Kulinarische Besonderheiten Nordafrikas Tunesische Spezialitäten Die Bewohner von Tunis biden reichen Stoff zu völkerkundlichen Betrachtungen. Die verschiedensten Rassen und Nationen leben nebeneinander. Sie spre- chen, kleiden sich, wohnen und essen jeder nach »einer Eigenart. Die Einheimischen Mohammedaner und Juden führen, gleich tvie die eingewanderten Franzosen, Italiener, Malteser, Griechen und Spanier, wird serviert ihre eigene Küche. Jeder kocht auf seine Weise. Dem Einheimischen schmeckt nur, was in Uebereinstim- mung mit den Vorschriften seines Glaubens zubereitet ist. Wer auf die Idee verfallen sollte, in Tunesien eine Gemeinschaftsküche einzurichten, uürde damit wenig Glück haben. Die Sorge um das leibliche Wohl gei.t so weit, daß mancher, de r genötigt ist, außer l.<;ii...r.\ xu reisen, zur Wegzehrung tunesische Spezia- litäten mitnimmt und am Bestimmungsort als erstes nach einem tunesischen Restaurant Ausschau hält. Die Einheimischen würzen ihre Speisen über- mäßig. Die Gewürze ersetzen dem Mohammedaner ge- wissermaßen die Wirkung des geachteten Weins. Der Tunesier, besonders der Mann des Volkes, liebt es nicht, in Gesellschaft seiner Familie zu frühstücken. Auf dem Wege zu seinem Arbeitsplatz macht er halt vor einem de r unzähligen kleinen Läden, wo in Oli- venöl gebackene Krapfen sowie Brötchen feilgeboten werden, die halbiert und mit Oliven, Thunfisch, Sardinen, Ei, Kapern, sauren Gurken und Stückchen von roten Pfefferschoten gefüllt sind. In Tunis findet diese «casse-croüte» täglich reißenden Absatz. Der Araber trinkt dazu einen süßen Pfefferminztee, der Jude einen stark gezuckerten schwarzen Kaffee. In den Wirtschaften der Medina, dem arabischen Stadt- teil, wird im Winter auch eine mit rotem Pfeffer ge- würzte Suppe aus Kichererbsen oder gesüßter Brei aus Sorghomehl zum Frühstück gegessen. Mittags und abends bildet das «Couscous* das Hauptgericht der Einheimischen. Es wird aus grob- körnigem Grieß hergestellt, mit Wasser und Olivenöl übergossen und im Dampf einer Gemüsesuppe ge- dünstet. Dazu wird eine pikante rote Brühe serviert, die dem Neuling, der sie für harmlose Tomatensauce hält, den Mund arg verbrennt. «Couscous* ist eine in jedem tunesischen Haushalt beliebte Speise, die mit Gemüsen, Fleisch oder Fisch aufgetrage n wird. Ein tunesisches Kochbuch gibt folgende Anweisung, wie diese Nationalspeise zu essen sei: «Die Tüchgenossen sitzen mit untergeschlagenen Beinen auf einer Stroh- matte vor einem kleinen, runden, 50 cm hohen Tisch, auf den die hölzerne Couscous-Schüssel gestellt wird. Nimm einen langen hölzernen Löflel in die rechte Hand und iß aus der Schüssel, was deinen Nachbarn, der dasselbe tut, nicht beleidigen wird. Trinke von Zeit zu Zeit ein wenig Milch oder Wasser dazu und vermeide, zum Couscous Brot zu essen.* Eine orientalische Spezialität, «breik», besteht aus hauchdünnem Blätterteig, in den, bevor er im Oliven- Vor dem -Laden öl ausgebacken wird, ein Ei, Fleisch oder Fisch, Oli- ven und Gewürze gewickelt werden. Es gibt auch süße «breik* mit Mandelfüllung, die in Honig getunkt werden . Die Araber nennen sich stolz die besten Braten- köche der Welt. Sie kochen auf Holz- und Holzkohlen- feuer. Zum Braten von ganzen Schafen und Ham- meln, «Meschoui* genannt, auf das sie sich vorzüglich verstehen, graben sie im Freien ein Loch in die Erde, entfachen darin Feuer, legen das geschlachtete Tier am Spieß darüber und lassen es langsam gar werden, indem sie es fortwährend mit dem herabrinnenden Fett übergießen. Viel und gern gegessen wird «chakchouka», ein Gericht aus verschiedenen klein ge- schnittenen Gemüsen, in Olivenöl gekocht und stark gewürzt. Gewöhnlich bilden Früchte der Jahreszeit den Nachtisch . Bei Festen dagegen überbieten sich Mo- hammedaner und Juden im Erfinden von Süßigkeiten. Der Zuckerbäcker sitzt mit einem Fliegenwedel aus Palmblättern mitten unter seinen Kuchen, Kringeln und Krapfen, grell gefärbten Zuckerschleckereien mit Mandeln und Pistazien. Seine Ware trieft von Oel, Sirup und Honig und lockt durch ihren Duft Fliegen und Kunden an. Die Reichen feiern ihre Feste mit besonderen Tafelfreuden, wie die aus einer Sammlung von Gala- Menus herausgegriffene Speisenfolge zeigt: Hammelbraten Tauben mit Orangenblüten Couscous mit Mandeln und Trauben Schnitten von gehacktem Fleisch mit Knoblauch und Ingwer Schafragout mit Minze Kaltes Poulet mit aromatischen Kräutern Schaffleisch mit wilden Artischocken und Zimt Reis mit gesüßtem Oel Nudeln mit Honig und Orangenblüten Süßes Couscous mit eingemachten Früchten Zuckerwaren, Gebäck Kaffee, Pfefferminztee Wer vom Hammelbraten bis zum Pfefferminztee mitmachen will, wird gut tun, von jedem Gericht bloß zu kosten, statt zu essen! Neben den unzähligen kleinen Speisewirtschaften für Mohammedaner und Juden gibt es in Tunis einige große Restaurants mit guter französischer Küche und Gaststätten, in denen sich Italiener, Malteser, Griechen und Spanier an ihren Nationalspeisen gütlich tun. Die Italiener haben mit ihren Teigwaren den Markt er- obert und den Hausfrauen die Arbeit abgenommen, sie selber herzustellen. Mit Vorliebe beschließt der Mohammedaner seine Mahlzeit mit einigen Zügen aus der Wasserpfeife. M.H. Eine ägyptische mahlzeit Ziehe ich die genießerische Seite eines Aufenthalts in Aegypten in Betracht, so schwirren mir Namen wie «Kebab*, «Cinnamon* und dergleichen im Gedächtnis herum, die in der arabischen Küche geläufig sind. Selbst bei uns ist die sprichwörtliche Gastfreundschaft des Orients bekannt. Doch was dies in bezug auf Essen und Trinken heißt, versteht man erst, wenn man diese Vorzüge selbst genießt. Aber Vorsicht ist geboten, denn ein an europäische Kost gewöhnter Magen ist an- fänglich den reichen kulinarischen Genüssen Aegyp- tens kaum gewachsen. In denkwürdiger Erinnerung ist mir der Tag, an dem ich zum erstenmal ein orientalisches Menü aß. Wir saßen mit dem Hausherrn und seiner Gemahlin um einen Tisch versammelt, auf dessen Mitte eine riesige Schüssel mit köstlichem Reis thronte. Gebak- kener Truthahn türmte sich in kalt aufgeschnittenen In 'S Datteln und Melonen Tranchen obendrauf. Schon in Aegypten geu'innt der Reis als wichtiges Nahrungsmittel in seiner Bedeu- tung. In Spanien kennt man ihn als «Arroz* mit Toma- tensauce und allerhand Meergetier. Hier wird er nur gedämpft, bis er weich, aber körnig und trocken ist. Unsere Gastgeberin ließ als besondere Zutat dem Weis dünne, geröstete Teigwaren beimischen. Sehr pikant und nahrhaft ist das nächste Gericht: Gar- gekochte Auberginen wurden zu einem Berg geformt. Darüber wurde eine Tomatensauce gegossen, der eine gute Handvoll Rosinen den süßen Geschmack ver- lieh. Nicht nur die Hauptspeisen, auch die Salate sind mit vielerlei Zutaten und Gewürzen zubereitet. Gur- ken und Aepfcl in dünnen Scheiben halte unsere Gast- geberin in der Küche mit gehackten Nüssen und Rosinen bestreut. Die Mayonnaise darüber ist für den europäischen Geschmack vielleicht überflüssig, der Orientale genießt sie aber um so mehr. Daß gebra- tenes Hammelfleisch dazu gegeben wurde, ist für ägyptische Begriffe beinahe selbstverständlich. Es läßt sich kaum beschreiben, wie anstrengend dieses ^kleine Mittagessen* schon nur bis zu diesem Gang für uns war, denn wir sind es keineswegs ge- wohnt, uns mit solcher Ausdauer dem Essen zu wid- men. Als unser Gastgeber sich nach nahezu drei Stun- den vom Tisch erhob, entschuldigte er diese «Eile* mit unaufschiebbaren Arbeiten. Wir indessen hatten an der Tafel zu verbleiben, wenn wir nicht gegen die Gesetze der Gastfreundschaft verstoßen wollten. Eine süße Torte, aus Tausenden von zuckrigen Fäden zu- sammengesetzt, tvarb um unsere Gunst. Kokosnüsse, Zucker und Mehl waren zu einem Brei vermengt, durch ein Sieb getrieben und als dünne Fäden in eine Kuchenform gebracht worden. In gebackenem Zustand hat der Kuchen gewisse Aehnlichkcit mit einem ge- flochtenen Vogelnest. Bananen und Datteln in voller Reife, am Nil gewachsen, wollten ebenfalls versucht sein. Aber kein Essen darf ohne den aromatischen Kaffee enden, der mit besonderer Liebe zubereitet wird. Für jeden Gast wird der Kaffee einzeln in den kleinen Messingpfannen bereitet. Pulver, Zucker und Wasser im richtigen Verhältnis gemischt, ergeben einen erfrischenden Trank, der unfiltriert genossen wird. Wie mir die Hausfrau später erzählte, toll dieser Lunch keineswegs einem festlichen, reichen Mittags- mahl entsprochen haben, sondern einem «beschei- denen», alltäglichen Essen. Verpflegen kann man sich aber auch auf ein- fachere Art. Mineralwasser, Kaffee, gesalzene Erd- nüsse, Früchte, flaches Fladenbrot und Süßigkeiten er- steht man für wenige Piaster in den Straßen. All diese kulinarischen Herrlichkeiten verbreiten ein kurioses Gemisch von Düften, denn sie werden offen angebo- ten. Papier und Zellophan sind als Verpackungsmate- rialien bei den Straßenhändlern noch nicht gebräuch- lich. Vermutlich, weil sie hier auch noch zu teuer sind. Mit kräftigen Händen wiegt der Händler sein Marktgut. Er übergibt es seinem Kunden so, wie er es aus Fluß, Stall oder Garten erhalten hat. «Kebab» ist eine Art ägyptischer Nationalspeise, die. jedermann gerne ißt. Es handelt sich um kleine Stücke von Schaffleisch, die an Holzspießchen gebra- ten werden. In echt orientalischem Milieu genossen, schmeckt diese pikante Fleischspeise besonders gut. Wohl de r richtige Ort, sie zu genießen, ist der «Khan el Knilli , der Basar, der die billigste Einkaufsquelle von Kairo ist. Am Fuße jahrhundertealter Moscheen, in alten Stadtvierteln schlängelt sich dieser Markt s^>; Der Wasserpfeifenraucher Kcisverteilung durch enge, düstere Gassen. Zwischen die dicht anein- ander gedrängten Häuser fügen sich dann und wann kleine Gaststätten ein, aus denen der kräftige Geruch gebratenen Kebabs strömt. Nach gebräuchlicher Art sitzt man auf ledernen Hockern oder niedrigen Wand- bänken, deren Sitze mit Orientstoffen bezogen sind. Auf runden Tischchen ladet auf frischen Kresseblät- tern der aufgeschichtete Kebab zum Essen ein. Zu- sammen mit einem ägyptischen Fladenbrot gibt dies eine einfache, aber schmackhafte Mahlzeit. Und gegen den Durst hilft ein Glas kühlen Nilwassers, dem in Essenzform der Duft wohlriechender Orangenblüten beigegeben wurde. Zur Nachtzeit, wenn eine kühle Brise die Palmen kuppeln leise schwingen läßt, wird beim Plaudern eine Tasse «Cinnamon» genehmigt. Cinnamon ist ein Gewürz, das von einer zimtähnlichen Pflanze stammt. Mit diesem ordentlich scharf riechen- den Pulver wird ein richtiger Zimttee bereitet, der mit Zucker und etwas Zitronenaroma heiß getrunken wird . . Das kulinarische Aegypten erschöpft sich damit natürlich keineswegs, denn die orientalische Speise- karle steht mit ihrer Reichhaltigkeit kaum hinter der europäischen zurück. 4 Schwarzes Nashorn aus dem Zürcher Zoo Die Nashörner gehören mit den Tapiren und den Pferden zu den Unpaarhufern, ein Begriff, der sich leicht erklärt, wenn wir an den paarzehigen Fuß der Kuh, des Rehes oder der Giraffe denken. Gehen diese auf zwei, so gehen die Pferde noch auf einer Zehe. Den drei Familien der Unpaarzeher fehlen in . ihrer Anatomic Schlüsselbein und Gallenblase, ein Esel hat also keines von beiden. Die Nashörner be- sitzen drei behuf te Zehen; ob diese ungerade Zahl genügt, sie mit den ranken Pferden zusammenzu- stellen, muß den vergleichenden Anatomen überlassen bleiben, sie haben, wie erwähnt, noch andere Merk- male, um die Verwandtschaft zu behaupten. Man kennt viele ausgestorbene Arten; während der Eiszeit lebte in Europa das wollhaarige Nashorn mit dem Mammut zusammen. Auch die heutigen Repräsentan- ten dieser verwunderlichen Familie muten noch durchaus urweltlich an. Ihre Heimat liegt in Afrika, Indien und der ostasiatischen Inselwelt, sie sind über- all schon beklemmend selten geworden. Möge ihr Ruhm, de r seit der Antike groß ist, sie noch in letzter Stunde vor dem Ausgerottetwerden retten! Dafür werben heute alle Einsichtigen, allen voran die zoologischen Gärten in aller Welt, in denen diese vorsintflutlichen Kolosse immer besser ge- deihen. Rhis, Rhinas heißt auf griechisch die Nase; Rhiniti s bekanntlich de r Schnupfen, Keras das Hörn, und weil ihm ein solches auf der Nase wächst, trägt unser Dickhäuter den Namen Rhinoceros. Tatsächlich sind es aber deren swei: das mächtige vordere wird gelegentlich über einen Meter lang und bildet mit seiner gefährlichen Spitze eine furchtbare Waffe. Diese Hornmassen sind reine Erzeugnisse der Haut und entbehren einer knöchernen Stütze. Trotzdem vermögen die starken Tiere damit ein Auto- umzu- stoßen und haben sogar schon wiederholt Güterwagen der Ugandabahn aus dem Geleise geworfen. So wer- den sie natürlich auch ihrem Urfeind, dem Menschen, gefährlich, den sie aber, wie Hediger sicher mit Recht hervorhebt, niemals grundlos angreifen. Es gilt eben auch hier, nach der «Blitzlicht-und-Büchse-Zeit» erst einmal die Psychologie dieser vielleicht recht gut- mütigen Pflanzenfresser gründlich zu erforschen. Ihre deutsche Namenstaufe hängt an Ungefährem. Man unterscheidet das «schwarze» Spitznashorn (Diceros bicornis L.) vom selteneren, größeren «weißen» Breitmaulnashorn (Cerathotherium sinuim Burch.) durch Farben, die sie natürlicherweise gar nicht besitzen; beide tragen nämlich eine recht ähn- liche Farbe, ein dunkles Schiefergrau. Gelegentlich ist das eine vom Suhlen mit schwarzem Schlick ver- kleistert, und bei der Namensgebung des andern mag mitgespielt haben, daß die Buren das Tier «zuerst mit hellem Staube bedeckt sahen». Die drei noch lebenden asiatischen Verwandten sind das kleine Sumatranashorn, das mittlere Java- und das riesige Panzernashorn Indiens, das wir zurzeit im Basler Zoo bewundern können. Prof. Hediger teil t uns noch mit, daß der Zoo in Antwerpen zum erstenmal ein Paar «weiße» Nashörner hält und der Brookfield Zoo in Chicago soeben mehrere «schwarze» Nashörner ge- züchtet hat. In diesen Gärten des Lebens wird den Tieren aus ihrem größten Feind ihr größter Freund, und in der wachsenden Freundschaft aller für die bedrohten Wildtiere liegt deren einzige Hoffnung, daß ihre seltsame Schönheit erhalten bleibt. Aufnahme J. Motzgcr Neue Zürcher Zeitung vom 08.06.1952