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Materielles Recht
Anspruchsgrundlagen
BGB AT
Schuldrecht AT
Schuldrecht BT
GoA
Bereicherungsrecht
Mobiliarsachenrecht
Immobiliarsachenrecht
Deliktsrecht
Gesamtschuld
Familienrecht
Erbrecht
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Schuldrecht AT §§ 355 ff.
BGB
Widerruf:
Prüfungsschema und Grundlagen (30)
1. Wie lautet das Prüfungsschema zum Widerruf?
2. Aus welchen Vorschriften ergibt sich eine Widerrufsmöglichkeit für den
Verbraucher?
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1. Prüfungsschema
a) Widerrufserklärung, § 355 I 1
b) Widerrufsrecht des Verbrauchers
c) Einhaltung der Widerrufsfrist, § 355 II
2. Widerrufsrechte des Verbrauchers
a) §§ 312, 312b, 312g: Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (AGV)
b) §§ 312, 312c, 312g: Fernabsatzvertrag
c) §§ 485 I, 481: Teilzeit-Wohnrechtevertrag
d) § 495: Verbraucherdarlehensvertrag
e) §§ 491, 506 I, 495: Finanzierungshilfen (beachte § 506 III: Teilzahlungsgeschäfte)
f) §§ 514 II, 515 BGB: unentgeltliche Darlehensverträge und unentgeltliche
Finanzierungshilfen
g) § 510: Ratenlieferungsvertrag
h) § 650l BGB: Verbraucherbauvertrag
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Schuldrecht AT §§ 355 ff.
BGB
Widerruf:
Prüfungsschema und Grundlagen (31)
Welche unterschiedlichen Widerrufsfristen können bestehen?
Hinweis:
Bereits seit Inkrafttreten der Neuregelungen zu den §§ 355, 491 ff. im Juni 2010
war eine „Katalogisierung“ der verschiedenen Widerrufsfristen wg. der vielen
Gesetzesverweise und zu beachtenden Einzelvorschriften im Karteikartenformat
fast nicht mehr möglich. Die Neuregelung vom 13.06.2014 hat die
Unübersichtlichkeit noch verstärkt. Diese Karteikarte reduziert die Darstellung
auf die examensrelevanten Widerrufsrechte aus §§ 495, 506 einerseits und die
§§ 312b, c, g andererseits. Gleichwohl kann beim Versuch, eine schematische
Hilfe zu geben, nicht jeder Gesetzesverweis und jede Ausnahme berücksichtigt
werden. In der Klausur gilt: Gesetz lesen!
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Bei einem Widerrufsrecht aus §§ 495 I
oder §§ 506 I, 495 I
Bei einem Widerrufsrecht aus §§ 312,
312b, 312c, 312g (AGV und FernabsatzV):
Beginn
Grds. gemäß § 355 II 2 bei
Vertragsschluss, sofern gem. § 492
II die Pflichtangaben gemacht
wurden.
Beachte zusätzlich § 356b I:
Nicht bevor die Vertragsurkunde
zur Verfügung gestellt wurde.
Beachte zusätzlich § 356b II iVm
§§ 492 II, VI 4.
Beginn
Grds. gem. § 355 II 2: Bei
Vertragsschluss
Beachte zusätzlich §§ 312d, 356 III:
Nicht vor Unterrichtung gem. Art.
246a § 1 II 1 oder Art. 246b § 2 I
EGBGB.
Beachte zusätzlich die §§ 474, 356
II Nr. 1 beim Verbrauchsgüterkauf.
Laufzeit der Frist
14 Tage gem. §§ 355 II 1, 492 II,
356b I
1 Monat gem. § 492 VI 4, wenn die
Pflichtangaben nachgeholt wurden
Laufzeit der Frist
14 Tage gem. § 355 II 1
1 Jahr plus 14 Tage gem. § 356 III 2
bei Ausbleiben der Belehrung
Frist läuft nicht, wenn die Voraussetzungen
der §§ 356b I, II nicht eingehalten wurden.
Sonderregelung bei Dienstleistungen:
Erlöschen gem. § 356 IV
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Schuldrecht AT §§ 355 ff.
BGB
Widerruf:
Prüfungsschema und Grundlagen (32)
Besteht ein Widerrufsrecht im folgenden Fall?
Rechtsanwältin Renate Schmidt kauft per Fernabsatzgeschäft eine Leuchte im
Internetversandhandel. Die Rechnungsadresse lautet auf ihre Kanzlei. Vor
Ablauf der Widerrufsfrist widerruft sie den Vertrag formgemäß. Der
Versandhändler verneint ihr Widerrufsrecht, weil sie keine Verbraucherin sei.
Renate Schmidt weist darauf hin, dass die Leuchte von Anfang an im
Wohnzimmer gestanden habe und sie niemals in der Kanzlei erleuchtet habe.
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Fraglich ist, ob die Rechtsanwältin in diesem konkreten Geschäft Verbraucher gem. § 13 BGB
ist. Nur dann besteht ein Widerrufsrecht aus §§ 312g, 312c BGB.
• Nach einer Auffassung soll dies allein vom Empfängerhorizont her beurteilt werden.
Wenn der Versandhändler aufgrund seiner persönlichen Angaben im Vertrag den anderen
als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB ansieht, scheidet ein Widerrufsrecht aus.
Aufgrund der Rechnungsadresse musste der Händler davon ausgehen, dieses Geschäft
werde für die selbständige berufliche Tätigkeit vorgenommen. Danach gäbe es hier kein
Widerrufsrecht aus § 312d BGB.
• Nach anderer Auffassung soll es objektiv nur darauf ankommen, ob die gekaufte Sache
privat im Sinne des § 13 BGB oder zu gewerblichen oder selbständigen, beruflichen
Zwecken benutzt wurde. In dem Fall wäre das Widerrufsrecht gegeben, weil die Sache
nur außerhalb der selbständigen beruflichen Tätigkeit benutzt wurde.
• Der BGH (Urteil vom 30.09.2009, VIII ZR 7/09) hat die Lösung durch Auslegung vom
Empfängerhorizont grundsätzlich verneint. Es bestünde die Gefahr, durch falsche
Angaben im Vertrag der Zwangsbeglückung durch die Verbraucherschutzregeln zu
entgehen. Motiv hierfür könnte etwa der Versuch sein, sich als Unternehmer auszugeben,
um durch Verzicht auf Gewährleistungsrechte Preisnachlässe zu verhandeln. Allerdings
soll das Auftreten als Unternehmer oder Selbständiger zur Beweislastumkehr führen.
Hier muss die Anwältin die ausschließlich private Nutzung beweisen.
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Schuldrecht AT §§ 355 ff.
BGB
Widerruf:
Prüfungsschema und Grundlagen (33)
Besteht ein Widerrufsrecht im folgenden Fall?
Rentner Hans sieht im Zeitmagazin die Kontaktanzeige der rüstigen Witwe
Erika. Nachdem er Kontakt aufgenommen hat, meldet sich die Partnerschafts-
vermittlungsagentur „Harmonie und Leben“. Nachdem die Frage des Hans, ob
er denn Erika kennenlernen könne bejaht wurde, bestellt er zu diesem Zweck
die Partnerschaftsberaterin Susanne in seine Privatwohnung. Dort unterschreibt
er das Aufnahmeformular zum Freizeitclub, in dem er unter anderem auch
Erika kennenlernen können soll und zahlt 3.000,- €. Er unterschreibt, dass
Susanne auf seine vorhergehende Bestellung erschienen ist. Nach zwei Tagen
lernt Hans durch einen unfassbaren Zufall Erika im Supermarkt kennen. Es ist
Liebe auf den ersten Blick. Hans widerruft den Beitritt zum Freizeitclub.
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Fraglich ist, ob Hans ein Widerrufsrecht aus §§ 312g, 312b I Nr. 1 BGB hat. Nach der
Rechtslage vor der Reform war umstritten, ob das Widerrufsrecht gem. § 312 III Nr. 1 BGB
a.F. aufgrund einer Bestellung der Mitarbeiterin des Unternehmers in die Wohnung
ausgeschlossen war.
• Nach früherer Auffassung zur alten Rechtslage sollte in den Fällen des vom Unternehmer
ausgehenden gezielten Erstkontaktes eine so genannte provozierte Bestellung vorliegen,
die wegen des Verstoßes gegen das Umgehungsverbot zur teleologischen Reduktion des
§ 312 III Nr. 1 BGB führte und das Widerrufsrecht unberührt ließ. Dies sollte aber nicht
bei allgemeiner Werbung in Zeitschriften oder durch Plakate oder Fernsehwerbung
gegeben sein.
• Die spätere Rechtssprechung des BGH legte das Wort „Bestellung“ eng aus. Von einer
das Widerrufsrecht ausschließenden Bestellung konnte nur die Rede sein, wenn in der
Privatwohnung auch ein Vertrag über die bestellte Leistung zustande gekommen ist. Hier
hat Hans die Vermittlung des Kontaktes zu Erika bestellt. Geschlossen wurde ein Vertrag
über einen Freizeitclub – also lag keine Bestellung vor.
• Nach der neuen Rechtslage kommt es auf die Bestellung des Unternehmers durch den
Verbraucher nur noch im seltenen Fall des § 312g II Nr. 11 BGB an, nämlich bei
Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten. Im vorliegenden Fall hätte der vorherige Anruf
beim Unternehmer keine Relevanz für das Widerrufsrecht. Hans könnte gem. §§ 355,
312g, 312b I Nr. 1 BGB widerrufen.
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Schuldrecht AT §§ 355 ff.
BGB
Widerruf - Rechtsfolgen (34)
1. Was ist die Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs?
2. Auf welche Besonderheiten ist hinsichtlich dieser Rechtsfolge zu achten?
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1. Rechtsfolge
Verbraucher ist gem. § 355 I 1 an seine WE nicht mehr gebunden
Entstehung spezieller Rückgewährschuldverhältnisse in den §§ 355 III, 357 – 357d
2. Besonderheiten
gem. § 357 V besteht eine Schickschuld des Verbrauchers bei AGV und
FernabsatzV, bei der er die Kosten trägt, wenn er gem. Art. 246a § 1 II Nr. 1
EGBGB korrekt belehrt wurde
gem. § 357 VII ist die Wertersatzpflicht des Verbrauchers bei AGV und
FernabsatzV an die korrekte Widerrufsbelehrung durch den Unternehmer gem. Art.
246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB geknüpft
Eine Sonderregelung für Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen oder
Lieferung von Wasser, Gas oder Strom in nicht bestimmten Mengen enthält für den
Wertersatz § 357 VIII. Voraussetzung ist stets die korrekte Belehrung über das
Widerrufsrecht, die je nach Widerrufsrecht modifizierte Anforderungen in den
Sätzen 2 und 3 aufweist.
§ 357 IV enthält ein Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers. Jura
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Schuldrecht AT §§ 355 ff.
BGB
Widerruf - Rückforderungsdurchgriff (35)
Was ist unter der Situation des Rückforderungsdurchgriffs zu verstehen?
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Unter Rückforderungsdurchgriff versteht man die in § 358 Abs. 4 S. 5 BGB beschriebene
Situation. Zwingende Voraussetzung ist ein verbundener Vertrag gem. § 358 Abs. 3 BGB.
Hat – wie regelmäßig – der Unternehmer vom Kreditgeber die zur Finanzierung des
verbundenen Vertrages bestimmte Kreditsumme ausgezahlt erhalten, und ist dann der
Widerruf erfolgt, greift § 358 Abs. 4 S. 5 BGB. Er verhindert das Entstehen von zwei
separaten Rückgewährschuldverhältnissen, an denen der Verbraucher beteiligt ist.
Stattdessen tritt die Bank in die Rechte und Pflichten des Unternehmers im Verhältnis zum
Verbraucher ein. Dies bewirkt: Der Verbraucher muss nur die vom Unternehmer empfangenen
Leistungen an die Bank herausgeben, erhält von dieser die geleisteten Anzahlungen und Raten
erstattet.
Umstritten ist die Rückabwicklung zwischen Unternehmer und Bank. Empfehlenswert ist der
Versuch, die Rückabwicklung zunächst über die vertragliche Beziehung (§§ 662, 675 BGB)
vorzunehmen. Scheitert dies an der Existenz eines Vertrages, bleibt die Möglichkeit, § 358
Abs. 4 S. 5 BGB analog auf das Verhältnis zwischen Unternehmer und Bank anzuwenden.
Die vom BGH vorgeschlagene Lösung über § 812 Abs. 1 S. 1 2. Fall BGB hat das Gericht
nicht begründet. Sie würde in der Klausur am Vorrang der Leistungsbeziehung scheitern.
Umstritten ist ferner, ob im Falle mangelhafter Leistung im verbundenen Vertrag parallel zum
Einwendungsdurchgriff gem. § 359 BGB der Verbraucher analog § 358 Abs. 4 S. 5 BGB
durch Rückforderungsdurchgriff die an die Bank geleisteten Raten zurückverlangen darf. Dies
wird vom BGH zutreffend bejaht.
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Schuldrecht AT §§ 355 ff.
Widerruf - Einwendungsdurchgriff (36)
Was ist unter der Situation des Einwendungsdurchgriffs zu verstehen?
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Der Einwendungsdurchgriff gewährt bei gem. § 358 Abs. 3 BGB verbundenen Verträgen dem
Verbraucher das Recht, seine aus dem finanzierten verbundenen Vertrag herrührenden
Einwendungen dem Kreditgeber entgegenzuhalten.
Der Einwendungsdurchgriff setzt gem. § 359 BGB voraus:
• Einen verbundenen Vertrag gem. § 358 Abs. 3 BGB: Dieser setzt voraus:
- Einen Verbraucherdarlehensvertrag gem. § 491 BGB. Hierzu muss der Kreditgeber ein
Unternehmer gem. § 14 BGB, der Kreditnehmer Verbraucher gem. § 13 BGB oder
Existenzgründer gem. § 513 BGB sein.
- Der Darlehensvertrag muss zumindest teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages
dienen.
- Beide müssen eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist u.a. der Fall, wenn sich der
Kreditgeber der Mithilfe des Unternehmers bei Vertragsschluss bedient hat.
• Der Verbraucher muss eine Einwendung aus dem verbundenen Vertrag haben: Das kann der
Einwand der Nichtigkeit, der Unwirksamkeitseinwand nach Kündigung, oder auch die
Mängeleinrede analog § 438 Abs. 4 S. 2 BGB sein. Ferner können die §§ 656 I 1, 762 I 1 BGB
eingewendet werden.
• Der Einwand darf nicht gem. § 359 S. 2 oder 3 BGB ausgeschlossen sein.
• Das Geltendmachen des Einwandes darf nicht wider Treu und Glauben gem. § 242 BGB
erfolgen. So darf der Mängeleinwand nur Zug um Zug gegen Abtretung des Rechts auf Rücktritt und der Rechte aus dem Rückgewährschuldverhältnis nach Rücktritt, soweit sie der
Verbraucher nicht selbst benötigt, erhoben werden.
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Schuldrecht AT § 398 BGB
Abtretung - Prüfungsschema (37)
Wie lautet das Prüfungsschema zur Abtretung gem. § 398?
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I. Dingliche Einigung iSv § 398 BGB:
1. 2 übereinstimmende WE mit dem Inhalt, dass Zessionar Gläubiger werden soll.
2. Bestimmtheit der Einigung: Bestimmbarkeit genügt.
3. Keine Nichtigkeit des Abtretungsvertrages (z.B. gem. § 105, § 108, § 117, § 118,
§ 134, § 138 II, § 138 I, § 142 I BGB.
II. Form:
Die Abtretung ist grds. formfrei – ggfs. ist aber eine gewillkürte Formabrede und im
Hypothekenrecht der § 1154 I oder III BGB zu beachten.
III.Dingliche Berechtigung des Zedenten:
1. Unbeschränkte Verfügungsbefugnis des Zessionars. Beachte auch die
Verfügungsermächtigung gem. § 185 I BGB und die Verfügungsbefugnis der Partei
kraft Amtes gem. § 80 InsO, § 152 ZVG, § 1985 und § 2205 BGB.
2. Beachte hier § 405 Fall 1 BGB!
3. Beachte die Heilung gem. § 185 II BGB!
IV. Kein Abtretungsverbot:
1. Gem. § 400 BGB iVm §§ 850 ff. ZPO.
2. Gem. § 399 1. Fall BGB (Inhaltsänderung) und § 399 2. Fall BGB (Abtretungsverbot
als Ausnahme zu § 137 BGB). Beachte § 405 Fall 2 BGB und vor allem § 354a
HGB.
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Schuldrecht AT § 398 BGB
Abtretung - Voraussetzungen (38)
1. Was bedeutet Bestimmbarkeit bei der Abtretung?
2. Welche Fälle der Sittenwidrigkeit gehören zum Standardwissen bei der
Abtretung?
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1. Bestimmbarkeit genügt. Sie ist bei Vorausabtretungen gegeben, wenn ein objektiver
Dritter im Zeitpunkt der Forderungsentstehung die Forderung als abgetreten zweifelsfrei
identifizieren kann. Dies erfordert zur Zeit der Abtretung das Festlegen eines Kreises der
Rechtsbeziehungen, aus dem die Forderung stammen wird und der Art der Forderung.
Grund für die Lockerung des Bestimmtheitsgebotes ist die Tatsache, dass Forderungen
nur relative Rechte begründen.
2. Die Vorausabtretung kann wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein. Dies erstaunt zunächst,
weil sie ein dingliches und damit wertneutrales Geschäft ist. Aus § 138 Abs. 2 BGB folgt
durch das Wort „gewähren“, dass unter den Voraussetzungen des Wuchers auch die
dingliche Einigung nichtig sein kann. Aus der Anknüpfung durch das Wort
„insbesondere“ wird geschlossen, dass unter ähnlich hohen Voraussetzungen die
Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB auch die dingliche Einigung erfassen kann.
Dies wird zum einen durch den Aspekt der Schuldnerknebelung ausgelöst, wenn der
Schuldner aufgrund der Vorausabtretung zum Vertragsbruch gegenüber
Vorbehaltsverkäufern verleitet wird (Vertragsbruchslehre), es sei denn, diese Gefahr
wurde durch eine dingliche Teilverzichtsklausel ausgeschlossen. Sie wird zum anderen
durch den Aspekt der Gläubigerbenachteiligung ausgelöst, wenn durch eine anfängliche
Übersicherung anderen Gläubigern keine Forderungen verbleiben. Allerdings wird dies
in der Praxis durch eine Freigabeklausel abgewendet.
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Schuldrecht AT § 398 BGB
Abtretung:
Voraussetzungen/ Rechtsfolgen (39)
Kann das Bankgeheimnis der Abtretung entgegenstehen?
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Nach der Auffassung des BGH nicht (BGH NJW 2007, 2106 ff.). In der zugrundeliegenden
Entscheidung hatte ein Darlehensschuldner folgende Klausel unterschrieben: „§ 11 Refinan-
zierung: Die Bank ist berechtigt, im Falle der Refinanzierung die Darlehensforderung abzu-
treten und die vom Darlehensnehmer bestellten Sicherheiten an die Refinanzierungsstelle zu
übertragen.“ S geriet in der Folgezeit in Zahlungsschwierigkeiten, so dass die Zwangsver-
steigerung über sein bebautes Grundstück, das finanzierte Objekt, angeordnet wurde. Darauf
kündigte G rechtmäßig das Darlehen und stellt die Gesamtsumme fällig. Danach trat sie die
Forderung formgemäß an Z ab. Der Abtretungsvertrag ist nicht gem. § 134 BGB nichtig. Die
Abtretung verstößt nicht gegen §§ 134 BGB, 203 I StGB, weil die Vorstände privater
Kreditinstitute dort nicht als Berufsgeheimnisträger genannt werden und eine analoge
Anwendung sich wegen Art. 103 II GG verbietet. Nach BGH NJW 2007, 2106 ist die
Abtretung nicht gem. § 134 BGB i.V.m. § 28 BDSG nichtig. Die Vorschriften des BDSG
sollen gegenüber dem Bankgeheimnis nur zur Anwendung kommen, wenn eine Frage
aufgrund des Bankgeheimnisses nicht beantwortet werden kann. Aus dem Bankgeheimnis
ergibt sich nur eine schuldrechtliche Verschwiegenheitspflicht und kein dinglich wirkendes
Abtretungsverbot gem. § 399 2. Fall BGB. Der Kunde erhält allenfalls gem. §§ 280 I, 241 II
BGB einen Schadensersatzanspruch (BGH NJW 2007, 2106). Die Gegenauffassung, OLG
Frankfurt, NJW 2004, 3266, 3267, sieht im Bankgeheimnis ein dingliches Abtretungsverbot,
weil der Zedent gem. § 402 BGB stets verpflichtet sei, die kundenbezogenen Daten an den
Zessionar auszuliefern. Dem hat der BGH mit dem Argument widersprochen, dass § 402 BGB
keine zwingende, sondern nur eine typisierende und damit abdingbare Vorschrift sei.
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Schuldrecht AT § 398 BGB
Abtretung:
Voraussetzungen/ Rechtsfolgen (40)
1. Welche Rechtsfolgen hat eine Forderungsabtretung?
2. Zu einer Forderungsabtretung ist eine Mitwirkung des Schuldners nicht
erforderlich. An welche Regelungen zum Schutz des Schuldners ist jedoch
in Folge der Forderungsabtretung zu denken?
3. Wie kann man ein Forderungsderivat, etwa eine Option abtreten?
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1. Rechtsfolgen der Abtretung
a) Übergang der Forderung auf den neuen Gläubiger (vgl. § 398, S. 2
BGB)
b) Übergang von akzessorischen Sicherheiten für die Forderung
ebenfalls auf den neuen Gläubiger gem. § 401 BGB (analog für die
Vormerkung).
c) Eigentumserwerb des Erwerbers auch bzgl. Urkunden über die
abgetretene Forderung, § 952 I, II BGB („Das Recht an dem Papier
folgt dem Recht aus dem Papier“)
2. Zu beachten sind die schuldnerschützenden Vorschriften der §§ 404 ff.
BGB.
3. Dies regelt § 413 BGB. Nach dieser Vorschrift wird auch die
Briefgrundschuld gem. §§ 413, 398, 1192 Abs. 1, 1154 BGB übertragen. Ju
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