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Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung
4.2015
Textil Medienerzeugnisse
12 Neue Serie: Chefsache Wie gute Führung zum Erfolgsfaktor
wird
20 Arbeitssicherheit Wie ein Unternehmen die Beschäftigten
einbindet
24 Neustart nach Unfall Wie ein 17-jähriger Azubi sein Schicksal
in die Hand nimmt
Lärm am Arbeitsplatz
Nicht zu überhören
https://www.bgetem.de
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Olaf Petermann Vorsitzender der Geschäftsführung
Primus inter paresEs ist nicht einfach, Chef zu sein.
Führungskräfte sollen entscheiden und Weichen stellen, ihren
Mitarbeitern aber dennoch genug Spielraum zur Entfaltung lassen.
Sie sollen nicht einfach nur Anweisungen geben, son-dern
überzeugen. Sie müssen eine Vielzahl von Regeln, Gesetzen und
Bestimmungen beachten – Stichwort Compliance – und dürfen trotzdem
nicht als Kreativ-bremse rüberkommen.
Die Rolle von Führungskräften wandelt sich. Die klassi-sche
Hierarchie – der Chef sagt, wo es langgeht, und die Herde folgt
ohne Widerspruch – gilt als Auslaufmodell. Gefragt ist der Primus
inter pares, ein Erster unter fast Gleichen, der mit gutem Beispiel
vorangeht und Kollegin-nen und Kollegen überzeugt.
Das gilt auch für den Arbeitsschutz. In dieser Ausgabe finden
Sie gelungene Beispiele für gelebten Arbeits-schutz, bei denen
Beschäftigte und Führungsetage an einem Strang ziehen. Dazu starten
wir unsere neue Serie „Chefsache“. Sie widmet sich Führungsfragen –
auch denen zum Thema Arbeitssicherheit.
Es ist nicht einfach, Chef zu sein. Aber es kann Spaß machen.
Dazu wollen wir einen Beitrag leisten.
editorial
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kompakt 4 Zahlen, Fakten, Angebote
Meldungen und Meinungen
mensch & arbeit 8 Lärm am Arbeitsplatz
Nicht zu überhören
12 Neue Serie: Chefsache Erfolgsfaktor Führung
14 Anleitung zu DGUV Vorschrift 1 Zeit, Größe und Gefahren
15 „Ein Unfall ändert alles“ Zeuge des Risikos
betrieb & praxis 16 Prävention im Betrieb
Schwarz auf weiß
18 Fachtagung Textil und Mode Arbeitsschutzrecht und gefühltes
Risiko
19 E-Learning Nanomaterialien Spielend im Griff
20 Praktischer Arbeitsschutz Eine Karte für alle
22 Staubexplosionsschutz Klein, aber brandgefährlich
gesundheit 24 Neustart nach Unfall
Fest im Leben
service 26 Versicherung in der Elternzeit
Zwischen Kind und Kunden
28 Lohnnachweisverfahren Neue Regeln
30 Vertreterversammlung/Impressum Beachtliche Bilanz
31 Hätten Sie es gewusst? Feuer und Flamme
8Titelthema: Lärm Menschen sind von Lärm umgeben, auch am
Arbeitsplatz. Wie wirkt sich die Dauer-beschallung aus? Und wie
lassen sich ge-eignete Schutzmaßnahmen finden?
12 ChefsacheGute Führung ist wichtig für den Erfolg eines
Unternehmens. Doch wie geht das? Und was hat das mit
Arbeitssicherheit zu tun? Start der neuen Serie „Chefsache“.
20 Praktischer Arbeitsschutz Mit einer einfachen Idee hat ein
Verpackungshersteller die Zahl der Arbeitsunfälle drastisch
gesenkt.
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3etem 04.2015
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→ infowww.bgetem.de, Webcode 12644577 Online-Bestellformular für
das Medienpaket.Jeder Mitgliedsbetrieb, der Auszubildende
einstellt, kann im Ak-tionszeitraum ein Paket kostenlos bestellen.
Weitere sind erhält-lich zum Stückpreis von 10 Euro
(Nicht-Mitgliedsbetriebe zahlen 55 Euro je Paket zzgl.
Versandkosten). Außerhalb des Aktions-zeitraums kostet jedes Paket
10 Euro für Mitgliedsbetriebe.
Ab in die ZukunftDer Film „Zukunfts-Zone“ lässt Azubis und
Ältere zu Wort kommen. Beim World Media Festival 2015 hat der
Streifen den „Intermedia-globe Silver Award“ in der Kategorie
„Training Safety“ erhalten. Der Film wurde vom Landesverband Mitte
der DGUV für die Berufsschulaktion „Jugend will sich-er-leben“
erstellt.
→ infowww.jwsl.de
„Napo in ... Vorsicht Elektrizität!“
Ob zu Hause oder am Arbeitsplatz, Elektrizität ist aus unserem
täglichen Leben nicht wegzudenken. Was vie-le Menschen allerdings
oft vergessen: Ein leichtsinniger Umgang mit Elektrizität kann zu
schweren oder sogar tödlichen Unfällen führen. Dabei gibt es viele
kleine Vorsichtsmaßnahmen mit großer Wirkung. Das weiß auch Napo.
Der Film „Napo in ... Vorsicht Elektrizität!“ weist auf einige
Risiken hin, die im Hinblick auf Elektrizität in unse-rem
Arbeitsalltag auftre-ten können, und zeigt, wie man so manche
kriti-sche Situation vermei-den kann.
→ infowww.dguv.de, Webcode d1063370
Mit einem besonderen Angebot unterstützt die BG ETEM Sie, neu
eingestellte Auszubildende für sicheres Arbeiten zu ge-winnen: Bis
zum 31. Oktober erhalten Mitgliedsbetriebe, die einen oder mehrere
Azubis einstellen, auch in die-sem Jahr ein kostenloses
Medienpaket. So ist Wissen, was den Rücken stärkt, vom Berufsstart
an wichtig für das ganze Leben. Hierzu bietet das BG-Medien-paket
unter anderem Informationen aus der Prä-ventionskampagne „Denk an
mich. Dein Rü-cken“. Aber auch Aktionsplakate, Broschüren,
Film-Module – z. B. zu den Themen elektrischer Strom, Gefahrstoffe,
Lärm oder Verkehrssicherheit – gehören dazu. Die Informationen sind
praxisnah und behandeln grundlegende As-pekte der
Arbeitssicherheit. Medienpakete sind erhältlich für die
Bereiche
▪ Feinmechanik, ▪ Elektrohandwerke/elektrotechnische Industrie,
▪ Energie- und Wasserwirtschaft, ▪ Druck und Papierverarbeitung, ▪
Textil und Mode sowie ▪ Büro/Verwaltung.
Bieten Sie Ihren Auszubildenden eine gute Hilfestellung. Wer die
Gefährdungen am Arbeitsplatz und mögliche Schutzmaß-nahmen kennt,
hat die besten Voraussetzungen für einen siche-ren Start in den
Beruf.
Medienpakete für Ausbildungsbetriebe
Azubis stärken
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etem 04.2015
https://www.bgetem.de/medien-service/bestellschein-medien-paket/fg_base_view_p3http://www.jwsl.de/aktion2014/videos/film-zukunft-zone.phphttp://www.dguv.de/de/mediencenter/filmcenter/filme/napo_elektro/index.jsp
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Versteckte Unfallgefahren finden„Unfallursache Unachtsamkeit“ –
dieses Urteil ist schnell gefällt. Und mit dem Unfallopfer – oft
gleich-zeitig Unfallverursacher – ist schnell ein Schuldiger
gefunden. Doch hinter der „Unfallursache Unacht-samkeit“ steckt oft
viel mehr. So kommen bei einer detaillierten Befragung der
Betroffenen häufig Lü-cken in Arbeitsabläufen oder Probleme im
Betrieb zum Vorschein. Die tatsächlichen Unfallursachen aufzudecken
und zu beheben, dabei will die BG ETEM helfen. Dazu hat sie jetzt
eine Checkliste zur Analyse und Prävention verhaltensbedingter
Un-fälle ins Netz gestellt. Die Checkliste soll in den Un-ternehmen
in Gesprächen mit den Verletzten zum Einsatz kommen. Sie kann als
PDF heruntergeladen werden.
→ infowww.bgetem.de, Webcode 14871528
Schwerhörigkeit testenDurch einen Selbsttest können Beschäftigte
jetzt erste Anzeichen für eine Schwerhörigkeit feststellen. Die BG
BAU bietet den Test in einer neuen Broschüre an. Die Nutzer müssen
zwölf Fragen beantworten. Dann erfahren sie, ob sie mit ihrem Gehör
zufrieden sein können oder ihr Hörvermögen eventuell vermin-dert
ist. Eine Tabelle gibt einen Überblick, wie lärm-gefährdet
Mitarbeiter in verschiedenen Berufen sind. Mediziner gehen davon
aus, dass ab 80 dB(A) ohne Schutzmaßnahmen auf Dauer Hörminderungen
auf-treten können.
→ infohttp://www.bgbau-medien.de/html/pdf/f_laerm.pdf
Waisenrenten: Einkommen wird nicht mehr angerechnet
Bezog eine Waise eigenes Einkommen und überstieg dies einen
bestimmten Freibetrag, wurde das Einkommen bislang auf die Rente
angerechnet. Das ist seit dem 1. Juli 2015 vorbei. Der Gesetzgeber
hat die Einkommensanrechnungen bei Waisenrenten abgeschafft. Damit
entspricht er einer Forde-rung des Bundesrechnungshofs, der im
November 2012 den Verzicht auf die Einkommensanrechnung bei Waisen-
renten gefordert hatte. Seiner Ansicht nach rechtfertigten die
durch die Anrechnung erreichten Einsparungen bei den
Leistungsausgaben nicht die hohen Verwaltungskosten für die
Umsetzung der Einkommensanrechnung. Witwen- und Witwerrenten
bleiben davon unberührt. Bei ihnen wird weiter-hin eigenes
Einkommen angerechnet.
kompakt
https://www.bgetem.de/medien-service/medienankuendigungenhttp://www.bgbau-medien.de/html/pdf/f_laerm.pdf
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Eine neue Seminardatenbank und ein neues Verfahren zur
Anmeldung: In dieser und den nächsten Folgen von „etem“ beantworten
wir die häufigsten Fragen.
? Sind die Bildungsangebote der BG ETEM kostenpflichtig?Nein.
Die BG ETEM übernimmt für die Seminarteilnehmer neben den
unmittelbaren Seminarkosten auch die Kosten für Unter-bringung in
Einzelzimmern sowie in der Regel die Verpflegungs- und Fahrtkosten.
Abweichende Regelungen entnehmen Sie bit-te der Seminardatenbank
der BG ETEM zum gewählten Seminar und den Unterlagen, die Sie mit
der Buchungsbestätigung/Ein-ladung zugesandt bekommen.Die Lohn-
oder Gehaltsfortzahlung für die Seminardauer trägt das Unternehmen.
Die BG ETEM stellt dem Seminarteilnehmer Übernachtungsmöglichkeiten
in den BG-Bildungseinrichtungen oder Vertragshotels zur
Verfügung.
? Wie lange dauert es, bis Reisekosten erstattet werden?Nach
Abgabe des Antrags kann es bis zu zwei Monate bis zur Auszahlung
dauern. Bitte nutzen Sie die zugesandten und per-sonalisierten
Formulare. Sie ermöglichen eine eindeutige Zu-ordnung.
? Werden die Kosten für den Besuch von Seminaren bei ande-ren
Berufsgenossenschaften übernommen?
Seminarbuchung
Die häufigsten Fragen
Grundsätzlich können diese Kosten übernommen werden, wenn die BG
ETEM kein entsprechendes Seminar anbietet und es für den
Betriebszweck passend ist. Die Berufsgenossenschaften haben eine
Übereinkunft getroffen, gegenseitig Beschäftigte aus anderen
Berufsgenossenschaften zuzulassen. Hierzu ist aber notwendig, dass
die BG ETEM vorab die Teilnahmevoraus-setzung geprüft und eine
Kostenübernahme für die andere Be-rufsgenossenschaft bestätigt
hat.
→ infowww.bgetem.de, Webcode 11919750
Neue Broschüre: Alkohol und ArbeitDie BG ETEM hat die
Kurzbroschüre zum Thema Alkohol am Arbeitsplatz neu aufgelegt. Sie
informiert Arbeitgeber und Vorgesetzte über die Rechts-lage sowie
ihre Fürsorgepflicht, auf alkoholisierte Beschäftigte einzuwir-ken.
Außerdem zeigt sie Möglichkeiten zur Suchtprävention im Betrieb auf
und verzeichnet Ansprechpartner sowie Literatur.
→ infowww.bgetem.de, Webcode 12201321; Klicken Sie im Medienshop
auf den Bereich „Tipps – Informationen für Fachkräfte“E-Mail:
[email protected]; Telefon: 0221 3778-1020Bestellnummer: T 042,
Preis: kostenlos für Mitgliedsbetriebe der BG ETEM (andere
zahlen 1,50 Euro zzgl. Versandkostenpauschale) Fo
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https://www.bgetem.de/seminare/seminare-fuer-sicherheit-und-gesundheit-am-arbeitsplatzhttp://etf.bgetem.de/htdocs/r30/vc_shop/bilder/firma53/t_042_a02-2015.pdfmailto:versand%40bgetem.de?subject=
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↓ Termine ▪ 29.-30.09.2015, Rheinsberg
8. Rheinsberger Fachtagung „Arbeitssicherheit in der
Energieversorgung“
▪ 14.-17.10.2015, DüsseldorfREHACARE International – Fachmesse
für Rehabilitation, Prävention, Integration und Pflege
▪ 27.-30.10.2015, DüsseldorfA+A 2015
→ weitere terminewww.bgetem.de, Webcode 12568821
1.900.000... Menschen im arbeitsfähigen Alter tragen
hierzu-lande ein Hörgerät. Bei Arbeiten in Lärmbereichen kann das
Probleme geben. Denn ein normales Hör-gerät kann die Wirkung des
Gehörschutzes aufhe-ben. Daher ist diese Kombination nicht
zulässig. In der Praxis bedeutet dies: Hörgerät raus, Gehör-schutz
rein. Die Folge: Betroffene können nicht mehr kommunizieren,
Warnsignale werden nicht gehört.Dafür gibt es jetzt eine Lösung:
Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfall-
versicherung (IFA) hat ein Prüfverfahren entwickelt, mit dem sich
feststellen lässt, ob ein Hörgerät gleichzeitig auch als
Gehörschutz funktioniert. Erste so zertifizierte Produkte sind
bereits auf dem Markt erhältlich.
→ infowww.dguv.de, Benutzerdefinierte Suche „Hörgerät mit
Gehörschutzfunktion“
HinguckerArbeitsschutz ist oft ganz einfach. Die neuen Plakate
der BG ETEM sensibilisieren dafür. Für Mitgliedsbetriebe sind sie
kostenlos.
→ infowww.bgetem.de, Webcode 14822765 E-Mail:
[email protected]: 0221 3778 -1020
Ausbildungsgrundsatz„Beleuchtung“ überarbeitetDie Technische
Regel für Arbeitsstätten „Beleuchtung“ (ASR A3.4) konkretisiert die
Anforderungen der Arbeitsstättenverord-nung an die Beleuchtung.
Unternehmen müssen regelmäßig prüfen, ob Beleuchtungsanlagen die
Anforderungen noch erfül-len. Dazu braucht es fachkundige Personen.
Der DGUV Grund-satz 315-201 „Anforderungen an die Ausbildung von
fachkundi-gen Personen für die Überprüfung und Beurteilung der
Beleuch-tung von Arbeitsstätten“ (bisher BGG 917) wurde vollständig
überarbeitet. Die Ausbildungsdauer wurde von neun auf min-destens
16 Lerneinheiten à 45 Minuten angehoben. Aufgenom-men wurde unter
anderem der Aspekt „Licht und Gesundheit“. Inhalte zu Lampen und
Leuchten werden aufgrund der techni-schen Entwicklungen im Bereich
der LED jetzt zusammen ver-mittelt.
→
infohttp://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/315-201.pdfEine
Liste mit Ausbildungsträgern gibt es beim Sachgebiet Beleuchtung
der DGUV. Mail: [email protected]
kompakt
https://www.bgetem.de/presse-aktuelles/terminehttp://www.dguv.de/de/mediencenter/pm/Pressearchiv/2015/quartal_2/details_q2_103300.jsphttp://etf.bgetem.de/htdocs/r30/vc_shop/bilder/firma53/bgetem_plakate_2015_jpg7.jpgmailto:versand%40bgetem.de?subject=http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/315-201.pdfmailto:beleuchtung%40bgrci.de?subject=
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Lärm ist ein unerwünschtes Geräusch, das Menschen stört,
belästigt oder ge-sundheitlich schädigt. Schon ein lauter PC-Lüfter
in einem Büro kann jemanden, der konzentriert arbeitet, stören.
Daher verdeutlicht diese allgemeine Definition, dass es eine
Arbeitswelt ohne Lärm wohl nie geben wird. So ist es auch kein
Wun-der, dass rund 30 Prozent der Erwerbstäti-gen angeben, häufig
bei Lärm zu arbeiten und sich jeder zweite Erwerbstätige durch Lärm
am Arbeitsplatz belastet fühlt („Si-cherheit und Gesundheit bei der
Arbeit 2013“, BMAS/BAuA, 2015).
Menschen sind von Lärm umgeben, auch am Arbeits- platz. Wie
wirkt sich Dauer- beschallung aus? Und wie lassen sich geeignete
Schutzmaßnahmen finden?
Lärm kann sich extraaural und aural auf Menschen auswirken. Als
extraaural wer-den Wirkungen bezeichnet, die nicht direkt das Gehör
betreffen. Dazu zählen erstens die bereits erwähnten störenden
Wirkungen, wie Verständigungsprobleme oder Betriebsgeräusche und
Warnsignale, die überhört werden. Zweitens fallen die psychischen
Wirkungen darunter, z. B. Stress, Ärger oder
Konzentrationsstörun-gen, drittens die vegetativen Wirkungen, etwa
auf Blutdruck, Puls, Stoffwechsel oder auch Herz- und
Kreislaufbeschwer-den. Als aurale Wirkungen werden die schädigenden
Einflüsse auf das mensch-liche Gehör bezeichnet. Dabei kann es sich
um eine Schädigung durch ein einmaliges Schallereignis handeln (z.
B. Knall- oder Explosionstrauma) oder durch eine mehrjährige
Schallexposition (Lärm-schwerhörigkeit).
Berufskrankheit LärmschwerhörigkeitDie Lärmschwerhörigkeit ist
als Berufs-krankheit Nr. 2301 (BK 2301) in der Anlage der
Berufskrankheiten-Verordnung aufge-führt. Kriterien für die
Anerkennung als Berufskrankheit sind die ärztliche Be-scheinigung
eines lärmtypischen Gehör-schadens sowie der Nachweis einer
mehrjährigen Schallexposition in Form von
Tages-Lärmexpositionspegeln ober-halb von 85 dB(A). Im Jahr 2013
gab es bundesweit 12.534 angezeigte Ver-dachtsfälle auf
Lärmschwerhörigkeit, wo-von mehr als jeder zweite Fall (6.935
Fäl-le) als Berufskrankheit anerkannt wurde. Die BK 2301 ist die am
meisten anerkann-te Berufskrankheit. Es entwickelt sich aber ein
positiver Trend, denn die Anzahl der neuen Rentenfälle nimmt stetig
ab. Waren es im Jahr 1996 noch 1.401 Fälle, so wurden 2013 nur noch
299 Fälle gezählt. Dieser deutliche Rückgang der höher- gradigen
Lärmschwerhörigkeiten ist das Resultat einer jahrzehntelangen,
erfolg-reichen Präventionsarbeit.
Als Grundlage für die Präventionsarbeit dienen seit 2007 die
Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdun-gen durch
Lärm und Vibrationen
Lärm am Arbeitsplatz
Nicht zu überhören
Begriffserklärungen
„Der Tages-Lärmexpositionspegel (LEX,8h) ist ein A-bewerteter
äquiva-lenter Dauerschallpegel, der (per-sonenbezogen) für die
Dauer eines repräsentativen Arbeitstages zu er-mitteln und auf eine
Achtstunden-schicht (Zeitdauer von acht Stunden) zu beziehen ist.
Er umfasst alle am Arbeitsplatz auftretenden Schall- ereignisse.“
„Der Spitzenschalldruckpegel (LpC,peak) ist der Höchstwert des
Schalldruckpegels mit der Frequenz- bewertung „C“ und der Zeit-
bewertung „peak“ innerhalb des Messzeitraums. Dieser Zeitraum ist
so zu wählen, dass die lautesten Schallereignisse innerhalb einer
Arbeitsschicht erfasst werden.“ (TRLV Lärm, Teil Allgemeines,
Kapitel 4 – Begriffsbestimmungen)
mensch & arbeit
8 etem 04.2015
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Zum Schutz vor schädigenden Wirkungen des Lärms …
Obere Auslösewerte LEX, 8h = 85 dB(A) LpC,peak = 137 dB(C)
▪ Lärmminderungs-programm
▪ Pflicht der arbeits-medizinischen Vorsorge gemäß ArbMedVV, z.
B. nach DGUV-Grund-satz 20
▪ Benutzung von Gehörschutz
▪ Kennzeichnung als Lärmbereich
▪ Unterweisung & allgemeine ar-beitsmedizinische
Beratung
▪ Angebot der ar-beitsmedizini-schen Vorsorge ge-mäß ArbMedVV,
z. B. nach DGUV- Grundsatz 20
▪ Bereitstellung von Gehörschutz
▪ Unterweisung & allgemeine ar-beitsmedizinische
Beratung
Ständig zu beachten
▪ Stand der Technik ▪ mittelbare Gefähr-dungen
(Wechsel-wirkungen)
▪ besonders gefährdete Personengruppen
Untere Auslösewerte LEX, 8h = 80 dB(A) LpC,peak = 135 dB(C)
Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutz- verordnung
(LärmVibrationsArbSchV)
§ 6 Auslösewerte bei Lärm
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mensch & arbeit
etem 04.2015
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(LärmVibrationsArbSchV) sowie die 2010 erschienenen Technischen
Regeln zur LärmVibrationsArbSchV (TRLV Lärm). Im Kern der
Verordnung stehen die Gefähr-dungsbeurteilung sowie die Vorgabe
be-stimmter Schutzmaßnahmen für den Fall, dass die Lärmexposition
der Beschäftig-ten bestimmte Auslösewerte erreicht oder
unter auch an verschiedenen Einsatz- orten statt. Hinzu kommt,
dass die Beschäftigten neben dem selbst erzeug-ten Lärm auch noch
wechselnden Lärm-quellen aus der Umgebung ausgesetzt sind (z. B.
Lärm anderer Gewerke, Stra-ßenlärm). Aus diesem Grund bleibt auch
hier die sorgfältige Arbeitsanalyse zu Be-ginn der Ermittlung der
wichtigste Punkt. Nur wenn alle vorkommenden Tätigkeiten bekannt
sind, kann ein Tages-Lärmex- positionspegel für einen
repräsentativen Arbeitstag gebildet werden. Dazu dient eine
passende Messstrategie nach TRLV Lärm bzw. DIN EN ISO 9612 „Akustik
– Bestimmung der Lärmexposition am Arbeitsplatz“. Aus vielen
Messwerten, die zum Teil an mehreren Arbeitstagen erho-
Beispiele aus der Praxis
▪ Bei der Lärmexposition an Metall-bearbeitungsmaschinen (z. B.
Drehmaschinen, Fräsmaschinen, Bearbeitungszentren) behandeln
Gefährdungsbeurteilungen sehr häufig allein das Laufgeräusch der
Maschine. In der Regel nen-nen sie einen Wert zwischen 75 und 83
dB(A). An derartigen Maschinen setzen Bediener aber auch regelmäßig
eine Druckluft-pistole ein, um Werkstücke sowie Werkzeug und
Maschine zu reini-gen. Je nach Häufigkeit und Dauer des
Drucklufteinsatzes pro Ar-beitstag kann an diesen Arbeits-plätzen
der obere Auslösewert schnell erreicht bzw. überschritten
werden.
▪ Beim Bedienen von Stanz-Nibbel- Maschinen spielen mehrere
lärm-relevante Produktionsfaktoren eine große Rolle. Diese müssen
allesamt berücksichtigt werden, wenn man die Lärmexposition
ermittelt. Als wichtigster Faktor ist die Dicke des zu
bearbeitenden Bleches zu nennen. Wird die Lärmmessung lediglich
beim Be-arbeiten von dünnen Blechen (≤ 2 mm) durchgeführt, ergibt
sie in der Regel Werte deutlich unter 85 dB(A). Kommen aber Bleche
ab einer Stärke von 3 mm zum Einsatz, kann der obere Auslöse-wert
schnell erreicht oder über-schritten werden.
Beide Beispiele zeigen, dass das Gehör direkt gefährdet werden
kann, ohne dass die Gefährdungs-beurteilung darauf eingeht. Eine
nicht sorgfältig durchgeführte Analyse kann damit schnell zur
Auswahl falscher Schutzmaßnah-men führen.
übersteigt. Die Höhe der Lärmexposition ist als
Tages-Lärmexpositionspegel (LEX,8h) und Spitzenschalldruckpegel
(LpC,peak) an-zugeben. Die Definitionen der Pegel sind nachzulesen
im Infokasten auf Seite 8.
Nachdem der Tages-Lärmexpositions-pegel und der
Spitzenschalldruckpegel ermittelt wurden, sind beide hinsichtlich
ihrer Gefährdung für die Beschäftigten zu beurteilen. Dazu muss man
die Pegel mit den im § 6 der LärmVibrationsArbSchV festgelegten
Auslösewerten vergleichen. Je nach Beurteilungsergebnis müssen
Arbeitgeber entsprechende Schutzmaß-nahmen nach
LärmVibrationsArbSchV bzw. nach der Verordnung zur arbeits-
medizinischen Vorsorge (ArbMedVV) um-setzen. Die Grafik auf den
Seiten 8/9 zeigt die Auslösewerte mit den entspre-chenden
Schutzmaßnahmen.
Die angeführten Definitionen zum Tages-Lärmexpositionspegel und
Spitzen-schalldruckpegel enthalten Begriffe, die zum Ermitteln der
Lärmexposition eine wichtige Grundlage bilden und deshalb
nachfolgend näher kommentiert werden.
„Alle auftretenden Schallereignisse“Die LärmVibrationsArbSchV
soll Beschäf-tigte vor tatsächlichen oder möglichen Gefährdungen
durch Lärm oder Vibratio-nen bei der Arbeit schützen. Um dieses
Schutzziel zu gewährleisten, müssen Betriebe im Rahmen der
Gefährdungs- beurteilung das genaue Ausmaß der Lärmexposition für
die Beschäftigten ermitteln. Das bedeutet, an jedem zu
beurteilenden Arbeitsplatz alle Tätigkei-ten, Maschinenparameter
und Umge-bungsparameter hinsichtlich Art, Höhe und Dauer der
Lärmexposition sorgfältig zu analysieren.
„Repräsentativer Arbeitstag“Der Begriff
„Tages-Lärmexpositionspegel“ darf nicht den Eindruck erwecken, dass
es lediglich darum geht, den Expositions-pegel für einen Arbeitstag
festzustellen. Bei einer Vielzahl von Berufen bzw. Arbeitsplätzen
variiert der Tages-Lärmex-positionspegel zum Teil sehr stark von
Tag zu Tag. Ein gutes Beispiel dafür sind Be-schäftigte, die
tagtäglich auf Baustellen arbeiten. Es gibt dort viele
unterschiedli-che Tätigkeiten, die nicht alle an jedem Arbeitstag
ausgeführt werden. Sie dauern beispielsweise an verschiedenen Tagen
unterschiedlich lange – und finden mit-
An einem Arbeitstag muss das Gehör mit Lärm aus vielfältigen
Quellen in unterschiedlicher Lautstärke fertigwerden.
mensch & arbeit
10 etem 04.2015
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ben werden, ergibt sich schließlich die gesuchte repräsentative
Lärmexposition. Dafür müssen Betriebe mit einem hohen zeitlichen
Arbeitsaufwand rechnen.
„Personenbezogen“Wie bereits erläutert, ist es erforderlich, das
genaue Ausmaß der Lärmexposition der Beschäftigten festzustellen,
damit das Schutzziel der LärmVibrationsArbSchV umgesetzt werden
kann. Dafür müssen Betriebe die Lärmexposition personen- bezogen
ermitteln. Das spiegelt sich in der entsprechenden Messnorm DIN EN
ISO 9612 wider, die drei personen-bezogene Messstrategien
beschreibt. Ab-weichend davon nennt die TRLV Lärm ne-ben der
personenbezogenen auch die
ortsbezogene Ermittlung als mögliche Vorgehensweise. Die früher
übliche Dar-stellung von Lärmkatastern, die die Räumlichkeiten des
Unternehmens ab- bilden und entweder über ein eingezeich-netes
Raster oder pro eingezeichnetem Arbeitsplatz Lärmwerte angeben,
ohne Expositionszeiten zu berücksichtigen, erfüllt nicht die
Anforderungen der LärmVibrationsArbSchV. Nach TRLV Lärm sind
derartige Lärmkataster jedoch als vereinfachte
Gefährdungsbeurteilung zu-lässig. Schutzmaßnahmen müssen
ent-sprechend dem höchsten ortsbezogenen Lärmpegel festgelegt
werden und gelten für alle Beschäftigten im betrachteten Be-reich.
Eine reine ortsbezogene Ermittlung ist heutzutage nur noch zum
Festlegen von kennzeichnungspflichtigen Lärm- bereichen zu
empfehlen.
Änderungen der VerordnungIm Jahr 2010 wurden kleinere Änderungen
an der LärmVibrationsArbSchV vorgenom-men. Eine Neuregelung betraf
die Kenn-zeichnungspflicht für Lärmbereiche. Die erste Version der
Verordnung sah eine Kennzeichnungspflicht für die Arbeits- bereiche
vor, in denen einer der oberen Auslösewerte erreicht oder
überschritten wird. Das ist der Fall, wenn der Lärmpegel über einen
Arbeitstag von acht Stunden 85 dB(A) erreicht oder überschreitet.
Seit der Neufassung der Verordnung sind Lärmbereiche zu
kennzeichnen, wenn ei-ner der oberen Auslösewerte überschrit-ten
werden kann. Damit liegt bereits eine mögliche
Kennzeichnungspflicht vor, wenn im Arbeitsbereich Lärmwerte
ober-halb von 85 dB(A) auftreten. Das beschrie-bene Beispiel von
Arbeiten an Metallbear-beitungsmaschinen (wie Drehmaschinen,
Fräsmaschinen oder Bearbeitungszent-ren) zeigt, dass der
regelmäßige kurzzeiti-ge Einsatz von Druckluft mit Lärmpegeln
oberhalb von 85 dB(A) eine Kennzeich-nungspflicht als Lärmbereich
begründet.
Oft kommt die Frage nach der Kenn-zeichnungspflicht von
Lärmbereichen an Baustellenarbeitsplätzen auf. Die gesamte
Baustelle als Lärmbereich zu kennzeich-nen ist nicht zielführend,
da somit alle Beschäftigten beim Betreten der Baustelle Gehörschutz
tragen müssten – unabhän-gig davon, ob gerade Lärm vorhanden ist
oder nicht. Gehörschädigender Lärm auf Baustellen entsteht in der
Regel durch laute Maschinen. Eine praktikable Alter-native bietet
hier die Kennzeichnung der-
artiger Maschinen als Lärmbereich. Laut TRLV Lärm sind generell
alle Maschinen mit einem Emissionsschalldruckpegel von ≥ 85 dB(A)
mit dem Gebotszeichen „Gehörschutz benutzen“ zu kennzeich-nen
(siehe auch Infokasten unten).
Durch die Kennzeichnung gilt das direkte Umfeld der Maschine
während des Betrie-bes als Lärmbereich. Gekennzeichnete Maschinen
dürfen erst in Betrieb genom-men werden, wenn Beschäftigte, die die
Maschine bedienen, dafür gesorgt haben, dass alle Personen im
direkten Umfeld Gehörschutz tragen. Das müssen Betrie-be mittels
Unterweisung sicherstellen.
Eine weitere Änderung der Verordnung betraf die Fachkunde zum
Durchführen der Gefährdungsbeurteilung. Die erste Version der
LärmVibrationsArbSchV führ-te insbesondere den Betriebsarzt und die
Fachkraft für Arbeitssicherheit als fach-kundige Personen auf. Die
Neufassung besagt, dass der Betriebsarzt und die Fachkraft für
Arbeitssicherheit fachkun- dige Personen sein können. Damit trägt
sie der Komplexität der Themengebiete „Lärm und Vibrationen“
Rechnung: Diese erfordern fachliche Kenntnisse, die für ge-wöhnlich
in der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie in der
betriebs- ärztlichen Ausbildung nicht erlangt wer-den. Um
Lärmmessungen durchzuführen, ist wiederum eine speziell darauf
ausgerichtete Fachkunde gefordert. Diese vermittelt die BG ETEM im
Seminar „Fach-kundiges Messen, Beurteilen und Doku-mentieren von
Schallpegeln“ (mehr dazu unter info). Heiko Kusserow
→ info ▪ Seminardatenbank der BG ETEM: www.bgetem.de, Webcode
14363753
▪ „Schulungsprogramm Lärm – Unter- weisung bei Gefährdung durch
Lärm“: www.bgetem.de, Webcode 13391555
Kennzeichnungspflicht
„Ferner sind Arbeitsmaschinen zu kennzeichnen, in deren
Betriebs- anleitung (gemäß 9. GPSGV) ein A-bewerteter
Emissionsschalldruck- pegel von 85 dB(A) oder mehr aus-gewiesen
wird. Dies gilt auch für handgehaltene oder handgeführte
Maschinen.“ (TRLV Lärm, Teil 3, Kapitel 5)
mensch & arbeit
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Gute Führung ist wichtig für den Unter-nehmens-Erfolg. Doch wie
geht das? Und was hat das mit Arbeitssicherheit zu tun? Das
beleuchten wir in unserer neuen Serie „Chefsache“.
Wunsch und Wirklichkeit klaffen oft auseinander: Kontrolle statt
Vertrauen, Abhängigkeit statt Eigenverantwortung, Leistungsdruck
statt Wertschät-zung prägen noch immer die Atmosphäre in vielen
Unternehmen. Davon sind nicht nur die Beschäftig-ten betroffen,
sondern oft auch Führungskräfte.
Das zeigt eine Studie im Auftrag des Bundesarbeits-ministeriums
(BMAS) und der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ aus dem
vergangenen Jahr. Darin gaben 400 Führungskräfte vom
Vorstandsmitglied bis zum Teamleiter Auskunft über ihre praktischen
Erfahrun-gen und ihre Sicht auf künftige Herausforderungen.
Mehr als drei Viertel der Befragten halten demnach den
vorherrschenden Führungsstil für nicht mehr zeitgemäß. Er sorge
sogar für Nachteile, wenn es da-rum gehe, qualifizierte
Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter zu gewinnen und zu binden. Ohne
eine Neuori-entierung in der Führungskultur sei für die Mehrheit
der Führungskräfte der Standort Deutschland gefähr-det. Wörtlich
heißt es in der Studie: „Die Gefahr, den Anschluss zu verpassen,
nehme kontinuierlich zu.“
Gesundheitsgerecht führenWissenschaftler und Vordenker in der
Wirtschaft sind sich weitgehend einig: Es reicht nicht mehr, wenn
das Management einsame Entscheidungen trifft, sie nach unten
kommuniziert und ein Controllingsystem installiert, um die
Umsetzung zu erfassen.
Der Unternehmer Randolf Rodenstock sieht Füh-rungskräfte als
Vermittler zwischen den Interessen des Betriebs und der
Beschäftigten. Erfolgreich könn-ten sie nur mit einem kooperativen
Führungsstil sein,
der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Entschei-dungen
einbeziehe.
Der Neurobiologe Professor Gerald Hüther geht noch einen Schritt
weiter. Er fordert eine „gehirngerechte Führung“, die das
individuelle Potenzial der Mitarbei-ter gezielt nutze. Bessere
Kommunikation, mehr Frei-räume für eigenes Gestalten und mehr
Transparenz hinsichtlich der Unternehmensziele seien wichtige
Schritte hin zu einem konstruktiveren Arbeitsklima.
Vertrauen und VerantwortungAufgabe der Unternehmensführung muss
es dem-nach sein, ein vertrauensvolles Klima zu schaffen, das es
den Beschäftigten erlaubt, mit mehr Eigenver-antwortung engagiert
mitzugestalten. „Das gilt für die wirtschaftlichen Ziele eines
Unternehmens ge-nauso wie für die Themen Arbeitssicherheit oder
Gesundheitsschutz“, sagt Dr. Just Mields, Arbeitspsy-chologe bei
der BG ETEM. „Aus diesem Grund ist Führungskultur auch ein
wichtiges Thema.“
Wie Beschäftigte in konkrete Prozesse eingebun-den werden
können, zeigt das Beispiel DS Smith Packaging in Nürnberg. Über
„Safety Quick Check Cards“, kurze Fragebögen zur Arbeitssicherheit,
wer-den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die
sicher-heitsrelevante Bewertung ihrer Arbeitsplätze einbe-zogen.
Dabei festgestellte Mängel werden so schnell
Neue Serie
Erfolgsfaktor Führung
Gute Kommunikation und transparente Entscheidungsstrukturen sind
wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Führung.
mensch & arbeit
12 etem 04.2015
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Mit Spaß zum LeistungsoptimumDr. Just Mields, Arbeitspsychologe
bei der BG ETEM, über die Vorteile gesundheitsgerechter
Führung.
Worauf kommt es beim gesundheitsgerechten Führen von
Mitarbeitern besonders an?
▪ Führung ist die Lösung für das Problem, andere Menschen dazu
zu bringen, für einen zu arbeiten. Früher, als vor allem physisch
gearbeitet wurde, war die Lösung einfach: gute Be-zahlung, strenge
Anweisungen und Kontrolle. Heute kommt man damit nicht mehr weit.
Kompetenz, Kreativität und Mo-tivation sind gefragt. Ein kreativer
Kopf kann in zwei Stun-den mehr leisten, als ein uninspirierter in
zwei Wochen. Führung muss heute mehr inspirieren, mehr durch
attraktive Ziele begeistern und das Potenzial der Beschäftigten
aus-schöpfen. Dafür muss man mit den Leuten auf Augenhöhe reden und
zuhören können.
Was hat mein Betrieb von einem solchen Führungsstil? ▪ Schlechte
Führung senkt die Produktivität und vernichtet
Kapital, wenn Mitarbeiter durch mangelhafte Arbeitsorga-nisation
und Kommunikation stressbedingt erkranken und ausfallen. Wir nehmen
an, dass ein gesundheitsgerechter Führungsstil eine
leistungssteigernde Wirkung hat. Den positiven Einfluss übt die
Führungskraft aus, wenn sie res-pektvoll, wertschätzend und
zielorientiert führt. Dazu be-nötigt sie soziale Kompetenz. Die
Führungskraft sollte sich als Teamplayer begreifen, dessen Aufgabe
es ist, die Po-tenziale der Beschäftigten zu heben. Das Stichwort
ist: Die Richtung vorgeben und die Mitarbeiter so unterstützen,
dass sie erfolgreich sind und Spaß haben.
▪
Muss eine Führungskraft besondere Eigenschaften mit-bringen?
▪ Als Führungskraft braucht man ein gerüttelt Maß
Ambigui-tätstoleranz. Das heißt, man muss in schwierigen
Situatio-nen mentalen Stress aushalten können. Eine gute
Führungs-kraft gibt diesen Druck nicht eins zu eins weiter, sondern
lässt ihre Mitarbeiter arbeiten. Hektik bringt wenig. Klare
In-formationen und angemessene Unterstützung sind besser.
▪
Und was hat das mit Arbeitssicherheit zu tun? ▪ Zu den Ursachen
von Arbeitsunfällen können auch
Stress, Monotonie oder psychische Sättigung gehören. Ei-ne
gesundheitsgerechte Führung wirkt präventiv. Sie führt Menschen zu
ihrem Leistungsoptimum – da wo es an-fängt, Spaß zu machen, ohne zu
stressen.
wie möglich beseitigt. Der Erfolg kann sich sehen lassen. Die
Zahl der Arbeitsunfälle (-22 Prozent) und Ausfalltage (-41 Prozent)
ist deutlich rückläufig.
Für Mields zeigt dies, dass ein gesundheitsgerech-ter
Führungsstil unter Einbeziehung der Mitarbeite-rinnen und
Mitarbeiter auf lange Sicht wesentlich nachhaltigere Ergebnisse
bringt als reine Steue-rungs- und Regelungsinstrumente, die sich an
linea-ren Hierarchiemodellen orientieren.
Diese Ansicht bestätigt auch die Studie des BMAS. Danach glaubt
die Mehrheit der befragten Führungs-kräfte, dass die klassischen
Managementinstrumen-te der Dynamik und Komplexität der künftigen
Arbeitswelt nicht mehr gewachsen sein werden. Nur noch knapp 30
Prozent der Manager denken, dass ein allein auf Effizienz und die
Maximierung von Pro-fiten ausgerichtetes Führungssystem Zukunft
hat.
Dagegen stehen sowohl für Führungskräfte wie auch Beschäftigte
persönliches Engagement dank mehr Wertschätzung,
Entscheidungsspielräumen und Eigenverantwortung im Zentrum des
Interesses. Bei dem notwendigen Umbau der Unternehmenskul-tur sieht
Hirnforscher Gerald Hüther den Mittelstand im Vorteil. Er sei
flexibler als Großunternehmen.
→ infowww.forum-gute-fuehrung.de
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Foto
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mensch & arbeit
13etem 04.2015
http://www.forum-gute-fuehrung.de/
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Created by Yazmin Alanisfrom the Noun Project
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Die DGUV Vorschrift 1 definiert die Kriterien, nach denen die
Anzahl der Sicherheitsbeauftragten im Einzelfall bestimmt wird.
Darüber hinaus ist die Auf-gabenbeschreibung des
Sicherheitsbe-auftragten (§ 20 Abs. 2) heranzuziehen.
1. Kriterien für die Festlegung der Anzahl der
SicherheitsbeauftragtenDamit die Sicherheitsbeauftragten die
Ver-antwortlichen entsprechend ihrer Aufgabe unterstützen können,
ist jede Organisati-onseinheit des Betriebes anhand der im
Folgenden erläuterten Kriterien zu beurtei-len und festzulegen, ob
und in welchem Umfang eine Bestellung von Sicherheits-beauftragten
für die jeweiligen Organisati-onseinheiten in Betracht kommt.
Im Einzelnen:Konkretisierung durch die auf den Be-
trieb bezogene Unfall- und Gesundheits-gefahr: Wenn sich aus der
Gefährdungs-beurteilung ergibt, dass viele verhaltens-bezogene
Maßnahmen erforderlich sind, z. B. Tragen von PSA, Nutzung von
Ab-saugeinrichtungen, Tragen von Schutzbril-len, Gehörschutz auf
Baustellen, Absturz-sicherung beim Arbeiten auf Dächern, sollte
dies zu einer Erhöhung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten
führen. Ziel ist es, die Umsetzung der Maßnahmen im Betrieb zu
unterstützen. Im Übrigen soll sich die Zahl der
Sicherheitsbeauftragten an den allgemeinen Gefährdungen im Be-trieb
orientieren.
Räumliche Nähe: Bei der Bestellung der Sicherheitsbeauftragten
ist sicherzustel-len, dass diese auch vor Ort tätig werden können.
Unter der räumlichen Nähe ist z. B. auch die Tätigkeit eines
Sicherheits-beauftragten in der gleichen Organisati-onseinheit
(Instandhaltung, Lager, Mon-tage, Verwaltung) zu verstehen. Die
Kon-taktmöglichkeiten zwischen den Sicher-heitsbeauftragten und den
Kolleginnen und Kollegen und damit die Möglichkeit, wirksam zu
werden, ist entscheidend. Fili-
Handlungsanleitung zur DGUV Vorschrift 1
Zeit, Größe und GefahrenWie Unternehmen die Zahl der
Sicherheits- beauftragten ermitteln können.
alen, aber auch Baustellen sind weitere Bereiche, die seitens
des Sicherheitsbe-auftragten zumindest zeitweise abge-deckt werden
sollten.
Auch die Größe des Betriebsgeländes ist zu berücksichtigen. Sind
Organisations-einheiten auf mehrere Gebäude verteilt, ist es u. U.
zweckmäßig, in jedem Gebäude ei-nen Sicherheitsbeauftragten
einzusetzen.
Zeitliche Nähe: Arbeitet der Betrieb mehrschichtig, sollten die
Sicherheitsbe-
auftragten auf alle Schichten verteilt wer-den. Baustellen oder
andere zeitlich be-grenzte Projekte sollten zumindest zeit-weise
durch Sicherheitsbeauftragte be-treut werden.
Fachliche Nähe: Sicherheitsbeauftragte müssen auch fachliche
Zusammenhänge in den Organisationseinheiten, z. B. Instandhaltung,
Lager, Montage, Verwal-tung, kennen, um kompetent auf Unfall- und
Gesundheitsgefahren aufmerksam zu machen und von den Kolleginnnen
und Kollegen akzeptiert zu werden.
Anzahl der Beschäftigten: Die bisheri-gen Erfahrungen mit der
Anzahl der in den Betrieben bestellten Sicherheitsbeauf-tragten
haben ergeben, dass sich diese Anzahl sowohl an der jeweiligen
Gefähr-dung als auch an der Mitarbeiterzahl eines Betriebes
orientieren soll. Daraus lässt sich ein allgemeiner Richtwert
ableiten.
2. Allgemeiner RichtwertDie in drei Gruppen aufgegliederten
Richtwerte orientieren sich an der Zuord-nung von Betrieben
entsprechend der drei Betreuungsgruppen nach DGUV Vor-schrift
2:
▪ Gruppe 1 (hohe Gefährdung): z. B. Gie-ßereien, Galvanik,
Herstellung von (Groß-)Elektromotoren, Herstellung von
Schienenfahrzeugen, Elektrotechnische Großinstallation,
Bahnverkehrsstre-ckenbau, Kabelnetzleitungstiefbau
▪ Gruppe 2 (mittlere Gefährdung): alle übrigen Betriebe der BG
ETEM, die nicht in die Gruppen 1 oder 3 fallen, z. B. We-bereien,
Druckereien, Wasserversor-gung, Elektroinstallation
▪ Gruppe 3 (niedrige Gefährdung): z. B. Handel, Druckvorstufe,
Verlage, Beklei-dungsherstellung, Dienstleistungsbe-reich
Anders als in der DGUV Vorschrift 2 ist der Bereich der
Verwaltung getrennt von den Fertigungs-/Gewerbebereichen zu
beurtei-len und immer der Gruppe III zuzuordnen.
→ infoEin Flyer mit diesen Informationen steht auch unter
www.bgetem.de, Webcode 15474016, zur Verfügung.
Allgemeiner Richtwert für die Zahl der Sicher-heitsbeauftragten
(SB) pro Mitarbeiter(in) (MA)
Betreuungs- gruppen
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3
1. SB ab 21 MA 21 MA 21 MA
2. SB ab 51 MA 101 MA 101 MA
3. SB ab 101 MA 201 MA 201 MA
4. SB ab 201 MA 351 MA 351 MA
5. SB ab 351 MA 551 MA 551 MA
6. SB ab 551 MA 751 MA 751 MA
7. SB ab 701 MA 901 MA 951 MA
8. SB ab +125 +150 +200
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mensch & arbeit
14 etem 04.2015
https://www.bgetem.de/presse-aktuelles/pressebilder/medien/neue-handlungsanleitung-der-bg-etem-zur-umsetzung-der-dguv-vorschrift-1
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Bei einem schweren Unfall erfährt der Stuntman Holger Schumacher
die Risi-ken seines Jobs am eigenen Leib. Jetzt setzt er sich als
Botschafter der BG ETEM dafür ein, dass sich junge Menschen die
Gefahren ihres Berufs bewusst machen.
Holger Schumacher war ein Held. Einer, dem klei-ne und große
Jungs in ihren Träumen gern mal nacheifern würden. Holger
Schumacher war Stunt-man. In Action-TV-Serien wie „Alarm für Cobra
11“ und „112 – Sie retten dein Leben“ riskierte der heute
36-Jährige an Stelle namhafter Schauspieler immer wieder viel. Aber
nicht zu viel, wie er dachte.
Bis er vor sieben Jahren bei einem Stunt einen schweren Unfall
erlitt. Die Folge: schwere Verbren-nungen an Gesicht und Händen.
Nach dem Unfall betreute die BG ETEM Holger Schumacher. „Die BG hat
mir in allen Belangen zur Seite gestanden“, erinnert er sich heute
dankbar. Denn neben der me-dizinischen Heilbehandlung und der
finanziellen Absicherung des Lebensunterhaltes kümmerte sie
Kampagne „Ein Unfall ändert alles“
Zeuge des Risikos
Holger Schumacher war als Stuntman erfolgreich, bis ein schwerer
Unfall sein Leben änderte. Heute ist er als Botschafter der BG ETEM
unterwegs.
sich auch um seine berufliche Zukunft. Die BG ETEM habe ihm,
berichtet Schumacher, ein Studium ermöglicht und bei der Gründung
seiner Firma gehol-fen. So konnte er auch nach seinem Unfall der
Film-branche treu bleiben: Er steht jetzt hinter der Kamera und
nicht mehr davor.
Im Dezember 2014 wurde Holger Schumacher auf die Kampagne „Ein
Unfall ändert alles“ aufmerksam. Mit ihr will die BG ETEM die
Risikowahrnehmung jun-ger Erwachsener schärfen. „Bei dieser
Kampagne“, so Schumacher, „wollte ich unbedingt mitmachen.“ Deshalb
nahm er Kontakt mit der Berufsgenossen-schaft auf.
„Für uns ist Holger Schumacher ein idealer Kampag-
nen-Botschafter“, erläutert Holger Zingsheim, Leiter der Abteilung
Kommunikation der BG ETEM, „weil er sehr authentisch über den
Umgang mit Risiken und über die Folgen eines Unfalls berichten
kann.“ Bei dem Zeugen eines zu großen Risikos hört sich das so an:
„Gerade das Auseinandersetzen mit den Risiken am Arbeitsplatz ist
verdammt wichtig. Das habe ich als Stuntman auch gelernt, und das
kann man auch von Stuntmen lernen. Gerade dieses bewusste Sich-
Auseinandersetzen machen Stuntmen immer, und das sollten andere
Leute auch tun.“
→ info:Mehr Informationen und ein Video mit Holger Schumacher
unter www.ein-unfall-ändert-alles.de
mensch & arbeit
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etem 04.2015
Mehr Sicherheit bei Stunts
Die DGUV Information 215-315 „Sicherheit bei Veranstal-tungen
und Produktionen – Besondere szenische Darstel-lungen“ unterstützt
Stuntleute bei der Inszenierung ge-fährlicher Szenen in Film und
Theater. Download:
http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/215-315.pdf
Informationen zum Berufsbild von Stuntleuten gibt es hier:
www.german-stunt-association.de
http://www.ein-unfall-ändert-alles.de/http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/215-315.pdfhttp://www.german-stunt-association.de/start/
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Wo bleibt denn das ‚Webblattʻ?“ Juliane Kipke hat Zeitdruck. Sie
ist diesmal etwas später dran mit dem Fertigstellen der
Mitarbeiterzeitung, die normalerweise pünktlich zur Monatsmitte im
Pausenraum ausliegt. Und schon kommen die ersten Nachfragen.
Eigentlich ein Grund zur Freude für die Sekretärin des
Geschäfts-führers der Getzner Textil Weberei. Denn das „Webblatt“
war ihre Idee; sie hat es im Februar 2013 ins Leben gerufen. Und
mittlerweile können es sich die 86 Be-schäftigten nicht mehr
wegdenken aus dem Betrieb.
Die Tochtergesellschaft des österreichi-schen Textilherstellers
Getzner Textil pro-duziert in Gera hochwertige Damastware für den
westafrikanischen Raum – mehr als vier Millionen Laufmeter pro
Jahr. Gearbeitet wird an 72 Luftdüsenwebma-schinen nach dem
neuesten Stand der Technik. Und es wird investiert: Ab 2016 sollen
an einer zweiten Produktionsstätte 108 weitere Webmaschinen laufen,
be-dient von über 100 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der
Informationsbedarf wächst also, denn alle wollen regelmäßig
Bescheid wissen darüber, was sich tut in
Sachen Neubau, was Geschäftsführung und Betriebsrat planen – und
nicht zuletzt, wie sich sicher und gesund arbeiten lässt.
Information ist alles Lange bevor es das „Webblatt“ gab, hat-ten
viele Beschäftigte bei Befragungen immer wieder den Wunsch nach
mehr Informationen rund um Unternehmen und Arbeitsabläufe geäußert.
Zu Präventions-themen gab es zwar Materialien von
Berufsgenossenschaften und Kranken-kassen, doch gingen diese nicht
speziell genug auf betriebliche Fragestellungen ein. Man suchte
nach einer Methode, diese Themenvielfalt betriebsspezifisch zu
bündeln.
Bei einer Weiterbildung in Sachen Mit-arbeitermotivation machte
sich Juliane Kipke Gedanken dazu. Zuerst probierte sie es mit einem
monatlichen Aushang
Prävention im Betrieb
Schwarz auf weißPrävention zahlt sich aus, weiß ein
Textilhersteller aus Gera. Das Unternehmen fördert die Gesundheit
der Beschäftigten auf vielfältige Weise – auch mit regelmäßigem
Lesestoff.
Alle Themen unter Dach und Fach: Chefsekretärin Juliane Kipke
(links) begut-achtet zusammen mit Kollegin Melanie Würfel die neuen
Entwürfe der Mit- arbeiterzeitung.
Ein Webblatt als Logo ziert die Titelseite.
betrieb & praxis
16 etem 04.2015
http://www.bgetem.de/redaktion/medien-service/dokumente-und-dateien/etem/pdf/etem-4-2015-bildergalerie-getzner
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am Schwarzen Brett. „Schnell merkte ich, dass der Platz nicht
für alle Inhalte reich-te, die das Interesse unserer Belegschaft
wecken. Also kam ich auf die Idee mit der Zeitung.“ Ihr Kollege
Elvis Sujak aus der Qualitätssicherung in der Verwaltung ent-warf
das Logo, ein Webblatt – passend für ein Unternehmen aus der
Textilbranche. Und so kam die Zeitung zu ihrem Namen.
Arbeitsschutz im BlickAm 15. jedes Monats erfüllt Juliane Kipke
das Informationsbedürfnis bei Getzner: Auf vier Seiten im
DIN-A5-Format stellt sie ein Themenspektrum zusammen, das
Firmen-Entwicklung, Betriebsrats-Mittei-lungen sowie
Arbeitssicherheit und Ge-sundheit abdeckt. Rund einen halben
Arbeitstag investiert sie ins Schreiben. Der Betriebsrat trägt pro
Ausgabe einen Artikel in eigener Sache bei. Herausgeber der Zeitung
ist die Geschäftsleitung.
Für jeden Beschäftigten ist ein Exem- plar vorgesehen und für
jeden ist inhalt-lich etwas dabei. Die erste Ausgabe widmete sich
dem Thema „Gesundheit und Schichtarbeit“ – ein großes Thema bei
einem Textilhersteller. Kipke greift natürlich gerne das auf, was
der Beleg-schaft unter den Nägeln brennt. „Alles, was unsere
Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter unternehmensintern bewegt,
versuche ich ins Heft zu bringen“, erklärt sie. „Das geht von
Steuerfragen über die Renten- reform bis hin zu Berichten über
schwere Arbeitsunfälle in der Textilindustrie.“
Die Chefsekretärin ist auch Mitglied im Arbeitsschutz-Ausschuss,
der bei Getzner vierteljährlich tagt. Dort werden Arbeits-abläufe
aufmerksam unter die Lupe ge-nommen und in Fällen, wo es
brenzlig-wird, Lösungen gesucht und gefunden. So gehören
beispielsweise rutschige Stufen im Treppenhaus der Vergangenheit
an. „Natürlich spielt Arbeitsschutz für die Betriebszeitung
insgesamt eine große Rolle. Bei der Ausschuss-Arbeit filtere ich
wesentliche Themen heraus“, so Kipke. Sie wird nicht müde, neue
Inhalte zu re-cherchieren, von denen ihre Kolleginnen und Kollegen
profitieren können. Man merkt ihr an, wie viel Herzblut sie in das
Projekt steckt.
Auch das viel diskutierte Thema „Stress“ fand schon den Weg ins
„Web-blatt“. Aber die Zeitung beschränkt sich nicht darauf,
Problematiken aufzuzeigen. Ganz praxisnah werden gerade zu
Ge-sundheitsthemen auch präventive Maß-
nahmen vorgestellt – vorbeugende Übun-gen beispielsweise, wenn
es um langes Stehen in der Produktion geht oder um Rückengesundheit
im Allgemeinen. Dabei sind ihr auch die Präventionsmedien der BG
ETEM eine große Hilfe – gedruckt und online, denn dort stößt sie
immer wieder auf grundlegendes Material für ihre redak-tionelle
Arbeit.
Worte mit WirkungMit dem „Webblatt“ hat der Betrieb einen
wichtigen Service geschaffen. Denn die Zeitung stärkt die interne
Kommunikation in verschiedene Richtungen. Das schätzt
Geschäftsführer Ralf Lechner besonders daran, aber auch der
Betriebsrat und letztendlich die gesamte Belegschaft. Schließlich
hält das Blatt nicht nur das gesamte Unternehmen auf dem Laufenden,
sondern vernetzt die verschiedenen Ak-teure, macht auf wesentliche
Fragen auf-merksam. „Bei kritischen Themen stößt die
Mitarbeiterzeitung auch Diskussionen an“, erklärt Knut Damm,
Mechaniker und Betriebsratsmitglied. „In anderen Fällen, speziell
bei Mitteilungen der Geschäfts-führung, sorgt sie für Klarheit und
dämmt die Gerüchteküche ein“, ergänzt er. Bei Getzner möchte man
dieses Medium nicht mehr missen.
Und das Projekt trägt Früchte: Immerhin nehmen Präventionsthemen
im „Webblatt“ einen beträchtlichen Raum ein. Damit stärkt die
Zeitung im Unternehmen das Gesundheitsbewusstsein auf allen Ebenen.
„Die Betriebszeitung trug entscheidend
dazu bei, dass wir jährliche Gesundheits-tage in Zusammenarbeit
mit Kranken- kassen eingeführt haben“, erzählt Damm. Ein weiterer
Anlass, um über Gesund-heitsschutz zu sprechen. In diesem Frühjahr
ging es dabei unter anderem um gesundes Frühstücken.
Aber damit hört die Prävention im Betrieb noch lange nicht auf:
So sorgt Getzner etwa mit Zuschüssen zu indi- viduell angepasstem
Gehörschutz oder hochwertigeren Arbeitssicherheitsschuhen für eine
optimierte Persönliche Schutz-ausrüstung. Das ist nur ein Beispiel
von vielen. Geschäftsführung und Betriebsrat regen die Belegschaft
stets dazu an, Verbesserungsvorschläge zu betriebli-chen Abläufen
einzubringen. Man will im Gespräch bleiben. Und dazu bietet gera-de
das „Webblatt“ eine ausgezeichnete Plattform.
→ infoWeitere Eindrücke rund um die Mitarbeiter- zeitung und das
Unternehmen in der Bildergalerie im E-Paper: www.bgetem.de >
Medien/Service > etem 4/2015
An 72 Luftdüsenweb- maschinen entstehen
jährlich über vier Millionen Laufmeter
Damaststoffe.
Immer auf dem Laufenden: Trans-portarbeiter Peter Müller
verpasst keine Ausgabe des „Webblatt“. Fo
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betrieb & praxis
17etem 04.2015
http://www.bgetem.de/medien-service/etem-magazin-fuer-praevention-rehabilitation-und-entschaedigung
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etem 04.2015
Fachtagung Textil und Mode
Arbeitsschutz- recht und gefühltes Risiko
Bereits zum dritten Mal lud die Fachta-gung Textil und Mode
Betriebsleiter, Betriebsräte und Sicherheitsfachkräfte ein, über
Arbeitsschutz in den textilen Bran-chen zu diskutieren – dieses Mal
am 16. und 17. Juni 2015 in Nürnberg. Der Branchentreff zielt
grundsätzlich darauf ab, Fortbildung und Erfahrungsaustausch zu
fördern.
Ob Unfallversicherung, Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberseite: Sie
alle eint das Interesse, Unfälle zu vermeiden. Das be-tonten schon
bei der Eröffnung Johannes Tichi, Mitglied der Geschäftsführung der
BG ETEM, Werner Sperber, Vorstands- mitglied auf der
Versichertenseite, und August Wagner, Vorstandsmitglied auf der
Arbeitgeberseite.
Klarheit in RechtsfragenDie Agenda bot auch 2015 ein breites
Themenspektrum in Sachen Arbeitssicher-heit und Gesundheitsschutz.
Welche neuen rechtlichen Vorgaben die 2014 erschienene DGUV
Vorschrift 1 „Grundsätze der Präven-
Von Mensch bis Maschine: Sicheres Arbeiten in den textilen
Branchen stand auch 2015 im Fokus der Fachtagung Textil und
Mode.
tion“ mit sich bringt, erklärte Dr. Ronald Unger, Stabsreferent
Sicherheitswerbung bei der BG ETEM. Aber auch die Neu- fassungen
von Betriebssicherheits- und Gefahrstoffverordnung sowie der
Verord-nung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge stellen veränderte
Anforderungen an Betriebe. So sieht die neue Verordnung zur
arbeitsmedizinischen Vorsorge eine strikte Trennung zwischen
arbeitsmedi- zinischer Vorsorge und Eignungsunter- suchungen vor.
Birgit Mees, Referentin für Präventionsrecht, gab Hinweise, wie
dieser Spagat bewältigt werden kann.
Bei Eigenbau und Veränderung von Maschinen kann der Betrieb
gleichzeitig zum Hersteller nach Maschinenrichtlinie und Betreiber
nach Betriebssicherheits-verordnung werden. Was das in der Praxis
bedeutet, verdeutlichte Martin Steiner, Fachgebietsleiter Textil
und Mode.
Belastungen reduzierenÜber branchenübliche Staubbelastungen
berichtete Gefahrstoffreferent Dr. Siegfried Hoffmann. Er erklärte,
welche Grenzwerte es gibt und wie Betriebe diese einhalten
können.
Psychische Fehlbelastungen müssen in die Gefährdungsbeurteilung
des Unter-nehmers einbezogen werden. Arbeitspsy-chologe Dr. Just
Mields erläuterte, wie die Betriebe diese Aufgabe in Angriff nehmen
können.
Die gesetzlichen Unfallversicherungen stel-len mit ihren
berufsgenossenschaftlichen Kliniken eine bestmögliche Behandlung
bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sicher. Vorstandsmitglied
Werner Sperber referierte über medizinisches Leistungs- niveau,
Organisationsform und Finanzie-rung der Kliniken.
Faktor VerhaltenPräventionsexperte Reinhard Lenz vom Institut
Input machte mit seinem Vortrag über „gefühltes Risiko“ deutlich,
wie sehr Arbeitssicherheit von der persönli-chen Risikowahrnehmung
des Einzelnen abhängt. Er zeigte auf, wo man ansetzen kann, um
diesen inneren Maßstab ganz allmählich zu verändern.
Neben zahlreichen Vorträgen mit Rele-vanz für die gesamten
textilen Branchen versorgten drei parallele Themenblöcke die
Sparten Textilherstellung, Textilver- arbeitung und Textilpflege
mit speziellen Informationen.
Gelegenheit, die gesamte Branchen-vielfalt zu verdeutlichen, bot
die Abend-veranstaltung der Fachtagung: Im Rahmen einer Modenschau
konnten verschiedene Betriebe ihre Produkte präsentieren.
Auch 2015 kam der Branchentreff mit-samt seiner Themenauswahl
sehr gut an. Anlass genug für die BG ETEM, für 2017 wieder eine
Fachtagung Textil und Mode zu organisieren. Martin Steiner
August Wagner und Werner Sperber, Vor-standsmitglieder der BG
ETEM, und Johannes Tichi, Mitglied der Geschäftsführung (von
links)
Präventionsexperte Reinhard Lenz erklärt die
Risikobereitschaftsauf- deckungsmaschine: eine Rattenfalle mit
Geldschein als Köder.
betrieb & praxis
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TEM
Nano“ ist griechisch und bedeutet „Zwerg“: Kein Wunder, denn ein
Nanometer entspricht nur einem milli- ardstel Meter. In
Nanomaterialien stecken kleinste Teilchen im Größenbereich von
weniger als hundert Nanometer. Die Indus-trie hat die Vorteile
solcher Stoffe längst erkannt, denn sie weisen andere
physika-lisch-chemische Eigenschaften auf als ihre größeren
Verwandten. Nanomaterialien und Nanotechnologien werden daher auch
zunehmend in der Textilherstellung und -veredlung verwendet.
Allerdings ist es für Anwender in den Betrieben immer noch nicht
ganz einfach festzustellen, welche Chemikalien Nano-materialien
enthalten. Davon hängt schließlich auch ab, ob in der
Gefähr-dungsbeurteilung zusätzliche Schutz-maßnahmen getroffen
werden müssen. Daher hat die BG ETEM ein E-Learning-Pro-gramm für
die textilen Branchen konzi-piert: „Das neue ‚Nanorama Textil‘
bietet konkrete Hilfestellungen zur Vorgehens-weise bei der
Informationsermittlung“, erklärt Dr. Neumeister, Referatsleiter bei
der BG ETEM.
Interaktiv erkundenSicherheitsfachkräfte,
Sicherheitsbeauf-tragte und Beschäftigte, speziell Aus- zubildende
der Textilbranche, können mit dem „Nanorama Textil“ virtuell
erfahren, wie sie mit Nanomaterialien sicher ar- beiten können.
Nutzer lernen interaktiv, wie sie wesentliche Informationen zu
möglichen Nanoeigenschaften von Gemi-schen erhalten – für den
Arbeitsschutz unerlässlich. Darüber hinaus kann jeder Interessierte
mithilfe des Programms ent-decken, wo Nanotechnologien in Textilien
vorkommen.
Auch in der Textilbranche können Nanomaterialien zum Einsatz
kommen. Wie sich sicher mit ihnen arbeiten lässt, vermittelt das
neue E-Learning-Programm „Nanorama Textil“.
Arbeitswelt im RundumblickDie „Nanoramen“ ermöglichen eine
neu-artige Perspektive auf die virtuelle Arbeits-welt. Verschiedene
getrennte Arbeitsräume lassen sich in einem 360-Grad-Panorama
betrachten – das Ganze fotorealistisch dargestellt.
Das neue Textil-Modul vereint sechs un-terschiedliche
Arbeitsumgebungen einer modernen Textilfabrik im Rundumblick. Dabei
spielen vor allem die Veredlung von Textilien, deren Lagerung sowie
die Maschinenreinigung eine wichtige Rolle. Das webbasierte
Lernprogramm behandelt eine Vielzahl von relevanten
Arbeits-schritten, Verfahren und Materialien.
Innovativer AnsatzWährend die Nutzer sich von Raum zu Raum
bewegen, können sie per Mausklick Informationen zu Schutzmaßnahmen,
zur möglichen Exposition und zu Anwendun-gen von Nanomaterialien
und -technolo-gien aufrufen. Darüber hinaus treffen sie auf Fragen,
die zur spielerischen Ausein-andersetzung mit dem Thema
einladen.
„Gerade junge Beschäftigte und Auszu-bildende fühlen sich durch
das innovative
Format sofort angesprochen und erhalten einen praxisgerechten
Zugang zur Thema-tik“, weiß Dr. Neumeister.
Das „Nanorama Textil“ ist Teil des DGUV-Nano-Portals „Sicheres
Arbeiten mit Nanomaterialien“. Neben dem neuen Textil-Modul bietet
das Portal bereits interaktive Lernprogramme zum Arbeiten mit
Nanomaterialien auf Baustellen, in Kfz-Werkstätten und in
Laboratorien. Das Angebot ist kostenlos.
→ infoZum Nano-Portal der DGUV mit dem „Nanorama Textil“:
nano.dguv.de
E-Learning Nanomaterialien
Spielend im Griff
Per Klick auf verschiedene Bildelemente er- halten Nutzer
wichtige Informationen zu Nanomaterialien und Arbeitsschutz.
betrieb & praxis
19etem 04.2015
http://nano.dguv.de/
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Arbeitsschutz geht alle an. Nach diesem Motto be-zieht DS Smith
Packaging Deutschland alle Beschäftig-ten in den Arbeitsschutz mit
ein. Dazu hat das Unterneh-men eigene „Safety Quick Check“-Karten
entwickelt. Der Verpackungshersteller mit Standorten in
Deutschland, Österreich und der Schweiz
Mit einer einfachen Idee hat ein Verpackungshersteller die Zahl
der Arbeitsunfälle drastisch gesenkt.
Investitionen sein, die zu mehr Sicherheit führen“, erklärt Olaf
Pölkemann, Health, Safety & Risk Manager für Deutschland und
die Schweiz.
Große WirkungMit der Montage einer Wand-tafel zur Aufbewahrung
von Heißklebepistolen und Reini-gungsgeräten zum Beispiel konnten
Stolpergefahren in der Displayhalle des Werks Hövelhof gebannt
werden. Der Aufwand dafür betrug etwa ei-nen Tag Arbeit plus 200
Euro Materialkosten.
Lediglich 75 Euro kostete die Installation eines Safety Steps
(Anti-Rutsch-Streifen) auf Roll-bahnen im Werk Arnstadt. Die
Anregung kam von einem Ma-schinenführer. Die zuvor be-stehende
Sturzgefahr wurde verringert.
Das Ergebnis: 2013 konnte die Zahl der Arbeitsunfälle im
Unternehmen um 22 Prozent
Praktischer Arbeitsschutz
Eine Karte für alle
reduziert werden. Die Zahl der Ausfalltage ging um 41 Prozent
zurück. „Die Kolleginnen und Kollegen sind heute viel auf-merksamer
und sensibler, wenn es um Arbeitssicherheit geht“, freut sich
Pölkemann.
Die „Safety Quick Check“- Karten sind handliche Faltkar-ten im
Format DIN A6. Sie ent-halten jeweils rund 20 Fragen zu den Themen
Mensch, Orga-nisation, Technik, Maschinen und Anlagen. Die
Fachkräfte für Arbeitssicherheit verteilen sie in regelmäßigen
Abstän-den an die Beschäftigten. In der Produktion wird so täglich
ein anderer Arbeitsplatz über-prüft, in anderen Bereichen wie
Verwaltung, Lager oder In-standhaltung gibt es wöchent-lich
wechselnde Checks.
„Die besten Fachleute für die jeweiligen Arbeitsplätze sind die
Beschäftigten selbst“, stellt Olaf Pölkemann fest. Sie füllen die
Karten aus und ge-
lässt die Beschäftigten mit diesen Karten ihre eigenen
Ar-beitsplätze auf mögliche Ge-fahren prüfen.
Seit Beginn der Aktion füll-ten die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter 2.350 Karten aus. Heraus kamen 1.750 Bean-standungen,
die zu 80 Prozent ausgeräumt werden konnten. „Es müssen nicht immer
große Fo
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85
Handlich und übersicht-lich: Die „Safety Quick Check“-Karte für
den Bereich Produktion.
betrieb & praxis
20 etem 04.2015
-
www.bgetem.de, Webcode 12484059
AufblätternNachlesenAnwendenetem – das Magazin für Prävention,
Rehabilitation und Entschädigung
Als E-Paper und PDF im Netz jederzeit verfügbar.
Werk Hövelhof: zentrale Aufbe-wahrungstafel für Geräte.
ben sie an die Fachkräfte für Arbeitssicherheit zurück. Nach der
Auswertung werden even-tuelle Mängel so schnell wie möglich
beseitigt.
Die „Safety Quick Check“- Karte für die Produktion war die
erste. Inzwischen gibt es thematisch angepasste auch für den
Brandschutz, Instand-haltung, Lager, Verwaltung und für
Fremdfirmen, die auf dem Betriebsgelände tätig werden.
„Auf diese Weise ist gewähr-leistet, dass wir die Checks in
einem bestimmten Rhythmus wiederholen“, erklärt Pölke-mann. Dadurch
falle auch auf, wenn ein gemeldeter Mangel noch nicht beseitigt
wurde.
Die Verwaltung der „Safety Quick Check“-Karten liegt der-zeit
noch bei den Fachkräften für Arbeitssicherheit. Doch soll das
Management in Zu-kunft stärker eingebunden werden. Einig ist man
sich, dass die Karten ein wirksames Instrument zur Verbesserung der
Arbeitssicherheit sind. Da-rüber hinaus haben sie auch die
Kommunikation verbes-sert. Olaf Pölkemann: „Die Leute reden jetzt
auch über Ar-beitsschutz.“
etem 04.2015
http://www.bgetem.de/medien-service/etem-magazin-fuer-praevention-rehabilitation-und-entschaedigung/etem-aktuelle-ausgabe
-
Brand- und Explosionsgefahren können durch brennbare Stäube
entstehen, beispielsweise durch Papier-, Metall-, Holz- oder
Kunststoffstaub oder auch organische Druckbestäubungspuder. Die-ses
Problem ist jedoch weit weniger bekannt als vergleichbare Risiken,
die sich beim Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten oder Gasen
ergeben. Das tatsächliche Gefahrenpotenzial wird des-halb oft
falsch eingeschätzt.
Brennbare Stäube sind in der Branche Druck und
Papierverarbeitung keine Seltenheit. Doch oft wird das Risiko
unterschätzt. Industriestaubsauger schaffen Abhilfe.
Als Staub bezeichnet man kleine Fest-stoffpartikel
unterschiedlicher Herkunft, Struktur und Zusammensetzung. Aufgrund
ihres Eigengewichtes setzen sie sich als Schwebeteilchen ab, können
aber noch für einige Zeit als Staub-Luft-Gemisch in der Luft
erhalten bleiben. Im Allgemeinen sind die Partikel nicht größer als
500 μm (0,5 mm). Von brennbaren Stäuben spricht man, wenn Stäube,
Fasern oder Schweb-stoffe in der Luft brennen oder glimmen können
und bei atmosphärischem Druck und bei normalen Temperaturen mit
Luft explosionsfähige Gemische bilden können.
Bei brennbaren Stäuben kann es sich auch um Puder handeln, z. B.
Druck- bestäubungspuder im Bogenoffset oder Stärke für die
Leimherstellung in Well- pappenbetrieben. Die Stäube können aber
auch beim Be- und Verarbeiten brennbarer fester Stoffe (z. B.
Papier, Holz) entstehen, etwa durch Abrieb, Fal-zen, Fräsen,
Schneiden, Stanzen bzw. durch Mahlprozesse.
GefährdungsbeurteilungAus der Gefahrstoffverordnung ergeben sich
für Unternehmen und Anlagen-
betreiber komplexe Anforderungen an den Explosionsschutz und
die
damit verbundene Anlagensicher-heit, nämlich:
▪ Beurteilung der Explosions- risiken in ihrer Gesamtheit
(Gefährdungsbeurteilung sie-he Seite 23 und BG-Broschüre Nr. 230.19
DP)▪ Festlegen von technisch-
organisatorischen Explosi-onsschutzmaßnahmen.
Werden im Rahmen der Gefährdungs- beurteilung Explosionsrisiken
festgestellt, die sich durch technisch-organisatorische
Mindestmaßnahmen nicht beseitigen las-sen, sind folgende Schritte
erforderlich:
▪ Festlegen explosionsgefährdeter Berei-che und Einteilung in
Zonen
▪ Auswählen geeigneter Geräte/Schutz-systeme für Ex-Bereiche
▪ Erstellen eines Explosionsschutzdoku-mentes
Ob ein Unternehmen im Einzelfall, sprich arbeitsplatz- bzw.
tätigkeitsbezogen, ein Explosionsschutzdokument erstellen muss,
wird auf der Grundlage der Gefährdungs-beurteilung entschieden.
Diese muss schriftlich dokumentiert sein.
Staubexplosionsschutz
Klein, aber brandgefährlichStaubklassen für
Industriestaubsauger, Entstauber und Kehrsaugmaschinen
Staubbeseitigende Maschinen (SBM) werden seit 2005 nach
europäischen Normen geprüft und klassifiziert. Diese Normen
unterscheiden SBM nach den drei Staubklassen L, M und H. Es werden
zurzeit noch ältere Maschinen eingesetzt, die nach der (nicht mehr
gültigen) berufsgenos-senschaftlichen Vorschrift ZH 1/487 geprüft
und klassifiziert wurden. Diese sind in fünf Verwendungska-tegorien
eingeteilt, die bei neuen SBM nicht mehr verwendet werden. Dass es
Geräte gibt, die nach unter-schiedlichen Prüfverfahren bewertet
wurden, ist für Betreiber verwirrend. Denn sie können Geräte einer
be-stimmten Verwendungskategorie nicht immer eindeutig einer
entspre-chenden Staubklasse zuordnen. Das Institut für
Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallver- sicherung (IFA)
hat eine Tabelle ent-wickelt, die die Klassifizierung nach den
verschiedenen Prüfgrundlagen darstellt (siehe BG-Infoblatt Nr.
412).
betrieb & praxis
22 etem 04.2015
Spezieller Industriestaub-sauger zum Entfernen brennbarer
Stäube
-
Leitfaden zur Beurteilung der Explosionsrisiken durch brennbare
Stäube
bestimmte Materialien als explosions-druckfest oder
explosionsdruckstoßfest freigegeben hat.
An Staubsauger für Holzstäube werden strengere Anforderungen
gestellt, da Holzstäube Krebs erzeugen können. Bei Anfragen an
Lieferanten müssen Betriebe demnach genau angeben, für welchen
Staub sie das Gerät benutzen wollen, ob dieser Staub brennbar ist
und besondere Schadstoffe, z. B. als Verunreinigungen, enthält.
Für Anforderungen in Druckereien oder in der Papier
verarbeitenden Industrie eignen sich in der Regel Saugleistungen
zwischen 100 und 300 m3 pro Stunde.
Weitere SchritteWenn die beschriebenen Maßnahmen zur
Staubbeseitigung nicht ausreichen, müssen Betriebe Zonen einteilen,
wo sie wirksame Zündquellen vermeiden. Kön-nen nicht alle
Zündquellen sicher ausge-schlossen werden, muss man konstruktive
Maßnahmen ergreifen, um mögliche Aus-wirkungen einer Explosion auf
ein unbe-denkliches Maß zu reduzieren (Beispiele siehe
Informationsmaterialien der BG ETEM unter info). Dr. Axel Mayer
→ info ▪ BG-Infoblatt Nr. 412 „Industriestaubsauger“
▪ BG-Infoblatt Nr. 535 „Staubexplosionsschutz – Grundlagen“
▪ BG-Infoblatt Nr. 535-1 „Staubexplosionsschutz –
Bogenoffsetdruckmaschinen“
▪ BG-Infoblatt Nr. 535-2 „Staubexplosionsschutz – Falzapparat
und Überbau im Rollenrotationsdruck“
▪ BG-Infoblatt Nr. 535-3 „Staubexplosionsschutz – Stationäre
Absauganlagen“
▪ BG-Broschüre Nr. 230.19 DP „Gefährdungsbeurteilung Explosions-
risiken“
▪ BG-Flyer 077 DP „BG ETEM Staub-Testfeld“
Alle Materialien sind erhältlich im Medienshop der BG ETEM:
www.bgetem.de, Webcode 11205644
Eine Muster-Betriebsanweisung zur Entfernung abgelagerten Staubs
ist eben-falls im Medienshop erhältlich: www.bgetem.de, Webcode
12201321, unter Betriebsanweisungen > Stäube/Fasern
Vorbeugende SchutzmaßnahmenSicherheitstechnischen Vorrang haben
Maßnahmen, welche explosionsfähige Atmosphäre von vornherein
vermeiden. Ob und inwiefern solche Maßnahmen sinnvoll angewendet
werden können, sollte deshalb zuallererst beurteilt wer-den. Kommen
Betriebe damit zu keinem befriedigenden Ergebnis, müssen sie
weitere Schritte einleiten oder Maßnah-men geeignet
kombinieren.
Die TRGS 722 nennt Schutzmaßnahmen, mit denen Druckereien oder
Papier- verarbeitungsbetriebe explosionsfähiger Atmosphäre
vorbeugen können. Die wich-tigsten lauten:
▪ Wirksame Absaugung an den Staub- emissionsquellen (z. B.
Kreismesser)
▪ Regelmäßiges und situationsbezogenes Reinigen von
Falzapparaten und Aus- lagebereichen sowie deren Umgebung, bevor
gefährliche Staubablagerungen entstehen
▪ Sofortige Reinigung bei störungsbe-dingtem Staubaustritt
Staubablagerungen beseitigenTrotz vorbeugender Maßnahmen lässt
sich nicht verhindern, dass sich Staub in geringen Mengen
ansammelt, vor allem über längere Zeiträume. Betriebe müssen daher
die durch Staub belasteten Berei-che regelmäßig reinigen. Dazu
nutzen sie Industriestaubsauger.
Papierstaub und andere Stäube dürfen nicht mit Druckluft
„abgeblasen“, son-dern müssen abgesaugt werden. Ein Abblasen mit
Luft würde lediglich dazu führen, dass sich der Staub im Umfeld der
Maschine verteilt. Zudem wird beim Abblasen die vorhandene
Staubmenge stark verwirbelt, was kurzzeitig zu einer
explosionsfähigen Atmosphäre führen kann.
IndustriestaubsaugerBei der Auswahl des Staubsaugers spie-len
Art und Menge des anfallenden Staubes eine Rolle. Auf dieser Basis
muss die entsprechende Staubsaugerklasse ge-wählt werden.
Industriestaubsauger, die dazu verwen-det werden, brennbare
Stäube – also auch Papierstaub – zu entfernen, müssen speziell
ausgestattet sein, da in ihrem Inneren eine explosionsfähige Atmo-
sphäre entstehen kann. Geeignet ist ein explosionsgeschützter
Industriestaub- sauger oder einer, den der Hersteller für
Quelle: BG ETEM, BG-Broschüre Nr. 230.19 DP
Schritt 1 Sind brennbare Stäube vorhanden?
Schritt 2 Korngrößenanalyse durchführen!
Schritt 3 Sind kritische Staubkonzentrationen oder kritische
Staubablagerungen möglich?
Schritt 4 Ex-Schutz-Dokument erstellen! Maßnahmen: z. B.
Zoneneinteilung, Zündquellenvermeidung etc.
Ende
Ende
Ende
Nein
Korngrößen > 500 μm
Korngrößen < 500 μm
Nein
Maßnahmen: z. B. adäquate Reinigung
Maßnahmen: z. B. Substitution
Ja
Ja
betrieb & praxis
23etem 04.2015
Foto
: Nilfi
sk G
mbH
http://www.bgetem.de/medien-service/regelwerk-und-informationsmaterialhttp://etf.bgetem.de/cgi-bin/r30msvcshop_anzeige.pl?&var_hauptpfad=../htdocs/r30/vc_shop/&var_fa1_select=var_fa1_select||53|&var_te1=1|&var_te13_select=var_te13_select||1|&%20var_html_folgemaske=r30msvcshop_anzeige.html
-
Handy-Akku leer und keine Steckdose in Sicht? Wann haben Sie
sich das letzte Mal darüber aufgeregt? Jetzt stellen Sie sich vor:
Sie haben einen wichtigen Termin und vergessen, den Akku ihrer
Bein-Prothese zu laden. Davon kann Mar-vin berichten. Er hat nach
einem schwe-ren Wegeunfall in kurzer Zeit wieder zu-rück ins Leben
gefunden.
Vor anderthalb Jahren: Marvin ist lei-denschaftlicher Fußballer,
Schiedsrichter und talentierter „Schrauber“ mit einem Faible für
Traktoren. Als er sich an einem Novembermorgen mit dem Moped auf
den Weg zur Arbeit macht, wird er von ei-nem Pkw frontal erfasst.
Seine Schutzklei-dung kann die schweren Verletzungen kaum
mildern.
Der 18-jährige Marvin steht auf einem Bein seinen Mann: in der
Reha, in der Ausbildung und in der Freizeit.
Neustart nach einem schweren Unfall
Fest im Leben
Das linke Bein und ein Teil seiner Hüfte müssen amputiert
werden. Sein linker Arm ist durch den Unfall ebenfalls schwer in
Mitleidenschaft gezogen. Wie Marvin die Wochen auf der
Intensivstation über-stehen würde, ist längere Zeit ungewiss.
Marvin hat so gut wie keine Erinnerun-gen an den Unfall, der
nicht weit weg vom Elternhaus passierte. Für Marvins Eltern aber
hat das Ereignis bis heute nichts von seinem Schrecken
verloren.
Marvin kämpftSchon im Krankenhaus zeigt sich, was für ein
Kämpfer der damals 16-jährige Auszu-bildende ist: Nach drei Wochen
Intensiv- station wird Marvin auf die unfallchirurgi-sche Station
verlegt. Er beeindruckt Fami-
lie, Freunde, Arbeitgeber und seinen Reha-Berater: „Mit welcher
positiven Ener-gie er in die Zukunft blickt – trotz dieses schweren
Einschnitts in sein Leben, ist schon sehr besonders “, sagt Stefan
Mayr, Reha-Berater bei der BG ETEM. Und Mayr weiß, wovon er
spricht: Er hat viele Men-schen betreut, die ihr Leben nach einem
Unfall komplett neu ausrichten mussten.
Marvin muss viele Operationen über sich ergehen lassen, bis er
mit den ersten Gehübungen beginnen kann. Er erinnert sich, wie sehr
es ihn mitgenommen hat, als jemand zu ihm sagte, dass er sicher nur
eine Prothese mit ganz einfachen Ge-lenken bekommen wird. Und wie
erleich-tert er ist, als er erfährt, dass für ihn nach einigen
Tests mit verschiedenen Gelen-ken ein Helix-Gelenk in der Hüfte,
ein Ge-nium-Kniegelenk und ein Prothesenkorb aus Silikon ausgewählt
wurden.
Die Hüftprothese kann einen Großteil der fehlenden Muskulatur
ausgleichen und den Kraftaufwand beim Gehen redu-
24
gesundheit
etem 04.2015
-
Marvin imponiert seinem Reha-Berater mit seiner positiven
Energie: „Wie Marvin in die Zukunft blickt, sich Ziele setzt und
sie auch erreicht, lässt einfach niemanden kalt“, sagt Stefan Mayr
(li.).
Fußballspielen überlässt Marvin heute ande-ren. In der E-Jugend
ist er Betreuer und sonst aktiv bei der Landjugend.
zieren. Bei herkömmlichen Prothesen muss das Prothesenbein mit
der „gesun-den Seite“ stark angehoben werden, um bei Unebenheiten
am Boden nicht hän-gen zu bleiben.
Dem technikbegeisterten Marvin gibt das noch einmal einen
positiven An-schub, um eisern die mühevolle Gang-schulung und
Physiotherapie durchzuhal-ten, mit der bereits früh in der Klinik
be-gonnen wird. Aber nicht nur an seinem Gangbild arbeitet Marvin
in dieser Zeit. Sein Plan: So schnell wie möglich wieder an den
alten Ausbildungsplatz zurück-kehren. Ein wichtiger Teil davon:
eigen-ständig mobil sein. Auf dem Land bedeu-tet das, den
Führerschein zu machen. In der Enzensberger Reha-Klinik wird die
Möglichkeit dazu geboten. Marvin ergreift die Gelegenheit und
besteht mit 17 die Fahrprüfung.
Das Landratsamt stellt sich quer und verhindert die vorzeitige
Fahrerlaubnis.
Neustart der AusbildungDoch auch das bringt Marvin nicht davon
ab, seine Ausbildung fortzusetzen, die nach zwei Monaten durch den
Unfall jäh unterbrochen worden war. Um jeden Mor-gen zur
Ausbildungsstätte zu gelangen, gründet er mit einem Freund aus der
Azu-bi-Gruppe eine Fahrgemeinschaft.
Uwe Wälde, Ausbildungsleiter bei Mar-vins Arbeitgeber IMS Gear
GmbH, einem Zulieferer der Automotive Branche, unter-stützt Marvins
Engagement intensiv. „Na-türlich haben wir alle gehofft, dass er
zu-rückkehren kann, geglaubt habe ich es aber nicht“, sagt Wälde.
Er weiß, wie viel Spaß Marvin bereits in den ersten Mona-ten seiner
Mechatroniker-Ausbildung an den Tag gelegt hatte.
Für Marvin, der in seiner Freizeit leiden-schaftlich gern
Traktor fährt und repariert, sich ansonsten in der Landjugend
enga-giert, steht fest: „Ein Schreibtisch-Job wä-re für mich eine
echte Strafe.“ Er nutzt zwar gern Computer, aber seine Freizeit
verbringt er selten davor.
Passend machenAls Marvin gemeinsam mit seinem Reha-Berater,
seinem Ausbildungsleiter und einem Personalverantwortlichen von IMS
Gear zu einem Gespräch zusammen-kommt, wird allen Beteiligten klar,
was für ihn schon die ganze Zeit feststeht: Es gibt für ihn keine
Alternative zur Mechatroni-ker-Ausbildung. Das ist und bleibt
sein
Traumberuf. Andererseits ist allen klar, dass Marvin trotz des
positiven Heilungs-verlaufs mit seiner Prothese später nicht in der
Anlagenwartung eingesetzt werden kann. Denn dabei muss man auf
Maschi-nen „rauf- und runterklettern“.
Bei IMS Gear wird diskutiert, wie man Marvins Übernahme nach der
Ausbildung gestalten könnte. Das Ergebnis: Sein Ar-
beitsgebiet wird nicht in der Instandhal-tung, sondern im
Kleinmechanikbereich liegen. Im Prüflabor, beim Betriebsmittel-bau
oder auch in der Konstruktion beste-hen für Marvin gute
Möglichkeiten, sein technisches Talent unter Beweis zu stel-len.
„Wir schonen ihn nicht“, sagt sein Ausbildungsleiter. „Marvin mag
keine Ex- trawürste, aber Hilfe steht selbstverständ-lich immer
bereit.“
Als nicht einmal ein Jahr nach seinem Unfall eine Spanienreise
mit Freunden an-steht, ist Marvin dabei. „Ich bin schon vorsichtig,
probiere aber auch gern was aus“, sagt er und grinst.
Keine ExtrawurstAm Strand verzichtet er auf die Prothese. „Die
ist nicht in allen Bereichen wasser-dicht“, sagt er. Für solche
Fälle setzt er seine Krücken ein, auf denen er sich wie ein Tänzer
fortbewegen kann und auch viel schneller ist als mit der Prothese.
„Die Prothese möglichst viel zu tragen ist wichtig, aber auch
anstrengend.“ Das ist wie ein Trainingsprogramm und klappt zum
Beispiel beim Treppensteigen schon sehr gut – nur wenn ihm etwas
herunter-fällt, nimmt Marvin Hilfe gern an.
Und der Akku in der Prothese? „Das ist im Grunde wie beim
Handy“, erklärt Mar-vin. Bei 25 Prozent Restleistung meldet sich
der kleine Computer akustisch. „Wenn ich dann das Aufladen
vergesse, wird das Knie steif gestellt und bewegt sich nicht mehr.“
Corinna Kowald
Foto
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agesundheit
25etem 04.2015
-
Termin beim Kunden
? Unser Mitarbeiter hat sich bereit erklärt, trotz seiner
Elternzeit an einem Tag einen wichtigen Termin bei einem Kunden
wahrzunehmen. Wie steht es um den Ver- sicherungsschutz?Ist ein
Termin dienstlich veranlasst, stehen Beschäftigte grundsätzlich
unter dem Schutz der gesetzlichen Unfall-versicherung. Das gilt
auch, wenn sie sich zum Zeitpunkt des Termins in Elternzeit
befinden. Während der Eltern-zeit ist das Arbeitsverhältnis nicht
beendet oder aufge-löst. Es ruht lediglich. Entscheidend ist, dass
Beschäftigte in Elternzeit im be-trieblichen Interesse tätig
werden. Bei dienstlichen Ter-minen ist davon auszugehen, das dem so
ist. Bei priva-ten Interessen wäre der Versicherungsschutz nicht
gege-ben. Nach Ihrer Schilderung nimmt Ihr Mitarbeiter im
be-trieblichen Interesse an dem Kundentermin teil, folglich ist er
in dieser Zeit auch durch die BG versichert. Darin sind auch die
direkte Hin- und Rückfahrt zum Kunden eingeschlossen.
Versicherungsschutz in der Elternzeit
Zwischen Kind und KundenIn der Elternzeit ruht das
Arbeitsverhältnis. Doch was passiert, wenn man die Elternzeit kurz
unterbricht – für einen Kundentermin, eine Messe oder
Weiterbildung? Natürlich sind dabei die gesetzlichen Vorgaben, zum
Beispiel das Arbeitszeitgesetz und das Gesetz zum Elterngeld und
zur Elternzeit, zu beachten. BG ETEM-Expertin Ilka Mönch
beantwortet Fragen aus den Betrieben.
26
service
etem 04.2015
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Unbezahlt am Messestand
? Unsere Mitarbeiterin möchte während ihrer Elternzeit
unentgeltlich die Standbetreuung bei einer externen
Ausbildungsmesse wahrnehmen. Ist sie in diesem Fall versichert?Es
spielt keine Rolle, ob ihre Mitarbeiterin während der Elternzeit
unentgeltlich für Sie tätig wird oder ob Sie sie bezahlen.
Entscheidend ist etwas anderes: Versicherungsschutz kann dann
bestehen, wenn der Arbeitgeber ein betriebliches Interesse am
Engage-ment der Mitarbeiterin hat. Dies geht aus Ihrer Frage nicht
konkret hervor, kann jedoch aufgrund Ihrer Schilderung angenommen
werden.Sofern ein betriebliches Interesse an der Standbe-treuung
durch diese Mitarbeiterin vorhanden ist, be-steht
Versicherungsschutz durch die BG für diesen einen Tag. Darin sind
die Teilnahme selbst wie auch die direkte Hin- und Rückfahrt
einbezogen.Wie bei sonstigen Tätigkeiten kommt es also darauf an,
dass in Elternzeit befindliche Beschäftigte über-wiegend im
betrieblichen und nicht aus privatem In-teresse tätig werden.
Weiterbildung
? Wir haben Mitarbeiter, die in der Elternzeit Semi-nare
besuchen und dafür unbezahlt freigestellt wer-den. Die
Weiterbildung bezahlen wir, die Mitarbeiter absolvieren sie aber in
ihrer Freizeit. Beschäftigte können auch während der Teilnahme an
einer Weiterbildung versichert sein, wenn sie sich in Elternzeit
befinden – vorausgesetzt, die Weiterbil-dung erfolgt im
betrieblichen Interesse. Zu prüfen ist, ob das Seminar der
Weiterqualifizie-rung der Beschäftigten für ihre konkret ausgeübte
oder eine künftige berufliche Tätigkeit in Ihrem Be-trieb dient.
Oder geht es um ein überwiegend priva-tes Interesse ohne
betrieblichen Nutzen? Können Sie die erste Frage mit „Ja“ und die
zweite mit „Nein“ beantworten, besteht grundsätzlich
Versi-cherungsschutz. Darin wären die Teilnahme selbst wie auch die
direkte Hin- und Rückfahrt einbezogen.
→ infoSie haben Fragen zum Versicherungsschutz? Hier gibt es
Antworten: [email protected]
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service
etem 04.2015
mailto:reha%40bgetem.de?subject=
-
1. 2. 3.
Auch künftig wird es in der Unfallversi-cherung einen
summarischen Lohn-nachweis der Unternehmerinnen und Un-ternehmer
geben. Das steht mit Inkrafttre-ten des Fünften Gesetzes zur
Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
(5. SGB IV-ÄndG) fest.
Der Lohnnachweis bleibt, doch die Regeln ändern sich. Worauf die
Betriebe achten müssen.
Lohnnachweisverfahren
Neue Regeln
Die gesetzliche Unfallversicherung hatte sich stets dafür
eingesetzt. Das vom Bun-desministerium für Arbeit und Soziales
(BMAS) getragene Projekt „Optimiertes Meldeverfahren in der
sozialen Siche-rung“ (OMS) hat diesen Weg bestätigt. Al-lerdings
werden sich alle Beteiligten auf
Verfahrensänderungen vorbereiten müs-sen. Ab 2019 können die
Lohnnachweise nur noch elektronisch übermittelt werden.
Neuregelung und ÜbergangGrundlage des neuen elektronischen
Lohnnachweisverfahrens wird nicht der Datenbaustein
Unfallversicherung (DBUV) sein, den die Betriebe seit 2009 mit
ihren Entgeltmeldungen nach der Datenerfas-sungs- und
Übermittlungsverordnung (DEÜV) an die Einzugsstellen erstatten.
Dieses seinerzeit für die Prüfdienste der Rentenversicherung
konzipierte Ver-fahren, das auch für die Ablösung der summarischen
Lohnnachweise durch die Unternehmer genutzt werden sollte, hat sich
trotz aller zwischenzeitlichen Verbes-serungen nicht als sichere
und fehlerfreie
Unternehmerinnen und Unterneh-mer haben bereits ab 1. Januar
2016 für jeden in einem Kalenderjahr Be-schäftigten, der in der
Unfallversi-cherung versichert ist, zum 16. Feb-ruar des
Folgejahres im DEÜV-Ver-fahren eine „besondere Jahresmel-dung zur
Unfallversicherung“ (UV-Jahresmeldung) an die Einzugs-stellen zu
erstatten.Diese arbeitnehmerbezogene UV-Jahresmeldung ersetzt den
ab 1. Januar 2016 entfallenden DBUV. Die darin enthaltenen Angaben
sind ausschließlich für den Prüf-dienst der Rentenversicherung
be-stimmt.
Zur Unterstützung der Unterneh-merinnen und Unternehmer wer-den
die Strukturdaten zur Veranla-gung ihrer Unternehmen künftig in
einer Stammdatendatei, die von der DGUV (Deutsche Gesetzliche
Unfallversicherung e.V.) zum 1. Ja-nuar 2017 errichtet wird, zum
Ab-ruf zur Verfügung gestellt.Zur Qualitätssicherung wird so-wohl
für den zukünftigen elektro-nischen Lohnnachweis als auch für die
besondere Jahresmeldung vor Absenden der Meldung ein
automatisierter Abgleich mit den Daten dieser Datei durchgeführt.
So soll sichergestellt werden, dass nur Meldungen mit korrekten
Mitgliedsnummern und Gefahr- tarifstellen übermittelt werden.
Unternehmerinnen und Unterneh-mer haben zwar nach Ablauf eines
Kalenderjahres die Arbeitsentgelte der Versicherten und die
geleisteten Arbeitsstunden wie bisher mit ei-nem jährlichen
Lohnnachweis zu melden. Doch senden sie diesen Lohnnachweis ab 1.
Januar 2017 je-weils bis zum 16. Februar des Folge-jahres durch
elektronische Daten-übertragung an den zuständigen
Unfallversicherungsträger. Dazu müssen sie ein systemgeprüftes
Entgeltabrechnungsprogramm oder eine systemgeprüfte Ausfüllhilfe
nutzen. Werden Beiträge für Be-schäftigte nicht nach
Arbeitsentgel-ten berechnet, müssen die zur Be-rechnung
festgelegten Angaben ebenfalls im Rahmen des elektroni-schen
Verfahrens gemeldet werden.
Beim neuen elektronischen Lohnnachweisverfahren ist zu
beachten:
service
28 etem 04.2015
-
4.
Alternative für die Zukunft durchsetzen können.
Daher entfällt der DBUV als Bestandteil einer jeden
Entgeltmeldung zum 31. De-zember 2015. Stattdessen enthält das 5.
SGB IV-ÄndG Vorschriften für ein neues elektronisches
Lohnnachweisverfahren ab 2017 (UV-Meldeverfahren).
Für eine Übergangszeit bis Ende 2018 muss daneben der bewährte
summarische Jahreslohnnachweis der Unternehmer (zum Beispiel als
Papier-lohnnachweis oder im Extranet) beibehal-ten werden, um für
die elektronische Lösung eine ausreichende Erprobungs-phase zu
gewährleisten.
→ infowww.bgetem.de, Webcode 11104171
Für die Meldejahre 2016 und 2017 hat dies zur Folge, dass die
Unter-nehmerinnen und Unternehmer so-wohl den herkömmlichen
(Papier- oder Extranet-) Lohnnachweis als auch den neuen
elektronischen Lohnnachweis erstatten müssen. Nur so lässt sich
eine ausreichende Erprobung des neuen elektroni-schen
Lohnnachweisverfahrens und damit eine richtige und trans-parente
Beitragsberechnung in der Zukunft sicherstellen.
Foto
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etem 04.2015
#pp2016www.bgetem.de, Webcode 12746915
Bewerbungen bis 15. Januar 2016 an BG ETEM Stichwort
„Präventionspreis“, Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 Köln;
[email protected]
Zeit für IdeenSie verbessern Arbeitsabläufe? Sie sorgen für mehr
Sicherheit? Sie för-dern die Gesundheit Ihrer Beschäftig-ten? Dann
sind Sie hier richtig – beim Präventionspreis der BG ETEM. Zeigen
Sie uns Ihre Ideen und Konzepte und gewinnen Sie eines von sechs
Preisgeldern über 5.000 Euro. Am Ende winkt zusätzlich ein
Publikumspreis über 3.000 Euro. Neu: Die an einem prämierten
Beitrag beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter erhalten
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