Aus dem Institut für Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule Hannover Kurz- und mittelfristige Effekte der intermittierenden Applikation von humanem Parathormon hPTH (1-37) auf den Calcium-, Phosphor- und Knochenstoffwechsel beim Pferd INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN (Dr. med. vet.) durch die Tierärztliche Hochschule Hannover Vorgelegt von KRISTINA VON SCHEIDT aus Neunkirchen / Saar Hannover 2004
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Kurz- und mittelfristige Effekte der intermittierenden ... · konzentrischer Knochenlamellen (Havers-Lamellen) bilden ein Osteon. Diese Lamellen werden von parallel angeordneten kollagenen
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Aus dem Institut für Tierernährung
der Tierärztlichen Hochschule Hannover
Kurz- und mittelfristige Effekte
der intermittierenden Applikation
von humanem Parathormon hPTH (1-37)
auf den Calcium-, Phosphor- und Knochenstoffwechsel
beim Pferd
INAUGURAL-DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer
DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN
(Dr. med. vet.)
durch die Tierärztliche Hochschule Hannover
Vorgelegt von
KRISTINA VON SCHEIDT aus Neunkirchen / Saar
Hannover 2004
Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. M. Coenen
1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. med. vet. M. Coenen
2. Gutachter: Prof. Dr. sc. agr. Dr. habil. Dr. h.c. F. Ellendorff
Tag der mündlichen Prüfung: 25.Mai 2004
Meiner Familie
und Lars
Inhaltsverzeichnis
Kapitel Seite
I. Einleitung 13
II. Schrifttum 14
1 Funktion des Knochens 14
2 Arten des Knochengewebes 16
3 Struktur des Knochengewebes 17
4 Zusammensetzung des Knochens 18
5 Entwicklung des Knochens 23
6 Untersuchungsmethoden des Knochenstoffwechsels 27
6.1 Bildgebende Verfahren 27
6.2 Biochemische Verfahren 28
6.2.1 Marker der Knochenformation 28
6.2.2 Marker der Knochenresorption 31
6.3 Einflussfaktoren auf die Knochenmarker beim Pferd 34
6.3.1 Circadianrhythmik 34
6.3.2 Alter 34
6.3.3 Rasse und Typ 35
6.3.4 Geschlecht 35
6.3.5 Training 36
7 Calcium-Homöostase 39
7.1 Verteilung von Calcium im Körper 39
7.2 Rolle von Phosphor im Organismus 43
7.3 Parathormon 44
7.3.1 Biosynthese und Sekretion 44
7.3.2 Wirkungsmechanismus 45
7.3.3 Parathormon beim Pferd 50
7.4 Einflussfaktoren auf die Parathormonkonzentrationen beim Pferd 53
8 Erfahrungen in der PTH-Applikation 59
9 Zusammenfassung 65
III. Material und Methoden 66
1 Ziel des Versuches 66
2 Aufbau des Versuches 66
2.1 Überprüfung der Circadianrhythmik 66
2.2 Verträglichkeit der Applikation von hPTH 67
2.3 Kurz- und mittelfristige Effekte der täglichen hPTH-Applikation 67
3 Versuchstiere 68
3.1 Versuch zur Circadiarhythmik 68
3.2 Überprüfung der Verträglichkeit 69
3.3 Untersuchung der kurz- und mittelfristigen Effekte der hPTH-Gabe 70
4 Durchführung des Versuches 74
4.1 Versuch zur Circadianrhythmik 74
4.2 Versuch zur Verträglichkeit 75
4.3 Kurz- und mittelfristige Effekte der hPTH-Applikation 76
5 Probenaufbereitung 79
5.1 Blutproben 79
5.2 Harnproben 79
5.3 Kotproben 79
5.4 Futtermittelproben 80
6 Analyse biochemischer und endokrinologischer Parameter 81
6.1 pH-Wert 82
6.2 Ionisiertes Calcium 82
6.3 Gesamtcalcium 82
6.4 Anorganisches Phosphat/ Phosphor 83
6.5 Intaktes Parathormon 84
6.6 Carboxyterminales Telopeptid des Typ I-Kollagens (ICTP) 85
6.7 Carboxyterminales Propeptid des Typ I-Prokollagens (PICP) 86
6.8 Osteocalcin (OC) 87
7 Statistische Auswertung 89
8 Darstellung der Ergebnisse 90
IV. Ergebnisse 91
1 Circadiane Rhythmik und postprandiale Effekte 91
1.1 Intaktes Parathormon 91
1.2 Osteocalcin 92
1.3 Carboxyterminales Propeptid des Typ I-Prokollagens (PICP) 93
1.4 Carboxyterminales Telopeptid des Typ I-Kollagens (ICTP) 94
1.5 Gesamtcalcium 95
1.6 Ionisiertes Calcium 96
1.7 Anorganisches Phosphat 97
2 Untersuchung zur Verträglichkeit von hPTH (1-37) 98
2.1 Verträglichkeit von hPTH (1-37) in Bezug auf Veränderungen im
Allgemeinbefinden und lokale Reaktionen auf die Injektion 98
2.2 Intaktes Parathormon 98
2.3 Osteocalcin 100
2.4 Carboxyterminales Propeptid des Typ I-Prokollagens (PICP) 101
2.5 Carboxyterminales Telopeptid des Typ I-Kollagens (ICTP) 102
2.6 Gesamtcalcium 103
2.7 Ionisiertes Calcium 104
2.8 Anorganisches Phosphat 105
3 Kurz- und mittelfristige Effekte der hPTH-Applikation 106
3.1 Intaktes Parathormon 106
3.2 Osteocalcin 108
3.3 Carboxyterminales Propeptid des Typ I-Prokollagens (PICP) 110
3.4 Carboxyterminales Telopeptid des Typ I-Kollagens (ICTP) 113
3.5 Gesamtcalcium 116
3.6 Ionisiertes Calcium 119
3.7 Anorganisches Phosphat 124
3.8 Calcium-Bilanz 126
3.9 Phosphor-Bilanz 128
3.10 Übersicht über die behandlungsbedingten Veränderungen
der gemessenen Parameter im Blut 131
V. Diskussion 133
1 Kritik der Methoden 133
1.1 Pferde, Fütterung, Haltung 133
1.2 Versuchsdurchführung 138
1.3 Auswahl der Untersuchungsparameter 142
2 Diskussion der Ergebnisse 144
2.1 Circadiane Rhythmik und postprandiale Kinetik 144
2.2 Regulation des Ca-P-Haushaltes unter PTH-Applikation 149
2.3 Einfluss der hPTH-Gabe auf Ca, P, PTH und Knochenmarker im Blut als
Indikatoren für den Knochenstoffwechsel 154
3 Abschließende Betrachtungen 163
VI. Zusammenfassung 164
VII. Summary 168
VIII. Literaturverzeichnis 171
IX. Anhang 210
Abkürzungsverzeichnis
AP Alkalische Phosphatase
ATP Adenosin-Triphosphat
ATPase Adenosin-Triphosphatase
BAP Bone-specific Alkaline Phosphatase
Ca Calcium
Cae2+ extrazelluläre Calciumionen
Cai2+ intrazelluläre Calciumionen
CaR Calcium-sensitive Rezeptoren
Cbfa1 Core binding factor alpha
Cl- Chlorid-Anionen
CTx C-terminales Desoxypyridinolin
DE Digestable Energy
D-Pyr Desoxypyridinoline
EDTA Ethyldiamintetracetat
ELISA Enzyme-Linked Immun-Sorbent-Assay
FGF Fibroblast Growth Factor
GABA Gamma-Amino-Buttersäure
GH Wachstumshormon
H+ Wasserstoff-Ionen
HPLC High Pressure Liquid Chromatography
HPTH humanes Parathormon
I Jod
ICTP Carboxyterminales Telopeptid des Typ I-Kollagens
quantitative Computertomographie, konventionelles und digitales Röntgen, Messung der
Ultraschalltransmissionsgeschwindigkeit und Single- oder Dual-Röntgen-Absorptiometrie
Anwendung.
Beim Pferd steht vor allem das konventionelle bzw. digitale Röntgen im Vordergrund,
aber auch die Ultrasonographie wird häufig in der Diagnostik angewendet.
II Schrifttum
28
6.2 Biochemische Verfahren
Durch die ständigen Umbauvorgänge am und im Knochen kommt es zur Ausschüttung
der als Knochenmarker bezeichneten Substanzen. Dies sind u.a. Enzyme der im Knochen
befindlichen Zellen und Matrixkomponenten, die während der Umbauvorgänge in den
Blutkreislauf abgegeben werden (PRICE 1998). Bei diesen biologischen Prozessen
nehmen die sich in den Knochen befindlichen Osteoblasten, Osteozyten und Osteoklasten
eine zentrale Stellung ein (SEIBEL et al. 1993).
Unterschieden wird bei den Knochenmarkern in charakteristische Marker des
Knochenaufbaus, sogenannte Formationsmarker, und Marker des Knochenabbaus, die
sogenannten Resorptionsmarker. Da sie die momentane Stoffwechsellage des Knochens
widerspiegeln, kann ihre Kombination Auskunft über derzeit am Knochen ablaufende
Vorgänge geben (DELMAS 1995).
Der Knochenstoffwechsel lässt sich einfach und nicht-invasiv durch Messung von
Knochenmarkern verfolgen (DELMAS 1995), was ein steigendes Interesse für den
Einsatz von Knochenmarkern bei Pferden weckt.
Seit einiger Zeit hat sich in der Forschung die Anwendung der Messung von
Knochenmarkern in Blut und Urin bei Pferden etabliert. Dazu wurde die Verwendbarkeit
von vielen primär humanmedizinisch angewandten Assays bei Pferden überprüft und
bestätigt (PRICE 1998). Es existieren aber noch keine pferdespezifischen Tests mit
entsprechend homologen Antikörpern.
6.2.1 Marker der Knochenformation
• Osteocalcin (bone gla protein)
Osteocalcin ist ein nicht-kollagenes Protein der Knochenmatrix, welches aus 49
Aminosäureresten aufgebaut ist und ein Molekulargewicht von 5800 Dalton besitzt. Die
Bildung von Osteocalcin durch Osteoblasten wird durch 1,25-Dihydroxy-Vitamin D
kontrolliert und seine posttranslationale Modifikation ist Vitamin K-abhängig (SEIBEL et
al. 1993).
II Schrifttum
29
Osteocalcin vermag nach Modifikation an drei Stellen durch die Aminosäure γ-
Carboxyglutaminsäure Hydroxylapatit in der extrazellulären Matrix zu binden, wodurch
ihm eine wichtige Rolle bei der Mineralisation der Knochenmatrix zukommt (SEIBEL et
al. 1997b).
Die Synthese von Osteocalcin erfolgt ausschließlich von Osteoblasten in der Phase der
Matrixmineralisation, und aus diesem Grund dient es als spezifischer Marker für die
osteoblastische Aktivität und Ossifikationsstörungen. Etwa 80% des neu synthetisierten
Osteocalcins werden direkt nach der Freisetzung in die Knochenmatrix eingebaut, das
verbleibende Osteocalcin gelangt in die Blutzirkulation und ist dort immunoquantitativ
nachweisbar (SEIBEL et al. 1993). Osteocalcin unterliegt im Blut zum Teil einer
Proteolyse, so dass intaktes Osteocalcin wie auch verschiedene Fragmente von
Osteocalcin auftreten (GUNDBERG und WEINSTEIN 1986). Zusätzlich vermuten
GUNDBERG et al. (2000) auch Osteoblasten selbst als Quelle für Osteocalcin-
Fragmente.
Die Plasma-Halbwertszeit von Osteocalcin beträgt beim Menschen etwa 20 Minuten. Die
Hauptausscheidung findet in der Niere durch glomeruläre Filtration und Degradation statt.
• Propeptide des Typ-I-Kollagens
Von den Osteoblasten wird eine Vorstufe des Typ-I-Kollagens, das sogenannte
Prokollagen vom Typ I, synthetisiert. Diese Vorstufe verhindert durch Verlängerung des
eigentlichen Typ-I-Kollagens mit sogenannten Propeptiden am carboxyterminalen (PICP)
sowie am aminoterminalen Ende (PINP) eine vorzeitige Aggregation zu
Kollagenfibrillen. Zur Aktivierung des Prokollagens zu Kollagen werden die an den
Enden befindlichen Propeptide durch spezifische extrazelluläre Endoproteinasen
abgespalten und in die Zirkulation freigesetzt. Diese Propeptide können zur quantitativen
Bestimmung der Kollagen-Typ-I-Synthese herangezogen werden, da sie in direktem
Verhältnis (1:1) zu dem neugebildeten Typ-I-Kollagen stehen (SEIBEL et al. 1993).
II Schrifttum
30
Carboxyterminales Propeptid vom Typ-I-Kollagen (PICP)
PICP ist ein globuläres Glykoprotein aus drei Polypeptidketten, das durch Disulfid-
Brücken stabilisiert wird und ein Molekulargewicht von etwa 100000 Dalton besitzt. Es
hat eine Halbwertszeit von 6-8 Minuten und wird in den Endothelzellen der Leber durch
eine Mannose-6-Phophatase-Rezeptor-vermittelte Endozytose aufgenommen
(SMEDSRØD et al. 1990). Ist PICP einmal sezerniert, kann es nicht mehr für den
weiteren Knochenaufbau genutzt werden.
Aminoterminales Propeptid vom Typ-I-Kollagen (PINP)
PINP ist ein teils globuläres, teils tripel-helikales Protein mit einem Molekulargewicht
von ungefähr 35000 Dalton. Es zirkuliert hauptsächlich als intaktes trimeres Molekül,
aber vereinzelt können auch Monomere auftreten (BRANDT et al. 1999). Das intakte
Molekül wird durch Vermittlung über Rezeptoren in den Endothelzellen der Leber
aufgenommen (KIVIRRIKO und MYLLYLA 1980).
Da PINP zum Teil wieder in die Knochenstruktur eingebaut wird, ist es als Marker nicht
so zuverlässig wie PICP.
Beim Pferd ist PINP als Knochenformationsmarker nicht etabliert.
• Alkalische Phosphatase (AP)
Die AP gehört zu einer Gruppe von membranständigen Enzymen (LOW und SALTIEL
1988) und ist ubiquitär verteilt, wobei aber die Kohlenhydrat-Seitenketten des Enzyms
jeweils gewebsspezifische Unterschiede aufweisen (WEISS et al. 1988). Durch
kommerzielle Testkits ist eine selektive Messung der jeweiligen Isoenzyme möglich. Der
größte Teil der AP ist in der Leber und im Knochen zu finden.
II Schrifttum
31
Die knochenspezifische alkalische Phosphatase wird von den Osteoblasten produziert und
ist auf deren Plasmamembran verankert. Durch Spaltung kristallisationshemmender
Pyrophosphate kann sie wahrscheinlich eine Störung der Calciumphosphat-Anlagerung
unterbinden und somit die Matrixmineralisation fördern (RISTELI und RISTELI 1993).
Nach einer gewissen Zeit wird das Enzym von der Plasmamembran abgelöst und in die
Blutzirkulation freigesetzt (CHRISTENSON 1997), wo es nach einer Halbwertszeit von
einer Stunde bis 7 Tagen durch die Leber eliminiert wird (DELMAS 1988).
6.2.2 Marker der Knochenresorption
• Carboxyterminales Telopeptid des Typ-I-Kollagens (ICTP)
Das quervernetzte, aus reifen Typ-I-Kollagenfasern stammende Peptid ICTP enthält eine
mehrwertige Kollagen-Quervernetzung und daran angrenzende Peptidstücke aus drei
Polypeptidketten. Das Molekulargewicht von ICTP beträgt 12000 Dalton.
Es wird als immunologisch intaktes Fragment beim Abbau von Knochen-Kollagen vom
Typ I in die Zirkulation abgegeben und kann als Serumvorläufer der urinären Kollagen-
Crosslinks angesehen werden (ERIKSEN et al. 1993). Gegenüber dieser Crosslinks
besitzt ICTP jedoch einen Vorteil bezüglich der Peptidstruktur, da diese noch
Informationen über den herkünftlichen Kollagentyp trägt (ELOMAA et al. 1992). Der
Marker ist demzufolge knochenspezifisch. Die Elimination des Markers erfolgt über die
Niere, wobei vermutlich ein Teil der Substanz rückresorbiert wird (ERIKSEN et al.
1993). Liegt in einem Organismus ein veränderter Knochenumsatz vor, so korreliert die
Serumkonzentration von ICTP mit der histomorphometrisch gemessenen
Resorptionsgeschwindigkeit (ERIKSEN et al. 1993). Dabei steht die molare Menge der
abgebauten Typ-I-Kollagen in einem direkten Verhältnis von 1:1 zu der molaren Menge
des freigesetzten ICTP-Antigens.
II Schrifttum
32
• Kollagen-Crosslinks (Pyridinolin und Desoxypyridinolin)
Während der Kollagenreifung werden Pyridinolin und Desoxypyridinolin als
Querverbindungen (Crosslinks) gebildet. Sie sind ringförmige 3-Hydroxy-Pyridinium-
derivate und sorgen für die Stabilität und Elastizität der Kollagenstruktur. Ihre
Lokalisation ist intermolekular zwischen den tripelhelikalen Bereichen der
Kollagenmoleküle, und sie sind mit den helikalen Bereichen anderer Kollagenmoleküle
verbunden (FUJIMOTO et al. 1978).
Bei der Knochenmatrixresorption werden die Kollagenmoleküle proteolytisch gespalten,
so dass im Zuge der Abbauvorgänge die Quervernetzungen in die Zirkulation freigesetzt
werden. Da Pyridinolin und Desoxypyridinolin nicht metabolisiert werden, sondern zu
40% frei und zu 60% peptidgebunden in der Niere filtriert und ausgeschieden werden,
können sie im Urin nachgewiesen werden (ROBINS et al. 1995). Der Nachweis erfolgt
mittels einer HPLC oder Enzymimmunoassays (ELISA) (RISTELI und RISTELI 1993).
Diese Marker sind spezifisch für reifes Kollagen, ihre Konzentration kann also nicht durch
die Kollagensynthesevorgänge beeinflusst werden. Obwohl Pyridinolin und
Desoxypyridinolin nicht nur im Kollagen des Knochens, sondern auch in den Kollagenen
verschiedener anderer Gewebearten zu finden sind, scheint ihre Urinexkretion
vornehmlich die Knochenresorption widerzuspiegeln (RISTELI und RISTELI 1993).
• Hydroxyprolin
Hydroxyprolin ist eine Aminosäure, die etwa 13% des gesamten Aminosäure-Gehaltes des
ausgereiften Kollagens darstellt (PROCKOP et al. 1979). Sie entsteht intrazellulär durch
posttranslationale Hydroxylierung von Prolin, kann aber auch durch den Darm aus der
Nahrung resorbiert werden (RISTELI und RISTELI 1993).
Ihre Freisetzung in die Zirkulation erfolgt während des Abbaus von Kollagen. In der
Leber werden 90% des freigesetzten Hydroxyprolins zu Harnstoff und Kohlendioxid
umgewandelt, die restlichen peptidgebundenen 10% werden in der Niere glomerulär
filtriert und über den Harn ausgeschieden. Dabei stammt ein nicht unwesentlicher Anteil
auch aus dem Abbau neusynthetisierter Kollagene (LOWRY et al. 1985).
II Schrifttum
33
Hydroxyprolin ist aufgrund seiner verschiedenen Quellen und Stoffwechselwege ein
relativ unspezifischer Knochenmarker und kann nur als ungenauer Parameter zur
Bestimmung der Knochenresorptionsrate herangezogen werden (DELMAS 1993).
• Hydroxylysinglykoside
Dem Hydroxyprolin bezüglich der Herkunft ähnliche Aminosäuren sind die
Hydroxylysine, die meist als Glykosid-Derivate (Glukosyl-Galaktosyl-, bzw. Galaktosyl-
Hydroxylysin) vorliegen (CUNNINGHAM et al. 1967). Auch sie werden bei der
posttranslationalen Phase der Kollagensynthese gebildet und als Bestandteil des
Kollagenmoleküls in die Knochenmatrix eingebaut. Beide werden wie Hydroxyprolin
nach Degradation des Kollagens nicht wieder für dessen Neusynthese verwendet, sondern
in die Zirkulation abgegeben und über die Niere eliminiert (KRANE et al. 1977). Sie
können im Urin mittels HPLC quantitativ bestimmt werden, haben sich aber bis heute
wenig als Knochenresorptionsmarker etablieren können.
• Tartratresistente Saure Phosphatase (TRAP)
Im Plasma vorkommende saure Phosphatase stammt vorwiegend aus dem Knochen, der
Prostata und den blutbildenden Organen. Sechs Isoenzyme der sauren Phosphatase wurden
mittels Elektrophorese im menschlichen Körper identifiziert (YAM 1974), wobei für den
Knochen das tartratresistente Isoenzym charakteristisch ist. Die TRAP ist ein lysosomales
Enzym der Osteoklasten (KRAENZLIN et al. 1990). Während der Resorption von
Knochen und bei der Ablösung der Osteoklasten von der Oberfläche wird es in die
Zirkulation abgegeben. Eine Induktion der Ausschüttung geschieht durch Parathormon
und 1α,25-dihydroxyvitamin D3 (MINKIN 1982).
Die TRAP-Aktivität im Blut spiegelt die Knochenresorptionsrate wider (YAM 1974).
Gemessen werden kann diese Aktivität kolorimetrisch und neuerdings mittels
Immunoassays, in denen aus einem Knochenextrakt gewonnene TRAP-Antikörper
verwendet werden (HALLEEN et al. 2000).
II Schrifttum
34
6.3 Einflussfaktoren auf die Knochenmarker beim Pferd
6.3.1 Circadianrhythmik
LEPAGE et al. (1991) untersuchten die Circadianrhythmik von Osteocalcin bei neun
Warmblutpferden im Alter zwischen zwei und siebzehn Jahren, die dem natürlichen
Tageslicht ausgesetzt waren und denen stündlich Blutproben entnommen wurden. Dabei
zeigte sich ein diurnaler Verlauf von Osteocalcin mit einem Peak gegen 5:00 Uhr und
einem Tiefpunkt um 20:00 Uhr, während die Werte im Laufe des Tages relativ konstant
waren. Diesen biphasischen Verlauf bestätigten BLACK et al. (1999) in ihren
Untersuchungen. HOPE et al. (1993) und GEOR et al. (1995) konnten in ihrer Studie an
Pferden, die bei künstlicher Beleuchtung gehalten wurden, keinen tageszeitlichen Verlauf
erkennen. In einer Studie beim Pferd wurden diurnale Schwankungen bei den Kollagen-
Crosslinks mit maximalen Werten in den frühen Morgenstunden beobachtet (BLACK et
al. 1999).
6.3.2 Alter
Die Osteocalcin-Konzentration nimmt bei Pferden mit dem Alter ab, was LEPAGE et al.
(1998) in einer Untersuchung zeigten. Auch bei der Untersuchung der
knochenspezifischen alkalischen Phosphatase (BAP) konnten altersabhängige
Unterschiede beobachtet werden. Bei Jährlingen wurden dabei die höchsten BAP-Werte
gemessen. Sie machten hier etwa 60% der Gesamtaktivität der AP aus, während sie ab
dem fünften Lebensjahr nur noch ein Fünftel der AP-Aktivität ausmachten.
Ähnliche Daten zur AP ermittelten auch BREIDENBACH et al. (1998), LEPAGE et al.
(1990) und KANK et al. (1993) in ihren Studien. Bei Pyridinolin und Desoxypyridinolin
wurde in weiteren Untersuchungen (PRICE et al.1992, BLACK et al. 1999) eine
umgekehrte Abhängigkeit zwischen dem Alter der Tiere und den Serumkonzentrationen
II Schrifttum
35
der Knochenmarker entdeckt. Dies wurde seitens der Autoren als Reduktion der
Knochenformationsrate interpretiert. Am deutlichsten waren die Veränderungen im
Verlauf der ersten 24 Lebensmonate festzustellen (LEPAGE et al. 1990).
6.3.3 Rasse und Typ
Rassebedingte Unterschiede konnten LEPAGE et al. (1998) bei der Konzentration von
Osteocalcin und ICTP zwischen Warmblütern (Schweizer und Belgisches Warmblut) und
Kaltblütern (Freiberger und Ardenner) nicht ermitteln, wohl aber Unterschiede bezüglich
des Typs. Die Warmblüter hatten gegenüber den Kaltblütern einen höheren Osteocalcin-
Spiegel, wohingegen sich in Bezug auf ICTP ein gegensätzliches Verhalten zeigte.
LEPAGE et al. stellten im Rahmen ihrer Studien (1992, 1997, 1998) fest, dass das
Verhältnis von Osteocalcin zu ICTP (OC:ICTP) ein besserer Indikator für subklinische
pathologische Vorgänge zu sein scheint, da das Verhältnis unabhängig von Alter und
Geschlecht ist.
6.3.4 Geschlecht
LEPAGE et al. (1992, 1998) konnten keinen Einfluss des Geschlechts auf die
Osteocalcinkonzentrationen nachweisen, während CHIAPPE et al. (1999) einen
signifikanten Unterschied der Osteocalcin-Konzentrationen von männlichen und
weiblichen Vollblutpferden nach der Geschlechtsreife bemerkt haben. Die ICTP-
Konzentration erwies sich als geschlechtsunabhängig (LEPAGE et al. 1998).
II Schrifttum
36
6.3.5 Training
Unterschiedliche Trainingsintensität beeinflussten ebenfalls die Osteocalcin-Werte.
NIELSEN et al. (1998) untersuchten den Einfluss des Trainingsbeginns bei jungen
Rennpferden auf den Knochenstoffwechsel und stellten verminderte Osteocalcin-
Konzentrationen bis 42 Tage nach Trainingsbeginn fest, die dann bis zum Tag 112 der
Studie wieder deutlich anstiegen.
Tabelle 4 gibt einen Überblick über die Konzentrationen verschiedener
Knochenformations- und -resorptionsmarker beim Pferd in Relation zu Alter und
Geschlecht.
Tabelle 4a: Konzentration verschiedener Knochenmarker in Abhängigkeit von Alter
und Geschlecht beim Pferd
Marker Alter
(Jahre) Geschlecht Werte Literaturquelle
< 1
1,5–2,5
3,5-20
w
w
w
47,3
35,7
6,7
±
±
±
10,1
14,2
3,9
LEPAGE et al.
(1990)
< 0,5
0,5-1,5
1,5-2
2-3
3-5
w/m
52,9
36,9
33,6
25,5
15,8
±
±
±
±
±
7,6
6,8
7,3
6,4
4,2
LEPAGE et al.
(1992)
2-9 w/m 13,38 ± 7,72 LENSING (1998)
0,5
1,5
m
m
40,6
12,8
±
±
5,9
2,0
BLACK et al.
(1999)
2 w/m 52 ± 8 WEDEMEYER
(2000)
Osteocalcin
(ng/ml) im
Plasma/
Serum
2 w/m 27 ± 6 ZAMHÖFER
(2002)
II Schrifttum
37
Tabelle 4b: Konzentration verschiedener Knochenmarker in Abhängigkeit
von Alter und Geschlecht beim Pferd
Marker Alter
(Jahre) Geschlecht Werte Literaturquelle
<1
1-2
3-4
5-20
w
w
w
w
223
134
101
91
-
-
-
-
498
238
203
352
PRICE et al.
(1995a) PICP (µg/l)
im Plasma/
Serum
2-9 w/m 492,64 ± 172,23 LENSING 1998
<1
1-2
3-4
5-20
w
w
w
w
134
32,7
25,1
13,0
-
-
-
-
288
125
70,0
46,9
PRICE et al.
(1995a)
(Monate)
0,5
2,0
3,5
24
m
w
w
w
214,3
294,5
102,7
48,4
±
±
±
±
9,8
9
7,8
0,8
HOYT und
SICILIANO (1999)
BAP (U/l)
im Plasma/
Serum
2-9 w/m 30,85 ± 6,65 LENSING (1998)
<1
1-2
3-4
5-20
w
w
w
w
13,7
7,9
5,6
0,0
-
-
-
-
26,7
22,8
15,3
9,1
PRICE et al.
(1995a)
2-9 w/m 14,44 ± 6,22 LENSING (1998)
4
5-14
5,39
3,23
-
-
14
12,6
LEPAGE et al.
(1998)
2 w/m 13,2 ± 1,6 WEDEMEYER
(2000)
ICTP (µg/l)
im Plasma/
Serum
2 w/m 12,1 ± 0,7 ZAMHÖFER
(2002)
II Schrifttum
38
Tabelle 4c: Konzentration verschiedener Knochenmarker in Abhängigkeit von
Alter und Geschlecht beim Pferd
Marker Alter
(Jahre) Geschlecht Werte Literaturquelle
Pyd
(nmol/mmol
Crea) im
Harn
2-9
w/m
521 ± 236 LENSING (1998)
0,5
1,5
m
m
148,0
15,5
±
±
14,3
2,0
BLACK et al.
(1999)
Dpyd
(nmol/mmol
Crea) im
Harn
0,5
1,5
m
m
29,1
3,2
±
±
3,4
0,5
BLACK et al.
(1999)
II Schrifttum
39
7 Calcium-Homöostase
Der Spiegel an extrazellulären Calciumionen (Cae2+) wird in Säugetieren von
homöostatischen Mechanismen, welche die Nebenschilddrüsen, die Calcitonin-
sezernierenden C-Zellen der Schilddrüse, die Nieren, den Knochen und das Intestinum
einschließen, überwacht und reguliert (BROWN 1991, BRINGHURST et al. 1998). Ein
Schlüsselelement dieses Systems sind Zellen, die eine geringe Abweichung des Cae2+-
Gehalts wahrnehmen und eine Gegenregulation veranlassen können (BROWN 1991).
Diese Zellen sind die sogenannten Calcium-Rezeptoren (CaR).
7.1 Verteilung von Calcium im Körper
Calcium ist im Organismus extrazellulär wie auch intrazellulär zu finden. Bei Säugetieren
wird der Spiegel an extrazellulärem ionisiertem Calcium (Cae2+) in einem relativ engen
Rahmen gehalten (BROWN 1991, BRINGHURST et al. 1998). Dies garantiert eine
ständige Verfügbarkeit von Calciumionen zur Erfüllung ihrer extrazellulären Aufgaben,
wie z. B. die Funktion als Co-Faktor für Gerinnungsfaktoren, Adhäsionsmoleküle und
andere Proteine sowie die Kontrolle der neuronalen Erregbarkeit (BROWN 1991).
Vielmehr formen die Calcium- und Phosphor-Salze die Mineralkomponente des
Knochens, die ein stabiles Gerüst, das die inneren Organe schützt und Bewegungen
ermöglicht, bildet. Das Knochengerüst agiert zusätzlich im Falle einer unzureichenden
nutritiven Zufuhr als Reservoir dieser Ionen (BRINGHURST et al. 1998).
Im Gegensatz zu extrazellulären Calciumionen wird der Spiegel an intrazellulären
Calciumionen (Cai2+) in einem wesentlich größeren Bereich reguliert (POZZAN et al.
1994).
Der Cae2+-Spiegel in der unmittelbaren Umgebung des Knochens variiert mit den
Umbauprozessen des Knochens durch die abbauenden Vorgänge der Osteoklasten und die
wiederherstellende Funktion der Osteoblasten (BRINGHURST et al. 1998).
II Schrifttum
40
In vitro wurde Cae2+ eine große Wirkungsvielfalt auf die Knochenzellen zugeordnet. Ein
hoher Cae2+-Gehalt stimuliert die Parameter osteoblastischer Vorgänge, was ihre
beschleunigte Bereitstellung an Orten zukünftigen Knochenaufbaus zur Folge hat
(QUARLES 1997, YAMAGUCHI et al. 1999). Zusätzlich unterdrückt ein hoher Cae2+-
Gehalt die Bildung und Aktivität von Osteoklasten in vitro (KANATANI et al. 1999,
ZAIDI et al. 1999). Gleichzeitig stimuliert eine erhöhte Calcium-Konzentration die
Sekretion von Calcitonin (CT) (BROWN 1991, MC GEHEE et al. 1997, BRINGHURST
et al. 1998).
Die physiologische Konzentration an ionisiertem Calcium im Vollblut variiert beim Pferd
zwischen 1,4 bis 1,9 mmol/l, die physiologische Konzentration an Gesamtcalcium
befindet sich in einem Referenzbereich zwischen 2,5 und 3,4 mmol/l (KRAFT und DÜRR
1999).
Funktion und Aufgaben von Calciumionen
Cai2+ nimmt eine zentrale Position in der Regulation zellulärer Vorgänge, wie zum
Beispiel von Muskelkontraktion, Zellbeweglichkeit, -differenzierung und –proliferation,
Sekretion von Hormonen und der Apoptose ein (PIETROBON et al. 1990).
Die extrazellulären Calciumionen im Blut erfüllen die Aufgaben eines vielseitigen first
messenger und wirken in vielen Fällen über den Calcium-sensitiven Rezeptor (CaR)
(BROWN et al. 1999).
Knorpelzellen (Chondrozyten) nehmen nicht aktiv am Calcium-Stoffwechsel teil, haben
aber große Bedeutung durch die Bildung eine Knorpelmodells des künftigen Knochens,
das progressiv durch Knochensubstanz ersetzt wird. Die Verfügbarkeit von Calcium ist
dabei zur Sicherstellung eines korrekten Wachstums und der Differenzierung der
Chondrozyten und somit auch des Knochenwachstums essentiell (REGINATO et al. 1993,
JACENKO u. TUAN 1995).
II Schrifttum
41
Aufnahme von Calcium Das Intestinum besetzt beim Menschen eine Schlüsselposition in der Calcium-Homöostase durch die Wirksamkeit der Kapazität für die kontrollierte Aufnahme von Calcium aus der Nahrung. Diese Aufnahme wird von 1,25-dihydroxy-Vitamin D3
(1,25(OH)2D3, Calcitriol, Vitamin D-Hormon), dem am häufigsten natürlich vorkommenden Metaboliten von Vitamin D (BROWN 1991, BRINGHURST et al. 1998), gesteuert. Das Duodenum ist hierbei der Hauptort für 1,25(OH)2D3-vermittelte Calciumionen-Absorption durch aktive Transzytose, die durch das Vitamin D-abhängige calciumbindende Protein Calbindin gefördert wird. Jejunum und Ileum absorbieren weitaus weniger Calciumionen als der Zwölffingerdarm, sezernieren gleichzeitig aber auch Calciumionen, wobei Fettsäuren und Gallensäuren unter Bildung von unlöslichen „Calcium-Seifen“ gebunden werden. Damit sollen mögliche schädliche Einflüsse der freien Fettsäuren und der Gallensäuren auf die Colon-Epithelzellen abgeschwächt werden (BROWN 2002). HARMEYER et al. (2001) vermuten, dass bei Equiden die aktive Absorption von Calciumionen aus den Ingesta im Vordergrund steht, da zwischen Blut-Calcium-Konzentration und Konzentration der Calciumionen in den Darmabschnitten ein starkes Gefälle in Richtung Darmlumen existiert. Bei Pferden und Kaninchen wurde nachgewiesen, dass diese Tierarten auch in der Lage sind, einen Calcium-Überschuss aufzunehmen, wobei eine Regulation des Calciumgehaltes im Blut dann über die Niere erfolgt (CUDDEFORD et al. 1990, NORRIS et al. 2001). Andere Tierarten und der Mensch scheiden das überschüssige Calcium mit dem Kot aus. Speicherung von Calcium Erhöht sich der Calciumionenspiegel im Blut, wird in der Schilddrüse Calcitonin sezerniert (COPP et al. 1962). Calcitonin verfügt u.a. über Rezeptoren im Magen-Darm-Trakt, Knochen und der Niere, so dass alle für den Calciummetabolismus wichtigen Organe direkt von Calcitonin beeinflusst werden können. Zur Verhinderung einer Hypercalcämie bewirkt Calcitonin die verstärkte Einlagerung von Calcium in die Knochensubstanz und eine erhöhte renale Exkretion von Calcium, um so den extrazellulären Calciumspiegel zu senken (WARSHAWSKY et al. 1980).
II Schrifttum
42
Ausscheidung von Calcium
Der Hauptausscheidungsweg von Calcium ist beim Menschen und Säugetieren renal, was
durch direkte Wirkung von Calcitonin auf die Niere gesteuert wird (WARSHAWSKY et
al. 1980). Die Rückresorption von Calciumionen in den Tubuluszellen wird verringert, so
dass vermehrt Calcium über den Harn ausgeschieden werden kann.
Eine Übersicht über den Calciummetabolismus beim Pferd gibt Abbildung 3.
Calciumaufnahme:34g
Ausscheidung mit Kot:18,5g
Darm
Absorption:23,5g
Fäcale endogeneAusscheidung:
8g
Ca Pool(Plasmacalcium)
110-130 mg/lMuskel Knochen
Deposition:41,5g
Resorption:31,5g
Niere
Ausscheidung mit dem Harn:5,5g
Abbildung 3: Calciummetabolismus eines jungen Pferdes (Gewicht 500 kg,
Mengenangaben pro Tag) (modifiziert nach SCHRYVER et al. 1978
und BRONNER 1993)
II Schrifttum
43
7.2 Rolle von Phosphor im Organismus
Phosphor nimmt eine wichtige Position in der Zellphysiologie und in der
Skelettmineralisierung ein. Es dient als Baustein der Nukleinsäuren und von
Hydroxyapatit, ist Quelle des hoch-energetischen Phosphates in Adenosintriphosphates
(ATP), ein essentielles Element der Phospholipide in Zellmembranen und ein Faktor, der
eine Reihe enzymatischer Reaktionen und Proteinfunktionen beeinflusst. Der größte
Anteil des im Körper enthaltenen Phosphors befindet sich im Knochen, weniger als 1% ist
in der extrazellulären Flüssigkeit zu finden. Seine Regulation bewegt sich in einem
äußerst engen Rahmen und hängt hauptsächlich von der gastrointestinalen Absorption und
der renalen Exkretion ab. Der Großteil des mit der Nahrung aufgenommenen Phosphors
wird im vorderen Darmabschnitt, vorwiegend im Jejunum und Ileum, als anorganisches
Phosphat absorbiert (WALLING 1977). Absorbierter Phosphor wird durch komplexe
Regulationsmechanismen als organische Verbindung in proliferierende Zellen
inkorporiert, als Bestandteil des Knochenminerals in Form von Hydroxyapatit eingelagert
oder zum größten Teil über die Niere ausgeschieden. Die Phosphor-Homöostase hängt
hauptsächlich von renalen Mechanismen, die den tubulären Phosphattransport regulieren,
ab. Die Niere ist für Veränderungen des Serumgehaltes oder der ernährungsbedingten
Aufnahme direkt zugänglich. Die renale Anpassung wird von dem Gleichgewicht
zwischen der glomerulären Filtrationsrate und der tubulären Reabsorptionsrate bestimmt
(MIZGALA und QUAMME 1985) und durch verschiedene Hormone und
Stoffwechselprodukte gesteuert. Unter diesen befinden sich PTH, PTH related protein
(PTHrP), Calcitonin, TGF α, Glukokortikoide und Phosphatüberschuss, die allesamt eine
Retention behindern. Im Gegensatz dazu stimulieren u.a. IGF-1, Thyroid Hormon und
Phosphatmangel eine Reabsorption. Zielzellen dieser Steuerungsmechanismen sind
vorwiegend die proximalen Tubuluszellen (DREZNER 2002).
In der Literatur wird der Referenzbereich für anorganisches Phosphat im Blutserum
gesunder Pferde zwischen 0,7 – 1,5 mmol/l angegeben (KRAFT und DÜRR 1999).
II Schrifttum
44
7.3 Parathormon
7.3.1 Biosynthese und Sekretion
Parathormon (PTH) wird in den Hauptzellen der Nebenschilddrüse in seiner Vorstufe als
Prä-Pro-Parathormon, welches aus 115 Aminosäuren aufgebaut ist, synthetisiert. Die
Sekretion erfolgt größtenteils in Form des intakten, biologisch aktiven Hormons, das aus
84 Aminosäuren besteht (PTH (1-84)). Die Aminosäuren an Position 25-34 sind für die
Bindung an die amino-terminalen extrazellulären Rezeptorbereiche der Zielzellen von
Bedeutung, während die Aminosäuren 1-7 für die Aktivierung eines second messengers
der Zielzellen verantwortlich sind (ERDMAN et al. 1998, LUCK et al. 1999,
GRAUSCHOPF et al. 2000, GREENBERG et al. 2000). Demnach enthält das Fragment
PTH (1-34) alle für die biologische Wirkung wichtigen Abschnitte. Zwischen humanem
Parathormon (hPTH (1-84)) und hPTH (1-34) konnten in vivo keine Unterschiede
bezüglich der Wirkung auf den Knochen und auf molekularer Ebene festgestellt werden
(COSMAN und LINDSAY 1998, STANISLAUS et al. 2000). Zu einem geringen
Prozentsatz werden auch Fragmente des Parathormons mit carboxyterminaler Sequenz
(PTH (53-84)) bereits in der Nebenschilddrüse ausgeschüttet. Proteolytische Spaltung
innerhalb der Hauptzellen der Parathyreoidea erlaubt es einem calcium-empfindlichen
Mechanismus den intrazellulären Parathormongehalt zu regulieren und die Formen des
sezernierten Parathormons zu bestimmen. Unter normalen Umständen besteht 70-95% des
zirkulierenden Parathormons aus inaktiven carboxyterminalen Fragmenten, intaktes PTH
(1-84) stellt nur 5-30% der Moleküle. Der absolute Gehalt an inaktiviertem Hormon (u.a.
PTH 53-84) nimmt mit einer Senkung des Calciumionengehaltes im Blut ab, so dass
vermehrt biologisch aktives PTH (1-84) sezerniert wird. Umgekehrt führt eine hohe
Calciumionen-Konzentration im Blut zu einer vermehrten Ausschüttung von inaktivem
PTH (MAC GREGOR et al. 1979, MAYER et al. 1979) und somit einem vermehrten
Anwesenheit von mittregionalen (44-68) und carboxyterminalen PTH-Fragmenten (53-
84) im Vergleich zu intaktem PTH (1-84) (D’AMOUR et al. 1986, KUBLER et al. 1987).
Das zirkulierende Hormon, welches im Blutkreislauf eine Halbwertszeit von weniger als
drei Minuten hat, wird zum größten Teil in den Kupfferschen Sternzellen und
Hepatozyten der Leber (60-70%), den Tubuluszellen der Niere (20-30%), aber auch in
II Schrifttum
45
einem geringen Anteil in anderen Organen abgebaut (BRINGHURST et al. 1988). Dabei
kommt es aufgrund einer längeren Halbwertzeit zu einer Anreicherung der biologisch
inaktiven carboxyterminalen Fragmente (53-84).
Die Sekretion von Parathormon in der Nebenschilddrüse wird über einen negativen
Feedback-Mechanismus, an dem PTH und Calcium beteiligt sind, gesteuert. Eine hohe
Calciumionen-Konzentration im Blut hemmt, eine niedrige fördert die PTH-Sekretion.
Der schnelle Metabolismus von PTH gewährleistet, dass das für die Rezeptor-Bindung zu
Verfügung stehende Parathormon von der Sekretionsrate der Nebenschilddrüse als
Antwort auf kurzfristige Veränderungen der Calciumionen-Konzentration gesteuert wird.
Neben der klassischen katabolen Wirkung von Parathormon ist dem Peptidhormon in
verschiedenen Untersuchungen auch eine anabole Wirkung auf die Knochenformation
nachgewiesen worden (CANALIS et al. 1989, HOCK und FONSECA 1990, DEMPSTER
et al. 1993, OXLUND et al. 1993, COSMAN und LINDSAY 1998).
7.3.2 Wirkungsmechanismus
Zum heutigen Zeitpunkt ist der Wirkungsmechanismus von PTH noch nicht vollständig
geklärt. Durch verschiedene Studien sind aber bereits einzelne Elemente der
Wirkungskaskade aufgedeckt worden.
Die Höhe der PTH-Konzentration bestimmt dabei, welcher Signalübertragungsweg
eingeschlagen wird. Hohe PTH-Konzentrationen bewirken eine Freisetzung von Calcium
und Proteinkinase C (PKC), während niedrige Konzentrationen die cAMP-gekoppelte
Proteinkinase A aktivieren. Anhand einiger in vitro Studien wird dadurch die These
aufgestellt, dass cAMP die Grundlage der anabolen Wirkung von PTH ist (CIVITELLI et
al. 1990, POTTS et al. 1995).
Untersuchungen von LIU et al. (1998) und OKADA et al. (2002) an murinen Zellkulturen
zeigten, dass an Osteoklasten selbst keine PTH-Rezeptoren vorhanden sind, während
Osteoblasten PTH-Rezeptoren besitzen und eine Parathormon-Wirkung im Knochen
ermöglichen. Bis zum heutigen Zeitpunkt konnten drei verschiedene PTH-Rezeptoren
II Schrifttum
46
(PTH1R, PTH2R, PTH3R) klassifiziert werden, wobei noch diverse weitere
unbedeutendere Rezeptoren, die auf PTH-Einfluss reagieren, existieren. Dabei kommt
PTH1R die größte Bedeutung zu, da er sehr stark an Knochen und Niere exprimiert wird
und somit die Wirkungen von PTH an den jeweiligen Zielorganen übermittelt, was in
Studien an Mäusen beobachtet wurde (KARAPLIS et al. 1994, LANSKE et al. 1996,
VORTKAMP et al. 1996).
Dieser Rezeptor ist G-Protein gekoppelt und besteht aus sieben transmembranen
Domänen, die zur Ligandenbindung und Signalübermittlung wichtig sind. Die Bindung
der carboxyterminalen Abschnitte von hPTH (1-34) an die aminoterminalen
extrazellulären Rezeptorbereiche (N-Domänen) der Zielzellen führt zu einer durch
Veränderung der Konformation des Rezeptors und/oder G-Protein gekoppelten
Rezeptoraktivierung, die in einer Endozytose der Rezeptor-Liganden-Verbindung
resultiert (HUANG et al. 1999). Ein intakter N-terminaler Bereich des PTH ist für die
anabole Wirkung notwendig. Dies haben ARMENTO-VILLAREAL et al. (1997) in einer
Studie an ovariektomierten Ratten bestätigt.
Wirkung auf die Calcium-Homöostase:
Parathormon reguliert in seiner Hauptfunktion die Serumkonzentrationen von Calcium
und Phosphor, welche wiederum die Synthese und Sekretion von PTH steuern.
Durch Ca-sensible Rezeptoren an der Nebenschilddrüse wird die PTH-Sekretion in
Abhängigkeit von der Calcium-Blutserumkonzentration gesteuert. Der Grad der CaR-
Expression in den Hauptzellen der Nebenschilddrüse (Glandula parathyreoidea) ist sehr
hoch. Es gibt Hinweise, die eine Bedeutung von CaR als Hauptvermittler der hemmenden
Wirkung eines erhöhten Cae2+-Spiegels auf die PTH-Sekretion belegen (DIAZ et al.
1999).
In verschiedenen in-vitro Studien konnten Calcium-sensitive Rezeptoren bisher zumindest
in einigen Vertretern der Osteoblasten- und Osteoklasten-Zelllinie lokalisiert werden
(KAMEDA et al. 1998, YAMAGUCHI et al. 1998, CHANG et al. 1999, KANATANI et
al. 1999, PI et al. 2000).
II Schrifttum
47
QUARLES (1997) und ZAIDI et al. (1999) vermuten die Existenz weiterer Cae2+-
Sensoren neben CaR an den Osteoblasten und Osteoklasten. Diese Vermutung nehmen
KUBO et al. (1998) auf und beschreiben eine Empfindlichkeit von metabotrophischen
Glutamatrezeptoren (mGluR) gegenüber Cae2+.
Eine andere Studie zeigt, dass Veränderungen in der Cae2+-Konzentration die Funktion
aktivierter GABAB-Rezeptoren modulieren (WISE et al. 1999), wobei Cae2+ in
Abwesenheit von GABA keinen Einfluss auf die Rezeptoren hat.
Calcium-sensitive Rezeptoren sind auch entlang des gesamten Nephrons innerhalb des
Nierengewebes von Ratten vorhanden, wobei die stärkste Präsenz im basolateralen
Bereich der Epithelzellen des kortikalen dicken Mittelstücks des Nephrons ist
(RICCARDI et al. 1998). In diesem Bereich wird, ähnlich wie in den distalen gewundenen
Abschnitten der Nierenkanälchen, die Calcium-Reabsorption durch Parathormon
gesteuert. Dieser Abschnitt hat auch Einfluss auf die Magnesium-Reabsorption und auf
den Nierenstoffwechsel von Natrium-, Kalium- und Chloridionen (HEBERT et al. 1997).
Neben extrazellulären Calciumionen sind extrazelluläre Magnesiumionen (Mge2+)
vermeintliche CaR-Agonisten (QUINN et al. 1997). QUINN et al. (1998) beschreiben die
Ionenstärke per se (z.B. Veränderungen in der NaCl-Konzentration) als Faktor, der die
Wirkung von Cae2+ an CaR verändern kann. Eine Steigerung der Ionenstärke verursacht
einen Abfall der Sensitivität von CaR gegenüber Cae2+ bzw. Mge
2+ und umgekehrt.
Ist der Calciumspiegel niedrig, so wird vermehrt PTH in seiner biologisch aktiven Form
sezerniert. Dieses hat zwei Hauptwirkungsorte: Den Knochen und die Niere.
Abbildung 4 gibt einen vereinfachten Überblick über die Calcium- und Phosphor-
Homöostase mit ihren Regulatoren.
II Schrifttum
48
KnochenNiere
Intestinum
Intestinum Niere
Schilddrüse
Nebenschilddrüse+
--
-
+
+
+ ++
++
++
Hormonwirkung : Erhöhung
Substratwirkung : Erniedrigung
Abbildung 4: Vereinfachter, schematischer Überblick über die Calcium- und Phosphor-
Homöostase
An der Niere steigert PTH die Rückresorption von Calcium im Tubulus und beeinflusst
zusätzlich noch die glomeruläre Filtrationsrate, indem weniger Calcium in den Primärharn
ausgeschieden wird. Anhand einer Stimulation der renalen Calcitriol-Synthese bewirkt
PTH beim Menschen indirekt auch eine Steigerung der intestinalen Absorptionsrate.
Ebenso ist Calcitriol bei bovinen und humanen Parathyreoidea-Zellkulturen und in vivo
bei Ratten im Stande, die Transkriptionsrate des PTH-Gens, und somit die Sekretionsrate
von PTH in der Parathyreoidea zu senken (RUSSELL et al. 1984, CANTLEY et al. 1985,
SILVER et al. 1985, CHAN et al. 1986, SILVER et al. 1986, KARMALI et al. 1989).
Diese Vorgänge führen zu einer Absenkung der Ca-Serumkonzentration bis in den
+-
II Schrifttum
49
Normalbereich. Ist dieser erreicht, wird die PTH-Sekretion in der Nebenschilddrüse
angepasst. Ein niedriger Calcium-Spiegel steigert die PTH-Sekretion, während ein
niedriger Phosphor-Gehalt die Sekretionsrate senkt.
1,25-dihydroxy-Vitamin D3 und Calcitriol haben beim Menschen und vielen Haustieren
unabhängig von der PTH-Regulation ebenfalls Einfluss auf den Calcium- und Phosphor-
Blutspiegel und nehmen auch an einem Mechanismus mit Calcitriol und PTH teil. Es wird
vermutet, dass Vitamin D im Gegensatz zu anderen Haustieren bei Pferden nur eine
untergeordnete Rolle einnimmt und keinen großen Einfluss auf die Calcium- und
Phosphor-Homöostase hat (BREIDENBACH et al. 1998). Diese Vermutung wird auch
durch die Untersuchung von EL SHORAFA et al. (1979) bestätigt. Sie stellten fest, dass
Ponies, die ohne Sonnenlicht gehalten und nicht mit Vitamin D supplementiert wurden,
bei ausreichender alimentärer Calcium- und Phosphorversorgung keine signifikanten
Veränderungen im Calcium- und Phosphorstoffwechsel im Vergleich zu Vitamin D-
supplementierten und/oder mit Sonnenlicht gehaltenen Tieren aufwiesen.
Katabole Wirkungen auf den Knochenstoffwechsel:
Parathormon hat durch die an den Osteoblasten vorhandenen PTH-Rezeptoren eine
direkte Wirkung auf den Knochenstoffwechsel. PTH spielt eine entscheidende Rolle in
der Regulation der Osteoblastenanzahl und -größe, hat aber auch einen indirekten Einfluss
auf die Osteoklastogenese, indem es die Osteoprotegerin-Synthese in den Osteoblasten
reduziert (KANZAWA et al. 2000). An Osteoklasten per se konnten bisher keine PTH-
Rezeptoren nachgewiesen werden, so dass eine Osteoklastenaktivierung lediglich über
Osteoblasten möglich ist, die wiederum die Osteoklastenbildung und –funktion durch
Sekretion von Osteoprotegerin (OPG) und RANKL beeinflussen können (LIU et al. 1998,
OKADA et al. 2002).
In in-vitro-Studien wurde eine hemmende Wirkung von PTH auf die Synthese und
Abgabe von Matrix-Proteinen, wie z.B. Typ-I-Kollagen, Osteocalcin und alkalische
II Schrifttum
50
Phosphatase der Osteoblasten festgestellt (HOWARD et al. 1980, BOGDANOVIC et al.
2000). In vivo konnte lediglich initial eine erhöhte Osteoblastenapoptoserate
(STANISLAUS et al. 2000) sowie gesteigertes Vorhandensein von Matrix-
Metalloproteinase in den Osteoblasten von Ratten und Mäusen (McCLELLAND et al.
1998, ZHAO et al., 1999) nachgewiesen werden.
Anabole Wirkungen auf den Knochenstoffwechsel:
Bereits in den 30er Jahren sind anabole Wirkungen von PTH auf den
Knochenstoffwechsel von jungen Ratten, Meerschweinchen, Katzen und Kaninchen
beschrieben worden.
Die Untersuchungen des letzten Jahrzehntes ergaben, dass Osteoblasten und ihre
Vorläuferzellen die Hauptangriffspunkte von PTH sind. Die Stimulation der
Knochenneubildung in endocorticalen Bereichen ist das Kennzeichen des anabolen
Effektes von PTH (DEMPSTER et al. 1993, OXLUND et al. 1993, COSMAN und
LINDSAY 1998). Das Vorhandensein von Wachstumshormon (GH) sowie von IGF-1 ist
für die aufbauende Wirkung von PTH bei heranwachsenden Ratten essentiell (CANALIS
et al. 1989, HOCK und FONSECA 1990), während bei adulten Ratten auch in
Abwesenheit von GH eine Steigerung der Osteoblastenzahl und Erhöhung des
trabekulären Knochenvolumens beobachtet wurde (SCHMIDT et al. 1995).
CALVI et al. (2001) stellten fest, dass die Osteoblastenfunktion in den trabekulären und
endostealen Kompartimenten des Knochens unter PTH-Einfluss gesteigert war, im
Bereich des Periost die Aktivität aber vermindert war.
7.3.3 Parathormon beim Pferd
In der Literatur werden in Studien, die mit unterschiedlichen Nachweismethoden
gearbeitet haben, unterschiedliche Werte für die gemessenen Parathormon-
Konzentrationen bei Pferden angegeben. Tabelle 5 gibt einen Überblick über diese Werte.
II Schrifttum
51
Tabelle 5a: Parathormon-Ruhekonzentrationen beim Pferd (pg/ml), gemessen mit
unterschiedlichen Nachweismethoden
Nachweis-
methode
Alter der
Pferde (Jahre)
Parathormon-Konzentration
(pg/ml) Literaturquelle
Intaktes PTH
1 Woche
4 Monate
11 Monate
149
132
132
±
±
±
5
7
6
SLOET VAN
OLDTRUITEN-
BORGH-
OOSTERBAAN et
al. (1999)
Intaktes PTH 1-22 55,2 ± 54,3 TORIBIO et al.
(2001)
Intaktes PTH 2 45,0 ± 7,5 ZAMHÖFER
(2002)
Intaktes PTH 2 10,3 ± 5,0 WEDEMEYER
(2000)
Intaktes PTH 2-14 31,3 ± 4,1 ESTEPA et al.
(1998)
Intaktes PTH 7-14 A: 59
B: 137
±
±
8
19
MARTIN et al.
(1996)
Intaktes PTH 6-18 218 ± 181 BREIDENBACH et
al. (1998)
Intaktes PTH k. A. Präprandial: 218
Postprandial: 27
±
±
78
14
SCHULZE et al.
(2001)
Intaktes PTH k. A. 54,5 ± 13,8
AGUILERA-
TEJERO et al.
(1998)
Intaktes PTH k. A. 49,9 ± 30,1
AGUILERA-
TEJERO et al.
(2001)
II Schrifttum
52
Tabelle 5b: Parathormon-Ruhekonzentrationen beim Pferd (pg/ml), gemessen mit
unterschiedlichen Nachweismethoden
Nachweis-
methode
Alter der
Pferde (Jahre)
Parathormon-Konzentration
(pg/ml) Literaturquelle
C-terminal 0,5 13 ± 2 COOPER et al.
(1995)
C-terminal 1-2 Weide: 127
Training: 90
±
±
45
39
ENBERGS et al.
(1996)
C-terminal 2-9 144,6 ± 53,0 LENSING (1998)
C-terminal 2 53 ± 6 NIELSEN et al.
(1998)
C-terminal 4-15
Adulte Stuten: 55
Adulte Wallache: 56
Hengstfohlen: 91
±
±
±
17
22
22
ROUSSEL et al.
(1987)
N-terminal 3-9 68,3 GAWDA (1995)
Mittregional 3-9 40,5 GAWDA (1995)
ESTEPA et al. (1998) befassten sich in einer Studie mit der Präzision, Spezifität und
Sensitivität eines humanen immunoradiometrischen Assays zur Messung von intaktem
Parathormon und eines immunoradiometrischen Assays zur Bestimmung von
aminoterminalen Parathormon-Fragmenten bei Ratten. Beide Assays wiesen eine
Empfindlichkeit gegenüber equinem Parathormon auf und können zur quantitativen
Erfassung von PTH im Blut von Pferden genutzt werden. Die Autoren zweifelten in ihrer
Untersuchung eine Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Messergebnisse von
carboxyterminalen Assays an, da bei diesem Test nicht nur die PTH-Moleküle, sondern
auch eine Reihe inaktiver Fragmente erfasst werden. Dies führt zu fälschlicherweise
erhöhten Messergebnissen.
II Schrifttum
53
7.4 Einflussfaktoren auf die PTH-Konzentration beim Pferd
Alter, Geschlecht, Fütterung:
In einer Studie an 43 Fohlen zeigte sich innerhalb der ersten vier Lebensmonate ein
signifikanter Abfall der Plasmakonzentration an intaktem PTH, wobei keine
haltungsbedingten Unterschiede (Boxenhaltung, Boxenhaltung mit täglicher Bewegung,
Weidehaltung) aufgefallen sind (SLOET VAN OLDTRUITENBORGH-OOSTERBAAN
et al. 1999).
ROUSSEL et al. (1987) haben in ihrer Studie einen durchschnittlichen Gehalt an c-
terminalem PTH von 56 ±22 pg/ml im Blutserum acht klinisch gesunder Wallache im
Alter von 4 bis 15 Jahren gemessen. Bei zwei Pferden der Studie lagen die PTH-Gehalte
unterhalb des Messbereiches. Dabei ist ein erwarteter Anstieg bzw. Abfall der im Vollblut
mittels RIA gemessenen PTH-Werten bei diesen gesunden Pferden, die nach einer
initialen Bestimmung des c-terminalen PTH-Gehaltes im Blutserum mit einer Natrium-
EDTA-Lösung bzw. Calciumchlorid-Lösung infundiert worden sind, eingetreten. Des
Weiteren wurden keine statistisch signifikanten Unterschiede in den PTH-Werten von
Wallachen und Stuten, die mit dem selben Futtermittel gefüttert wurden, gemessen, wohl
aber sind Unterschiede zwischen heranwachsenden Hengsten (1-3 Jahre), die mit Getreide
gefüttert wurden, und den mit Rauhfutter gefütterten adulten Tieren gemessen worden.
Vermutet wurde dabei ein ernährungsbedingter Effekt durch den hohen Phosphorgehalt
des Getreides, da bei zwei heranwachsenden Hengsten, die mit Rauhfutter gefüttert
wurden, kein Unterschied zu den bei den ausgewachsenen Tieren gemessenen Werten
aufgetreten ist.
LENSING (1998) hat in einer Studie zum Einfluss der Fütterung auf Knochenmarker
beim Pferd festgestellt, dass eine übermäßige nutritive Calcium- und Phosphor-
Versorgung zu einer Erhöhung der c-terminalen PTH-Konzentration im Blut führt. Dies
steht bezüglich der beobachteten Korrelation zwischen einem hohen Calciumspiegel im
Blut und einer hohen Konzentration an c-terminalem PTH im Blut im Widerspruch zu den
Ergebnissen vieler anderer Studien.
II Schrifttum
54
SCHULZE et al. (2001) untersuchten die Calcium-Homöostase in Abhängigkeit von der
Fütterung an vier Stuten. Sie stellten einen stetigen Anstieg der Plasmakonzentration an
ionisiertem Calcium in den ersten drei Stunden nach der Fütterung fest. In den folgenden
acht Stunden zeigte sich eine Tendenz zur Konzentrationserniedrigung. Die Konzentration
an intaktem PTH im Plasma sank innerhalb von 45 Minuten nach der Fütterung von 218
±78 pg/ml auf 141 ±40 pg/ml signifikant ab. Nach einer weiteren Stunde kam es zu einem
erneuten signifikanten Abfall der PTH-Konzentration auf 27 ±14 pg/ml. Im weiteren
Tagesverlauf konnten keine signifikanten Veränderungen beobachtet werden, und die
PTH-Konzentration pendelte sich zwischen 4 und 56 pg/ml ein.
Geburt:
Peripartal (bis zwei Tage nach Abfohlen) nimmt bei Pferden die Konzentration an
ionisiertem Calcium und Gesamtcalcium im Blut ab und die PTH-Konzentration (intaktes
PTH) ist deutlich gesteigert, was eine Untersuchung von MARTIN et al. (1995) ergab.
Auch hier konnte ein reziprokes Verhältnis zwischen Calcium und intaktem PTH ermittelt
werden. SCHULZE et al (2001) führten an 15 Stuten Untersuchungen zur Calcium-
Homöostase während des peripartalen Zeitraumes durch und entdeckten bei ihren
Probanden bezüglich des zeitlichen Verlaufes unterschiedliche PTH-Reaktionen vor,
während und nach der Geburt, so dass die Stuten in vier Gruppen eingeteilt wurden. Sie
unterschieden Stuten mit PTH-response sub partu (Gruppe I, 7 Stuten), Stuten mit PTH-
response postpartal (Gruppe II, 6 Stuten), eine Stute mit PTH-response präpartal (Gruppe
III) und eine Stute ohne nennenswerten PTH-response (Gruppe IV). Imbalancen in der
Calciumhomöostase konnten sub partu und in der Zeit vom sechsten bis 21.Tag post
partum festgestellt werden, klinisch in Erscheinung tretende Hypocalcämien wurden
während des gesamten Untersuchungszeitraumes nicht beobachtet.
II Schrifttum
55
Krankheit:
In einer Studie, die vergleichend die Calcium-Homöostase von gesunden Pferden und
Pferden mit Enterocolitis betrachtet, wiesen Pferde mit einer Enterocolitis, bedingt durch
eine Hypocalcämie, die dieses Krankheitsbild begleitet, einen deutlich höheren
Parathormonspiegel im Blut auf als die gesunden Pferde (TORIBIO et al. 2001). In ihrer
Studie an Fohlen haben SLOET VAN OLDTRUITENBORGH-OOSTERBAAN et al.
(1999) festgestellt, dass Osteochondrose-positive Fohlen im Alter von vier Monaten einen
signifikant höheren Plasmaspiegel an intaktem Parathormon haben als Osteochondrose-
negative Fohlen des gleichen Alters.
ELFERS et al. (1986) untersuchten in ihrer Studie Veränderungen des Calcium-,
Phosphor- und Parathormongehaltes während akuter Nierenerkrankungen bei vier Ponies.
Eine leichte Hypercalcämie, Hypophosphatämie und erhöhte Werte an c-terminalem PTH
konnten während der Oligurie beobachtet werden. Im fortgeschrittenen Stadium der
Oligurie nahm die tägliche Ausscheidungsmenge von Calcium und Phosphor mit dem
Harn ab, während der Gehalt an c-terminalem PTH im Serum bei allen vier Tieren erhöht
war, was auf eine Unfähigkeit der renalen Elimination der c-terminalen PTH-Fragmente
zurückgeführt wurde.
Belastung:
AGUILERA-TEJERO et al. (1998) haben in einer Studie den Einfluss von körperlicher
Belastung (Springturnier) und EDTA-Gabe auf den Calciummetabolismus und den PTH-
Spiegel (intaktes PTH) bei Springpferden untersucht. Dabei stellten sie fest, dass eine
Belastung bei einigen Pferden zu einem signifikanten Abfall der
Calciumionenkonzentration und zu einem signifikanten Anstieg der PTH-Konzentration
im Plasma geführt hat (High Responder). Weitere Pferde der Studie reagierten mit einer
nur mäßigen Ausschüttung von Parathormon (Moderate Responder), während wiederum
andere Pferde, die an der Untersuchung teilnahmen, keine Veränderung der Parathormon-
Konzentration aufzeigten (Nonresponder). AGUILERA-TEJERO et al. wiesen in dieser
II Schrifttum
56
Studie auch eine Korrelation des Blut-Calcium-Spiegels mit der PTH-Plasma-
Konzentration nach. Die Administration von EDTA, welches ebenfalls eine
Hypocalcämie induziert, führte zu identischen Ergebnissen.
Folgend fand eine Untersuchung zur Konzentration an Calciumionen und Parathormon im
Plasma an Pferden nach einem Distanzritt von 80 km statt (AGUILERA-TEJERO et al.
2001). Nach Absolvierung dieser Distanz wurde bei 20 der 28 Probanden ein verminderter
Gehalt an ionisiertem Calcium im Plasma und eine gesteigerter Parathormonwert im
Blutplasma festgestellt, wobei beide Parameter miteinander korrelierten.
WEDEMEYER (2000) hat in einer Laufbandstudie mit Trabern eine deutliche Erhöhung
der Parathormon-Konzentration (intaktes PTH) während einer halbstündigen, sich
steigernden Laufleistung (Stufentest) der Pferde ermittelt. Auch bei durchgeführten
Kurzzeitbelastungen der Pferde war ein deutlicher Anstieg der Parathormon-
Konzentration zu beobachten, dagegen zeigten sich bei Langzeitbelastungen keine
Veränderungen der PTH-Konzentration im Blut. Die Konzentration an ionisiertem
Calcium im Vollblut fiel während des Stufentestes und der Kurzzeitbelastungen
hochsignifikant ab. Vier Stunden nach Belastung stieg die Konzentration wieder deutlich
an und lag über den Ausgangskonzentrationen, die 24 Stunden nach den Belastungen
wieder annähernd erreicht wurden. Bei der Langzeitbelastung konnten keine signifikanten
Veränderungen der Konzentration festgestellt werden. Der Verlauf der Konzentration des
Gesamtcalciums im Plasma zeigte während beider Stufenteste keine statistisch
abzusichernden Veränderungen. Bei der Kurzzeitbelastung kam es zu einem
Konzentrationsabfall zum Belastungsende und einem signifikanten Anstieg nach vier
Stunden. Nach 24 Stunden erreichten die Gesamtcalcium-Werte wieder die
Ausgangskonzentration. Während der Langzeitbelastung konnten keine
belastungsbedingten Veränderungen festgestellt werden.
II Schrifttum
57
Training:
Die Auswirkungen des Trainingbeginns (112 Tage) auf den Mineralstoffhaushalt und den
Knochenstoffwechsel haben NIELSEN et al. (1998) bei jungen, zuvor untrainierten
Quarterhorse-Wallachen untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass in den ersten sechs
Trainingswochen die Blutserum-Konzentration an Gesamtcalcium stark angestiegen ist,
um dann nach einem kurzzeitigen Plateau im weiteren Trainingsverlauf bis zum 84. Tag
wieder leicht abzufallen. Bis zum Ende der Trainingsphase (112. Tag) konnte wieder ein
Anstieg der Gesamtcalciumkonzentration im Serum beobachtet werden. Der Verlauf des
Gehaltes an c-terminalem PTH im Serum wies über die gesamte Versuchsdauer keine
signifikanten Unterschiede auf. Röntgenologisch wurde am 56. Tag der niedrigste
Mineralgehalt des Knochens festgestellt, ein Einfluss des Trainings auf den Phosphor- und
Magnesium-Haushalt konnte nicht beobachtet werden. Zusammengefasst konnte während
der ersten 8 Wochen der Studie ein gesteigerter Knochenabbau und während der
folgenden 8 Wochen ein Steigerung der Knochenformation nachgewiesen werden.
Bei Rennpferden mit Frakturen der langen Knochen ist vor der Fraktur kein erhöhter
PTH-Gehalt im Blutserum festgestellt worden, wohl aber bei Rennpferden, die eine
Fraktur im Bereich der Sesambeine erlitten haben (CHIBA et al. 2000). Der Calcitonin-
Gehalt dieser Pferde ist vor der Fraktur im Vergleich zu den Werten bei gesunden Pferden
erhöht gewesen. Begründet liegen diese erhöhten Werte in einer beschleunigten
Knochenumbaurate, die durch die starke mechanische Beanspruchung eines Rennpferdes
stimuliert wird. Dieser Zustand zeichnet sich durch einen erhöhten PTH-Wert aus,
welcher wiederum eine gesteigerte Freisetzung von Calciumionen aus dem Knochen
bewirkt. Der Organismus reagiert auf die vorübergehende Hypercalcämie mit einer
vermehrten Calcitonin-Ausschüttung.
Bei einer 12-wöchigen Dekonditionierung konnten PORR et al. (1998) keine signifikanten
Veränderungen von intaktem PTH feststellen, obwohl es zu einem Anstieg der
Konzentrationen des ionisierten und des gesamten Calciums im Serum bzw. Plasma kam.
ENBERGS et al. (1996) stellten in ihrer Studie fest, dass ein- bzw. zweijährige
Vollblutpferde, die im Winter in Boxen gehalten werden und sich im Training befinden,
II Schrifttum
58
einen deutlich niedrigeren durchschnittlichen Parathormongehalt im Plasma haben als die
selben Tiere während der sommerlichen Weidehaltung. Die Gesamtcalciumkonzentration
im Plasma war während der Weidesaison (3,03 ±0,23 mmol/l) im Mittel geringfügig
niedriger als während der Stallhaltungs- und Trainingsphase (3,14 ±0,14 mmol/l).
II Schrifttum
59
8 Erfahrungen in der PTH-Applikation
PODBESEK et al. (1983, 1984) haben in Untersuchungen an Hunden nachweisen können,
dass es unter intermittierender hPTH (1-34)-Applikation zu einer Stimulation der
Knochenformation und Erhöhung der intestinalen Calcium-Absorption kommt. Bei der
Untersuchung wurde hPTH (1-34) in Dosierungen von 0,5 µg/kg KM/Tag als Infusion,
bzw. 1,7 µg/kg KM/Tag als einmalige Injektion verwendet. Bei den Tieren, denen täglich
hPTH (1-34) injiziert wurde, konnte ein Anstieg der intestinalen Calciumresorption wie
auch eine transiente Reaktion des Blutcalciumspiegels beobachtet werden, während dies
bei den hPTH (1-34)-infundierten Hunden nicht eingetreten ist. Werden Osteoblasten
chronisch PTH ausgesetzt, so bewirkt das Hormon eine reversible Hemmung der
Osteoblastogenese zu einem späten präosteoblastischen Stadium (BELLOWS et al.
1990b). Bei Versuchen mit ovariektomierten Ratten unter Verwendung von subcutanen,
mit Parathormon und/oder 17-β-Östradiol versehenen Implantaten, bestätigten ZHOU et
al. (2001) bei einer kontinuierlichen PTH-Freisetzung von täglich 30 µg/kg KM katabole
Effekte der chronischen PTH-Administration.
Eine intermittierende Gabe von Parathormon steigert bei ovariektomierten Ratten die
Knochenmasse aufgrund einer Erhöhung der Osteoblastenzahl und der
3 Kurz- und Mittelfristige Effekte der hPTH-Applikation
3.1 Intaktes Parathormon
1. Tag der hPTH-Applikation bzw. Kontrolle Am ersten Tag der hPTH-Gabe konnte unmittelbar vor der Applikation eine PTH-
Konzentration im Plasma von 18,5 ±9,9 pg/ml bestimmt werden (s. Abb. 20 und Tab. 13), die PTH-Konzentration unter Kontrollbedingungen betrug zu diesem Zeitpunkt
21,6 ±8,1 pg/ml. Statistisch ergaben sich zu diesem Zeitpunkt keine signifikanten Unterschiede zwischen Kontrolle bzw. Hormongabe. Ein tendenzieller Abfall der PTH-Konzentration konnte acht Stunden nach der ersten Beprobung unter Kontrollbedingungen festgestellt werden (p>0,05), ein ähnlicher Verlauf zeichnet sich auch acht Stunden nach erstmaliger hPTH-Gabe ab, dieser Abfall war jedoch mit p<0,05 statistisch abzusichern. Anschließend stieg bei beiden Gruppen die PTH-Konzentration im Plasma wieder an (hPTH-Applikation: p<0,05, Kontrolle: n.s.), wobei nach 24 h wieder
Ausgangskonzentrationen von 21,4 ±23,3 pg/ml (Kontrolle) und 20,8 ±5,1 pg/ml (hPTH-Applikation) gemessen wurden. Behandlungsbedingte Unterschiede konnten nicht ermittelt werden. 14. Tag der hPTH-Applikation bzw. Kontrolle Nach 14-tägiger Beprobungsdauer bzw. 14 Tagen kontinuierlicher täglicher Hormongabe
konnten im Vergleich zur Kontrolle (10,1 ±4,8 pg/ml) höhere PTH-Konzentrationen im
Plasma mit 18,3 ±8,5 pg/ml unmittelbar vor der hPTH-Gabe (24 h post inj.) festgestellt werden (Behandlung n.s.). Unter Kontrollbedingungen verlief die PTH-Konzentration über den Tag nahezu konstant (Zeit n.s.), wohingegen ein Anstieg der PTH-Werte 16 h post inj. gemessen wurde (p=0,074, Behandlung p<0,05). Nach 24 h erfolgte in dieser Gruppe ein signifikanter Abfall der PTH-Konzentration im Plasma (p<0,05), so dass annähernd wieder Ausgangskonzentrationen beobachtet werden konnten. Behandlungsbedingte Unterschiede wurden zu diesem Zeitpunkt nicht mehr analysiert. 18., 24. und 28. Tag der hPTH-Applikation bzw. Kontrolle An diesen Versuchstagen konnte kein einheitlicher Verlauf der PTH-Konzentration im Plasma festgestellt werden. Behandlungsbedingte Unterschiede ließen sich statistisch nicht mit p<0,05 absichern (s. Abbildung 20 und Tabelle 13).
IV Ergebnisse
107
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
0 8 16 24 0 8 16 24 0 8 16 24 0 8 16 24 0 8 16 24
1.Tag 14.Tag 18.Tag 24.Tag 28.TagZeitpunkt nach Applikation (h)
Inta
ktes
Par
atho
rmon
(pg/
ml)
Kontrolle PTH-Applikation
Abbildung 20: Verlauf des mittleren Gehaltes an intaktem Parathormon (pg/ml, n=5)
im Plasma zu den verschiedenen Probenentnahmezeitpunkten
↑ gibt den Zeitpunkt der Applikation von hPTH (1-37) an
Tabelle 13: Mittlere Plasmakonzentrationen an intaktem Parathormon (pg/ml, n=5,
Mw ±SD) zu den verschiedenen Probenentnahmezeitpunkten
PTH im Plasma (pg/ml), h post inj. bzw. Kontrolle Versuchstag Behandlung
Unterschiedliche Kleinbuchstaben innerhalb einer Zeile kennzeichnen signifikante Effekte innerhalb eines Behandlungstages, * kennzeichnet signifikante Effekte zwischen den Behandlungen (Kontrolle vs. PTH-Applikation) im Verlauf eines Behandlungstages
3.3 Carboxyterminales Propeptid des Typ-I-Kollagens (PICP) 1. Tag der hPTH-Applikation bzw. Kontrolle Zum Zeitpunkt 0 h des ersten Kontrolltages wurde eine PICP-Konzentration im Plasma
von 265 ±56 µg/l gemessen. Unmittelbar vor der erstmaligen Applikation konnte ein
PICP-Gehalt von 301 ±131 µg/l im Plasma ermittelt werden, der im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt der Kontrollphase signifikant erhöht war (p<0,05). Verglichen mit dem
analogen Zeitpunkt der Kontrollgruppe (292 ±70 µg/l) war die PICP-Konzentration 16
Stunden nach PTH-Applikation (237 ±134 µg/l) war signifikant niedriger. In der Kontrollgruppe ist zwischen 16 und 24 Stunden nach der initialen Probenentnahme ein
Anstieg der PICP-Konzentration von 292 ±70 auf 338 ±69 µg/l gemessen worden. Unter hPTH-Applikation konnte zwischen acht und 16 Stunden nach Applikation ein
signifikanter Abfall der PICP-Plasmakonzentration von 275 ±133 µg/l auf 237 ±134 µg/l beobachtet werden, wobei 24 Stunden nach Applikation mit einem PICP-Gehalt von 309
±142 µg/l die Ausgangskonzentration wieder erreicht wurde.
IV Ergebnisse
111
14. Tag der hPTH-Applikation bzw. Kontrolle
Im Gegensatz zum ersten Kontroll- bzw. Applikationstag wurden am 14. Tag der
Applikations- und Kontrollphase keine statistisch mit p<0,05 abzusichernden
behandlungsbedingten Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen analysiert.
Signifikante Veränderungen innerhalb der einzelnen Gruppen zwischen den einzelnen
Entnahmezeitpunkten waren nicht vorhanden.
18. Tag der hPTH-Applikation bzw. Kontrolle
Vor der ersten Beprobung und 16 Stunden nach Applikation von hPTH (1-37) waren die
PICP-Werte im Plasma im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant erhöht (s. Abb. 22
und Tab. 15). Acht Stunden nach der hPTH-Injektion konnte ein im Vergleich zur
Bis zum heutigen Zeitpunkt gibt es noch keine Studie, in der Pferden Parathormon in
jeglicher Form (N-terminale Fragmente, C-terminale Fragmente oder natives Parathormon)
appliziert wurde. Zur Therapie der Osteoporose wurde beim Menschen in den meisten
Untersuchungen das hPTH (1-34)-Fragment in einer Dosierung zwischen 25 und 50
µg/Mensch/Tag eingesetzt. Dies entspricht einer ungefähren Dosis von 0,4 bis 0,8 µg/kg
KM/Tag. In Studien an Ratten wurde den Tieren eine tägliche Dosis zwischen 40 und 160 µg
hPTH/kg KM/Tag verabreicht. Es fanden Untersuchungen an Menschen zur Dosis-Wirkungs-
Beziehung statt, bei denen sich herausstellte, dass auch bei einer niedrigeren Dosierung (1,25
µg/Mensch/Tag über einen Zeitraum von 6 Monaten) von hPTH (1-34) eine Zunahme der
Knochendichte an Wirbelkörpern um 3,5 % erfolgt (SONE et al. 1995), jedoch mit einer
höheren Dosierung (40 µg/Mensch/Tag) ein stärkerer anaboler Effekt an der Knochendichte
der Wirbelkörper (Zunahme um 13,5%) durch die hPTH-Gabe erzielt werden kann
(KURLAND et al. 2000). LANE et al. (1998, 2000) konnten in zwei Studien an
osteoporotischen Frauen eine Entwicklung einer leichten Hypercalcämie nachweisen, die sich
aber bei einer Reduzierung der täglichen hPTH (1-34)-Dosis von 40 µg/Frau/Tag auf 30
µg/Frau/Tag, bzw. von 25 µg/Frau/Tag auf 20 µg/Frau/Tag bei gleichzeitiger Verringerung
der täglichen Calciumaufnahme, wieder einstellte.
In der eigenen Untersuchung handelt es sich um eine Pilotstudie. Weitere Untersuchungen
über die Dosis-Wirkungs-Beziehung müssen folgen. Die Bestimmung der Dosis von hPTH
(1-37) beim Pferd erfolgte in Anlehnung an die Dosierung beim Menschen.
V Diskussion
139
Ein weiteres Problem stellt sich in der Applikation eines heterologen Fragments an Pferde.
RAULAIS et al. (1981) konnten allerdings in ihrer Untersuchung nachweisen, dass equines
Parathormon mit humanem Parathormon eng verwandt ist und sich nur in dem C-terminalen
Bereich (im Aminosäurensequenzbereich 53-84) unterscheidet. Daher ist davon auszugehen,
dass hPTH (1-34) bzw. hPTH (1-37) auch an equinen PTH-Rezeptoren kompatibel ist. Eine
Studie zum molekularen Aufbau von equinem Parathormon sollte aber in Zukunft
durchgeführt werden, um Differenzen in der Aminosäurensequenz zwischen equinem und
humanem Parathormon aufzudecken und zu lokalisieren, um die für das Pferd geeignetste
Form des zu applizierenden Parathormons zu finden. Stehen molekularbiologische Techniken
nicht zur Verfügung, sollte die Applikation von equinem PTH Anwendung finden.
Zeitpunkt der Applikation:
Beim Menschen erfolgt die Applikation einmal täglich, wobei durch eine hochfrequente
pulsatile endogene PTH-Ausschüttung der Zeitpunkt relativ frei gewählt werden kann. In
einer Studie über den Einfluss des Applikationszeitpunkts auf den anabolen Effekt von hPTH
(1-34) an Ratten konnten RIOND et al. (1993) keine Unterschiede zwischen einer Applikation
vormittags und einer Applikation nachmittags feststellen. Dieses Ergebnis zeigt auf, dass auch
bei Ratten der Applikationszeitpunkt unabhängig von der endogenen PTH-Freisetzung frei
gewählt werden kann. In der eigenen Untersuchung konnte keine circadiane Rhythmik
bezüglich der endogenen PTH-Sekretion gemessen werden, es bleibt allerdings zu
berücksichtigen, dass die Blutprobenentnahme stündlich erfolgte, so dass nicht jede
Schwankung erfasst werden konnte. In diesem Zusammenhang ist aber auch der Hinweis
wichtig, dass die Pferde eine starke individuelle Variation des intakten PTH aufweisen, so
dass bislang noch Unsicherheiten bezüglich der endogenen PTH-Sekretion bestehen.
Unter der Berücksichtigung der eigenen Ergebnisse zur circadianen PTH-Sekretion scheint
der Zeitpunkt der PTH-Applikation frei wählbar zu sein. Darauf basierend wurde
standardisiert jeweils um 6.00 Uhr morgens, zwei Stunden vor der Fütterung, PTH appliziert.
V Diskussion
140
RIOND et al. (1993) führten eine Untersuchung mit variierender Applikationsfrequenz durch.
Die Autoren fanden heraus, dass bei Ratten, denen einmal, zweimal bzw. dreimal täglich bei
äquivalenter Tagesdosis hPTH (1-34) appliziert wurde, ein signifikanter Anstieg in der
intestinalen Calcium-Absorption und im Calcium-Haushalt im Vergleich zu den Tieren,
denen in zwei- bzw. dreitägigem Abstand hPTH (1-34) verabreicht wurde, vorhanden war.
Des Weiteren konnte sie einen linearen, aber nicht signifikanten Anstieg der intestinalen
Calcium-Absorption und des Calcium-Haushaltes bei steigender täglicher
Applikationsfrequenz feststellen. Diese Beobachtung sollte in Folgestudien auch beim Pferd
untersucht werden.
Zeitpunkt der Blutprobenentnahme nach Applikation:
Während der Verträglichkeitsstudie erfolgte die Applikation unmittelbar nach einer
Blutprobenentnahme morgens zu einem jeweils gleichen Zeitpunkt über einen Zeitraum von
vier Tagen. Eine zweite Blutprobenentnahme wurde jeweils zwölf Stunden nach Hormongabe
durchgeführt. In der dritten Versuchsphase fand die hPTH-Applikation morgens ebenfalls zu
einem definierten Zeitpunkt statt. Blutprobenentnahmen wurden hier viermal pro
Beprobungstag in einem achtstündigen Abstand durchgeführt, wobei die erste Entnahme
jeweils unmittelbar vor der täglichen Hormonapplikation stattfand. Studien von LINDSAY et
al. (1993) zeigten einen ausgeprägten kurzzeitigen Effekt der hPTH-Gabe auf die
Mineralstoffhomöostase der Probanden. Vier Stunden nach der subkutanen Applikation
konnte ein signifkanter Anstieg der Serumkonzentration an ionisiertem Calcium und
Gesamtcalcium beobachtet werden, während zwei Stunden post applicationem die
Phosphorkonzentration im Serum signifikant abfiel. Die höchste Konzentration an hPTH (1-
34) konnte 30 Minuten nach der Applikation gemessen werden, wobei für das
Hormonfragment eine Halbwertszeit im Blut von 75 Minuten ermittelt wurde. Im Plasma von
Hunden, denen hPTH (1-34) appliziert wurde, konnten PODBESEK et al. (1983) einen
Anstieg des hPTH-Gehalts nur bis vier Stunden post applicationem nachweisen. Auch beim
Pferd sollten in zukünftigen Untersuchungen kürzere Beprobungsabstände gewählt werden.
Darüber hinaus sollte das applizierte Fragment in der Untersuchung miterfasst werden, um
den Metabolismus des Fragmentes zu erforschen und kurzfristige Effekte der hPTH-Gabe
sicher detektieren zu können.
V Diskussion
141
Verträglichkeit der Applikation
Vergleichbare Untersuchungen zur Applikation von hPTH (1-37) beim Pferd existieren nicht,
so dass zunächst die allgemeine Verträglichkeit der Hormongabe überprüft wurde. Weder
lokale noch anaphylaktische Reaktionen sind während des viertägigen Applikationszeitraums
beobachtet worden.
In einigen der zahlreichen Studien, in denen N-terminale Fragmente, C-terminale Fragmente
oder biologisch aktives Parathormon Labortieren oder Menschen appliziert
wurden, konnte bei den Probanden eine kurzzeitige milde Hypercalcämie festgestellt werden,
wobei die Calcium-Werte meist noch im oberen Referenzbereich lagen (FINKELSTEIN et al.
1994, HODSMAN et al. 1997, LANE et al. 1998, HODSMAN et al. 2000, LANE et al. 2000,
COSMAN et al. 2001, NEER et al. 2001). HODSMAN et al. (1997), LINDSAY et al. (1997)
sowie KURLAND et al. (2000) konnten in ihren Untersuchungen bei einigen Probanden
lokale Entzündungserscheinungen im Bereich der Injektionsstelle beobachten. Eine
gesteigerte renale Calcium-Ausscheidung trat in einigen Studien als unerwünschter
Nebeneffekt auf (FINKELSTEIN et al. 1994, HODSMAN et al. 1997, LANE et al. 1998), die
sich aber in den meisten Fällen bei der Verabreichung einer niedrigeren hPTH-Dosis
normalisierte. Bei Ratten, denen man über einen Zeitraum von zwei Jahren täglich 0, 5, 30
bzw. 75 µg/kg KM hPTH (1-34) subcutan injiziert hat, traten in den Gruppen mit höherer
Dosierung (30 bzw. 75 µg/kg KM/Tag) gehäuft Osteosarkome auf (VAHLE et al. 2002).
Jedoch konnte diese Beobachtung beim Menschen und bei Primaten bisher nicht bestätigt
werden, was eventuell auf die niedrigere Dosierung bei diesen Spezies zurückzuführen ist.
Sicherlich sollte ein mögliches Auftreten dieser unerwünschten Nebenwirkung bei dem
routinemäßigen Einsatz von Parathormon und seinen Fragmenten weiterverfolgt werden.
V Diskussion
142
1.3 Auswahl der Untersuchungsparameter
Zur Untersuchung der kurz- und mittelfristigen Effekte der hPTH-Gabe erfolgte eine Analyse
der Knochenmarker und der Konzentration an intaktem PTH (1-84), wobei auch
Veränderungen in der Phosphat-, Gesamtcalcium- und Ca2+-Konzentration im Blut mit
einbezogen worden sind. Des Weiteren ist eine Bilanzierung von Calcium und Phosphor im
Rahmen dieser Untersuchung durchgeführt worden.
Knochenmarker reflektieren auf- und abbauende Vorgänge am Knochen. In der
Humanmedizin werden sie zu einer Überwachung der anabolen und katabolen Effekte der
hPTH-Injektion bzw. Infusion eingesetzt, um Verschiebungen in dem Knochenstoffwechsel
wahrzunehmen. So beobachteten HODSMAN et al. (1993) unter der hPTH (1-34)-Therapie
einen Anstieg der Osteocalcin-Konzentration um 259% im Serum osteoporotischer Frauen bei
einem gleichzeitigen Anstieg der PICP-Konzentration um 140%, was den anabolen Effekt der
PTH-Gabe widerspiegelt. Da beim Pferd in der heutigen Zeit die Messung von
Knochenmarkern etabliert ist, erscheint sie als sinnvolle Methode zur Überwachung des
Knochenstoffwechsels. Ein Rückschluss auf die Knochendichte, die Knochenmasse, die
mechanische Belastbarkeit und den Mineralstoffgehalt im Knochen kann aber anhand der
Konzentration der Knochenmarker nicht gezogen werden.
Statische Knochenmasse und dynamischer Knochenumsatz sind nach SEIBEL et al. (1993)
zwei komplementäre Größen, die sich in der Beurteilung der skelettalen Homöostase
ergänzen und zusammen gemessen werden sollten. Eine Illustration der Entwicklung der
Knochendichte anhand von bildgebenden Verfahren erscheint in Anbetracht der nur kurzen
Applikationsdauer als nicht sinnvoll, da die tatsächliche Knochenmasse eine in der Regel sich
nur langsam verändernde Größe ist und somit nach einer 28-tägigen hPTH-Gabe keine
deutlichen Veränderungen in der Knochendichte zu erwarten sind. Zwar konnten
TOROMANOFF et al. (1998) bei Ratten schon nach einer 10-tägigen PTH-Applikation eine
signifikante Steigerung der Knochenmasse, -dichte und des Mineralgehaltes der Knochen
beobachten, jedoch sind bei Menschen Steigerungen der Knochendichte und Knochenmasse
erst nach einer 3-monatigen (Lendenwirbelsäule) bzw. 18-monatigen (Femurkopf)
Applikation beobachtet worden (KURLAND et al. 2000, ORWOLL et al. 2003).
V Diskussion
143
Der Plasmagehalt an intaktem PTH wurde im Rahmen dieser Studie analysiert, um einen
Effekt der exogenen PTH-Applikation auf die endogene PTH-Ausschüttung zu detektieren.
Eine Veränderung der gemessenen PTH-Werte durch die Applikation von hPTH (1-37) als
Fragment ist dabei weitestgehend auszuschließen, da bei dem in der eigenen Studie
eingesetzten RIA das biologisch intakte PTH (1-84) erfasst wird. Es wäre in zukünftigen
Studien von Interesse, neben der Quantifizierung des Plasmagehalts an intaktem PTH, eine
gleichzeitige Messung des N-terminalen Fragments durchzuführen, um mehr Informationen
über die Kinetik von hPTH (1-37) beim Pferd zu erhalten.
Die Bestimmung der Gehalte an anorganischem Phosphat, ionisiertem Calcium und
Gesamtcalcium im Blut erlaubte einen Einblick in die direkte Wirkung von hPTH auf den
Calcium- und Phosphorstoffwechsel. Werden die PTH-Rezeptoren der Osteoblasten
stimuliert, kommt es zu einer kurzzeitigen Mobilisation von Calcium und Phosphor aus dem
Knochen, was sich in erhöhten Plasma- bzw. Vollblut-Konzentrationen dieser Parameter
widerspiegeln kann. Bei einem Anstieg der Calcium- und Phosphor-Konzentration im Blut
kann es sich jedoch auch um einen PTH-bedingten direkten renalen oder indirekten
intestinalen Effekt handeln. Darüberhinaus kann die gefürchtete Komplikation der
Hypercalcämie kontrolliert werden.
Durch die Bilanzierung der Calcium- und Phosphorhomöostase konnten Rückschlüsse auf die
Wirkung der hPTH-Gabe auf die Niere und indirekt auf den Darm gezogen werden. Die
Bilanzierung von Calcium und Phosphor hat den Vorteil, dass Effekte der PTH-Applikation
auf den Calcium- und Phosphor-Haushalt aufgedeckt werden können. Bedauerlicherweise
gibt es zum heutigen Zeitpunkt noch keine ausführlichen Untersuchungen der Bilanzierung
von Calcium und Phosphor unter exogenem PTH-Einfluss bei Mensch und Ratte, so dass dies
einen interessanten Ansatzpunkt für weitere Studien auch beim Menschen darstellt.
Die Untersuchung des Magnesium-Stoffwechsels beim Pferd wäre in zukünftigen Studien zu
einer umfassenderen Darstellung der Vorgänge im Knochenstoffwechsel ebenfalls zu
berücksichtigen, da TOROMANOFF et al. (1998) in ihrer Untersuchung an Ratten einen
erhöhten Magnesiumanteil in den Femurknochen wie auch eine erhöhte intestinale Absorption
und renale Rückresorption von Magnesium aufzeigen konnten.
V Diskussion
144
2 Diskussion der Ergebnisse
2.1 Circadiane Rhythmik und postprandiale Kinetik
Betrachtet man den mittleren PTH-Gehalt (intaktes PTH) im Plasma, so konnten keine
diurnalen Schwankungen festgestellt werden. Tendenziell ließ sich in den ersten drei bzw.
vier Stunden nach Fütterung ein Abfall der Plasmakonzentration an intaktem Parathormon bei
Pferd I und IV erkennen, die beiden anderen Pferden zeigten jedoch keine Veränderungen der
PTH-Konzentration. In den folgenden Stunden bis zur erneuten Fütterung konnten keine
weitere Veränderungen der PTH-Konzentration bei den Pferden beobachtet werden. Der
Zeitpunkt der Fütterung kann laut SCHULZE et al. (2001) die Konzentration an PTH
beeinflussen, wobei im Rahmen dieser Untersuchung keine postprandiale Kinetik von
Parathormon beobachtet werden konnte. Bei einem Vergleich der PTH-Werte der einzelnen
Pferde untereinander ist eine breite individuelle Varianz auffällig (s. Abb. 31). Die Pferde
weisen zu unterschiedlichen Zeitpunkten hohe Konzentrationen an PTH im Plasma auf. Diese
Beobachtung spricht für das Vorhandensein einer pulsatilen PTH-Ausschüttung ähnlich der
von Menschen. Diese Ausschüttung scheint nicht an eine circadiane Rhythmik gebunden zu
sein.
Der Gehalt an ionisiertem Calcium wies in den ersten vier Stunden postprandial einen
Anstieg auf, fiel anschließend leicht ab und sistierte auf einem Niveau bis zwölf Stunden nach
der vorausgegangenen Fütterung. Berücksichtigt man die Korrelation zwischen Parathormon
und ionisiertem Calcium, so kann kein Zusammenhang zwischen diesen Parametern unter
Ruhebedingungen abgesichert werden. Zu dem gleichen Ergebnis kam auch ZAMHÖFER
(2001) in ihrer Untersuchung, SCHULZE (1998) dagegen beschreibt in seiner Studie einen
Zusammenhang zwischen den Parametern, jedoch erfolgt keine Darstellung der Korrelation
(s. Abb. 33).
Die Gesamtcalcium-Konzentration im Plasma zeigte weder zeitlich bedingte noch
postprandiale signifikante Veränderungen.
V Diskussion
145
0
20
40
60
80
100
120
0 4 8 12 16 20 24Zeit (h)
PTH
(pg/
ml)v
v
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1,55
1,60
1,65
1,70
1,75
1,80
1,85
1,90
1,95
Ca+
+ (m
mol
/l)vv
PTH Ca++
0
20
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PTH
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ml)v
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PTH Ca++
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PTH
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Ca+
+ (m
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PTH Ca++
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PTH
(pg/
ml)v
v
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1,80
1,85
1,90
1,95
Ca+
+ (m
mol
/l)vv
PTH Ca++
Abbildung 31: Konzentration an PTH (pg/ml) im Plasma und ionisiertem Calcium
(mmol/l) im Vollblut der Einzelpferde im Verlauf von 24 Stunden bei
stündlicher Beprobung, ↑ gibt den Zeitpunkt der Fütterung an
V Diskussion
146
MARTIN et al. (1996) ermittelten bei Stuten, die mit einer calciumreichen Ration (45
g/Pferd/Tag) gefüttert wurden, niedrigere PTH-Werte (intaktes PTH) als bei Stuten, die
bedarfsangepasst mit Calcium in ihrer Ration (23 g/Pferd/Tag) versorgt wurden. Diese
Feststellung bestätigten SCHULZE et al. (2001) anhand eines PTH-Abfalls innerhalb der
ersten zwei Stunden nach Futteraufnahme bei vier Stuten. Die Höhe der täglichen Calcium-
Versorgung bzw. die Calcium-Bilanz der Pferde wurde jedoch in dieser Studie nicht ermittelt.
ZAMHÖFER (2002) beobachtete in ihrer Untersuchung bei zwei Pferden drei Stunden
postprandial einen Anstieg der PTH-Konzentration, während bei einem Pferd die
Konzentration deutlich abgenommen hat. Eine ausreichende Versorgung der Pferde mit 35 g
Calcium bei einem Bedarf von 25 g/Tag war sichergestellt.
In der eigenen Studie erhielten die Pferde eine Calciumzufuhr von 37,1 g/Tag bei einem
mittleren Bedarf von 23,7 g/Tag. Alle Pferde waren 40,2 % über den Bedarf mit Calcium
versorgt. Die Bestimmung der täglichen alimentären Calcium-Versorgung der Pferde ist für
die postprandialen Effekte der PTH-Konzentration insoweit von Bedeutung, da Calcium die
PTH-Sekretionsrate beeinflusst. Ist die Calcium-Versorgung der Tiere sehr hoch, so dass
innerhalb weniger Stunden postprandial ein starker Anstieg der Konzentration an Calcium im
Blut zu erwarten ist, ist gleichzeitig zu diesem Anstieg mit einem Abfall der PTH-Sekretion
zu rechnen, da zwischen diesen beiden Parametern ein negativer Rückkopplungsmechanismus
besteht.
SCHULZE et al. (2001) stellten, mit dem PTH-Abfall einhergehend, einen Anstieg des
ionisierten Calciums fest. ZAMHÖFER (2002) erfasste in ihrer Studie nur den Verlauf des
Gesamtcalciumspiegels und ermittelte bei zwei Pferden innerhalb der ersten drei Stunden
postprandial einen Anstieg der Gesamtcalciumkonzentration. Die Autorin vermutete
daraufhin einen gleichzeitigen Anstieg der Konzentration an ionisiertem Calcium, da bei
einem der beiden Pferde zudem ein Abfall der PTH-Konzentration zu beobachten war. Ein
Pferd zeigte einen PTH-Anstieg bei parallelem Anstieg des Gesamtcalciumgehaltes. Als
mögliche Ursache für den in dieser Untersuchung bei einigen Pferden beobachteten PTH-
Anstieg bei einem erhöhten Ca2+-Gehalt im Vollblut könnte eine Stressreaktion der Pferde auf
die Venenpunktion in Betracht gezogen werden. Durch Stress wird das sympathoadrenerge
System stimuliert und damit einhergehend die PTH-Sekretion erhöht.
V Diskussion
147
Es fällt auf, dass die Reaktion des PTHs in den unterschiedlichen Studien sehr variabel ist.
Dies wird auch durch die sehr große individuelle Variation des PTHs deutlich. So variierten
die in der eigenen Untersuchung gemessenen PTH-Werte zwischen 4,27 pg/ml (Pferd VI,
zwei Stunden postprandial) und 98,37 pg/ml (Pferd IV, unmittelbar vor der Fütterung). Auch
TORIBIO et al. (2001) beobachteten in ihrer Studie eine große Variationsbreite der PTH-
Werte bei Pferden. Die Autoren teilten anhand der Reaktion des PTH-Spiegels auf einen
Abfall der Calciumionenkonzentration ihre Probanden in Gruppen ein: Pferde mit einem
signifikanten Anstieg der PTH-Konzentration (High Responder). Pferde mit nur mäßigem
Anstieg der PTH-Konzentration (Moderate Responder) und Pferde ohne eine Veränderung
des PTH-Gehalts (Non Responder). Daraus lässt sich schließen, dass bei Pferden der
Feedback-Mechanismus zwischen Calcium und Parathormon individuell verschieden ist und
zwischen enger Kopplung und annähernder Unabhängigkeit der beiden Parameter
voneinander variiert.
Nicht nur die gemessenen PTH-Werte, auch die Plasmakonzentrationen von Osteocalcin,
PICP und ICTP zeigten große individuelle Unterschiede.
Eine Stunde nach Fütterung konnte bei drei (nach der ersten Fütterung) bzw. allen vier
Pferden (nach der zweiten Fütterung) ein Anstieg der Osteocalcinkonzentration im Plasma
beobachtet werden.
In der Literatur existieren nur wenige Angaben über das Auftreten fütterungsbedingter
Reaktionen des Osteocalcin-Gehaltes. Postprandiale Veränderungen der
Osteocalcinkonzentration konnten weder von LEPAGE et al. (1991) noch von ZAMHÖFER
(2002) eindeutig aufgedeckt werden. Die Fütterung scheint im Rahmen der eigenen
Untersuchung einen kurzfristigen Effekt in Form eines Anstiegs der Osteocalcinkonzentration
zu haben.
LEPAGE et al. (1991) und BLACK et al. (1999) berichten von diurnalen Schwankungen des
Osteocalcins mit Minimalwerten um 20.00 Uhr und Maximalwerten um 5.00 Uhr, wobei die
Pferde während dieser Studie bei Sonnenlicht gehalten wurden und somit die
Beleuchtungsdauer der Tageslänge entsprach.
V Diskussion
148
Die Beobachtungen der Autoren können nur bedingt im Rahmen dieser Untersuchung
bestätigt werden. Morgens um 6.00 Uhr wurde bei allen vier Pferden eine hohe
Osteocalcinkonzentration gemessen. Niedrige Werte konnten zu keinem einheitlichen
Zeitpunkt bei den Pferden festgestellt werden. HOPE et al. (1993) und GEOR et al. (1995)
stellten in ihren Untersuchungen jeweils keine Unterschiede in der Osteocalcinkonzentration
zur Tag- oder Nachtzeit fest. Die Autoren hielten die Pferde jedoch permanent bei künstlicher
Beleuchtung.
Eine postprandiale Kinetik von ICTP konnte in der Studie von ZAMHÖFER (2002) nicht
ermittelt werden, während Studien zu fütterungsbedingten Veränderungen von PICP beim
Pferd nicht existieren. Bei der Auswertung des Verlaufes der ICTP- und PICP-Konzentration
im Plasma ist ein postprandialer Effekt bei keinem der beiden Parameter zu erkennen. Bislang
ist keine Untersuchung zur Circadianrhythmik von ICTP oder PICP beim Pferd durchgeführt
worden. Im Rahmen der eigenen Untersuchung konnten keine tageszeitlich bedingten
Veränderungen der ICTP- und PICP-Konzentration ermittelt werden.
V Diskussion
149
2.2 Regulation des Ca-P-Haushaltes unter PTH-Applikation
Ca-P-Bilanz
Vom 14. bis zum 18. Applikationstag konnte im Vergleich zur Kontrollgruppe eine erhöhte
renale Elimination von Calcium beobachtet werden, die tendenziell auch noch vom 24. bis
zum 28. Applikationstag vorhanden war. Eine Veränderung der intestinalen Calcium-
Resorption
wie auch der fäkalen Calcium-Elimination war nicht festzustellen, so dass zwischen Tag 14
und 18 sowie Tag 24 und 28 der Applikationsphase eine reduzierte Calcium-Retention zu
verzeichnen war. Unter der hPTH (1-37)-Applikation wäre eine erhöhte intestinale
Absorptionsrate zu erwarten gewesen, da PTH beim Menschen und anderen Spezies indirekt
über Vitamin D eine vermehrte Resorption von Calcium im Darm bewirkt (SLOVIK et al.
1981, SUDA et al. 1990, TOROMANOFF et al. 1997). HARMEYER et al. (1992)
untersuchten in ihrer Studie die Bedeutung des Vitamin D-Stoffwechsels beim Pferd. Sie
applizierten drei Pferden einmalig Vitamin D (26 µmol/Tier) und konnten keine reaktiven
Veränderungen der intestinalen Calciumabsorption feststellen. Des Weiteren zeigte die
Vitamin-Applikation keinen Effekt auf die Konzentration von 1,25-Dihydroxy-Vitamin D
(1,25-(OH)2D) und 25-Hydroxy-Vitamin D und auf die renale 1-Hydroxylase-Aktivität. Die
Autoren beobachteten insgesamt eine per se sehr niedrige 1-Hydroxylase-Aktivität. In
verschiedenen Studien an Ratten konnte eine gesteigerte Retention von Calcium und
Phosphor unter Applikation von hPTH (1-34), die vor allem auf einer gesteigerten intestinalen
Absorptionsrate beruhte, beobachtet werden (SLOVIK et al. 1981, TOROMANOFF et al.
1997, RIOND et al. 1998, STEINER et al. 2001). Dies konnte bei Vitamin D-
supplementierten wie auch bei Vitamin D-unterversorgten Tieren beobachtet werden, so dass
eine Abhängigkeit von der nutritiven Versorgung mit Vitamin D bei ausreichender
Mineralstoffzufuhr ausgeschlossen wurde (TOROMANOFF et al. 1997). Bis vor einigen
Jahren wurde eine palliative Versorgung mit Vitamin D und dessen Metaboliten gefordert, da
eine der nachgewiesenen Hauptwirkungen der Applikation von Parathormon und dessen
synthetischen Fragmenten die Förderung der 1α-Hydroxylierung von 25-Hydroxy-Vitamin D
zu 1,25-Dihydroxy-Vitamin D (1,25-(OH)2D, Calcitriol) ist.
V Diskussion
150
Beruhend auf diesen Beobachtungen und den Ergebnissen der Studien von EL SHORAFA et
al. (1979) und BREIDENBACH et al. (1998) lässt sich vermuten, dass unter normalen
Bedingungen bei Pferden Vitamin D eine geringere Bedeutung als bei anderen
Haussäugetieren besitzt. So konnten EL SHORAFA et al. (1979) beobachten, das selbst bei
einem negativem Vitamin D-Haushalt und nicht vorhandener natürlicher Beleuchtung der
Pferde zwar rachitischen Veränderungen im Bereich des skelettalen System auftraten, diese
aber nicht stark ausgeprägt waren.
Da eine der Hauptwirkungen von Parathormon die Stimulation der 1α-Hydroxylierung von
25-Hydroxy-Vitamin D zu 1,25-Dihydroxy-Vitamin D (1,25-(OH)2D) ist, dies beim Pferd
aufgrund der geringen Bedeutung von Vitamin D aber keine Auswirkungen auf das
Absorptionsverhalten des Darmes hat, verändert sich die intestinale Calcium-Absorption
nicht. Mit diesen Feststellungen würde sich erklären lassen, warum in der vorliegenden Studie
keine Verbesserung der intestinalen Calciumabsorption unter hPTH (1-37)-Gabe eingetreten
ist.
Widersprüchlich erscheint die bei dieser Untersuchung ermittelte hochsignifikant erniedrigte
renale Elimination von Phosphor und die verstärkte Ausscheidung von Calcium über die
Niere unter hPTH (1-37)-Einfluss. Nicht nur in der Nebenschilddrüse, sondern auch entlang
des gesamten Nephrons von Ratten, besonders im basolateralen Bereich der Epithelzellen des
kortikalen Mittelstücks, konnten neben PTH-Rezeptoren auch Calcium-sensible Rezeptoren
lokalisiert werden (RICCARDI et al. 1998). Die renale Calcium-Reabsorption kann in diesem
Bereich, ähnlich wie in den distalen gewundenen Abschnitten der Nierenkanälchen, durch
Parathormon wie auch durch die extrazelluläre Calciumkonzentration gesteuert werden. PTH
generell steigert die tubuläre Rückresorption von Calcium und senkt die glomeruläre
Filtrationsrate (GFR) von Calcium, so dass ein Anstieg der extrazellulären Ca2+-
Konzentration erreicht wird. Chronisch hohe PTH-Konzentration führt jedoch zu einer
gesteigerten renalen Ausscheidung von Calcium. Dies widerspricht der in der eigenen
Untersuchung beobachteten erhöhten Ca-Ausscheidung über die Niere.
Hohe extrazelluläre Calciumionenkonzentrationen bewirken jedoch durch Bindung an CaR
und verschiedene second-messenger-Systeme eine erhöhte Ausscheidung von Calcium. Es ist
zu vermuten, dass bei Pferden die CaR für Calciumionen eine bessere Ansprechbarkeit und
somit einen stärkeren Einfluss auf die Ausscheidungsrate besitzen als die PTH-Rezeptoren.
V Diskussion
151
Folglich könnte trotz einer exogenen Hormongabe und somit einer hohen PTH-Konzentration
eine erhöhte renale Elimination von Calcium stattfinden.
Desgleichen kann als mögliche Ursache für diese gesteigerte renale Elimination eine zu hohe
Dosierung von hPTH (1-37) in Betracht gezogen werden, die indirekt über eine Aktivierung
von Osteoklasten zu einer Hypercalcämie führen könnte und somit die Ausscheidung von
Calcium zur Regulation der Ca-Homöostase begünstigen würde. Bei den in der eigenen
Studie eingesetzten Pferden konnte während der Applikationsdauer jeweils acht Stunden post
applicationem ein Anstieg der Konzentration an ionisiertem Calcium im Vollblut beobachtet
werden. Gegen eine vorliegende Osteoklastenaktivierung sprechen die im Plasma der Pferde
gemessenen Konzentrationen des Knochenabbaumarkers ICTP.
Ein weiterer Grund der erhöhten renalen Ca-Elimination könnte in einer alimentären Ca-
Überversorgung der Tiere liegen. TOROMANOFF et al. (1997) postulieren bei Ratten, dass
bei einer ausreichenden alimentären Versorgung genügend Calcium und Phosphor auf para-
bzw. transzellulärem Weg im Darm absorbiert und dem Knochenstoffwechsel zur Verfügung
gestellt werden kann. Untersuchungen beim Pferd zeigten, dass vorwiegend der Gehalt an
Calcium im Futter für die Absorption maßgeblich ist (CUDDEFORD et al. 1990). So können
Pferde selbst überschüssiges Calcium aus der Nahrung aufnehmen, wobei eine Regulation der
Calcium-Homöostase anschließend durch renale Elimination erfolgt. Im Rahmen der eigenen
Untersuchung sind die Pferde sowohl in der Kontroll- wie auch der Applikationsphase
konstant mit Calcium bedarfsüberschreitend versorgt worden. Es stellt sich allerdings die
Frage, inwieweit der Bedarf an Calcium gegebenenfalls bei der PTH-Applikation erhöht wird.
Die große Bedeutung einer ausreichenden Calcium- und Phosphor-Versorgung bestätigten
auch STEINER et al. (2001) in ihren Untersuchungen über den Einfluss einer niedrigen
Calcium- und Phosphor-Versorgung auf den anabolen Effekt der hPTH (1-38)-Gabe bei
weiblichen Ratten. Tiere, die nur unzureichend mit Calcium versorgt wurden, hatten zwar
verglichen mit den Kontrolltieren eine anabole Knochenstoffwechsellage, wiesen jedoch im
Vergleich mit ausreichend versorgten Tieren eine niedrigere Knochendichte und geringere
mechanische Belastbarkeit unter Hormongabe auf.
V Diskussion
152
RIOND et al. (1998) zeigten an Ratten eine von der Applikationsfrequenz und Dosis
abhängige renale Calcium- und Phosphor-Ausscheidung auf. Bei Ratten, denen innerhalb von
neun Stunden zwei- oder dreimal jeweils 50 µg/kg KM hPTH (1-38) appliziert wurde, konnte
im Vergleich zu einer einmaligen Hormongabe (50 µg/kg KM hPTH (1-38)) eine tendenziell
erhöhte renale Elimination von Calcium und Phosphor festgestellt werden, wobei die
intestinale Absorption dieser Parameter in dieser Studie bei allen drei Applikationsfrequenzen
signifikant erhöht war. Eine Dosisabhängigkeit der Calcium-Bilanz konnte von SLOVIK et
al. (1981) bestätigt werden. Die Autoren verabreichten Menschen in einer jeweils 18-tägigen
Studie hPTH (1-34) in unterschiedlichen Dosierungen. Dabei stellte sich heraus, dass die
Patientengruppe mit der höheren Dosis an hPTH (1-34) eine verbesserte Calcium-Retention
hatte, während die Gruppe mit der geringeren Dosis eine Erniedrigung der Calcium-Retention
aufzeigte.
Eine im Rahmen der eigenen Studie unter Applikationsbedingungen signifkant erniedrigte P-
Bilanz, die sich zum Teil im negativen Bereich befindet, ist vorwiegend auf eine signifikant
erhöhte fäkale Elimination zurückzuführen. Ein Ansatz zur Erklärung dieser unter hPTH (1-
37)-Applikation aufgetretenen Erhöhung der P-Ausscheidung mit dem Kot konnte in der
Literatur nicht gefunden werden, da der Effekt einer PTH-Gabe auf die intestinale P-
Absorption bisher kaum untersucht wurde.
PTH hat einen maßgeblichen Einfluss auf die renale Phosphor-Ausscheidung. Unter normalen
Bedingungen findet die Phosphor-Reabsorption aktiv entgegen eines elektrochemischen
Gradienten in den proximalen Tubuli der Niere unabhängig von PTH statt (HOCK et al.
2002). Die Reabsorption erfolgt zumeist auf transzellulärem Weg und ist abhängig von einer
niedrigen intrazellulären Calciumionenkonzentration, die von der basolateralen Na-K-ATPase
aufrechterhalten wird. Der Transport in die Zelle geschieht durch einen membrangebundenen
Natrium-Phosphat-Cotransporter (Npt2). PTH hat eine einschränkende Wirkung auf die
bereits begrenzte Phosphat-Rückresorptionskapazität der Niere (AGUS et al. 1981), deren
Ausprägung abhängig von der PTH-Rezeptordichte in diesen Bereichen ist.
PTH hat die Eigenschaft, über entsprechende second messenger die P-Ausscheidungsrate der
Niere zu erhöhen (PFISTER et al. 1998). Jedoch ist ebenfalls eine PTH-unabhängige
Regulation der renalen P-Ausscheidung durch die alimentäre Phosphor-Zufuhr nachgewiesen
V Diskussion
153
worden (TAKAHASHI et al. 1998). Der Phosphorgehalt im Futter bzw. die
Phosphoraufnahme hat einen direkten Einfluss auf die renale P-Elimination, die im
physiologischen Zustand unabhängig von Veränderungen der PTH- und Calcium-
Konzentration im Serum ist (HOCK et al. 2002). Eine hohe Phosphor-Zufuhr bewirkt eine
verminderte P-Reabsorption in der Niere und somit eine höhere renale P-Elimination. Wie
bereits diskutiert, ist in der eigenen Untersuchung die P-Versorgung nur unzureichend, so
dass der Einfluss der sehr niedrigen P-Zufuhr nicht abschließend eingeschätzt werden kann.
Im Gegensatz zu dieser klassischen Wirkung von PTH auf die Niere stehen die
Beobachtungen während der eigenen Untersuchung. Unter Applikation von hPTH (1-37)
konnte eine signifikante erniedrigte renale Elimination von Phosphor festgestellt werden. Als
Ursache hierfür kann eine nur sehr geringe PTH-Rezeptordichte in den betreffenden
Nierenabschnitten angenommen werden. Jedoch ist diese Erniedrigung der renalen P-
Ausscheidung sehr kritisch zu betrachten, da die renale P-Elimination auch unter
Kontrollbedingungen sehr niedrig war und es sich somit um ein Artefakt handeln könnte.
Im Rahmen dieser Studie konnte eine Ansprechbarkeit der Pferde auf die Hormongabe
nachgewiesen werden, jedoch gilt es in zukünftigen Studien, die Wirkung der hPTH-
Applikation zu optimieren. In folgenden Studien sollte ein für Pferde wirkungsoptimierter
Dosierungsbereich sowie eine Applikationsfrequenz ermittelt werden. Von großer Bedeutung
erscheint dabei eine Ermittlung der Relevanz der Calcium- und Phosphor-Versorgung sowie
des Vitamin D-Haushaltes begleitend zu der PTH-Applikation.
V Diskussion
154
2.3 Einfluss der hPTH-Gabe auf Ca, P, PTH und Knochenmarker im Blut als
Indikatoren für den Knochenstoffwechsel
Betrachtet man die während der 28-tägigen Applikationsdauer gemessenen Konzentration an
ionisiertem Calcium im Vollblut, so ist jeweils acht Stunden nach der Injektion ein Anstieg
der Calciumionenkonzentration im Vollblut während der gesamten Versuchsdauer zu
beobachten, der zum Teil auch statistisch abgesichert werden konnte.
Eine gefürchtete Komplikation bei der PTH-Gabe ist das Eintreten einer Hypercalcämie als
Folge der Applikation. In einigen humanmedizinischen Studien konnte unter einer
intermittierenden subcutanen hPTH-Applikation eine leichte vorübergehende Hypercalcämie
beobachtet werden, die aber in fast allen Fällen relativ schnell vom Organismus
gegenreguliert wurde (FINKELSTEIN et al. 1994, LANE et al. 2000, HODSMAN et al.
2000, NEER et al. 2001). Lediglich in zwei Studien normalisierte sich die Calcium-
Homöostase erst nach einer Reduktion der PTH-Dosis wieder (LANE et al. 1998, KURLAND
et al. 2000). In einer Studie an jungen männlichen Ratten infundierten HOCK und GERA
(1992) den Tieren hPTH (1-34) in einer Dosierung von 80 µg/kg KM. Die Tiere entwickelten
eine Hypercalcämie und verstarben. Eine Entgleisung der Calcium-Homöostase konnte in der
eigenen Untersuchung nicht festgestellt werden. Die temporär erhöhte Ca2+-Konzentration
normalisierte sich durch körpereigene Regulationsmechanismen kurzfristig, z.B. durch eine
erhöhte renale Elimination. Diese kurzfristige Erhöhung der Calciumionenkonzentration
deutet tendenziell auf katabole Vorgänge am Knochen, da bei einem Abbau von
Knochensubstanz Calciumionen in die Blutbahn freigesetzt werden. Der auf den
Knochenstoffwechsel katabole Effekt von PTH, der sich in Form einer Hypercalcämie bzw.
Erhöhung der Calciumionenkonzentration darstellte, wurde in einigen Studien beschrieben
(FINKELSTEIN et al. 1994, LANE et al. 1998, LANE et al. 2000).
Gegen einen knochenabbauenden Effekt der hPTH (1-37)-Applikation im Rahmen der
eigenen Untersuchung spricht jedoch die Gesamtcalciumkonzentration im Plasma. Betrachtet
man diese, so kann innerhalb der Applikationsphase wie auch im Vergleich zwischen
Applikations- und Kontrollphase keine signifikante Veränderung festgestellt werden.
Lediglich acht Stunden nach hPTH (1-37)-Applikation ist ein leicht erhöhter
Gesamtcalciumgehalt im Plasma vorhanden. Eine Veränderung der Gesamtcalcium-
V Diskussion
155
Konzentration unter der Hormonbehandlung ist trotz eines Anstiegs oder Abfalls der
Konzentration an ionisiertem Calcium im Vollblut nicht unbedingt zu erwarten, da das
ionisierte Calcium im Blut an Proteine und Salze gebunden oder entbunden werden kann,
ohne den Gesamtcalciumspiegel zu beeinflussen. Verdeutlicht wird dies auch durch eine
Betrachtung der Verteilung Ca2+/Gesamtcalcium, die in Abbildung 32 graphisch zum
Zeitpunkt 8 Stunden post injectionem bzw. gleicher Kontrollzeitpunkt am jeweils ersten
Beprobungstag der beiden Versuchphasen dargestellt ist.
50,00
52,00
54,00
56,00
58,00
60,00
62,00
64,00
66,00
68,00
70,00
Kontrolle PTH
Ver
teilu
ng C
a++/
Ges
amtc
alci
umvv
vm
Ca++ Gesamtcalcium
57,57 %
62,70 %
Abbildung 32: Verhältnis der mittleren Ca2+-Konzentration im Vollblut zu der
mittleren Gesamtcalciumkonzentration im Plasma 8 h post injectionem
am jeweils ersten Beprobungstag (n= 5 Pferde)
V Diskussion
156
In vielen bisher durchgeführten Untersuchungen zum anabolen Effekt einer PTH-Applikation
wurde die Ca2+-Konzentration bisher nicht berücksichtigt. Eine Intensivierung der
Einbeziehung dieses Parameters in folgenden Studien sollte überdacht werden.
Die Konzentration an anorganischem Phosphat im Plasma weist während des
Applikationszeitraums des Hormonfragments im Vergleich zur Kontrollphase ein leicht
erhöhtes Niveau auf. Dies ist als Auswirkung der Fragmentgabe auf den Knochenstoffwechsel
zu werten. Durch die Freisetzung von Calcium aus dem Knochen würde gleichzeitig auch
eine Mobilisation von Phosphat verursacht, da diese beiden Elemente als Salz gebunden im
Knochen gespeichert werden. Dies würde durch die signifikant erhöhte Konzentration an
anorganischem Phosphat im Plasma jeweils acht Stunden nach Applikation manifestiert
werden. Unmittelbar vor, 16 und 24 Stunden nach der Applikation befand sich die
Phosphatkonzentration auf einem konstanten Niveau, welches im Vergleich zu den
gemessenen Konzentrationen acht Stunden post applicationem signifikant niedriger war.
Da das Verhältnis des Ca-Anstiegs zu dem P-Anstieg nicht gleich ist, lässt sich schließen,
dass der dem Organismus zu Verfügung stehende Phosphor nicht aus der Knochensubstanz
mobilisiert wurde. Diese erscheint eher inaktiv.
Die tendenziell verringerte Konzentration des intakten Parathormons im Plasma acht Stunden
nach Applikation kann auf eine direkte wie auch indirekte Hemmung der endogenen PTH-
Freisetzung durch die Gabe des exogenen PTH-Fragments zurückgeführt werden.
COSMAN et al. (1998) ermittelten, dass selbst während einer dreijährigen intermittierenden
hPTH (1-34)-Gabe an postmenopausale Frauen keine dauerhafte Suppression der endogenen
PTH-Produktion vorlag, sondern lediglich eine kurzfristige Hemmung der endogenen PTH-
Sekretion eintrat. Da sich in einer Studie von LINDSAY et al. (1993) zehn bis zwölf Stunden
nach der täglichen hPTH-Applikation die Konzentration an exogenem hPTH (1-34) wieder
auf dem Ausgangsniveau befand, gingen die Autoren davon aus, dass dieser rapide Abfall des
zirkulierenden exogenen PTHs eine Erholung der Nebenschilddrüse zulässt. Anhand der
Ergebnisse ihrer Untersuchung gehen COSMAN et al. (1998) davon aus, dass eine
längerfristige intermittierende Gabe von PTH-Fragmenten keine Abschwächung der Wirkung
von einer hohen endogenen PTH-Konzentration auf die Zielorgane, wie die renale 1,25-
Dihydroxy-Vitamin D-Produktion und die renale Regulation des Phosphathaushaltes, bewirkt.
V Diskussion
157
Vielmehr lässt sich vermuten, dass die geringe Suppression der endogenen PTH-Sekretion für
die anabole Wirkung von hPTH von Bedeutung sein könnte. Durch eine kurzfristige
Suppression der endogenen PTH-Sekretion fällt dessen Blutkonzentration ab und demzufolge
würde auch die für PTH klassische, katabole Wirkung auf den Knochen aussetzen. Daraus
könnte ein Überwiegen der anabolen Prozesse im Knochenstoffwechsel resultieren.
Anhand der in dieser Studie aufgetretenen Veränderungen im Calcium- und Phosphor-
Haushalt liegt die Vermutung nahe, dass unter der Applikation von hPTH (1-37) katabole
Effekte auf den Knochenstoffwechsel stattfanden. Die „Entkopplungs-These“ wird durch die
nur geringen Veränderungen der Konzentration des Knochenresorptionsmarkers ICTP nicht
unterstützt, da keine signifikanten Veränderungen der ICTP-Konzentration im Plasma im
Vergleich der beiden Versuchsphasen eingetreten sind. Vergleichbare Daten zur Veränderung
des Knochenmarkers ICTP aus vorangegangenen Untersuchungen über die Effekte der hPTH-
Applikation konnten in der Literatur nicht gefunden werden, da sowohl bei Menschen wie
auch bei Ratten der Nachweis von Kollagen-Crosslinks (Pyridinolin und Desoxypyridinolin)
und Hydroxyprolin als Methode der Wahl zur biochemischen Bestimmung der
Knochenresorption anzusehen ist. Unter Applikation von hPTH konnte in verschiedenen
Studien ein Anstieg der Konzentrationen von Pyridinolin, Desoxypyridinolin und N-
Telopeptiden im Harn beobachtet werden (FINKELSTEIN et al. 1994, FINKELSTEIN et al.
1998, HODSMAN et al. 1997, LANE et al. 1998, LINDSAY et al. 1997, RITTMASTER et
al. 2000, KURLAND et al. 2000). Bei Betrachtung der Veränderungen des
Hydroxyprolingehaltes im Harn unter exogenem PTH-Einfluss zeigten sich in
vorangegangenen Untersuchungen kontroverse Ergebnisse. In einer Studie konnte ein Abfall
der Hydroxyprolin-Konzentration beobachtet werden (FUJITA et al. 1999), während sich in
drei Studien an Frauen mit Endometriose ein Anstieg der Konzentration eingestellt hat
(FINKELSTEIN et al. 1994, HODSMAN et al. 1997, FINKELSTEIN et al. 1998).
HODSMAN et al. (1990) konnten unter alleiniger PTH-Administration keine Veränderungen
der Hydroxyprolinausscheidung feststellen, wohingegen bei einer Kombinationstherapie von
PTH mit Calcitonin ein leichter Abfall des urinären Hydroxyprolingehalts eingetreten war.
Die Veränderungen der Konzentrationen der Knochenformationsmarker Osteocalcin und
PICP deuten dagegen auf das Eintreten anaboler Effekte der hPTH (1-37)-Gabe auf den
Knochenmetabolismus hin.
V Diskussion
158
Während der 28-tägigen Applikationsphase konnte am 1., 18., 24. und 28. Applikationstag
jeweils unmittelbar vor der Applikation eine signifikant erhöhte PICP-Konzentration im
Plasma analysiert werden. Jedoch haben die Veränderungen des PICPs nur eingeschränkte
Aussagekraft, da hier nur drei Pferde aufgrund fehlender Messdaten in die statistische
Auswertung einbezogen werden konnten.
In der Humanmedizin sind in Studien deutliche Veränderungen der PICP-Konzentration unter
einer intermittierenden PTH-Gabe beobachtet worden. So konnten HODSMAN et al. (1993)
nach 28 Tagen intermittierender Gabe des Hormonfragments PTH (1-34) bei 20 Frauen einen
Anstieg der mittleren PICP-Konzentration um 140% ermitteln. Eine Erhöhung in diesem
Ausmaß konnte in der eigenen Untersuchung nicht festgestellt werden, so dass, aller
Wahrscheinlichkeit nach, lediglich eine geringfügige Stimulation der knochenformativen
Prozesse stattgefunden hat, was in Übereinstimmung mit den Veränderungen der
Osteocalcinkonzentration steht.
Die Osteocalcin-Gehalte im Plasma waren während der 28-tägigen hPTH-Applikation jeweils
24 Stunden nach der Applikation bzw. auch unmittelbar vor der Applikation meist signifikant
erhöht. Daher ist anzunehmen, dass ein anaboler Effekt der Hormongabe auf den Knochen
eingetreten ist. Dies wird auch prinzipiell in der Literatur bestätigt, in der in zahlreichen
Studien ein deutlicher Anstieg der Osteocalcinkonzentration unter einer intermittierenden
Gabe von N-terminalen Parathormonfragmenten beschrieben wurde (FINKELSTEIN et al.
1994, COSMAN et al. 1998, LANE et al. 1998, KURLAND et al. 2000). In einer
Untersuchung an Osteoporose-erkrankten Frauen (n=20) beobachteten HODSMAN et al.
(1993) einen hochsignifikanten Anstieg des Serum-Osteocalcin-Gehaltes am Ende einer 28-
tägigen intermittierenden Applikationsphase von PTH (1-34) um 259%. Manifestiert wurde
diese biochemisch festgestellte Verbesserung der knochenaufbauenden Prozesse durch eine
histomorphometrisch gemessene fünffache Erhöhung der Knochendichte im Bereich des
Hüftknochens der Probandinnen. Osteocalcin war in dieser Studie der
Knochenformationsmarker, der am deutlichsten auf die PTH-Behandlung reagierte. Die
Autoren empfehlen die Bestimmung von Osteocalcin als die Methode der Wahl zur
Überprüfung von formativen Prozessen am Knochen, um Veränderungen im
Knochenstoffwechsel bei Osteoporose zu überwachen.
V Diskussion
159
Jedoch konnte in der eigenen Untersuchung ein Osteocalcinanstieg in einer solchen
Dimension nicht beobachtet werden (s. Abbildung 33). Betrachtet man die folgende
Abbildung 33, so zeigen alle Wertepaare, die oberhalb der Winkelhalbierenden liegen, eine
Erhöhung der Osteocalcinkonzentration unter der PTH-Applikation auf. Liegen die
Wertepaare auf der Linie, ist die gemessene Osteocalcinkonzentration während der PTH-Gabe
im Vergleich zur Kontrolle unverändert. Befindet sich das Wertepaar unterhalb der Linie, so
konnte unter Kontrollbedingungen eine höhere Osteocalcinkonzentration als zum gleichen
Zeitpunkt der Applikation gemessen werden.
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0 10 20 30 40 50 60 70 80
OC-Kontrolle (ng/ml)
OC
-App
likat
ion
(ng/
ml)
cc
Abbildung 33: Wertepaare, gebildet aus Osteocalcinkonzentrationen zum selben
Zeitpunkt der Kontrolle bzw. Applikation der einzelnen Pferde (ng/ml,
n= 4 Pferde zu jeweils 20 Zeitpunkten und 1 Pferd zu 19 Zeitpunkten)
V Diskussion
160
LEPAGE et al. (1998) berechneten in einer Studie das Verhältnis von OC : ICTP zur besseren
Beurteilung des Knochenmetabolismus. Den Autoren erschien dieses Verhältnis ein besserer
Indikator für subklinische pathologische Vorgänge am Knochen zu sein, da das Verhältnis
unabhängig vom Alter und Geschlecht ist.
Bei einem Vergleich der Quotienten aus ICTP und Osteocalcin unter Kontroll- und
Applikationsbedingungen ist kein signifikanter Unterschied zu ermitteln (s. Abbildung 36).
Dies lässt erkennen, dass sich der Knochenstoffwechsel weder zugunsten von formativen
Prozessen noch in Richtung verstärkter resorptiver Vorgänge verschoben hat.
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Quotient ICTP/OC Kontrolle
Quo
tient
ICT
P/O
C P
TH
-Gab
elll
Abbildung 34: Wertepaare, gebildet aus den ICTP/OC-Quotienten zum selben Zeitpunkt
der Kontrolle bzw. Applikation der einzelnen Pferde (ng/ml, n= 5 Pferde zu
jeweils 20 Zeitpunkten)
V Diskussion
161
Fasst man die in dieser Untersuchung festgestellten Veränderungen in der
Plasmakonzentration der Knochenformations- und -resorptionsmarker zusammen, so kann
man eine schwach ausgeprägte Stimulation der Knochenformation annehmen. Zwar sind in
Untersuchungen an Ratten schon nach einer zehntägigen Applikation von hPTH anabole
Veränderungen des Knochenstoffwechsels zu beobachten (TOROMANOFF et al. 1998), bei
Menschen und Hunden aber wurden erst nach einer längeren Applikationsdauer (28 Tage
bzw. drei Monate) signifikante Änderungen der Knochenmarkerkonzentrationen detektiert
(HODSMAN et al. 1993, LANE et al. 1998). Es ist durchaus denkbar, dass Pferde erst nach
einer längerfristigen Hormongabe deutliche Modifikationen im Knochenstoffwechsel, die
anhand von Konzentrationsänderungen der Knochenmarker aufgedeckt werden können,
aufweisen. Um dies abklären zu können, sollte in einer künftigen Studie ein längerfristiger
Applikationszeitraum in Erwägung gezogen werden.
In der eigenen Untersuchung wurde den Pferden ein heterologes, humanes PTH-Fragment
appliziert, so dass sich die Frage stellt, inwieweit dieses Fragment an equinen PTH-
Rezeptoren kompatibel und somit wirksam ist. Des Weiteren wurde die bei Menschen
angewandte Dosierung verabreicht, so dass weitere Untersuchungen, insbesondere Dosis-
Wirkungsstudien erfolgen müssen, um abschließend die Effekte der intermittierenden PTH-
Applikation beim Pferd beurteilen zu können.
Einen Überblick über die in der eigenen Untersuchung unter PTH-Gabe gemessenen
Konzentrationsänderungen der verschiedenen Parameter gibt Abbildung 35.
V Diskussion
162
Blut: Ca ↑, P ↑, intaktes PTH ↔
Abbildung 35: Konzentrationsänderungen der verschiedenen Parameter unter PTH-
Applikation,
fettgedruckte Veränderungen sind in Folgestudien wieder zu erwarten,
↑ gibt einen Konzentrationsanstieg an, ↓ stellt einen Konzentrationsabfall dar,
↔ spiegelt keine Konzentrationsveränderungen wider
Darm ↔
Blut: Ca ↑, P ↑, intaktes PTH ↔
Knochen: OC ↑, PICP ↑, ICTP ↑
Niere: Ca ↑, P ↓
V Diskussion
163
3 Abschließende Betrachtungen
Diese Untersuchung konnte keine klare Aussage über das Einsetzen von katabolen oder
anabolen Effekten bei einer täglichen intermittierenden subcutanen Injektion von hPTH (1-
37) in einer Dosierung von 0,5 µg/kg KM/Tag beim Pferd geben.
Allerdings bietet diese Untersuchung einen interessanten Ansatzpunkt für weitere Studien
über die Effekte und Einsatzmöglichkeiten von hPTH (1-37) oder anderen
Parathormonfragmenten, wie z.B. hPTH (1-34) oder ePTH-Fragment. Es gilt in einer künftig
durchzuführenden Sequenzierung von equinem PTH zu klären, welches Fragment mit dem
equinen, homologen PTH nahezu identisch ist und somit die höchstmögliche Wirkung
erzielen kann. Vergleichende Untersuchungen zwischen der Wirksamkeit von heterologen
und homologen PTH-Fragmenten beim Pferd stellen zukünftig zu untersuchende Aspekte dar.
Auch Studien über die Supplementierung verschiedener Ca- und P-haltigen Rationen während
der PTH-Applikation müssen in Folgeuntersuchungen berücksichtigt werden. Eventuell
vorliegende Unterschiede der Wirksamkeit von PTH-Fragmenten an gesundem und krankem
Knochen ist ein ebenfalls künftig zu klärender Gesichtspunkt.
Bei einer Ausreifung und Optimierung der anabolen Effekte der PTH-Gabe beim Pferd ist es
durchaus denkbar, PTH zur beschleunigten Heilung von Frakturen und Fissuren einzusetzen.
Eine palliative PTH-Therapie von Erkrankungen, die mit osteolytischen Prozessen verbunden
sind, wie z.B. Sesamoidose oder Podotrochleose, wäre ein ebenfalls möglicher Einsatzbereich
für die Anwendung von PTH in der Pferdemedizin.
Diese Studie stellt eine Pilotstudie zur Anwendbarkeit und Wirkung von PTH-Fragmenten bei
Pferden dar, die zu einer weiteren Erforschung dieses Gebietes anregen soll.
VI Zusammenfassung
164
VI Zusammenfassung
Kristina von Scheidt
Kurz- und mittelfristige Effekte der intermittierenden Applikation von humanem
Parathormon hPTH (1-37) auf den Calcium- Phosphor- und Knochenstoffwechsel
beim Pferd
Ziel dieser Studie war es, die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen einer intermittierenden hPTH (1-37)-Gabe auf den Knochenstoffwechsel und den Calcium- und Phosphor-Haushalt beim Pferd zu untersuchen. Ein weiterer Aspekt dieser Studie war die Überprüfung des diurnalen Verlaufs und der postprandialen Kinetik der Parameter intaktes Parathormon, Osteocalcin, PICP, ICTP, ionisiertes Calcium, Gesamtcalcium und anorganisches Phosphat. Bei der Untersuchung der Circadianrhythmik und der postprandialen Effekte wurden vier Pferde mit einem Durchschnittsalter von 8 ±2,45 Jahre eingesetzt. Über einen Zeitraum von 24 Stunden erfolgte stündlich eine Blutprobenentnahme bei den Pferden. Zur Untersuchung der Verträglichkeit und der kurzfristigen Effekte der Applikation wurde vier Stuten zwischen zwei und 15 Jahren einmal täglich über einen Zeitraum von vier Tagen hPTH (1-37) in einer Dosierung von 0,5 µg/ kg KM subcutan appliziert. Den Pferden wurden zweimal täglich, in einem je zwölfstündigen Abstand, Blutproben entnommen. Das Hormonfragment wurde direkt im Anschluss an die erste täglich Probenentnahme appliziert. Fünf Traberwallachen im Alter zwischen zwei und 21 Jahren (Durchschnittsalter: 10 ±7,0 Jahre) wurde täglich 0,5 µg/ kg KM hPTH (1-37) über einen Zeitraum von 28 Tagen subcutan injiziert. Den Pferden ist im Verlauf dieser Applikationsphase an fünf Beprobungstagen (Tag 1, 14, 18, 24 und 28 der Applikation) jeweils viermal täglich in einem achtstündigen Intervall Blut entnommen worden, wobei die erste Blutentnahme des jeweiligen Beprobungstages unmittelbar vor der Injektion des Hormonfragments stattfand. Dem Applikationszeitraum wurde eine 28-tägige Kontrollperiode vorausgeschaltet, in der den Pferden zu den gleichen Zeitpunkten wie während der Applikationsphase Blutproben entnommen wurden. Zum Auffangen des von den Tieren abgesetzten Kots und Harns zur Ermittlung der Calcium- und Phosphor-Bilanz trugen die Pferde während der zweiten Hälfte der beiden Untersuchungsphasen Sammelgeschirre.
VI Zusammenfassung
165
Folgende Parameter wurden bestimmt: - Blut: Intaktes Parathormon, Osteocalcin, PICP, ICTP, ionisiertes Calcium, Gesamtcalcium, anorganisches Phosphat, pH-Wert (in allen Versuchsphasen) - Kot und Harn: Calcium, Phosphor (nur 2.Hälfte der Untersuchung der mittelfristigen Effekte) Folgende Ergebnisse wurden erzielt: Circadianrhythmik
1. Die mittlere Konzentration an ionisertem Calcium im Vollblut stieg innerhalb von vier Stunden nach den Fütterungen signifikant an (p<0,05).
2. Weder die mittlere Plasmakonzentration an intaktem Parathormon noch die mittleren Konzentrationen von Osteocalcin, PICP, ICTP, Gesamtcalcium und anorganischem Phosphat im Plasma sowie der mittlere pH-Wert wiesen eine circadiane Rhythmik oder postprandiale Kinetik auf (Zeit n.s).
Mittelfristige Effekte der hPTH (1-37)-Applikation:
1. Die mittlere Calciumretention war mit 4,24 ±7,42 mg/kg KM/Tag zwischen Tag 14 und Tag 18 der Applikationsphase verglichen zum gleichen Zeitraum der Kontrollphase mit 17,36 ±8,99 mg/kg KM/Tag signifikant (p<0,05) niedriger. Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnte der Abfall der Calciumbilanz im Untersuchungszeitraum zwischen dem 24. und 28. Applikationstag statistisch nicht mit p<0,05 abgesichert werden. Veränderungen der Calciumaufnahme oder der fäkalen Elimination von Calcium konnten nicht beobachtet werden.
2. Unter der Gabe von hPTH (1-37) konnte zwischen Tag 14 und 18 sowie zwischen Tag 24 und 28 eine signifikante Erhöhung der Phosphorretention festgestellt werden (p<0,05). Gleichzeitig konnte eine signifikante Einschränkung der renalen Phosphorelimination beobachtet werden (p<0,05). Durch eine vermehrte fäkale Elimination von Phosphor zwischen Tag 14 und 18 der Applikation (p<0,05) erniedrigte sich die Phosphorretention in diesem Zeitraum signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe.
VI Zusammenfassung
166
3. Zu den einzelnen Beprobungszeitpunkten konnten keine signifikanten
behandlungsbedingten Unterschiede der intakten PTH-Konzentration ermittelt werden.
4. Am ersten und 28. Applikationstag konnte acht Stunden post injectionem ein Anstieg der Konzentration an ionisiertem Calcium im Vollblut festgestellt werden (Behandlung p<0,05, Zeit p<0,05). Dieser Anstieg war innerhalb der Applikationsgruppe auch an den anderen Beprobungstagen zu diesem Zeitpunkt tendenziell zu erkennen, konnte aber statistisch nicht abgesichert werden. Eine im Vergleich zur Kontrollphase erniedrigte Ca2+-Konzentration konnte am 14. und 24. Behandlungstag unmittelbar vor der Applikation beobachtet werden (Behandlung p<0,05, Zeit n.s.).
5. Die Gesamtcalciumkonzentration im Plasma zeigte während der Versuchsphase keine signifikanten Veränderungen zwischen der Kontroll- und Versuchsgruppe auf (Behandlung n.s.).
6. Jeweils acht Stunden nach der hPTH (1-37)-Applikation konnte eine signifikante behandlungsbedingte Erhöhung der Plasmakonzentration an anorganischem Phosphat beobachtet werden (p<0,05). Während des ersten Applikationstages war während der drei Beprobungszeitpunkte nach der PTH-Applikation die P-Konzentration im Vergleich zur Kontrollgruppe mit p<0,05 signifikant erhöht.
7. Im Verlauf der 28-tägigen Applikationsphase konnte jeweils 24 Stunden nach Applikation sowie an den Applikationstagen 14 und 18 auch unmittelbar vor der Injektion, verglichen mit der Kontrollgruppe, eine erhöhte Osteocalcinkonzentration ermittelt werden (p<0,05).
8. Unmittelbar vor der erneuten Applikation von hPTH (1-37) konnte eine erhöhte PICP-Konzentration an den Beprobungstagen 1, 18, 24 und 28 ermittelt werden. Am 18. und 28. Applikationstag wiesen die 16 Stunden post injectionem gemessenen PICP-Konzentrationen im Vergleich zur Kontrollgruppe ebenfalls signifikant erhöhte Werte auf. Acht Stunden nach Applikation konnte an drei Applikationstagen (Tag 14, 24 und 28) ein signifikanter Abfall der Konzentration beobachtet werden, der auch an den beiden anderen Beprobungstagen festgestellt, jedoch an diesen Tagen statistisch nicht abgesichert werden konnte.
9. Ein behandlungsbedingter Unterschied mit p<0,05 konnte nur am 18. Applikationstag 16 und 24 Stunden nach der Injektion in Form eines Anstieges der ICTP-Konzentration im Plasma beobachtet werden.
VI Zusammenfassung
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Die Ca-P-Bilanz sowie der Knochenstoffwechsel werden durch eine intermittierende Gabe von hPTH (1-37) beim Pferd stimuliert, wobei keine eindeutige Aussage über katabole bzw. anabole Effekte zu treffen ist.
VII Summary
168
VII Summary
Kristina von Scheidt
Short- and medium-term effects of intermittent human parathyroid hormone (1-37)
administration on calcium, phosphorus and bone metabolism in horses
The aim of this study was to investigate the influence of an intermittent administration of
human parathyroid hormone (1-37) on bone metabolism, calcium and phosphorus
homeostasis in horses under standardized conditions. Another aspect of this study was the
determination of diurnal variation and postprandial kinetic of the following parameters: intact