politischen Freunden ebenso

geschätzt wie von seinen Gegnern», wür-

digte Bruno Zuppiger seinen Parteikolle-

gen.

Erfolgreiche Winterthurer

Mediengruppe

Der Lilienberg Institutionenpreis 2011

ging an die Top-Medien-Gruppe aus

Winterthur. Zu den Top-Medien gehören

Radio Top, Tele Top und Top Two. Die

Top-Mediengruppe mit Geschäftsführer

Dr. Günter Heuberger erhalte den Preis

«in Anerkennung ihrer ausserordentli-

chen unternehmerischen Leistung als

mediale Kraft mit starkem unternehme-

rischem Profil, eigenständiger staats-

bürgerlicher Verantwortung und aus-

geprägtem Sinn für den Dienst an

der Gemeinschaft», argumentierte Lilien-

bergrat-Mitglied Dr. Peter Forster.

Ekaterina Frolova an der Violine und Vesselin Stanev am Klavier umrahmten die Feier-

lichkeiten musikalisch.

Die Stadler Rail von Peter Spuhler mit

Unternehmenssitz in Bussnang beschäf-

tigt heute weltweit über 3000 Mitar-

beitende.

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U N T E R N E H M E R T U M

Nach Roger Schawinski (Radio 24, Ra-

dio 1) ist Günter Heuberger der wohl be-

kannteste Pionier in der Schweizer Privat-

radio-Szene. In zähem Ringen mit den

Behörden, aber auch mit den Verlegern

der Region baute er die anfänglich lokal

auf Winterthur ausgerichteten Sender

Radio Eulach und Tele Winti zu bedeu-

tenden regionalen Institutionen aus, die

er unter den neuen Namen Radio Top

und Tele Top zu den angesehenen Top-

Medien zusammenschloss.

Seit einem Vierteljahrhundert tragen Ra-

dio Top und Tele Top zur Informations-

und Meinungsvielfalt in den Kantonen

Zürich und Schaffhausen sowie in der

ganzen Ostschweiz bei. «Günter Heuber-

gers Sender haben den Mut zur eigenen

Meinung», sagte Peter Forster. «Beide

Stationen heben sich konstruktiv und

wohltuend vom Mainstream, um nicht

zusagen vom Einheitsbrei vieler anderer

elektronischen Medien ab», so der Lau-

dator wörtlich.

Günter Heuberger bringe die Kraft auf,

mit seinem Programm einen eigenen,

einen bürgerlichen Kurs zu steuern. «Er

hält den destruktiven, ewig nörgelnden

Zeitgeist anderer Redaktionen von seinen

Sendern fern. Im Gegensatz zu den meis-

ten anderen privaten Radio- und Fern-

sehstationen im Grossraum Zürich dienen

Radio und Tele Top nicht als Plattformen

für billige Sensationen.»

In den Augen von Peter Forster zählt

Günter Heuberger zu jenen Schweizern,

die für unser Land («Walter Reist würde

sagen: für unser Vaterland») mehr leisten

als viele andere: «Sein staatsbürgerliches

Engagement als Generalstabsoffizier und

Präsident von Organisationen, die den

Wehrwillen stärken, oder von sozial aus-

gerichteten Institutionen fliesst immer

wieder auch in seine Tätigkeit als Ver-

leger ein.»

Technopark-Allianz fördert

Jungunternehmer

Den Lilienberg Förderpreis 2011 erhielt

der Verein Technopark-Allianz. Ein Tech-

nopark ist ein Ort, an dem ausgewählten

Jungunternehmern aus dem Technolo-

giesektor eine gemeinsame Infrastruktur

zur Verfügung gestellt wird. Sie gehören

vorwiegend zukunftsorientierten Bran-

chen an, wie zum Beispiel der Mikroelek-

tronik, der Informatik, der Nachrichten-

technik oder der Computertechnologie.

Aktive Jungunternehmer, innovative For-

scher und zukunftsorientierte Dienstleis-

ter beleben den Technopark.

Der erste Schweizer Technopark entstand

Mitte der Achtzigerjahre in Zürich, ge-

gründet von Dr. Thomas von Waldkirch.

Walter Reist stand der Idee des Techno-

parks damals eher skeptisch gegenüber.

Er habe die Auffassung vertreten, dass

ein Unternehmer beim Aufbau eines Be-

triebs selbst Geld in die Hand nehmen

und nicht auf Förderer zurückgreifen soll-

te, sagte er an der Preisverleihung. Diese

Meinung habe er zwischenzeitlich revi-

diert. Die Förderung von Jungunterneh-

mern habe heute einen hohen Stellen-

wert, betonte Walter Reist.

Thomas von Waldkirch ist ein unterneh-

merisch begabter Pionier. 1986 gründete

er die neue Stelle «ETH Transfer» und

1987 das Zentrum für Technologietrans-

fer. In Partnerschaft mit Sulzer-Escher

Wyss entstand der Technopark Zürich,

dessen Leitung Thomas von Waldkirch

übernahm.

Um die Jahrtausendwende wuchs in Win-

terthur ein zweiter Technopark heran,

unter dem gleichen Namen, aber mit ei-

gener lokaler Verantwortung. Weitere

Technoparks entstanden nach und nach:

Luzern 2003, Aargau 2005, Lugano 2009

und der Bio-Technopark Schlieren-Zürich

2010. Auf dieser Grundlage wurde der

Verein Technopark-Allianz gegründet.

Diese Allianz erhielt nun den Lilienberg

Förderpreis 2011, «in Anerkennung ihrer

unternehmerischen Leistungen in der

gezielten und umfassenden Förderung

des Jungunternehmertums in der

Schweiz», sagte Laudatorin Alexandra

Frei vom Lilienberg Ehrenteam.

Mit der Komposition «Tzigane – Rapsodie

de Concert» des französischen Impressi-

onisten Maurice Ravel und der Melodie

Opus 42 aus «Souvenir d’un lieu cher»

von Peter Tschaikowsky sorgten Ekaterina

Frolova und Vesselin Stanev für den mu-

sikalischen Schlusspunkt der Lilienberg

Preisverleihung. Ein ausgiebiger Apéro in

der sich in schönster Frühlingspracht prä-

sentierenden Parkanlage, geziert von

vielen prächtigen Osterglocken, rundete

bei herrlichem Wetter den in jeder Bezie-

hung konstruktiven und inspirierenden

Anlass ab.

Die drei Lilienberg Preise

im Überblick

Die Lilienberg Preise wurden die-

ses Jahr bereits zum zehnten Mal

verliehen. Sie sind eine ausseror-

dentliche Wertschätzung an bei-

spielhafte unternehmerische Per-

sönlichkeiten und Institutionen.

Der Personenpreis wird für heraus-

ragende Leistungen, resultierend

aus der Umsetzung freiheitlichen

unternehmerischen Gedankenguts

verliehen, der Institutionenpreis für

bahnbrechende unternehmerische

Leistungen mit nachhaltiger Wir-

kung und der Förderpreis für kre-

ative, wegweisende unternehme-

rische Aufbauarbeit. Neben einer

Trophäe in Form des Reist-Sym-

bols erhalten die drei Preisträger

jeweils auch einen Geldpreis von

10 000 Franken sowie einen Blu-

menstrauss mit gelb-roten Rosen.

Tele Top hebt sich konstruktiv vom Einheitsbrei der anderen elektronischen Medien im

Grossraum Zürich/Ostschweiz ab. Unser Bild zeigt Top-Moderatorin Nicole Fritschi im

News-Sendestudio des Winterthurer Regionalfernsehens.

Aktive Jungunternehmer, innovative

Forscher und zukunftsorientierte

Dienstleister beleben den Technopark

in Zürich.

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G E S P R Ä C H

Von Wilhelm Knecht

Dr. Luzius Wasescha: «Die Schweiz muss sich weltweit eigenständig und selbstbewusst profilieren»Am 30. März vermittelte Botschafter Dr.

Luzius Wasescha im Rahmen des 109.

Lilienberg Gesprächs Einblick in seine Er-

fahrungswerte, dies als Chefunterhänd-

ler der Welthandelsorganisation (WTO)

weltumspannend und als Präsident des

Vereins Naturpark Parc Ela schweizerisch-

regional bedacht. Hier die Makro-, dort

die Mikrowelt.

Hans-Jacob Heitz, Mitglied des Lilienberg

Ehrenteams, trat mit Botschafter Luzius

Wasescha ins Zwiegespräch. Sozusagen

dem Lebenslauf des Referenten entlang,

insbesondere dem beruflichen Werde-

gang, ergründete er Motive, Wertehal-

tungen und Verhaltensprinzipien des

Gastes. Dabei behielt er jene Kriterien im

Auge, die für ein erfolgreiches und somit

auch unternehmerisches Wirken im Mit-

telpunkt stehen.

Von Graubünden ins Welschland

Luzius Wasescha wuchs ab dem achten

Altersjahr als – Zitat – «Bündner aus dem

Surses» in Bern, Montreux und Lausanne

auf. Er absolvierte seine Studien an der

Universität Lausanne. Moderator Hans-

Jacob Heitz fragte den Botschafter, ob ihn

diese Wohnsituationen – Romantsch als

Muttersprache, dann die Wechsel ins

deutschsprachige Gebiet und schliesslich

ins Welschland – nachhaltig geprägt hät-

ten. Luzius Wasescha antwortete, dass die

Mehrsprachigkeit das eine sei. «Geprägt

haben mich aber primär die unterschied-

lichen Kulturen. Innerhalb dieser wechseln-

den Kulturregionen entwickelte ich auch

ein Bewusstsein für Minderheiten. Ich

lernte früh, mich mit differenzierten An-

sichten auseinanderzusetzen, und war

zunehmend bestrebt, Hintergründe zu

abweichenden Meinungen zu erfahren.

Dies war sozusagen die Voraussetzung

dafür, die Fähigkeit zu entwickeln, mich in

andere Menschen hineinzuversetzen.»

Auf seine spätere berufliche Ausrichtung

hin sei dies bedeutungsvoll gewesen. Von

der in der Jugend geübten «Mobilität»

her sei ihm kultur- sowie grenzübergrei-

fendes Fühlen und Denken schon früh

eigen geworden: «Schliesslich lebt auch

die Schweiz nicht in sich geschlossen.

Vielmehr ist sie ein Teil Europas, und

Europa ist ein Teil der Welt.»

Nach dem Studium war Luzius Wasescha

– dies war seine erste berufliche Heraus-

forderung – Zentralsekretär Europa-

Schweiz, dann Korrespondent des Euro-

parats für die Schweiz. Es folgten zudem

drei Jahre im Kanton Tessin in der Privat-

wirtschaft. «Wo lag hierzu die jeweilige

Motivation?», fragte Hans-Jacob Heitz.

«Die Art des Zusammengehens der

Schweiz mit dem übrigen Europa interes-

sierte mich stets stark. Ich war ja auch

mitbeteiligt bei der vom St. Galler Profes-

sor Alois Riklin geleiteten politischen

Kommission der Europäischen Bewe-

gung, die 1976 das Hertenstein-Pro-

gramm für die Schweizerische Europa

politik ausgearbeitet und publiziert hatte.

Viele in diesem Konzept erörterte Gedan-

kengänge sind heute noch beachtens-

wert.» Was seinen Aufenthalt in Bellin-

zona betrifft, sagte der Botschafter: «Dort

wollte ich die Funktionen einer Treuhand-

firma kennenlernen, zugleich meine Ita-

lienischkenntnisse verbessern und Italien,

mit seiner Kultur und seinem hohen Ni-

veau klassischer Musik, – näher sein.»

Verhandlungserfolg im Bereich

der Gentechnologie

Der Leistungsnachweis von Luzius Wase-

scha ist enorm, stellte Hans-Jacob Heitz

fest. Der prägenden Ereignisse, die er

erlebte, gäbe es viele aufzuführen, so der

Botschafter. «Prägend, zugleich auch

faszinierend waren vor allem jene Funk-

tionen, die ich für unseren Staat mit

ausserordentlich hoher Verantwortung

wahrzunehmen hatte, ganzheitlich

durchdacht und zukunftsgerichtet.» Es

gelte, für die Schweiz im politisch-wirt-

schaftlichen Gesamtzusammenhang

bestmögliche Vereinbarungen und Ver-

träge zu erwirken. Hierzu brauche es

immer das situativ geschickteste Vor-

gehen. Man müsse alle relevanten An-

spruchsgruppen einbeziehen, deren

Bedürfnisse erfassen, eine exakte Prob-

lemanalyse vornehmen, die verschiede-

nen Interessen objektiv abwägen, ein

überzeugendes Argumentarium aufbau-

en und schliesslich die Verhandlungstak-

tik überlegt wählen. Mit Blick auf den

Verhandlungserfolg sei es unabdingbar,

verlässliche Seilschaften zu generieren,

Allianzen und Partnerschaften zu bilden

– dies innerhalb der Schweiz, insbeson-

dere aber nationenübergreifend. «Ein

konkretes Beispiel sind unsere erfolgrei-

chen Abschlüsse im Bereich der Gentech-

nologie. Dieses Beispiel zeigt eindrücklich

ein mögliches Spannungsfeld auf, näm-

lich den Spagat, den es oft zu meistern

gilt zwischen dem hohen Stand der

Wissenschaft auf der einen und dem

gesellschaftlich-ethisch Machbaren be-

ziehungsweise Durchsetzbaren auf der

anderen Seite.»

«Gefordert, uns weltweit

eigenständig zu profilieren»

Vom Moderator auf die Stellung der

Schweiz in Europa und in der Welt ange-

sprochen, meinte der Botschafter, dass

Heimweh-Bündner im Gespräch: Aron

Moser, Leiter des Lilienberg Unterneh-

merforums, (links) und Botschafter

Dr. Luzius Wasescha.

Luzius Wasescha: Seine beruflichen Stationen

Luzius Wasescha trat im Jahre 1980 als juristischer Mitarbeiter ins Integrations-

büro EDA/EVD ein und wurde 1982 Erster Botschaftssekretär im Wirtschafts-

dienst der Schweizerischen Mission bei den internationalen Organisationen und

der Delegation bei der EFTA und beim GATT in Genf. Es folgte eine steile beruf-

liche Karriere. Einige Etappen: 1994 Ernennung zum Unterhändler in den bilate-

ralen Verhandlungen mit der EU für das öffentliche Beschaffungswesen, dazu

kam auch die Gentechnologie. 1998 wurde er Leiter der Schweizer Delegation

im Handelsausschuss der OECD. Anfang 2000, nunmehr als Botschafter, folgte

die Ernennung zum Delegierten für Handelsverträge, Chef des Leistungsbereichs

Welthandel sowie Mitglied der Geschäftsleitung SECO. Von 2001 bis 2004 war er

Vorsitzender des Handelsausschusses der OECD, von 2002 bis 2007 zudem Chef-

unterhändler der Schweiz in den WTO-Verhandlungen. Im Frühjahr 2007 wurde er

zum Leiter der Ständigen Mission der Schweiz bei der WTO und EFTA ernannt.

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G E S P R Ä C H

die Schweiz– was die wirtschaftliche Leis-

tung betrifft – eine mittlere Grossmacht

sei. «Allerdings sind wir oftmals zu

schüchtern, unsere Stärken nach aussen

zielgerichtet und überzeugend aufzuzei-

gen und sie zur Geltung zu bringen. Wir

tun uns diesbezüglich auch schwer, weil

wir eben nicht Mitglied der EU sind. Umso

mehr sind wir gefordert, uns weltweit

eigenständig und selbstbewusst zu pro-

filieren. Wir unterliegen einem Trug-

schluss, wenn wir meinen, wir besässen

weltweit den uns von der Leistungseffi-

zienz her zustehenden Bekanntheitsgrad.

Sektoriell – beispielsweise in Bezug auf

Banken – mag dies möglich sein. Aber

auch hier, wie in anderen Wirtschafts-

zweigen, holen andere Nationen mit ho-

hem Tempo auf.»

Zu den Standortvorteilen der Schweiz

zählt Luzius Wasescha, der heute an der

Uni St. Gallen zwei Lehraufträge hat, un-

ter anderen die Klarheit bei Abläufen für

Investitionen, die Sicherheit, Steueras-

pekte sowie die Lebensqualität. «Wir

haben in der Schweiz Amerikaner, Deut-

sche, aber eigentlich wenig Asiaten, das

heisst wenig Japaner und Chinesen. Wir

sollten generell attraktivere Vorausset-

zungen (etwa auch in Bezug auf Schulen

für Angehörige fremder Nationen/Kultu-

ren) schaffen. Ein besserer Mix, bezogen

auf die Herkunftsländer, wäre für unser

Land bereichernd.»

Die Schweiz nicht nur

im Rückspiegel betrachten

Das Spektrum der Voten in der Plenums-

diskussion im Anschluss an das Gespräch

war vielfältig. Schwerpunktmässig bezo-

gen sich die Statements auf unsere Sou-

veränität, auf die Aufrechterhaltung und/

oder die Wiederherstellung unternehme-

rischer Freiräume, auf die notwendige

Eindämmung der Gesetzesflut (Überre-

gulierung), auf die Bildungssysteme und

deren Durchlässigkeit, auf das Erfordernis

internationaler Rechtssicherheit sowie

auf institutionelle Aufgaben (beispiels-

weise in Bezug auf das Integrationsbüro)

sowie die Anpassung des Schweizer

Rechts an das EU-Recht. Hervorgehoben

wurde in der Diskussion die Renaissance

des Heimatgedankens, dies als zuneh-

mend erkennbarer Kontrapunkt zur Glo-

balisierungswelle.

Botschafter Wasescha fokussierte zu-

dem die Rolle unserer politischen Partei-

en: «Es liegt in deren Verantwortung, die

Abhängigkeit der Schweiz im globalen

Umfeld zukunftsbezogen zu analysieren.

Es wäre unverantwortlich, die Schweiz

nur im Rückspiegel zu betrachten. Es gilt,

der Frage nachzugehen, inwieweit die

Interdependenz unsere Zukunftsorte –

global betrachtet – neu bestimmt.»

Christoph Vollenweider, Leiter Unterneh-

mertum bei der Stiftung Lilienberg Un-

ternehmerforum, dankte Botschafter

Wasescha für die umfassend dargelegten

Leitgedanken, ausgehend vom höchsten

diplomatischen Parkett und der damit

verbundenen ganzheitlichen Sichtweise,

die gerade auch für das erfolgreiche Wir-

ken der Unternehmer von hoher Bedeu-

tung ist.

Auf die Frage von Hans-Jacob

Heitz, was einen Diplomaten aus-

zeichne, sagte Luzius Wasescha:

«Wir sind Staatsdiener für Visio-

nen», und ergänzte humorvoll:

«Spontaneität wird nur geschätzt,

wenn sie reglementiert ist.»

Botschafter Dr. Luzius Wasescha ver-

tritt die Interessen der Schweiz bei der

Welthandelsorganisation (WTO).

Von Stefan Bachofen

Naturpärke als Kapital für die RegionalentwicklungDer Präsident und der Geschäftsleiter

des Vereins Parc Ela sprachen mit einer

Stimme. «Die Zugehörigkeit zu einem

Naturpark bringt für niemanden zusätzli-

che gesetzliche Vorschriften und Hinder-

nisse», beruhigten Dr. Luzius Wasescha

und Dieter Müller am Lilienberg Gespräch

vom 30. März kritische Zuhörer im Pub-

likum. Sie sehen in den Naturpärken in

erster Linie Kapital für eine nachhaltige

Regionalentwicklung.

«Der Naturpark ist kein neues Schutzin-

strument, das der Wirtschaft im ländli-

chen Raum Einschränkungen aufbürden

will, etwa bei der Erneuerung oder Er-

stellung von Infrastrukturanlagen und

Bauten», wehrte sich Dieter Müller, Ge-

schäftsleiter des Vereins Parc Ela, gegen

eine entsprechende Behauptung eines

Zuhörers. Und auch das Votum desselben

Gastes, wonach Naturpärke Ängste

weckten, weil sie einen Verlust an direk-

ter Demokratie auf Gemeindeebene be-

deuteten, stiess bei den Verantwortungs-

trägern von Parc Ela auf Ablehnung. «Das

Gegenteil ist der Fall: Grundbedingung,

dass ein Park überhaupt erst betrieben

werden darf, ist dessen demokratische

Verankerung in der jeweiligen Region»,

versicherte Dieter Müller. Dies schreibt im

Übrigen das Bundesamt für Umwelt so

vor. Der Bund anerkennt nur Pärke, die

auf regionalen Initiativen beruhen und

von der lokalen Bevölkerung und Wirt-

schaft getragen werden.

Bevölkerung steht hinter dem Park

Fakt ist: In der Region Ela stehen die ins-

gesamt rund 6000 Einwohner der 19 im

Parkgebiet verbliebenen Gemeinden hin-

ter dem Projekt. Sie haben im Herbst 2010

in kommunalen Abstimmungen mit zum

Teil deutlichen Mehrheiten dem Parkver-

trag zugestimmt. Damit taten sie ihren

Willen für einen mindestens zehnjährigen

Verbleib im Parc Ela kund. Einzig die Ge-

meinden Riom-Parsonz und Tinizong-

Rona entschieden, nicht mehr am Parc

Ela mitzuarbeiten.

Im vergangenen Januar reichte der Verein

Parc Ela dem Bundesamt für Umwelt das

Gesuch um Erhalt des touristisch wert-

vollen Naturpark-Labels sowie die Ge-

währung jährlicher Finanzmittel ein. Be-

willigt der Bund diesen Sommer den

Antrag, wäre der Park vorerst bis zum

Jahr 2021 gesichert. Das heisst: Der Parc

Ela dürfte sich dann Park von nationaler

Bedeutung nennen. Von diesen gibt es

heute in der Schweiz – der Nationalpark

im Engadin inbegriffen – erst fünf. Zurzeit

hat der Parc Ela den Status eines Natur-

park-Kandidaten.

Bundesgesetz gibt strategische

Ziele vor

Die rechtlichen Grundlagen für die Pärke

und die strategischen Ziele, die ein Regi-

onaler Naturpark erfüllen muss, sind im

Bundesgesetz über den Natur- und Hei-

«Der Neid ist die aufrichtigste

Form der Anerkennung», zitierte

Moderator Hans-Jacob Heitz den

deutschen Dichter Wilhelm Busch.

«In diesem Sinn hoffe ich, dass

Sie möglichst viele Neider haben»,

ermunterte er seine beiden Ge-

sprächspartner, das Naturpark-Pro-

jekt weiterhin mit Elan und Begeis-

terung voranzutreiben und den

Parc Ela als Chance zu nutzen.

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U N T E R N E H M E R T U M E D I T o R I A L

matschutz festgeschrieben. Im Vorder-

grund steht dabei die nachhaltige Regi-

onalentwicklung: Für das Gebiet Ela in

den Talschaften Albula und Surses im

Herzen Graubündens ist dies von zen-

traler Bedeutung. Denn die Bündner

Randregion kämpft gegen einen sich

stetig beschleunigenden Bevölkerungs-

rückgang und weist ein negatives Wirt-

schaftswachstum auf. Pärke als Kapital

zur Regionalentwicklung sollen somit

wertvolle Impulse für die Stärkung der

nachhaltig betriebenen Wirtschaft und

des Tourismus in der Region geben.

Mit der Verleihung des Parklabels könn-

te der Verein Parc Ela als Trägerschaft

Güter, die nach festgelegten Qualitäts-

kriterien mit Rohstoffen aus dem Park-

gebiet hergestellt werden, mit dem Pro-

duktelabel versehen. Das Produktelabel

eröffnet den regionalen Landwirtschafts-

betrieben zusätzliche Absatzmöglichkei-

ten. Auch die Produzenten wie die Käse-

reien und Metzgereien, die lokale Roh-

stoffe verarbeiten und verkaufen, sind in

die Wertschöpfungsketten eingebunden,

erlangen sie doch mit dem Produktelabel

einen Marktvorteil und schaffen auf-

grund des wachsenden Absatzes ihrer

Waren mittelfristig weitere Arbeitsplätze.

Weiter dienen die Pärke dazu, die Vielfalt

der Natur und die Schönheiten der Land-

schaften langfristig zu erhalten und auf-

zuwerten, beispielsweise mit Arbeitsein-

sätzen. Wie der Verein Parc Ela all diese

ehrgeizigen Ziele und Herausforderun-

gen meistern wolle, fragte Moderator

Hans-Jacob Heitz Geschäftsleiter Dieter

Müller. Dies sei nur mit starken Partnern

möglich, sagte Müller. «Wir arbeiten im

Marketingbereich eng mit der Region

Mittelbünden, aber auch mit den Touris-

mus-Organisationen von Savognin und

Bergün-Filisur zusammen», präzisierte er.

Park als Katalysator für das

Zusammengehörigkeitsgefühl

Projekte, die im Rahmen dieser Koopera-

tion bislang verwirklicht wurden, sind

etwa natur- und kulturnahe Tourismusan-

gebote wie ein Forscherparcours, Exkur-

sionen für Schulen im Parkgebiet oder die

Organisation eines «Tages der Artenviel-

falt». Für Dieter Müller ist klar: «Nur wenn

die Bevölkerung und alle wichtigen Ak-

teure, zu denen neben der einheimischen

Bevölkerung und den Tourismus-Organi-

sationen auch die Besitzer der Ferienwoh-

nungen im Parkgebiet gehören, dahinter-

stehen, kann ein Park funktionieren.» Es

brauche die Mobilisierung aller vorhande-

nen Kräfte, um dem Parkprojekt zum Er-

folg zu verhelfen. Erfreulich sei, dass im

Gebiet Ela alle am selben Strick ziehen und

den Naturpark als Chance sehen würden,

der Region einen wirtschaftlichen Mehr-

wert zu bringen. Und Luzius Wasescha

doppelte nach: «Der Park ist sozusagen

der Katalysator für das Zusammengehö-

rigkeitsgefühl in unserer Region.»

109. Lilienberg Gespräch vom 30. März

2011 mit Dr. Luzius Wasescha, Präsident

des Vereins Parc Ela, Botschafter und

Leiter der Ständigen Mission der Schweiz

bei der Welthandelsorganisation WTO

und EFTA, Delegierter des Bundesrates

für Handelsverträge, und Dieter Mül-

ler, Geschäftsleiter des Vereins Parc Ela;

Gastgeberin: Stiftung Lilienberg Unter-

nehmerforum, vertreten durch Christoph

Vollenweider, Leiter Unternehmertum;

Moderation: Hans-Jacob Heitz, Mitglied

des Ehrenteams, Stiftung Lilienberg Un-

ternehmerforum.

Die beiden Aushängeschilder des Vereins Parc Ela, Dr. Luzius Wasescha (Mitte) und

Dieter Müller (rechts) zusammen mit dem Gesprächsmoderator Hans-Jacob Heitz.

Spendet Novartis-Chef Vasella seinen Bonus?

Zur Förderung der Pärke in der Schweiz gewährt der Bund globale Finanzhil-

fen. Ab 2012 stehen jährlich 10 Millionen Franken zur Verfügung. Hinzu kom-

men Unterstützungsgelder durch den jeweiligen Standortkanton. Wie hoch die

Beträge sind, die dereinst von Bund und Kanton in den Naturpark Parc Ela flies-

sen werden, steht heute noch nicht fest. Dies hängt vom Umfang und von der

Qualität der Leistungen ab, aber auch davon, wie viele Pärke insgesamt in naher

Zukunft in unserem Land realisiert werden. «Um mittelfristig Eigenständigkeit zu

erlangen, sind wir auch auf Sponsorengelder angewiesen», unterstrich Vereins-

präsident Luzius Wasescha. «Wir werden uns deshalb den einen oder anderen

Heimweh-Bündner vorknöpfen», sagte er mit leicht ironischem Unterton. Eine

Aussage, die Moderator Hans-Jacob Heitz zur süffisanten Bemerkung verleitete,

Luzius Wasescha möge sich doch zuerst an Novartis-Verwaltungsratspräsident

Daniel Vasella wenden, dessen Wurzeln ja ebenfalls im Kanton Graubünden lie-

gen. Der Gesprächsleiter wörtlich: «Wenn Herr Vasella nur einen Viertel seines

Jahresbonus für das Naturpark-Projekt spendet, könnte der Parc Ela wohl schon

bald eigenständig funktionieren.»

Das Gebiet des Parc Ela umfasst 19 Gemeinden. Eine davon ist Alvaneu im Albulatal.

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E D I T o R I A LG E S P R Ä C H

Von Wilhelm Knecht

Dr. Roland Grossenbacher: «Innovationen sind ohne Schutz öffentliche Güter»Die schweizerischen KMUs leisten auf

dem Gebiet der Innovation Hervorra-

gendes. Erwähnt seien Erfindungen und

Entwicklungen. Damit tragen die KMUs

wesentlich zum Erhalt unseres Wohlstan-

des bei. Viele von ihnen sind sich aber

nicht bewusst, dass sie ihre kreativen

Leistungen schützen müssen. An einer

Gesprächsveranstaltung vom 20. April

vermittelte Dr. Roland Grossenbacher,

Direktor des Eidgenössischen Instituts für

Geistiges Eigentum (IGE), Einblick in die

entsprechenden Schutzrechtssysteme.

Gesprächsmoderator Christoph Vollen-

weider, Leiter Lilienberg Unternehmer-

tum, hob hervor, dass der Anlass ein

Novum für Lilienberg darstelle. «Es ist die

erste Veranstaltung, die wir in Zusam-

menarbeit mit einer anderen Institution,

nämlich dem Institut für Geistiges Eigen-

tum, konzipiert haben. Das IGE hat sich

vorgenommen, die KMUs über den

Schutz von Innovationen und kreativen

Leistungen aufzuklären. Auch Lilienberg

nimmt sich dieses unternehmerischen

Themas an.»

Roland Grossenbacher unterstrich, dass

das Thema Geistiges Eigentum (Intellec-

tual Property – IP) zunehmend an Bedeu-

tung gewinne, dies gerade auch in

globalen Zusammenhängen. Er verdeut-

lichte dies anhand von Praxisbeispielen,

die unter anderem folgende Grundsätze

und Ziele reflektierten:

• SchutzvorNachahmernundstrategi-

sches Vorgehen.

• ErfolgreicheInvestorensuchedankpro-

fessionellen Recherchen und voraus-

schauendem IP-Management.

• RichtigerSchutzvonAnfanganerspart

unliebsame Überraschungen.

• Wer das Schutzrechtssystem kennt,

kann sich auch gegen «Grössere» zur

Wehr setzen.

• Zuerst informieren, dann loslegen.

Denn auch wer keinen Schutz be-

ansprucht, verletzt eventuell Rechte

Dritter.

Nachahmer haben ohne Schutz

leichtes Spiel

«Innovationen und kreative Leistungen

sind ohne Schutz öffentliche Güter», sag-

te Roland Grossenbacher klipp und klar.

Nachahmer und «Trittbrettfahrer» hätten

ohne Schutz ein leichtes Spiel. Bei den

Unternehmern würde der Anreiz zur In-

novation geradezu entfallen. «Ein Deal

zwischen Staat und Inhaber ist somit fol-

gerichtig: Der Staat stellt das Schutzsys-

tem zur Verfügung, um das Dilemma zu

überbrücken.» Anhand des aktuellen

Fallbeispiels Nespresso werde die Wahr-

nehmung des Schutzrechtssystems of-

fensichtlich: Wenn aus Innovationen und

kreativen Ideen Geschäfte werden, leitet

sich der Erfolg des Unternehmers von der

richtigen Marktstrategie zu folgenden

Fragen ab:

• Product?

• Promotion?

• Price?

• Place?

• Protection?

Mit der fünften Frage, dem Schutz der

Innovation, befasst sich das Institut für

Geistiges Eigentum.

Es bieten sich vier Arten von

Schutzrechten an:

1. Patent: für Lösungen eines techni-

schen Problems. Schutz für Produkte,

Prozesse, Verfahren, Verwendungen

• Neuunderfinderisch

• Gewerblichanwendbar

• Ausschlussgründebeachten

• Schutz:maximal20Jahre

• Patentgewährleistetnochkeinekom-

merzielle Nutzung

Gut zu wissen:

• DasPatentzuerstanmelden,dannre-

den

• KeinProbelaufaufMessenundAus-

stellungen, wenn Patentschutz ange-

strebt ist

• KeinePrüfungaufNeuheitunderfin-

derische Tätigkeit in der Schweiz bei

Anmeldung

• Prioritätsfrist:12MonateabersterAn-

meldung

• PatentierbarkeitistnichtinjedemLand

gleich

• Arbeitnehmererfindungengehörenin

der Regel dem Arbeitgeber

• SchweizundFürstentumLiechtenstein:

Patentunion

2. Marke: für den Namen und/oder das

Logo

• SchutzeinesProfilierungsmerkmals

• CharakterisiertWarenoderDienstleis-

tungen einer Firma

• Istunterscheidend,nichtbeschreibend

• Ausschlussgründebeachten

• Schutz:10Jahregültig(x-malverlän-

gerbar)

• UnterschiedlicheMarkentypen:zwei-

dimensional (vgl. Adidas), dreidimensi-

onal (vgl. Lindt-Schokolade-Osterhase),

akustische Marke (vgl. Ricola-Melodie)

Gut zu wissen:

• Firmenname im Handelsregister ist

nicht gleich Markenschutz

• EsgiltEintragungspriorität

• Keine Prüfung bei Anmeldung, ob

Marke-Rechte Dritter verletzt

• Schutz nur für bestimmte Produkte

oder Dienstleistungen

• Gebrauchspflichtinnerhalbvon5Jahren

• Widerspruchsverfahrenvor IGE(Frist:

3 Monate)

3. Design: Schutz einer neuen, äusseren

Form

• VerfügtüberEigenart(=ausreichende

Unterscheidung zu bestehenden For-

men)

• Wedergesetzeswidrignochanstössig

• Schutz:maximal25Jahre(5×5Jahre)

Gut zu wissen:

• Keine Prüfung auf Neuheit und aus-

reichende Unterscheidungskraft bei

Anmeldung in der Schweiz

• Prioritätsfrist:6MonateabAnmeldung

• Aufschubvon30MonatenabAnmel-

dung, falls Design noch nicht veröffent-

licht werden soll

• DesignschutzunabhängigvonDimen-

sion oder Form

Der Direktor des Institutes für Geistiges Eigentum, Dr. Roland Grossenbacher (rechts)

im Gespräch mit Moderator Christoph Vollenweider.

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G E S P R Ä C H

4. Urheberrecht: Schutz von Werken

der Literatur und Kunst

• Auch Webseiten-Texte, Bilder, Fotos,

Software

• ErgebnissegeistigerSchöpfung

• IndividuellerCharakter(Originalität)

• Schutzentstehtautomatisch

• Schutzbis70JahrenachTod

• NutzungzumEigengebraucherlaubt

Die Wortmeldungen in der Plenumsdis-

kussion widerspiegelten die hohe Aktu-

alität der Thematik. Ersichtlich wurde die

globale Verflechtung unserer Wirtschaft.

Der zunehmende Konkurrenzdruck sei-

tens aufstrebender Weltregionen wie

Korea, China und Indien akzentuiert das

Gebot zur konsequenten Wahrnehmung

eines neuen IP-Verständnisses. Roland

Grossenbacher: «Die Anmeldung von

Patenten, Marken usw. aus diesen Welt-

regionen zeigt exponentielle Steigerungs-

kurven. Ein steigendes Interesse für Fra-

gen rund um das Immaterialgüterrecht

ist auch in südamerikanischen Ländern,

insbesondere in Brasilien, erkennbar.»

Auch zur Kernthematik des Referats von

Roland Grossenbacher, den Schutzrech-

ten, meldeten sich zahlreiche Gesprächs-

teilnehmer zu Wort. Im Zentrum stand

hier die Frage der Beschaffung von Inves-

titions- und Risikokapital, das wohl in

vielen Fällen – gerade in KMUs – zeitge-

recht Erfolge in Forschung und Entwick-

lung herbeiführen beziehungsweise si-

chern könnte. Dass hier ein dringender

Handlungsbedarf besteht, versteht sich

indessen nicht als Forderung an das IGE,

sondern vielmehr an unsere Banken und

Finanzinstitute.

Management des geistigen

Eigentums

Ein aktives Management des geis-

tigen Eigentums (Intellectual Pro-

perty – IP) umfasst laut Roland

Grossenbacher insbesondere fol-

gende Überlegungen und Hand-

lungskriterien:

• Die Verletzung von Schutzrech-

ten Dritter ist zu vermeiden

• NutzungoffengelegterInforma-

tionen von IP-Datenbanken

• Innovationen und kreative Leis-

tungen sind zu schützen

• Sicherstellung des Bewusstseins

für den Schutz von Innovatio-

nen und kreativen Leistungen im

Betrieb

• Durchsetzung von Schutzrech-

ten

• Übereinstimmungvon IP-Strate-

gie mit Business-Strategie

• Einführung von Prozessen zum

effektiven IP-Schutz

• PeriodischeÜberprüfungdesIP-

Portfolios

• Lückensofortschliessen

• IP-PortfolioderKonkurrenzüber-

wachen

Von Werner Schwarzwälder und Stefan Bachofen

Dr. Michael Ambühl: der Spitzendiplomat für schwierigste FälleWenn es um heikle und schwierige Fra-

gen im Zusammenhang mit der Schwei-

zerischen Aussenpolitik geht, kommt fast

immer Dr. Michael Ambühl zum Zug. Der

studierte Mathematiker und Betriebs-

wirtschafter gehört zu den bekanntesten

Spitzendiplomaten der Schweiz. Kürzlich

war er Gast eines Lilienberg Gesprächs.

Selbst für einen glattes Parkett gewohn-

ten Diplomaten bedeutet es eine Heraus-

forderung, von einem Kenner der Mate-

rie zu einem komplexen Thema befragt

zu werden. So geschehen am 26. Mai auf

Lilienberg, als sich der Staatssekretär für

internationale Finanzfragen, Dr. Michael

Ambühl, und Nationalrat Bruno Zuppiger

zum 110. Lilienberg Gespräch gegen-

übersassen. Michael Ambühl leitet das

neue Staatssekretariat für internationale

Finanzfragen, Bruno Zuppiger erhält als

Nationalrat immer wieder einmal einen

Blick hinter die Kulissen, oder er mischt

mit, wenn es um die Schweiz und die in

Turbulenzen geratene Finanzwelt geht.

Sach- und Fachkunde war garantiert.

Auch beim Publikum.

Im Steuerstreit erfolgreich mit

Deutschland verhandelt

Michael Ambühl hat als Chefunterhänd-

ler für unser Land viele gewichtige Dos-

siers betreut und manche schwierige

Verhandlung geführt. Als Leiter des

Dr. Michael AmbühlGespräch vom 20. April 2011, «Schutz

von Innovationen und kreativen Leis-

tungen – was gerade die KMU wissen

müssen», mit Dr. Roland Grossenbacher,

Direktor des Eidgenössischen Instituts für

Geistiges Eigentum (IGE); gemeinsame

Veranstaltung des IGE und des Lilien-

berg Unternehmerforums; Gastgeberin:

Stiftung Lilienberg Unternehmerforum,

vertreten durch Christoph Vollenweider,

Leiter Unternehmertum; Moderation:

Christoph Vollenweider.

Was bringt ein Schutzrecht?

• Es gibt dem Inhaber das Recht,

Dritte von der wirtschaftlichen Nut-

zung eines Gutes auszuschliessen:

Herstellung, Verwendung, Verkauf,

in den Verkehr bringen (auch schen-

ken), bewerben

• DasSchutzrechtisteinhandelba-

res Gut und ein Vermögenwert

• DasSchutzrechtisteinewertvolle

Informationsquelle

• Schutzrechte helfen bei der Ver-

marktung von Waren und Dienst-

leistungen und fördern deren An-

sehen.

Das Eidgenössische Institut für

Geistiges Eigentum bietet zur

Bewältigung aller Fragen rund um

die Frage von Schutzrechten ein

reichhaltiges Unterstützungspro-

gramm – gerade auch für KMUs.

Erstkontakte:

Telefon 031 377 77 77 oder

E-Mail [email protected]

Spezielles KMU-Portal:

kmu.ige.ch

Zudem bestehen ein Beratungs-

netzwerk für Erstberatung in

Patent- und Softwarefragen:

www.ige.ch/ip-netz sowie ein

Schulungsangebot des IGE:

www.ige.ch/training

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U N T E R N E H M E R T U M

Staatssekretariates für internationale Fi-

nanzfragen, der er seit einem Jahr ist,

zeichnet er für die Koordination und die

strategische Führung in internationalen

Finanz-, Währungs- und Steuerfragen

verantwortlich. Im Gespräch mit Bruno

Zuppiger legte Michael Ambühl unter

anderem Rechenschaft zum Steuerstreit

mit Deutschland ab. Es sei eine erfolgrei-

che Verhandlung gewesen, gelang es ihm

doch, im Sinne einer Grundsatzverein-

barung eine Abgeltungssteuer für bis-

her unversteuerte deutsche Gelder auf

Schweizer Banken einzuführen. Damit

konnte der Anspruch Deutschlands, seine

Bürger zu besteuern, erfüllt werden,

ebenso wurde mit diesem Entscheid die

Privatsphäre der Bankkunden in finanzi-

ellen Angelegenheiten (Bankgeheimnis)

bewahrt.

Weit fortgeschritten sind derzeit auch die

Verhandlungen über einen Steuerdeal mit

den USA. Der Deal soll vorsehen, dass

Banken aus der Schweiz Bussen in Milliar-

denhöhe bezahlen und die Namen von

mutmasslichen amerikanischen Steuerhin-

terziehern an die US-Steuerbehörden und

das Justizministerium herausgeben müss-

ten. Im Gegenzug würden die Amerikaner

ihre Ermittlungen gegen die Banken ein-

stellen. Banken, die sich der Regelung

nicht anschliessen wollen, müssten mit

Klagen und Ermittlungen rechnen.

Der Ablauf dieser Angelegenheit erinnert

an die Verhandlungen im UBS-Steuer-

streit, der 2009 mit der Unterzeichnung

eines Staatsvertrages endete. Damals

hatten die USA der UBS vorgeworfen,

reichen US-Bürgern bei der Steuerhinter-

ziehung geholfen zu haben. Die UBS

musste schliesslich eine Busse von rund

780 Millionen Franken zahlen und die

Namen von rund 4500 Kunden heraus-

geben. Auch im Fall UBS hatte Michael

Ambühl die Verhandlungen mit den USA

geführt.

Bankgeheimnis besteht weiter

Dennoch ist für Michael Ambühl klar,

dass das Schweizer Steuer- und Bankge-

heimnis weiter bestehen bleiben wird:

«Es ist für den Bankenplatz Schweiz äus-

serst wichtig.» Nur habe man eben die

Definition von Steuerhinterziehung neu

geregelt. Dem Image der Schweiz bei

anderen Ländern konnten diese Ausein-

andersetzungen nicht schaden. Es sei

insgesamt gut, auch in den USA und Asi-

en, wo man die stabile Regierung der

Schweiz und die direkte Demokratie zu

schätzen wisse. Auch in Brüssel, «bei de-

nen, die mit der Schweiz zu tun haben»,

so Michael Ambühl. Die EU habe gute

Leute, sei in einem permanenten Ver-

handlungsprozess und immer auf Kom-

promisse aus.

Bankkunde hat drei Optionen

Der Gast des Lilienberg Gesprächs schil-

derte in der Folge ausführlich, wie das

nächste Abkommen mit Deutschland zur

Versteuerung geregelt werden soll, um

die Probleme der Vergangenheit zu lösen.

Der Bankkunde habe drei Optionen:

a) Eine Steuer abliefern für die Zinserträ-

ge auf Konten in der Schweiz

b) Beim deutschen Steueramt melden,

dass er ein Konto in der Schweiz hat

c) Aus Deutschland wegziehen

Das System sei «effizient und intelligent»

und dank Quellensteuer wasserdicht.

«Alle deutschen Kunden wären dann im

Reinen, und wir müssen keine Beihilfe zur

Steuerhinterzeihung leisten.» Für die

Schweizer Bankenwelt sei das Steuerge-

heimnis wichtig. Einen automatischen

Informationsaustausch lehnt der Diplo-

mat ab, das sei angesichts der enormen

Datenmengen schlicht gar nicht machbar.

Leicht verwundert zeigte sich Michael

Ambühl auf Bruno Zuppigers Frage, wie

ein Mathematiker der ETH in den diplo-

matischen Dienst komme, wo man meist

Historikern, Juristen oder Ökonomen be-

gegnet. Dass es ab und zu auch Diplo-

Leben und Karriere von Michael Ambühl

Seit bald anderthalb Jahren führt Dr. Michael Ambühl das neu geschaffene

Staatssekretariat für internationale Finanzfragen mit rund 40 Mitarbeitenden.

Vor diesem Engagement war der 60-jährige Berner während 28 Jahren im diplo-

matischen Dienst des Departementes für auswärtige Angelegenheiten tätig, wo

er sich bis zum Staatssekretär emporarbeitete. Ab 1992 war er Botschaftsrat bei

der EU-Mission in Brüssel und Mitglied der Verhandlungsdelegation für die Bila-

teralen I. 1999 ernannte ihn der Bundesrat zum Chef des Integrationsbüros EDA/

EVD. In dieser Funktion war er von 2001 bis 2004 Unterhändler der Bilateralen

II. Von Februar 2005 bis Februar 2010 wirkte Michael Ambühl als Staatssekretär

im Departement für auswärtige Angelegenheiten. Er vertritt die Schweiz auch im

Internationalen Währungsfonds (IWF), im Financial Stability Board sowie in Sachen

internationale Bekämpfung der Finanzkriminalität.

maten mit anderen Studien gibt, biete

eine gute Verteilung, so Staatssekretär

Ambühl. «Was der ideale Steuersatz ist,

finde er als Mathematiker leicht heraus.»

Auffallend war für ihn, dass die Deut-

schen gerne in Berlin verhandeln, bisher

gab es nur eine Sitzung zu Finanzfragen

in Bern. Mit den USA fand von sieben

Runden nur eine in der Schweiz statt.

Ganzheitlich schwierigste Dossiers

verhandeln

Michael Ambühl weihte die Anwesenden

in einer erstaunlichen Offenheit in die

Geheimnisse der Diplomatie ein und ge-

währte ihnen einen vertieften Einblick in

seine Arbeit und seine Tätigkeiten. Chris-

toph Vollenweider, der an diesem Lilien-

berg Gespräch als Gastgeber die Stiftung

Lilienberg Unternehmerforum vertrat,

würdigte Michael Ambühl als Persönlich-

keit, die zwar selber kein Wirtschafts-

unternehmen führt, aber als Leiter des

Staatssekretariates für internationale Fi-

nanzfragen auch unternehmerisch denkt

und handelt. Als Diplomat müsse Micha-

el Ambühl den ganzheitlichen Ansatz,

den Lilienberg fordert und fördert, wäh-

len, wenn er erfolgreich schwierigste

Dossiers mit ebenfalls schwierigen Ge-

genübern verhandeln müsse. «Ein Diplo-

mat muss innovative Lösungsansätze

erkennen und anwenden können», sagte

der Gastgeber. «Offenbar gelingt Ihnen

das sehr gut, denn nicht umsonst gelten

Sie als einer der besten Spitzendiploma-

ten, als Mann für schwierigste Fälle.»

110. Lilienberg Gespräch vom 26. Mai

2011 mit Staatssekretär Dr. Michael Am-

bühl, Staatssekretariat für internationale

Finanzfragen; Gastgeberin: Stiftung Li-

lienberg Unternehmerforum, vertreten

durch Christoph Vollenweider, Leiter

Unternehmertum; Moderation: Natio-

nalrat Bruno Zuppiger, Mitglied des Li-

lienbergrates.

Staatssekretär Dr. Michael Ambühl (rechts) wird am Lilienberg Gespräch von National-

rat Bruno Zuppiger befragt.

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E D I T o R I A LG E S P R Ä C H

Von Wilhelm Knecht

Der Schweizer Armee geht es besser, als viele denken, aber nicht so gut, wie es ihr gehen sollteMit dem Armeebericht des Bundesra-

tes vom Oktober 2010 ist die politische

Auseinandersetzung um die künftige

Gestaltung der Schweizer Armee in eine

neue Phase getreten. Im Mittelpunkt der

Besonderheit vom 18. April mit Korps-

kommandant Dominique Andrey, Kom-

mandant Heer, und Divisionär Jean-Marc

Halter, Chef des Führungsstabes der

Armee, stand die Frage «Was kann die

Armee heute leisten?».

«Zur Eigenständigkeit und zum Wohl-

stand der Schweiz», so Christoph Vollen-

weider, Leiter Lilienberg Unternehmer-

tum, «gehören wirksame Instrumente zur

Gewährleistung der Sicherheit und damit

eine glaubwürdige Armee.» Die Gewähr-

leistung der Sicherheit sei eine Hauptauf-

gabe unseres Staates und ein wichtiger

Standortfaktor. Gerade vor den eidge-

nössischen Wahlen vom kommenden

Herbst gelte es, an diesen Grundsatz zu

denken.

Miliz- und Berufsarmee müssen

dieselben Leistungen erbringen

Korpskommandant Dominique Andrey,

Kommandant Heer, betonte in seinem

Referat, dass die Beurteilung der Bereit-

schaft unserer Armee in Abhängigkeit zu

den von ihr geforderten Leistungen er-

folgen müsse. Das Heer sei «Force Provi-

der par excellence». Ausbildung und

Training leiten sich von der Art der erwar-

teten Auftragserfüllung der Armee ab.

Als Synonym zur Tagungsfrage «Was

kann die Armee heute leisten?» liesse sich

die Frage «Wie geht es heute unserer

Armee?» anführen. «Es geht ihr besser,

als man meint, schreibt, sagt, aber nicht

so gut, wie es ihr gehen sollte», antwor-

tete der Korpskommandant. Dieses «Del-

ta» sei besonders wichtig, wenn man die

Frage auf die Formulierung «Wie geht es

unserer Milizarmee?» ausweitet. «Eine

Milizarmee muss die gleichen Leistungen

wie eine andere Armee erbringen kön-

nen, sie muss dazu aber einen besonde-

ren Weg beschreiten.»

Schutz von Land und Leuten

Die Aufgaben der Armee sind in der

Bundesverfassung und im Militärgesetz

formuliert:

• VerteidigungdesLandes

• UnterstützungzivilerBehörden

• BeiträgezurFriedensförderung

Doktrin und Organisation der Armee de-

cken das ganze Spektrum der Aufgaben

ab. Die Verteidigungskompetenz ist je-

doch politisch bedingt derzeit nur

in reduziertem Ausmass möglich. Die

ersatzlose Ausmusterung gewisser Waf-

fensysteme hat die Kampffähigkeit

verschiedener Bataillone herabgesetzt.

Die Truppenkörper sind grundsätzlich

polyvalent einsetzbar. Zu beachten ist laut

Korpskommandant Andrey, dass die

wahrscheinlichsten und die gefährlichs-

ten Einsätze nicht deckungsgleich sind.

Dies mache die Priorisierung der Bereit-

schaft und der Ausbildung, vor allem aber

die Einstellung zum Dienst schwierig.

«Wir müssen die Hauptaufgaben der ein-

zelnen Truppenkörper besser, klarer, ein-

facher und kompakter festlegen: Diese

sollen im Laufe der Dienstzeit tatsächlich

‹ gelebt › werden.»

Junge Kader agieren oftmals

unsicher

Die Formationen müssen nicht nur orga-

nisiert und ausgerüstet sein, sondern

auch ausgebildet und regelmässig trai-

niert werden. Dominique Andrey: «Wir

sind keine Einsatzarmee, sondern eine

einsatzorientierte Ausbildungsarmee.»

Die Grundausbildung von Soldaten und

Kader sei effizient und erziele gute Re-

sultate. Die Ausbildungsziele für die

Grundausbildung und für das Training

(Wiederholungskurse) werden auf Stufe

Kompanie und – je nach Waffengattung

– auch auf Stufe Truppenkörper erreicht.

Wegen zu kurzer Ausbildungsdauer agie-

ren die meisten Kader in der Ausübung

ihrer Funktionen aber noch zu wenig si-

cher. Es fehlt die Zeit, um sich Wissen und

vor allem genügend Führungserfahrung

anzueignen. Erschwerend wirken sich

auch Lieferengpässe (Logistik) und nicht

ausreichende Ausbildungsmöglichkeiten

(zu kleine Manövergelände) aus. Die

Hauptherausforderung der Armee in den

Augen von Korpskommandant Andrey:

«Die Kaderausbildung muss verstärkt

werden.»

Dienstleistungsmodell mit dem

zivilen Umfeld in Einklang bringen

Die Schweiz hat eine Milizarmee. Die

Bürger stehen nur bei Bedarf zur Verfü-

gung. Sie müssen jedoch regelmässig, in

so kurzen Zeitspannen wie möglich, trai-

niert werden. Ohne Einsatzwille und

Dienstbereitschaft jedes Einzelnen funk-

tioniert unsere Armee nicht. Das Gros der

Soldaten und Kader akzeptiert unser

Milizsystem weitestgehend. Unsere Ar-

mee befindet sich aber in direkter Kon-

kurrenz mit den Angeboten auf dem zi-

vilen Arbeitsmarkt. Hinzu kommen die

im Zuge der Bologna-Reform durch die

Hochschulen starr vorgebenen Abläufe,

die eine Vereinbarkeit von Militärdienst

und Studium erschweren. Laut Domi-

nique Andrey müsste der Militärdienst

zwingend besser anerkannt sein. Miliz-

soldaten sollten von Milizkadern geführt

werden, und Milizkader müssten ihre

Milizformationen trainieren können.

Die Dienstmotivation der Kader sei zwar

hoch, allerdings gebe es zu wenig junge

Offiziere, um alle Bedürfnisse der Armee

abzudecken, so der Korpskommandant.

Insbesondere der Nachwuchs an Stabs-

offizieren sei ungenügend. Die Dienst-

bereitschaft (ausgehend vom heutigen

Dienstmodell) nehme generell ab. Die

«Milizkaderung» der Armee sei gefährdet.

Dr. Martin von Orelli, Leiter des Aktions-

feldes Sicherheit & Armee (rechts),

diskutiert mit den beiden Referenten,

Korpskommandant Dominique Andrey

(links) und Divisionär Jean-Marc Halter.

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U N T E R N E H M E R T U M

Hauptherausforderung werde es sein,

Dienstleistungs- und Ausbildungsmodelle

mit dem zivilen Umfeld (Studienpläne an

den Hochschulen, Abwesenheitsdauer,

Diensttage-Management usw.) besser in

Einklang zu bringen.

1000 Armeeangehörige

aus dem Stand verfügbar

Divisionär Jean-Marc Halter, Chef des Füh-

rungsstabes der Armee, stellte in seinem

Referat die Auftragserfüllung und die Leis-

tungen der Schweizer Armee in den Mit-

telpunkt. Die Konflikte in Nordafrika hät-

ten Reaktionen besorgter Politiker und

Bürger hervorgerufen, bis hin zu Forde-

rungen nach Einsatzbereitschaft unserer

Armee an der Südgrenze und zur Verstär-

kung der Polizei für den Schutz diploma-

tischer Vertretungen. Divisionär Halter:

«Schon kleinere Erschütterungen im Si-

cherheitssystem erfordern rasch militäri-

sche Mittel.» Die Armee sei die einzige

Sicherheitsreserve unseres Landes. Bei

ausserordentlichen Ereignissen sei sie

rasch einsetzbar. «Rund 1000 Armeean-

gehörige sind aus dem Stand verfügbar»,

so Divisionär Halter. Das Gros davon sind

Militärdienstpflichtige, die ihren Dienst am

Stück absolvieren und nach ihrer Grund-

ausbildung als sogenannte Durchdiener

(Miliz) in spezielle Bereitschaftsverbände

eingeteilt werden, dies neben Berufs- und

Zeitmilitärs sowie zivilem Personal. Diese

Wehrmänner können im Luftpolizeidienst,

in der Katastrophenhilfe sowie für Siche-

rungs- und Unterstützungsaufgaben zu-

gunsten der zivilen Behörden eingesetzt

werden.

Nach kurzer Vorbereitungszeit, das heisst

innert weniger Wochen, seien auch For-

mationen im Ausbildungsdienst verfügbar:

Truppen in der letzten Phase der Grund-

ausbildung oder solche, die Wiederho-

lungskurse leisten. Das sind durchschnitt-

lich 4000 Armeeangehörige. «Diese Leis-

tungen sind schwerpunktmässig für

Konferenz- und Objektschutz möglich»,

so der Divisionär. Nach mittlerer Vorberei-

tungszeit, will heissen innert Monaten,

seien Verbände einsetzbar, die zusätzlich

und nicht im Voraus planbar aufgeboten

werden müssten, beispielsweise wenn es

eine Notlage (Katastrophen) erfordert oder

zur internationalen Friedensunterstützung

und Krisenbewältigung. Im Gegensatz zu

Wiederholungskursen handelt es sich hier

um ein «Aufgebot zum Dienst».

«Mit diesem Bereitschaftssystem ist die

Schweizer Armee in der Lage, die heute

von ihr geforderten Leistungen zu erbrin-

gen», betonte Jean-Marc Halter. Im Jah-

re 2010 leisteten Armeeangehörige für

solche Einsätze 316 000 Diensttage. Bei

einer Gesamtdienstleistung von 6,4 Mil-

lionen Tagen entsprachen diese Einsätze

somit im vergangenen Jahr einem Anteil

von nur 5 Prozent. Der weitaus grösste

Anteil an Diensttagen entfällt jedes Jahr

auf die Ausbildung.

Die Milizarmee lässt zu, Bürger und Bür-

gerinnen für einige Wochen dem Wirt-

Erkenntnisse von

Korpskommandant Andrey

• InunsererArmeewirdgutund

effizient ausgebildet.

• Die Einstellung zum Dienst ist

gut, sie ist deutlich besser, als viele

glauben.

• EswirdeinebrauchbareGrund-

bereitschaft erreicht, aber

– das Einsatz- und Ausbildungs-

spektrum ist gegenüber der verfüg-

baren Zeit zu breit;

– junge Kader sind zu wenig

sicher in der Führung der Forma-

tionen und im Einsatz komplexer

Waffensysteme;

– das Diensttage-Management be-

ziehungsweise die Konflikte mit

dem zivilen Umfeld werden immer

schwieriger.

• Folgerungen: in allen Bereichen

straffer und konsequenter werden;

sich auf das Wesentliche konzent-

rieren; das Wesentliche gut tun.

Planbare Einsätze der Armee

• 60Prozent=subsidiäreSicherungseinsätzewiezumBeispielamWorldEconomic

Forum (WEF), Schutz ausländischer diplomatischer Vertretungen in der Schweiz,

Verstärkung des Grenzwachtkorps, Flugbegleitung, Botschaftsbewachung (ab 2010

minus 20 Prozent, da hierzu keine WK-Truppen mehr im Einsatz sind).

• 30Prozent= Friedensförderung:durchschnittlich zirka260Personen täglich;

seit 1953 Korea (heute noch 5 Personen), Minenbeseitigung, in Afrika, Asien

(8 Personen), militärische Beobachtung (18 Personen), Balkan (220 Personen).

• 9Prozent=Unterstützungseinsätze:Sportgrossanlässe,Anlässevonnationaler

Bedeutung.

• 0,2Prozent=Katastrophenhilfe:ImJahre2010bliebdieSchweizglücklicher-

weise von Katastrophen grösseren Ausmasses verschont.

Diese an die Armee übertragenen Aufgaben werden zur Zufriedenheit erfüllt. Die

Aufträge sind meistens planbar, sodass keine eigentlichen Hindernisse entstehen.

Einzelne Engpässe und/oder nicht flächendeckende Ausrüstung ergeben sich in den

Bereichen Übermittlung sowie bezogen auf Spezialfahrzeuge und Spezialgeräte.

Nicht planbare Einsätze der Armee

• Katastrophen: natur-/technologiebedingt oder Terroranschläge, kleine Spezial-

formationen sind mit materieller Bereitschaft sofort verfügbar, die Ressourcen sind

beschränkt; grössere Truppenaufgebote und Materialbereitstellungen benötigen

Wochen bis Monate, die Einsatzdauer für solche Leistungen der Armee ist begrenzt.

Unter den knapp 200 Zuhörern im Lilienberg Zentrum waren auch zahlreiche jüngere

und somit noch aktive Angehörige der Armee, die sich rege an der Plenumsdiskussion

beteiligten.

schaftsleben zu entziehen. «Einen Ein-

satz von mehreren Monaten kann man

sich nur in einer ausserordentlichen Lage

vorstellen. Mit den heute zur Verfügung

stehenden Beständen ist wohl eine

Ablösung möglich», erklärte Divisionär

Halter. Da heute keine flächendeckende

Page 19: Lilienberg – Die Zeitschrift für lebendiges …...man somit nicht lernen. Zuversicht kann man aber durch Erfahrung und Erleben wecken und stärken. Dazu braucht es Mit - menschen,

36 37

G E S P R Ä C H

Ausrüstung vorhanden ist, müsste Mate-

rial (insbesondere Führungsunterstüt-

zungsmittel) übergeben werden. Diese

Überlegungen gelten vor allem auch für

den Einsatz unserer zwanzig Infanterie-

Bataillone. Die Hauptfolgerung: Je länger

die Vorlaufzeiten, desto grösser die Mög-

lichkeiten zur Bereitschaftserhöhung.

Die Voten, die Gesprächsmoderator Dr.

Peter Forster in der Diskussion entgegen-

nahm, betrafen vor allem den Hand-

lungsbedarf zur Beseitigung fehlender

Führungserfahrung von jungen Kader-

angehörigen, verbunden mit fehlendem

Selbstvertrauen, einhergehend mit Unsi-

cherheit verbreitendem Verhalten junger

Offiziere. Moniert wurde auch die unge-

nügende Synchronisation militärischer

und ziviler Ausbildung. Hier gelte es, von-

seiten der Unternehmen, und ebenso

vonseiten öffentlicher Institutionen, im

Hinblick auf Win-Win-Situationen trag-

fähigere Brücken zu errichten. Die Vor-

teile der militärischen Aus- und Weiter-

bildung müssten wieder erkannt werden,

auf den Führungsetagen generell und

bei den Personaldirektoren und Personal-

direktorinnen im Besonderen. Weitere

Votanten sprachen sich vehement für

die Aufrechterhaltung der allgemeinen

Wehrpflicht aus.

Dr. h. c. Walter Reist, Präsident des Stif-

tungsrates der Stiftung Lilienberg Unter-

nehmerforum, rief zum Schluss des An-

lasses alle Teilnehmenden dazu auf, in

ihren eigenen Beziehungsfeldern einen

Beitrag zur konstruktiven Fortentwick-

lung unserer Armee zu leisten.

Besonderheit «Armee» vom 18. April

2011, «Was kann die Armee heute leis-

ten?», mit Korpskommandant Dominique

Andrey, Kommandant Heer, und Divisio-

när Jean-Marc Halter, Chef des Führungs-

stabes der Armee; Gastgeber: Dr. h. c.

Walter Reist, Präsident des Stiftungsrates

der Stiftung Lilienberg Unternehmerfo-

rum; Moderation: Dr. Peter Forster.

Fazit von Divisionär Halter

• DieArmeeerfülltdieihrübertra-

genen Aufträge, national und inter-

national. Die Armee ist ein verlässli-

cher Partner.

• Die Zusammenarbeit mit den

Kantonen in subsidiären Einsätzen

funktioniert gut und zur Zufrieden-

heit der Kantone.

• DasGrosdereingesetztenTruppe

ist Miliz, die nach Vorbereitungszeit

ihre Wirkung erzielt.

• Stetszubeachten:DieAngehöri-

gen der Armee gehen mit dem Wis-

sen in den Einsatz, dass sie allen-

falls Leib und Leben opfern werden.

Wir alle müssen uns stets unserer

Pflicht bewusst sein, alles daranzu-

setzen, damit diese Angehörigen

der Armee unversehrt nach Hause

zurückkehren.

Weitere Veranstaltungen

Im Rahmen der aktuellen Ge-

sprächsreihe «Armee» finden zwei

weitere Veranstaltungen statt. Am

Freitag, 2. September 2011, 17 bis

19 Uhr, referieren Divisionär Daniel

Baumgartner, Brigadier Hans-Peter

Walser und Nationalrat Thomas

Hurter. An der Abschlussveranstal-

tung vom Mittwoch, 30. November

2011, 17 bis 19 Uhr, legen Chris-

toph Vollenweider, Leiter Unterneh-

mertum, und Dr. Martin von Orelli,

Leiter des Aktionsfeldes Sicherheit &

Armee, die an den Anlässen vom 18.

April und 2. September erarbeiteten

Thesen und Postulate dem VBS-Vor-

steher, Bundesrat Ueli Maurer, und

dem Chef der Armee, Korpskom-

mandant André Blattmann, vor.

Von Michel Grunder

Werte-Profil-Analyse hilft, eine Stelle optimal zu besetzen«Sind individuelle Wertvorstellungen mit

den Unternehmenswerten kompatibel?»

So lautete der Titel des zweiten Kollo-

quiums des Jahreszyklus im Aktionsfeld

Unternehmensethik vom 6. April. Vor-

weg ein Hinweis, um keine falschen

Erwartungen zu wecken: Diese Frage

können die Verantwortlichen des Akti-

onsfeldes vorerst noch nicht beantwor-

ten. Sie wollen aber im Rahmen des Ethik-

zyklus ein Tool erarbeiten, das genau bei

dieser Fragestellung hilft: die sogenannte

Werte-Profil-Analyse.

Im Rahmen des ersten Kolloquiums wur-

den die für Unternehmen und Wirtschaft

massgeblichen Werte definiert (siehe re-

daktionellen Artikel in der Lilienberg Zeit-

schrift 25). Das sagt jedoch noch nicht

viel aus. Wesentlich wichtiger ist, wie man

die einzelnen Werte im Kontext der Un-

ternehmenskultur oder des individuellen

Weltbildes gewichtet. Dieser Thematik

war das zweite Kolloquium vom 6. April

gewidmet. Oftmals scheitern wir beim

Versuch, unsere eigenen Wertvorstellun-

gen präzise zu erläutern. In der Regel

werden Gewichtungen nicht explizit for-

muliert. Noch schwieriger fällt es, sie bei

anderen klar zu erkennen.

Werte-Profil-Analyse

als Lösungsansatz

Die Werte-Profil-Analyse soll hier Abhilfe

schaffen. Die Verantwortlichen des Ak-

tionsfeldes entwickeln zusammen mit

den Teilnehmenden der Zyklusanlässe

einen Lösungsansatz, der beispielsweise

bei der Entscheidung hilft, festzustellen,

ob ein Arbeitnehmer – insbesondere des-

sen ethische Charakteristik – mit den

Value-Statements einer Organisation har-

moniert.

Referent Andreas Hürlimann.

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G E S P R Ä C H

Wie aber macht man das? Andreas Hür-

limann, der sich als Headhunter profes-

sionell damit beschäftigt, Stellen in Or-

ganisationen optimal zu besetzen, gab

als Referent wertvolle Inputs. Er vermit-

telte konkret umsetzbare Tipps, wie man

im Rahmen von Assessments und Inter-

views die Werte-Kompatibilität von Un-

ternehmen und Personen erkennen

kann. Seine Ausführungen tragen den

praktischen Herausforderungen in Un-

ternehmungen Rechnung.

Werte sind abstrakt. Sie sind Zielgrössen

(Tugenden), nach denen wir unser Han-

deln ausrichten. Erst hier, bei den Hand-

lungen und den dabei zugrunde liegen-

den Verhaltensmustern, werden die Wer-

te greifbar. An diesem Punkt brachte

Andreas Hürlimann seine persönlichen

Erfahrungen als Managing Partner ins

Spiel und erläuterte die Mechanik kom-

petenzbasierter Assessments. Mit dieser

Methode wird im Interview das Verhalten

in bestimmten Situationen erfragt. Denn

Erfahrung und Praxis bestätigen, dass

das Verhalten aus der Vergangenheit

(die Verhaltensdisposition) zu mehr als

80 Prozent das Verhalten in der Zukunft

bestimmt.

Um die eingangs gestellte Leitfrage, die

auch identisch mit dem Titel des Kollo-

quiums ist, zu beantworten, braucht es

im Wesentlichen drei Schritte. Erstens

müssen wir Werte identifizieren und

Situationen finden, in welchen diese re-

levant sind. Zweitens müssen wir Ver

haltensmuster definieren, die in solchen

Situationen als vollständig, tendenziell

oder gar nicht wertkonform gelten. Das

kann je nach Region, Branche und Unter-

nehmenskultur variieren. Drittens müssen

die Kandidaten nach ihrem Verhalten in

vergleichbaren Situationen befragt und

beurteilt werden.

Dieses Praxiswissen wenden die Aktions-

feld-Verantwortlichen mit den Anlassteil-

nehmern nun an und entwickeln die

Werte-Profil-Analyse einen entscheiden-

den Schritt weiter.

Zyklus «Ethische Werte des Unterneh-

mertum»; Lilienberg Kolloquium vom

6. April 2011, «Sind individuelle Wertvor-

stellungen mit den Unternehmenswerten

kompatibel?», mit Andreas Hürlimann,

Managing Partner, themissinglink, Oet-

wil an der Limmat; Moderation: Michel

Grunder (Aktionsfeld Unternehmenskul-

tur & Unternehmensethik).

Unter den Teilnehmern des Kolloquiums war auch der Arzt und Schweizer des Jahres

2010, Dr. Rolf A. Maibach (rechts), hier zusammen mit den Verantwortlichen des

Aktionsfeldes Unternehmenskultur & Unternehmensethik, Dietrich Pestalozzi (Mitte)

und Michel Grunder.

Von Michel Grunder

Fernöstliches Gedankengut erfolgreich in den Führungsalltag integriertDie Tagung und das Ausserordentliche

Gespräch des Aktionsfeldes Unterneh-

menskultur & Unternehmensethik waren

geprägt von zwei Persönlichkeiten mit

unterschiedlichem Hintergrund und den-

noch einer starken Gemeinsamkeit – die

ausgeprägte Affinität zur fernöstlichen

Kultur und dem zugrunde liegenden

Gedankengut. Dr. Dieter Wartenweiler,

der unter anderem als Psychotherapeut,

Ausbildner und Zen-Lehrer arbeitet, und

Roger Herzig, Unternehmer, diskutierten

mit dem Publikum, wie sich fernöstliche

Haltungen im Führungsalltag und der

Unternehmenskultur eines Schweizer

Unternehmens niederschlagen.

Dr. Dieter Wartenweiler, Ökonom, Psycho-

therapeut, Coach, Ausbildner, Zen-Lehrer

und Autor, brachte an der Lilienberg Ta-

gung vom 19. April den Teilnehmenden

die Essenz des Zen näher und rollte vor

diesem Hintergrund die Themen Authen-

tizität und Ethik auf. Authentizität be-

dingt, auferlegte Rollen abzulegen. So

bestand die erste Aktion des Referats

konsequenterweise darin, für einmal über

die sonst gängigen Lilienberg Abläufe

hinwegzusehen. Tische wurden verrückt,

Namensschilder und Funktionsbezeich-

nungen versteckt. Dies mit dem Ziel, Bar-

rieren der Selbstfindung zu überwinden.

«Der wahre Mensch ohne Rang und

Namen»

Der Versuch, das Zen-Gedankengut in

Worte zu fassen, muss eigentlich schon

im Kern scheitern. «Wenn man über et-

was redet, geht man bereits am Wesent-

lichen vorbei», betonte Dr. Wartenweiler,

der in seinem Buch «Der wahre Mensch

ohne Rang und Namen» das Tagungs-

thema bereits ausführlich abgehandelt

hat. So folgte das Referat auch nicht

einer strikten, linearen Struktur, sondern

wurde ergebnisoffen und sehr interaktiv

geführt.

Im Bestreben, abendländische Ethik und

fernöstliches Gedankengut darzustellen,

ging Dieter Wartenweiler von den drei

Seins-Ebenen Materie, Psyche und Geist

aus. Übertragen auf das menschliche Er-

kennen und Erleben ordnete er diesen

Bereichen objektives Wissen beziehungs-

weise mentale Intelligenz (Materie), sub-

jektives Wissen und emotionale Intelli-

genz (Psyche) sowie inneres Wissen und

spirituelle Intelligenz (Geist) zu.

Je nach Erkenntnisziel müssen nach

Dr. Wartenweiler verschiedene Wissen-

schaften zum Einsatz kommen. Psycho-

logie bezieht sich auf das Verhältnis von

Materie (Aussenwelt) und Psyche (Innen-

welt), Tiefenpsychologie auf die Bereiche

Psyche und Geist, und Zen beschäftigt

sich mit dem Verhältnis von Materie und

Geist. Die im Unternehmen gelebte Ethik

sollte sich auf alle diese Ebenen beziehen

und weist damit ökonomische, psycho-

logische und geistige Aspekte auf. Ent-

sprechend darf sie sich nicht auf die For-

mulierung von Leitbildern beschränken,

sondern muss als Unternehmenskultur

mehrdimensional gelebt werden. Das ist

oft schwerer zu bewerkstelligen, als es

auf den ersten Blick erscheint.

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E D I T o R I A L

Starke Unternehmenskultur –

überdurchschnittliche Produkte

Mit Roger Herzig erläuterte anschliessend

ein Unternehmer den Gästen, wie sich

das fernöstliche Gedankengut in einem

Schweizer Unternehmen und seiner Un-

ternehmenskultur niederschlägt.

Roger Herzig leitet seit 17 Jahren die RWD

Schlatter AG, eine Tochtergesellschaft der

AFG Gruppe, die in Roggwil Holztüren

herstellt. Das Unternehmen kann beacht-

liche Auszeichnungen vorweisen: für

ethisches Verhalten, als bester Arbeitge-

ber, für innovatives Marketing. Dies bringt

eine Überzeugung zum Ausdruck, die die

Geschäftsleitung vor zwölf Jahren ge-

wann. «Überdurchschnittliche Produkte

und Dienstleistungen sind lediglich ‹ Ab-

fallprodukte › einer überdurchschnittli-

chen Unternehmenskultur.»

Roger Herzig praktiziert seit seiner Ju-

gend Karate. Durch diese Tätigkeit kam

er in Berührung mit fernöstlichem Ge-

dankengut, das er auch in seinem Füh-

rungsalltag einsetzt.

Beispiele:

• Er zapft die mit dem chinesischen

Qi (Qigong) verwandte organisationale

Energie an.

• Er entwickelt eine Fehlerkultur nach

dem Motto: Fehler sind willkommen,

denn sie machen das Gute sichtbar (ana-

log dem chinesischen Yin und Yang).

• Er führte flache Hierarchiestrukturen

ein und bringt den Mitarbeitenden echtes

Interesse und Vertrauen entgegen. Er

sagt: «Ich habe mehr gelernt von Men-

schen, die nicht meiner Meinung sind.»

• Er verabschiedete sich vom kurz-

fristigen Quartalsdenken eines börsen-

kotierten Unternehmens, zu dem die

RWD Schlatter gehört, und plant sehr

langfristig.

• Er kennt die Bedeutung der Balance

zwischen Spannung und Entspannung,

die im Zen-Buddhismus eine grosse Rolle

spielt.

• ErstelltdenGeistüberdieMaterieund

warnt: «Hüte dich vor deinen Gedanken,

denn sie sind deine Zukunft.»

• Er relativiert er die Bedeutung des

Materiellen.

Roger Herzig und die RWD Schlatter ha-

ben eine einzigartige und stark ausge-

prägte Unternehmenskultur. Sie vermin-

dert die Konjunkturabhängigkeit, setzt

kreative und innovative Kräfte frei, hilft

Fluktuationen sowie die Anzahl von Ab-

senzen und Unfällen zu senken, steigert

die Reputation und setzt insgesamt eine

Positivspirale von Umsatz und Ertrag in

Gang.

Aufruf zu Handeln in Gelassenheit

Beide Persönlichkeiten, die an der Tagung

dabei waren, diskutierten im Anschluss

daran auch an dem von Dietrich Pesta-

lozzi moderierten Ausserordentlichen

Gespräch. Dr. Wartenweiler erläuterte

erneut die Tripolarität des fernöstlichen

Seins – «Materie, Psyche, Geist» – und

verglich diese mit dem dualen westlichen

System. Er bezog sich auf Zen als Mög-

lichkeit eines inneren Erfahrungsweges,

der die Ausbildung einer authentischen

Persönlichkeit fördert. Was in dieser Hin-

sicht vom Inhaber oder Geschäftsführer

eines Unternehmens persönlich verwirk-

licht und gelebt wird, habe dabei mehr

Überzeugungskraft als alle abgegebenen

Erklärungen.

Eine zentrale Frage an Roger Herzig be-

stand in der Verknüpfung von westlichen

und fernöstlichen Ansätzen in einem Un-

ternehmen. Der Referent sieht das rela-

tiv pragmatisch. Er versucht lediglich,

westliches und östliches Denken zu einer

Symbiose zu führen. Er bietet den Mitar-

beitenden die Möglichkeit an, sich spezi-

fisch auszubilden, bücken muss sich aber

jeder selber.

Interessant war auch die Beleuchtung des

aufgeworfenen Leitsatzes von Roger Her-

zig: «Tue nichts, und nichts bleibt unge-

tan.» Gerade als Bestandteil einer bör-

senkotierten Gruppe befremde dies auf

den ersten Blick. «Man darf dies aber

keinesfalls als Faulheit interpretieren, son-

dern soll sich vielmehr fragen, wo eine

Handlung nötig ist.» Dazu führte Dieter

Wartenweiler an, dass es zwischen ziel-

gerichtetem Handeln und «Nichts-Tun»

einen Mittelweg gebe: das Nicht-Tun.

Man solle nicht einfach nichts tun, son-

dern etwas (unbewusst) passieren bezie-

hungsweise sich handeln lassen. Das mag

vor dem Hintergrund der abendländi-

schen Rationalität vielleicht befremden,

trifft aber vermutlich einen Aspekt des

Zen ziemlich genau: dem Handeln in Ge-

lassenheit.

Zyklen «Die Wirkung der Unternehmens-

kultur verstärken – ganz praktisch» und

«Ethische Werte des Unternehmertums»;

Lilienberg Tagung und Ausserordentli-

ches Gespräch vom 19. April 2011,

«Durch Authentizität zu einer gelebten

Unternehmenskultur», mit Dr. Dieter

Wartenweiler, Uerikon, und Roger Her-

zig, CEO RWD Schlatter AG, Roggwil;

Moderation: Dietrich Pestalozzi und

Michel Grunder (Aktionsfeld Unterneh-

menskultur & Unternehmensethik).

Gruppenbild mit Referenten und Mo-

deratoren. Michel Grunder, Roger

Herzig, Dr. Dieter Wartenweiler und

Dietrich Pestalozzi (von links).

Roger Herzig schilderte vier kon-

krete Fälle, die seine Haltung bei-

spielhaft aufzeigen:

• DieAnstellungeineskurzvorder

Pensionierung entlassenen Kader-

Mitarbeiters eines Konkurrenten.

• Verständnis für einen vonRWD

Schlatter abhängigen Zulieferer,

der Holztüren für ein Objekt beim

lokalen Schreiner bestellen wollte.

• Verzicht auf Sanktionen beim

Diebstahl von Geschäftsinformati-

onen durch einen Mitarbeiter, der

zur Konkurrenz wechselte.

• Übernahme eines kleinen, aber

technisch brillanten Konkurrenten

kurz vor dem Konkurs und Bewah-

rung der Familie vor dem finanziel-

len Ruin.

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E D I T o R I A LG E S P R Ä C H

Von Max Becker

Auf der Suche nach den Quellen unternehmerischer InnovationInnovative Ideen und Projekte haben

viele Väter und Mütter: Sie werden in-

ner- und ausserhalb der Unternehmung

geboren, entwickelt und umgesetzt. Am

Kolloquium des Aktionsfelds Wirtschaft

und Industrie haben Marcel Aeschli-

mann, CEO Creaholic SA, Biel, und Hans-

Jörg List, Mowag AG / General Dynamics

European Land Systems, Kreuzlingen,

dargestellt, welches die systematischen

Schritte der Innovation sein können: Im

Fall von Creaholic wird zur Innovations-

findung externe Unterstützung beige-

zogen. Bei Mowag geht es darum, In-

novation mit langfristigen politischen,

gesellschaftlichen und ökonomischen

Trends und der entsprechenden strate-

gischen Unternehmungsplanung zu ver-

binden. Die Ziele bleiben die gleichen:

die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit

in einem sich rasch wandelnden und

kompetitiven Umfeld.

Jeder Unternehmer ist bestrebt, seine Pro-

dukte und Dienstleistungen durch eigene

Ideen weiterzuentwickeln, zu verbessern

und wettbewerbsfähig anzubieten. Typi-

scherweise sind die Forschungs- und Ent-

wicklungs-Abteilungen der grossen Un-

ternehmungen federführend in der Inno-

vation: Es ist ihre ureigene Aufgabe, an

diesen Herausforderungen zu arbeiten

und in enger Zusammenarbeit mit Verkauf

und Marketing eine Produktepalette zu

gestalten, die den Erfolg sicherstellt. Bei

den KMUs hat es auch Platz für passio-

nierte «Tüftler», die mit oft erstaunlichen

Ergebnissen «im Alleingang», und hie und

da auch «im Hinterhof», neue Ideen ent-

wickeln, die direkt zum unternehmeri-

schen Erfolg beitragen.

Think-Tanks als kreative

Ideenbringer von aussen

Wie ist es nun mit den «Ideen von aus-

sen»? Schon die ersten Think-Tanks, das

heisst «Denkfabriken», die Regierungen

und internationale Organisationen berie-

ten, waren mit der Aufgabe betraut, Im-

pulse von aussen zu den Auftraggebern

zu liefern. Dieses Vorgehen hat seine

Wurzeln in den USA, schwappte dann

aber rasch auf andere Länder über. Heu-

te gibt es auch in der Schweiz «Impuls-

geber» für gesamtgesellschaftliche Her-

ausforderungen wie zum Beispiel Avenir

Suisse oder das Gottlieb Duttweiler Ins-

titute.

Marcel Aeschlimann, CEO der Creaholic

SA in Biel, gab am Kolloquium vom

11. Mai einen Überblick über sein Unter-

nehmen. Selbst Ingenieur, hat er seit der

Gründung von Creaholic als Teilhaber

und Geschäftsführender Partner über

200 Innovationsprojekte geleitet und

begleitet, die zu etwa 80 Patentanmel-

dungen geführt haben. Ideen von aussen

in einer Unternehmung zu «implantie-

ren», sei kein einfaches Ding, so Marcel

Aeschlimann. Die Gefahr des «not inven-

ted here syndroms», also des Wider-

stands gegenüber Informationen und

Konzepten, an denen das Unternehmen

nicht selbst beteiligt war, sei vorhanden

und die Zusammenarbeit des Dritten mit

den internen Entwicklern stelle hie und

da eine Herausforderung dar. Der obers-

te Grundsatz von Marcel Aeschlimann

lautet: «Nie zufrieden sein – sich stets

verbessern, nach Perfektion streben.» Die

berühmte «Nasenlänge voraus» zu sein,

sei für ihn der entscheidende Wett-

bewerbsvorteil. Den Innovationsprozess

vergleicht er mit der Transformation der

Raupe zum Schmetterling.

Die Firma Creaholic fokussiert ihre Tätig-

keit auf Gebiete, die innovationsanfällig

sind: Beispiele sind Energie-Anwendun-

gen, etwa Projekte zur substanziellen

Senkung des Warmwasserverbrauchs

oder in der Medizinaltechnik (Knochen-

Schweissen). «Be a rule breaker», also

weg von den Traditionen, das ist das

Erfolgsrezept von Creaholic.

Interne Innovationsprozesse

mit Konzernunterstützung

Schon fast als «Kontrastprogramm» hör-

te sich das zweite Impulsreferat an. Es

wurde von Hans-Jörg List, Leiter Advan-

ced Engineering bei General Dynamics

ELS (European Land Systems) in Kreuzlin-

gen, gehalten. Hans-Jörg List beschrieb

den Weg der alteingesessenen Firma

Mowag, die im Zug eines Besitzerwech-

sels zur amerikanischen General-Dyna-

mics-Gruppe (GD) stiess. Eine bisherige

eigenständige Unternehmung muss nun

neu ihren Weg in der Produktepalette

eines US-dominierten Eigentümers fin-

den. Für Innovationsprozesse kann sie

zwar die höchsten verfügbaren Entwick-

lungen von GD nutzen, hat dabei aber

dennoch unternehmerische Freiheiten.

«Solange die Zahlen stimmen, gibt es

keine Probleme», so Hans-Jörg List. Die

Wehrtechnik ist ein Wirtschaftszweig,

der in Bewegung ist. Als Beispiele seien

die automatischen Waffensysteme und

die Drohnen genannt. Allerdings ist die

Wehrtechnik auch ein Wirtschaftszweig,

bei dem in langfristigen zeitlichen Dimen-

sionen gedacht wird. Im Vordergrund

steht die Frage, welche Bedrohungs- und

Konfliktformen sich in etwa 15 Jahren

abzeichnen. Hiezu sind beträchtliche

Vorinvestitionen erforderlich. Dem Risk-

Management und der umfassenden Be-

urteilung von Megatrends in Wirtschaft,

Gesellschaft, Politik, Militär, Umwelt und

Energie kommen bei der Lancierung und

Evaluation von neuen Technologien ent-

sprechend grosse Bedeutung zu .

Die anschliessende Diskussion mit dem

Publikum ergab, dass es nicht den einen

Weg zur innovativen Unternehmung gibt.

Kultur, Markt, Finanzen und Technologie

beeinflussen den Takt und die Mittel, die

es braucht, um erfolgreich zu sein.

Zyklus «Innovation – was bringt Unter-

nehmen weiter?»; Lilienberg Kolloquium

vom 11. Mai 2011, «Denken und denken

lassen: Kreative Ideen – von innen oder

aussen?»; mit Hans-Jörg List, General

Dynamics European Land Systems (Mo-

wag), Director Advanced Engineering,

Kreuzlingen, und Marcel Aeschlimann,

Geschäftsführender Partner, Creaholic

SA, Biel; Moderation: Dr. Max Becker und

Anton Bucher (Aktionsfeld Wirtschaft &

Industrie).

Kreative Ideen sind der Nährboden für langfristig gesundes Wachstum eines Unter-

nehmens: eine der bisherigen Haupterkenntnisse des aktuellen Zyklus im Aktionsfeld

Wirtschaft & Industrie. Unser Bild zeigt die Referenten des Kolloquiums vom 11. Mai

mit Hans-Jörg List (Zweiter von links) und Marcel Aeschlimann (Zweiter von rechts),

flankiert von den Moderatoren Dr. Max Becker (links) und Anton Bucher.

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G E S P R Ä C H

Von Werner Schwarzwälder

Medienvielfalt dahin – Aktienkurse gestiegenRegionale und lokale Medien tragen

entscheidend dazu bei, dass kleinere

Städte und ländliche Gebiete nicht zu

gesichtslosen «Suburbs» werden. Wirt-

schaftliche und gesellschaftliche Verän-

derungen stellen jedoch diese Medien

vor grosse Herausforderungen. Welche

Medien brauchen die Regionen? Wie

kann die Bevölkerung für regionale The-

men gewonnen werden? Wer ist bereit,

einen regional relevanten, unabhängigen

Journalismus zu finanzieren? Exponenten

aus Wissenschaft, Politk und Medienpra-

xis diskutieren diese Fragen im laufenden

Zyklus des Aktionsfeldes Medien & Kom-

munikation.

Im Prinzip war es zum Abschluss des

zweiten Kolloquiums vom 18. Mai die

klassische Millionenfrage in Günther

Jauchs Quizshow «Wer wird Millionär?».

Welche Eigentumsform stärkt die Stel-

lung regionaler Medien in wirtschaftli-

cher Hinsicht, aber auch bezüglich der

journalistischen Qualität und Demokra-

tierelevanz? Pascal Zwicky, Assistent am

Institut für Publizistikwissenschaft und

Medienforschung der Universität Zürich,

gab in seinem Referat denn auch die

möglichen Antworten vor:

A: Börsennotierte Unternehmen

B: Unternehmen in Verlegereigentum

C: Genossenschaften oder Stiftungen

D: Zeitungen im Besitz von Finanz-

investoren

Nachdem der Wissenschaftler die Vor-

und Nachteile jeder Eigentumsform dar-

gelegt hatte, lag die richtige Antwort auf

der Hand: «Keine ist nur gut oder nur

schlecht», erklärte Pascal Zwicky den Teil-

nehmenden. Einige im Auditorium konn-

ten aus eigener Erfahrung und eigenem

Tun den Ausführungen des Medienwis-

senschaftlers beipflichten. So schilderte

Peter Bühler, Präsident des Verwaltungs-

rats der neuen Zeitung «Regi die Neue»,

warum sich der Südthurgau nicht einfach

seine Regionalzeitung wegnehmen liess

oder mit einer schlecht gemachten Zei-

tung zufrieden sein will und wie jetzt ein

Genossenschaftsmodell die wirtschaftli-

che Basis für ein neues Blatt schaffen soll.

Sein Plus: Peter Bühler kennt das Genos-

senschaftsgeschäft, er ist im Hauptberuf

Direktor der Raiffeisenbank Aadorf (siehe

auch Kasten).

Wenn die Kleinaktionäre

nicht mehr mitmachen

Unter dem Titel «Wenn die Kleinaktionä-

re nicht mehr mitmachen» erzählte Chris-

toph Vollenweider, von 2004 bis 2008

Chefredaktor des «Zürcher Oberländers»

(ZO), die Geschichte dieses Blattes aus

seiner eigenen Erfahrung. Bei klarer po-

litischer Ausrichtung (pro Freisinn) waren

18 000 Aktien über lange Zeit in sicheren

Händen von vielen freisinnigen Kleinak-

tionären. Der Aktienwert war ein reiner

Steuerwert, es gab kaum Handel. Die

Aktionäre hielten die Aktien als Engage-

ment für die Zeitung und nicht als Geld-

anlage. Der ZO musste so viel verdienen,

dass die Investitionen finanziert werden

konnten. Dividenden wurden regelmäs-

sig bezahlt, meistens 10 Prozent des

Nominalwerts, nämlich 10 Franken pro

Aktie. «Wegen der vielen Kleinaktionäre

gab es keinen eigentlichen Verleger»,

berichtete Christoph Vollenweider aus

dieser Zeit. Das habe der Redaktion gros-

se Freiheiten gegeben. Die Zeitung war

aber klar freisinnig, das wussten auch alle.

Die Wende im Jahr 2004

2004 kam dann der Wendepunkt, mitten

in der Zeitungskrise. Eine unabhängige

Vermögensverwalterfirma aus Zürich bot

850 Franken pro Aktie. Zum Schock für

den Verwaltungsrat fielen zahlreiche

Kleinaktionäre ab und verkauften, sodass

der betreffende Vermögensverwalter ein

Paket von 38 Prozent der Aktien schnüren

und ins Pingpong-Spiel der beiden gros-

sen Zürcher Zeitungen im Grosskampf

um die Regionen einbringen konnte.

Gleichzeitig liefen bei der NZZ und der

Tamedia Strategie-Überlegungen für eine

«Bereinigung» der Zeitungslandschaft in

der Region Zürich-Ostschweiz. Klar war:

Wer das 38-Prozent-Paket erwirbt, wür-

de das Sagen bekommen. Zunächst er-

hielt die ebenfalls freisinnige NZZ die

Aktien.

Einheitsbrei im ganzen

Kanton Zürich

Zum Big Bang kam es im März 2010, als

die NZZ und die Tamedia die Strukturen

definitiv bereinigten. Die 38 Prozent der

ZO-Aktien gingen an die Tamedia. Gleich-

zeitig erwarb die Tamedia zu 100 Prozent

den «Zürcher Unterländer» und die «Zü-

richsee-Zeitung». Letztere wurde, auch

mangels Nachfolger in der Verlegerfami-

lie von Theodor Gut, an den Grossverle-

ger verkauft. Im Gegenzug übernahm die

NZZ die «Thurgauer Zeitung». Christoph

Vollenweider: «Die Zeitungslandschaft

in der Nordostschweiz wurde neu ge-

ordnet, durch die Mantellieferung des

«Landboten» und neue Druckstandorte

verbesserte sich die wirtschaftliche Situ-

ation deutlich, die Einsparungen liegen

allein beim ZO bei 2,5 Millionen.» Und

Medienprofis im Pausengespräch: Theodor Gut, Verwaltungsratspräsident der Zürich-

see Medien (links) und Konrad Müller, Verlagsleiter des «Zürcher Oberländers».

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U N T E R N E H M E R T U M

weiter meinte der Referent: «Eigentlich

schlimm für den Raum Zürich-Nordost-

schweiz. Der Mantel ist sicher besser als

früher, aber heute haben wir einen Ein-

heitsbrei im ganzen Kanton Zürich und

somit das Ende der regionalen Presseviel-

falt.» Der «Zürcher Oberländer» hat zwar

als selbstständige Zeitung überlebt, eben-

so die «Schaffhauser Nachrichten», aber

«kantonal- oder gar eidgenössisch-poli-

tisch ist die bestehende rein regionale

Vielfalt irrelevant», bedauerte der frühe-

re Chefredaktor und heutige Leiter Un-

ternehmertum bei der Stiftung Lilienberg

Unternehmerforum. «Andererseits muss

ich aber gestehen, dass ich nach verlore-

nem Kampf langsam Freude daran habe,

dass meine ZO-Aktien, die ich behalten

habe, nun beginnen, schöne Renditen

abzuwerfen», wusste Christoph Vollen-

weider der Vergangenheit auch die guten

Seiten abzugewinnen. Das sei zwar etwas

zynisch, «spiegelt aber den Lauf der

Dinge in der Presselandschaft Schweiz»,

räumte der Referent offen ein.

Inserate-Umsätze sanken

schweizweit um 44 Prozent

Theodor Gut, Verwaltungsratspräsident

der Zürichsee Medien AG, stellte die Stra-

tegie seiner Gruppe vor und positionier-

te sie einerseits in der langen Tradition

des Familienunternehmens, andererseits

im Umfeld der aktuellen Branchenent-

wicklungen. Diese hatten den Verwal-

tungsrat 2010 nach sorgfältigen Überle-

gungen zum Verkauf der «Zürichsee-

Zeitung» an die Tamedia bewogen.

Zwischen 2000 und 2009 waren die In-

serate-Umsätze schweizweit um 44 Pro-

zent gesunken, die Abonnementerlöse

zwischen 2005 und 2009 um 14 Prozent.

Den Ausschlag für den Verkauf gaben

einerseits auslaufende Kooperationsver-

träge, die entweder bald gekündigt oder

für viele Jahre verlängert werden muss-

ten, sowie die Tatsache, dass sich fami-

lienintern keine Nachfolge abzeichnete.

Im Verkauf an die Tamedia sah der Ver-

waltungsrat den besten Garanten für

die weitere Existenz und Stärkung der

Zürichsee-Zeitung.

«Regi die Neue», das Konzept

Die neue Zeitung «Regi die Neue» erscheint im Südthurgau am Dienstag und Freitag

in einer Auflage von 5000 Exemplaren. Sie umfasst 16 Seiten je Ausgabe. Diens-

tags, damit die Berichte vom Wochenende erscheinen können, freitags, damit auf

das Wochenende hin informiert werden kann. Für beides gibt es in der Region keine

anderen Medien. Daher ist Zweck der Genossenschaft die Herausgabe einer Zeitung,

die in die Landschaft passt. Das Motto: Aus Lesern werden Genossenschafter, aus

Genossenschaftern Inserenten.

Mitglieder der Genossenschaft können natürliche oder juristische Personen sein, die

mindestens einen Anteil zu 500 Franken übernehmen. Das Jahresabonnement kos-

tet 125 Franken, für Genossenschafter 90 Franken. Deren Zahl ist unbeschränkt. Der

Verwaltungsrat beschliesst über die Aufnahme und kann diese ohne Angabe von

Gründen verweigern. Eine bestimmte Gesinnung wird nicht erwartet. Da «Regi die

Neue» gerne auch Aufgaben des Amtsblatts für Gemeinden übernehmen würde,

hat die Zeitung nicht den Ehrgeiz, einen investigativen Journalismus zu betreiben.

Von sich aus Skandale aufgreifen will die neue Zeitung nicht, «sondern informieren».

Nur dann, wenn andere über Kritikwürdiges berichten, werde man nachziehen,

erläuterte Peter Bühler das Redaktionskonzept und musste sich der Frage stellen,

ob das Blatt dann nicht zu langweilig werde und Gefahr laufe, einzugehen. Da sich

«Regi die Neue» im Businessplan bewegt und im dritten Jahr, das wäre 2012, bereits

Gewinn abwerfen soll, ist Peter Bühler mit der Neugründung zufrieden und sicher,

dass sich das Konzept bewährt.

Damit bekäme Werner A. Meier vom Institut für Publizistikwissenschaft und Medi-

enforschung der Universität Zürich recht, der nach seinem Vortrag beim Kolloquium

am 16. März auf die Frage von «Südkurier»-Chefredaktor Stefan Lutz aus Konstanz,

wem die regionalen Medien verpflichtet seien, geantwortet hatte: «Der Zivilgesell-

schaft», aber in der Realität schliesse sie sich lokalen Eliten an. Auf einen Online-

Auftritt mit Blick auf jüngere Leser hat «Regi die Neue» bisher bewusst verzichtet,

aber – so Peter Bühler – «wir haben das im Hinterkopf». Seine Leserinnen und Leser

jedenfalls wollen eine anspruchsvoll anmutende Zeitung in der Hand halten.

Zyklus «Regional- und Lokalmedien der

Zukunft: Wer nutzt, wer macht, wer

finanziert sie?». Lilienberg Kolloquium

vom 16. März 2011, «Inhaltliche Vielfalt

der Regionalpresse», mit Dr. Werner A.

Meier, Leiter SwissGIS, Schweizer Zent-

rum für Studien über die globale Infor-

mationsgesellschaft, Universität Zürich,

und Benjamin Geiger, Chefredaktor

«Zürichsee-Zeitung», Stäfa; Moderation:

Dr. Barbara Meili und Werner Schwarz-

wälder (Aktionsfeld Medien & Kommu-

nikation). – Lilienberg Kolloquium vom

18. Mai 2011, «Traditionelle und alter-

native Eigentumsformen bei regionalen

Medien», mit Pascal Zwicky, Assistent am

Institut für Publizistikwissenschaft und

Medienforschung, Universität Zürich,

Christoph Vollenweider, Leiter Unter-

nehmertum Stiftung Lilienberg Unter-

nehmerforum, ehemaliger Chefredaktor

«Zürcher Oberländer», und Theodor Gut,

Verwaltungsratspräsident Zürichsee Me-

dien AG, Stäfa; Moderation: Dr. Barbara

Meili und Werner Schwarzwälder (Akti-

onsfeld Medien & Kommunikation).

Der Chefredaktor der «Zürichsee-Zeitung», Benjamin Geiger, und der Medienwissenschafter Dr. Werner A. Meier von der Universität

Zürich äussern auf Lilienberg ihre Gedanken zur Zukunft der Regional- und Lokalmedien in der Schweiz. Das Kolloquium stiess vor

allem bei Medienschaffenden auf grosses Interesse. Ganz rechts der Publizist Karl Lüönd.

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E D I T o R I A LG E S P R Ä C H

Von Heinrich Wirth und Heinz Bachmann

Schule muss Unterricht auf Bildungsstandards ausrichtenSoll und kann Schule alles können? Dies

ist der Leitgedanke des diesjährigen Zy-

klus des Aktionsfelds Bildung & Sport.

Auf Lilienberg soll ausgelotet werden,

was die Volksschule leisten kann und wo

sie an ihre Grenzen stösst. Am ersten Kol-

loquium referierten der Geschäftsführer

eines Instituts für Bildungsevaluation und

der Forschungsgruppenleiter der Päda-

gogischen Hochschule Zürich.

Gesellschaftliche Veränderungen in den

vergangenen 20 Jahren führten dazu,

dass an die Schule immer neue Aufga-

ben delegiert wurden, ohne sie an an-

derer Stelle zu entlasten. Stichworte

dazu sind: Französisch und Englisch an

der Primarschule, Informatikunterricht,

Aidsaufklärung sowie die Einführung

von Tagesstrukturen. Mit dem Übertra-

gen neuer Aufgaben ohne entsprechen-

de Entlastung gefährdet man aber zu-

nehmend den Kernauftrag der Schule

– das Vermitteln von Lesen, Rechnen und

Schreiben. Fakt ist: Mittlerweile sind

17 Prozent unserer Kinder nach neun Jah-

ren Volksschule nicht in der Lage, einen

einfachen Text zu verstehen, und 13 Pro-

zent können praktisch nicht rechnen.

Bildungsdiskussion versachlichen

Ziel des diesjährigen Zyklus auf Lilienberg

soll es sein, die oft emotional geführten

Diskussionen um die Volksschule zu ver-

sachlichen. Nicht selten wird unser Blick

auf die Schulrealität durch die eigenen

vergangenen Schulerfahrungen, durch

Negativschlagzeilen in den Medien oder

durch Alarmmeldungen aus der Wirt-

schaft verstellt. Im gemeinsamen Ge-

spräch mit Fachexperten versucht Lilien-

berg, sich der Realität der Volksschule

anzunähern, um zu sehen, wo die Chan-

cen und Herausforderungen in den kom-

menden Jahren liegen.

Unter dem Titel «Schule heute – Ist-Zu-

stand vs. Medienrealität» fand am 5. Mai

das erste Kolloquium des Zyklus statt.

Referenten waren PD Dr. Urs Moser,

Geschäftsführer des Instituts für Bil-

dungsevaluation, Zürich, und Dr. Thomas

Hermann, Forschungsgruppenleiter an

der Pädagogischen Hochschule Zürich.

Fremdsprachige Kinder haben

Handicap

Urs Moser legte dar, dass bei der Einschu-

lung das Lernen der Kinder durch das

Schulmodell kaum beeinflusst wird. Bei

der Lernleistung komme es nicht darauf

an, ob Kinder ihre Schulzeit in einem Kin-

dergarten oder in einer Grund- oder Ba-

sisstufe beginnen. Es sei aber sehr wohl

entscheidend, aus welchem Herkunftsmi-

lieu die Kinder stammen, ganz besonders

wenn es um die Sprachentwicklung geht.

Fremdsprachige Kinder haben einen Rück-

stand von rund zwei Jahren in der Unter-

richtssprache, was die Schule – wie auch

immer das Schulmodell ist – nicht wett-

machen könne, so Urs Moser. «Obwohl

fremdsprachige Kinder in ihrer eigenen

Muttersprache so gut entwickelt sind wie

Kinder aus der Schweiz in der deutschen

Sprache, und obwohl sie alle durchschnitt-

lich über die gleiche Intelligenz verfügen,

können Fremdsprachige während der gan-

zen Volksschulzeit ihren Rückstand nicht

aufholen, was letztlich zu weniger guten

Schullaufbahnen führt.»

Unterstützung in der

Sprachentwicklung gefordert

Schulerfolg sei wesentlich abhängig von

der Fähigkeit der Schülerinnen und Schü-

ler, selber Informationen aus Texten he-

rauszulesen, sagte der Referent. «17 Pro-

zent aller Schülerinnen und Schüler sind

am Ende der Volksschulzeit nicht in der

Lage, einen Text zum Lernen zu nutzen.»

Diesen Umstand bezeichnet Urs Moser

als einen der blinden Flecken in der öf-

fentlichen Meinung. Es lohnt sich kaum,

eine erhitzte bildungspolitische Debatte

über Einschulungsmodelle zu führen.

Hingegen würde es sich sehr lohnen,

Kinder mit Sprachentwicklungsdefiziten

vor der Einschulung zu erfassen und sie

dann auch in ihrer Sprachentwicklung zu

unterstützen.

Der andere grosse blinde Fleck in der bil-

dungspolitischen Diskussion besteht laut

Urs Moser in den Lernleistungsunterschie-

den der Klassen. Auch hier sei es wieder

nicht das Schulmodell, welches den Leis-

tungsunterschied bewirkte, selbst dann

nicht, wenn das soziale Herkommen der

Schülerinnen und Schüler identisch ist.

«Wenn wir also die Lernleistungen in der

Volksschule verbessert haben wollen,

dann müssen wir uns auf Fragen des Un-

terrichts konzentrieren und nicht auf Fra-

gen der Schulstruktur und Schulmodelle.»

Etwas überspitzt formuliert meinte Urs

Moser, «dass unsere Volksschule heute

sowohl an Reformwut, wie auch an Re-

formstau leidet, allerdings an Reformwut

am falschen Ort.» Strukturreformen brin-

gen höchstens einen minimalen Lern-

erfolgszuwachs. Entscheidend sei, was

innerhalb dieser Strukturen geschehe.

«Was immer noch aussteht, ist die Ein-

führung von Bildungsstandards, verbind-

lichen Lernzielformulierungen, die den

Unterricht leiten und eindeutig zeigen,

ob Schülerinnen und Schüler aller Klassen

diese Bildungsstandards auch erreichen.»

Lehrer als Opfer der Reformen?

Während Urs Moser darüber informierte,

was die Bildungsforschung aufgrund em-

pirischer Daten zur Realität der Schule

aussagen kann, referierte Thomas Her-

mann, wie die Medien Schulrealitäten

abbilden und damit zum Teil auch Reali-

täten schaffen. Er bezog sich dabei auf

eine neue, noch nicht publizierte Studie

von Boris Boller und weiteren Autoren

(«Schule, Bildung und Öffentlichkeit», For-

schungsprojekt PH Bern) sowie auf ein

eigenes, soeben abgeschlossenes For-

schungsprojekt mit dem Titel «Bildwelt

Schule» (Thomas Hermann und weitere

Autoren, PH Zürich). Bemerkenswert sei,

so Thomas Hermann, wie die Medien heu-

te Lehrerinnen und Lehrer als Opfer der

Bildungsreformen zeigen, während sie vor

rund zehn Jahren noch als Reformverhin-

derer dargestellt wurden. Und wenn es

Opfer gibt, dann gibt es auch Täter. «Die-

se werden von den Medien heute bei den

Bildungsbürokraten geortet.»

Auf den Bildern, welche die Medien zur

Schule publizieren, seien immer seltener

Lehrerinnen und Lehrer zu sehen. Am

ehesten seien die Lehrer in der Funktion

als Schulleiter abgebildet. Vermehrt wer-

den bei Beiträgen zu Schulfragen Schü-

lerinnen und Schüler oder dann Schul

politiker im Bild gezeigt. Werden Fotos

von Lehrkräften publiziert, dann soche

Erstmals wurde ein Kolloquium des Aktionfeldes Bildung & Sport von Dr. Heinz Bach-

mann geleitet. Der Winterthurer ist der Nachfolger des bisherigen Aktionsfeldleiters

Georg Leumann.

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G E S P R Ä C H

von Lehrern in der Rolle von Lerncoachs

(Lernbegleiter) oder als Freund und Hel-

fer. Weiter sei interessant, dass Bilder zur

Volksschule vor allem in den Regionaltei-

len der Presse erscheinen. Thomas Her-

mann: «Volksschule ist ein regionales

oder gar lokales Thema und Anliegen,

weshalb gesamtschweizerische Projekte

es äusserst schwer haben, Mehrheiten zu

finden – denn es ist die regionale und die

lokale Schule, die Heimat schafft.»

Harmonisierung soll das Lernen

stärken

Die engagierte Diskussion des Publikums

mit den beiden Referenten zeigt zum Teil

Ansätze zu einem Konsens, vor allem

wenn es darum gehen wird, Entwicklun-

gen wieder in Gang zu bringen, die etwas

ins Stocken geraten sind: Insbesondere

wird die Formulierung und Einführung

von Bildungsstandards in die Volksschu-

le als überfällig beurteilt. Mit Bildungs-

standards könne es nicht mehr passieren,

dass Schülerinnen und Schüler, nur weil

sie unterschiedliche Klassen besuchen,

ein anderes Leistungsniveau aufweisen.

Die Konzentration auf Bildungsstandards

könnte auch die hochemotionale Debat-

te – etwa über das Einschulungsalter –

etwas entschärfen, wo auch regionale

Vorstellungen und Traditionen ihre Be-

deutung haben. Harmonisierung lohnt

sich dort, wo sie ganz direkt das Lernen

stärkt.

Zyklus «Soll und kann Schule alles kön-

nen?»; Lilienberg Kolloquium vom 5. Mai

2011, «Schule heute – Ist-Zustand vs.

Medienrealität», mit PD Dr. Urs Moser,

Geschäftsführer Institut für Bildungseva-

luation, Zürich, und Dr. Thomas Her-

mann, Forschungsgruppenleiter Pädago-

gische Hochschule, Zürich; Moderation:

Dr. Heinz Bachmann und Nationalrätin

Brigitte Häberli-Koller (Aktionsfeld Bil-

dung & Sport).

Weitere Anlässe im Rahmen des Zyklus 2011

• 6.Juli2011:KolloquiumzumThema«LebensrealitäteninderSchweiz2011»;mit

Nationalrätin Dr. Lucrezia Meier-Schatz, Geschäftsführerin Pro Familia Schweiz,

St. Peterzell, und Kirsten Oertle-Mildner, Foto Prisma, Frauenfeld. In diesem Kol-

loquium kamen Lebensrealitäten von Kindern und Jugendlichen zur Sprache,

denn diese Lebensrealitäten bestimmen stark, was die Volksschule leisten kann.

(Berichterstattung über diesen Anlass in der Lilienberg Zeitschrift Nr. 27)

• 22.August2011:KolloquiumzumThema«WaskanndieSchuleleistenundwas

nicht? Wer füllt die Lücke zwischen dem Kann und dem Soll?»; mit Prof. Heinrich

Wirth, ehemaliger Prorektor der Pädagogischen Hochschule Thurgau, Eglisau,

und Johann-Christoph Rudin, Rechtsanwalt und Mitinhaber der Mediationsfirma

Schulsupport, Zürich.

• 16.November2011:TagungundAusserordentlichesGesprächzumAbschluss

des Zyklus (Referenten noch nicht bekannt).

Von Stefan Bachofen

Im Dilemma zwischen Schützen und NutzenNaturpärke bieten für alle Beteiligten

einen Mehrwert, und sie sind ökologisch

und ökonomisch sinnvoll. Die Erwartun-

gen an einen Naturpark variieren aller-

dings, je nach Standpunkt, stark. Um ein

Naturparkprojekt umzusetzen, gilt es, vie-

le, zum Teil hohe Hürden zu bewältigen

und Vorurteile aus dem Weg zu räumen.

Das ist das Fazit des ersten Kolloquiums

im Lilienberg Zyklus «Naturpärke – eine

unternehmerische Herausforderung».

«Am besten laden Sie möglichst viele

Landwirte aus Ihrer Region zu einer Car-

fahrt in den Kanton Solothurn ein und

besuchen mit ihnen den Naturpark Thal»,

riet Toni Kappeler, Präsident von Pro

Natura Thurgau, am Kolloquium vom

17. Mai Peter Rutz. Der Meisterlandwirt

aus Dieselbach im unteren Toggenburg

ist seit wenigen Wochen Projektleiter des

Naturparks Neckertal. Er ist überzeugt,

dass die Naturschönheiten des Neckertals

und die regionalen Produkte ein grosses

Kapital darstellen, das besser vermarktet

werden sollte. Doch Peter Rutz muss noch

viel Überzeugungsarbeit leisten. Die

Skepsis seiner Bauern-Kollegen gegen-

über Naturparkprojekten ist gross. Sie

befürchten, dass ein Naturpark ihre in-

tensive Produktion massiv einschränken

könnte.

Am Widerstand der Bauern scheiterte

unlängst auch das Naturparkprojekt

Seerücken zwischen Untersee und Thur.

«Dass es aber auch anders geht, zeigt das

Projekt Thal im Kanton Solothurn», sag-

te Toni Kappeler mit Blickkontakt zu Peter

Rutz. Weil die Trägerschaft eines vom

Bund anerkannten Naturparks die Be-

rechtigung erhält, Güter, die im Parkge-

biet hergestellt worden sind, mit dem

Produktelabel zu versehen, erlangen die

regionalen Produzenten, und damit auch

Moderator Christoph Vollenweider (vor-

ne rechts) diskutiert mit den Referenten

und dem Publikum über den ökolo-

gischen und ökonomischen Sinn von

Naturpärken in der Schweiz. Links die

Referenten des Kolloquiums, Ludwig

Caluori, Dr. Otto Sieber und Samuel Zu-

berbühler (von links).

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U N T E R N E H M E R T U M E D I T o R I A L

die Landwirtschaftsbetriebe, einen Markt-

vorteil. «Die Bauern im Projekt Thal haben

dank des Produktelabels und der grossen

Nachfrage der Touristen nach Parkpro-

dukten deutlich mehr Fleisch und Milch

verkauft als früher. Das Parklabel bedeu-

tet auch für sie eine zusätzliche Einnah-

mequelle.»

«Wo Natur draufsteht, muss Natur

drin sein»

Ein Naturpark im st.-gallischen Neckertal

wäre auch für Dr. Otto Sieber, Zentralse-

kretär von Pro Natura Schweiz, eine Be-

reicherung. Zwar habe sich die Schweizer

Naturparklandschaft in den vergangenen

Jahren stark vergrössert. Mittlerweile gibt

es bereits 20 anerkannte Pärke oder Park-

kandidaten. «Die Region Ostschweiz ist

in der Schweizer Parklandkarte zurzeit

aber überhaupt nicht mehr vertreten»,

bedauert die «Stimme von Pro Natura».

Die älteste Naturschutzorganisation der

Schweiz setzt sich für mehr naturnahe

Lebensräume in unserem Land und für

den Schutz und die Aufwertung von Na-

tur und Landschaft in den Parkgebieten

ein. «Wo Natur draufsteht, muss Natur

drin sein», hielt Otto Sieber in seinem

Referat fest. Die Naturpärke sähen sich

allerdings auch mit einem Dilemma kon-

frontiert. «Nutzen oder schützen?», das

sei die zentrale Frage. Die Erwartungen

divergieren stark. Besucherinnen und Be-

sucher, also Touristen, wollen im Park eine

geschützte Natur antreffen; die Bevölke-

rung hingegen sieht den Park als Kapital

zur regionalen Entwicklung. Die Heraus-

forderung der Verantwortlichen der Na-

turpärke bestehe darin, so Otto Sieber,

beide Ansprüche unter einen Hut zu brin-

gen. «Ein guter regionaler Naturpark er-

kennt Schutz und Aufwertung der Natur

als wichtigen Pfeiler der nachhaltigen

Entwicklung der Region. Er setzt aber

auch einen Fokus auf die Schaffung von

dauerhaftem Mehrwert für die Natur,

und er generiert nachhaltige Wertschöp-

fung.»

Parkbetreiber müssen

Leistungsauftrag erfüllen

Mit einem doppelten Ja beantwortete der

Bündner Kantonsparlamentarier Ludwig

Caluori die Frage von Moderator Chris-

toph Vollenweider, ob Naturpärke ökolo-

gisch und ökonomisch sinnvoll seien. Als

Geschäftsführer des Regionalverbandes

Mittelbünden begleitete er das Projekt

Parc Ela an vorderster Front. Das Manage-

ment-Team des Vereins Parc Ela erwartet

im Spätsommer vom Bundesamt für Um-

welt das Parklabel. Mit dem Label wäre

der Betrieb des Parc Ela für die nächsten

zehn Jahre gesichert und erhielte von

Bund und Kanton jährliche finanzielle Un-

terstützungsbeiträge. Ökologisch mache

ein Naturpark Sinn, weil sich die Land-

schaft im Parkgebiet von Gesetzes wegen

besser entwickelt als anderswo, sagte

Ludwig Caluori. «Denn Parkbetreiber ha-

ben ja einen Leistungsauftrag, der im

eidgenössischen Natur- und Heimat-

schutzgesetz festgehalten ist.»

Höhere Wertschöpfung

in der Region

Er selber sei überzeugt, dass ein Natur-

park auch ökonomisch Sinn mache. «Nur

von den Naturschönheiten allein kann die

Bevölkerung im Parkgebiet ja nicht leben.

Deshalb wollen wir eine höhere Wert-

schöpfung für die Region gewährleisten,

indem wir unsere Naturschönheiten ver-

markten.» Profiteure seien der Tourismus

mit guten, authentischen und erlebnis-

reichen Angeboten, aber auch die Gas-

tronomie, die Dorfläden und der Detail-

handel, und damit indirekt die Produzen-

ten, also die Landwirtschaftsbetriebe.

Er sei sich aber bewusst, dass die Mei-

nungen, ob ein Naturpark wirtschaftlich

Sinn mache, durchaus geteilt seien und

ein gewisses Konfliktpotenzial entstehen

könne. Die Kritik im Gebiet Ela kam, an-

ders als in den Regionen Seerücken und

Neckertal, nicht von den Bauern, die in

einer Bergregion wie den Talschaften

Albula und Surses kaum Alternativen

haben, sich weiterzuentwickeln, und bei

denen der Leidensdruck deshalb gross

ist. Nein, es sind die Verantwortlichen der

Bergbahnen Savognin, die den künftigen

Ausbau ihrer Infrastruktur gefährdet se-

hen, falls der Parc Ela das Parklabel erhält.

Ludwig Caluori: «Seitens der Wirtschaft

bestehen Ängste, dass keine Investitio-

nen und Veränderungen mehr möglich

sind, wenn die Region zum Parkgebiet

gehört.» Die Befürchtungen seien indes-

sen unberechtigt, so Caluori, früher lang-

jähriger Gemeindepräsident von Schmit-

ten. Er verwies auf Zusicherungen von

Bund und Kanton im Richtplan, wonach

die Zugehörigkeit zum Naturpark kein

Hindernis für die Erstellung neuer Bauten

sei. All die kritischen Stimmen zu beruhi-

gen und den Menschen klar zu machen,

dass ein Naturpark für die strukturschwa-

che Region nicht den kompletten Unter-

gang, sondern im Gegenteil langfristig

den wirtschaftlichen Aufschwung bedeu-

tet, sei im Abstimmungskampf im ver-

gangenen Herbst eine veritable Knack-

nuss gewesen. «Wir mussten harte Über-

zeugungsarbeit leisten», gab Ludwig

Caluori offen zu. Doch jetzt sei er opti-

mistisch: «Alles wird gut – aber es braucht

viel Zeit, Energie und Durchhaltewillen.»

Naturpärke als Chance

für den Tourismus

Von einer grossen Chance für den Som-

mertourismus sprach Samuel Zuberbüh-

ler, Product Manager «Naturreisen» bei

Schweiz Tourismus, im Zusammenhang

mit den Naturpärken. Er stelle bei vielen

Städtern, zu denen er selber ebenfalls

gehört, auch in der warmen Jahreszeit

eine Tendenz zum «Raus in die Natur»

fest. «Naturpärke sind für viele Regionen

der USP, da sonst nur wenige oder gar

keine touristischen Attraktionen vorhan-

den sind. Sie eignen sich ideal dazu,

den Sommertourismus anzukurbeln.»

Die gesamte Region profitiere von den

Sind überzeugt, dass Naturpärke ein Gewinn für alle sind. Samuel Zuberbühler

(Schweiz Tourismus), Dr. Otto Sieber (Pro Natura Schweiz), Moderator Christoph

Vollenweider und Ludwig Caluori, Bündner Kantonsparlamentarier und Geschäfts-

führer der Region Mittelbünden (von links).

Im Gebiet Neckertal gibt es Pläne für einen regionalen Naturpark. Der Projektleiter

findet, dass die Naturschönheiten des Neckertals besser vermarktet werden sollen.

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G E S P R Ä C H

Naturpärken, zeigte sich Samuel Zuber-

bühler überzeugt. Was Ludwig Caluori,

in Anspielung auf den Konflikt mit den

Bergbahnen Savognin im Gebiet Ela zur

Spontanaussage verleiten liess, «dass so-

mit selbst die Bergbahnen einen Nutzen

aus den Pärken ziehen müssten».

Laut Samuel Zuberbühler sei es Aufgabe

von Schweiz Tourismus, den Gast aus

dem In- und Ausland von der Schönheit

der einzelnen Regionen zu überzeugen,

ihm konkrete Tipps zu geben, wo die

Schweiz besonders erlebenswert, ein-

drücklich und authentisch ist. Zu diesem

Zweck hat Schweiz Tourismus kürzlich in

Weitere Anlässe

im Jahreszyklus 2011

• 30. August: Kolloquium zum

Thema «Naturparkprojekte im Ver-

gleich – Was motiviert? Was macht

stark?» und Ausserordentliches

Gespräch zum Thema «Naturpärke

– Brücke zwischen Unternehmer-

tum und Ökologie». Referenten

sind Simone Remund, Verantwort-

liche des Bereichs Naturpärke im

Bundesamt für Umwelt, Stefan

Müller, Programmleiter Naturpark

Thal (Schweizer Vorzeigepark) und

Dieter Müller, Geschäftsleiter des

Vereins Parc Ela.

enger Zusammenarbeit mit Coop die Bro-

schüre «Top 100 Erlebnisse» herausge-

ben. Geworben wird für «Ausflüge voller

Emotionen» – beispielsweise in die Na-

turpärke Gantrisch und Jura Vaudois oder

in den Nationalpark im Engadin. Neben

dem Heimmarkt will Schweiz Tourismus

vor allem jene Länder bearbeiten, für

welche die Schweiz wegen des schwa-

chen Euro und US-Dollars nicht teurer

geworden ist, zum Beispiel die stark

wachsenden Fernmärkte Indien, China,

die Golfstaaten und Australien. «So kön-

nen wir den Rückgang bei den Gästen

aus den Euromärkten möglicherweise

kompensieren.»

Erkenntnisse aus dem Kolloquium

Als Fazit des Kolloquiums lässt sich festhalten: Naturpärke sind ein Gewinn für

alle – und eine Chance für die Landwirtschaft, das Gewerbe und den Tourismus.

Regionale Produkte und Dienstleistungen der Gastronomie sowie des Tourismus

profitieren vom Produktelabel, das der Naturpark vergibt. Bereits bestehende

Pärke zeigen, dass das Naturpark-Label ein wertvolles Verkaufsargument ist und

dass damit regionale Produkte auch in das Angebot der Grossverteiler gelangen.

Dies alles dürfte auch Peter Rutz Mut machen. Es lässt ihn hoffen, im Gebiet

Neckertal dereinst ebenfalls einen Naturpark in Betrieb nehmen zu können.

Allerdings: Der Weg bis dorthin ist für Projektleiter Rutz noch lang, steinig und

beschwerlich. Aber vielleicht vermag ja bereits die Carfahrt mit den Toggenburger

Bauern in den Naturpark Thal und ein Gespräch mit den Landwirten im Thal viele

Hürden und Vorurteile aus dem Weg schaffen.

Zyklus «Naturpärke als unternehmerische

Herausforderung»; Lilienberg Kolloquium

vom 17. Mai 2011, «Machen Naturpärke

ökologisch und unternehmerisch Sinn?»,

mit Dr. Otto Sieber, Zentralsekretär Pro

Natura Schweiz, Ludwig Caluori, Ge-

schäftsführer Region Mittelbünden und

Mitglied des Bündner Kantonsparlamen-

tes, und Samuel Zuberbühler, Product

Manager «Naturreisen» Schweiz Touris-

mus; Moderation: Christoph Vollenwei-

der, Leiter Unternehmertum, Stiftung

Lilienberg Unternehmerforum.

Von Hans-Peter Wüthrich und Jörg Kündig

Datenschutz verbessern – Eigenverantwortung stärkenDie Hauptverantwortung für den Daten-

schutz liegt bei uns selber. Darüber waren

sich die Teilnehmenden des dritten Kollo-

quiums im Jahreszyklus des Aktionsfeldes

Politik & Gesellschaft weitgehend einig.

Es sei mehr Eigenverantwortung gefor-

dert – zum Beispiel von Internet-Nutzern

und Mitgliedern sozialer Netzwerke.

Dafür sei jedoch Transparenz erforder-

lich, wofür Daten verwendet werden.

Der Fachmann in Sachen Datenschutz,

Dr. iur. Bruno Baeriswyl, Datenschutzbe-

auftragter des Kantons Zürich, lieferte

mit seinem Referat interessanten Dis-

kussionsstoff.

Obwohl im Zyklus bereits zwei Kolloquien

stattgefunden haben und schon sehr

viele Meinungen zum Zyklus-Thema

«Auf dem Weg zum gläsernen Menschen»

gemacht worden sind, hat der Vortrag

des Zürcher Datenschutzbeauftragten

Dr. Bruno Baeriswyl vom 29. März noch

einmal deutlich aufgezeigt, wie viel-

schichtig die Herausforderungen rund um

IT wirklich sind.

«Unser Rechtsstaat basiert auf liberalen

Grundwerten», sagte der Referent einlei-

tend. Der Persönlichkeitsschutz sei Teil

der Autonomie und ein Fundament un-

serer liberalen Rechts- und Wirtschafts-

ordnung. Dabei gelte es, folgende Rech-

te zu garantieren:

• RechtaufPrivatsphäre

• Rechtaufinformationelle

Selbstbestimmung

• RechtaufVertraulichkeitund

Integrität

• SchutzvorMissbrauch

Die Aufgaben eines Datenschutzbeauf-

tragten basieren auf der Bundesverfas-

sung und dem Schweizerischen Zivilge-

setzbuch (ZGB) und sind insbesondere im

Spannungsfeld zwischen IT-Möglichkei-

ten und dem Schutz der Persönlichkeit

angesiedelt.

Information als Produktionsfaktor

In der heutigen Zeit wächst die Daten-

menge unaufhörlich, und der Entwick-

lung sind technisch keine Grenzen ge-

setzt. Information und Wissen werden

seit geraumer Zeit als vierter Produktions-

faktor – nebst Boden, Kapital und Arbeit

– erkannt. Information hat deshalb auch

ihren Preis. Daten werden intelligent, und

ihre Vielfalt öffnet dem Missbrauch Tür

und Tor. «Deshalb sollten Mittel und

Wege gefunden werden, welche es über-

haupt ermöglichen, Zugriff und Nutzung

Der Datenschutzbeauftragte

• stelltsicher,dassdiePrivatsphäre

der Bürgerinnen und Bürger res-

pektiert wird;

• fördertdenEinsatzdatenschutz-

freundlicher Technologien;

• informiert und sensibilisiert die

Öffentlichkeit.

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U N T E R N E H M E R T U M

der Datenmengen zu überwachen», sag-

te Bruno Baeriswyl.

Die Missbrauchsbekämpfung sei primär

auf die Verwendung von Informationen

ausgerichtet; aber auch Selbstverant-

wortung könne nur wahrgenommen

werden, wenn eine vollständige Transpa-

renz darüber herrscht, wo und wie die

Daten verwendet werden.

Persönliche Daten als Preis

für soziale Netzwerke

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des

Kolloquiums äusserten sich zu den ver-

schiedenen Fragen rund um die Selbst-

verantwortung und Regulierung sehr

engagiert und pointiert. Risikotechnolo-

gien seien Überwachungs- und Ortungs-

technologien. Soll zum Beispiel Google

Street View tatsächlich in die Wohn-

zimmer sehen und diese Bilder ins Netz

stellen dürfen? Wo liegt eigentlich die

Selbstverantwortung des Einzelnen

(Sichtschutz verwenden)? Wie weit soll

der Staat gesetzliche Auflagen machen?

Sind wir nicht schon heute überreguliert

und haben in gesetzgeberischen Ange-

legenheiten einen riesigen Vollzugsnot-

stand? Wie können und sollen die neus-

ten Ansätze für den Schutz der Privat-

sphäre aussehen? Ist ein solcher Schutz

überhaupt gewünscht – oder werden wir

uns einfach daran gewöhnen, dass es die

Art von Privatsphäre aus der Vor-IT-Zeit

nicht mehr gibt? Gerade die sozialen

Netzwerke wie Facebook oder Netlog

zeigten, dass wir nur allzu gerne bereit

sind, für die Teilnahme am sozialen Leben

im Netz unsere privatesten Daten als Preis

zu bezahlen.

Unlöschbarkeit von Daten wird

zur Hypothek

Ziel gemeinsamer Anstrengungen müss-

te es sein, so die einhellige Meinung der

Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die in-

formationelle Integrität zu garantieren.

Insbesondere die Unlöschbarkeit von Da-

ten werde zur Hypothek. Deshalb, so die

klare Aussage, müsse es möglich werden,

Daten mit einer Ablaufzeit zu versehen

beziehungsweise sicherzustellen, dass,

wenn der Inhaber das will, die Daten ge-

ändert werden oder sich gar selber nach

dem Ende einer bestimmten Laufzeit zer-

stören können. Zudem müsste ein ein-

heitliches Schutzniveau definiert werden.

Es müsste gelingen, ein Verfahren zur

Durchsetzung von Datenschutz mit Sank-

tionen zu implementieren.

Transparenz als Voraussetzung

für die Selbstverantwortung

Im Rahmen der Diskussion erhielt die

Selbstverantwortung einen sehr hohen

Stellenwert. Damit diese aber wahrge-

nommen werden könne, sei Transparenz

entscheidend. Es müsse klar sein, wofür

und für wen die zur Verfügung gestellten

Daten verwendet werden. Eigentlich, so

verschiedene Aussagen aus dem Plenum,

gäbe es dabei ein vorrangig zu schützen-

des Gut, nämlich die Daten zur Gesund-

heit. Diese seien auf jeden Fall zu schüt-

zen und dürften nie missbräuchlich ver-

wendet werden.

Man war sich auch einig, dass der Staat

im Rahmen des Datenschutzes eine sehr

schwierige Rolle wahrzunehmen habe.

Die Ansprüche seien hoch. Der Staat

müsste nur dort eingreifen, wo es für

den einzelnen Bürger nicht mehr zumut-

bar sei, selbst zu kontrollieren, wie und

wo seine persönlichen Daten genutzt und

verwendet werden. Wichtigste Voraus-

setzung, diese Kontrolle selbst wahrzu-

nehmen, seien die Verpflichtung, etwa

von sozialen Netzwerken, zur Transpa-

renz sowie die eigentliche Definition des

Missbrauchs.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des

Kolloquiums waren sich aber auch da-

rüber einig, dass man eine gewisse

Ohnmacht im Zusammenhang mit der

Datenregulierung und Kontrolle der Da-

tennutzung eingestehen sollte. Dies dür-

fe aber nicht dazu führen, dass man

entsprechende Bemühungen zur Verbes-

serung der Situation einfach aufgibt. Da-

bei stehe eine Frage im Zentrum: Was

kann jeder Einzelne von uns tun, welches

ist sein Beitrag zur Veränderung? Wie viel

Selbstverantwortung sind die Bürgerin-

Es gilt dabei laut dem Datenschutzbeauftragter, folgende Fragen zu beantworten:

• WerverfügtüberdieDaten?

• WaskannmitdenDatengemachtwerden?

• WeristfürdieSicherheitderDatenverantwortlich?

• WelcheRechtehatderEinzelnebeiMissbrauchderDaten?

Die Risiken, die es dabei zu berücksichtigen gilt, sind:

• Persönlichkeitsprofile(Freundeskreis,Interessenetc.)

• MissbrauchderDaten(Werbung,Marketingetc.)

• VerwendunginanderemZusammenhang(Personalrekrutierung,

Versicherungen etc.)

• KeineLöschungderDaten(«ewige»Datenspur)

nen und Bürger bereit zu übernehmen,

und wo muss die Regulierung durch den

Staat einsetzen? Können und dürfen

Ethik-Grundsätze und das kommerzielle

Verhalten des Individuums, der Unterneh-

mungen und der Gesellschaft gegenein-

ander ausgespielt werden?

Zyklus «Auf dem Weg zum gläsernen

Menschen»; Lilienberg Kolloquium vom

29. März 2011, «Selbstverantwortung

und Regulierung», mit Dr. Bruno Ba-

eriswyl, Datenschutzbeauftragter des

Kantons Zürich; Moderation: Hans-Peter

Wüthrich und Jörg Kündig (Aktionsfeld

Politik & Gesellschaft).

Dr. Bruno Baeriswyl, Datenschutzbe-

auftragter des Kantons Zürich, (Mitte)

zusammen mit den beiden Verantwort-

lichen des Aktionsfeldes Politik & Ge-

sellschaft, Hans-Peter Wüthrich (links)

und Jörg Kündig.

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G E S P R Ä C H

Von Hans-Peter Wüthrich und Jörg Kündig

Technische Entwicklung: Gefahr oder Unterstützung?Mit dem Ausserordentlichen Gespräch fand

der Zyklus «Auf dem Weg zum gläsernen

Menschen» des Aktionsfeldes Politik und

Gesellschaft am 10. Mai seinen Abschluss.

Das Publikum hatte die Gelegenheit, Stel-

lung zu nehmen zu den in den Kolloquien

diskutierten Zukunftsperspektiven und Lö-

sungsansätzen rund um die bestehenden

und künftigen Herausforderungen in der IT-

Technologie. Die wichtigsten Erkenntnisse

aus dem Zyklus: Eine Mehrheit der Bevöl-

kerung akzeptiert den heutigen Überwa-

chungsstaat – zumindest stillschweigend.

Und: Technische Entwicklung soll nicht als

Gefahr, sondern in erster Linie zur Unter-

stützung im Alltag betrachtet werden.

Nach einer grundsätzlichen Positionie-

rung des Gesprächs durch Hans-Peter

Wüthrich liessen die Referenten der vor-

ausgehenden Kolloquien in einem ver-

kürzten Abriss ihre Erkenntnisse Revue

passieren. Zuerst beleuchtete Rechtsan-

walt Patrik Häberlin die Problematik aus

juristischer Sicht. Der Mensch als Daten-

träger, die Möglichkeit, über Produkte

mit Smart Chips Bewegungsprofile zu

erstellen, sowie die Vernetzung zahlrei-

cher Detailinformationen zu einem Ge-

samtbild von einzelnen Personen bereiten

vielen Bürgern Sorgen, beispielsweise die

damit verbundene Möglichkeit der zu-

nehmenden Überwachung am Arbeits-

platz. Der Gesetzgebungsprozess hinke

der rasanten technischen Entwicklung

stets hinterher, so Patrik Häberlin, und

das führe zu einer Rechtsunsicherheit und

erhöhe die Ermessensrechtsprechung

durch die Richter.

Neue Technologien fördern

Demokratie langfristig

Anschliessend befasste sich Martin Zen-

häusern, Inhaber der Firma Zenhäusern

& Partner, mit der Frage, ob der Mensch

trotz dem technischen Fortschritt ein po-

litisches Wesen bleibe. Er strich heraus,

dass Mensch und Politik untrennbar mit-

einander verbunden sind, denn die Politik

regelt das Zusammenleben, und sei es

nur für zwei Personen. Zwar könnten die

neuen Technologien die Demokratie

kurzfristig gefährden – als Beispiel nann-

te er die Erschütterung von bestehenden

Systemen. Langfristig würden sie diese

aber fördern, stabilisieren und enthierar-

chisieren.

Eine noch zentralere Rolle als heute wer-

de künftig der Eigenverantwortung zu-

kommen. Martin Zenhäusern vertrat auch

die Ansicht, dass alle grossen Aufgaben

unserer Zeit nur gemeinsam gelöst wer-

den könnten. Schliesslich sollte aber auch

in einer zunehmend globaler agierenden

Wirtschaft die lokale Verwurzelung als

Basis im kleinen Umfeld nicht vernach-

lässigt werden. Sein wichtigstes Credo

lautet: «Recht haben wollen um jeden

Preis bringt uns nicht weiter. Wir müssen

die Probleme lösen.»

Politik handelt selten proaktiv

Yvette Estermann, Luzerner SVP-Natio-

nalrätin, komplettierte das Podium. Sie

beleuchtete das Thema unter politischen

Gesichtspunkten. In ihrem Eintretens-

votum nahm sie die geäusserten Sorgen

und Überlegungen auf, beruhigte aber

auch gleichzeitig. Sie unterstrich, dass der

verantwortungsvolle Umgang mit den

Erkenntnisse aus dem Zyklus

Nach den Statements der Podiumsteilnehmenden entwickelte sich eine lebhafte

Diskussion unter Miteinbezug des Publikums. Die Besorgnis wurde zwar zur

Kenntnis genommen, weitgehend aber nicht geteilt. Offenbar, so die Erkennt-

nis von Patrik Häberlin, werde der heutige Überwachungsstaat stillschweigend

akzeptiert. Die zunehmende Mobilität – ermöglicht durch die Elektronik –, das

Ausbleiben der Kreativität beim zunehmenden Verweilen in den sozialen elektro-

nischen Netzwerken, Google Streetview und dessen Folgen, aber auch die grund-

sätzliche Rolle des Gesetzgebers und die zunehmende Einschränkung der Men-

schen durch die Gesetzesflut wurden vom Publikum angesprochen.

Zusammenfassend könnte ein Slogan als Titel über die Ausführungen und Bemer-

kungen aller Anwesenden gestellt werden: «Die Natur ist stärker». Deshalb sei

es wichtig, dass der Mensch Verantwortung trägt und sie aktiv übernimmt. Der

Umgang mit den Möglichkeiten der neuen Technologien muss und wird sich ent-

wickeln (müssen). Ausbildung, Erziehung, aber auch Vorbildfunktion der verant-

wortlichen Personen sind von hoher Bedeutung. Klar ist: Die technische Entwick-

lung wird weiter voranschreiten. Wir können sie nicht aufhalten, und wir werden

vor der Herausforderung stehen, sie als hilfreiches Unterstützungsmittel in unse-

rem Alltag zu verstehen, ohne uns von ihr dominieren zu lassen.

In der Abschlussveranstaltung des Jahreszyklus im Aktionsfeld Politik & Gesellschaft diskutierte Hans-Peter Wüthrich (Zweiter von

links) auf dem Podium mit Nationalrätin Yvette Estermann, Rechtsanwalt Patrik Häberlin (links) und Martin Zenhäusern.

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A U S B L I C K

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Rationalisiert die Technik Arbeitsplätze weg?

Das Zitat von Jules Verne «Was der Mensch denken kann, das kann er auch reali-

sieren» brachte das Thema des zu Ende gegangenen Zyklus präzis auf den Punkt.

Es ist immer der Mensch, der Ideen entwickelt, diese realisiert, für sie die Verant-

wortung übernimmt und so für die Weiterentwicklung der Gesellschaft und der

Menschheit sorgt. Im Guten wie auch im weniger Guten. Die Technik ist lediglich

dazu geeignet, diese Entwicklung zu unterstützen, zu beschleunigen und dem

Menschen die Arbeit zu erleichtern. Allerdings stellen sich als Folge dessen auch

einige tief greifende Fragen. Zum Beispiel: Rationalisiert die technologische Ent-

wicklung je länger, je mehr die Arbeitsplätze weg und damit einen der wichtigs-

ten Lebensinhalte von uns Menschen? Wie beschäftigt sich der Mensch in der

Zukunft, was sind dannzumal seine Lebensinhalte? Welche Rolle kann die For-

schung bei der Lösung dieser existenziellen Fragen übernehmen? Fragen, welche

die Verantwortlichen des Aktionsfeldes Politik & Gesellschaft in einem Fortset-

zungszyklus beantworten wollen.

technischen Möglichkeiten durchaus der

Normalität entspreche. Was die Transpa-

renz betreffe, sei dies gerade für Politi-

kerinnen und Politiker eine Selbstver-

ständlichkeit. Klarheit zu schaffen für

das, was man einstehe, sei absolut wich-

tig und zentral, wenn Vertrauen gebildet

und gefördert werden solle. Gleichzeitig

gestand sie ein, dass die Politik vornehm-

lich auf Dinge und Ereignisse reagiere

und nur selten proaktiv den Entwicklun-

gen voraus sei. Das liege in der Natur der

Sache. Deshalb könne die Politik die tech-

nische Entwicklung nur sehr schlecht

mitbestimmen.

Zyklus «Auf dem Weg zum gläsernen

Menschen»; Lilienberg Ausserordentli-

ches Gespräch vom 10. Mai 2011, «Der

Einfluss der IT auf das Individuum und die

Gesellschaft», mit Nationalrätin Yvette

Estermann, Kriens, Patrik Häberlin, Rechts-

anwalt, Häberlin & Partners, Frauenfeld,

und Martin Zenhäusern, Zenhäusern &

Partner, Zürich; Moderation: Hans-Peter

Wüthrich und Jörg Kündig (Aktionsfeld

Politik & Gesellschaft).

Prof. Dr. Werner Inderbitzin ist Gründungs-

rektor der Zürcher Hochschule für Ange-

wandte Wissenschaften (ZHAW). Ende

August gibt er das Rektorenamt ab. Kurz

danach, am Dienstag, 13. September, wird

Werner Inderbitzin Gast eines unterneh-

merischen Gesprächs sein und hauptsäch-

lich zum Thema «Führen einer Hochschule»

befragt. Der 62-Jährige studierte an der

Universität Zürich Ökonomie und promo-

vierte 1978 zum Dr. oec. publ. Seit 1979

war er Lehrbeauftragter und Dozent an der

HWV Zürich, später an der Zürcher Hoch-

schule Winterthur (ZHW) und jetzt bei der

ZHAW. Von 1998 bis 2000 führte er das

Departement Wirtschaft und Management

der ZHW. Von 2000 bis 2005 war er Rektor

der ZHW. Ab 2006 bis zur Gründung der

ZHAW im September 2007 leitete Werner

Inderbitzin das Umsetzungsprojekt des

Zusammenschlusses der vier bis an-

hin selbstständigen Hochschulen Zürcher

Hochschule Winterthur, Hochschule Wä-

denswil, Hochschule für Angewandte Psy-

chologie und Hochschule für Soziale Arbeit

zur ZHAW. In seinen wissenschaftlichen

Arbeiten befasst er sich hauptsächlich mit

Fragen der Geld- und Währungspolitik so-

wie dem schweizerischen Arbeitsmarkt

und den Beschäftigungsaussichten in ver-

schiedenen Branchen. Der Vater zweier

erwachsener Söhne unterrichtet heute an

der ZHAW im MAS Business Administrati-

on das Fach Volkswirtschaftslehre.

Von Stefan Bachofen

Gespräch mit dem abtretenden Gründungsrektor der ZHAW

Prof. Dr. Werner Inderbitzin wird kurz

nach seinem Rücktritt als ZHAW-

Rektor Gast eines unternehmerischen

Gesprächs sein.

«Schweiz–EU» als Thema

von Podium

Am Dienstag, 27. September, findet

auf Lilienberg eine weitere Beson-

derheit zum Thema «Das Verhält-

nis der Schweiz zur Europäischen

Union» statt. Unter der Leitung

von Dr. h. c. Walter Reist diskutie-

ren Nationalrat Bruno Zuppiger

(SVP, ZH), Präsident des Schweizeri-

schen Gewerbeverbandes, der ehe-

malige Nationalrat Gerold Bührer

(FDP, SH), Präsident von Economie-

suisse, Nationalrat Paul Rechsteiner

(SP, SG), Präsident des Schweizeri-

schen Gewerkschaftsbundes, sowie

Nationalrat Corrado Pardini (SP, BE),

Leiter der Sektion Industrie bei der

Gewerkschaft Unia. (Bacs)

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A U S B L I C K

Von Stefan Bachofen

Annemarie Huber-Hotz spricht über die Führung einer Freiwilligen-organisationAm 7. September, ist die ehemalige Bun-

deskanzlerin Dr. h. c. Annemarie Huber-

Hotz Gast auf Lilienberg. Im Rahmen des

65. Forums spricht die Zugerin, die seit

ihrem Rücktritt aus dem Bundesdienst in

verschiedenen NGOs und Stiftungen tätig

ist, über Freiwilligenarbeit und das Führen

von gemeinnützigen Organisationen, in

denen Freiwillige mitwirken. Ein topaktu-

elles Thema, ist das Jahr 2011 doch auch

zum europäischen Jahr der Freiwilligen-

tätigkeit erklärt worden.

Annemarie Huber-Hotz war die erste Frau

an der Spitze der Bundeskanzlei. In dieser

Funktion amtete sie von 2000 bis 2007

als Stabschefin der Landesregierung. Sie

unterstützte den Bundesrat und insbe-

sondere den Bundespräsidenten in seiner

täglichen Arbeit. Unter anderem reorga-

nisierte sie die Kanzlei und unterteilte sie

in vier Führungsbereiche.

Auch nach ihrem Rücktritt als Bundes-

kanzlerin steht Annemarie Huber-Hotz

jeden Tag in der Verantwortung, nicht

mehr in der Politik, aber für die Zivilge-

sellschaft: Vor vier Jahren übernahm sie

als Nachfolgerin von alt Nationalratsprä-

sidentin Judith Stamm das Präsidium der

Schweizerischen Gemeinnützigen Gesell-

schaft (SGG), das sie bis vor Kurzem aus-

übte. Die SGG, die sich seit 200 Jahren

für das aktive und freiwillige Engagement

der Bürgerinnen und Bürger zugunsten

des Gemeinwesens einsetzt, war eine der

treibenden Kräfte bei der Gründung von

sozialen Organisationen wie der Pro Ju-

ventute, der Pro Senectute, der Berghilfe,

der Pro Familia, der Pro Mente Sana und

der ZEWO, der Schweizerischen Zertifi-

zierungsstelle für gemeinnützige, Spen-

den sammelnde Organisationen.

Auch Präsidentin der

Rütlikommission

Ins Leben gerufen wurde die SGG im Jahr

1810 mit dem Hauptziel, gemeinnützige

Aktivitäten und Wohltätigkeit in der

Schweiz zu fördern, sowohl in geistiger

als auch in materieller Hinsicht. 1860

schenkte die SGG der Eidgenossenschaft

die Rütliwiese und ist seither deren Ver-

walterin mit einer eigenen Rütlikommis-

sion. Seit acht Jahren fördert sie gezielt

Forschung zur Freiwilligkeit und lancierte

2005 in Partnerschaft mit dem Migros-

Kulturprozent und dem Bundesamt für

Statistik den sogenannten Freiwilligen-

Monitor. Heute zählt die SGG über 3500

Mitglieder.

Als Präsidentin der Schweizerischen Ge-

meinnützigen Gesellschaft ist Annemarie

Huber-Hotz von Amtes wegen auch Prä-

sidentin der Rütlikommission.

Neben ihrer Tätigkeit für die Schweizeri-

sche Gemeinnützige Gesellschaft enga-

giert sich die bald 63-Jährige, die Mitglied

der FDP ist, seit 2007 als Vizepräsidentin

des Schweizerischen Roten Kreuzes, der

mit rund 50 000 Freiwilligen grössten

NGO der Schweiz, bei der Berghilfe

und in verschiedenen Stiftungsräten, so

auch als Präsidentin der Stiftung für

den Schweizerischen Bankenombuds-

mann. Sie ist zudem im Fachhochschulrat

der Hochschule Luzern tätig. Vor den

Sommerferien wurde Annemarie Huber-

Hotz zur Präsidentin des Schweizerischen

Roten Kreuzes gewählt und trat als Prä-

sidentin der SGG zurück.

November-Forum mit der ETH-Rektorin

Bekannt ist auch der Gast des letzten Forums in diesem Jahr, des 66. Lilienberg

Forums insgesamt. Am Donnerstag, 10. November, berichtet Prof. Dr. Heidi Wun-

derli-Allenspach, erste Rektorin der ETH Zürich, aus ihrem Wirkungskreis. Die 64-Jäh-

rige trat das Rektorenamt als Nachfolgerin von Konrad Osterwalder am 1. September

2007 an. Heidi Wunderli ist Biologin und Biopharmazeutin. Nach dem Abschluss ihres

Biologiestudiums an der Abteilung für Naturwissenschaften an der ETH Zürich absol-

vierte sie an der Universität Zürich ein Zweitstudium für experimentelle Medizin und

Biologie und promovierte am Biozentrum der Universität Basel. Anschliessend war sie

zwei Jahre an der Duke University in Durham (North Carolina, USA), drei Jahre am

Schweizerischen Institut für Experimentelle Krebsforschung in Epalinges und eben-

falls drei Jahre am Institut für Immunologie und Virologie der Uni Zürich als Post-

doktorandin tätig. Als Postdoktoranden bezeichnet man Wissenschaftler, die nach

Beendigung ihrer Promotion an einer Uni oder einem Forschungsinstitut befristet

angestellt sind und während dieser Zeit an Forschungsprojekten mitarbeiten.

1986 wurde Heidi Wunderli Assistenzprofessorin an der ETH Zürich, 1992 aus-

serordentliche Professorin. 1995 erfolgte die Berufung als ordentliche Professorin

für Biopharmazie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der ETH Zürich.

Die Forschungsschwerpunkte von Heidi Wunderli-

Allenspach sind zellbiologische Aspekte der Biophar-

mazie sowie die Entwicklung von relevanten Zell-

kultur-Modellen für den Stofftransport durch das

Drüsengewebe. Zentrale Bedeutung ihrer Arbeit ist

die Lichtmikroskopie. Lichtmikroskope eignen sich zur

Darstellung von Gewebestrukturen und Zellen. (Bacs)

ETH-Rektorin Prof. Dr. Heidi Wunderli-Allenspach

während ihrer Ansprache am ETH-Tag vom

November 2010.

Die frühere Bundeskanzlerin Dr. h. c.

Annemarie Huber-Hotz ist heute unter

anderem Präsidentin der Schweizeri-

schen Gemeinnützigen Gesellschaft.

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A U S B L I C K

Von Christoph Vollenweider

Die Schweizerische Landwirtschaft und die globalen Herausforderungen im ErnährungsbereichVerknappung und Verteuerung der Le-

bensmittel, wachsende Bevölkerung, Kli-

mawandel, schwindende Ressourcen,

Rückgang der Bodenfruchtbarkeit, ver-

änderte Essgewohnheiten, spektakuläre

Lebensmittelkrankheiten, Landaufkäufe

von Staaten und Grosskonzernen in Afrika,

Agrarfreihandel, Patente auf Saatgut, Le-

bensmittel als Spekulationsobjekt etc. etc.

Diese Schlagworte verkörpern die grossen

Trends in der globalen Land- und Ernäh-

rungswirtschaft, die der Welt bereits heu-

te zu schaffen machen. Der Weltagrar-

bericht der Food and Agriculture Organi-

zation (FAO) spricht von drohenden

Lebensmittelengpässen, weist aber auch

Wege auf, wie dieses grosse Menschheits-

problem angepackt und gelöst werden

könnte. Der Schlüssel für die Bewältigung

der globalen Ernährungsprobleme liegt

darin, dass jede Region der Erde ihr land-

wirtschaftliches Potenzial unter grösst-

möglicher Berücksichtigung der ökologi-

schen und ethischen Grundsätze aus-

schöpft und die Menschen souverän über

ihre Ernährung entscheiden dürfen. Eine

gesunde Ernährung muss ein Menschen-

recht sein, während die Beachtung öko-

logischer und ethischer Standards als

globale Pflicht zu betrachten ist.

Ganzheitliche

Landwirtschaftspolitik

Die Schweiz wird mit diesen Fragen und

Problemen auch konfrontiert. Darum

muss sich unser Land die Frage stellen,

wie es die eigene Landwirtschaftspolitik

gestalten soll, damit die eigenen Ressour-

cen und Möglichkeiten optimal ausge-

schöpft werden können – als Beitrag zur

Ernährungssicherheit und Ernährungssou-

veränität. Das erfordert eine ganzheitliche

und umfassende Betrachtung der schwei-

zerischen Landwirtschaftspolitik aus inter-

disziplinären Gesichtswinkeln.

Die Stiftung Lilienberg Unternehmerforum

führte bereits im vergangenen Jahr einen

Zyklus zur schweizerischen Landwirt-

schaftspolitik durch. Dabei ging es um eine

ganzheitliche Betrachtung der Landwirt-

schaft unter Berücksichtigung aller mone-

tären und ideellen Aspekte. Es hat sich

allerdings gezeigt, dass angesichts der

gewaltigen globalen Dimension des The-

mas eine noch grundsätzlichere und ver-

tieftere Diskussion notwendig und ange-

zeigt ist, um Visionen und neue Impulse

für die Gestaltung der künftigen schwei-

zerischen Landwirtschaftspolitik zu ge-

winnen. Die Stiftung Lilienberg Unterneh-

merforum hat deshalb einen neuen Zyklus

zu diesem Thema konzipiert, um den

Problemkomplex Ernährung und Land-

wirtschaft an die Oberfläche zu bringen

und einem weiteren Kreis bewusst zu ma-

chen. Diesen Zyklus stellen wir Ihnen hier

vor. Er beginnt mit einer Startveranstal-

tung und umfasst drei Kolloquien, eine

Tagung und ein abschliessendes Podiums-

gespräch. Die Termine stehen noch nicht

fest. Der Zyklus beginnt am 20. Oktober

und dauert ins nächste Jahr hinein.

Wo liegt der Schlüssel für eine Siche-

rung der globalen Ernährung? In Gross-

farmen mit Monokulturen (wie in den

USA, Bild links) … oder in einer klein-

räumig strukturierten Landwirtschaft,

wie hier in den Schweizer Voralpen?

Der neue Zyklus zum Thema Landwirt-

schaft soll dazu eine differenzierte

Antwort geben.

Folgende Veranstaltungen sind vorgesehen:

• UnternehmerischesGesprächzumThema«DieGrenzendesMarktesimAgrar-

bereich» mit Prof. Dr. Hans Christoph Binswanger, Uni St. Gallen, und Thomas

Gröbly, Ethiker, Fachhochschule Nordwestschweiz.

• Erstes Kolloquium mit dem Titel «Was ist gesunde Ernährung und was sind

gesunde Lebensmittel?». Angefragt sind Referenten aus der Lebensmittelindustrie,

der Ernährungswissenschaft und der Organisation Culinarium.

• ZweitesKolloquiummitdemTitel«WannistdieProduktionvonLebensmitteln

gesund und nachhaltig?» mit Rudi Berli, Uniterre (Vertragslandwirtschaft), Erika

Städeli Scherrer, Konsumenten-Vereinigung Nordwestschweiz, und einem Vertre-

ter des Bundesamtes für Landwirtschaft.

• DrittesKolloquiummitdemTitel«WiemüsstedieidealeLandwirtschaftspolitik

der Schweiz aussehen?» mit Urs Brändli, Präsident von BioSuisse, Dr. sc. tech. Urs

Niggli, Direktor FIBL, und einer weiteren Referentin.

• Tagung und Podiumsgespräch mit dem Titel «Die Schweizerische Landwirt-

schaftspolitik – Forderungen und Realität» mit Vertretern des Bundesamtes für

Landwirtschaft, des Schweizerischen Bauernverbandes und weiterer Organisatio-

nen aus der Ernährungswirtschaft. Diskussion von Visionen und Impulse für eine

ganzheitliche Landwirtschaftspolitik.

Der Zyklus wird als Ganzes und als Einzelanlässe ausgeschrieben.

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B I L D U N G

Von Glenn Mueller

«Ins Gelingen verliebt, ans Scheitern nie denkend»Das Bild des Schuhmachers im 21. Jahr-

hundert hat sich im Vergleich zu früheren

Zeiten stark verändert. Waren es damals

Handwerker mit eigener Werkstatt im

Hause, sind es heute junge, dynamische

Unternehmer, die keinen Tag am gleichen

Ort verweilen. Ihr Handwerk besteht dar-

in, Mitarbeitenden wie auch Kunden das

Gefühl zu geben, im Zentrum ihres Inter-

esses zu stehen. Karl Müller jun. und Clau-

dio Minder, Gründer und CEO von Joya

Schuhe AG, gaben auf Lilienberg Einblick

in das Leben eben solcher Schuhmacher.

Vor vier Jahren gründeten die beiden

Freunde Karl Müller und Claudio Minder

das Unternehmen Joya Schuhe in einer

kleinen WG-Wohnung. Kunden wurden

zum Verkaufsgespräch durch die Küche

ins provisorische Büro geführt. Mit gera-

de einmal vier paar Schuhen versuchten

Sie den Schuhmarkt, der von zwei An-

bietern dominiert wurde, zu erobern.

Bald aber merkten sie, dass ihr Konzept,

das keinen Marketing-Support für ihre

Verkaufsstellen vorgesehen hatte, nicht

funktionierte. So entwickelten sie ihre

Schuhe weiter, entwarfen entsprechende

Werbemittel und legten sich eine Marke-

tingstrategie an.

Was in einer kleinen Wohnung begann,

wuchs bis heute zu einem florierenden

Unternehmen, das sich gegen die grosse

Konkurrenz bewähren kann. Doch was

sind nun die Erfolgsfaktoren dieser zwei

jungen Unternehmer? Im Vorfeld des Li-

lienberg Fachgesprächs vom 20. April

wurden die fachspezifischen Kompeten-

zen eines erfolgreichen Unternehmers

wie folgt definiert: «[…]Kalkulieren kön-

nen und die zur Verfügung stehenden

Produkte mit Wettbewerbsvorteilen über

den Selbstkosten und vom zahlungsbe-

reiten Markt das Geld für die Produkte

oder Dienstleistungen erhalten können

[…].»

Wissen, wofür man arbeitet

In Fachgesprächen will Lilienberg aber die

Aufmerksamkeit auf die Wörter zwischen

diesen Zeilen aus Lehrbüchern richten.

Teilnehmer Jan Krause konnte das von den beiden Vergleichspersönlichkeiten Gehör-

te im Sinne eines Know-how-Transfers auf sein eigenes unternehmerisches Umfeld

übertragen.

Gerade in dieser Hinsicht blieben Karl

Müller und Claudio Minder den Teilneh-

menden nichts schuldig. Eindrücklich

schilderten sie, welche Werte sie verfol-

gen und warum alle Mitarbeitenden bei

ihrer Einstellung ein Mission-Statement

unterschreiben müssen. Den beiden Un-

ternehmern ist es wichtig, dass jeder ge-

nau weiss, wofür er arbeitet und welches

die Ziele und Werte ihres Unternehmens

sind.

Nach einem ausgedehnten Impulsreferat

konnten die Teilnehmenden im Gespräch

das Gehörte auf ihr unternehmerisches

Umfeld übertragen, um zu eruieren, wo

ihre Erfolgsfaktoren zu liegen kommen.

Es zeigte sich, dass zwar die Teilnehmen-

den aus verschiedensten Branchen kom-

men, doch meist die gleichen Fragen oder

Problemstellungen haben.

Zum Abschluss definierten die beiden

Vergleichspersönlichkeiten ihre Erfolgs-

faktoren wie folgt:

• EinqualitativeshochstehendesProdukt

anzubieten, hinter dem sie stehen kön-

nen.

• InsGelingenverliebt,ansScheiternnie

denkend.

• DieBeziehungenzuihrenPartnernak-

tiv zu pflegen mit Veranstaltungen, die

auch ausserhalb der Geschäftszeiten

stattfinden (Skiweekend, Rundflüge etc.).

Dies ermöglicht eine persönlichere Bezie-

hung und engere Bindung.

• EtwasGutesfürdieGesellschafttun.

• Freude,SpassundMotivation.

Somit fand jeder Teilnehmende die Ant-

worten auf die vier unternehmerischen

Fragen: Was macht Sinn, was macht

Spass, was macht stark, und was lohnt

sich?

Stimmen der Teilnehmenden

«Ein Gespräch, das lebt und

belebt. Unternehmende lernen

von Unternehmenden im wahrs-

ten Sinne des Wortes. Ein Nach-

mittag, der motivierte, weil sich

nicht nur die Referenten, sondern

jeder Teilnehmer einbrachte. Alle

kochen mit dem selben Wasser.»

«Bereichernd, inspirierend, ein-

fach toll!»

Karl Müller jun., Gründer und CEO

von Joya Schuhe AG, informiert

im Gespräch mit den Teilnehmenden

über seine Marketingstrategie.

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B L I C K W I N K E LM I T G L I E D S C H A F T

Von Stefan Bachofen

Herzlich willkommen als Lilienberg FreundDabei sein, wenn alt Bundeskanzlerin An-

nemarie Huber-Hotz oder ETH-Rektorin

Heidi Wunderli-Allenspach aus ihrem

persönlichen Wirkungskreis erzählen.

Hautnah miterleben, wie VBS-Chef Ueli

Maurer und Korpskommandant André

Blattmann über die künftigen Heraus-

forderungen unserer Armee denken.

Oder zusammen mit Fachleuten des Bun-

desamtes für Umwelt und von Schweiz

Tourismus aktiv über den ökologischen

und unternehmerischen Sinn von Natur-

pärken in unserem Land debattieren. Dies

alles ist auf Lilienberg möglich.

Eine Mitgliedschaft in der Lilienberg Ge-

meinschaft lohnt sich: Für lediglich 500

Franken pro Jahr erleben Lilienberg Freun-

de auf dem idyllisch gelegenen Anwesen

am Untersee als Teil eines einmaligen

unternehmerischen Netzwerks Ausein-

andersetzungen mit hochkarätigen Per-

sönlichkeiten aus dem In- und dem grenz-

nahen Ausland. Sie diskutieren mit ihnen

die relevanten wirtschaftlichen, politi-

schen und gesellschaftlichen Themen

unserer Zeit – immer auf Augenhöhe und

mit einem direkten Bezug zum Unterneh-

mertum.

Im Detail heisst das: Lilienberg Freunde

können unentgeltlich immer zusammen

mit einer Begleitperson an unseren

Diskussionsveranstaltungen teilnehmen,

nämlich an den:

• Foren

• Besonderheiten

• Kolloquien

• Tagungen(ohneBegleitperson)

• AusserordentlichenGesprächen

• LilienbergGesprächen

Ausserdem erhalten Lilienberg Freunde

unsere Publikationen, insbesondere die

vierteljährlich erscheinende «Lilienberg

Zeitschrift», den «Lilienberg Ausblick»

mit dem ausführlichen Veranstaltungska-

lender sowie das «Lilienberg Spektrum»

als Dokumentation unserer Preisverlei-

hungen. Zögern Sie nicht und senden Sie

uns noch heute die beiliegende Anmel-

dekarte ausgefüllt retour.

Investieren Sie in Ihre und unsere

Zukunft! Denn «wer aufhört bes-

ser zu werden, hat aufgehört, gut

zu sein». (Philipp Rosenthal, deut-

scher Unternehmer und Politiker,

1916 – 2001)

Lilienberg Freunde können unentgeltlich an Gesprächsveranstaltungen wie Foren,

Besonderheiten oder Kolloquien teilnehmen.

Von Andreas Jäggi*

Die Schweiz braucht wieder eine MedienpolitikDie Digitalisierung bringt dramatische

Änderungen der Medienlandschaft mit

sich. Sie hat auch den Medienkonsum

völlig verändert. So erscheint die abon-

nierte Tageszeitung in Papierform zumin-

dest in den Augen der jüngeren Bevölke-

rung als Auslaufmodell. Gleiches ist im

Bereich des traditionellen Fernsehens zu

beobachten, das Publikum altert stetig,

die Werbewirtschaft reagiert mit Liebes-

entzug.

Politik interessiert sich kaum für die

Medien

Trotz dieser Umbrüche ist das Interesse

der Politik an den Medien gering. Daran

ändern auch gelegentliche parlamenta-

rische Vorstösse wenig. Und auch nicht

Initiativen, die im Vorfeld eidgenössischer

Wahlen lanciert werden. Seit vor 30 Jah-

ren Experten an einer schweizerischen

Mediengesamtkonzeption arbeiteten,

wurden keine Versuche mehr gemacht,

grundlegende Rahmenbedingungen für

ein schweizerisches Mediensystem fest-

zulegen.

Dieser blinde Fleck der Politik ist eine ver-

passte Chance. Die medienpolitischen

Entscheide in den Achtzigerjahren haben

dazu geführt, dass die Schweiz ihre Chan-

cen bei der europäischen Entwicklung

des Privatfernsehens nicht genutzt hat.

Statt neben einem international wettbe-

werbsfähigen Finanz- und Werkplatz

auch einen Medienplatz Schweiz mit ent-

sprechenden Arbeitsplätzen aufzubauen,

fliessen heute jährlich Millionen Werbe-

franken ins Ausland.

Infolge von Internet, Digitalisierung und

Demokratisierung der Medien stehen wir

auch heute wieder an einer Wegmarke.

Die Gefahr besteht, dass die Schweiz in

den nächsten Jahrzehnten die Kontrolle

über ihr Mediensystem verliert. Damit

würden wichtige Grundlagen demokra-

tierelevanter Entscheidungsprozesse in-

frage gestellt, welche sich seit der

Begründung unseres Bundesstaates eta-

bliert haben.

Ganzheitliche Lösung gefordert

Es ist an der Zeit, dass sich unsere Politi-

ker mit den Fragen der Medienpolitik

ganzheitlich auseinandersetzen. Heute

herrschen Partikularinteressen vor: Ver-

leger beklagen den Zusammenbruch ih-

rer Geschäftsmodelle und die Konkurrenz

der SRG, das öffentliche Fernsehen gerät

unter Beschuss wegen seiner Kosten-

strukturen, Unternehmer monieren man-

gelnde Qualität der Wirtschaftsbericht-

erstattung, Medienwissenschaftler war-

nen vor der Tendenz zu Skandalisierung,

Personalisierung und mangelnder Dos-

sierkenntnis. Doch was ist und soll Me-

dienpolitik? Hier gibt ein Papier des Ver-

eins Medienkritik Schweiz, in dessen

Vorstand ich mitwirken darf, folgende

Übersicht:

Medienpolitische Top-Themen

1. Die Ermöglichung der nicht nur reaktiv-

negativen (Beschwerdestellen und Gerich-

te), sondern auch der aktiv-konstruktiven

Medienkritik als Bestandteil der schweize-

rischen Medien- und Politikkultur.

2. Die Sicherung der Finanzierung der

Medien unter Berücksichtigung der wirt-

schaftlichen Probleme der Branche, des

Werberechts und der Werbebeschrän-

kungen, des Steuerrechts, der Medien-

und Wirtschaftsfreiheit, der Abhängig-

Dr. Andreas Jäggi

Page 36: Lilienberg – Die Zeitschrift für lebendiges …...man somit nicht lernen. Zuversicht kann man aber durch Erfahrung und Erleben wecken und stärken. Dazu braucht es Mit - menschen,

7170

o R G A N I S AT I o N

keiten von Presse und Rundfunk, der

Herausforderung Internet, der Qualitäts-

sicherung inklusive Service public und der

bestehenden Förderung.

3. Die stärkere Verankerung der Medien-

ethik und die Medienqualität als regu-

lierte Selbstregulierung mit teilweiser

Rechtsverbindlichkeit und Sanktionsfä-

higkeit; Prüfung eines Qualitätslabels und

einer analogen Behandlung von Service-

public-Rundfunk und Qualitätsmedien.

4. Das Überdenken der Regulierungs-

typologie Rundfunk (RTVG: SRG und

Service public), Presse und Internet (all-

gemeine Rechtsordnung, Presserat), Te-

lekommunikation (FMG, Wettbewerbs-

recht, Grundversorgung) und Film/Kunst/

Bildung (Förderungen aller Art).

5. Die Förderung der Medienkompetenz

in der Gesellschaft sowie die Stärkung

und Überwachung des Jugendschutzes.

6. Der Rechtsschutz Medienbetroffener

und «Medienopfer» und die Klärung of-

fener Fragen im Strafrecht (Ehrverletzun-

gen), im zivilrechtlichen Persönlichkeits-

schutz, im Datenschutzrecht und im

Lauterkeitsrecht (UWG).

7. Das geistige Eigentum (insbesondere

Urheberrecht und urheberrechtliche Leis-

tungsschutzrechte) und seine Schranken

in der Praxis von Produktion, Aggrega-

tion und Vertrieb der Medieninhalte.

Medien müssen informieren und

inspirieren

Das Hauptanliegen der Medienpolitik ist

die Teilnahme der Bürger am Staat. Unser

gemeinsames Zusammenleben lässt sich

nur vernünftig beurteilen, wenn wir auch

über Medien informiert und inspiriert wer-

den: über alle Aspekte der Wirtschaft,

Gesellschaft und Kultur. Medienpolitik will

zahlreiche und gute Medien. Dieser Zu-

stand ist abhängig davon, ob die Verleger

und Medienhäuser initiativ und investi-

tionsbereit sind, ob es eine gesellschaft-

lich breit abgestützte Medienkultur und

-nachfrage gibt und ob der politische und

rechtliche Rahmen stimmt.

Dieser Rahmen wird früher oder später

überprüft. Punktuell ist dies bereits aktuell

der Fall: direkte und indirekte Presseförde-

rung, Konzessionierung und Qualitäts-

prüfung im Rundfunk, Umfang und Finan-

zierung des Service public, Regulierung der

Empfangsgeräte, Förderung der Medien-

kompetenz und Jugendschutz, Einfluss-

nahme auf die Medienstruktur in der kar-

tellrechtlichen Zusammenschlusskontrolle.

Hoffen wir, dass bei der Beurteilung dieser

Fragen nicht kurzfristige Teilinteressen,

sondern das Wohl unseres Landes im Auge

behalten wird und dass sich die Politiker

dem Thema kompetent annehmen!

* Dr. Andreas Jäggi ist Kommunikati-

onsberater (www.jaeggiservices.ch). Er

hat 20-jährige Berufserfahrung als Kom-

munikationsleiter grosser internationaler

Unternehmen sowie als Berater und Pro-

jektleiter für Kunden im Bereich Politik,

Wirtschaft und Wissenschat. Seit 2003 ist

er Studienleiter in der beruflichen Wei-

terbildung auf Fachhochschulstufe und

Referent zu Themen der Unternehmens-

kommunikation. Er gehört dem Vorstand

des Vereins Medienkritik Schweiz an und

ist Mitglied des Lilienberg Ehrenteams.

Verein Medienkritik Schweiz

Die Idee zum Verein Medienkritik

Schweiz wurde in einem Veranstal-

tungszyklus des Aktionsfeldes Me-

dien & Kommunikation im Lilien-

berg Unternehmerforum geboren.

Der Verein lädt zum Dialog in einer

Zeit bedrohter Medienqualität ein.

Er ist weltanschaulich und politisch

in jeder Hinsicht unabhängig. Seine

Publikationen und Kontaktanga-

ben sind über www.medienkritik-

schweiz.ch zugänglich. Mitglieder

sind herzlich willkommen!

ist ein unternehmerisches Erlebnis- und Begegnungszentrum. Mit seiner traumhaften Lage und seiner einmaligen Umgebung ist Lilien-

berg eine Oase des Nachdenkens, wo man sich finden, einbringen und klären kann. Das Unternehmerforum ist ein Ort der Begegnung,

der Gespräche und der Bildung. Hier treffen sich unternehmerisch denkende und wirkende Persönlichkeiten aus allen Bereichen sowie

deren Mitarbeiterschaft. Um die Ziele zu verwirklichen, bietet das Lilienberg Unternehmerforum unternehmerisch interessierten Men-

schen in den drei Bereichen Begegnung, Gespräch und Bildung verschiedene Veranstaltungen und Aktivitäten an.

Das Lilienberg Unternehmerforum ...

In verschiedenen Einzelveranstaltun-

gen mit aussergewöhnlichen Persön-

lichkeiten treffen sich unternehmeri-

sche Menschen aus Wirtschaft, Politik,

Gesellschaft und Armee und kommen

miteinander ins Gespräch, um sich ge-

genseitig zu begegnen und nachhaltig

kennen zu lernen.

Im Bereich Begegnung unterscheiden

wir folgende Veranstaltungen:

■ Im Lilienberg Forum tritt eine ausser-

gewöhnliche Persönlichkeit auf und

berichtet aus ihrem Wirkungskreis.

■ Der Lilienberg Preis wird alle zwei

Jahre an beispielhafte unternehmeri-

sche Persönlichkeiten und Institutio-

nen verliehen.

■ Die Lilienberg Rezitale dienen der

Begegnung von Persönlichkeiten in

einem kulturellen Rahmen, der

gleichzeitig jungen Künstlern eine

wertvolle Plattform bietet.

Im Bereich Gespräch werden wirtschaft-

liche, politische und gesellschaftliche

Fragen im Zusammenhang mit dem

Unternehmertum in folgenden Aktions-

feldern behandelt:

– Sicherheit & Armee

– Medien & Kommunikation

– Gesundheit & Umwelt

– Unternehmenskultur & -ethik

– Wirtschaft & Industrie

– Politik & Gesellschaft

– Bildung & Sport

Die Fragestellungen werden in Ge-

sprächszyklen vertieft behandelt, die in

der Regel ein Jahr dauern und aus meh-

reren Kolloquien, einer Tagung und ei-

nem abschliessenden Ausserordentlichen

Gespräch bestehen. Daneben werden

kurze Zyklen organisiert, welche heraus-

fordernde tagesaktuelle Themen zum

Inhalt haben.

Unter dem Motto «Unternehmer schu-

len Unternehmer» bietet Lilienberg

Erlebnis-Gesprächstage sowohl zu un-

ternehmerischen Grundsatzthemen als

auch zu Sach- und Fachthemen an. Im

Mittelpunkt stehen jeweils eine Ver-

gleichspersönlichkeit und deren unter-

nehmerische Erfahrungen. Die Seminar-

teilnehmer denken dabei selber vertieft

über sich und über die eigene Position

nach und bringen gegenseitig ihre Erfah-

rungen ein.

■ Unternehmergespräche

Unternehmergespräche behandeln die

unternehmerischen Grundsatzfragen,

zum Beispiel: Aufbau und Organisation,

Generationenwechsel, finanzielle Stär-

kung.

■ Sachgespräche

In Sachgesprächen geht es vor allem um

die Fragen rund um den geeigneten Mit-

teleinsatz.

■ Fachgespräche

In diesen Gesprächen geht es in erster

Linie um die Bewältigung der Alltagspro-

bleme von KMU wie Rekrutierung und

Schulung von Mitarbeitern, Verhandlung

mit Banken.

B E G E G N U N G G E S P R Ä C H B I L D U N G

Page 37: Lilienberg – Die Zeitschrift für lebendiges …...man somit nicht lernen. Zuversicht kann man aber durch Erfahrung und Erleben wecken und stärken. Dazu braucht es Mit - menschen,

Lilienberg Unternehmerforum

Blauortstrasse 10

CH-8272 Ermatingen

Telefon +41 71 663 23 23

Fax +41 71 663 23 24

[email protected]

www.lilienberg.ch

Lilienberg Unternehmertum

Industriestrasse 1

CH-8340 Hinwil

Telefon +41 44 938 70 00

Fax +41 44 938 70 99