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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld Ein Leitfaden für die Praxis leitfaden
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Leitfaden – Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld · Weiterführende Literatur 26. 4 Tierequente Geräusche im Wohnumfeld 1. Einleitung Die Beeinträchtigungen durch tieffrequente

Aug 27, 2019

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Tieffrequente Geräusche im WohnumfeldEin Leitfaden für die Praxis

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Impressum

Herausgeber:UmweltbundesamtFachgebiet I 3.4Postfach 14 0606813 Dessau-RoßlauTel: +49 [email protected]: www.umweltbundesamt.de

/umweltbundesamt.de

/umweltbundesamt

Autoren:Ulrich Möhler, Möhler+Partner Ingenieure AGChristian Eulitz, Möhler+Partner Ingenieure AG

Redaktion: Christian Fabris, UmweltbundesamtSusanne Kambor, Umweltbundesamt

Gestaltung:Atelier Hauer + Dörfler GmbH, Berlin

Publikationen als pdf:https://www.umweltbundesamt.de/publikationen

Bildquellen:www.shutterstock.comMöhler+Partner Ingenieure AG (S.5)

Stand: März 2017

ISSN 2363-832X

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Tieffrequente Geräusche im WohnumfeldEin Leitfaden für die Praxis

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 6

2. Problemdarstellung 7

3. Verwendung des Leitfadens 8

4. WassindtieffrequenteGeräusche? 8

5. WarumkönnentieffrequenteGeräuschebesonderslästigsein? 95.1Lärmwirkung 95.2UngewohnteKlänge–spezielleakustischeEigenschaften 115.3Emission–WassindmaßgebendeLärmquellen? 125.4Transmission–WiebreitensichtieffrequenteGeräuscheaus? 125.5Immission–WaspassiertindenAufenthaltsräumen? 13

6. AktuelleRechtslage 156.1BeurteilungtieffrequenterGeräusche 156.2Genehmigungsverfahren 166.3ProduktbezogeneAnforderungen 17

7. Entwicklungsszenarien 19

8. DefiziteundHandlungsempfehlungen 21

9. WeiterführendeLiteratur 26

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

1. EinleitungDieBeeinträchtigungendurchtieffrequenteGeräuscheodersogenannte„Brummton“-PhänomeneimWohnumfeldhabenindenletztenJahrendeut-lichzugenommen.GenaueUrsachenfürdaserhöhteBelästigungsempfindensindnichtbekannt.Sicheristjedoch,dasssichdieakustischeLandschaftdesWohnumfeldeswahrnehmbarverändert.EinerseitsnehmendieSied-lungsdichteundderVerkehrzu,WohngebäudewerdenschalldichtergebautundtechnischeGeräte–vomHeimnetzwerküberKlima-undLüftungsanla-genbishinzumStaubsaugroboter–sollendenKomfortverbessern.DieEnt-wicklungdieserhöherenWohnstandardsführtallerdingsauchdazu,dasstieffrequenteGeräuschestärkeralsbisherimWohnumfeldauftreten.AufderanderenSeitehatebensodieSensibilitätderBevölkerunggegenüberUmwelt-einflüssen,speziellderLärmbelastung,indenletztenJahrenzugenommen.

EssindbesonderstieffrequenteGeräuscheimHausoderinderWohnung,diealsäußerststörendempfundenwerden,wennsiedauerhaftauftreten.DieBetroffenenfühlensichgegenüberdieserBelastungoftmalsungenü-gendgeschützt,sodasssichdarausnichtseltenlangwierigeKonfliktemitderNachbarschaftentwickeln.EsistkeinEinzelfall,dassderartigeSituatio-nenletztendlichzueinemfüralleBeteiligtenaufwendigenRechtsstreitundeinernichtvorhersehbarenEntscheidungvorGerichtführen.

AusdiesemGrundliefertvorliegenderLeitfadenpraxisbezogeneEmpfeh-lungenzurVermeidungvonKonfliktenmittieffrequentenGeräuschen.EswerdenhierallenotwendigenInformationenzusammengestellt,umeinBewusstseinfürdieProblematikzuschaffenundAnsätzezurKonfliktlö-sungaufzuzeigen.

Verkehrsgeräusche prägen

­häufig­vielerorts­die­akustische­

Landschaft.

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Ein Leitfaden für die Praxis

2. ProblemdarstellungTieffrequenteGeräuscheinderUmgebungvonWohnbebauungenwerdendurcheineVielzahlvonGerätenundAnlagenverursacht.ÜberwiegendieseGeräuschanteileimruhigenWohnraumoderaufderTerrasse,sowerdensieschnellzurBelastung.

EssindvorallemstationäreGeräte,diebelästigendetieffrequenteGeräu-scheerzeugen.DieseführenzueinerneuenArtderBeeinträchtigung,dadieseimWohnumfelderrichtetunddauerhaftbetriebenwerden.Eshan-deltsichhierbeiinsbesondereumstationäregebäudetechnischeGerätewieMini-Blockheizkraftwerke,Luftwärmepumpen,Klein-Windkraftanlagen,Heizungsanlagen,Haushaltsgeräte,aberauchLüftungsanlagenoderKlima-undKühlgeräte.

NebendiesenGerätensindinderVergangenheitvorallemBlockheizkraftwer-kealstieffrequenteGeräuschquellenhervorgetreten,dieinderRegelvonau-ßenaufWohnsiedlungeneinwirken.AnlagensolcherArtdurchlaufengewöhn-lichPlan-oderGenehmigungsverfahren,indenenunteranderemauchdieBelangedesSchallschutzessachkundigdurchdieBehördegeprüftwerden.

BeiderprivatenErrichtungvonstationärengebäudetechnischenGerätenfin-detjedochselteneinebehördlicheÜberprüfungstatt.DieStandortederGe-rätesindinnerhalbvonWohngebietenmeistvielfachpunktuellverteilt,wo-durchsichderentieffrequenteGeräuschefüreinzelneNachbarnungünstigüberlagernkönnen.DersteigendeAbsatzsolcherGerätesowiederallgemeinetechnischeFortschrittlasseninZukunfteinedeutlicheZunahmevonKonflik-tenmittieffrequentenGeräuschenimWohnumfelderwarten.DieserEntwick-lungistdurcheinenbewusstenUmgangmitdemProblementgegenzuwirken.

Typische stationäre haus-

technische Anlagen im Wohn-

umfeld – Klimageräte (links)

und Luftwärmepumpen (rechts)

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

3. Verwendung des LeitfadensVorliegenderLeitfadenenthältsowohlfürBetroffene,BetreibendeundHer-stelleralsauchfürLieferanten,BeratendeoderPersonenausBereichenwiederVerwaltungundPolitikeineSammlunggrundlegenderInformationenundEmpfehlungenzurProblemvermeidung.EsgehtdabeiumdieheutigewieauchzukünftigeKonfliktlage,umtechnischeundakustischeGrund-lagensowierechtlicheRahmenbedingungenundderenDefizite.AufBasisdieserDefizitewurdenHandlungsempfehlungenerarbeitet.

IndenerstenAbschnittengehtesumdieFrage,wastieffrequenteGeräuscheeigentlichgenausindundwarumdiesebesondersstörendseinkönnen.DarauffolgendwirddieaktuelleRechtslagegenauerdargestellt.AufBasisvonEntwicklungsszenarienundFallbeispielensollschließlichdaskünftigeAusmaßdesProblemsverdeutlichtwerden.

InderPlanungsphase,alsobeiderFestlegungdesGerätetyps,derTechnolo-gieunddesAufstellortesebensowiebeiderErrichtungvonAufenthaltsräu-menimWohnumfeld,sindeffizienteMaßnahmenzurKonfliktvermeidungverhältnismäßigeinfachumsetzbar.AberauchanbestehendenGerätensinddurchnachträglicheAnpassungennochmaßgeblicheVerbesserungenderGeräuschsituationenmöglich.

4. Was sind tieffrequente Geräusche?Als„tieffrequenterSchall“wirdnachdeneinschlägigenRegelwerkenderAnteilvonGeräuschenbezeichnet,dereineFrequenz(dasistdasMaßfürdieTonhöhedesSchalls)vonwenigerals90Hzaufweist(sieheAbbil-dung1).DertieffrequenteSchallistenergiereicherundlangwelligeralsder„normale“Hörschall.

„TieffrequenterSchall“istfolglicheinAnteildesSchallsmitspezifischenphysikalischenEigenschaften,dergrundsätzlichinjedemGeräuschenthal-tenist.BestehendieHauptenergieanteilevonGeräuschenaustieffrequen-tenSchall-Anteilen,sprichtmanvontieffrequentenGeräuschen.VondiesengehteineerhöhteBelästigungswirkungaus.ZurVermeidungvonKonfliktenmüssensomitindiesenFällendieBesonderheitentieffrequenterGeräuschebetrachtetwerden.

NebenderallgegenwärtigenGeräuschbelastungistderMenschinseinemAlltagoftzusätzlichtieffrequentenGeräuschenausgesetzt:zumBeispielbeieinerFahrtmitdemAuto,imZugoderauchimFlugzeugdröhntundbrummtesfortwährend.

ImruhigenWohnumfeldundvorallembeiNacht,wennderUmgebungs-lärmverringertist,sindtieffrequenteGeräuschebesondersauffallend.In

Der­Mensch­ist­im­­Alltag­­häufig­

­tieffrequenten­­Geräuschen,­

wie z. B. bei einer Bahnfahrt,

ausgesetzt.

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Ein Leitfaden für die Praxis

5. Warum können tieffrequente Geräusche besonders lästig sein?

5.1 Lärmwirkung

ImtieffrequentenBereichistdasLautstärke-undTonhöhenempfindendesMenschenwenigerausgeprägtalsimmittlerenTonhöhenbereich(„Sprach-bereich“).VontieffrequentenGeräuschengehthäufigeineerhöhteBelästi-gungaus,damansiealsbesondersbedrohlichempfindet.ZusätzlichkanntieffrequentenGeräuschenmeistnichtausgewichenwerden,dennsietretenimgesamtenWohnbereichauf.ZudemhatdieBelästigungoftmalseinenkonkretenVerursachenden(z.B.denBetreibendeneinesstationärenGeräts),wasdenGradderVerärgerungmöglicherweisenocherhöht.

einersolchenSituationkannmandas„Brummen“derStandgeräuscheeinesAutosvorderHaustüroderdasGrolleneinesweitentferntenGüterzugsdeut-lichwahrnehmen.Diesliegtauchdaran,dassinnerhalbvongeschlossenenRäumentieffrequenteGeräuscheprägnanterhervortretenalsbeimAufent-haltimFreien,wodasGeräuschempfindenoftmalsdurchdiehöherenTönedominiertwird.InnerhalbvonWohngebäudensindeshäufigdieBassklän-geeinerMusikanlageoderdasBrummeneinesKühlschranks,diebesondersdeutlichzuhörensind.

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

Tieffrequente Geräusche in der „Hörfläche“

Die­Wahrnehmung­von­Geräuschen­beim­Menschen­variiert­je­nach­

Tonhöhe­(Frequenz),­Lautstärke­(Schallpegel)­und­der­individuellen­

Hörschwelle. Geräusche können gehört werden in einem Tonhöhen-

bereich­von­etwa­20­Hz­bis­20.000­Hz­und­in­einem­Lautstärkebereich­

von­der­Hörschwelle­bis­zur­Schmerzschwelle.­Die­sogenannte­„Hör-

fläche“­beschreibt­die­durchschnittliche­menschliche­Wahrnehmung­

von­Geräuschen­(siehe­Abbildung­2).­Der­Schall­kann­im­niedrigen­

Frequenzbereich­erst­bei­höherer­Lautstärke­wahrgenommen­werden.­

Gleichzeitig­kann­der­Geräuschklang­nicht­mehr­differenziert­werden,­

auch wenn unterschiedliche Tonhöhen in diesem Bereich auftreten.

Dies­ist­der­Grund,­weshalb­tieffrequente­Geräusche­allgemein­als­

„Brummen“­bezeichnet­werden.­Die­tieffrequenten­Geräusche­werden­

häufig­erst­wahrnehmbar,­wenn­im­restlichen­Wahrnehmungsbereich­

nur wenige bis gar keine Geräusche mehr zu hören sind.

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Ein Leitfaden für die Praxis

EinesolchenegativeWirkungwirddadurchverstärkt,dasstieffrequenteGeräuscheinvielenFällenzusammenmitVibrationenoderoptischenBeein-trächtigungendurchdieGeräuschquelleauftreten.NebenhörbaremBrum-menkönnenstarkausgeprägtetieffrequenteGeräuscheauchDruckgefühle,Unwohlseinusw.verursachen.DasperiodischeAuf-undAbschwellenderLautstärkeoderdasregelmäßigeEin-undAusschaltenvonGeräuschquellengeltenalseineweitereUrsachefürdieerhöhteStörwirkung.

NebendemspezifischenZeitverlaufkannauchdasKlangbilddenbesonderentechnischenCharakterdesGeräuschesausmachen.IndernatürlichenWohn-umgebungwerdenz.B.Verkehrsgeräusche,menschlicheKommunikationoderdasLäutenvonGlockeneherakzeptiert,währendeineneuhinzukom-mendeGeräuschquellehäufigalsortsunüblicheStörungempfundenwird.

FürdasindividuelleEmpfindensindfolglichnebendenobjektiv-physikali-schenFaktorenauchverschiedenesubjektiv-individuelleFaktorenmaßge-bend.DieDauer,dieindividuelleHör-oderWahrnehmungsempfindlichkeit,dieEinstellungzurGeräuschquelleundzurSituationkönnendaherdazuführen,dasstieffrequenteGeräuschealsLärmwahrgenommenwerden.

5.2 Ungewohnte Klänge – spezielle akustische Eigenschaften

AufgrundderspezifischenWahrnehmungvontieffrequentenGeräuschenunddemdamitverbundenenvermindertenTonhöhenempfindenkönnensichtieffrequenteGeräuscheunterschiedlicherQuellensubjektivgleichanhörenundsichinderÜberlagerungverstärken.

DieeinzelnenFunktionsgruppenvonz.B.Luftwärmepumpen(Kompres-soren,Lüfter,Motoren,Pumpenusw.)stellenimPrinzipkeineneuartigenGeräuschquellendar–zuihrerGeräuschminderungkönnendiebewährtenMethodenausderIndustrieakustikherangezogenwerden.Neusindaller-dingsdiekompakteBauart,derdauerhafteBetrieb,diezunehmendeAnzahlundVielfältigkeitderGerätesowiederenunmittelbareNäheimWohnum-feld,dasheißt:auf,inundanWohnhäusern.InursprünglichruhigenGebie-tenwerdendauerhaftzusätzlicheQuellentieffrequenterGeräuscheeinge-richtetunddamiteineVerschlechterungderGeräuschsituationbewirkt.

KonflikteentstehenzwarhäufigerstnacheinerlängerenZeitderEinwir-kungaufdieNachbarschaft.DannhatsichjedochmeisteineSensibilisie-rungderBetroffeneneingestellt.DieskannzueinemnachhaltigerhöhtenBelästigungsempfindeninderNachbarschaftführen:GeräuschewerdendannbereitsaufeinemniedrigenLautstärkeniveaualserheblichbelästi-genderLärmempfunden,aufdemdieGeräuschbelastungeigentlicheinüblicherweiseakzeptablesMaßaufweist.DadurchkannbeidenBetroffe-nenhäufigeinsehrhoherAnspruchaufMinderungsmaßnahmenentstehen.Häufigwirddannverlangt,keinerleiGeräuschemehrausderGeräusch-quellezuhörenbzw.dasGerätdauerhaftvollständigabzuschalten.

Quellen­mit­dauerhaft­tieffre-

quenten­Geräuschen­werden­

zunehmend in ursprünglich

ruhigen Gebieten eingerichtet.

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

5.3 Emission – Was sind maßgebende Lärmquellen?

TieffrequenteGeräuschewerdeninderRegelvonmechanischbewegtenTeilenverursacht.Maßgeblichsindgrößereschwingfähigeoderrotieren-deMassenwiez.B.niedrigdrehendeVerbrennungsmotoren.AuchStromverbrauchendeGeräte(z.B.Elektromotoren)könnenrelevantsein.Schließ-lichkannauchdiemechanischeVeränderungvonFlüssigkeitenundGasenursächlichsein(z.B.Ventilatoren,Verdichter,Pumpen).DieseTechnologi-ensindinunsererUmgebungindenverschiedenstenGerätenundAnlagenvorhanden.

WerdendieseTechnologienetwaineinemFahrzeugodereinemmobilenGeräteingebautundbetrieben,sokönnenkurzzeitigtieffrequenteGeräu-scheauftreten.AuchbeiAnlagen,dieimRegelbetriebkeinetieffrequentenGeräuscheverursachen,könnenfürkurzeZeittrotzdemtieffrequenteGe-räuschedurchbesondereBetriebszustände(An-/AbfahrenvonMaschinenoderAnlagen,Reinigungsprozesse,Abtauprozesse,etc.)verursachtwerden.SolcheKurzzeitereignisseführenseltenzuspürbarenBelastungen.

AndersistesbeiortsfestenGeräten.DieseerzeugenimRegelbetriebhäufigdauerhafttieffrequenteGeräuscheundsinddaherfürdasWohnumfeldalsstationäreGerätemaßgebend.BesonderskritischwerdendieseGerätefürdieNachbarschaft,wennsieaußerhalbvonGebäudenbetriebenwerden.FolgendestationäreGeräteführendeshalbhäufigzuBeschwerden:

▸ Mini-Blockheizkraftwerke

▸ Luftwärmepumpen

▸ Klein-Windkraftanlagen

▸ Heizungsanlagen

▸ Haushaltsgeräte

▸ Klima- und Kühlgeräte

5.4 Transmission – Wie breiten sich tieffrequente Geräusche aus?

BreitensichtieffrequenteGeräuscheaus,werdensiemitsteigenderEntfer-nungzuihrerQuellewenigerabgeschwächtalsmittel-undhochfrequenteGeräusche.SiebreitensichweitinderNachbarschaftaus,waseinenrelativgroßenEinwirkungsbereichzurFolgehat.TieffrequenteSchallwellenkönnensichzudemungünstigüberlagernundanvereinzeltenOrtenerhöhteLautstärkenausbilden.Abbildung3zeigtbeispielhaftdieÜberlagerungeinesBrummtonsvondreistationärenGerätenineinemWohngebiet.

Auch Heizungsanlagen führen

häufig­zu­Beschwerden­durch­

tieffrequente­Geräusche.

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Ein Leitfaden für die Praxis

AusderAbbildungistzudemeineweitereSchwierigkeiterkennbar.IneinervergleichbarenrealenSituationkönntemandieGeräuschezwaraneinzel-nenOrtenmesstechnischerfassen.EineZuordnungtieffrequenterGeräu-schanteilezueinerkonkretenQuelleistabernahezuunmöglich.Abhilfe-maßnahmenanderfalschenQuellewürdendannvermutlichnichtzurgewünschtenMinderungführen.DerIdentifizierungdermaßgeblichentieffrequentenGeräuschquelleistdaherinderPraxiseinezentraleAufgabe,diemeistnurdurchausgewieseneFachleutegelöstwerdenkann.

DarüberhinaustreteninderPraxishäufigLuft-undKörperschallüber-tragungengemeinsamauf,wobeidieKörperschallübertragungdieLuft-schallübertragungverstärkenkann(z.B.derSchleudergangeinerWaschmaschine).

5.5 Immission – Was passiert in den Aufenthaltsräumen?

HabensichdietieffrequentenGeräuschebiszuBetroffenenausgebrei-tet,kommtesinderenAufenthaltsräumenzueinerweiterenErhöhungder Belastung.

DieüblichenAußenbauteilevonWohngebäuden(Fenster,Wände,Decken,Dach)weiseneineverminderteSchalldämmungimtieffrequentenBereichauf.DieGebäudehüllekönntetheoretischgegeneinenAnteiltieffrequenterGeräusche,z.B.durchVerstärkungderAußenbauteile,baulichbesserge-dämmtwerden.DieswürdeaberanderenAnforderungenangesundeWohn-verhältnisseentgegenstehen(z.B.Belüftung,Beleuchtung)undunterUm-ständenzueinerArtunnatürlicherAbschottungvonderAußenweltführen(„Einbunkern“).

SelbstdiebesteDämmungistzudemunwirksam,wennderbetroffeneRaumeineakustischungünstigeGeometrieaufweist.Innerhalbvon

Außenbauteile­von­Wohngebäu-

den, z. B. Fenster, weisen eine

verminderte­Schalldämmung­im­

tieffrequenten­Bereich­auf.

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

geschlossenenRäumenkönnentieffrequenteGeräuschedurchraumakus-tischeBesonderheitenverstärktwerden.ÜblicheAufenthaltsräumevonWohnungenweisenRaumresonanzfrequenzenzwischen15Hz(sehrgroßeRäume)und55Hz(kleineRäume)auf.DurchdieAnregungeinerResonanz-frequenzdurchtieffrequenteGeräuschekannderSchalldruckeinzelnerTonhöhenineinemleerenRaumstarkerhöhtwerden.Abbildung4zeigtdieSchalldruckverteilungineinemWohnraumbeieinerResonanzfrequenz.IneinersolchenSituationkannbereitsdieUmstellungvonMobiliarzueinerVerringerungderBelastungdurchtieffrequenteGeräuscheführen.

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Ein Leitfaden für die Praxis

6. Aktuelle Rechtslage

6.1 Beurteilung tieffrequenter Geräusche

InDeutschlandregeltdasBundes-Immissionsschutzgesetz(BImSchG)denUmgangmitschädlichenUmwelteinwirkungendurchgefährliche,erheb-lichnachteiligebzw.erheblichbelästigendeImmissionen.VorallemkommtdabeiderVorsorgeunddemSchutzvorLärmeinewesentlicheRollezu.

DieTechnischeAnleitungzumSchutzgegenLärm(TALärm)konkretisiertalsVerwaltungsvorschriftzumBImSchGfürtechnischeAnlagendenun-bestimmtenRechtsbegriffder„schädlichenUmwelteinwirkungen“durchLärm.DerTALärmkommtdamitingerichtlichenVerfahreneinebeachtli-cheBindungswirkungzu.DiesbetrifftnichtausschließlichdieGenehmi-gungsverfahrengewerblich-industriellerAnlagen.AuchimBauplanungs-rechtundbeizivilrechtlichenFragenzumNachbarschaftslärmgiltdieTALärmalsantizipiertesSachverständigengutachten.

DasallgemeineBeurteilungsverfahrenderTALärmberuftsichauf„A-bewertete“Schallpegel.DieSchädlichkeitsschwelletieffrequen-terGeräuschewirddaherdurchdasallgemeineErmittlungs-und

A-Bewertung

Die­sogenannte­„A-Bewertung“­wurde­zur­technischen­­Anpassung­

elektrisch aufgezeichneter, gemessener und abgespielter Geräusch-

signale­an­die­„normale“­Hörschwelle­eingeführt.­Auch­bei­behörd-

licher­Beurteilung­von­Geräuschimmissionen­in­Genehmigungs-

verfahren­sowie­bei­der­Kennzeichnung­von­Schallpegeln­wird­

grundsätzlich­nur­die­„A-Bewertung“­verwendet.­Erkennbar­ist­dies­

üblicherweise­durch­die­Angabe­von­Schallpegeln­in­„dB(A)“,­wobei­

„dB“­für­­„Dezibel“­und­„(A)“­für­die­„A-Bewertung“­stehen.­Dies­ist­

auch­in­den­meisten­Fällen­vollkommen­sachdienlich.­Treten­jedoch­

tieffrequente­Geräusche­dominant­auf,­werden­diese­in­„A-bewerte-

ten“­Schallpegeln­rechnerisch­nur­stark­eingeschränkt­berücksichtigt.

Innerhalb­von­Wohngebäuden­

sind­es­häufig­die­Bassklänge­

einer Musikanlage, die beson-

ders deutlich zu hören sind.

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

BeurteilungsverfahrenderTALärmnichtausreichendkonkretisiert.DieTALärmverweistdeshalbzurErmittlungundBewertungtieffrequenterGeräu-scheaufdieDIN45680mitihremzugehörigenBeiblatt1.NachdieserNormhateinemesstechnischeErmittlungderImmissioneninnerhalbvonAufenthalts-räumenzuerfolgen.EinstandardisiertesPrognoseverfahrenexistiertnicht.

6.2 Genehmigungsverfahren

DasBImSchGunterteiltdieinseinenAnwendungsbereichfallendenAnla-geningenehmigungsbedürftigeundgenehmigungsfreieAnlagen,wieAbbil-dung5zeigt.DasGesetzstelltandieBetreibendengenehmigungsbedürftigerAnlagensowohlhöherealsauchandereAnforderungenundenthältbeiZu-widerhandlungenhärtereSanktionenalsbeigenehmigungsfreienAnlagen.

StationäregebäudetechnischeGerätewieMini-Blockheizkraftwerke,Luftwärmepumpen,Klein-WindkraftanlagenoderKlima-undKühlgerä-tesindimSinnedesBImSchGgenehmigungsfreieAnlagen.Betreibende

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Ein Leitfaden für die Praxis

genehmigungsfreierAnlagensindgrundsätzlichdazuverpflichtet,schädli-cheUmwelteinwirkungen–auchdurchtieffrequenteGeräusche–zuverhin-dernundzubeschränken,wennsienachdemStandderTechnikvermeid-barsind.DiesgiltsowohlfürwirtschaftlicheUnternehmenalsauchdenprivatenBetrieb.EsbestehtkeineallgemeineVorsorgepflichtfürBetreiben-degenehmigungsfreierAnlagen.

SindgenehmigungsfreieAnlagenTeileinesgrößerenVorhabens,dasz.B.derBaugenehmigungspflichtunterliegt,erfolgt–analogzudengenehmi-gungsbedürftigenAnlagen–einebehördlicheÜberprüfung.

WerdenstationäreGerätewieLuftwärmepumpen,Lüftungs-undKlimaan-lagenoderähnlicheEinrichtungenjedochalsEinzelvorhabenausgeführt,unterliegensiegrundsätzlichkeinerbehördlichenÜberprüfung.Siebedür-fenkeinerGenehmigungnachBImSchGundsindindenBauordnungenderLänderverfahrens-undgenehmigungsfrei.EinbehördlichesVerfahren,dasdieEinhaltungderAnforderungendesNachbarschutzesunddieRücksicht-nahmeüberprüft,erfolgtnicht.

FolglichmüssenErrichtendebzw.BetreibendevonstationärenGerätenimWohnumfeldeigenverantwortlichfürdenSchutzvor–auchtieffrequenten–Geräuschensorgen.

6.3 Produktbezogene Anforderungen

DieGeräuschemissioneneinigergenehmigungsfreiertieffrequenterGeräuschquellen(Luftwärmepumpen,RaumklimageräteundKomfort-ventilatoren)sindgesetzlichbegrenzt.DieseGrenzensindmitdenDurchführungsverordnungenderEuropäischenÖkodesign-Richtlinie2009/125/EGgesetzlichvorgeschriebenundsomitauchinDeutschlandverbindlichgeltend.

InderEuropäischenUnionbestehtzudemfürvieleProduktediePflichtzurKennzeichnungderGeräuschemission.DieKennzeichnungsolldieKaufent-scheidungunterstützenunddadurchvorallemderallgemeinenMinderungstörenderGeräuschedienen.EinBeispieleinerKennzeichnungmitAngabederGeräuschemissionistdasEU-EnergielabelfürElektrogeräte(sieheAbbildung6).

SowohldieGrenzenalsauchdieKennzeichnungderGeräuschemissionenbeziehensichwiedieTALärmauf„A-bewertete“Schallpegel.KundinnenundKundenkönnendeshalbzwardieabsoluteLautstärkeverschiedenerGerätebeiihrerKaufentscheidungmiteinandervergleichen.Diegekenn-zeichnetenWerteeignensichjedochnichtfürdieEinschätzungzutieffre-quentenGeräuschenderGeräte.DasKonfliktpotenzialdurchtieffrequenteGeräuschemissionenkanndeshalbdurchdiederzeitgültigeBegrenzungoderKennzeichnungnichtvermindertwerden.

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

Freier Warenverkehr und Harmonisierungs-klauseln

Bereits­für­das­Inverkehrbringen­von­Produkten­können­grundsätzlich­

Anforderungen (z. B. zum Schutz der Umwelt) gestellt werden. Solche

hätten zugleich einschränkende Wirkung beim Marktzutritt. Denn nur

Produkte, die diesen Vorgaben entsprechen würden, dürften in Um-

lauf gebracht werden. Würden ein oder mehrere Mitgliedsstaaten der

Europäischen­Union­solche­individuellen­Anforderungen­stellen,­wäre­

der­freie­Warenverkehr­gehemmt.­

Da­der­freie­Verkehr­von­Waren­ein­zentrales­Element­der­Grundsätze­

der­Europäischen­Union­ist,­darf­er­grundsätzlich­nicht­individuell­

beeinträchtigt werden. Produktbezogene Anforderungen sind daher

in­der­Regel­Gegenstand­von­Harmonisierungsmaßnahmen,­die­eine­

Verbesserung des Binnenmarktes insbesondere dadurch herbeifüh-

ren, dass sie den freien Verkehr mit Produkten anordnen, die mit

der­Harmonisierungsmaßnahme­zu­vereinbaren­sind­(sog.­„Freiver-

kehrsklauseln“).

Um­den­freien­Verkehr­von­Waren­im­Binnenmarkt­der­Europäischen­

Union zu gewährleisten, ist eine Regelung bezüglich spezieller Pro-

duktanforderungen,­die­über­die­bereits­vorhandenen­unionsrechtli-

chen Harmonisierungsmaßnahmen für das Produkt hinausgehen, im

Rahmen des nationalen Rechtes nicht möglich.

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Ein Leitfaden für die Praxis

7. EntwicklungsszenarienImRahmeneinesForschungsvorhabenswurdenImmissionsprognosenfürverschiedeneGebietsmodellemitunterschiedlichenBerechnungsmethodenfürdieSchallausbreitungerstellt.Abbildung7zeigtAusschnitteausdiesenGebietsmodellen.

AlsGeräuschquellenwurdenLuftwärmepumpenundKlimaanlagenohneBerücksichtigungeinerVorbelastungdurchandereAnlagenindieGebiets-modelleeingefügt.DieAnzahlderKlimaanlagenundLuftwärmepumpenjeWohngebietundSzenariowurdeentsprechendderAbsatzprognoseninDeutschlandnacheinerBranchenstudiefürdieJahre2015bzw.2030prognostiziert.

DieBerechnungenmitdenverschiedenenMethodenbelegen,dassindenkommendenJahrenmiteinerdeutlichenZunahmevontieffrequentenGeräuschkonfliktenimWohnumfeldgerechnetwerdenmuss.

GeräuschemitFrequenzenunterhalbvon50Hzwerdenkeinebzw.geringetieffrequenteKonfliktpotenzialeaufweisen.BeidentieffrequentenGeräu-schenzwischen50und100HzkönntenteilweisegroßflächighörbareIm-missionsbelastungenauftreten,wieAbbildung8exemplarischzeigt.InderBestandssituationgehtesheutzutageinderRegelumKonfliktezwischeneinzelnenParteien–demBetreibendenunddemBetroffenen.DieProgno-senweisenjedochdaraufhin,dassinZukunftgehäuftKonfliktemitvielenBetroffenenundBetreibendenineinemGebietentstehenkönnen.EswirdvoraussichtlichinvielenWohnumfeldernzunehmend„brummen“.

Es­wird­voraussichtlich­in­­vielen­

Wohnumfeldern zunehmend

„brummen“.

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

DiederzeitbekanntenstationärenGeräuschquellenwerdendortabernichtnurtieffrequenteGeräuschesondernauch„normalen“Hörschallinteilwei-seregelüberschreitendemMaßeerzeugen.WürdendieBeurteilungsverfah-renderTALärmregelmäßigzurAnwendungkommen,könnteinallgemei-nenundinreinenWohngebietendurchdasgeltendehoheSchutzniveaufür„normalen“HörschalleingewisserAnteiltieffrequenterGeräuscheautoma-tischmitbegrenztwerden.AuszuschließensindaberKonfliktedurchtief-frequenteGeräuschenicht.InMisch-undDorfgebietenistaufgrunddesdortgeringerenSchutzniveauseinerheblichgrößeresKonfliktpotenzialdurchtieffrequenteGeräuschezuerwarten.

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Ein Leitfaden für die Praxis

8. Defizite und HandlungsempfehlungenTieffrequenteGeräuschevongenehmigungsfreientechnischenGerätenwerdenzunehmendzuKonfliktenimWohnumfeldführen.EsgibtderzeitDefizite,denenjedochdurchdienachfolgendenHandlungsempfehlungeneffektiventgegnetwerdenkann.

DieEmpfehlungenrichtensichanalleAkteureimSpannungsfeldzwischenPolitik/Verwaltung,Herstellern/Lieferanten,BetreibendenundBetroffenen.DiesistinAbbildung9dargestellt.

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

GRENZWERTSETZUNG

DEFIZITE

HinsichtlichtieffrequenterGeräuschefehltesanwissenschaftlichgesicher-tenGrundlagenüberdieWirkungsgrenzen.Eindiesbezüglichangemesse-nesSchutzniveaustehtzurDiskussion.

DerBeurteilungsmaßstabdergültigenDIN45680kannfüreinzelneImmis-sionssituationenungenügendsein.DieSchallmessungnachDIN45680istteilweiseaufwendigundbedarfeinerbesonderenSachkunde.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Politik und Verwaltung ▸ Erarbeitung wissenschaftlich gesicherter Grundlagen

zu Wirkungsgrenzen ▸ Festlegung­eines­geeigneten­Schutzniveaus­für­vorhandene­und­­geplante­Anlagen­mit­tieffrequenten­Geräuschen

▸ Definition­von­einheitlichen­Immissionsorten­und­Immissions-richt­werten­für­tieffrequente­Geräusche­innerhalb­und­außerhalb­von­­Gebäuden

Hersteller und Lieferanten ▸ Solange noch keine Grenzwertsetzung erfolgt ist: Beratung der­­Kundinnen­und­Kunden­hinsichtlich­des­Konfliktpotenzials­und­der­­möglichen­Alternativen­zur­Minimierung­der­Belastung­für die Nachbarschaft

▸ Freiwillige Beteiligung an der Lärmwirkungsforschung für die Grenzwertsetzung

Betreibende ▸ Vor der Kaufentscheidung Hörbeispiele eines stationären Geräts in­­ruhiger­Umgebung­vom­Hersteller/Lieferanten­verlangen

▸ Verantwortungsvoller­Umgang­mit­Geräten,­die­tieffrequente­ Geräusche erzeugen

Betroffene ▸ Rücksichtnahme auf umwelttechnische Entwicklungen ▸ Sachliche Kommunikation mit Betreibenden

Politik und Verwaltung

Hersteller und Lieferanten

Betroffene

Betreibende

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Ein Leitfaden für die Praxis

EMISSIONEN UNBEKANNT

DEFIZITE

HerstellergarantierenbislangausschließlichfürA-bewerteteSchallpegel.DieFrequenzverteilungderGeräuschemissionistunbekanntunddamitauchdietieffrequentenGeräuschemissionen.

BetreibendesindverantwortlichfürdieMinderungtieffrequenterGeräusche,könnendiesaberderzeitbeiihrerKaufentscheidungnichtberücksichtigen.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Politik und Verwaltung ▸ Einführung­einer­Kennzeichnungspflicht­tieffrequenter­Geräusche­

durch Hersteller (Label, z. B. Ampel grün/gelb/rot) ▸ Aufnahme­von­Anforderungen­an­Geräuschemissionen­von­

Luftwärmepumpen in das Marktanreizprogramm der Bundesregierung für Erneuerbare Energien

Hersteller und Lieferanten ▸ Weiterentwicklung­der­Produkte­unter­Berücksichtigung­tieff­requenter­

Geräusche und psychoakustischer Auswirkungen ▸ Ausführliche Darstellung aller technischen Fakten zum Produkt (z. B. auch dem­Geräuschverhalten­bei­unterschiedlichen­­B­etriebszuständen)

▸ Angebot­unterschiedlicher­Produkte­schaffen

Betreibende ▸ Bewusstsein für eigene Verantwortung gegenüber der Problematik ▸ Auswahl eines geeigneten Geräts unter Berücksichtigung der ­Schall­erzeugung­verschiedener­Produkte­(Variantenvergleich)

▸ Besichtigung­einer­Referenzanlage­unter­vergleichbaren­akustischen­Rahmenbedingungen­(„In-Ohrenscheinnahme“)

▸ Vertragliche­Vereinbarung­von­garantierten­Schallemissionswerten­im­tieffrequenten­Bereich­mit­dem­Hersteller/Lieferanten­beim­Kauf

▸ Schallgedämmte Installation des Geräts ▸ Regelmäßige­Kontrolle­des­Geräts­hinsichtlich­auffälliger­Geräusche,­

ggf. umgehende Wartung ▸ Information­der­Betroffenen­über­die­Emissionen­des­geplanten­Geräts

Betroffene ▸ Einholen­von­Informationen­zum­Gerät­beim­Betreibenden ▸ Berücksichtigung­vorhandener­tieffrequenter­Geräuschquellen­beim­­Neubau­oder­der­Änderung­von­eigenen­Wohnräumen

Politik und Verwaltung

Hersteller und Lieferanten

Betroffene

Betreibende

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

FEHLENDE PROGNOSE

DEFIZITE

EineallgemeingültigePrognosetieffrequenterGeräuscheistwegenderbesonderenphysikalischenBedingungenohneStandardisierungenoderFestlegungennurschwerbzw.mithohemAufwandmöglich.

EinnormativniedergelegtesoderverbindlichesVerfahrenfürdiePrognosetieffrequenterGeräuscheexistiertinDeutschlandnicht.Selbsteinebehörd-licheÜberprüfunginderPlanungkannimRahmeneinesGenehmigungs-verfahrensinderRegeldietieffrequentenGeräuschenichterfassen,weilkeinstandardisiertesPrognoseverfahrenexistiert.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Politik und Verwaltung ▸ Festlegung­bzw.­Normierung­eines­Prognoseverfahrens­mit­

standardisierten Ausbreitungs- und Gebäudeparameter

Hersteller und Lieferanten ▸ Regelmäßige Kontrolle und Wartung seiner Geräte ▸ Angebot­von­standardisierten­nachrüstbaren­Schallschutz­maßnahmen­

(Kits) ▸ Einführung­von­Betriebsprogrammen,­so­dass­mit­der­Geräte­steuerung­

eine Nutzungszeitbeschränkung einfacher möglich wird (z. B. abends und nachts)

Betreibende ▸ Unmittelbare Reaktion auf Beschwerden (Gefahr der Sensibilisierung) ▸ Information der Nachbarn über die geplante Aufstellung des Geräts ▸ Rücksichtsvoller­Umgang­bei­Beschwerden ▸ Einholung­einer­fachlichen­Beratung­über­tieffrequente­Geräusche­des­

geplanten Geräts und dessen Aufstellort

Betroffene ▸ Im­Konfliktfall­zunächst­direkten­Kontakt­zum­Betreibenden­suchen,­

erst dann die Immissionsschutzbehörde oder den Anwalt einschalten ▸ Kooperative­Lösungen­suchen,­Mediationsverfahren­sind­häufig­­erfolgversprechender­als­Klageverfahren

Politik und Verwaltung

Hersteller und Lieferanten

Betroffene

Betreibende

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Ein Leitfaden für die Praxis

GENEHMIGUNG

DEFIZITE

BeigenehmigungsfreienstationärenGerätenerfolgtderzeitkeinebehörd-licheÜberprüfungderImmissionssituation.DerBauherristfürdieEinhal-tungderLärmschutzanforderungenunddieeventuelleMinderungderGe-räuschimmissionenverantwortlich.

NachbarnkönnensichzwargrundsätzlichbeiderImmissionsschutzbehör-deüberstörendeGeräuschebeschweren,jedochbestehtbeiNachbarschafts-konfliktenkeineHandlungsverpflichtungderBehörde.

SelbstwenndieBehördeeineErrichtungimVorfeldüberprüft,könnentief-frequenteGeräuscheabschließenderstnachderInbetriebnahmedesGerätsfestgestelltwerden,weileinPrognoseverfahrenfehlt.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Politik und Verwaltung ▸ Behördliches Einschreiten bei genehmigungsfreien stationären Gerä-

ten durch die Unteren Immissionsschutzbehörden auch bei Nachbar-schaftskonflikten

▸ Aufstellung­Richtlinien­für­die­Zertifizierung­von­Herstellern­und­Lieferanten

Hersteller und Lieferanten ▸ Zertifizierung­von­Produkten­und­Dienstleistungen ▸ Aus- und Weiterbildung der Architekten, Planer, Berater und

Installateure in Bezug auf störende Eigenschaften ihrer Produkte

Betreibende ▸ Auslegung der Geräte so, dass deren Betriebsstunden in sensiblen

Zeiträumen (abends, nachts) reduziert werden können ▸ Auswahl eines geeigneten Aufstellortes unter Berücksichtigung der ­bereits­vorhandenen­Geräte­in­der­Nachbarschaft­­unter­­Einschaltung­ externer Berater

▸ Innenaufstellung­vor­Außenaufstellung ▸ Berücksichtigung des Schutzes der Außenwohnbereiche der

Nachbarschaft

Betroffene ▸ Beteiligung­an­Alternativprüfungen­für­Gerät­und­Aufstellort ▸ Rücksichtnahme­–­nicht­nach­dem­Sankt-Florians-Prinzip­(bzw.­„NIMBY“)­

handeln, bei dem man selbst geschützt aber ein anderer belastet wäre

Politik und Verwaltung

Hersteller und Lieferanten

Betroffene

Betreibende

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Tieffrequente Geräusche im Wohnumfeld

9. Weiterführende LiteraturInzahlreichenMerkblätternfürBauherrenvonKommunenwurdendiewesentlichenAspektezuBaurecht,Immissionsschutz,Produktbezoge-nenAnforderungenfürstationäreGerätezusammenfassendveröffentlicht.BauherrensolltensichvordemErwerbtechnischerGebäudeausrüstung,insbesonderedengenanntenstationärenGeräten,beiihremzuständigenBauordnungsamt informieren.

ImZusammenhangmittieffrequentenGeräuschenstationärerGeräteimWohnumfeldsindbesondersfolgendeLiteraturquellenhervorzuheben,diezumTeilauchimInternetfreiverfügbarsind:

1 Bundes-ImmissionsschutzgesetzinderFassungderBekanntmachungvom17.Mai2013(BGBl.IS.1274),dasdurchArtikel1desGesetzesvom30.November2016(BGBl.IS.2749)geändertwordenist

2 SechsteAllgemeineVerwaltungsvorschriftzumBImSchG,TechnischeAnleitungzumSchutzgegenLärm(TALärm),vomAugust1998

3 DIN45680MessungundBeurteilungtieffrequenterGeräuschimmissio-nenmitdemBeiblatt1,März1997

4 Richtlinie2009/125/EGdesEuropäischenParlamentsunddesRatesvom21.Oktober2009,Ökodesign-Richtlinie

5 „ErmittlungundBewertungtieffrequenterGeräuscheinderUmgebungvonWohnbebauung“;Möhler+PartnerIngenieureAGundSeufertRechtsantwälteimAuftragdesUmweltbundesamtes,UFOPLAN2013;FKZ371153100

6 EnergiewendeundLärmschutz,ALD-SchriftenreiheBand2(2016),ArbeitsringLärmderDEGA,2016

7 Mach‘esrichtig!LärmschutzbeiLuftwärmepumpen,MinisteriumfürKlimaschutz,Umwelt,Landwirtschaft,Natur-undVerbraucherschutzdesLandesNordrhein-Westfalen,September2016

8 SachkundigerfürLärmbeistationärenGeräteninWohngebieten,UBA-Texte51/2014,Umweltbundesamt

9 LAI-LeitfadenfürdieVerbesserungdesSchutzesgegenLärmbeistationärenGeräten(Klimageräte,Kühlgeräte,Lüftungsgeräte,Luft-Wärme-PumpenundMini-Blockheizkraftwerke),28.08.2013

10 TieffrequenteGeräuschebeiBiogasanlagenundLuftwärmepumpen(AuszugTeilIII),BayerischesLandesamtfürUmwelt,Februar2011

11BWP-Branchenstudie2015–SzenarienundpolitischeHandlungs-empfehlungen,BundesverbandWärmepumpe(BWP)e.V,2015

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