1 Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen Seminar: Zwangsstörungen SS 2009 Dozent: Dr. Matthias Backenstraß Referentinnen: Sarah Heid, Mareike Schwedhelm
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Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen
Seminar: Zwangsstörungen SS 2009Dozent: Dr. Matthias BackenstraßReferentinnen: Sarah Heid, Mareike Schwedhelm
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Gliederung
1) Wiederholung letzte Sitzung
2) Stand der Therapieforschung
3) Idealtypischer Ablauf der Therapie
1) Anfangsphase2) Intensivierungsphase: Durchführung spezieller Techniken3) Endphase: Rückfallprophylaxe
4) Gruppentherapie bei Zwangspatienten
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Wiederholung: kognitiv-behaviorales Modell
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Stand der Therapieforschung
Pharmakotherapie
Exposition mit Reaktionsverhinderung
(Kognitive) Verhaltenstherapie
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Pharmakotherapie
Zwänge sprechen auf spezielle Gruppe von Antidepressiva an: Serotonin Wiederaufnahme-Hemmer (Clomipramin, Fluvoxamin, Fluoxetin,...)
SSRI’s deutlich effektiver gegenüber Trizyklika, MAO-Hemmer, Anxiolytika Eddy et al. (2004)
Abbruchquoten und Rückfallquoten mit 75% - 90% sehr hoch
Nebenwirkungen treten vor Hauptwirkung ein
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Exposition mit Reaktionsverhinderung
Wirksamkeit dieser Techniken in vielen Therapiestudien klar belegt
Besserungsraten betragen durchgängig zwischen 50-85%
Besserungen sind auch von Dauer bei 70-80% der Behandlungen (3 Monate bis 6 Jahre nach Therapie-Ende)
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Metaanalyse zum Vergleich der Verfahren Eddy et al. (2004)
E/RP Medikation Pharmako+VT
Behandlungs-vs.
Kontrollgruppe
1,16 (2) 0,83 -
Prä-post-Vergleich
1,53 (16) 1,18 1,72
Angaben in Effektstärken, die Zahlen in den Klammern geben die Zahl derBehandlungsbedingungen wieder.
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Probleme der Expositions-Therapie bei Zwangsstörungen
12-15% brechen die Expositionstherapie ab oder verweigern sie
20-30% werden rückfällig
Problemgruppen:
Menschen mit reinen Zwangsgedanken Patienten mit gleichzeitig vorliegender schweren depressiven
Symptomatik
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Prädiktoren für einen Therapieerfolg
günstig ungünstig unklar Ohne Einfluss
Heirat Allgemeine psychische Belastung
Dauer der Beschwerden
Soziodemo-graphischeMerkmale
Episodischer Verlauf mit Phasen völliger Symptomfreiheit
Depressivität Schweregrad der Beschwerden
Zwangsinhalt
überwertige Ideen
Zwangs-gedankenNegative familiäre Interaktion
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Zwischenfazit
Kognitive Verhaltenstherapie = Königsweg bei der Behandlung von Zwangsstörungen
Medikamentöse Unterstützung muss im Einzelfall diskutiert werden (z.B. bei komorbider depressiver Symptomatik)
Beginn der Pharmakotherapie sollte aber mind. 2 Monate vor der ersten Exposition zurückliegen
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Ablauf der Therapie
Wie geht man bei der kognitivenVerhaltenstherapie der Zwangsstörung vor?
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Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen
Angelika Lakatos
Hans Reinecker
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Phasen der Therapie
1. Anfangsphase / Kennenlernphase
2. Intensivierungsphase: Durchführung spezieller Techniken
3. Endphase: Rückfallprophylaxe
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1. Anfangsphase
Beziehungsgestaltung
Motivations- und Zielerklärung
problemorientierte Informationserfassung und Verhaltensanalyse
Zwänge in Bezug zur Lebensgeschichte
Funktionalität der Zwänge
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Beziehungsaufbau
Verständnis und Empathie
Aufbau von Vertrauen sachkundiges NachfragenErgänzungen der von den Klientinnen berichteten SachverhaltenBeschreibung von zwanghaften Abläufen
Psychoedukation
Entlastung: Zwangsimpulse werden niemals ausgeführt
Schwierigkeiten?
1. Anfangsphase der Therapie
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Motivations- und Zielklärung
positive statt negative Zielvorstellungen: - „Die Zwänge sollen weg, ich möchte so sein wie früher...“ + „Ich möchte mehr Zeit für mich haben...“
Patienten müssen Gespür für eigentliche Bedürfnisse und Werte bekommen
Alternativen finden für die zwangsfreie Zeit
Aufbau von Therapiemotivation: kleine Schritte zur Veränderung anerkennen
Schwierigkeiten?
1. Anfangsphase der Therapie
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Informationserfassung / Verhaltensanalyse
klinisches Interview
ergänzend z.B. Y-BOCS-Symptom-Checkliste
Hausaufgabe: Selbstbeobachtungsprotokoll, Beschreibung des typischen Tages, Fragebogen zur Lebensgeschichte
1. Anfangsphase der Therapie
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Zwänge in Bezug zur Lebensgeschichte
1. Anfangsphase der Therapie
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Funktionalität von Zwängen
im intrapsychischen BereichSchutz vor dem Erleben einer stark aversiven EmotionCoping-Versuche für solche Defizite
im interpersonellen BereichRegulierung der Beziehung zu nahestehenden Menschen
1. Anfangsphase der Therapie
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2. Intensivierungsphase: spezielle Techniken
klassische Technik der Exposition mit Reaktions-verhinderung durch spezifische kognitive Techniken ergänzt
weitere (kognitive) Techniken
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Exposition mit Reaktionsverhinderung
Reizkonfrontation
Reaktionsverhinderung = Unterstützung zweier Prozesse:
Unterlassen der NeutralisierungBewältigung der dabei aufkommenden Emotionen
Ziel: Patient muss sich mutig mit dem belastenden Stimulus auseinandersetzen
2. Intensivierungsphase
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Hintergrund: Angstkurve normal (Zwang)
2. Intensivierungsphase
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Angstkurve Exposition
2. Intensivierungsphase
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2. Intensivierungsphase
Angstkurve Habituation
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Theoretische Möglichkeiten einer Exposition
2. Intensivierungsphase
???
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selbstgeleitet vs. therapeutengeleitet
2. Intensivierungsphase
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massiert: der „Sprungins kalte Wasser“ vs.
graduiert: schrittweise Vorgehen
2. Intensivierungsphase
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Exposition in vivo vs.
2. Intensivierungsphase
in sensu
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Schritte des Expositionstrainings
1. Verschiebung der Problemdefinition
2. Vermittlung eines plausiblen Erklärungsmodells
3. Entschluss für die Exposition
4. Durchführung der Exposition mit Reaktionsverhinderung
2. Intensivierungsphase
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1. Verschiebung der Problemdefinition
2. Intensivierungsphase
Objektives Problem
Subjektives Problem
Inhalt der Befürchtungen z.B. Gefahr der Kontamination
einen aufdringlichen Gedanken und ein Gefühl der Unruhe oder Angst haben
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2. Vermittlung eines plausiblen Erklärungsmodell
Grundlage: kognitiv-behaviorales Modell
einzelne Bestandteile nacheinander aufzeichnen mit Beispielen des Patienten
2. Intensivierungsphase
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2. Intensivierungsphase
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3. Entschluss für die Exposition
Entscheidungsfreiheit
Ankündigen und Entscheidung abwarten
Angehörige miteinbeziehen
2. Intensivierungsphase
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4. Durchführung der Exposition
Angsthierarchie erstellen
Situation finden, die ...
Mittelschwer ist
gut kontrollierbar ist
praktische Relevanz hat
2. Intensivierungsphase
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Video: Waschzwang (Stern TV)
2. Intensivierungsphase
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...und was macht man bei Zwangsgedanken?
2. Intensivierungsphase
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Video: Kontrollzwang (Stern TV)
2. Intensivierungsphase
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Was könnten die Schwierigkeiten bei einer Exposition sein?
2. Intensivierungsphase
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Mögliche Schwierigkeiten der Exposition
wenn die Angst ausbleibt
wenn keine Habituation eintritt
wenn die therapeutischen Regeln wiederum zu Zwängen gemacht werden
wenn die Zwänge wie sinnlose Automatismen wirken
wenn der Transfer der Erfahrungen von einer auf die andere Situation schwer fällt
2. Intensivierungsphase
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Und dann?
Besprechung der eigenständigen Übungen
Weiterführung der therapeutengeleiteten Exposition
Hausaufgabe: Weiterführung der eigenständigen Expositionsübungen
Bearbeitung der auftretenden Probleme
2. Intensivierungsphase
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Weitere kognitive Techniken
kognitive Umstrukturierung in Bezug auf Überschätzung der Gefahr
paradoxe Überlegungen
Gedankenexperimente mit Wahrscheinlichkeiten
2. Intensivierungsphase
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Weitere kognitive Techniken
Umstrukturierung der dysfunktionalen Grundannahmen
übertriebene Verantwortungsüberzeugung verändern
Pie-Chart-Technik
Themen wie Wertlosigkeit, Schuld, Angst vor Fehlern
Modifizieren
doppelte Standards offen legen
2. Intensivierungsphase
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3. Endphase: Rückfallprophylaxe
Aufklärung über die Gefahr eines Rückfalls in Belastungssituationen
Rekapitulation der erlernten Strategien
Umgang mit Stress
soziale Ressourcen nutzen
Auffrischungssitzungen beim Therapeuten
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Fragen?
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Fazit
Anfangsphase
gemeinsames Erforschen des ZwangesRolle der Therapeutin: Rückhalt geben vor dem Hintergrund der Sachkenntnis, Verhaltensweisen mit Distanz betrachten und hinterfragenFunktionalität der Zwänge eruieren Bezug zur LebensgeschichteVerhaltensalternativen für die freiwerdende Zeit finden
Intensivierungsphase
Verschiebung der ProblemdefinitionErklärungsmodell, Bezug zur BiografieVorbereitung von ExpositionenDurchführung der Expositionen mit / ohne TherapeutProblembesprechungenWeitere kognitive Techniken
Endphase
Stressbewältigung, Stabilisierung
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Gruppentherapie bei Zwangsstörungen
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Danke für eure Aufmerksamkeit!
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Literatur
Eddy, K.T., Dutra, L., Bradley, R. & Westen, D. (2004). A multidimensional meta-analysis of psychotherapy and pharmacotherapy for obsessive-compulsive-disorder. Clinical PsychologyReview, 24, 1011-1030.Fricke,S., Rufer, M. & Hand,I. (Hrsg.). (2006). Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen. Fallbasierte Therapiekonzepte. München: Elsevier.Lakatos, A. & Reinecker, H. (2001/2008). Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen.Schaible, R. (2008). Verhaltenstherapie der Zwangserkrankungen. Workshop.