Kommunen im Wandel Aktuelle Verwaltungsreformprozesse in Deutschland und Europa Renate Reiter (Dipl. Pol.), Universität Potsdam Berliner Verwaltungsreform zwischen Wunsch und Wirklichkeit. 18. Berliner Kommunalpolitischer Tag der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit
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Kommunen im Wandel
Aktuelle Verwaltungsreformprozesse in
Deutschland und EuropaRenate Reiter (Dipl. Pol.), Universität PotsdamBerliner Verwaltungsreform zwischen Wunsch und Wirklichkeit.18. Berliner Kommunalpolitischer Tag der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit
Deutschland Frankreich GroßbritannienLokale Autonomie und Prinzipien der vertikalen Aufgabenverteilung
(Staat-Kommune-Verhältnis)
- Garantie komm. SV (Art. 28,2 GG; universale Zuständigkeitsvermutung- Multifunktionales Profil-‘verschmolzenes’ System (“Janus-Gesicht”): zwischen staatl. Auftrags- und freiwilligen Selbstverwal-tungsanegelegenheiten- Wenige dekonzentrierte monofunkt. Staatsbehörden
-Garantie komm. SV (Art. 72 Frz. Verf.; universale Zuständigkeits-vermutung- monofunktionales Profil-‘verschmolzenes’ System (staatszentriert): staatl. und komm. Selbstverw.-Aufgaben unter staatl. Kontrolle (tutelle)- Staat dominiert lokale Aufgabenerbringung (Prefect; monofunkt. services extérieurs)
-Keine Verfassungsgarantie der komm. SV; ultra-vires-Prinzip- Multifunktionales Profil - Getrenntes System (dual polity): Trennung zwischen zentralstaatlichen und kommunalen Aufgaben- Wenige dekonzentrierte monofunkt. staatl. Agenturen
Horizontale Aufgabenaufteilung/ Modell der Leistungserbringung
Kommunen im Wandel – Dezentralisierung, interkomm. Reform: Frankreich
Zentrale Reformstrategie: politische Dezentralisierung Aktuell (seit 2003): zweite Stufe der Dezentralisierungsreform (“Acte II”) ‘Blockweiser’ Transfer von Staatsaufgaben auf territoriale Gebiets-
körperschaften (collectivités locales) Funktionale Stärkung der Départements, Regionen und interkommunalen Körperschaften (EPCI); keine weiteren Aufgaben an Kommunen
Funktionale Schwächung der dekonzentrierten Staatsverwaltung (Präfekten); allerdings weiterhin vergleichsweise starke Position (u.a. Koordination; LOLF)
“Interkommunale Revolution” seit 1999 (mittlerweile 80% der Kommunen) Probleme:
Kommunen in der zweiten Stufe der Dezentralisierung ‘außen vor’ Indirekte Kontrolle durch andere Gebietskörperschaften (Departements) Real geringe Entscheidungsspielräume der Kommunal-/Stadträte Selbstverwaltungsaufgaben der Départements ‘gestutzt‘ Generalräte als große lokale ‘Sozialverwaltungsräte’?
“Aushöhlung” der kommunalen Demokratie/ kommunaler Entscheidungskompetenzen
Zunahme der zentralstaatlichen Interventions- und Regulierungstätigkeit unter “New Labour” (Rundschreiben, Leitlinien, Vorgaben)
Umfassendes, zentralstaatlich gesteuertes System der Performanzmessung und -kontrolle der Kommunalverwaltungen (Best Value, BV; Comprehensive Performance Assessment, CPA)
GB als einziges Beispiel gegenläufiger Trendentwicklung: zentralstaatlicher Interventionsimus und institutioneller Rückbau der kommunalen Autonomie (UK „falls out of step with the rest of Europe“ (Stoker 1998))
Erste Welle in den 1970er Jahren (Westdeutschland); zweite Welle in den 1990er Jahren (Ostdeutschland)
Gemeindezusammenlegungen in Ostdeutschland (Reduzierung der Anzahl der Kommunen seit 1990 > Bbrg: -76%; Sachsen: -70%)
Übergreifendes Ziel: Stärkung des multifunktionalen Leistungsprofils Problem in den 1990er und Anfang der 2000er: Haushaltskrise (2003: 8
Milliarden Euro Defizit der Kommunalhaushalte) Bottom-up Reform: Neues Steuerungsmodell (NSM); KGSt Teilweise Abschaffung der Mittelinstanzen in den Ländern Jüngste Ansätze der Länder zur Übertragung von Staatsaufgaben auf die
Kommunen im Wandel – Privatisierung, Marktorientierung: Frankreich Dezentralisierungsreformen der 1980er und Wirtschaftskrise als Triebfedern
für Privatisierung, Ausgliederung und Kontraktualisierung Private Anbieter übernehmen “un rôle leader” Aufgabenausgliederung (délégation) als generelle Strategie im Bereich der
Daseinsvorsorge (3 große Unternehmen teilen sich den frz. Markt) Bsp. Trinkwasser/Abwasser: Anteil der Verbraucher, die Trinkwasser von
privaten Anbietern beziehen wächst von 30% 1955 auf 60% 1983 und 80% 1999 (Kuhlmann 2007)
Jedes Jahr Errichtung von durchschnittl. 100 gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen (“SEM reflex” auf Dezentralisg.- und interkomm. Reformen)
Verstärkte Einbindung von non-profit Organisationen (associations) in Erbringung von Sozialaufgaben (insb. Arbeitsmarktwiedereingliederung; Resultat der Dezentralisierung der Finanzierung von Sozialaufgaben; RMI)
Kommunen im Wandel – Privatisierung, Marktorientierung: Deutschland
Weitreichender Wandel im Energieversorgungsmarkt (EU Markt-liberalisierung, kommunale Privatisierungspolitiken)
Öffnung geschützter “lokaler Märkte” für den Wettbewerb Haushaltskrise zwingt Kommunen zu Privatisierungen und Einschränkungen
der freiwilligen Leistungen Bedeutungszuwachs privater Anbieter für die lokale Leistungserbringung Nur 1% der dt. Städte (> 20,000 Ew.) hat sich nicht an outsourcing beteiligt 83% haben 5-13 Leistungen ausgelagert (Aufgabenprivatisierung) Private Unternehmen halten 40 % der Anteile an kommunalen
Unternehmen (Organisationsprivatisierung) 11% aller kommunalen Unternehmen sind mehrheitlich in privaten Händen Wachsender Trend zu „Beteiligungen“ 80% der über Beteiligungen
erbrachten Leistungen/Funktionen werden von privatrechtlichen Beteiligungsgesellschaften ausgeführt
Kommunen im Wandel – Koordinationsfähigkeit und demokratische Kontrolle
Frankreich GB Deutschland
- Keine hierarchische Über-/ Unterordnung zwischen den Gebietskörperschaften
- Zu viele ‘Spieler’ und Ebenen; hohe Koordinationsan-forderungen
- Staat bleibt weiterhin dominanter Akteur
- Zunahme der vertikalen und horizontalen Koordinations-probleme
- Abnahme der Transparenz öffentl. Leistungserbringung insitutionelle Verdichtung, Dekonzentration, ‘SEM-reflex’
- Schwierige Bedingungen für demokratische Kontrolle und Verantwortlichkeit
- Stärkung der lokalen Exekutive (anstelle von Rat und/oder Bürgern)
- Ausbau monofunktionaler Agency- und Quango-Strukturen
- Gesteigerte Fragmentierung des sub-nationalen Institutionen-landschaft -Abnehmende Koordinations-fähigkeit zwischen Aufgaben-bereichen- Übergang vom ein-funktionalen Organisationsmodell zum “joined-up government” bislang erfolglos
- Agencies/ Quangos operieren außerhalb der Einflusssphäre des gewählten Gemeinderats
- Verlust demokratischer Verant-wortlichkeit und Kontrolle
- Übergang vom “government by committee” zum “government by appointment”-Prinzip
- Rationalisierung der lokalen Institutionenstrukturen über “Funktionalreformen”
- Dennoch Fragmentierung der lokalen Leistungserbringung aufgrund von Privatsierung und Ausgliederung
- Schwächung der intersek-toralen Koordinationsfähigkeit als Folge
- Keine Stärkung der Räte „unechte“/ „kupierte Dezen-tralisierung“
- Einschnitte in repräsentative Demokratie (Gemeindezu-sammenlegungen)
- ‘Selbst-Beschneidung’ der demokratischen Entscheidungs- und Kontrollmacht vor Ort (Privatisierungen)
- “Territoralisierung” und one-stop-Service-Einrichtungen
- Kein Qulitätsverlust in der Leistungserbringung
- Jedoch verstärkt regionale Disparitäten (insb. im Sozialbereich)
- Ausgliederungen z.T. mit negativen Qualitäts- und Kosteneffekten für Nutzer
- Begrenzter Verbesserung der Servicequalität und -effektivität (z.B. Schulverwaltung)-Zahlreiche Anzeichen für abnehmende Effektivität und Qualität, z.B. im Bereich der Trinkwasserversorgung (techn. Probleme)
- Abnehmende Servicequalität aufgrund erhöhter Arbeits-belastung, beständiger Kontrolle und Demotivation der Mitarbeiter, z.B. erhöhte Krankheitsquote bei Lehrern (24% mehr Krankschreibungen); verstärkung der Frühverrentung (um 20%)
- Aufgabenzuwachs z.T. auf Kosten der Qualität (outcomes), z.B. Umweltverwaltung - Gründe: “politische Logik” der örtlichen Entscheidungsfindung zugunsten von Leistungs-einschränkungen, geringerer Spezialisierungsmöglichkeiten
- Privatisierungen und Ausgliederungen
- Jedoch, verbesserte Servicequalität und Bürgernähe (Responsivität; Bearbeitungs-dauer etc.):
- Gesteigerte Transaktions-kosten; zusätzliche Ausgaben für zentralstaatlich gesteuerte Performanzkontrolle (600 Mio. Pfund/Jahr)- Auswirkung des CCT: Personaleinsparungen
(ca. -300.000 seit 1990)
- Ziel: Verringerung der Personalkosten als Maßnahme zur Steigerung der ‘Wett-bewerbsfähigkeit’ der Kommunen mit privaten Anbietern
- Verschlechterung der Arbeits-bedingungen in den Kommunen (geringere Bezüge und Renten)
- Vom Land auferlegte “Effi-zienzrendite” von 20% (in BW) zu Lasten des Personals; der Qualität (gesteigerte Aufgaben-belastung mit geringeren Einnahmen)
Vertikale und horizontale Re-Organisation der öffentl. Aufgabenerbringung als allgemeiner Reform-Trend in Westeuropa
Institutionenpolitik soll der ‘Performanzsteigerung’ dienen Varianzen in den skizzierten Reformwirkungen erklären sich unter
Berücksichtigung der nationalen Staats- und Verwaltungs-traditionen, Verwaltungskulturen, Einfluss von Akteuren
Ausblick: Systematische Begleitung und Evaluierung Verwaltungsreformen weiter
notwendig Übertragbarkeit vor Hintergrund der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen
und z.T. auch unterschiedlichen Reformziele schwierig
Was ‘lehren’ die vorgestellten Beispiele?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Renate Reiter, Dipl.-Pol.Universität PotsdamWirtschafts- und Sozialwissenschaftliche FakultätLS Politik und Regieren in Deutschland & Europa,Kommunalwissenschaftliches Institut (KWI)