Konzept der GGS Morsbach Jahrgangsübergreifender Unterricht 1 – 4 … Kinder … sind neugierig und wollen dazu lernen … müssen nicht alles vorgesagt bekommen … wollen zeigen, was sie können … müssen eigene Wege gehen … können häufig mehr, als man erwartet … denken richtig und machen trotzdem manchmal Fehler … können rechnen, bevor sie Gerechnetes lesen und schreiben können brauchen geduldige Erwachsene … Hartmut Spiegel
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Konzept der GGS Morsbach · Lernstrategien sowie soziale Kompetenzen und einen Sinn für Gemeinschaft aneignen. ... Die Reflexion des eigenen Lernprozesses („Das kann ich schon,
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Konzept der GGS Morsbach Jahrgangsübergreifender Unterricht 1 – 4
… Kinder
… sind neugierig und wollen dazu lernen
… müssen nicht alles vorgesagt bekommen
… wollen zeigen, was sie können
… müssen eigene Wege gehen
… können häufig mehr, als man erwartet
… denken richtig und machen trotzdem manchmal Fehler
… können rechnen, bevor sie Gerechnetes lesen und schreiben können
brauchen geduldige Erwachsene …
Hartmut Spiegel
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Vorwort
Seit einigen Jahren erleben wir auch in der Gemeinde Morsbach die Konsequenzen
des demografischen Wandels: Die Schülerzahlen in den vergangenen Jahren sind
stark zurückgegangen. Wurden noch im Schuljahr 2006/07 in den drei
Grundschulen der Gemeinde 558 Schülerinnen und Schüler in 23 Klassen
unterrichtet, so ergeben sich für das aktuelle Schuljahr 2013/14 352 Schülerinnen
und Schüler in insgesamt 15 Klassen.
Aufgrund dieser Entwicklung, insbesondere an den Standorten in Holpe und
Lichtenberg, wurde vom Rat der Gemeinde im Dezember des Schuljahres 2012/13
entschieden, alle drei Standorte in einem Schulverbund „GGS Morsbach“ zu
erhalten sowie an den Standorten in Holpe und Lichtenberg jeweils drei
Lerngruppen einzurichten, was eine unbeschränkte Aufnahmekapazität an diesen
Standorten gewährleisten soll.
Dies lässt nur die Organisationsform „jahrgangsübergreifender Unterricht 1-4“ zu.
Seit dem Beschluss des Rates wurde an der GGS Morsbach gemeinsam mit der
GGS Lichtenberg mit Hochdruck an einem umsetzbaren Konzept gearbeitet. Von
Beginn an wurde auch deutlich gemacht, dass wir an unserer Schule grundsätzlich
mit einem einheitlichen Konzept arbeiten wollen. Nur so sehen wir die qualitative
Unterrichtsentwicklung und -sicherung an unserer Schule gewährleistet.
Durch Netzwerkbildung mit anderen Grundschulen, die jahrgangsübergreifend 1-
4 arbeiten, konnten wir viele Informationen und Konzeptionen zu dieser
Organisationsform erhalten. Alle Kollegen und Kolleginnen sowie auch interessierte
Eltern hatten die Gelegenheit, sich an diesen Schulen den Unterricht anzuschauen
und darüber auszutauschen.
Während dieses Prozesses zeigte sich eine zunehmende Begeisterung aller
Kollegen und Kolleginnen für dieses Konzept und das ursprünglich organisatorische
Ziel veränderte sich zunehmend in ein pädagogisches Ziel, da die Arbeit an diesem
Konzept uns in unserer Vorstellung von gutem Unterricht mit individuellen
Fördermöglichkeiten überzeugte und bestätigte.
Wir danken den vielen Eltern, die sich mit uns in einen sehr guten, kritischen und
konstruktiven Austausch begeben haben und ihre Kinder mit uns gemeinsam in
der Entwicklung ihrer Persönlichkeit unterstützen, sie stärken und es ihnen
ermöglichen, an der Gestaltung der Gesellschaft und damit an ihrer Zukunft
bewusst und verantwortlich mitwirken zu können.
Wir möchten hiermit allen Interessierten unser Konzept in einer schriftlichen Form
zur Verfügung stellen.
Monika Rameil mit dem Kollegium der GGS Morsbach
Schulleiterin Morsbach im März 2014
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Inhalt
Vorwort
Teil I
1. Grundgedanken
2. Konsequenzen für die Schule
3. Entscheidung der Lehrerkonferenz der GGS Morsbach und Umsetzung
3.1 Didaktische Aspekte
3.2 Rechtliche Grundlagen für die Umsetzung des Vorhabens
3.3 Eltern
3.4 Schulische Organisation des Jahrgangsübergreifenden
Unterrichts an der GGS Morsbach
a) Kriterien für die Lerngruppenbildung
b) Klassengrößen
c) Inhalte und Organisation des jahrgangsübergreifenden
Unterrichts
d) Stundenplangestaltung
e) Offener Unterricht
3.5 Lernstandserhebungen, Leistungsfeststellung,
Leistungsbewertung
3.6 Lernzeiten
3.7. Klassenfahrten
Teil II
Anlage 1 (Übersicht der Unterrichtsorganisation)
Anlage 2 (Stundenpläne Beispiele)
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1. Grundgedanken
Artikel 2 - GG
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit […].
Artikel 3 - GG
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder
bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
§1 Recht auf Bildung, Erziehung und individuelle Förderung - SchG NRW
(1) Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung […].
Grundlage der Erziehungs- und Bildungsarbeit an der GGS Morsbach sind das
Grundgesetz, die Landesverfassung und die Grundschule betreffenden Gesetze.
In seiner Entwicklung ist jedes Kind schon von Geburt an einzigartig und
unverwechselbar. Seine individuellen Fähigkeiten und Verhaltenseigenschaften
setzen sich im Laufe seiner Entwicklung immer stärker durch und damit auch die
Vielfalt unter Kindern einer Altersgruppe. 20 gleichaltrige Grundschulkinder
können sich in ihrem Entwicklungsalter um bis zu drei Jahre unterscheiden, mit 13
Jahren kann dieser Unterschied bis zu 6 Jahren betragen. Jedes Kind hat ein
eigenes Profil von Begabungen und Kompetenzen. Hinzu kommt die Förderung der
Vielfalt durch die verschiedenen sozialen, kulturellen und religiösen Umfelder der
Kinder. Das heißt, die Lehrkräfte und auch die Eltern müssen einen Weg finden,
mit diesen Unterschieden umzugehen und die Fähigkeiten der Kinder
unterstützend zu entwickeln, Fähigkeiten aufzubauen und Stärken auszubauen.
Unsere Gesellschaft und damit verbunden auch die Erziehungsvorstellungen haben
sich in den letzten 20 bis 30 Jahren sehr verändert. Kinder werden heute – auch
unabhängig von der neuen Mediennutzung – gänzlich anders groß als „früher“. Die
Betonung liegt auf einer größeren Partnerschaftlichkeit von Eltern und Kindern:
Kinder müssen weniger gehorchen und es wird mehr ausgehandelt. Die
Familienstrukturen haben sich ebenfalls deutlich gewandelt: weniger
Geschwisterkinder und alternative Familienzusammensetzungen. Zudem wachsen
Kinder heute deutlich seltener mit Zukunftssicherheit und dafür häufiger in
Krisenerwartung auf. Die schulische Bildung und Erziehung steht auch aus diesem
Grund in einem deutlich hohen Erwartungshorizont seitens der Eltern.
Kinder sollen ein gutes Selbstwertgefühl mit der Überzeugung „Ich schaffe es!“
entwickeln. Ein gutes Selbstwertgefühl ist für eine Schülerin und einen Schüler mit
positiven Erfahrungen und mit Erfolg verknüpft. Dazu gehört aber auch die
Erfahrung, mit den eigenen Schwächen umgehen zu können.
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Kinder sollen sich in der Schule Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und
Lernstrategien sowie soziale Kompetenzen und einen Sinn für Gemeinschaft
aneignen. 1
Schule muss sich diesen Erwartungen und Vorstellungen sowie einer veränderten
Lernkultur in unserer demokratischen Gesellschaft stellen.
Die Rolle der Lehrkraft hat sich dabei deutlich gewandelt. Sie beschränkt sich nicht
mehr auf reine Wissensvermittlung, sondern hat einen deutlichen Schwerpunkt in
der Begleitung des individuellen Lernweges des einzelnen Kindes.
2. Konsequenzen für die Schule
Die Vielfalt der Kinder sowie die unterschiedlichen Entwicklungsstände sind eine
große Herausforderung in einer Lerngruppe. Den individuellen Bedürfnissen und
Fähigkeiten der Kinder muss in Familie und Schule Rechnung getragen werden. In
der Schule können und müssen Lehrkräfte dieser Verschiedenheit mit einer
verstärkten Individualisierung im Unterricht begegnen. Dazu bedarf es
Organisations- und Lernformen, die dieser Forderung Entfaltungsmöglichkeiten
geben. Das jahrgangsübergreifende Arbeiten in Lerngruppen 1-4 bietet diese
Chance.
Klare Regeln und Organisationsstrukturen ermöglichen Kindern gemeinsame
Lernerfahrungen mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen und ähnlichen
Alters: Verschiedenheit und „Expertentum“ stehen im Mittelpunkt und können so
von Beginn an als Normalität erfahren werden. Individuelle Zugänge zum Lernen
sind der Regelfall.
Das unterstützte, zunehmend selbstorganisierte Lernen ermöglicht dem Kind, sich
in seiner Persönlichkeit zu entwickeln und ein schulisches Selbstbewusstsein
aufzubauen. Die Reflexion des eigenen Lernprozesses („Das kann ich schon, das
will ich noch lernen.“) im Dialog mit der Lehrkraft ist neben dem Lerntagebuch
dabei ein wichtiger Baustein und wirkt ermutigend auf die Lernbereitschaft.
Um den Lernweg der Schülerinnen und Schüler angemessen zu begleiten, ist es
eine wichtige Aufgabe der Lehrkräfte, die Stärken und Schwächen der Kinder zu
diagnostizieren und ihnen entsprechendes Förder- und Fordermaterial
bereitzustellen.
Alle an der Bildung und Erziehung des Kindes Beteiligten müssen sich ihrer
gemeinsamen Verantwortung stellen.
1 (siehe dazu: Remo H. Largo und Martin Beglinger: Schülerjahre – Wie Kinder besser lernen. 2009
Piper Verlag München)
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In einer demokratischen Gesellschaft steht die Übernahme von Verantwortung und
Teilhabe im Mittelpunkt. Auch hier leistet die Schule ihren Beitrag. Im Klassen-
und Schülerrat lernen die Kinder ihre eigene Verantwortung für die Gemeinschaft
zu übernehmen.
Der respektvolle Umgang aller an Schule Beteiligten ist ein unabdingbares Muss!
3. Entscheidungen der Konferenzen der GGS Morsbach und Umsetzung
Am 22.04.2013 fasste die Schulkonferenz den Entschluss, im Schuljahr 2013/14
auf Grund der sehr kurzen Erarbeitungsphase für das neue Konzept
„Jahrgangsübergreifender Unterricht 1-4“ am Hauptstandort zunächst
jahrgangsbezogen weiter zu arbeiten, mit dem Blick auf ein zukünftiges
einheitliches Konzept an der gesamten Schule
Im Prozess der Konzepterarbeitung zeigten sich so zunehmend die Schwierigkeit
und der Aufwand, zwei unterschiedliche Organisationsformen nebeneinander zu
praktizieren und gleichzeitig weiterzuentwickeln.
In dieser Planungs- und Umsetzungsphase wurden sowohl didaktische und
pädagogische Aspekte als auch rechtliche Grundlagen sowie Fragen der
Organisation bearbeitet. Dabei wurden auch die z. T. durchaus kritischen
Rückmeldungen aus der Elternschaft berücksichtigt und eingearbeitet.
Am 08.01.2014 sprach sich die Lehrerkonferenz mehrheitlich dafür aus, im
kommenden Schuljahr 2014/15 das jahrgangsübergreifende Arbeiten 1-4 an allen
Standorten in einer Erprobungsphase umzusetzen. In der Erprobungsphase soll
nach zwei Jahren eine Zwischenbilanz und nach fünf Jahren eine Gesamtevaluation
stattfinden.
Am 17.02.2014 wurde dieser Beschluss durch die Schulkonferenz mehrheitlich
bestätigt.
3.1 Didaktische und pädagogische Aspekte
Gute Unterrichtsentwicklung und -sicherung kann nur in gemeinsamer kollegialer
Zusammenarbeit stattfinden. Schon vor dem Schulverbund mit der GGS
Lichtenberg hat die GGS Morsbach nach der Qualitätsanalyse NRW auf ein
einheitliches für alle verbindliches Konzept hingearbeitet.
Die Konzeptentwicklung und damit die intensive Auseinandersetzung mit
jahrgangsübergreifendem Unterricht haben im Kollegium zu der gemeinsamen
Position geführt, diesen Unterricht aus Überzeugung an allen drei Standorten
durchzuführen. Darin eingeflossen sind ebenfalls die Erfahrungen, die mit der
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jahrgangsübergreifenden Schuleingangsphase 1/2 bereits seit einigen Jahren am
Standort Lichtenberg gemacht wurden.
Wir sehen im jahrgangsübergreifenden Unterricht 1-4 folgende pädagogischen und
didaktischen Grundanforderungen gesichert:
Nur 5-7 Erstklässler kommen jedes Jahr in eine neue Lerngruppe und
beginnen durch das Vorbild der älteren und schulerfahrenen Kinder deutlich
früher mit dem Lernen.
Es müssen nicht in jedem Jahr in Klasse 1 neue Regeln und Rituale im
Klassenverband erarbeitet werden. Die bereits bestehenden Regeln und
Rituale werden weitergeführt.
Die Schülerinnen und Schüler sind über 4 Jahre in einer überwiegend
konstanten Lerngruppe, nur eine kleine Zahl an Schülerinnen und Schülern
wechselt jährlich (ca. 1/4).
Bei Nichtversetzung oder freiwilligem Rücktritt verbleiben Schülerinnen und
Schüler in der Lerngruppe.
Beim „Überspringen“ einer Klasse verbleiben Schülerinnen und Schüler in
der Lerngruppe.
Bei der flexiblen Verweildauer von ein, zwei oder drei Jahren der
Schuleingangsphase verbleiben die Schülerinnen und Schüler in ihrem
Klassenverband.
Durch den offenen Unterricht erhalten die Schülerinnen und Schüler eine
gute Vorbereitung auf das selbstständige Arbeiten in den weiterführenden
Schulen.
Die Schülerinnen und Schüler können individueller gefördert werden und in
ihrem eigenen Lerntempo arbeiten.
Die unterschiedlichen Lernausgangslagen der Schülerinnen und Schüler
können im jahrgangsübergreifenden Lernen stärker berücksichtigt werden.
Kinder mit Behinderung und zusätzlichem Förderbedarf arbeiten und lernen
in einer Lerngruppe, in der Verschiedenheit normal ist.
Kinder lernen im jahrgangsübergreifenden Lernen stärker von- und
miteinander und akzeptieren sich als unterschiedlich lernende Individuen.
Das soziale Lernen steht stärker im Vordergrund.
Kinder entwickeln ein größeres Verantwortungsbewusstsein für sich selbst
und andere.
Die Schülerinnen und Schüler steuern und organisieren ihr Lernen stärker
selbst.
Die Lernumgebung bietet Anreize und Lernmöglichkeiten für die
unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Kinder in allen Jahrgängen.
Dadurch wird das unterschiedliche Können in unterschiedlichen
Lernbereichen stärker berücksichtigt und aufgegriffen.
Offene gemeinsame und individuelle Arbeitsphasen im
jahrgangsübergreifenden Verband und jahrgangsbezogene Lernphasen
stärken die unterschiedlichen Lernprofile des einzelnen Kindes.
Die gemeinsame Planung und die Arbeit der Lehrkräfte in Teams fördert die
qualitative Unterrichtsentwicklung.
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3.2. Rechtliche Grundlagen für die Umsetzung des Vorhabens
(a) Das Schulgesetz legt bei der Bildung von Schulverbünden in § 83 folgendes
fest:
[…] Spätestens 5 Jahre nach Bildung eines Grundschulverbundes ist in der Schule
in einer einheitlichen Organisation gemäß § 11 Absätzen 2 und 3 zu unterrichten.
[…]
(b) Die Möglichkeit zur Bildung jahrgangsübergreifender Klassen 1-4 ist im
Schulgesetz NRW § 11, Abs. 3 geregelt:
„Die Klassen 3 und 4 sind aufsteigend gegliedert. Sie können durch Beschluss der
Schulkonferenz und auf der Grundlage eines pädagogischen Konzeptes mit der
Schuleingangsphase verbunden und jahrgangsübergreifend geführt werden.“
(c) Die Schulkonferenz der GGS Morsbach fasste am 17.02.2014 folgenden
Beschluss:
Ab dem Schuljahr 2014/15 führt die GGS Morsbach auch am Hauptstandort
Morsbach den Jahrgangsübergreifenden Unterricht in jahrgangsübergreifenden
Gruppen 1-4 ein, sodass an allen Standorten einheitlich gearbeitet wird. Die 4.
Schuljahre sind im Schuljahr 2014/15 am Hauptstandort Morsbach vom