Page 1
LehrbücherAnderson, J.R. (2001). Kognitive Psychologie
(3. Aufl.) Heidelberg: Spektrum.
Parkin, A.J. (1996). Gedächtnis. Weinheim: Beltz.
Zimbardo, P.G., Gerrig, R.J. (1995). Psychologie (6. Aufl.). Berlin: Springer. Kapitel 7 und 8. (Oder: 1999, 7.Aufl, Kapitel 5.5 - 5.9 und 6)
http://www.incops.de (Einführung in die Kognitive Psychologie mit kleinen Übungen)
Page 2
Eine "alte" Theorie der Informationsverarbeitung
Black BoxReize
Reaktion
Page 3
"Neue" Theorie der Info-Verarbeitung
Langzeitgedächtnis- semantisch, episodisch, prozedural- explizit, implizit
Arbeits-gedächtnis- "phon.Schleife"- "Notizblock"- "Zentr. Exekutive"
SensorischesGedächtnis- visuell- auditiv- taktil
Abrufen SpeichernMuster-erkennung
Antwort
Re
i
ze
Wahrnehmung
InterferenzZerfall
Page 4
Merkmale der Gedächtnissysteme
Sensori-schesGedächtnis
Arbeits-gedächtnis
Langzeit-gedächtnis
Kapazität
groß
klein
praktischunendlich
Dauer
sehr kurz; < 5 s
kurz;< 15 s
lang
Merkmale der Repräsentationdem externen Reiz sehr ähnlich
flexibel; phono-logisch, visuell
semantisch, verbal, visuell
Page 5
Experiment
• Ziel: Überprüfung von theoretischen Überlegungen unter kontrollierten Bedingungen
• Beispiel: Gedächtnisspanne
– Schnelle Darbietung von Ziffern– Wiedergabe in richtiger Reihenfolge– Spanne ist Zahl der Ziffern, bei der die
Wiedergabe der kompletten Reihe in 50% der Versuche gelingt.
Page 6
Experimentelle Manipulationen (Bsp. Gedächtnisspanne)
• Material (Ziffern, Buchstaben, Wörter, ...)
• Modalität (visuell, auditiv, ...)
• Darbietungszeit (1 s, 2 s, 3 s, ...)
• Behaltensintervall (warten, rechnen, ...)
• Zweitaufgabe (reden, zeigen, ...)
• quasi-experimentelle Manipulationen (Alter, Bildung, Geschlecht, ...)
Page 7
Gedächtnisspanne• Für das Behalten der Reihenfolge von Items
gibt es eine Kapazität von ca. 7 +/- 2.• Die Kapazität bezieht sich auf bedeutungs-
volle Einheiten ("chunks"), nicht die abstrakte Menge an Information.
• Die Kapazität hängt ab von der Aussprache-dauer des Gedächtnismaterials.
• Übergang ins LZG bei Integration mit altem Wissen; reines Wiederholen bringt nichts.
Page 8
Arbeitsgedächtnistheorien
• primary vs. secondary memory (James, 1890)
• Kurzzeit- ---> Langzeitgedächtnis(Atkinson & Shiffrin, 1968)
• Arbeitsgedächtnis (Baddeley & Hitch, 1974; Baddeley, 1996, 2000)
• Fokus der Aufmerksamkeit (Cowan, 1995)
Page 9
Arbeitsgedächtnis (Baddeley, 2000)
Das AG ist ein System für Verarbeitung und Speicherung von Information und die Koordination der dafür erforderlichen Ressourcen; es umfasst drei Komponenten:
– "Phonologische Schleife" – "Visuell-räumlicher Zeichenblock"– "Zentrale Exekutive"
Page 10
Arbeitsgedächtnismodell
ZentraleExekutive
Visuell-räumlicherNotizblock
PhonologischeSchleife
Visuelle Semantik Episodisches LZG Sprache
Page 11
„Phonologische Schleife“• Gedächtnisspanne ist kürzer für 3-silbige als für 1-
silbige Wörter
• Was ist kritisch? Zahl der Silben oder Aussprachedauer? Es gibt also zwei mögliche Ursachen (=Konfundierung).
• lange Vokale: Huf, Lot, ...kurze Vokale: Hit, Bus, ...
• Experimenteller Beleg für Relevanz der Aussprachedauer: Bei gleicher Zahl der Silben/Buchstaben ist Gedächtnisspannekürzer für Wörter mit langen Vokalen
Page 12
"Visuell-räumlicher Zeichenblock"
• erlaubt "Arbeit" an visuell-räumli-chen Vorstellungen
• Beispiele: Schachspielen mit ver-bundenen Augen, "Fensterzählen"
Page 13
"Zentrale Exekutive"(= exekutive Kontrollprozesse)
• Koordination zwischen Subsystemen
• Fokussierung der Aufmerksamkeit
• Planungsprozesse
• Aktualisieren von Gedächtnisinhalten(z.B. beim Kopfrechnen)
• effiziente Hemmung irrelevanter Information
Page 14
Langzeitgedächtnis• Prozesse
– Lernen (encoding)– Wissensorganisation (storage)– Abrufen (retrieval)
• Methoden– Freies Erinnern (free recall)– Erinnern mit Hinweisreizen (cued recall)– Wiedererkennen (recognition)
Page 15
Langzeitgedächtnis-Taxonomien
• Episodisches, semantisches und prozedurales Gedächtnis
• Explizites und implizites Gedächtnis
Page 16
Episodisches, Semantisches und
Prozedurales Gedächtnis (Tulving, 1983)
• Episodisches Gedächtnis– generell: alle Gedächtniselemente für die eine
individuelle Raum-Zeit-Koordinate vorhanden ist (z.B. autobiographische Elemente)
– speziell: freies Erinnern (free recall), Erinnern mit Hinweisen (cued recall) und Wieder-erkennen (recognition) für Lernmaterial (z.B. Wortlisten, Silbenlisten)
Page 17
0
1
2
3
4
5
6
Erinnerte Wörter
Semantik phonolog. physikal.
Art der Frage
Verarbeitungstiefe - Gedächtnis(Levels of Processing)
Page 18
0100200300400500600700800900
Zeit (ms)
Semantik phonolog. physikal.
Art der Frage
Verarbeitungstiefe - Antwortzeit(Levels of Processing)
Page 19
Verabeitungstiefe(Craik & Lockhart, 1972)
• Tiefe = Bedeutung des Stimulus, nicht die Zahl der Verarbeitungsschritte
• Orientierungsaufgaben: semantisch, phonologisch, visuelle Merkmale
• Sehr gute inzidentelle Behaltensleistung für semantische Orientierung
• Wichtiger Beitrag: Fokussierung der Relevanz der Enkodiersituation für Gedächtnis
Page 20
Elaboration beim Enkodieren(Craik & Tulving, 1975)
• Kongruenzeffekt: Ja/Nein-Antworten• Relevanz der Satzkomplexität
– Ist die Amsel ein Vogel?– Die sitzt auf dem Fensterbrett. Amsel?
• Sehr gut: Anworten auf selbstbezogene Fragen ("Trifft das auf mich zu?")
• Eigenes Generieren der kritischen Wörter ist besser als Lesen
Page 21
Effektivität der Elaboration:Sätze lesen
• SatzlisteDer Hund beißt den JungenDer Baum steht im Wald..
• Gedächtnis für Verben: 29%
Page 22
Effektivität der Elaboration: Sätze lesen - Verben generieren
• SatzlisteDer Hund den JungenDer Baum im Wald..
• Gedächtnis für Verben: 58%
Page 23
Gedächtnisprobleme, vor allem beim Abrufen (retrieval)
• Retroaktive Interferenz
– Neues Wissen stört das Erinnern alten Wissens.
• Proaktive Interferenz
– Altes Wissen stört den Erwerb neuen Wissens.
Page 24
Gedächtnisproblem:Retroaktive Interferenz
• Retroaktive Interferenz: Neues Wissen überlagert altes Wissen.
• Experiment:– KG: Liste 1 lernen - Pause --------- - Liste-1-Test– EG: Liste 1 lernen - Liste 2 lernen - Liste-1-Test– Kontrollgruppe (KG) > Experimentalgruppe (EG) ist
Nachweis von retroaktiver Interferenz.• Beispiel: Ähnlichkeit von Liste 1 und Liste 2
Page 25
Je ähnlicher, desto retroaktiver ...
(McGeogh & McDonald, 1931)
0
2
4
6
8
Genauigkeit (max 10)
Trials bis zu 1 perfekten Wiedergabe
Ruhe 3-stell. sinnl. andere Anto- Snyno- Ziffern Silben Adjekt. nyme nyme
Aktivität zwischen Lernen und Test(10 Minuten)
Page 26
Gedächtnisproblem:Proaktive Interferenz
• Proaktive Interferenz: Altes Wissen erschwert den Erwerb neuen Wissens.
• Experiment:– KG: Pause - Liste 2 lernen - Liste-2-
Test– EG: Liste 1 lernen - Liste 2 lernen - Liste-2-
Test– Kontrollgruppe (KG) > Experimentalgruppe (EG) ist
Nachweis von proaktiver Interferenz.
Page 27
Gute Gedächtnisleistung• Verarbeitungstiefe
– (Selbstbezug >) semantisch > phonologisch > visuell
– inzidentell praktisch so gut wie intentional– Beispiel: Experimente in Vorlesung
• Grad der Elaboriertheit– Je vielfältiger neues Wissen mit altem in Bezug
gesetzt wird, desto besser wird es behalten– Beispiel: Generieren besser als Lesen von
Verben
Page 28
Gute Gedächtnisleistung
• Bei Vermeidung von retroaktiver und proaktiver Interferenz– Reduktion der Ähnlichkeit von Lernmaterial– Verfügbarkeit von geeigneten Hinweisreizen
• Enkodierspezifität/Kontexteffekte– Kongruenz von Einpräge- und Erinnerungs-
phase, state dependency– Beispiele: Lernen und Erinnern unter/über Was-
ser, Stimmungs- und Raumeffekte
Page 29
Langzeitgedächtnis-Taxonomien
• Episodisches, semantisches und prozedurales Gedächtnis
• Explizites und implizites Gedächtnis
Page 30
• Semantisches Gedächtnis– Gedächtnisinhalte ohne Raum-Zeit-Koordinate
(Begriffe = Wortbedeutungen; Fakten)
• Prozedurales Gedächtnis– Wissen darüber, wie man etwas macht (meist
nicht-verbalisierbar, z.B. Fahrradfahren)– kritisch für Erwerb von Fertigkeiten
Episodisches, Semantisches und
Prozedurales Gedächtnis (Tulving, 1983)
Page 31
Explizites/implizites Gedächtnis(Graf und Schacter, 1985)
• Explizites Gedächtnis
– Gedächtnisleistung erfordert das bewusste Erinnern früherer Erfahrungen
• Implizites Gedächtnis
– Verfügbarkeit/Gebrauch von Information aus früheren Erfahrungen ohne bewusste Erinnerungsprozesse
Page 32
Explizites/implizites Gedächtnis(Graf, Squire, & Mandler, 1984)
• Gruppen– Amnestiker: Korsakoff-Syndrom; Läsion im
Frontalhirn, Hippocampus (Alkoholismusschaden)
– Gesunde Erwachsene
• Aufgaben– Wortliste lernen: Bandit, Computer, Pflaume, ...– Wortergänzungsaufgabe: Ban___ ?
Page 33
Explizites/implizites Gedächtnis(Graf, Squire, & Mandler, 1984)
Wortergänzung
freies Erinnern der Wörter 0
10
20
30
40
50
60
Amnestiker Gesunde
Pro
zen
t eri
nne
rt
Page 34
Zusammenfassung: Implizites Gedächtnis
• Implizites Gedächtnis zeigt sich darin, dass Information aus früheren Erfahrungen verwendet wird, ohne dass man sich dessen immer bewusst ist.
• Beispiele: Nach Lesen einer Liste haben die Wörter Einfluss in Wortergänzungsaufgabe
• Implizites Gedächtnis/Lernen ist häufig bei Amnesien nicht beeinträchtigt (Bsp. HM) sehr lange verfügbar (z.B. über eine Woche)
Page 35
Textbuch-Lesen nach der PQ4R-Technik (Thomas & Robinson 1972; Anderson 1996)
• Preview: Vorprüfung - Kapitel überfliegen• Question: Fragen für Abschnitt formulieren• Read: Abschnitt sorgfältig lesen• Reflect: Nachdenken; Beispiele finden;
Bezug zu Vorwissen herstellen• Recite: Wiedergeben; Fragen beantwor-
ten; notfalls nochmals lesen• Review: Rückblick; Kapitel mental durch-
gehen; Fragen beantworten
Page 36
PQ4R-Technik (1)
• 1. Merkmal: Fragen generieren und beantworten (Frase, 1975)– Fragen des Abschlusstests: relevant irrelevant– Kontrollgruppe:
50%– Lesen mit Fragen generieren: 70%
52%– Lesen mit Fragen beantworten: 67%
49%
Page 37
PQ4R-Technik (2)
• 2. Merkmal: Rückblick mit Fragen im Kopf (Rothkopf, 1966)– Fragen des Abschlusstests: relevant
irrelevant– Kontrollgruppe: 30%– Fragen vor Lesen: 72% 29%– Fragen für Rückschau: 72% 42%
Page 38
3.1.5 Gedächtnissysteme und Gedächtnismodelle
• Organisieren– Informationen ordnen
• Relevanz
• Themen, Kategorien, Oberbegriffe
– Techniken einsetzen wie• Unterstreichen
• Herausschreiben
• Mind mapping (Begriffsnetze)
Organisieren Elaborieren Wiederholen
Page 39
3.1.5 Gedächtnissysteme und Gedächtnismodelle
Organisieren Elaborieren Wiederholen
• Elaborieren– „Tiefe“, semantische Bearbeitung– explizite Bezüge zum Vorwissen herstellen– Beispiele, Kommentare, Querverbindungen– kluges Lesen (sich vorher Fragen stellen)– Mnemotechniken
• bildhafte Vorstellungen• Loci-Methode• Schlüsselworttechnik
Page 40
Klassische Gedächtniskunst- Mnemonik mit Orten und Bildern (loci et imagines)
Historie- Simonides (um 556 – 468) als Erfinder der Mnemonik
Grundlegendes Prinzip- Lerninhalte werden über Vorstellungsbilder verortet
Praktische Vorgehensweise1. Gut bekannte Folge von Orten auswählen2. Orte liegen an einem gemeinsamen Weg3. Orte haben eine feste Reihenfolge4. Vorstellungsbilder der zu lernenden Begriffe bildhaft mit den verschiedenen Orten assoziieren5. Verwendung besonders bizarrer Assoziationen6. Beim Abrufen der Begriffe (Vorstellungsbilder) in der Vorstellung den Weg von Ort zu Ort durchgehen
3.1.5 Gedächtnissysteme und Gedächtnismodelle
Page 41
3.1.5 Gedächtnissysteme und Gedächtnismodelle
Organisieren Elaborieren Wiederholen
• Wiederholen– Behalten wird durch öftere Beschäftigung mit
dem Stoff besser– Üben (Wiederholung des Tuns)– Wiederholungen verteilen – Pausen und Erholung einplanen