Landesbank Baden-Württemberg LBBW Blickpunkt Automotive Das Diesel-Dilemma: Vertreiben wir die Pest mit der Cholera? Uwe Burkert, Chefvolkswirt, Leiter des Bereichs Research Autoren: Gerhard Wolf, Frank Biller – 4131 Corporates, Automotive 16.03.2018
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LBBW Blickpunkt Automotive Das Diesel-Dilemma: … · 16.03.2018 | LBBW Corporates Research - Das Diesel-Dilemma: Vertreiben wir die Pest mit der Cholera? ... Western Europe France
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Landesbank Baden-Württemberg
LBBW Blickpunkt AutomotiveDas Diesel-Dilemma: Vertreiben wir die Pest mit der Cholera?Uwe Burkert, Chefvolkswirt, Leiter des Bereichs Research
Autoren: Gerhard Wolf, Frank Biller – 4131 Corporates, Automotive
16.03.2018
Landesbank Baden-Württemberg | Seite 2
§ Der Diesel ist nach wie vor eine effiziente Technik mit hohem Entwicklungspotenzial.
§ Es fehlt an massentauglichen Alternativen.
§ E-Mobilität kann den Diesel noch nicht ersetzen und hat auch Kehrseiten.
§ Ohne Diesel sind CO2-Ziele bis 2020/2021 nur schwer erreichbar.
§ Der Autoindustrie drohen insgesamt Strafzahlungen bis zu 25 Milliarden Euro.
§ Schaden für Autofahrer von rund 20 Milliarden Euro.
§ Auch 20 Prozent aller Benziner betroffen.
§ Zehntausende Arbeitsplätze gefährdet.
Kernthesen
16.03.2018 | LBBW Corporates Research - Das Diesel-Dilemma: Vertreiben wir die Pest mit der Cholera?
Das Leipziger Diesel-Urteil stellt eine deutsche Schlüsseltechnologie in Frage –mit weitreichenden Konsequenzen.
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Die Richter sagten auch „aber“:
§ Fahrverbote nur befristet, wenn sonst Einhaltung der NO2-Grenzwerte in den Kommunen nicht möglich
§ Dieselfahrzeuge der Euro 6-Norm und Benzinfahrzeuge ab Euro 3 ausgenommen
§ Zunächst nur ältere Diesel bis Euro 4 betroffen, frühestens ab 1.9.19 für Euro 5
§ Ausnahmeregelungen z.B. für Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen
Quelle: KBA, BVerG, LBBW Research
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VW-Fahrer sind am stärksten betroffenRund 75% der Diesel-Fahrzeuge und 20% der Benziner bedroht
Vermögensschaden von rd. 20 Mrd. EUR betrifft vor allem Verbraucher.
§ Wertverlust: 15% dauerhaft für gebrauchte Diesel (lt. ZDK) à das entspricht ca. 2.400 EUR. Kosten einer Nachrüstung von Euro 5 auf Euro 6 lt. ADAC: 1.400 – 3.300 EUR pro Fahrzeug.
§ Wir schätzen den Vermögensschaden für die 5,9 Mio. Euro 5-PKW auf rd. 14 Mrd. EUR plus 6 Mrd. EUR für Euro 1-4 (6,5 Mio. Stück).
§ Großteil des Schadens dürfte bei Privaten liegen.
§ Händler: Aktuell rd. 300.000 Euro 5-Fahrzeuge – potenzieller Vermögensschaden rd. 700 Mio. EUR plus erhöhte Kapitalkosten durch verlängerte Standzeiten.
§ Hersteller: nur noch rd. 20% des Leasingportfolios entfällt auf Euro 5-Diesel (rd. 700 Mio. EUR)
Quelle: DAT Dieselbarometer 02/18, LBBW Research
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Diesel Benzin
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Wertentwicklung dreijähriger Gebrauchter in % vom Listenneupreis
Diesel und Benziner: Standzeit beim Händler (in Tagen)
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§ Seit 2015 fällt die Dieselquote in Europa, angetrieben von der VW-Dieselaffäre (09/15). 2013-15 wuchsen die Dieselanteile in Deutschland und Italien. In Frankreich, Spanien und UK (ab 2014) sanken dagegen die Quoten, allerdings in einem wachsenden Gesamtmarkt.
§ Seit 2016 beschleunigen sich die Rückgänge. Nur in Italien wuchs die Dieselquote in 2016, in 2017 nur ein geringer Rückgang.
§ Rückläufige Dieselverkäufe in Deutschland und UK in 2017 mit jeweils rund 200 Tsd. Fahrzeugen.
§ In den übrigen drei großen Märkten weitgehend stabile Verkaufszahlen trotz rückläufiger Dieselquoten.
§ In Westeuropa wurden von 2014-2016 steigende Dieselverkäufe erzielt, erst 2017 fiel der Markt um rund 560 Tsd. Fahrzeuge.
Quelle: LMC Automotive, LBBW Research
Veränderung der Dieselverkäufe (in Tsd. Fahrzeuge)Dieselquote nur in Italien weitgehend stabil
Fallende Dieselverkäufe sind vor allem ein Problem in Deutschland und UK.Stabile Verkäufe dagegen in Italien.
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§ Ende Dezember 2017 lag die Dieselquote in Westeuropa bei 41,2% (-7,1 PP vs. Dez. 16). Gleichzeitig legte der Markt in Europa 2017 insgesamt um 3,4% auf 15,1 Mio. Pkw zu.
§ Es fehlt an Alternativen zum Diesel, die massen- und langstreckentauglich sind. Der Wunsch nach individueller Mobilität führt daher zur Substitution durch Benziner.
§ Eigene E-Modelle der etablierten Hersteller kommen erst 2020 serienreif auf den Markt. Neue Player wie Tesla schaffen noch nicht die Massenproduktion. Toyota als Marktführer bei Hybriden ist mit 4,5% Marktanteil nur Nischenplayer.
§ Bei Kleinwagen ist der Diesel tot – auf der Langstrecke dagegen ohne Alternative.
Quelle: LMC Automotive, ACEA, Unternehmen, LBBW Research
Trotz rückläufiger Diesel-Quoten: Der Autoabsatz der deutschen Hersteller wächst weiterhin.
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WeltCAGR +3,1
Rückläufige Dieselquoten in Westeuropa Europäischer Automobilmarkt wächst dennoch
Dieselquoten der Hersteller in Westeuropa fallen…
…doch der weltweite Absatz der Deutschen wächst schneller als der Weltmarkt.
Mio. Pkwin %
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Ohne Diesel sind die CO2-Ziele bis 2020/21 nur schwer erreichbar – bis zu 25 Milliarden Euro Strafzahlungen drohen.
Quelle: ACEA, LBBW Research
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§ Vorteil Diesel gegenüber Benziner: ca. 15% weniger CO2- Ausstoß.
§ Ohne einen signifikanten Dieselanteil sind die Emissionsziele 2020/21 für die deutschen Hersteller kaum erreichbar.
§ Strafzahlungen lassen sich u.E. kurz-/mittelfristig kaum vermeiden.
§ Ohne verbesserten Flottenmix liegen diese pro Jahr bei je 2 Mrd. EUR bei Daimler und BMW sowie bis zu 8 Mrd. EUR für die VW-Group.
Landesbank Baden-Württemberg |
§ Investitionen verschieben sich in Richtung alternative Antriebe, neue Produkte und neue Mobilitätsdienstleistungen.
§ Erhaltung und Optimierung etablierter Technologien kostet trotzdem weiter Geld - und ob sich Investitionen in neue Technologien rechnen, ist unklar.
§ F&E-Leistungen steigen deutlich an. Unternehmen mit nachhaltig hoher F&E-Quote wie Bosch und Hella sind langfristig erfolgreich.
§ Aber: Was passiert bei anhaltend fallender Dieselnachfrage mit den Arbeitsplätzen und den Maschinen/Anlagen in diesem Sektor?
Quelle: Bloomberg, Unternehmen, LBBW Research
Die Antwort der Unternehmen: Mehr Investitionen, mehr Forschung.Aber anderswo.
Sach-Investitionen der Hersteller und Zulieferer steigen seit Jahren an (Beträge in Mio. EUR)
Übersicht der F&E-Quoten ausgewählter Unternehmen (in % vom Umsatz)
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Auswirkungen des Diesel-Urteils auf die Branche – unsere beiden Szenarien
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…für Hersteller und Zulieferer
§ Vertrauen schaffen
§ Produkt-Alternativen auf den Markt bringen (Leichtbau, kraftstoffsparende Technologien) bzw. Portfolio umbauen
§ Zusammenarbeit mit der Wissenschaft intensivieren
§ Investitionsniveau sowie Ausgaben für Forschung und Entwicklung hoch halten, dabei Liquidität und Flexibilität sichern
§ Mehr Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter, Ausbildung in neue Anforderungen
… für Politik und Gesellschaft:
§ Lehren ziehen aus der Energiewende
§ Arbeitsplatzsicherheit und Interessen von Pendlern und Verbrauchern im Auge behalten
§ Richtige Balance aus regulatorischen Vorgaben, Rückbau staatlicher Begünstigungen und Förderung neuer Technologien finden
§ Herstellung von Rechtssicherheit und klaren Planungsgrundlagen für Hersteller und Zulieferer
§ Technologieförderung und Bildungspolitik an künftigen Anforderungsprofilen ausrichten
§ Ausbau des ÖPNV und der Vernetzung aller Verkehrsträger
Sachliche, ergebnisoffene Diskussion über Kosten der Mobilität und deren Verteilung nötig
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