Kindheit und Kinder
Kindheit und Kinder
1. Kindheit eine Annäherung
2. Kindheit als historisch-gesellschaftliches Konstrukt
3. Kinder als gesellschaftliche (Alters)Gruppe
4. Kindheit als individuelle Entwicklungsphase
5. Kindheit als konkrete Lebenslage
Kindheit als komplexes mehrdimensionales Konstrukt
Kindheit
Kindheit als historisch-kulturelles Konstrukt
Kindheit als konkrete Lebenslage
Kindheit als individuelle
Entwicklungsphase
Kinder als eine gesellschaftliche
Gruppe im Generationenverhältnis
Kindheit als komplexes mehrdimensionales Konstrukt
KindseinÖffentlich definierte
und regulierte Kindheit
Nach Sabine Andresen (2002) muss zwischen Leiblichkeit und Konstruktion unterschieden werden
die in Spannung zueinander stehen:
Kindheit als...
...Phase der Erwerbsfreiheit
...Phase des institutionalisierten Lernens
...geschützter Status mit anderen Rechten und Pflichten als Erwachsene
Forschung zu Kindheit und Kindern:
Kindheit und Kinder als Forschungsfeld
Kindheitsforschung
Rahmenbedingungen des Aufwachsens
Kinder als soziale Gruppe in Relationen zu anderen und zur Gesamtgesellschaft
Entwicklungspsychologie und
Sozialisationsforschung
Individuumsbezogene ahistorische teleologische Betrachtung menschlicher Entwicklung
•Historische Rekonstruktionen•Sozialberichterstattung
Dasein von Kindern
Empirische gestützte Theoriebildung zu
Entwicklungsphasen
Werden von Kindern
Kindheit und Kinder als Forschungsfeld
Kinder im Spannungsfeld unterschiedlicher Perspektiven
...Element der Lebensqualität
ihrer Eltern
...zukünftiger Erwachsener
Kind als...
...eigenständiger Mensch mit
eigener Perspektive
Früher
Heute
Kritik am Sozialisations- und
Entwicklungs-paradigma
Kinder nicht mehr nur als bildsame und
lernbedürftige Wesen sondern als
handelnde Akteure
1. Kindheit eine Annäherung
2. Kindheit als historisch-gesellschaftliches Konstrukt
3. Kinder als gesellschaftliche (Alters)Gruppe
4. Kindheit als individuelle Entwicklungsphase
5. Kindheit als konkrete Lebenslage
Ergebnisse der historischen Kindheitsforschung: Geschichte der Kindheit und der gesellschaftlichen Reaktion auf die
Entwicklungstatsache
• zivilisationskritische Analyse
•Schleichender Domestizierungsprozess
• Institutionalisierung und Scolarisierung
• psychoanalytisch orientiert
•kumulativer Lernprozess in der Phylogenese
•vom Kindsmord (Antike bis 400 n. Ch.) hin zu einem immer besseren Verständnis der Bedürfnisse und positiveren Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern (Sozialisation 19. Jh.; Unterstützung 20. Jh.)
Ariès (1975) De Mause (1977)
Kindheit als historisch, gesellschaftliches Konstrukt
Kindheit als historisch, gesellschaftliches Konstrukt
Historische Herausbildung und Entwicklung der Kindheit:
• Gleichgültigkeit und Indifferenz gegenüber Kindern in der vorindustriellen Zeit
• erst Herausbildung der bürgerlichen Kleinfamilie macht auf Kindheit als Lebensphase aufmerksam; Mütterlichkeit als historisches Konstrukt
• 18. Jh.: ausgehend von Mittelschichten der Kleinstadt-gesellschaften wird Kind als Individuum, als Mensch
entdeckt
• 19. Jh./20. Jh. Reformpädagogin Ellen Key „Jahrhundert des Kindes“ (1902): Pädagogik vom Kinde aus
• Hildegard Hetzer 1929 „Kindheit und Armut“: Bedeutung der Peers
• Entwicklung Kinderpsychologie Anfang 90er des 19. Jh.
Kindheit als historisch, gesellschaftliches Konstrukt
Kindheit als gesellschaftliches Konstrukt mit dem institutionell und gesellschaftlich unterschiedliche
• Leitbilder
• Rechtsnormen
• Alltagstheorien
zu kindgemäßem Anforderungen, Handeln, Verhalten, Umwelten etc. verbunden werden.
Institutionalisierung von Kindheit als altersgradierte Abfolge von: Krippe, Kindergarten, Hort, Schule
=> Trennung der Lebenswelten von Kindern und Erwachsenen
Vorstellungen über normales Kinderleben und normale Kindheiten verhindern den Blick auf die Heterogenität von Lebensverhältnissen sowie Unterschieden in Geschlecht, Herkunft, und Ressourcen der Kinder.
1. Kindheit eine Annäherung
2. Kindheit als historisch-gesellschaftliches Konstrukt
3. Kinder als gesellschaftliche (Alters)Gruppe
4. Kindheit als individuelle Entwicklungsphase
5. Kindheit als konkrete Lebenslage
Kinder als gesellschaftliche (Alters)Gruppe
Bestimmung der Gruppe:
• Abgrenzung nach Alter schwierig;
• Generationenverträge und -konflikte (Rechte und Pflichten)
Was will die ältere mit der jüngeren Generation und umgekehrt?
• Eltern-Kind-Beziehung als einzige nicht- aufkündbare Beziehung über die gesamte Lebensspanne
Frühe Kindheit 0-6 Jahre:
0-1 Säugling;
2-3 Kleinkind;
4-6 Kindergartenalter
Mittlere Kindheit
Grundschulkindheit
6-9/10 Jahre
Späte Kindheit oder
Übergangskindheit
9-12 Jahre
Kids 10-14 Jahre
Kinder als gesellschaftliche (Alters)Gruppe
Tendenzen der Generationenlagerung:
• Informalisierung der Generationenbeziehungen „Vom Befehlshaushalt zum Verhandlungshaushalt“ (duBois-Reymond 1998)
• Homogenisierung des Kindes- und Erwachsenalters durch Medien, Konsum und Rationalisierung der Lebensumstände durch gesellschaftliche
Modernisierung
These vom „Verschwinden der Kindheit“ (Postman) von Hengst (1985) widerlegt: Die Dialektik von
• Ghettoisierung der Kindheit (Ausschluss der Kind aus vielen sozialen Bereichen und Separierung von Erwachsenen) und
• gleichzeitiger (Re-)Homogenisierung von Erwachsenenalter und Kindheit
führt nicht zu einer Auflösung von Kindheit, sondern verringert nur den Generationenabstand.
1. Kindheit eine Annäherung
2. Kindheit als historisch-gesellschaftliches Konstrukt
3. Kinder als gesellschaftliche Gruppe
4. Kindheit als individuelle Entwicklungsphase
5. Kindheit als konkrete Lebenslage
Kindheit als individuelle Entwicklungsphase
Theoretische Perspektiven auf Entwicklung und Kindheit:
Eigentätigkeit und Konstruktionsleistung:• Handelndes Subjekt (Hurrelmann)
• Selbstsozialisationsansatz (Zinnecker, Bauer) • Sozio-ökologischer Ansatz (Bronfenbrenner)
• Konzept der Lebensbewältigung und Biografisierung (Böhnisch)
Modernisierungsbedingte Ungleichzeitigkeit, Uneindeutigkeit und Vielfalt gesellschaftlicher und entwicklungsbedingter Anforderungen, mit denen sich das Subjekt eigentätig (immer wieder) auseinander setzt und hierüber lebens-praktische Autonomie erlangt und seine Biografie „bastelt“
Stufenmodelle:• Psychoanalytischer Ansatz (Freud, Benjamin)
• Bindungstheoretischer Ansatz (Winnicott)• Moraltheoretischer Ansatz (Kohlberg, )
• Kognitions-psychologischer Ansatz (Piaget)
historisch, gesellschaftliche und ontogenetisch invariante, nicht-reversible Stufen der Entwicklung
Kindheit als individuelle Entwicklungsphase
Biografische Entwicklungsaufgaben
Familie
• Entwicklung der Geschlechteridentität
• Findung und Ausgestaltung der eigenen Rolle im Familiengefüge
Kindergartenkinder
• Balance Erziehung und Eigenleben
• Kinderkultur, Peer-beziehungen Aushandlungen und Verselbstständigung über Entwicklung eigener Normen und Regeln
Schulkinder
• Balance zwischen Schülersein/Lebenswelt und SchülerInnenrolle
• Erlernen wesentlicher Kulturtechniken, gesell. Normen und Werte
• Rationalisierung und Leistungssystem
•Beziehungen zum anderen Geschlecht
Bewältigung dieser Aufgaben und Handlungskontexte vor Hintergrund modernisierungsbedingter:
• neue Freiheiten und Handlungsoptionen
• Zwang zur Entscheidung, neue Ungewissheiten und Risiken
1. Kindheit eine Annäherung
2. Kindheit als historisch-gesellschaftliches Konstrukt
3. Kinder als gesellschaftliche Gruppe
4. Kindheit als individuelle Entwicklungsphase
5. Kindheit als konkrete Lebenslage
trotz Rede von der Scolarisierung der Kindheit, dem Verschwinden der Kindheit und der Krise der Familie wird überragende Mehrheit der Kinder in Deutschland nach wie von ihren biologischen und sozialen Eltern erzogen
Kindheit und Familie
• Pluralisierung von Familienformen, erhöhte Scheidungsraten, Eineltern- und Fortsetzungsfamilien, Patch-workmodelle
• Aufwachsen in Dreigenerationen-Familie• Entfamilialisierung und Professionalisierung der Betreuung und Erziehung von Kindern• Veränderte Geschlechterrollen und Vereinbarkeit von Familie und
Beruf• Entkoppelung Ehe und Elternschaft• Tendenz zu Einzelkindern (Geschwisterlosigkeit von Kindern)• Kindorientierung, Kindeswohl im Mittelpunkt (schichtabhängig!)• Verhäuslichung und Verinselung von Kindheit
Kindheit als konkrete Lebenslage
Kindheit und Gesellschaft
• überdurchschnittliche Zunahme des Armutsrisikos von Kinder gegenüber anderen Altergruppen (Infantilisierung von Armut)
• strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber Kindern erschwert elterliche Erziehung bei gleichzeitig gestiegenen Anforderungen an elterliches Erziehungshandeln (vgl. 5. Familienbericht)
• Kulturalisierung sozialer Ungleichheit: Kinderarmut, materielle Deprivation aber auch lebensstil-bedingte kinderkulturelle und familienkulturelle Einflüsse bedingen Erwerb sozialer Schlüsselkompetenzen und damit soziale Ungleichheit
• Herkunftsabhängigkeit des schulischen Bildungserfolges
• Sich zuspitzende Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation, Erhöhung des Konkurrenzdrucks, Inflation der Bildungszertifikate, Zugang der Allokationsfunktion von Schule
• Individualisierung der Kindheit
• Verlängerung der Jugendphase
Kindheit als konkrete Lebenslage
Kindheit und Freizeit
• von der Straßenkindheit zur individualisierten Termin-Kindheit, Konsumkultur mit 3-4 Terminen wöchentlich, überwiegend in Vereinen oder öffentlichen Institutionen
• Kinder mit hohem sozialen Status sind zu 80%, Kinder mit niedrigerem Status zu 60% im Sportverein aktiv
• über 40% aller Kinder spielen heute Musikinstrument (jedoch mehr Mädchen als Jungen und eher höheres als niedrigere Schichten)
• Freundschaftsbeziehungen, soziokulturelle und Beschäftigungs-praxen sind geschlechts-, ethnien- und lebenslagenabhängig ausgeprägt (vgl. Breidenstein/Kelle 1998, Büchner 2002, Fuhs 2002)
• Kinder als „professionelle“ Konsumenten von Freizeitangeboten
• Nutzung der Medien hat zugenommen
• Über neue Differenzierungen durch freizeitkulturelle Aktivitäten konstituieren sich neue soziale Ungleichheitslagen
Kindheit als konkrete Lebenslage
„ ...ist Kindheit heute eine eigenständige, in die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse eingebundene von diesen geprägte wie diese prägende Lebensphase. Ein Er- und Verleben der Kindheit außerhalb der gesellschaftlichen Modernisierungs- und Verwertungszusammenhänge ist heute keinem Kind mehr möglich.“ (Hornstein/Thole 2005, S. 533)
Kindheit als konkrete Lebenslage
Vielen Dank!