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Juni 2010, 9,80 Euro Unternehmer Edition Unternehmer Edition Wege aus der Krise 3. Jahrgang 3. Jahrgang Know-how für den Mittelstand Turnaround 2010 Turnaround 2010 3 Strategie • Finanzierung • Wachstum Derek Whitworth, President und CEO, TMD Friction powered by
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Juni 2010,9,80 Euro Unternehmer Edition Unternehmer

May 04, 2022

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Juni 2010, 9,80 Euro

UnternehmerEdition

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Wege aus der Krise3. Jahrgang3. Jahrgang

Know-how für den Mittelstand

Turnaround 2010Turnaround 2010

3 Strategie • Finanzierung • Wachstum

Derek Whitworth, President und CEO,TMD Friction

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CORPORATE

FINANCING

ADVISORYFCF is a Corporate Financing specialist arran-ging, structuring and placing equity and debtcapital for private and listed small/midcap com-panies. We provide our clients with growth-financ ing, acquisition-financing and refi nancingadvice and services, supporting them in imple-menting an effective and capital market oriented capital structure while reducing the dependencyon traditional bank financing.

FCF

Middle EastFCF is also present in the United Arab Emiratesproviding leading German, Austrian and Swissprivate and public companies with access to analternative investor universe. FCF Middle Eastfocuses on:

� Private equity placements� PIPEs / blocktrades� Joint venture / project financing

FCF German Industry CapitalMarkets Day

Abu Dhabi, UAE31st May 2010

MUNICH � VIENNA � DUBAIwww.fcfcompany.com

Latest Event

We want to thank the following participating companies and the 200 investors from MiddleEast for the realization of this perfect event:

� Aurubis AG� Norma Group Holding AG� PSI AG� Schoeller Bleckmann Olifield

Equipment AG� Royal Aero Group GmbH� Stulz H+E GmbH� Elmos Semiconductor AG� Quadriga Capital � KTG Agrar AG� MIT Beteiligungen � PNE Wind AG

Markus Hofelich, Chefredakteur Unternehmeredition

Editorial

Blick nach vorn

Obwohl sich der Sturm derheftigsten Wirtschaftskriseder Nachkriegszeit gelegthat, sind dessen Auswirkun-gen noch längst nicht über-wunden. Zwar erholt sichdie Konjunktur langsam aufniedrigem Niveau. SteigendeUmsätze und positive Stim-mungsbarometer signalisie-ren: Der Abwärtstrend istge stoppt, es geht – zwarnicht schnell und kräftig,aber im merhin – wieder auf-wärts. Doch bevor sich daszarte Pflänzchen eines Auf-schwungs weiter entfaltenkann, trüben hohe Staats-schul den in Europa undden USA, schwindendesVertrauen in den Euro undsinkende Börsenkurse dieStimmung.

Das zeigt deutlich: Obwohldas annus horribilis 2009hinter uns liegt, ist der Re-strukturierungsbedarf zahl-reicher Unternehmen nochnicht gedeckt. Nachdem ineinem ersten Schritt Pro -duktionskapazitäten redu-ziert, Kosten gesenkt sowieFor derungen und Verbind-lichkeiten optimiert wurden,gilt es nun, weiter an Produk -tivitäts- und Effizienzsteige-rungen zu arbeiten. Nacheiner erfolgreichen „heißen“Restrukturierungsphase ist

es wichtig, den Blick jetzt nach vorne zu richten und denFokus wieder auf umsatzsteigernde und ergebnisverbes -sernde Maßnahmen zu setzen.

Auch Unternehmen, die die Krise unbeschadet über-standen haben, sollten das eigene Geschäftsmodell aufden Prüfstand stellen. Eine Politik des Stillhaltens undAbwartens ist sicher der falsche Weg.

Die Gefahr, erst nach der eigentlichen Krise zum Restruk -turierungsfall zu werden, ist groß – besonders für Unter -nehmen, deren Eigenkapitaldecke und Kapitalreservenim vergangenen Rezessionsjahr aufgezehrt worden sind.Denn der Aufschwung erfordert zunächst Liquidität,neue Aufträge müssen vorfinanziert werden. Das ist nichteinfach. Bereits 2009 hat sich die Finanzierung durchBanken merklich erschwert, sie haben Sicherheiten undKonditionen nachverhandelt. Und auch 2010 sind die Geld -institute nicht gerade freizügig bei Neukrediten – vieleFirmen wurden in der Bonität herabgestuft.

Familienunternehmer und Mittelständler dabei zu unter -stützen, diese Herausforderungen zu meistern, ist Zielder Ausgabe „Turnaround 2010 – Wege aus der Krise“.Sie beleuchtet die wichtigsten Instrumente und Prozessebei Restrukturierung und Sanierung und zeigt aktuelleMarkttrends auf. Im Mittelpunkt steht dabei wieder derUnternehmer, der in Form von Interviews, Fallstudienoder kritischen Gastkommentaren selbst zu Wort kommt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine inspirierendeund Gewinn bringende Lektüre!

Markus Hofelich [email protected]

3Unternehmeredition „Turnaround 2010“

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“4 www.unternehmeredition.de

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3 Editorial

6 KlartextDas „Familienunternehmer-Prin zip“Unternehmerische Freiheit undVerantwortung Dr. Patrick Adenauer, Die Familienunter nehmer – ASU

8 PanoramaNachrichten & Studien aus derUnternehmerwelt

10 Unternehmer-DynastienBerentzen-Gruppe AGTurnaround mit Apfelkorn,Alkoholfreiem und Aurelius

Einführung

14 „Ein starker Gesellschafter ist fürdas Gelingen eines Insolvenz plan -verfahrens unerlässlich“Interview mit Patrick Feller, ge -schäftsführender Gesell schaf -ter, Deutsche Industrie Holding

18 „Die Großen haben sich zuLasten der Kleinen finanziert“Interview mit Dr. Carsten Uthoff,Vorstandsvorsitzender, Credit -reform AG

20 Eine Branche hat Hochkonjunk turDas professionelle Manage mentvon Krisen gewinnt immer mehran Bedeutung

24 „Ich gehe nicht davon aus, dasswir den Stand von 2008 baldwieder erreichen“Interview mit James J. Bonsall,Managing Director, Alix Partners

26 „90% der Überzeugungsarbeitsind Psychologie“Interview mit Rechtsanwalt HorstPiepenburg, Insolvenz ver walter

Unternehmerstandpunkte

28 Turnaround im Maschinen- undAnlagenbauDer Weg einer Branche aus derKriseDr. Josef Trischler, VDMA

32 „Sehr hilfreich war dieKooperation mit den Banken“ Interview mit Mark Bezner,Olymp Bezner GmbH & Co. KG,und Dr. Martin Prager, PlutaRechtsanwalts GmbH

34 „Auf die schnelle Umsetzungkommt es an!“Interview mit Derek Whitworth,President und CEO, TMD Fric tionGroup

36 „Aksys als Ganzes wäre unver-käuflich gewesen“Interview mit Michael Faist,Faist Chem Tec GmbH, und Dr. Martin Kleinschmitt, NoerrConsulting AG

Restrukturierung

40 Survival-Modus Der Notfallplan für insolvenz-bedrohte UnternehmenDr. Thomas van Kaldenkerken,Rölfs Partner CompetenceCenter Restructuring

42 Finanzierung eines TurnaroundsNeupositionierung in der KriseSteffen Kroner, Alvarez & MarsalDeutschland

44 Turnaround oder Sticking PlasterRestrukturierungen im Jahrnach der FinanzkriseDr. Frank Nikolaus, TMA Deutschland

45 Debt-Equity-SwapWandel von Fremd- in Eigen ka -pital als wirkungsvolles Sanie -rungsinstrumentDr. Christian Becker, Görg Part -nerschaft von Rechtsanwäl ten

Krise & Insolvenz

46 Sanierung nach PlanWege zur nachhaltigenNeuausrichtungDr. Andreas Fröhlich, Perspektiv

48 Objektivere Kriterien gefordert Erfolgsorientierte insolvenzge-richtliche Verwalter(vor)aus -wahl tut notFrank Frind, Amtsge richt -Insolvenzgericht- Hamburg

49 Treuhänder entschärfen KonflikteUnterschiedliche Stakeholder-Interessen im Restrukturie rungs -prozessDr. Dietmar Schulz, Salans

Finanzierung

50 „80% aller Anträge auf eine Bürg -schaft aus dem Mittelstands -schirm wurden 2009 bewilligt“Interview mit Michael Schnei -der, Vorstandsvorsitzender, LfAFörderbank Bayern

52 Turnaround-FinanzierungOptionen des FinancialRestructuring, wenn dasGeschäftsmodell stimmt Dr. Hans-Elmar Döllekes, Kien -baum Management Consultants,Christoph Burk, AntevortePerformance Management

54 Grundregeln zur Finanzierungmittelständischer UnternehmenTransparenz schaffen und ausFehlern lernenMartin Conrad, PKF Fasselt Schlage

56 Achtung: Haftung!Risiken beim Eingriff von Kre dit -gebern in die Geschäfts füh rungDr. Andreas F. Bauer, AndreasDimmling, GSK Stockmann +Kollegen

Dr. Patrick Adenauer, Präsident, Die Familienunternehmer – ASU e.V.

„Unsere Freiheit ist untrennbar verbun-den mit der Verantwortung für unsereigenes Handeln“, erklärt Dr. PatrickAdenauer. Dieses Prinzip befolgengerade Familienunternehmer tagtäg-lich. Leider wurden diese Werte durcheinen Teil der internationalen Finanz -wirtschaft sträflich missachtet. Mehrüber das „Familienunternehmer-Prin -zip“ von Freiheit und Verantwortungauf den Seiten 6–7.

Stefan Blaschak, Vorstandsvorsitzender,Berentzen-Gruppe AG

Nicht immer ist der Familienbesitz die bes -te Lösung für ein Unternehmen. So gerietder 1758 gegründete Getränke her stellerBerentzen aufgrund von Markt ver ände run -gen und Zwist unter den Fami lienge sell -schaftern in die roten Zahlen. Nach derÜbernahme durch den Finanz investorAurelius im Juli 2008 schaffte der neueChef Stefan Blaschak die Rück kehr in dieGewinnzone. Mehr in der Rubrik Unter -nehmer-Dynastien auf den Seiten 10–12.

Hinweis: Leseprobe „results“Zwischen den Seiten 38 und 39 dieser Ausgabebefindet sich eine Leseprobe der Ausgabe 2/2010von „results – das Unternehmer-Magazin derDeutschen Bank“ zum Thema Liquiditätsmanage -ment. Das Magazin kann kostenlos abon niert wer-den unter: www.deutsche-bank.de/results (Stichpunkt: Unternehmeredition)

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 5www.unternehmeredition.de

Inhaltsverzeichnis

Strategie & Management

67 Kosteneffiziente EinkaufspolitikWorking Capital senken undLiquidität freisetzenChristian Michalak, Kerkhoff Consulting

68 Neue Wege beschreitenMit Open Innovation gestärktaus der KriseReiner Fink, Deutsche Ge sell -schaft für Mittelstands bera tung

69 Verlustvermeidung durchCorporate TradingAbschreibungen in Service leis -tungen umwandelnChristian Kirschbaum, Active Interna tional

Fallstudien

70 Mit Private Equity aus demCredit CrunchSSB Group GmbH: Vom Pro du -zenten im Windenergiesektorzum Dienstleister

71 „Als Exitszenario wäre einBörsengang vorstellbar“Interview mit Volker Hichert,Managing Partner, ParcomDeutsche Private Equity

72 Management Buy-out aus derInsolvenz Mabeg Systems GmbH:Zulieferer für grafischenMaschinenbau wagt Neuanfangmit Beteiligungsgesellschaft

Interim Management

58 Die zweite Runde der SanierungAktuelle Trends im InterimManagement

60 Wenn der starre Blick auf dieZahlen blind machtVertriebsmanager in der Kriseoder InsolvenzJürgen Kullmann, Solvendus

62 Interim CFORoutine in Krisenmanagementund finanzwirtschaftlicherRestrukturie rungOliver Kuschel, Trifinance

63 Kompetenzen bündelnZusammenarbeit von Interim Ma -nagern und externen BeraternHans-Jürgen Titz, GoetzpartnersManagement Consultants

Personal

64 Personalmaßnahmen in Zeitender KriseAlternativen zur Kündigung alsultima ratioProf. Dr. Josef K. Fischer, Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg

65 Herausforderungen nach demTurnaroundMit vorwärtsdenkendenManagern zurück auf denWachs tums pfadDr. Bruno J. Weidl, Addfinity

66 Schwachstelle MenschEntscheidender Faktor bei derUmsetzung von ProjektenBoris H. Faißt, BFC Consulting

Patrick Feller, geschäftsführender Ge sell -schafter, Deutsche Industrie Holding

Unrentable Standorte und unattraktive Sor -timente trieben Sinn Leffers 2008 in dieInsolvenz. Nach harter Restruktu rie rungstartet der Bekleidungshändler nun wiederdurch und schreibt schwarze Zah len. Einentscheidender Erfolgsfaktor war das Insol -venzplanverfahren. Im Inter view auf denSeiten 14–16 spricht Patrick Feller, heuteDIH- und zuvor Sinn Leffers-Ge schäfts füh -rer, über den Weg aus der Kri se sowie dieVorteile des Insolvenz plan verfahrens.

Titelbild: Derek WhitworthTMD Friction gehört zuden weltweit größtenHerstellern von Brems -belägen für die Auto mo -bil- und Bremsenin dus trieund beliefert fast allegroßen Autohersteller.Ende 2008 geriet dasUnternehmen mit Haupt -sitz in Leverkusen in dieInsolvenz und wurde dannim Frühjahr 2009 von der Beteiligungs gesell schaftPamplona Capital Management übernommen.Im Interview auf den Seiten 34–35 spricht CEODerek Whitworth über die Krise und die Maß -nahmen zu ihrer Überwindung.

Juni 2010, 9,80 Euro

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Wege aus der Krise3. Jahrgang3. Jahrgang

Know-how für den Mittelstand

Turnaround 2010Turnaround 2010

3 Strategie • Finanzierung • Wachstum

Derek Whitworth, President und CEO,TMD Friction

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Dr. Carsten Uthoff, Vorstandsvorsitzender,Creditreform AG

Der Creditrefom Wirtschaftsindikator un -tersucht regelmäßig die konjunkturelleLage und die wirtschaftliche Situation vonUnternehmen. Im Interview spricht Dr.Carsten Uthoff, Vorstands vorsitzender derCreditreform AG, über die Entwicklung derInsolvenzen, das aggressive Verhalten vonGroßunternehmen gegenüber dem Mittel -stand im Working-Capital-Managementsowie den richtigen Umgang mit Wirt -schaftsauskunfteien. Seiten 18–19.

73 Übertragende Sanierung mitHilfe eines FinanzinvestorsKammann Maschinenbau GmbH:Spezialist wagt ManagementBuy-out aus der Insolvenz

74 Insolvenzplanverfahren inEigenverwaltungAE Group AG: Automo bilzu -lie ferer meistert die Insolvenzaus eigener Kraft

75 „Viele Insolvenzverfahren leidendarunter, dass die falschenVerwalter eingesetzt werden“Interview mit Andrew Seidl,Rechtsanwalt und Interims -vorstand, AE Group AG

76 Neustart nach der InsolvenzSphairon Access Systems GmbH:Übertragende Sanierung einesTelekom-Ausrüsters

77 „Die Stärkung des Eigenkapitalsist das Gebot der Stunde“Interview mit Dr. MichaelBormann, Gründungspartner,BDP Venturis

Service

78 Serie „Vermögensanlage fürUnternehmer“Teil 3: Neue Risikofaktoren füreine langfristige Vermögenspla -nungMichael Stammler,Feri Family Trust

80 Veranstaltungen fürUnternehmer

81 LiteraturBücher für Unternehmer

82 Sponsoren der Ausgabe imPortrait

86 Unternehmer und Nachrichten

84 Impressum

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“6 www.unternehmeredition.de

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Das „Familienunternehmer-Prinzip“

Unternehmerische Freiheit und Verantwortung

Von Dr. Patrick Adenauer, Präsident, Die Familienunternehmer – ASU e.V.

Unsere Freiheit ist untrennbar verbunden mit der Verantwor -tung für unser eigenes Handeln und auch die Folgen dieserHandlungen. Dieses ethische Verantwortungsprinzip unse-rer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung befolgen geradedie Familienunternehmer in ihren Unternehmen tagtäglich.Sie nehmen an ihren Heimatorten und darüber hinaus ihregesellschaftliche Mitverantwortung wahr. Wer stets an dienächste Familiengeneration denkt und in seinen Mitarbei-tern mehr sieht als nur eine Kostenposition, der lebt Nach-haltigkeit und Verantwortung.

Missachtung der Verantwortung durch dieFinanzwirtschaftLeider wurden diese Verantwortung und Werte durcheinen Teil der internationalen Finanzwirtschaft und ihrekurzfristigen Gewinnerzielungsstrategien sträflich miss -achtet. Der Gesetzgeber hatte dafür den Boden bereitet.Die Akteure haben den zu großen Spielraum über dasethisch vertretbare Maß ausgeweitet. Das hat nebeneinem riesigen volkswirtschaftlichen Verlust zu einemtiefgreifenden Vertrauenseinbruch der Bürger in unserWirtschaftssystem geführt. Und dies geschah gerade ineiner Zeit, in der viele Industrieländer endlich mit redu-zierten Neuverschuldungen und ersten Rückzahlungeneine nachhaltigere Haushaltspolitik vollziehen wollten.Weil unser Wachstum zukünftig weniger durch die nach-wachsende, junge Generation getragen werden kann unddie Ausgaben in unseren Sozialsystemen durch immermehr Ältere weiter explodieren werden, müssen wir aufdiesen Sanierungsweg schnellstmöglich zurückkehren.

Regulierung konsequent durchsetzenSchon unter normalen Bedingungen ist ein Sparkursschwer durchsetzbar. Inzwischen stehen in Deutschland

rund 30 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigtenund Unternehmern fast 34 Mio. Empfänger von Sozialleis -tungen, Rentner und Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstesgegenüber. Die Politik steht vor einem tiefgreifendenDilemma: Nur wenige dieser 34 Mio. Menschen werdendurch höhere Einsichten geringere staatliche Leistungenoder Forderungen nach mehr Eigenverantwortung akzep-tieren. Wenn sich währenddessen einzelne Akteure derinternationalen Finanzwirtschaft so verantwortungslosgerieren, wie es leider weiter zu beobachten ist, wird dienotwendige Wende zu einer nachhaltigeren Politik psycho -logisch noch zusätzlich erschwert. Die Konsequenz dar-aus kann nur heißen: Die notwendige Akzeptanz unter denWählern für eine Sparpolitik wird nur erreicht werden,wenn gleichzeitig konsequent gegen den weiteren Miss-brauch von Finanzinstrumenten vorgegangen wird. Diese

Zur Person: Dr. Patrick Adenauer

Dr. Patrick Adenauer ist Präsident des Verbandes „DieFamilienunternehmer – ASU e.V.“. Seit 1949 vertritt die-ser mittlerweile rund 5.000 Familienunternehmer ausallen Branchen in Deutschland. Als politische Interes-senvertretung der Familienunternehmer folgt der Ver-band den Maximen Freiheit, Eigentum, Wettbewerbund Verantwortung. www.familienunternehmer.eu

Dr. Patrick Adenauer

Klartext

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 7

Regulierungen der Finanzmärkte müssen im europäischenSchulterschluss unbeirrt durchgesetzt werden. Wenn dasIdeal des „ehrbaren Kaufmanns“ nicht gelebt wird undsich ein kleiner Kreis der Verantwortung für das eigeneHandeln völlig entzieht, müssen staatliche wie suprana-tionale Ordnungsrahmen gesetzt werden.

Verantwortung und Risiko tragenDie „Philosophie“, die die Finanzkrise zum Ausbruchbrachte, hat leider auch weite Teile der Realwirtschaft –davon über 90% in Deutschland Familienunternehmen –über Jahre in Mitleidenschaft gezogen. So ist es für Bankendurch die hohen Kreditanforderungen aus Basel II fürFirmenkredite bis heute attraktiver, weil eigenkapitalscho -n ender, in alternative Finanzprodukte als in das eigentlicheKerngeschäft der Banken mit realen Kunden zu investie-ren. Das muss geändert werden, indem beispielsweisefür alle verkauften Verbriefungsprodukte zumindest eineHaltepflicht von 10% beim Emittenten durchgesetzt wird.Dies ist das klassische „Familienunternehmer-Prinzip“:Jeder trägt für seine unternehmerische Freiheit durch seinEigenkapital Verantwortung und Risiko.

Unterschiedliche Anreize bei Unternehmern undManagernFamilienunternehmer sind keine besseren Menschen alsangestellte Manager, nur agieren sie in unterschiedlichenAnreizsystemen. Für Familienunternehmer stehen dieStärkung der Unternehmenssubstanz und ein nachhalti-ges Wachstum im Mittelpunkt ihrer Anstrengungen, dieGewinnausschüttungen werden deshalb eher gering ge-halten. Dagegen werden angestellte Manager durch dieHöhe erfolgsabhängiger Boni nur eindimensional moti-viert. Häufig wurden und werden ihre Einzelleistungenüber- und letztlich wegen ihrer zu kurzfristigen Ausrich-tung auch falsch bewertet und fehlgesteuert. Zudemunterliegen sie zumeist einer intransparenten Selbstkon-trolle der Führungskräfte, von den Aufsichtsräten ist sel-ten zu hören. So entsteht der Verdacht einer Selbstbedie-nungsmentalität auf Kosten der Eigentümer. Deren Positionist in Gesellschaften in breitem Streubesitz zu schwach.

Vorbildfunktion der Elite für mehr Verantwortung Leider strahlen jedoch Fehlanreize und die daraus folgen -de Maßlosigkeit Einzelner auf andere aus. Maßlosigkeitin Funktionseliten der Wirtschaft senkt die Akzeptanz fürunser Wirtschaftssystem, schwächt Mehrheiten für des-sen Fortentwicklung, letztlich unsere Demokratie selbst.Familienunternehmer sind in Deutschland als „Gegen-bild“ attraktiv, 87% der Arbeitnehmer wären gerne beiihnen beschäftigt. Das kann jedoch kaum beruhigen, weilauch eine demokratische Gesellschaft wesentlich durchdas gemeinsame Vorbild seiner Eliten geprägt wird. WennEinzelne nicht durch eigene Einsicht zu einem verantwor-tungsvollen Handeln finden, müssen die Regeln nach„Familienunternehmer-Prinzipien“ mit mehr Eigenver-antwortung und eigenem Risiko sie dazu führen.

Die Ausgabe

„Turnaround 2010“

entstand mit freundlicher

Unterstützung von:

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“8 www.unternehmeredition.de

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Michael Otto und Berthold Leibinger mit Theodor-Heuss-Preis ausgezeichnet

Zwei große Unternehmer wurden am 15. Mai mit dem Theo dor-Heuss-Preis 2010geehrt: Michael Otto, Aufsichts rats vorsitzender des Hamburger Versandhan -dels Otto GmbH & Co. KG, machte sich insbesondere durch seine Bestrebun -gen zu einer verantwortlichen Herstellung und Lieferkette und seine Unterstüt -zung von ökologischen und sozialen Initiativen verdient. Auch Berthold Leibiger,Auf sichtsratsvorsitzender des schwäbischen Maschinenbauers Trumpf GmbH &Co. KG, hat sich wegen seines Engagements als Mäzen und Stifter sozialer, kul-tu reller und kirchlicher Einrichtungen einen Namen über die Wirtschaftswelthinaus gemacht. Der Preis wird von der Theodor-Heuss-Stiftung seit 1965 an„Vorbilder demokratischen Verhaltens und freiheitlicher Gestaltung des Zu-sammenlebens“ verliehen. www.theodor-heuss-stiftung.de

KfW-Unternehmensbefragung 2010: Verschärfte Finanzierungsbedingungen

2009 haben sich die Finan -zierungsprobleme bei deut-schen Unternehmen massivverschärft, ergab die KfW-Unternehmensbefragung2010. Die Ergebnisse dergemeinsam u.a. mit BDI,BGA, HDE und ZDH durchge-führten Umfrage wurden am27. Mai veröffentlicht. Dem-nach berichten 42% der rund4.600 befragten Firmen vonErschwernissen bei der Kre-ditaufnahme – im Jahr 2008

waren es 35%. Insbesonderebeklagten sie die höherenAnforderungen an Dokumen -tation (86,4%) und Offenle -gung (82,9%) sowie die Forde-rung nach mehr Sicherheiten(82,4%) durch die Banken.Aufgrund dessen musstenrund 14,1% sogar geplanteInvestitionen absagen (10,1%aufgrund von Finanzierungs-schwierigkeiten, 4% wegenFinanzierungsschwie rigkeitenund der schlechten Wirtschafts -lage). www.kfw.de

Klimaverschlechterung

Anforderungenan Dokumentation

Anforderungenan Offenlegung

mehr Sicherheitenlangwierige Bearbeitungs-/

Entscheidungsdauer

höhere Zinsen

Probleme, überhaupt nochKredite zu bekommen 45,8%

52,6%

86,4%

82,9%

82,4%

67,2%

34,2%

Anmerkung: Mehrfachnennungen möglich

Gründe für die Verschlechterung der Kreditaufnahme

Quelle: KfW-Unternehmensbefragung 2010

Nein

Ja, sowohl aufgrund der schlechten Wirtschaftslage als auch von Finanzierungsschwierigkeiten

Ja, aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten

Ja, aufgrund der schlechten Wirtschaftslage

19,9%

66,0%

10,1%

4,0%

Geplante Investitionen nicht getätigt?

Quelle: KfW-Unternehmensbefragung 2010

V.l.n.r.: Ludwig Theodor Heuss, Michael Otto und Berthold LeibingerFoto: Susanne Kern

IfM-Studie: Sehr langeVerfahrensdauer vonInsolvenzverfahren Die seit 1999 möglichen Regelinsol-venzverfahren von juristischen Per -sonen – zu denen auch Unternehmenge hören – dauern besonders lang,geht aus einer im März veröffentlich-ten Studie des IfM Bonn hervor.Demnach dauert es nach Insolvenz -eröffnung im Schnitt vier Jahre, bisdie Schulden vollständig getilgt sind.Darüber hi naus waren sogar rund 30%der Regelinsolvenzverfahren aus denJahren 1999 bis 2001 bis zum Herbst2009 noch nicht abgeschlossen. Esgibt außerdem starke regionale Un -terschiede: In Niedersachsen undBayern benötigen die Verfahren imSchnitt weniger als 45 Monate, inden ostdeutschen Län dern hingegenüber 50 Monate. Die Un tersuchungbasiert auf der Datenbank von Insol -net Aachen, in der 100.000 Regel ver -fahren juristischer Personen (und250.000 von natürlichen Perso nen)erfasst sind. www.ifm-bonn.org

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 9www.unternehmeredition.de

Panorama

Rödl & Partner-Studie: Private Equity-Branche setztimmer mehr auf MittelstandDie weltweite Finanzkrise hat 2009 auch in der deutschen Pri-vate Equity-Branche ihre Spuren hinterlassen. Insbesonderedie Investitionen sind stark zurückgegangen. Das aktuelle Ge -schäftsklima ist von verhaltenem Optimismus geprägt. Soplanen dieses Jahr 64% der Beteiligungsgesell schaften dreioder mehr Neuinvestments in deutsche Unternehmen, 2009waren es lediglich 59%. Dies ergab eine im April veröffentlichteUmfrage des Bera tungsunterneh mens Rödl & Partner unter300 in Deutschland tätigen Private Equity-Gesellschaften(Rücklaufquote: 38%). Weiteres auffälliges Ergebnis: Stattder „Big Deals“ der Vorkrisenjahre ist mittler weile der klassi-sche Mittelstand von besonderem Interesse, über 80% derBefragten investierten in Unternehmen mit einem Umsatzvon maximal 100 Mio. EUR. Der Trend gehe dabei auch in Rich -tung Minderheitsbeteiligungen. www.roedl.de

Creditreform Wirtschaftsindikator: Insolvenzrisiko steigt Besorgnis erregend

Der Aufschwung ist zwar in der Grundtendenz nochintakt, hat aber im 1. Quartal dieses Jahres gegenüber

dem 4. Quartal 2009 eine saisonbedingte Delle erfah-ren, stellt der am 10. Mai veröffentlichte „Creditreform

Wirtschaftsindikator“fest. Er basiert aufregelmäßigen Unter-nehmensbefragungensowie der Auswertungder Creditreform-Datenbank. Demnachsank der Indikator von8,0 auf 7,2 Punkte. Fürdas 2. Quartal 2010wird der Gesamtwirt-schaft dagegen eineanhaltende Erholungauf niedrigem Ni -veau prognostiziert.Besorg niserregendjedoch ist die stei-gende Zahl der deut-schen Unternehmen,die von der Insolvenzbedroht sind.www.creditreform.de

1 2 3 42006

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12010

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Quartal

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BIP Index (2000=100) Creditreform Wirtschaftsindikator

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im 4-Jahresvergleich

Quelle: Creditreform Wirtschaftsindikator, 1. Quartal 2010

Hans Peter Stihl übergibt 2012 an seinen SohnBeim Motorsägenhersteller Stihl bahnt sich ein Genera -tionswechsel an: Zeitnah zu seinem 80. Geburtstag plantHans Peter Stihl im Juni 2012 den Vorsitz des Beiratesder Stihl Holding AG & Co. KG an seinen Sohn Dr. Niko-laus Stihl zu übergeben. Dieser ist seit 1993 Geschäfts-führer der auf Gartengeräte spezialisierten österreichi-schen Tochterge sellschaft Viking. Hans Peter Stihl re-präsentiert die zweite Generation der Stihl-Gründerfa-milie, ist seit 1971 persönlich haftender Gesellschafterund über nahm 1973die ope rative Füh-rung des Un ter neh -mens. 2002 zog ersich aus dem akti-ven Geschäft in denBei rat zurück. DasStihl-Managementwird seitdem fami -lienextern besetzt.Nach eigenen An -gaben ist Stihl seit1971 die meistver -kaufte Motorsäge n -marke der Welt,das Unternehmenerwirtschaftete2008 einen Umsatzvon 2,14 Mrd. EUR.www.stihl.de Hans Peter Stihl

10%

0%

20%

30%

40%

2009

2010

Keine 1-23-4> 5

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Anzahl von geplanten neuen Beteiligungen

Quelle: Rödl & Partner

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“10

Berentzen-Gruppe AG

Turnaround mit Apfelkorn, Alkoholfreiem und Aurelius

Im historischen Haupthaus des beschaulichen mittelal -terlichen Hofs, in dem das Unternehmen Berentzen seitnunmehr 252 Jahren seinen Sitz hat, residierte einst Rolfvon Langen. Der gefürchtete Raubritter war Burgherr desBurgmannshofes in Haselünne (Emsland), der im Jahr1385 erbaut wurde. Mit modernem Raubrittertum ver -gleichen Konsumgüter-Experten auch den enormen Ver-drängungswettbewerb auf dem Spirituosenmarkt. Ohneein wirklich schlagkräftiges Management, das einschnei-dend ein verkrustetes Unternehmen zersägt und die gutenStücke wieder zu einem guten Ganzen zusammenfügt,brechen auch wirklich gute Marken zusammen. Um über -leben zu können, bedeutet es auch, marken- und produk-tionstechnisch auf dem neuesten Stand zu sein. Und so istdie Geschichte des Getränkeherstellers Berentzen eine,die zeigt, dass es manchmal eine Familie, die in sich zer-stritten ist, nicht mehr aus eigener Kraft schafft, das zubewahren, was Generationen vor ihr aufgebaut haben.

Goldene 70er-Jahre unter Friedrich und Hans BerentzenDabei waren die 70er-Jahre noch goldene in Haselünne,geprägt von innovativen Ideen aus der BesitzerfamilieBerentzen. Den Aufstieg der heute 252 Jahre alten nie -dersächsischen Kornbrennerei zu einem börsenno -tierten Getränkekonzern hat Friedrich Berentzen ent-scheidend geprägt. Friedrich starb vor eineinhalb Jah-ren. Mit seinem Bruder Hans übernahm er nach demfrühen Tod des Vaters im Jahr 1954 als 26-Jähriger dieLeitung des traditionsreichen Familienunternehmens.Die beiden Brüder entwickelten 1976 den BerentzenApfelkorn – einen Kassenschlager. Sie fusionierten das Un -ternehmen mit Pabst & Richarz, wurden zur Aktiengesell-schaft und gaben dadurch große Macht in familienferne

Hände. Weil die Umsätze alljährlich von Rekord zuRekord jagten, waren dennoch alle Anteilseigner froh.

Keine 80er-Jahre-Jugend ohne Berentzen ApfelkornWer seine Jugend in den 80er Jahren verbracht hat, istan einer einschneidenden Erfahrung meist nicht vorbei-gekommen: dem Genuss des Apfelkorns. Es war dasPartygetränk des Jahrzehnts, der Wegbereiter dessen,was heute als Alcopops über die Theke geht. Doch Mo-den überleben sich. Deswegen war der Apfelkorn inden vergangenen Jahren praktisch in der Versenkungverschwunden. Abgelöst von Campari-Red-Bull oderBacardi-Bionade, buntem Gesöff, mit dem die Party-Ju-gend vor der Disco „vorglüht“ und das den ultimativenNightlife-Kick verspricht. Berentzen rutschte immer tie-fer in die roten Zahlen. Vorstandschef Jan B. Berentzenmühte sich vergeblich, mit exotischen Mischungen denNiedergang zu stoppen. Mitte 2006 setzte ihn der Auf-sichtsrat vor die Tür.

Erster firmenfremder Manager reißt das Rudernicht herumAber auch Nachfolger Axel Dahm, erster familienfremderManager, riss das Steuer nicht herum. Apfelkorn, inzwischen

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Kurzprofil: Berentzen-Gruppe AG

Gründungsjahr: 1758Branche: Herstellung und Vertrieb von Spiri-

tuosen, Fruchtsäften und Wasser Unternehmenssitz: Haselünne im EmslandMitarbeiter: 487Umsatz 2009: 173,7 Mio. EURInternet: www.berentzen.de

Stefan Blaschak, Vorstandsvorsitzender, Berentzen-Gruppe AG

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in schicken Flaschen abgefüllt, sollte wieder eine Re-naissance erleben. Dabei wollte Berentzen auf den Retro-Zug aufspringen, einen Trend, der zahlreichen absatzlahmenGütern aus der Lebensmittel- Kosmetikindustrie wiedergute Umsätze brachte. 2008 sollte nach vielen verlustreichenPerioden eigentlich wieder das Jahr der Apfelkornle-gende Berentzen werden. Die 250-Jahr-Feier stand insHaus. Außerdem herrschte zumindest nach außen wie-der Ruhe im Gesellschafterkreis, seit die Pabst-Richarz-Gruppe den glücklosen Vorstandsvorsitzenden Jan B.Berentzen abgesetzt und den Manager Dahm als Firmen-chef durchgesetzt hatte. In seinem ersten Jahr an derSpitze des sechstgrößten deutschen Schnapsherstellersfuhr Dahm jedoch bei 186 Mio. EUR Umsatz 11,4 Mio. EURVerlust ein.

Discounter machen Spirituosenbrenner abhängigWie sein Vorgänger löste Dahm ein drängendes Problemnicht: Die Abhängigkeit des Spirituosenherstellers vonder Produktion billiger Eigenmarken für Aldi, Lidl & Cohat im Laufe der Jahre immer mehr zugenommen. 2007setzte Berentzen rund 67,7 Mio. Flaschen „No-Names“ab, die der Hersteller im Auftrag von Discountern ab-füllte – ein Viertel mehr als noch ein Jahr zuvor. ImGegensatz dazu sank der Absatz der margenstarken Mar-kenspirituosen wie etwa Berentzen-Apfelkorn um 5% auf36,5 Mio. Flaschen.

Die Deutschen trinken immer weniger SchnapsHinzu kam, dass einheimische Her steller von Hochpro -zentigem – bis auf Jägermeister – inzwischen genügendProbleme mit sich selbst haben, weil das heimische Ge-schäft immer mehr an Schwung verliert. Der deutschePro-Kopf-Verbrauch von Spirituosen kommt seit Jahrennicht über die 6-Liter-Marke hinaus. Der abermalige Ver-lust war der Moment, unter den der GesellschafterkreisPabst-Richarz einen Schlussstrich setzen wollte. „Lieberein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“,

sagten sich die Minderheitsgesellschafter, die sich aberin einem Pool vertrag mit anderen Anteilseignern 50%der Stimmrechte an der Gruppe gesichert hatten. Sietrafen zu Jahresbeginn erste Vorbereitungen zum Verkauf

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Berentzen Roter Apfel

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des Traditionsunternehmens – zunächst gegen den Willendes Berentzen-Clans, der am Familienbesitz festhaltenwollte. 75,1% der Stammaktien gingen schließlich im Juli2008 zu einem unbestätigten Schnäppchenpreis von rund7 EUR pro Aktie (insgesamt etwa 27 Mio. EUR) an denMünchener Finanzinvestor Aurelius. Die 250-jährigeFamilienära bei Berentzen war beendet – und damit auchdie jahrelangen Konflikte der Gesellschafter.

Manager Blaschak rettet die ArbeitsplätzeAls Nachfolger für Axel Dahm, der inzwischen den Mineral -brunnen Gerolsteiner erfolgreich leitet, setzte Aureliusden heute 41-jährigen Stefan Blaschak als Vorstandsvor-

sitzenden in das Haselünner Unternehmen. Der gebürtigeGelsenkirchener arbeitete auf einer seiner letzten Statio-nen als Handelsvorstand beim Düsseldorfer GroßbäckerKamps. Dort nahm er 2005 nach nur einem Jahr seinen Hut.Blaschak stammt ursprünglich aus der Käsebranche:Bei Baars Deutschland, einem Ableger des niederländi-schen Wessanen-Konzerns, sorgte er seit 1999 für dieStabilisierung der Marke „Leerdamer“. Blaschak verord-nete Berentzen ein knüppelhartes Sparprogramm. 142Mitarbeiter von ehemals 629 mussten gehen; Blaschakrettete aber immerhin 487 den Arbeitsplatz. Die machenjetzt Profit. Der Getränkehersteller Berentzen hat es zu-rück in die Gewinnzone geschafft. Und anstelle von Spiri-tuosen hat sich vor allem das margenträchtige Geschäftmit alkoholfreien Getränken gut entwickelt.

Seit vielen verlustreichen Jahren wieder ein GewinnDie Berentzen-Gruppe erwirtschaftete 2009 unterm Stricheinen Gewinn von 3,8 Mio. EUR, wie aus dem Geschäftsbe -richt hervorgeht. Im Vorjahr hatte es noch einen Verlustvon 22,5 Mio. EUR gegeben. Der Umsatz ohne Branntwein -steuer sank um 12,8% auf 173,7 Mio. EUR. Blaschak hattedie Spirituosenproduktion am Stammsitz in Haselünne ein -gestellt und ins westfälische Minden verlagert. Außerdemwurde die Verwaltung verschlankt und der Geschäftsbe-reich „Alkoholfreie Getränke“ neu organisiert. Bei denalkoholfreien Getränken stieg der Umsatz von 50,2 auf52,3 Mio. EUR. Bei den Spirituosen reduzierte sich der Um -satz ohne Branntweinsteuer um 18,5% auf 121,4 Mio. EUR.

Thomas [email protected]

Bisher u.a. in der Rubrik „Unternehmer-Dynastien“

erschienen:

Lindner Hotel AG (2/10)Alfred Ritter GmbH & Co. KG (1/10)Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG (6/09)Sambonet Paderno Industrie S.p.A. / Rosenthal AG (5/09)Schloss Wachenheim AG (4/09)Peter Deilmann Reederei GmbH & Co. KG (3/09)Warsteiner-Gruppe Haus Kramer Holding KG (2/09)Freizeit- und Familienpark Mack KG (1/09)Dr. August Oetker KG (5/08)Heinrich Deichmann-Schuhe GmbH & Co. KG (4/08)

Der vor anderthalb Jahren verstorbene Friedrich Berentzen hat den Aufstieg derheute 252 Jahre alten niedersächsischen Kornbrennerei zu einem börsennotiertenGetränkekonzern entscheidend geprägt.

Weitere Marke der Berentzen-Gruppe: Puschkin Vodka

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„Ein starker Gesellschafter ist für dasGelingen eines Insolvenzplan ver fah rensunerlässlich“

Interview mit Patrick Feller, geschäftsführender Gesellschafter, Deutsche Industrie Holding (DIH)

Ein Jahr nach Abschluss des Insolvenzverfahrens und harterRestrukturierung startet der Bekleidungshändler Sinn Lef-fers nun wieder durch und schreibt schwarze Zahlen. Auf-grund unrentabler Standorte, zu hoher Mieten und unattrak -tiver Sortimente hatte die Handelskette im Sommer 2008Insolvenz angemeldet. Ein entscheidender Erfolgsfaktor fürden gelungenen Neustart war das Insolvenzplanverfahren,das im Gegensatz zum Regelverfahren viel zu selten ange-wandt wird. Im Interview spricht Patrick Feller, heute DIH-und zuvor Sinn Leffers-Geschäftsführer, über die Ursachenund den Weg aus der Krise sowie die Vorteile des Insol-venzplanverfahrens.

Unternehmeredition: Herr Feller, können Sie bitte kurznoch einmal die Ursachen der Krise Ihres Unternehmensskizzieren? Feller: In den ersten zwei Jahren im Besitz der DIH Deut-sche Industrie Holding GmbH konnte Sinn Leffers zu-nächst den Abstand zum Markt schließen, den es übermehrere Jahre gehabt hatte. Ab Weihnachten 2007 ent-wickelten sich jedoch der deutsche Textilmarkt unddadurch bedingt auch Sinn Leffers wieder negativ. Diepro fitablen Filialen konnten das negative Ergebnis derunprofitablen Häuser nicht mehr ausgleichen. Es zeigtesich, dass das strukturelle Problem des Sinn Leffers-Filial -portfolios bis zu diesem Zeitpunkt nur zu einem kleinenTeil gelöst worden war. Durch die Ergebniskrise war dieLiquiditätskrise bei Sinn Leffers absehbar.

Unternehmeredition: Was waren die entscheidenden Maß -nahmen, um Sinn Leffers wieder nach vorne zu bringen?

Feller: Wir haben bereits vor der Insolvenz maßgeblicheSchritte eingeleitet, Sinn Leffers neu im Textileinzelhan-del zu positionieren. Dazu zählten die Aufwertung desMarkenportfolios, die Neugestaltung unserer Außendar-stellung und intensive Trainings von Mitarbeitern. Indem Insolvenzplanverfahren hingegen wurden die Sanie-rungsschritte mithilfe der Insolvenzordnung umgesetzt,die bereits im Vorfeld vorbereitet wurden. So hatte SinnLeffers bereits im Oktober 2008 – also vor Eröffnung desVerfahrens – bekannt gegeben, dass sich das Unterneh-men Ende Februar 2009 von 23 der vormals 47 Filialentrennen würde. Vorangegangene Verhandlungen mit Ver-mietern über Mietreduzierungen waren überwiegendgescheitert. Trotz Schließung der Häuser und weiteremPersonalabbau konnten rund zwei Drittel der zuvor 3.700Arbeitsplätze erhalten werden. So konnte Sinn Leffers inder Insolvenz die Flächenproduktivität durch den Fokusauf profitable Filialen und eine gezieltere Personalpräsenz

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Zur Person: Patrick Feller

Patrick Feller ([email protected]) ist seit2009 geschäftsführender Gesellschafter der DeutschenIndustrie Holding (DIH). Zuvor war er von 2006 bis 2009Sprecher der Geschäftsführung des TextilunternehmensSinn Leffers GmbH. Das auf den Mittelstand speziali-sierte Beteiligungsunternehmen DIH mit Sitz in Frank-furt investiert ausschließlich eigenes Geld in den Fir-menkauf. Mehrheitsgesellschafter ist der ehemaligeWella-Chef Peter Zühlsdorff. www.dih-gruppe.de,www.sinnleffers.de

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deutlich erhöhen. Zudem konnten neue Dienstleis ter mitbesseren Konditionen gewonnen und mit verbleibendenDienstleistern wesentlich bessere Vereinbarungen getrof-fen werden.

Unternehmeredition: Bei Sinn Leffers wurde die In -solvenz im Planverfahren abgewickelt. Welche Vorteileergaben sich daraus im Vergleich zum weitaus häufigerangewandten Regelverfahren?Feller: Das Insolvenzplanverfahren entspricht in unsererWahrnehmung eher einem Vertrag zwischen Schuldnerund Gläubigern, wie ein Teil der Forderungen beglichenwerden kann. Es ist daher nicht direktmit der Regelabwicklung gleichzusetzen,da dort ganz andere Mechanismenwirken. Da im Insolvenzplanverfahrennicht hauptsächlich Aktiva verkauftwerden, muss die Quote durch denGesellschafter oder den Cashflow er-bracht werden. Da die DIH sich zuSinn Leffers bekannt hat, war diesesZugeständnis möglich. Die Vorteileliegen vornehmlich in den beim Unter -nehmen verbleibenden Gestaltungs-möglichkeiten, insbesondere durchdie Eigenverwaltung. Zudem konntedurch eine detaillierte Vorbereitungder „Fahrplan“ für den Ablauf desVerfahrens exakt vordefiniert werden.

Unternehmeredition: Wozu müssendie Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren bereit sein?Feller: Bei Sinn Leffers war es die DIH als Gesellschafter,die der Geschäftsführung das Insolvenzplanverfahren alsSanierungsoption vorgeschlagen hat. Die DIH war in dieVorbereitung des Verfahrens involviert und hat die dabeientstandenen Kosten vollständig getragen. Auch wäh-rend des Verfahrens hat der Gesellschafter wesentlicheKosten übernommen, z.B. sämtliche Beraterkosten oderProvisionsansprüche an Verkaufsmitarbeiter, die Sinn

Leffers in der Insolvenz nicht aus-schütten konnte. Zudem stellte dieDIH wesentliche Sicherheiten für dieGewährleistung des operativen Ge-schäfts zur Verfügung. Zusätzlich hatder Gesellschafter es durch einen we-sentlichen Beitrag ermöglicht, dassden ungesicherten Gläubigern eineQuote auf ihre Forderungen ausge-schüttet werden konnte. Dies wäreandernfalls aufgrund der hohen vor-rangigen Zahlungsverpflichtungennicht möglich gewesen.

Unternehmeredition: Was sind diewichtigsten Lessons learned für dasManagement?Feller: Der Erfolg des Verfahrens liegt

unter anderem da rin, dass neben einer intensiven Vor-bereitung und der proaktiven Kommunikation ein star-ker Gesellschafter unerlässlich für das Gelingen einesInsolvenzplanverfahrens ist. Wir haben jedoch nicht er-wartet, dass der Turn around im Anschluss an die Sanie-rung eine solche Dynamik annehmen kann, wie das beiSinn Leffers der Fall war.

Unternehmeredition: Wie schätzen Sie die weiterenZukunftsaussichten Ihres Unternehmens ein?Feller: Nach Abschluss der Radikalsanierung konntenwir auf einen gesunden Kern von 24 Filialen aufsetzen

und wieder durchstarten. Wir werden 2010 unsere Um-satzziele übertreffen und bereinigt um die geschlossenenFilialen zwischen 7 und 8% zulegen. Ab 2011 werden wirwieder über Expansion nachdenken.

Unternehmeredition: Herr Fellers, vielen Dank für dasGespräch.

Das Interview führte Markus [email protected]

Sinn Leffers-Filiale in Bielefeld

Mit einem gesunden Kern von 24 Filialen startet der Bekleidungshändler wieder durch.

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„Die Großen haben sich zu Lasten der Kleinen finanziert“

Interview mit Dr. Carsten Uthoff, Vorstandsvorsitzender, Creditreform AG

Der Creditrefom Wirtschaftsindikator untersucht regel -mäßig die konjunkturelle Lage und die wirtschaftlicheSituation von Unternehmen auf Basis der Creditreform-Wirtschaftsdatenbank in Kombination mit Unternehmens-befragungen. Im Interview spricht Dr. Carsten Uthoff,Vorstandsvorsitzender der Creditreform AG, über die Ent-wicklung der Insolvenzen, das aggressive Verhalten vonGroßunternehmen gegenüber dem Mittelstand im Wor -king-Capital-Management sowie den richtigen Umgangmit Wirtschaftsauskunfteien.

Unternehmeredition: Herr Dr. Uthoff, wie wird sich IhrerMeinung nach die Zahl der Insolvenzen und Restrukturie -rungsfälle in diesem Jahr entwickeln?Uthoff: Die Zahl der Insolvenzen hat 2009 einen Höhe-punkt in der Nachkriegsgeschichte erreicht. Wir erwar-ten im Laufe dieses Jahres einen weiteren Anstieg – imVergleich zum Vorjahr um 10% auf 38.000 – als Spätfolgedes Krisenjahres 2009. Denn viele Unternehmen haben2009 ihre Eigenkapitaldecke sichtbar geschmälert undsomit wenig Puffer. Man darf nicht vergessen, dass einAufschwung zunächst Liquidität erfordert: Das WorkingCapital muss aufgebaut werden, es sind Vorräte anzu-schaffen, Umsätze sind zu finanzieren. Daher bestehtdurchaus die Gefahr, dass der Aufschwung für vieleUn ternehmen zu spät kommen kann. Er könnte daranersti cken, dass die Finanzierung nicht in ausreichendemMaße zur Verfügung steht. Wir schätzen, dass die Zahlder Krisenunternehmen 2010 zunehmen wird. Nachdem2009 besonders Großunternehmen Insolvenzantrag stell-ten, wird das Restruktu rierungsjahr 2010 eher von klei -neren und mittelgroßen Firmen geprägt sein.

Unternehmeredition: Nach Ihren Analysen sind im Kri-senjahr 2009 gerade Konzerne und Großunternehmeneine aggressive Strategie im Working-Capital-Manage-ment gefahren. Wie hat sich das auf den Mittelstand aus-gewirkt?Uthoff: Ja, Großunternehmen nutzen ihre dominante Stel -lung innerhalb des Wertschöpfungsprozesses aus, um vonihren Vorlieferanten lange Zahlungsziele zu erhalten – siefinanzieren sich im Grunde genommen zu deren Lasten.Zwar konnte auch der Mittelstand im vergangenen Jahrvielfach sein eigenes Working-Capital-Management gegen -über seinen Lieferanten verbessern. Aber den Kunden,gerade wenn es sich um Großunternehmen handelt,mussten längere Zahlungsziele eingeräumt werden.Hart formuliert könnte man sagen, die Großen habensich zu Lasten der Kleinen finanziert.

Unternehmeredition: Wie entwickelt sich generell dieFinanzierungssituation im Mittelstand? Rechnen Sie miteiner Kreditklemme?Uthoff: Bereits im letzten Jahr hat sich die Finanzierungdurch Banken merklich erschwert. Die Kreditinstitutehaben Sicherheiten sowie Konditionen nachverhandeltund branchenbezogene Bereinigungen ihres Kreditport-folios durchgeführt. Nun sind die Bilanzen des Krisen -jahres 2009 aufgestellt und werden den Banken zum

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Zur Person: Dr. Carsten Uthoff

Dr. Carsten Uthoff ([email protected]) istVorstandsvorsitzender der Creditreform AG undGeschäftsführer des Verbandes der Vereine Creditre-form e.V. Traditionell Wirtschaftsauskunftei undInkasso-Dienstleister, ist Creditreform heute mit 130Geschäftsstellen in Deutschland (europaweit 175)europäischer Marktführer für Dienstleistungen imBereich Wirtschaftsinformationen und Forderungs -management. Mit 4.000 Mitarbeitern in Deutschland(Europa: 4.500) wird ein Umsatz von 472 Mio. EUR erzielt.www.creditreform.de

Dr. Carsten Uthoff

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Rating eingereicht werden. Vor dem Hintergrund derwirt schaftlichen Entwicklung 2009 ist davon auszugehen,dass viele Unternehmen eine deutliche Abwertung ihresBilanz-Ratings erfahren werden. Etliche Banken habenschon angekündigt, dass sie weniger die vergangen -heitsbezogenen Jahresabschlussdaten, sondern stärkerqualitative Daten wie Strategie, Wettbewerbsposition,Führung, Innovationskraft usw. im Unternehmensratingabbilden wollen. Trotzdem wird es im Grundsatz für dieUnternehmen schwieriger, die notwendigen Linien 2010zu erhalten. Dies gilt insbesondere für Firmen aus risi -kobehafteten Sektoren, wie etwa der Logistik, der Bau-branche oder der Automobilzulieferindustrie. Wer da -gegen Branchen angehört, die selbst im Krisenjahr 2009robust waren, wie etwa Green Tech, hat weiterhin guteChancen auf Fremdkapital. Erschwerend kommt hinzu,dass auch die Situation der Banken selbst angespannt ist.Der Interbankenmarkt ist praktisch ausgetrocknet;Banken haben derzeit nur geringe Möglichkeiten, ihrEigenkapital zu erhöhen. Auf der einen Seite bleibt dieEigenkapitalsituation der Kreditgeber limitiert, auf deranderen Seite sind die bestehenden Kreditvergaben,bedingt durch Ratingabschläge der Kreditnehmer, miteinem höheren Eigenkapital zu hinterlegen. In diesemSpannungsfeld können die Banken nur restriktiv in derKreditvergabe agieren.

Unternehmeredition: Wie hat sich dies auf die Erteilungvon Wirtschaftsauskünften bei Creditreform ausgewirkt?Was sollten Unternehmen tun?Uthoff: Mit 12 Mio. Abrufen aus unserer Datenbankkonnten wir 2009 ein leichtes Wachstum erreichen.Einerseits haben Unternehmen, die in großem MaßeAuskünfte von uns beziehen, etwa aus der Leasing -branche, ihr Geschäftsvolumen im letzten Jahr drastischzurückgefahren. Andererseits konnten wir diesen Rück -gang durch die höhere Unsicherheit in anderen Branchenkompensieren. Auskunftsabrufe sind in hohem Maßetransaktionsabhängig, und in der Rezession geht dieZahl der Transaktionen zurück. Gleichzeitig nimmt dieinformatorische Unsicherheit zu und erhöht den Bedarfder Unternehmen, die Informationsasymmetrie zwi -schen Gläubiger und Schuldner durch eine Wirtschafts-auskunft zu schließen. Für Unternehmen ist es geradein Krisenjahren oder zu Beginn des Aufschwungs wich -tig, eine aktive Finanzkommunikation zu betreiben.Dies gilt nicht nur gegenüber den Banken, sondern auchgegenüber den Auskunfteien. Gerade die Bewertung vonCreditreform als Marktführer in diesem Sektor ist einewichtige Visitenkarte des Unternehmens gegenüber seinenKunden, Lieferanten, Kreditversicherungen und Banken.Denn eine Vielzahl der Unternehmen setzten Cre dit reform-auskünfte systematisch in ihrem Risikoma nagement ein.Ich bin erstaunt, wie wenig Unternehmer das Gesprächmit Creditreform als festen Jahrestermin auf ihrer Agendahaben und damit Verbesserungspo tenzial verschenken.Idealerweise sollten die Unter nehmer vor Ort bei ihrem

Creditreform-Büro eine Ei genauskunft anfordern, dieseim Gespräch mit dem Analysten von Creditreform be-sprechen und zeigen, wie sich die aktuelle und künftigefinanzielle Situation des Unternehmens darstellt. So kannder Unternehmer einen aktiven Beitrag leisten, wie seineUnternehmens bonität gegenüber Dritten mit berechtigtemInteresse dargestellt wird.

Unternehmeredition: Wie beurteilen Sie die weitere Kon -junkturentwicklung in Deutschland?Uthoff: Derzeit ist die Konjunktur noch schwach. Siemuss sich stabilisieren, um wirklich die Kraft für diedeutsche Wirtschaft zu entfalten. Der wesentliche Trei-ber der deutschen Wirtschaft ist nach wie vor die Ex -portindustrie. Es gibt positive Signale wie das robusteVerhalten des Arbeitsmarktes. Aber wir verzeichnenauch Risiken: Die Situation im Bankensektor ist nachwie vor angespannt, neben den Immobilien- und Unter-nehmensrisiken kommen jetzt staatliche Risiken hinzu.Es droht die Gefahr von Staatsinsolvenzen im Euroraum.Zudem stellt sich die Frage, wie die öffentlichen Haushaltenachhaltig konsolidiert werden können. Wichtig ist, dassdie Konjunktur an Fahrt gewinnt, um Vertrauen zu schaf-fen. Hier ist die Politik gefordert, entsprechende Rahmen -bedingungen zu schaffen.

Unternehmeredition: Was ist Ihr wichtigster Rat an Un -ter nehmer in Bezug auf ein kluges Krisenmanagement?Uthoff: Kluges Krisenmanagement zeichnet sich beson -ders dadurch aus, sich Handlungsspielräume zu schaffen,bevor man in eine Krise hineinkommt – sowohl auf strate -gischer, operativer als auch auf finanzieller Ebene. Manmuss laufend unterschiedliche Optionen prüfen, die mandann im Falle einer Krise ziehen kann. Häufig haben Unter -nehmen, die bereits in der Krise sind, dann keinen Raummehr zum Handeln.

Unternehmeredition: Herr Dr. Uthoff, vielen Dank für dasGespräch!

Das Interview führte Markus [email protected]

Vorstandsvorsitzender Dr. Carsten Uthoff traf Markus Hofelich, Chefredakteur derUnternehmeredition, in der Zentrale der Creditreform AG in Neuss.

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Eine Branche hat Hochkonjunktur

Das professionelle Management von Krisen gewinnt immer mehr an Bedeutung

Experten für Restrukturierung und Sanierung haben zurzeitviel zu tun. Die Zahl der Insolvenzen steigt im Nachhall derFinanz- und Konjunkturkrise. Kostensenkungen und dasÜberdenken der Geschäftsstrategie zählen ebenso zu denAufgaben wie die Sicherung der Finanzierung und die Ver-besserung der Kommunikation zu den Geldgebern. Die Re-strukturierungsbranche ist in den vergangenen Jahren viel-fältiger und professioneller geworden.

Kapitalreserven aufgezehrtDie Konjunkturkrise von 2009 ist Vergangenheit, insbe-sondere der Aufschwung im Export bringt wieder neueAufträge für die deutsche Wirtschaft. Damit sind dieSchwierigkeiten in vielen Unternehmen aber noch längstnicht bewältigt. Manche haben Liquiditätsschwierigkeiten,weil der Aufschwung finanziert werden muss und Kapital -reserven zu einem großen Teil aufgezehrt sind. Anderemüssen grundsätzlich an ihrer Geschäftsstrategie arbeiten:Kundenstruktur, Produktpalette, Kosten, Vermarktung undandere Punkte stehen auf dem Prüfstand. Lernen aus derKrise, sich auf die Kernkompetenzen konzentrieren undentsprechend restrukturieren, um wieder wettbewerbsfä -higer zu werden – das ist die Aufgabe vieler Unternehmer,Insolvenzverwalter und externer Berater.

Krisenspuren des Jahres 2009Die herben Umsatzeinbrüche zwischen dem 4. Quartal2008 und 3. Quartal 2009 haben ihre Spuren hinterlassen.Ein Teil der Unternehmen hat zudem in den vergangenen

Jahren mehr an die Aktionäre ausgeschüttet, gefördertdurch die internationalen Bilanzierungsregeln. So wur-den stille Reserven aufgebraucht, was die Unternehmenanfälliger in der Krise gemacht hat. Unter Druck geratennun insbesondere solche Unternehmen, die einen hohenVerschuldungsgrad bzw. eine geringe Eigenkapitalquoteaufweisen und deshalb von der Kapitalseite – sowohlfür die Vorfinanzierung aktueller Aufträge als auch fürnotwendige Investitionen – sehr eingeschränkt sind.Auch hohe Fixkostenblöcke, die unabhängig von derAuftragslage finanziert werden müssen, bremsen mancheUnternehmen aus.

Krisenstadium entscheidendDennoch: Im internationalenVergleich stehen die deutschenUnternehmen gar nicht soschlecht da. „Die Insolvenz -zahlen steigen zurzeit nichtso schnell wie befürchtet. Wirhaben da im Moment eine ge -wisse Ruhe, das merken wir anunserem Auftragseingang“, sagtMichael Pluta von der PlutaRechtsanwalts GmbH. Der er -fahrene Insolvenzverwaltersieht dies allerdings nicht alsEntwarnung. „Die Banken eilen von einem Krisenterminzum anderen. Da sieht man, dass doch noch einiges im

Argen liegt.“ Wie tiefgreifend die Proble-me und dementsprechend auch die nö -tigen Maßnahmen zur Gesundung sind,hängt davon ab, in welchem Krisensta-dium sich das Unternehmen befindet.Klassischerweise unterscheidet mandrei Stadien. Am Anfang steht in der Re-gel eine Strategiekrise, wenn beispiels-weise die Produkte in ihrer Art oderQualität nicht mehr zeitgemäß sind,neue Marktentwicklungen verschlafenwurden oder die Marketingstrategienicht mehr stimmt. Hier kann der Blickvon außen durch einen klassischen Un -ternehmensberater hilfreich sein, umstrategische und operative Änderungen

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Saldo aus guter und schlechter Geschäftslage im Zehnjahresvergleich45%40%35%30%25%

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2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

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Abb. 1: Geschäftsentwicklung deutscher Unternehmen

Quelle: Creditreform

Michael Pluta, Pluta Rechtsanwalts GmbH

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einzuleiten. Der Berater analysiert die Geschäftsprozesse,die Ausrichtung des Unternehmens mit seinen Produktenund Zielmärkten, die Kostenstrukturen etc. und legt einKonzept vor, das das Management dann umsetzen kann.In diesem Stadium besteht noch ausreichend Freiraum,um gegenzusteuern.

Schnelligkeit und der Blick von außenGeschieht dies nicht, so folgt die Erfolgs- bzw. Ertragskri-se. Die strategischen Fehler führen zu fallenden Erträgenoder sogar zu Verlusten. Nun wird die Zeit schon knapperund guter Rat auch teurer. Wer in diesem Stadium nichtdie Bremse zieht und Gegenmaßnahmen ergreift, demdroht die dritte und bedrohlichste Phase: die Liquidi -tätskrise. Insolvenz droht, denn zu einem Teil könnenRechnungen nicht mehr bezahlt und/oder Kredite nichtmehr bedient werden. Jetzt ist Zeit ein hohes Gut, dennanders als im ersten Stadium ist sie extrem knapp, schnel -les Handeln ist gefragt. Da das bisherige Managementoft mitverantwortlich für die Krise ist und Vertrauenverspielt hat, sind hier externe Spezialisten gefragt. Re-strukturierungsberater bzw. auch Interim Managerhaben den Blick von außen und können unbelastet schnelldie richtigen Schritte einleiten. Sicherung von Liquiditätbzw. Zahlungsfähigkeit steht an erster Stelle, dabei ist vielkommunikatives Geschick gefragt – in Verhandlungen mitden Kapitalgebern (insbesondere Banken), Kunden undLieferanten.

Mehr Vielfalt in der BrancheDie Branche der Restrukturierer, Saniererund Berater – neben Wirtschaftsprüfernauch spezialisierte Anwaltskanzleien undInsolvenzverwalter – hat sich in den ver-gangenen fünf, sechs Jahren vielfältiger undinternationaler aufgestellt. Angelsächsischgeprägte Restrukturierungshäuser sindhinzu gestoßen, die ihre Konzepte z.B.durch einen Chief Restructuring Offi cer(CRO) im Unternehmen umsetzen lassen.Er agiert damit ähnlich wie ein InterimManager. Dieser „Feuerwehrmann“ für be -fristete Zeit – z.B. ein halbes Jahr – über-nimmt eine Führungsfunktion im Unter-nehmen und leitet operative Maßnahmen

ein. Dies kann für einen Teilbereich – z.B. das Finanzma-nagement – gelten, aber auch für das gesamte Unterneh-men. „Die Branche insgesamt ist besser organisiert undprofessioneller aufgestellt als in der letzten Krise in denJahren 2002 bis 2004“, sagt Eugen Angster, Vorsitzenderdes Bundesverbands der Re-strukturierer, Sanierer und Inte-rim Management (BRSI). „Es istfür Unternehmer transparentergeworden, wer sich in diesemMarkt bewegt. Es ist leichter alsfrüher, den richtigen Ansprech-partner und damit auch den Wegaus der Krise zu finden.“ Die Web-site des Verbands (www. brsi. de)hat laut Angster etwa 80.000 Zu-griffe pro Monat.

Insolvenzplanverfahren als ChanceWas sich hingegen nicht verändert habe im Vergleich zufrüheren Krisen, sei die Kapitalverknappung für Unter-nehmen ohne Top-Rating, so Angster. Die Bereitschaftder Unternehmen, sich auch einmal in gu ten Zeiten mitInsolvenzrecht und Krisenbekämpfung zu beschäftigen,sei nach wie vor gering. Immerhin: Die im vergangenenJahr in Kraft getretenen Ergänzungen zum bestehen-den Insolvenzrecht und die Neuerungen im GmbH-Gesetz haben nach seiner Ansicht positive Effekte ge-bracht. Leider sei das Stigma der Insolvenz aber immer

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Einführung

Eugen Angster,BRSI

21.00020.00019.00018.00017.00016.00015.00014.00013.00012.000

1. Halb-jahr

2. Halb-jahr

1. Halb-jahr

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2. Halb-jahr

2005 2006 2007 2008 2009

Abb. 2: Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen

Quelle: Creditreform

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noch recht stark. Angster: „Es muss viel deutlicher in dieKöpfe, dass die Insolvenz nicht das Ende des Unternehmenssein muss; die meisten überleben und gehen mit einem neuenInhaber wieder an den Markt. Das Planverfahren bietet –wenn ein Schuldenverzicht erreicht werden kann – demUnter nehmer die Chance, sein Unternehmen zurück zuerwerben.“

Früherkennung hilftBesonders Insolvenzverwalter wie Pluta haben mit demStigma zu kämpfen. „Insolvenz wird oft gleichgestelltmit ‚Jetzt ist es aus‘“, sagt er. „Sie sollte aber vielmehrals Chance begriffen werden.“ Je früher eine Krise er-kannt und gegengesteuert wird, umso besser. „Leiderwarten viele Unternehmer immer noch bis fünf vorzwölf“, bemängelt BRSI-Präsident Angster. „Die Re -strukturierungs-Professionals würden sich freuen,wenn Unternehmer rechtzeitig – und zwar vor derakuten Insolvenzgefahr – mit ihnen sprechen würden,damit die Insolvenz im Vorfeld bereits verhindert wer -den kann.“ Nach Angsters Ansicht sind in der Zunft ins-besondere konzeptionell arbeitende Sanierungsgesell-schaften, operativ handelnde Change Manager und Bera-ter im Bereich alternativer Finanzierungen (ergänzend zuklassischen Bankkrediten) gefragt.

Mehr Beteiligte am VerhandlungstischEine einschneidende Veränderung ist die Vielzahl derBeteiligten bei den Krisenverhandlungen. Es sitzen mehrBanker und Investoren mit am Tisch als früher. Angel-sächsische Banken und Finanzinvestoren haben diePalette der Stakeholder erweitert. Das macht eine Eini-gung auf schnelle Maßnahmen operativ wie finanziellnicht einfacher. Eine wichtige Rolle in der Frage, ob dieKreditversorgung des Unternehmens aufrechterhaltenbleibt, spielen die Kreditversicherer. Sie schützen Unter-nehmen vor Zahlungsausfällen ihrer Kunden. Sie prüfendie Abnehmer auf ihre Bonität und entscheiden auf die-ser Basis, ob und in welchem Maße sie das Ausfallrisikofür das Unternehmen absichern. Diese sogenanntenDeckungsquoten sind insbesondere Ende 2008 und in der

ersten Jahreshälfte 2009 deutlichheruntergefahren worden. Kre-ditversicherer sind auf vieleund verlässliche Informationenangewiesen. „Je früher wir überSchwierigkeiten informiertwerden, umso mehr Vertrauenhaben wir in einen Lösungs -prozess. Dazu gehören natür -lich auch die Banken und andereBeteiligte an der Restrukturie-rung“, sagt Dr. Thomas Langen,Regional Director Deutschland,

Mittel- und Osteuropa bei der Atradius Kreditversiche-rung. Neben Euler Hermes und Coface ist sie einer derdrei großen Player in diesem Markt.

Kreditversicherungen stark gefragt„Glücklicherweise werden wir Kreditversicherer heute sehrviel früher in den Prozess eingebunden als früher“, berich -tet Langen. Er bestätigt, dass die Finanzierungsstrukturenkomplexer – internationaler – geworden sind. Da die 2009erZahlen bei vielen Unternehmen schlecht ausfielen, kommees jetzt mehr denn je auf die Zukunftsperspektiven an. „Wirschauen, wer seine Hausaufgaben gemacht hat – dort set zenwir die Deckungslimite herauf.“ Die Nachfrage nach Kre dit -versicherungen sei nach wie vor hoch, wegen der gestie-genen Ausfallrisiken und weil in der anziehenden Kon-junktur wieder mehr Lieferantenkredite benötigt würden.

Hochphase für Turnaround-Investoren Auch spezialisierte Beteiligungs -häuser haben Hochkonjunktur.Orlando Management AG ist eineder Beteiligungsgesellschaften,die sich auf „special situations“,also auf die Übernahme ange-schlagener Unternehmen, kon-zentrieren. „Unsere Haupt -kriterien für Kaufkandidatensind gute Produkte und einevernünftige Marktposition“,sagt Orlando-Vorstand Dr.Henrik Fastrich. „Wir schauenuns Unternehmen an, die durch den Konjunktureinbruchoder Managementfehler in Schieflage geraten sind, aberinsgesamt einen gesunden Kern haben und deren Ge-schäftsmodell wir gut verstehen.“ Wird eine Übernahmebeschlossen, soll das Unternehmen mit einigen gezieltenMaßnahmen wieder in gutes Fahrwasser geführt und aufExpansion ausgerichtet werden. Fastrich spricht den vielgescholtenen Banken hier ein Lob aus: „Sie sind koopera-tiver geworden und zeigen selbst ein großes Interesse,Unternehmen wieder auf Vordermann zu bringen.“

Fazit:

Professionelle Unterstützung finden Unternehmen fürihre Restrukturierung in vielfältiger Weise. Je früherProbleme angegangen werden, umso mehr kann das Ma-nagement selbst noch beim Lösungsprozess mitwirken.Nicht einfacher geworden ist allerdings, dass alle Stake-holder an einem Strang ziehen. Denn auch hier gibt esinzwischen mehr Vielfalt.

Bernd [email protected]

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Dr. Thomas Langen, Atradius Kreditversicherung

Dr. Henrik Fastrich,Orlando Management

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“24

„Ich gehe nicht davon aus, dass wir denStand von 2008 bald wieder erreichen“

Interview mit James J. Bonsall,Managing Director, Alix Partners

Der US-Amerikaner Jim Bonsall ist im Januar in das deut-sche Team von Alix Partners zurückgekehrt und hat dieLeitung der Turnaround & Restructuring Practice über -nommen. Bonsall arbeitete zuletzt vor fünf Jahren beidem Beratungsunternehmen für Turnarounds und Ertrags-steigerungsprogramme in Deutschland. Damals hatte erden angeschlagenen nordrheinwestfälischen Kabelan -bieter Ish als Interim-CEO aus der Krise geführt und aneinen neuen Eigentümer verkauft. Bonsall besitzt mehrals 30 Jahre Erfahrung in der Leitung von Unternehmenin Europa, den USA und Südamerika. Im Interview sprichter über die weitere Entwicklung der Konjunktur, wie sichUnternehmen verhalten sollten und das deutsche Insolvenz -recht im internationalen Vergleich.

Unternehmeredition: Herr Bonsall, wie schätzen Siedie gegenwärtige Wirtschaftslage ein? Auf der einenSeite scheint sich eine leichte Konjunkturerholung anzu-deuten, auf der anderen Seite belasten ein schwacherEuro, sinkende Aktienkurse und eine hohe Staatsver-schuldung die Märkte. Bonsall: 2009 ist der Umsatz in vielen Branchen drama-tisch eingebrochen: von Verbrauchsgütern über dieAutomobilindustrie und ihren Zulieferern bis hin zurLogistik und Schiffsindustrie. Von diesem Schlag müssensich die Volkswirtschaften nun wieder erholen. Erst wenndie Ausgaben der Verbraucher steigen, wird sich die La-ge verbessern. Die Frage ist, auf welchen Level sich dieLage mittelfristig verbessern wird. Es gibt Unternehmer,die davon ausgehen, dass die Wirtschaft sich schnellwieder auf Vorkrisen-Niveau erholt, und ihre Firma nicht

restrukturieren, sondern eher eine Politik des Stillhaltensund Abwartens verfolgen. Das ist meiner Meinung nachgefährlich und sicher der falsche Weg. Die Wirtschaft erholtsich derzeit zwar langsam auf niedrigem Niveau – aberich gehe nicht davon aus, dass wir den Stand von 2008bald wieder erreichen werden. Besser ist es, sich derveränderten Lage anzupassen, die Produktionskapazitä-ten zu reduzieren und an einer eher längerfristig niedrigenNachfrage zu orientieren. Dennoch wird 2010 eher einJahr sein, durch das die meisten Unternehmen relativ gutdurchkommen werden, größere Probleme wird es meinerMeinung nach erst 2011 geben.

Unternehmeredition: Wie dramatisch stellt sich die Finan -zierungssituation für Unternehmen dar?Bonsall: Ende Januar veröffentlichte Alix Partners eineStudie, die zeigt, dass Unternehmen der vier größteneuropäischen Industrienationen schon bald mit einerRefinanzierungskrise im Umfang von knapp 400 Mrd. EURkonfrontiert sein könnten. Davon entfallen rund 115 Mrd.EUR alleine auf Deutschland. Diese Krise kann Firmen aller

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James J. Bonsall

Zur Person: James J. Bonsall

James J. Bonsall ist Managing Director bei Alix Partners.Seit der Gründung im Jahr 1981 hat das auf Turnaroundsund Ertragssteigerungsprogramme spezialisierte Unter -nehmen mit rund 900 Mitarbeitern in weltweit 14 Stand -orten über 2.000 Projekte abgeschlossen. Alix Partnersist seit 2003 mit eigenen Büros in Deutschland vertretenund setzt ausschließlich erfahrene Führungskräfte ausIndustrie und Beratung ein, die vielfach als Manager aufZeit auch operative Führungsverantwortung überneh-men. www.alixpartners.com

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Art treffen. Das heißt, europäische Unternehmen müssendieses Jahr in großem Umfang Kredite umschulden.

Unternehmeredition: Was sollten die Unternehmen tun?Bonsall: Selbst wenn die Unternehmen bereit sind, erheb -liche Risiko-Aufschläge zu bezahlen, sind die Möglichkei-ten umzuschulden begrenzt. Deshalb besteht die ernsteGefahr, in eine Liquiditätskrise zu geraten. Firmen habenjedoch weitere Möglichkeiten, an Liquidi tätzu gelangen. Sie müssen die noch im Un ter -nehmen gebundene Liquidität freisetzen,zum Beispiel indem sie Bestände reduzie-ren, Kosten senken sowie Forderungenund Verbindlichkeiten optimieren. Vielesind oft überrascht, wie schnell diese ver -borgenen Geldquellen gefunden und fürdie Finanzierung genutzt werden können.Der Schlüssel liegt darin, Engpässe in derAußenfinanzierung durch eine entspre-chende Innenfinanzierung auszugleichen.

Unternehmeredition: Wird die ange-spannte Finanzierungssituation die Zahlder Konkurse erhöhen?Bonsall: Nicht sofort. Ich erwarte 2010 zu-nächst weniger Insolvenzen. Zwar könnenzahlreiche Unternehmen ihre auslaufendenKredite nicht bedienen, aber die Bankensind heute vielfach zu Zugeständnissen bereit und gebeneinen Zahlungsaufschub von ein bis zwei Jahren. So hof-fen die Banken, dass die Unternehmen ihr Geschäft wie-der in den Griff bekommen und ihre Kredite später zurück -zahlen werden. Erst wenn diese Fristverlängerung in einbis zwei Jahren ausläuft, wird sich die Lage dramatischverschärfen. Dann kann es zu einer echten Kreditklemmekommen. Deswegen rechne ich erst 2011 mit einem weite -ren starken Anstieg der Insolvenzen.

Unternehmeredition: Worin sehen Sie den Haupttreibereines künftigen Aufschwungs für Deutschland? In derNachfrage aus den Schwellenländern und dem Export?Bonsall: Wie gesagt, stärkste Treiber eines wirtschaft-lichen Aufschwungs sind letztendlich das Vertrauen unddie Zuversicht der Verbraucher. Wenn sie ihre Ausgaben

steigern, zieht es die gesamte Wirtschaft mit nach oben.Aktuell wirken sich die Instabilität des Euro, sinkendeAktienkurse und die hohe Staatsverschuldung in Grie-chenland und weiteren europäischen Staaten sowie denUSA in dieser Hinsicht negativ aus. Auch wenn ein schwa -cher Euro den Export deutscher Produkte beflügeln dürf-te – ein stabiler Euro wäre besser. Instabilität tut der Wirt-schaft niemals gut.

Unternehmeredition: Wie bewerten Sie das deutscheInsolvenzrecht im internationalen Vergleich? Was könnteDeutschland besser machen? Bonsall: In Deutschland bedeutet eine Insolvenz meistdas Ende einer Firma. In den USA stehen mehr Werkzeugezur Verfügung, um angeschlagene Firmen zu retten, allenvoran das „Chapter 11“, das man auch in Deutschlandeinführen sollte. Aber es geht nicht nur darum, einfachGesetze zu ändern, viel wichtiger ist es, auch die Einstel-lung im Umgang mit Firmen in der Krise zu verändern –das würde viele Unternehmen und Arbeitsplätze retten.

Unternehmeredition: Herr Bonsall, vielen Dank für dasGespräch!

Das Interview führte Markus [email protected]

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Managing Director James J. Bonsall im Gespräch mit Markus Hofelich, Chefredakteur der Unternehmer edi tion,im Münchener Büro von Alix Partners

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„90% der Überzeugungsarbeit sindPsychologie“

Interview mit Rechtsanwalt Horst Piepenburg, Insolvenzverwalter

Horst Piepenburg ist bereits seit 28 Jahren Insolvenzver-walter und zählt zu den renommierten Experten seinesMetiers. Die Kanzlei Piepenburg & Gerling hat bis heuteetwa 2.000 Insolvenzfälle bearbeitet. Im Interview sprichter über die Arbeit als Insolvenzverwalter und aktuelleTrends.

Unternehmeredition: Herr Piepenburg, welches sind diehäufigsten Gründe dafür, dass Unternehmen in die Krisegeraten? Piepenburg: 2009 war ein massiver Auftragseinbruch diehäufigste Ursache, zum Beispiel bei den Automobilzulie-ferern. Firmen konnten ihre Kosten nicht schnell genugsenken. In einem Insolvenzverfahren geht es schneller,Verträge zu beenden und das Personal der Auslastunganzupassen – durch Kurzarbeit oder Entlassungen. 2010nun ist mangelnde Liquidität das häufigste und drän-gendste Problem. Viele Mittelständler haben 2009 ihreKapitalreserven aufgebraucht, aber mit dem steigendenAuftragseingang wächst auch der Kapitalbedarf. Und dieBanken sind nicht gerade freizügig bei Neukrediten – vieleFirmen wurden in der Bonität herabgestuft, und die Ban-ken haben selbst kein gutes Jahr hinter sich.

Unternehmeredition: Wie geht man das Finanzierungs-problem an?Piepenburg: Die Unternehmen sollten mehr Transparenzzeigen und aktuelle Zahlen vorlegen – viele tun das auchschon. Und die Banken sollten diese Zahlen und die Zu-kunftsperspektiven berücksichtigen, und nicht nur aufdie schwachen 2009er Zahlen schauen – auch dies ge-

schieht zum Teil. Wieder Vertrauen zu schaffen, ist dasgroße Thema zurzeit. Von beiden Seiten hängt also ab,wie stark die Insolvenzzahlen in der zweiten Jahreshälftenoch steigen werden.

Unternehmeredition: Wie gestaltet sich die Arbeit alsInsolvenzverwalter?Piepenburg: Ich nehme einmal als Beispiel eine Drucke-rei, zu der ich kürzlich als Insolvenzverwalter gerufenwurde. Die Firma macht Werbeflyer und kümmert sichauch um den gesamten Werbeauftritt von Unternehmen.Zunächst kennt man noch nichts und niemanden undwird mit vielen Problemen konfrontiert. Lieferanten wol-len ihre Ware zurück, zum Beispiel Papier; Kunden wol-len die Zusage, dass alle Aufträge termingerecht erfülltwerden. Ich muss dann in beide Richtungen überzeugenund auch die Mitarbeiter im Unternehmen motivieren.90% der Überzeugungsarbeit sind Psychologie, nur 10%die reinen Fakten.

Unternehmeredition: Was hat sich in Ihrer Arbeit alsInsolvenzverwalter in den letzten Jahren am meistengeändert?Piepenburg: Erstens die Ansprechpartner bei den Banken:Sie wurden häufiger ausgewechselt, außerdem sind vieleinternationale Banken hinzugekommen; zusätzlich nochdie Investmenthäuser und Finanzinvestoren. Das Beson-dere an 2009 war, dass es fast kein Investoreninteresse an

Zur Person: Horst Piepenburg

Horst Piepenburg ist Gründer und Mitinhaber der seit1982 bestehenden Rechtsanwaltskanzlei Piepenburgund Gerling in Düsseldorf. Zu seinen bekanntesten Fäl-len als Insolvenzverwalter zählen das Bekleidungs-unternehmen Sinn Leffers, der HausgeräteherstellerKüppersbusch, der Briefzusteller PIN sowie DAFDeutschland (Automobile). Im Juni/Juli 2009 war er fürfünf Wochen Generalbevollmächtigter der ArcandorAG, die zuvor Insolvenz angemeldet hatte. Er legte seinMandat aber nieder, weil er sich vom Arcandor-Groß-aktionär Sal. Oppenheim im Stich gelassen fühlte.www.piepenburg-gerling.de

Horst Piepenburg

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Firmenübernahmen und in vielen Unternehmen keinePlanungssicherheit gab, da die starken Schwankungender Auftragseingänge kaum zu kalkulieren waren.

Unternehmeredition: Was macht einen guten Insolvenz-verwalter aus?Piepenburg: Er muss unternehmerisch denken können,den Markt und das Produkt bzw. die Dienstleistung desUnternehmens verstehen. Er muss außerdem motivierenkönnen und die Kommunikation – zuhören und erklären –nach innen und außen beherrschen. Und schließlich sollteer auch soziales Verantwortungsbewusstsein haben. Wieim Beispiel Sinn Leffers geht es u.a. darum, die Mitarbeiterfrühzeitig zu informieren und dadurch die Möglichkeit zuschaffen, in Kooperation mit der Agentur für Arbeit einePerspektive für von Entlassung betroffene Mitarbeiter zueröffnen und sie bei der Jobsuche zu unterstützen.

Unternehmeredition: Wenn Sie gerufen werden: Woraufkommt es in den ersten Tagen oder Wochen am meisten an?Piepenburg: Wir treffen auf Menschen in Extremsituatio-nen – so zum Beispiel Mitarbeiter, die um ihren Arbeits-platz bangen, oder Gläubigerfirmen, die von einem Zah-lungsausfall bedroht sind, der ihre Existenz gefährdet.Als krisenerfahrener Insolvenzverwalter muss man dannRuhe ausstrahlen und Vertrauen aufbauen. Da hilft es, dass

Einführung

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man als neutrale Person bestellt wurde und entsprechendauftritt, denn in der Krise ist meist schon viel Vertraueninsbesondere in das alte Management in Miss trauenumgeschlagen. Operativ heißt das: Den Betrieb in Ganghalten, die (Material-)Lieferungen aufrechterhalten, Kun -denaufträge erfüllen und parallel dazu mit dem Experten-team Fakten und Zahlenmaterial aus den verschiedenenAbteilungen wie Personal, Buchhaltung etc. aufbereiten.

Unternehmeredition: An welchen Maßnahmen oder Ent-wicklungen kann man den Wendepunkt zum Positivenfestmachen?Piepenburg: Die ersten kleinen Schritte haben eine großeWirkung – beispielsweise wenn der erste Lkw wiedervom Hof fährt und ausliefert, das heißt für die Beleg-schaft, „unsere Produkte werden noch gebraucht“. Aberviele strukturelle Dinge werden erst verändert, wenn wirInsolvenzverwalter wieder weg sind. Es ist sehr selten,dass wir ein Unternehmen zu Ende sanieren. Wir gehennur etwa zwei Drittel des Weges, den Rest macht dannder Unternehmer oder der neue Käufer selbst.

Unternehmeredition: Herr Piepenburg, vielen Dank fürdas Gespräch.

Das Interview führte Bernd [email protected]

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Turnaround im Maschinen- und Anlagenbau

Der Weg einer Branche aus der Krise

Von Dr. Josef Trischler, Mitglied der Hauptgeschäftsführung, VDMA

Für die Mehrzahl der Unternehmen des deutschen Maschinen-und Anlagenbaus begann die Krise mit den katastrophalenAuftragseinbrüchen im Dezember 2008 und setzte sichtrotz hoher Auftragsbestände im Januar 2009 sofort mit einem Produktionsabfall von über 20% fort. Durch den Ver-trauensverlust auf den meisten Absatzmärkten schmolzenAuftragsbestände durch Stornierungen und Verschiebungenrascher als erwartet. In dieser Situation war für das durch-schnittliche Unternehmen klar: Es musste sofort Maßnah-men einleiten, um den Break-even auf Jahresfrist um 20%zu senken. Das Instrumentarium dazu ist kein Hexenwerk,aber sein Einsatz verschärfte durch die Auswirkungen inder Lieferkette die Krise natürlich zunächst weiter: In denmeisten Unternehmen wurden sofort Programme zu Sach-kosten- und Materialkostenreduktion gefahren und vieleSonderzahlungen reduziert. Abbau von Arbeits- und Urlaubs -zeitkonten, Kündigungen von Zeitarbeitskräften und dasAuslaufenlassen von befristeten Arbeitsverhältnissen konnten die Krise in vielen Fällen zunächst von denStamm belegschaften entfernt halten.

Kurzarbeit als RettungsankerZur Jahreshälfte 2009 wurden die verbesserten Möglich-keiten zur Kurzarbeit genutzt. In der Spitze waren über230.000 Beschäftigte des Maschinen- und Anlagenbauszum Bezug von Kurzarbeitergeld bei der Bundesagenturfür Arbeit gemeldet, wobei sich die Kurzarbeit im Durch-schnitt auf ein Drittel der Normalarbeitszeit erstreckte.Aber auch die in Tarifverträgen vorgesehene Flexibilisie-rung der Wochenarbeitsstunden von 35 auf 28 Stundenund entsprechend der Entlohnung wurde in vielen Fälleneingesetzt. Darüber hinaus gab es viele unterschiedlicheVereinbarungen zwischen Unternehmensleitungen undBetriebsräten zur Einsparung von Personalkosten. Nicht

selten beteiligten sich die Führungskräfte mit freiwilligenGehaltsverzichten an der gemeinsamen Anstrengungzum Erhalt des Unternehmens. Dennoch konnten Ent -lassungen nicht vermieden werden, obwohl internationalaktive Firmen häufig zunächst die Belegschaftsstärkenvon Organisationseinheiten im Ausland überprüften.

Krise zur Restrukturierung nutzenIn der zweiten Stufe wurden in vielen Unternehmen desdeutschen Maschinen- und Anlagenbaus Fertigungs-strukturen und -standorte auf den Prüfstand gestellt,um die Krise zur Restrukturierung zu nutzen. In der vo -ran gegangenen langen Produktionshausse war dazu nieZeit gewesen, sodass erforderliche Ausweitungen derKapazi täten nicht immer optimal vorgenommen wordenwaren. Eine Refokussierung des Produktangebots konntenun in dieser Krisensituation häufig erfolgreich eingesetztwerden. In anderen Fällen dienten Insourcing-Maßnahmender Erhöhung der Beschäftigung der Stammbelegschaften.Darüber hinaus wurden auch die indirekten Bereichein den Fokus genommen. Kurzarbeit war hier ebenfallsein adäquates Mittel. Ihre Organisation unter Berück -sichtigung einer erwünschten Gleichverteilung, aberauch der Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit stellte eine

Zur Person: Dr. Josef Trischler

Dr. Josef Trischler ([email protected]) ist Mit-glied der Hauptgeschäftsführung des Verbandes Deut-scher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA). DerVDMA vertritt 3.000 vorrangig mittelständische Mit-gliedsunternehmen der Investitionsgüterindustrie undist damit einer der mitgliederstärksten Industriever-bände in Europa. www.vdma.org

Dr. Josef Trischler

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Herausforderung dar, die nicht immer optimal gemeistertwerden konnte. Schließlich mussten Unternehmen auchEntlassungen vornehmen. In der gesamten Branche sankdie Zahl der Beschäftigten (in Unternehmen über 50 Mit-arbeitern) vom Februar 2009 zum Februar 2010 um ca.50.000. Bei der organisatorischen Durchführung wurdenin nicht wenigen Fällen Transfergesellschaften eingesetzt,um die Trennung zügig und mit einer Qualifizierungsper-spektive für die betroffenen Mitarbeiter abzuwickeln.

Lehren aus der KriseNotmaßnahmen sind das eine, strukturelle Änderungenzur Verbesserung der Stabilität das nächste Feld. Nachdiesem in vielen Fällen beeindruckend gelungenen Kraft-akt müssen die Zukunftsfelder bestellt werden. Dazu gehören neben der Beibehaltung möglichst schlankerStrukturen ein zukunftsfähiges Produktprogramm undeine stabile Finanzierung. Viele Unternehmen haben schonin der Krise ihre Innovationsanstrengungen erhöht, umdanach ihre Kunden mit hohen Steigerungsraten vonAusstoß und Qualität überzeugen zu können. Auch zurJahresmitte 2010, wo die Anzeichen für einen überwie-gend exportgetriebenen Wiederaufschwung sich ver -festigt haben, wollen viele Maschinenbauer die Bestel-lungen in ihrer Lieferkette flexibel halten. Denn sie selbsterhalten von ihren Kunden Aufträge überwiegend in letz-ter Minute. Solange das Vertrauen nicht flächendeckendvorhanden ist, wird in der Lieferkette ein Höchstmaß anFlexibilität verlangt. Der Kern der Unternehmensfinan -zierung schließlich muss eine angemessene Ausstattung

mit Eigenkapital und Liquidität sein. EigenkapitalstarkeUnternehmen können auch eine volatilere Zukunft bes-ser durchstehen, wobei sich dies derzeit stark im Haltenhoher Liquiditätspositionen ausdrückt.

Finanzierung in die ZukunftAuch wenn es derzeit keine allgemeine Kreditklemmegibt, haben Unternehmen, die von dem historisch ein -maligen Konjunktureinbruch besonders stark getroffenwurden, große Probleme, eine tragfähige Finanzierung zu sichern. Dies trifft auch jene, die von ihren Produktenund ihrer Produktivität her gut aufgestellt schienen. Ban-ken hinterfragen in dieser ohnehin schwierigen Situationdas Geschäftsmodell auf seine Zukunftsfähigkeit hin. Liegtnoch eine außergewöhnlich starke Unterbrechung desWachstumspfades vor, oder muss von einer Struktur -krise einzelner Märkte gesprochen werden? Gerade diestark betroffenen Unternehmen des Maschinen- und An-lagenbaus müssen sich auf sehr spezifische Marktent -wicklungen einstellen. Deshalb darf es keine pauschaleBranchenbewertung von Seiten der Kreditinstitute geben.

Konjunkturprogramm ist befristetDie staatlichen Sonderprogramme für Bürgschaften undKredite, aber auch für den Arbeitsmarkt, die Baumaß-nahmen im Infrastrukturbereich und die Exportförde-rung waren mit gutem Grund von Anfang an in ihrer Gel-tungsdauer beschränkt. Auch wenn manche Beobachtereine mangelnde Inanspruchnahme der Programme kriti-sieren, so hat doch schon ihre Existenz einen positivenEinfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung ausgeübt.In der Zwischenzeit berichtet die KfW, dass vermehrtauch ihre normalen Förderprogramme in Anspruchgenommen werden. Dies deutet darauf hin, dass dieMehrzahl der Unternehmen durch ihre internen Anstren-gungen und in Zusammenarbeit mit ihren Banken dieKrise meistern konnten, ohne die Angebote des KfW-Sonderprogramms in Anspruch nehmen zu müssen. Dochnoch ist die Krise nicht ausgestanden. Gerade in einer Auf -schwungphase können steigende LiquiditätserfordernisseUnternehmen überlasten. Der deutsche Maschinen- undAnlagenbau erwartet deshalb von den Kreditinstituten,dass diese ihre gegebenen Versprechen zur Fort führungder Finanzierung auch einhalten.

Die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer erwarten von den Banken, dass dieseihre Versprechen zur Fort führung der Finanzierung auch einhalten.

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„Sehr hilfreich war die Kooperation mit den Banken“

Interview mit Mark Bezner, Olymp Bezner GmbH & Co. KG, und Dr. Martin Prager, Pluta Rechtsanwalts GmbH

Der traditionsreiche Strickwarenhersteller März MünchenAG geriet 2004 in die Insolvenz. Unter InsolvenzverwalterDr. Martin Prager von der Pluta Rechtsanwalts GmbH kamdas Unternehmen wieder auf die Reihe und wurde schließ-lich im Mai 2010 an den Hemdenhersteller Olymp verkauft.Im Interview sprechen Dr. Prager und Olymp-Chef MarkBezner über die Herausforderung der Sanierung und dieGründe für die Übernahme.

Unternehmeredition: Herr Dr. Prager, was war damalsdie Ursache für die Krise der März München AG?Prager: März hatte sich seit den 90er-Jahren auf nur einigewenige Produkte beschränkt. Die Modelle waren langwei-lig. Es fehlte der Pep, der moderne Appeal. So gingen dieUmsätze langsam, aber stetig zurück; ein schleichenderProzess über einen längeren Zeitraum.

Unternehmeredition: Welches waren die wichtigsten Maß -nahmen zur Gesundung?Prager: Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Februar2004 hatte März einen Ausflug in den Textileinzelhandelunternommen und mehrere Verkaufsläden besessen. Eineunserer ersten Aktionen war, diese Läden – bis auf denStammladen – zu verkaufen. Zudem war März kein guterLogistiker, so haben wir diesen Bereich an einen profes-sionellen Logistiker ausgesourct. Und drittens war dasUnternehmen „überverwaltet“; wir strafften den sogenann -ten Overhead und kündigten einige Büroräume. Alle dreiMaßnahmen trugen dazu bei, die Fixkosten zu senken.

Unternehmeredition: Haben Sie noch andere, strategischeSchritte unternommen?Prager: Ja, wir suchten einen Saisonausgleich, denn Märzverkaufte fast nur Pullis – mit guten Umsätzen im Herbst/Winter, aber kaum Umsätzen von Mai bis August. Wir er-weiterten deshalb das Sortiment um T-Shirts und Polo-Shirts. Und langfristig haben wir daran gearbeitet, dassMärz mehr modischen Appeal bekam.

Unternehmeredition: Wie verhielten sich die Gläubiger?Prager: Die gesicherten Gläubiger – im Wesentlichen dieBanken – hielten zunächst einmal still und gingen dann imFrühjahr 2005 voll befriedigt aus dem Insolvenzverfahrenheraus. Bei den ungesicherten Gläubigern wird die Auszah -lung noch erfolgen, es gab mehrere Gläubigerversamm-lungen, und am Ende werden wir eine Quote von deutlichüber 50% erzielen. Zum Vergleich: Bei den meisten Verfah -ren liegt die Quote nur bei etwa 2 bis 7%.

Unternehmeredition: Wie kam es zu dem Verkauf anOlymp?Prager: Es gab über die Jahre hinweg etliche Kaufinteres-senten, aber in der Krise 2007/2008 sind viele abgesprun-gen. Dann ergaben sich die Gespräche mit Olymp. Bezner: Auf die Traditionsmarke März wurde ich vor guteinem Jahr verstärkt aufmerksam. Zu diesem Zeitpunktmachten wir uns bereits seit Längerem intensive Gedan-ken darüber, wie Olymp der komplexen Forderung des

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Dr. Martin PragerMark Bezner

Zu den Personen: Mark Bezner

und Dr. Martin Prager

Mark Bezner ([email protected]) ist geschäftsführenderGesellschafter des Hemdenherstellers Olymp BeznerGmbH & Co KG mit Sitz in Bietigheim-Bissingen bei Lud -wigsburg. Der Enkel des Firmengründers hatte sich be-reits früh zur Firmentradition und zur Übernahme desmittelständischen Familienunternehmens bekannt.Dr. Martin Prager ([email protected]) ist seit 1997Insolvenzverwalter. Zu seinen größten Fällen gehört dieehemalige Siemens-Handy-Sparte BenQ Mobile. 2009wurde er bei 35 Unternehmensinsolvenzen zum Gut-achter bzw. Insolvenzverwalter bestellt.www.olymp.com, www.pluta.net

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Fachhandels nach einer Erweiterungdes Produktportfolios um hochwertigeStrick- und Wirkwaren entsprechenkönnte. Von allen uns dargebotenenMöglichkeiten hat sich die Übernahmedes etablierten Strick spezialisten MärzMünchen, der als Mercedes unter dendeutschen Strickern gilt, am Ende alsOptimallösung herauskristallisiert.

Unternehmeredition: Was waren die ent-scheidenden Pluspunkte, Herr Bezner?Hatten Sie eventuell noch Bedenken, obMärz seine Probleme hinter sich hatte?Bezner: März steht nach wie vor wie keinZweiter im Segment für höchsten Quali-tätsanspruch. Innerhalb der Restruktu -rierungsphase hat sich das Unternehmendurchaus positiv entwickelt und den Um-satz zwischen 2005 und 2008 kontinuierlich gesteigert.Auf einem substanziell gefestigten Fundament von Ent-wicklung, Beschaffung, Produktion und Vertrieb ist esgelungen, auch ohne wesentliche Blessuren durch dasKrisenjahr 2009 zu kommen. Diese gute Positionierungim oberen Premium-Preissegment auf dem Heimatmarktund das enorme Potenzial in den internationalen Export-märkten für hochqualitative Strickwaren deutscher Her-kunft haben Zweifel erst gar nicht aufkommen lassen.Wir betrachten die künftige Zusammenarbeit als aus-schließlich vorteilhafte Grundlage für vielfältige Modi -fizierungs- und Entwicklungsmöglichkeiten auf demBekleidungssektor.

Unternehmeredition: Wie hat sich die Mitarbeiterzahlentwickelt?Bezner: Während die Zahl der März-Mitarbeiter in Mün -chen Anfang 2004 noch 129 Personen betrug, sank dieBelegschaft zunächst und bedingt durch die Auslagerungder Logistiksparte auf 68 Beschäftigte. Zwischenzeitlichkonnte die Mitarbeiterzahl allerdings erfreulicherweisewieder um 22 auf 90 gesteigert werden (Stand: Ende 2009).Hinzu kommen rund 350 Arbeitskräfte im ungarischenProduktionsbetrieb.

Unternehmeredition: Herr Dr. Prager, was war letztlichausschlaggebend für den Erfolg der Sanierung?Prager: Die Marke März war nicht beschädigt, denn derInsolvenzantrag wurde glücklicherweise frühzeitig ge-stellt. Oft kommt der Antrag sehr spät, was die Lösungder Probleme erheblich erschwert. Sehr hilfreich war

auch die Kooperation mit den Banken, den Gesellschaf-tern und den Mitarbeitern, die gut mitgezogen haben.

Unternehmeredition: Herr Bezner, gab es noch Schnitt-punkte mit der Arbeit des Insolvenzverwalters?Bezner: Die gab es in der Tat. Die Offenheit und die hoheKooperationsbereitschaft von Dr. Prager haben eine umfas -sende Prüfung der wirtschaftlichen Daten und eine geord -nete Abwicklung der Übernahme erheblich begünstigt.

Unternehmeredition: Ließen Sie sich von externen Ex-perten hinsichtlich der Übernahme beraten?Bezner: Für gewöhnlich treffen wir derart weitreichendeEntscheidungen im Kreise des Olymp-Unternehmensbei-rates selbst, unter Hinzuziehung unseres eigenen Rechts-beistands und unseres Wirtschaftsprüfers.

Unternehmeredition: Was sind Ihre operativen und stra-tegischen Ziele mit März?Bezner: Mit Olymp als starkem Partner im Hintergrundsoll sich der Name März weiter im Markt etablieren, dasUnternehmen kontinuierlich wachsen. Neben dem Ausbauder bestehenden Sortimente erachte ich einen Vorstoßder Marke in das Premium-Segment für Herrenhemdenals mögliches Zukunftsszenario schon jetzt für äußerstverlockend, um die Vielseitigkeit zu steigern.

Unternehmeredition: Herr Bezner und Herr Dr. Prager,vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Bernd [email protected]

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Nach dem Verkauf an den Hemdenhersteller Olymp (Foto) gelang es dem Strickwarenhersteller März, seinenProdukten mehr modischen Chic zu verleihen.

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„Auf die schnelle Umsetzung kommt es an!“

Interview mit Derek Whitworth, President und CEO, TMD Friction Group

TMD Friction gehört zu den weltweit größten Herstellernvon Bremsbelägen für die Automobil- und Bremsenindustrieund beliefert fast alle großen Autohersteller. Neben demErstausrüstungsgeschäft ist auch das Ersatzteilgeschäft einwichtiges Standbein. Ende 2008 geriet das Unternehmen mitHauptsitz in Leverkusen in die Insolvenz und wurde dannim Frühjahr 2009 von der Beteiligungsgesellschaft PamplonaCapital Management übernommen. Im Interview sprichtCEO Derek Whitworth über die Krise und die Maßnahmenzu ihrer Überwindung.

Unternehmeredition: Herr Whitworth, was waren dieHauptgründe für die Krise des Unternehmens?Whitworth: Der weltweite Umsatzeinbruch in der Auto-mobilindustrie Ende 2008, aber ebenso auch die Finan-zierung von TMD Friction. Mit der Zeit hatte sich eineungünstige Gesellschafterstruktur mit mehr als 20größeren Anteilseignern entwickelt, dazu eine hoheVerschuldung, die ungefähr das zehnfache EBITDAausmachte. Zum Vergleich: Heute beträgt die Nettover-schuldung nur noch das Zweifache des EBITDA. DerKapitaldienst wurde im Zuge der globalen Finanzkrisein der zweiten Jahreshälfte 2008 immer schwieriger.Mit dem Umsatzeinbruch im 4. Quartal kamen dannLiqui ditätsprobleme.

Unternehmeredition: Wie reagierten die Banken undandere Geldgeber in dieser Zeit?Whitworth: Die Verhandlungen mit Kreditgebern und -versicherungen wurden zur echten Herausforderung für

viele Firmen in der Automobilbranche. Wir konnten nichtmit allzu viel Unterstützung rechnen, insbesondere dieKreditversicherungen zogen sich zurück. Kreditlinien derBanken wurden nicht erhöht, Investoren verweigertenebenfalls frisches Kapital.

Unternehmeredition: Wann kamen Sie zu TMD Friction?Whitworth: Ich trat im August 2005 als President und CEOin die Gruppe ein. Von Beginn an war es eine Restrukturie -rungsaufgabe. Die schon aus dem Jahr 2003 herrührendenoperativen und finanziellen Probleme gingen wir mit derRestrukturierungs-Initiative „Speed“ an. 2008 vor Aus-bruch der Krise dachten wir, den operativen Turnaroundgeschafft zu haben. Das Kerngeschäft war gesund, und sotraf uns die Krise mit der dann folgenden Insolvenz ausheiterem Himmel.

Unternehmeredition: Welches waren die wichtigstenSchritte zur Überwindung der Krise?

Zur Person: Derek Whitworth

Derek Whitworth ([email protected]) ist seit 2005President und CEO bei TMD Friction. Die Gruppe mitihren rund 4.000 Mitarbeitern hat Produktions-, Vertriebs-und/oder Entwicklungsstätten in zwölf Ländern. Dergebürtige Engländer Whitworth startete seine Laufbahnin der Autoindustrie bei Rolls Royce und war danachvon 1996 bis 2003 für den globalen Autozulieferer TRWtätig. Danach folgte bis 2005 eine Station bei Pall, einemIndustriemischkonzern, bei dem Whitworth für einRestrukturierungsprogramm in der Prozesstechnologieverantwortlich war. www.tmdfriction.com

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Whitworth: Bis 2008 hatten wir erfolgreich das Speed-Programm umgesetzt. Dies war entscheidend dafür,dass wir 2009 relativ schnell die Kurve nach oben krieg-ten. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehörten Kosten-senkungen, eine Verringerung der Lagerbestände, eineÄnderung des Schichtmodells sowie Kurzarbeit und derVerzicht auf Leiharbeiter. Wir sahen das Insolvenzverfah-ren als Chance. Das Management und der Insolvenzver-walter mit seinem Team arbeiteten Seite an Seite. Rein„technisch“ gesehen waren es „nur“ die deutschen Hol-ding firmen, die am 8. Dezember 2008 Insolvenz anmeldenmussten. Für den Fortführungsplan war es wichtig, dieGruppe als Einheit zu betrachten. Es war erklärtes Ziel,einen finanziellen oder strategischen Langzeitpartner zufinden, der die Gruppe als Ganzes kaufen wollte. Denn nurdann konnten wir wettbewerbsfähig sein. Es war eingroßer Erfolg, dass wir Werksschließungen in Deutsch-land vermeiden und 85% der weltweiten Belegschaft hal-ten konnten.

Unternehmeredition: Und die finanziellen Maßnahmen?Whitworth: Im Insolvenzverfahren konnten wir die Ver-bindlichkeiten in den Verhandlungen mit den Gläubigernum gut 400 Mio. EUR reduzieren. Danach war das Unter-nehmen frei von externen Schulden.

Unternehmeredition: Haben Sie sich externe Beratergeholt?Whitworth: Close Brothers fungierte als Beraterin finanzieller Hinsicht. Zudem waren wir froh, inDr. Frank Kebekus einen erfahrenen Insolvenz -verwalter zu haben, der uns mit seinem Teambei der Weiterführung des Betriebs sehr gut un -terstützte. Kern war allerdings unsere interneRestrukturierungsexpertise.

Unternehmeredition: Wann dachten Sie: Jetzthaben wir das Schlimmste hinter uns?Whitworth: Die Erleichterung kam am 23. April2009, dem Tag der Vertragsunterzeichnung mitdem Investor Pamplona Capital Management.Mehrere Interessenten hatten eine Due Diligence durch -ge führt – potenzielle Käufer mit unter schiedlichen Plänen,für uns eine schwierige Zeit. Nach der Eröffnung des offi-ziellen Insolvenzverfahrens am 2. März war es dann mitder Entscheidung für den neuen Eigen tümer allerdingsrecht schnell gegangen.

Unternehmeredition: Was war letztlich entscheidend fürden positiven Ausgang?

Whitworth: Unsere gute Technologie und Marktpositionals einer der führenden Hersteller, insbesondere in Europa,war sicher mitentscheidend. Wir hielten unsere Liefer-treue sowie Qualitäts- und Servicestandards auch währendder Krise ein. Durch das vorherige Restrukturierungs-programm waren wir operativ weniger anfällig als in reinfinanzieller Hinsicht. Zudem haben wir eine gute Stellungim Ersatzteilgeschäft, so dass wir nicht so abhängig vomErstgeschäft mit Neuwagen waren.

Unternehmeredition: Was sind allgemein – aus IhrerSicht – entscheidende Erfolgsfaktoren in einer Insolvenz?Whitworth: Sie müssen als Manager ein Konzept habenund nach vorne schauen. Und Sie brauchen Vertrauen,dass Sie die Krise meistern können. Alleine allerdingsschafft man es nicht, deshalb brauchen Sie das Vertrauendes gesamten Managementteams und natürlich dieUnterstützung der Belegschaft für alle Maßnahmen. Undauf die schnelle Umsetzung kommt es an!

Unternehmeredition: Wie steht TMD Friction heute da?Whitworth: Finanziell sind wir gesund und robust. DerMarkt für Bremsbeläge und verwandte Produkte wächstweltweit, und aufgrund unserer bilanziellen Stärke könnenwir investieren, um die sich bietenden Wachstumschancenwahrzunehmen. Wenn wir nicht investieren, verlieren wirMarktanteile. Starkes Wachstum erwarten wir besondersin China, Nordamerika und Brasilien. Umsatzmäßig rechnen

wir im laufenden Geschäftsjahr mit einer Rückkehr zu demNiveau von 2008. Damals erreichten wir 639 Mio. EUR,bevor sich die Erlöse dann im Krisenjahr 2009 auf 530 Mio.EUR verringerten.

Unternehmeredition: Herr Whitworth, vielen Dank fürdas Gespräch.

Das Interview führte Bernd [email protected]

TMD Friction Bremsbeläge: wachsender Markt

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“36

„Aksys als Ganzes wäre unverkäuflich gewesen“

Interview mit Michael Faist, Faist Chem Tec GmbH, und Dr. Martin Kleinschmitt, Noerr Consulting AG

Die Aksys GmbH ist vor rund zehn Jahren durch den Zusam -menschluss mehrerer Zulieferunternehmen aus der Auto-mobil-, Hausgeräte- und Bauindustrie entstanden. Einesdavon war die Faist Automotive GmbH, deren EigentümerMichael Faist die Aksys 2008 schließlich mehrheitlich über -nahm. Doch strukturelle Probleme, die Finanz- und Wirt-schaftskrise sowie ein abgelehnter Antrag auf Staatshilfebrachten das Unternehmen im Juli 2009 in die Insolvenz.Nun wird der Unternehmensverbund wieder in einzelnenTeilen aus der Insolvenz heraus verkauft – den Bereich„Entdröhnung“ übernahm Michael Faist. Im Interviewsprechen er und Dr. Martin Kleinschmitt, Geschäftsführerder Aksys GmbH, über die Hintergründe der Insolvenz vonAksys und den Neustart.

Unternehmeredition: Herr Faist, welche Problemebrach ten Aksys so in Bedrängnis? Hätte das Unternehmenüberlebt, wenn die KfW dem Antrag auf staatliche Finan-zierungshilfen stattgegeben hätte?Faist: Ja. Durch den dramatischen Einbruch von bis zu 40%unserer Kundenaufträge war zwar die Liquidität sehrbeschränkt, aber angesichts der guten Entwicklung derletzten zwölf Monate hätte die Insolvenz wahrscheinlichvermieden werden können. Die schon lange vorher be-gonnene Restrukturierung zeigte ja bereits Früchte, dieReduzierung der Kosten hatte unsere Situation deutlichverbessert. Auch die Kunden waren Aksys während derganzen Zeit hindurch treu. Mit Liquidität durch die KfW-Mittel hätten wir es geschafft.

Unternehmeredition: Sie hätten den Kredit in Höhe von22 Mio. EUR nach eigenen Angaben dreifach absichern

können. Mit welcher Begründung hat die KfW den Antragtrotzdem abgelehnt? Faist: Eine schlüssige Begründung haben wir bis heutenicht bekommen, nur dass wir nicht so richtig ins Pro-gramm gepasst hätten. Und das, obwohl wir vor derKrise gesund waren. Natürlich hatten wir krisenbedingteProbleme, aber wir konnten unsere Zahlungen noch täti-gen und waren nicht Cashflow-negativ. Wir hätten bloßLiquidität zur Überbrückung gebraucht, standen aberalleine im Regen.

Unternehmeredition: Herr Dr. Kleinschmitt, welche Re-strukturierungsmaßnahmen wurden vor der Insolvenzer-öffnung bei Aksys denn noch durchgeführt?Kleinschmitt: Es wurden Bereiche zusammengelegt, außer -dem führten wir Effizienzprogramme in den einzelnenWerken durch. Natürlich mussten wir auch das Personalan den Umsatzeinbruch anpassen und 300 Stellen ab -bauen. Das war ein notwendiges Mittel, um die Kostenzu reduzieren. Uns hilft die angepasste Kostensituationin der Insolvenz sehr, weil wir auch in dieser Phase einenpositiven Cashflow erreichen.

Unternehmeredition: Aus der Insolvenz heraus wirdAksys nun in Einzelteilen verkauft. Ist die Zerschlagungdenn die einzige Möglichkeit?

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Dr. Martin KleinschmittMichael Faist

Zu den Personen: Michael Faist

und Dr. Martin Kleinschmitt

Michael Faist ist geschäftsführender Gesellschafterder Faist Chem Tec GmbH sowie der Faist AnlagenbauGmbH in Krumbach. Dr. Martin Kleinschmitt ist Vor-stand der Noerr Consulting AG und mit einem JahrUnterbrechung im Jahr 2006 seit 2004 Geschäftsführerder Aksys GmbH. www.faist.de, www.aksys.de,www.noerr.com

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“38

Kleinschmitt: Wir sprechen nicht von Zerschlagung,sondern von Segmentierung. Dazu muss man wissen, dassAksys zwischen 2001 und 2003 von Finanzinvestorenaus drei verschiedenen Unternehmen zusammengesetztwurde – und nun trennen wir diese wieder, wenn auchnicht ganz lupenrein. Die Aksys als Ganzes wäre nahezuunverkäuflich gewesen, und so ist aus unserer Sicht derVerkauf der einzelnen Geschäftsbereiche – in erster Liniean Wettbewerber – die beste Lösung. Schon vor der Insol -venz hatten wir vor, das Kunststoffsegment abzugeben.Die Segmentierung war also nicht nur eine reine Konse-quenz der Insolvenz, sondern länger geplant. Wir habenuns natürlich auch mit dem Thema Insolvenzplanver -fahren beschäftigt, doch eine Segmentierung wäre dannerheblich schwieriger und kostenintensiver geworden.

Unternehmeredition: Mittlerweile wurden ja die Teilbe-reiche „Entdröhnung“ und „Isolation“ sowie der StandortBielefeld in Form von Asset Deals erfolgreich veräußert.Welche Maßnahmen während des Insolvenzprozessesmachten diese verkaufsfähig?Kleinschmitt: Der Personalabbau musste beispielsweisenoch fertig umgesetzt und die Fehlerkosten in den Werkendeutlich reduziert werden. Wir haben außerdem in Ab-stimmung mit den jeweiligen Käufern deren Erwerberkon -zepte schon so weit wie möglich vor der Übergabe umge-setzt. Konkret hat z.B. Herr Faist beim Kauf des Bereichs„Entdröhnung“ von der Verwaltung nur den für ihn notwen -digen Teil in die neugegründete Faist Chem Tec mitgenom -men. Die Käufer haben also die Möglichkeit, das Unterneh -men schon vor dem Kauf ihren Bedürfnissen anzupassen.Auch das ist ein großer Vorteil der Insolvenz, das gehtaußerhalb längst nicht so einfach und kostengünstig.

Unternehmeredition: Herr Faist, Sie haben, wie geradeerwähnt, zum 1. Mai 2010 den Teilbereich „Entdröhnung“mit der Hannover Finanz zusammen übernommen undin die neugegründete Faist Chem Tec GmbH transferiert.Ist dieser Teil denn allein überlebensfähig?Faist: Ja, die „Entdröhnung“ ist der einzige Bereich derAksys GmbH, der in sich strukturiert überlebensfähig ist,ohne an ein anderes Unternehmen angegliedert zu wer-den. Ich habe das Filetstück erstanden: Wir sind in einerNische tätig und nehmen in Europa einen Marktanteil von55% ein. Zudem kommt nur die Hälfte des Umsatzes durchdie Automobilbranche zustande, denn wir liefern auchins Baugewerbe und die Industrie. Wir planen nun diesesJahr weltweit 115 Mio. EUR Umsatz zu erwirtschaften undin den Folgejahren international weiter zu wachsen, indemwir z.B. ein Werk in China errichten.

Unternehmeredition: Herr Dr. Kleinschmitt, wann ist derVerkaufsprozess von Aksys komplett abgeschlossen?Kleinschmitt: Wir streben an, im Idealfall bis spätestensEnde Juni die komplette Gesellschaft veräußert zu haben.Im Moment haben wir vier Deals abgeschlossen, im Extrem -fall könnten es aber nachher acht Einzeltransaktionen sein.Das wäre sicherlich ein Novum in der Geschichte der In-solvenzverfahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass inanderen Insolvenzfällen schon mal ein Unternehmen mitacht verschiedenen Käufern komplett in die Fortführunggebracht wurde.

Unternehmeredition: Herr Faist, Herr Dr. Kleinschmitt,herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Esther [email protected]

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Faist Chem Tec verfügt über einen hochmodernen Allrad-Rollenprüfstand im akustischen Halbfreifeldraum.

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Survival-Modus

Der Notfallplan für insolvenzbedrohte Unternehmen

Von Dr. Thomas van Kaldenkerken, Leiter,Rölfs Partner Competence Center Restructuring

Die Gefahr, erst nach der eigentlichen Krise zum Restruk -turierungsfall zu werden, ist groß – besonders für Unterneh-men, deren Eigenkapitaldecke aufgezehrt ist. Daher ist einesteigende Zahl von Insolvenzen zu erwarten. Um diese kurz -fristig verhindern zu können, müssen akut insolvenzbe-drohte Unternehmen konsequent handeln und auf „Survival-Modus“ umschalten, in dem der Chief Restructuring Officer(CRO) eine zentrale Rolle spielt.

Survival-Modus: radikales und rasches HandelnWie in der Notfallmedizin müssen sich bei existenzbe-drohten Unternehmen die ersten Maßnahmen auf dieüberlebensnotwendigen Funktionen konzentrieren. ImSurvival-Modus müssen diese radikal und kurzfristig um-gesetzt werden. Die Sicherstellung der Liquidität undVermeidung von Insolvenztatbeständen sind dabeiobers te Ziele. Konsequente Beschaffungsstopps und dieVersorgung der Kunden aus Beständen sind komplexeHerausforderungen, die systematisch gesteuert werdenmüssen. Kurzfristig müssen Produktionsleitstände zurVersorgung der wichtigsten Kunden eingeführt werden,um so die Aufrechterhaltung der Lieferketten bei liquidi-tätsschonenden „Mindestbeständen“ zu sichern. Nichtüberlebensnotwendige Funktionen müssen eingestelltoder auf ein Minimum reduziert werden, um u.a. schnellst -möglich Personalkosten zu reduzieren. Die Erfahrungzeigt jedoch, dass radikale Maßnahmen wie die Stillle-gung ganzer Unternehmensfunktionen Managementund Belegschaft oft überfordern. Trotz offensichtlicherNotwendigkeit trifft man auf Unverständnis und Wider-stand.

Der Chief Restructuring Officer (CRO) Daher ist die Etablierung eines CROs als Organmitgliedoft sehr hilfreich. Der CRO erfüllt dann eine temporäre

Zusatzfunktion zum vor-handenen Managementund steuert das Unter-neh men durch die Son -dersituation. Wichtig fürden Erfolg eines CROsist, dass er erfahren, ent-scheidungsstark und wei-sungsbefugt ist, so dasser radikale Maßnahmenin kürzester Zeit umset-zen kann. Ein zentraleAufgabe ist dabei die offene und transparenteKommunikation mit Kun-den und Lieferanten, umdas Vertrauensverhältnis aufrecht zu erhalten bzw. wie-der zu stärken. Denn Geschäftspartner tragen oft Radikal -maßnahmen mit, wenn sie über die existenzbedrohendeSituation offen informiert werden. Nach der Stabilisie-rung der überlebensnotwendigen Funktionen sind eineständige Kontrolle der etablierten Systeme sowie dasfrühzeitige Erkennen weiterer interner und externerBedrohungen notwendig. Herkömmliche Controlling-und Steuerungssysteme reichen dafür nur selten aus, sodass ein speziell auf die überlebenssichernden Kennzah-len ausgerichtetes System kurzfristig und pragmatisch indie bestehenden Systeme implementiert werden muss.So kann ein „Rückfall“ schnell erkannt und rasch gegen-gesteuert werden.

Fazit:

In einer Notlage kann nur das Unternehmen überleben,das sich schnellstmöglich in einem Survival-Modus absi-chert. Der Einsatz eines CROs und die damit verbundeneEntscheidungs- und Handlungsfähigkeit können die ob-jektive Bewertung der Unternehmenssituation und dieAbsicherung radikaler Maßnahmen ermöglichen. An-schließend muss ein klassischer Restrukturierungspro-zess folgen. Nach Jahren einseitiger Fokussierung aufdie finanzielle Restrukturierung gewinnt die operativeRestrukturierung wieder an Priorität. Der Paradigmen-wechsel ist eingeleitet.

Zur Person: Dr. Thomas van Kaldenkerken

Dr. Thomas van Kaldenkerken (thomas.vankalden ker [email protected]) leitet seit dem 1. Januar 2010das Rölfs Partner Competence Center Restructuring.Rölfs Partner ist mit 700 Mitarbeitern eine der größtenunabhängigen Beratungs- und PrüfungsgesellschaftenDeutschlands. www.roelfspartner.de

Dr. Thomas van Kaldenkerken

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Finanzierung eines Turnarounds

Neupositionierung in der Krise

Von Steffen Kroner, Director, Alvarez & Marsal Deutschland GmbH

Anfang 2009 traf die Krise Europa mit voller Wucht. Auf-tragseingänge und Umsatzerlöse brachen dramatisch einund erforderten schnelles Krisenmanagement, starkenFokus auf Cash- und Working-Capital-Optimierung, Einsatzvon Kurzarbeit u.a. Durch diese Maßnahmen konnten sehrschnell Kapazitäten vorübergehend aus dem Markt ge -nommen und Kosten gesenkt werden, um die unmittelbareKrisensituation zu überbrücken. Doch nur wenige Unter-nehmen haben die Krise als Chance für eine grundlegendeoperative und finanzielle Restrukturierung genutzt: um ihrGeschäftsmodell nachhaltig auf den Prüfstand zu stellen,überholte Strukturen über Bord zu werfen, an neue Markt-anforderungen anzupassen und sich bei Bedarf strategischneu zu positionieren.

Ganzheitlicher Restrukturierungsansatz für einendauerhaften TurnaroundEin ganzheitlicher Restrukturierungsansatz ist ein wich -tiger Erfolgsfaktor, um einen dauerhaften Turnaround zuerzielen. Aufbauend auf einem kurzfristigen (Liquiditäts-)Krisenmanagement schafft dieser die Grundlage, dasGeschäft operativ und finanziell zu restrukturieren undauf die strategischen Ziele auszurichten. Eine finanzielleRestrukturierung zur Überwindung einer akuten Über-schuldung/Liquiditätskrise bzw. zur Tilgungsstreckungbestehender Kredite allein verschafft zwar kurzfristigLuft, jedoch verpufft dieser Effekt ohne die gleichzeitigeFlankierung umsatzsteigernder und ergebnisverbes -sernder Maßnahmen. Letztere umfassen einmalige Effektedurch Kostensenkungsprogramme, Kapazitätsbereinigun -g en, Desinvestitionen sowie stetige Produktivitätsverbes -serungen und Effizienzsteigerungen in allen Bereichen(Performance Improvement). Doch wie finanziert ein

liquiditätsgefährdetesUnternehmen eine umfas-sende Restrukturierungangesichts leerer Kassen?Die Schließung bzw. Konso -lidierung von Produktions-kapazitäten oder Filialen,die Verhandlung von Sozial -plänen, die Trennung vonmargenschwachem Geschäftu.a. erfordern vorab liquideMittel, bevor sich die posi-tiven Effekte mittelfristigauf die Ergebnissituationauswirken. Zudem gehörenoft große Teile des Anlage-und Umlaufvermögens als Sicherheit bereits der Bank,vorhandene Kontokorrent- und Betriebsmittellinien sindausgeschöpft und Möglichkeiten einer Cashflow-Finanzie -rung sind wegen der schwachen und instabilen Cashflowsin der Regel nicht vorhanden.

Wie finanziert man Restrukturierungen?Zum einen gilt es – aus eigener Kraft – durch ein effizientesCash- und Working-Capital-Management schrittweise dasVertrauen der Kreditgeber zurückzugewinnen und dieoperative Restrukturierung zu finanzieren. Der (Not-)Verkauf von Randaktivitäten, die nicht in die zukünftigeStrategie passen, Leasing, Sale-and-Lease-Back undFactoring sind weitere wichtige Bausteine, um Cash zugenerieren. Zum anderen spielt die Restrukturierung derPassiva (finanzielle Restrukturierung) eine zentrale Rolle.Die Bereitschaft der Kreditgeber, Sanierungsbeiträge zuleisten, stößt jedoch wegen unterschiedlicher Interessen -lagen und bereits erfolgter Forderungsverzichte/Stun dun -gen oft an Grenzen. Debt-to-Equity-Swaps bzw. Debt-to-Mezzanine-Swaps bieten Möglichkeiten, durch Beteili-gung der Gläubiger eine Lösung zu finden, um das Un -ternehmen weiterführen zu können. Dies setzt voraus,dass der Alteigentümer bereit ist, seine Gläubiger amUnternehmen zu beteiligen. Gleichzeitig führt dies zueiner Entschuldung und Reduzierung der Zinsbelastung,und in Folge zu einer Steigerung der Cashflows, die zurFinanzierung der operativen Restrukturierung eingesetzt

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Steffen Kroner

Zur Person: Steffen Kroner

Steffen Kroner ([email protected]) istDirector bei der Alvarez & Marsal Deutschland GmbH.Alvarez & Marsal ist ein weltweit tätiges Beratungsun -ternehmen, das auf Restrukturierungen und Turnaround-Management sowie die nachhaltige Steigerung der Un -ternehmensperformance spezialisiert ist.www.alvarezandmarsal.de

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werden kann. Ein weiteres Engagement der Kreditgeber istjedoch an einen tragfähigen und umsetzbaren Business -plan geknüpft, bei dem die Kredite zurückgeführt bzw.Verzichte mittels eines Upside-Sharing-Modells kompen-siert werden können.

Stabilität und Flexibilität der Kapitalstruktur nötigUm die Restrukturierung umzusetzen, benötigt dasUnternehmen eine robuste und flexible Kapitalstruktur.Für größere Unternehmen kann die Emission einer An -leihe am Kapitalmarkt zusammen mit neuen Betriebs -mittellinien als eine Form des Asset-Based-Lending eineinteressante Option sein, um eine gute Mischung ausStabilität und Flexibilität für das aktuelle und zukünftigeGeschäft zu erzielen. Kleineren Unternehmen, die sichnicht über die Kapitalmärkte refinanzieren können, kannder Einstieg eines Eigenkapitalinvestors und/oder dieAufnahme von Mezzanine-Kapital maßgeschneiderte

Lösungen bieten, die auf das Chancen- und Risikoprofildes Unternehmens abgestimmt sind.

Erfolgsfaktor krisenerfahrenes ManagementFür eine erfolgreiche Restrukturierung bedarf es außerdemeines krisenerfahrenen Managements, das die Gesell-schaft durch die Umbruchphase führt sowie konsens -fähige Lösungen zwischen den Anteilseignern, Bankenund Interessengruppen erzielen kann, um einen tragfähi-gen Restrukturierungsplan zu entwickeln und umzusetzen.Eine Möglichkeit ist der zeitweise Einsatz eines ChiefRestructuring Officers (CRO). Durch Fokussierung aufden Restrukturierungsprozess verbessert und beschleu-nigt der CRO die Umsetzung. Für das Managementteambedeutet dies eine wichtige Entlastung im Tagesgeschäftund schafft Freiräume, sich intensiver um Kunden, Marktund Lieferanten kümmern zu können, um diese in derKrise zu halten bzw. zurückzugewinnen.

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Restrukturierung

Eine im Juni 2010 von Alvarez & Marsal veröffentlichteStudie, die 800 börsennotierte Unternehmen in Europauntersucht, zeigt, dass in der zweiten Jahreshälfte 2009bei vielen Unternehmen die finanziellen Schlüsselindika-toren einen erstaunlichen Kurswechsel vollzogen haben.

In der ersten Jahreshälfte, als der Kon-junktureinbruch in Europa auf seinem Hö-hepunkt war, schafften es die untersuch-ten Unternehmen durch einen starken Fo-kus auf Cash- und Working-Capital-Ma-nagement ihre finanzielle Position zu ver-teidigen und – trotz dramatischer Um-satzeinbrüche von 17% – dem freien Falleinen Riegel vorzuschieben. In der zwei-ten Hälfte 2009 stiegen dann die Umsatz -erlöse um 6%, die Rohertragsmarge um10% und der operative Cashflow sogarum 35% im Vergleich zur ersten Hälfte desJahres. Interessant ist: Die hohen Umsatz-einbrüche konnten die Unternehmenüber ihre größtenteils variablen Umsatz-kosten auffangen bzw. diese sogar leichtverbessern, mitunter auch durch die tem-

porären positiven Effekte der Kurzarbeit. Im Gegenzugsind die Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten relativgegenüber dem Vorjahr sogar angestiegen. Hieraus lässtsich ableiten, dass in diesem Bereich weiteres Potenzialfür Kostensenkungen liegt.

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Umsatz

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Roher-trags-marge

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Abb. 1: Veränderungen wichtiger Unternehmenskennzahlen vom 2. Halbjahr 2008 bis 2. Halbjahr 2009

* aus Lieferungen und LeistungenQuelle: Alvarez & Marsal

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Turnaround oder Sticking Plaster

Restrukturierungen im Jahr nach der Finanzkrise

Von Dr. Frank Nikolaus, Vorsitzender, TMA Deutschland e.V.

Lehman lebt! Wer hätte das gedacht? Eineinhalb Jahre nachdem größten Zusammenbruch der Wirtschaftsgeschichte er-weckte dieser Tage das amerikanische Insolvenzgericht so-gar die totgeglaubte Abwicklungshülse einer der einstmalsgrößten Investmentbanken zu neuem Leben. 20 Monate nachdem großen Crash lassen sich folgende Beobachtungen ma -chen: 1. Die Politik reagierte rasch und koordiniert. 2. DieFinanzierer vermieden einen Wettlauf um die besten Quotenund verschonten die Schuldnerunternehmen einstweilen.

Große Pleitewelle blieb ausNoch im November 2008 waren sich führende Expertenunisono einig: Es wird eine Pleitewelle geben, 2009, spä-testens aber 2010! Die gab es bisher nicht. Die Politikstabilisierte mit ihren Konjunkturprogrammen und ins-besondere der massiven Ausweitung der Kurzarbeitenorm. Die Entlastung von einem der wesentlichen Fix -kostenblöcke hat bei Umsatzeinbrüchen von 50 bis 70%,wie wir sie in einigen Branchen gesehen haben, mehrals nur Abhilfe geschaffen. Sie war schlicht die Rettung.In kapitalintensiven Geschäften hätte diese Flexibilisie-rungsmöglichkeit beim Faktor Arbeit durch die i.d.R. miteinem hohen Kapitalstock einhergehende hohe Finanzie-rungsquote konterkariert werden können. Dies verhin-derten die mit staatlicher Schützenhilfe ausgestattetenBanken, die ihr Heil im Abwarten und dem Verzicht aufSchuldendienst suchten. Dass die betroffenen Unterneh-men nicht dennoch in hoher Zahl zum Insolvenzgerichtgingen, ist offenbar der beherzten Erleichterung beimÜberschuldungsbegriff zu verdanken.

Prognoseunsicherheit weiterhin vorhandenDie Restrukturierer konnten sich in ihrer Praxis widerErwarten stärker um die operative Seite kümmern. DiePrognoseunsicherheit, die die einmalige Finanzkrise fürnahezu alle Absatzmärkte ausgelöst hat, ist nicht beho-ben. Zumeist wurden in unmittelbarer Folge der Krise die

Prognosen so stark nachunten korrigiert, dass ineinzelnen Bereichen er-neut große Unsicherheitherrscht, ob die Umsätzenicht doch viel schnelleranziehen könnten. BestesBeispiel ist die Automobil-industrie. Die zwei wichtigs -ten Prognoseinstitute sag-ten hier ein Erreichen derVorkrisenabsatzzahlen un -mittelbar nach der Krise erstwieder für das Jahr 2012voraus. Dieser Tage vermel -det Renault-Chef Ghosn je-doch, er rechne bereits wieder mit 70 Mio. Automobil -verkäufen in diesem Jahr, mehr als im besten Jahr 2007.

Bilanzen schon vor dem Aufschwung restrukturierenDie Gefahr, dass Unternehmen nur Heftpflaster verab-reicht wurden, anstatt ihren Turnaround zu vollenden,ist groß. Erst das Anziehen der Umsätze und der nächs -te Investitionszyklus werden es zeigen: Die Bilanzenmüssen bis dahin restrukturiert sein, um die Aufnahmefrischer Mittel nicht zu behindern. Interessant ist dieaktuelle Tätigkeit auf den Anleihemärkten. Gerade diestarke Entwicklung im Subgrade-Bereich zeigt, dass dieFinanzchefs der Unternehmen und ihre Berater mehrFlexibilität wünschen und Abhängigkeiten von einzelnenInstituten in Zukunft vermeiden wollen. Wir werdensehen, ob sich mit einer anonymen Gläubigergruppebesser verhandeln lässt.

Ausblick:Die Politik hat nun Initiativen gestartet, um in Zukunftbessere Rahmenbedingungen für Finanzierungskrisenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen. So sind er-hebliche Verbesserungen für das Insolvenzverfahrenvorgesehen. Unter anderem soll die Eigenverwaltunggestärkt, die Einflussnahme der Gläubiger auf die Wahldes Sachwalters ermöglicht und der Insolvenzplan alsVergleichslösung im Insolvenzverfahren gestärkt werden.Aktuell wird auch die Einführung eines vorinsolvenzli chenSanierungsverfahrens erwogen.

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Dr. Frank Nikolaus

Zur Person: Dr. Frank Nikolaus

Dr. Frank Nikolaus ([email protected]) ist Ma-naging Partner der Beratungs- und Investmentgesell-schaft Nikolaus & Co. LLP und ehrenamtlich Vorsitzen -der der Gesellschaft für Restrukturierung TMA Deutsch-land e.V. www.tma-deutschland.org

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Im Zuge der aktuellen Wirtschaftskrise stellt sich verstärkt dieFrage, wie Unternehmen in Zeiten erheblicher Umsatz- unddamit verbundener Ertragseinbrüche ihre Liquidität sichernund das Eigenkapital stärken können. Hier kann der soge-nannte „Debt-Equity-Swap“ helfen. Dabei handelt es sich letzt -lich um sämtliche Maßnahmen, bei denen Fremdkapital inEigenkapital gewandelt wird.

Zielsetzungen Mit der Durchführung eines Debt-Equity-Swaps können dieAltgesellschafter und die Gesellschaft das Eigenkapital desUnternehmens stärken und damit ggf. auch eine bilanziellebzw. insolvenzrechtliche Überschuldung beseitigen. DieStär kung des Eigenkapitals und die damit verbundene Ver -besserung der Eigenkapital/Fremdkapitalrelation erhöhtfür das Unternehmen die Chance, neues Fremdkapital auf -nehmen zu können. Zudem führt ein Debt-Equity-Swap zueiner Verringerung des Zinsaufwands und damit regelmä -ßig zu einer Ergebnisverbesserung des Unternehmens. AusSicht eines Investors eröffnet sich die Möglichkeit, in derKrisensituation eines Unternehmens Forderungen unterdem Nominalwert zu erwerben und sich anschließendgünstig an einem Unternehmen beteiligen zu können.

Rechtliche Strukturierung Die klassische Strukturierung eines Debt-Equity-Swap nachdeutschem Recht ist die vereinfachte Kapitalherabsetzungmit anschließender Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen.In einem ersten Schritt reduziert die Gesellschaft das einge -tragene Stamm- oder Grundkapital zum Ausgleich von Ver -lusten oder Wertminderungen (§ 229 AktG, § 58a GmbHG).Letztlich werden damit die Verluste den Altgesellschafternzugewiesen und die gesellschaftsrechtliche Ausschüttungs -sperre herabgesetzt. Einem künftigen Investor wird somitermöglicht, eine relativ hohe Beteiligung an der Gesell-schaft günstig zu erwerben und relativ frühzeitig an aus-schüttungsfähigen Gewinnen zu partizipieren.

Sachkapitalerhöhung zurAufnahme des InvestorsIn einem zweiten Schritt be -teiligt sich der Investor imRahmen einer Sachkapi -tal erhöhung an der Gesell-schaft. Vorteilhaft ist, wenndie Gesellschaft über aus-reichendes, sogenanntesgenehmigtes Kapital verfügt.Dann ist eine entsprechen -de Sachkapitalerhöhungauch ohne Mitwirkung derGesellschafterversamm-lung bzw. Hauptversamm-lung möglich. Sollte die Ge-sellschaft nicht über ausreichendes genehmigtes Kapitalverfügen, kann die Gesellschafterversammlung bzw.Hauptversammlung im Rahmen einer ordentlichen Kapi-talerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss eine Sachkapi-talerhöhung beschließen. Sowohl die Werthaltigkeit dereinzubringenden Forderungen als auch die Bewertung desUnternehmens werden durch Werthaltigkeitsgutachtenunterlegt. Auf dieser Grundlage werden dann auch der Um -fang der Sachkapitalerhöhung und die neuen Beteiligungs -verhältnisse bestimmt. Risiken für die Durchführung einesDebt-Equity-Swaps können sich aus der benötigten Zeit fürdie Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen ergeben.Dies gilt insbesondere, wenn eine Gesellschafterversamm -lung oder Hauptversammlung mit den erforderlichenFristen einberufen werden muss und aufgrund des Ge-sellschafter- oder Aktionärskreises Anfechtungsklagengegen die Beschlüsse über die Kapitalmaßnahmen zubefürchten sind.

Fazit:

Die optimale Strukturierung und die schnelle Umsetzungder einzelnen Maßnahmen sind ein wesentlicher Erfolgs-faktor für die Sanierung eines Unternehmens mittels einesDebt-Equity-Swaps. Zudem sollte sich das Management voneinem eingespielten und erfahrenen Beraterteam bei die-ser komplexen Kapitalmaßnahme beraten lassen.

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Restrukturierung

Debt-Equity-Swap

Wandel von Fremd- in Eigenkapital als wirkungsvolles Sanierungsinstru ment

Von Dr. Christian Becker, Partner, Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten

Dr. Christian Becker

Zur Person: Dr. Christian Becker

Dr. Christian Becker ist Rechts an walt und Partner beiGörg Partnerschaft von Rechts an wäl ten in München.www.goerg.de

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Sanierung nach Plan

Wege zur nachhaltigen Neuausrichtung

Von Dr. Andreas Fröhlich, geschäftsführender Gesellschafter, Perspektiv GmbH

Die Wirtschaftskrise hat bei vielen Unternehmen erheblicheSpuren hinterlassen. Die üblichen Kostensparprogrammesind vielfach nicht ausreichend, um ein „Ausbluten“ zu verhindern. Gleichzeitig fehlt für eine radikale Sanierungregelmäßig das Geld. Als mögliche Option wird derzeit ofteine Sanierung nach Plan – besser gesagt: eine Sanierungmittels Insolvenzplan – ins Spiel gebracht. Das unter be-stimmten Voraussetzungen außerordentlich leistungsfähigeSanierungsinstrument des Insolvenzplanverfahrens ist fürviele Unternehmer jedoch immer noch eine „Blackbox“. Zuviele Unbekannte gepaart mit mangelnder praktischer Er-fahrung im Umgang mit diesem Instrument führen zu einerstarken Verunsicherung bei potenziellen Plan-Initiatoren.

Auferstehung eines GestraucheltenDas Insolvenzplanverfahren eröffnet die Möglichkeit, einexistenzbedrohtes Unternehmen durch eine radikale Sanierung zu retten. Maßnahmen, die außerinsolvenzlichnicht durchsetzbar oder nicht finanzierbar sind, könnenim Rahmen eines Insolvenzplans effizient und zugleichkostengünstig implementiert werden. Denn die Insolvenzbietet diverse Erleichterungen für einen nachhaltigenTurnaround und reduziert dabei gleichzeitig die Sanie-rungskosten erheblich. Zu nennen sind insbesonderefolgende Aspekte: der Zufluss liquider Mittel in Höhe derPersonalkosten für drei Monate (Insolvenzgeld), die Sicherung der Liquidität durch das Verbot individuellerZwangsvollstreckung, das Sonderkündigungsrecht für alle unvorteilhaften Dauerschuldverhältnisse (z.B. Miet-,Pacht- und Leasingverträge), die vereinfachte und kos -tengünstige Kündigung von Arbeitsverhältnissen (Fris ten,Abfindungen etc.) sowie der erhöhte Einigungsdruck aufGläubiger bzgl. Sanierungsbeiträge. Während es sichbeim Insolvenzgeld sowie der Nichtbezahlung diverserAufwandspositionen lediglich um temporäre Effekte imsog. „vorläufigen Insolvenzverfahren“ handelt, eröffnen

das Sonderkündigungsrecht von Dauerschuldverhältnissensowie die vereinfachten Kündigungsmöglichkeiten beiPersonalmaßnahmen nachhaltige Optimierungschancen.In vielen Fällen scheitern außerinsolvenzliche Sanierungs-versuche daran, dass zu lang und oftmals ohne Ergebnisüber „Sanierungsbeiträge“ der Gläubiger verhandelt wird.Ein proaktiv gesteuertes Insolvenzplanverfahren kannhier erhebliche Vorteile bieten, da es den Einigungsdruckauf die Gläubiger stark erhöht, so dass signifikante Zuge-ständnisse erreicht werden können.

Und die Risiken?Die größten Sorgen von Management und Gesellschafternbei einer drohenden Insolvenz sind der Verlust der Ent-scheidungsgewalt an den Insolvenzverwalter sowie derfinale Verlust der Gesellschaftsanteile. Im Planverfahrenkann jedoch genau dies verhindert werden: Mithilfe desInstrumentes der sog. Eigenverwaltung verbleibt dieVertretungs- und Verfügungsmacht grundsätzlich beimUnternehmen. Einschränkungen sind nur insoweit gege-ben, als ein sog. Sachwalter ein Auge auf die Vorgängewirft. Und die Praxis zeigt sogar, dass auch Planverfah -ren ohne Anordnung einer Eigenverwaltung zum Nutzendes Managements sowie der Gesellschafter erfolgreichum gesetzt werden können. Im Hinblick auf einen Wert-verlust der Gesellschaftsanteile ist festzuhalten, dassbei Umsetzung eines Insolvenzplans das Unternehmenregelmäßig unter Erhalt des Rechtsträgers fortgeführtwerden kann. Dies bedeutet insbesondere, dass etwaige

Zur Person: Dr. Andreas Fröhlich

Dr. Andreas Fröhlich ([email protected]) ist geschäfts-führender Gesellschafter der Perspektiv GmbH – Cor-porate Finance in München. Die Beratungsgesellschaftist auf Sanierungen von Unternehmen in existen ziellenKrisensituationen spezialisiert. www.perspektiv.de

Dr. Andreas Fröhlich

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 47www.unternehmeredition.de

Krise &

Insolvenz

Lizenzen, Zertifizierungen und sonstige Rahmenverein -barungen, beispielsweise mit Kunden, nicht verlorengehen. Darüber hinaus kann der Plan i.d.R. so gestaltetwerden, dass die Gesellschaftsanteile der Altgesellschaf -ter „gerettet“ werden können. Die vermeintlich hohenRisiken aus Sicht des Unternehmers können in der Praxisnicht bestätigt werden. Intelligentes Management desProzesses sowie eine frühzeitige Vorbereitung machenaus dem Planverfahren ein steuerbares und effizientesSanierungsinstrument. Diese Verfahrensart bietet dieMöglichkeit, das eigene Unternehmen in einem kurzenZeitrahmen nachhaltig zu sanieren, die Gesellschaftsan-teile zu erhalten und deren Werthaltigkeit sogar signifi-kant zu erhöhen.

„Pre-packaged Plan“ als ErfolgsgarantDie Chancen des Planverfahrens können jedoch nur dannumfänglich genutzt werden, wenn bereits frühzeitig – d.h.deutlich vor der eigentlichen Antragstellungspflicht – miteiner proaktiven Initiierung begonnen wird. Der we sent -liche Erfolgsfaktor eines Planverfahrens ist die Einrei-chung eines sog. „Pre-packaged“, d.h. vorbereiteten In-solvenzplans. Sinnvoll ist es, bereits mit Stellung desInsolvenzantrags einen umfangreichen, ersten Planent-wurf vorzulegen. Im besten Fall ist dieser auch schon mitden wesentlichen Gläubigern vorabgestimmt. Damit wirdnicht nur die Professionalität und Ernsthaftigkeit derInitiative untermauert, sondern auch die Wahrscheinlich-

keit einer erfolgreichen Umsetzung ganz erheblich ge -steigert. Denn die Entscheidung über den Erfolg einesPlans fällt meist schon im Vorfeld der Insolvenz: Diewesentlichen Weichen sind frühzeitig so zu stellen, dassdie Annahme des Planentwurfs zur reinen Formalie wirdund das Verfahren zügig wieder beendet werden kann.Wer „ohne Plan“ in die Insolvenz stolpert, hat keine aus-reichende Zeit mehr, rechtzeitig einen solchen zu erarbei-ten und abzustimmen.

„Gesundes“ GeschäftsmodellWenngleich das Planverfahren als Sanierungsinstrumentgute Chancen auf Umsetzung einer nachhaltigen Sanie-rung bietet, ist es kein „Allheilmittel“ im Krisenfall. Grund-voraussetzung ist vor allem die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit des betroffenen Unternehmens. Daher solltebereits der erste Planentwurf ein detailliertes und vor allem belastbares Sanierungskonzept enthalten. DessenSchlüssigkeit wird dadurch erhöht, dass das Konzept aufeinem konkreten, operativen Maßnahmenplan sowie abgeleiteten quantifizierten Sanierungspotenzialen auf derZeitschiene beruht Das Konzept sollte auch eine entspre-chende Bilanz-, GuV- und Liquiditätsplanung beinhaltenund die notwendigen „Sanierungsbeiträge“ der Gläubigerkonkret benennen.

Fazit:

Eine Sanierung nach Plan bietet Gesellschaftern und Management erhebliche Vorteile und Erleichterungen beider konsequenten Neuausrichtung des Unternehmens.Ein „Pre-Packaged Plan“ kann so aufgesetzt werden, dassdie Gestaltungsmöglichkeiten der Unternehmensführungsowie die Gesellschaftsanteile der Altgesellschafter er-halten bleiben. Grundvoraussetzung ist jedoch eine sehrsensible Steuerung und eine professionelle Vorbereitungdieses Instrumentes. So kann insbesondere der Nachteilder „Insolvenzbefangenheit“ im Hinblick auf Kunden- undLieferantenbeziehungen nachhaltig reduziert werden, dabereits mit Insolvenzantragstellung offensiv das Fortfüh-rungskonzept präsentiert wird. Die Zukunft des Unter-nehmens ist gesichert, so dass der Schaden im Marktbegrenzt bleibt bzw. je nach Geschäftsmodell sogargänzlich vermieden werden kann.

Wenngleich das Planverfahren gute Chancen auf Umsetzung einer nachhaltigen Sanie -rung bietet, ist es kein uneingeschränkter Rettungsring im Krisenfall. Grundvoraus set -zung ist vor allem die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit des betroffenen Unternehmens.

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“48

Objektivere Kriterien gefordert

Erfolgsorientierte insolvenzgerichtliche Verwalter(vor)auswahl tut not

Von Frank Frind, Richter, Amtsgericht -Insolvenzgericht- Hamburg

Wie die Leistung eines Insolvenzverwalters gemessen werdenkann, ist seit zwei Jahren eine der am meisten diskutiertenFragen im Insolvenzbereich. Gemäß einer Entscheidungdes Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Mai 2006 soll derInsolvenzrichter Sachkriterien zur Vorauswahl und Auswahldes Insolvenzverwalters „entwickeln und verifizieren“. Eineschwierige Aufgabe, die durch eine empirische Kennzahlen -erhebung unterstützt werden kann.

Wie misst man den Erfolg eines Insolvenzver wal ters?Kriterien für die Auswahl eines Insolvenzverwalters wieOrtsnähe, Alter, Kanzleiausstattung, Erfahrung oder Mitar -beiterpool werden zunehmend als subjektiv und zu ausle -gungsbelastet begriffen. Erfolgreiche Insolvenzverwaltungund leistungsgestützte Verwalterauswahl wird u.a. in derWirtschaftspresse zunehmend als nachvollziehbare und

bei der Listenerstellung durch die Insolvenzrichterschaftdarstellbare Methodik reklamiert. Als Lösungsansatz füh-ren u.a. auch Hamburger Insolvenzrichter seit mehrerenJahren eine Kennzahlenerhebung durch. Der eigentliche„Verwaltererfolg“ ist im Grunde vergleichbar mit dem Er-folg eines Managers, der jährlich an seinen Umsatz- oder

Exportzahlen gemessenwird. Hier bieten sich imInsolvenzbereich ganzunterschiedliche Bewer-tungskategorien an. Not-wendig sind dabei eindeu-tige Begriffsdefinitionennebst Massekategorien zurVergleichbarkeit. EinigeInsolvenzgerichte habensich bereits auf wenige,aber signifikante Abfrage-kategorien verständigt(siehe Abb. 1).

Erhebungswerte bietenVergleichsmöglichkeitDie Gerichte können diese Werte direkt von den bei ihnengelisteten/bewerbenden Verwaltern erfragen, müssen abersicherstellen, dass ihnen richtige und keine „geschönten“Kennzahlen geliefert werden. Dies könnte mittels einerPlausibilitätsüberprüfung anhand der gerichtlichen,schlussgerechneten Akten oder mittels Stichprobendurch externe Beauftragte geschehen. Auch für denInsolvenzverwalter hat dieses Verfahren Vorteile: Ererhält durch eigene Messung und Beobachtung vonLeistungsparametern innerhalb seiner Kanzlei und beiVergleich mit Durchschnittswerten aus gerichtlichenErhebungen die Möglichkeit, Verfahrensergebnisse zuaggregieren, mögliche Schwachstellen seiner Verwalter -arbeit aufzudecken, aber auch seine Leistung gegenüberGerichten objektiviert darzustellen.

Fazit:

Die fortgeschriebene Kennzahlerhebung ermöglicht demInsolvenzrichter zunehmend verlässlichere Bewertungs-möglichkeiten, wenn die Zahlenbasis sich kontinuierlichvergrößert. Bereits jetzt zeigt sich, dass der Wert der Er-hebungen durch deren zunehmende Wiederholung (oderAusweitung auf mehrere Jahre) steigt und Verwalterarbeitimmer verlässlicher beurteilt werden kann. Denn dereinzelne Verwalter muss nicht fürchten, durch einmalige„schlechte“ Werte negative Folgen zu erleiden. Insolvenz -verwalter werden daher „ihre“ Verfahrenskennzahlen künf-tig auch für andere Gerichte und Gläubiger, die Verwaltervorschlagen möchten, parat haben müssen.

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Abb. 1: Abfragekategorien für den Erfolg einer

Insolvenzverwaltung

1. Quote für ungesicherte Gläubiger

2. Massemehrung aus insolvenzspezifischen Ansprüchen

3. Befriedigungsquote für Absonderungsberechtigte

4. Massemehrung aus Debitoreneinzug

5. Anteil aller Verwaltungs- und Verwertungskosten an der Teilungsmasse

6. Häufigkeit der Betriebsfortführung

7. Quote Arbeitsplatzerhalt bei Betriebsfortführung

8. Insolvenzplanhäufigkeit

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Zur Person: Frank Frind

Frank Frind ist seit 1996 Richter am InsolvenzgerichtHamburg. Außerdem ist er u.a. Mitglied des Vorstandesdes 2007 gegründeten Bundesarbeitskreises Insolvenz-gerichte (BAKinso e.V.) www.bakinso.de

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 49

Droht die Insolvenz, sind die Stakeholder eines straucheln-den Unternehmens in der Regel nur dann bereit, Sanie-rungsbeiträge zu leisten, wenn diese auch nachhaltigenErfolg versprechen. Ihre Interessen an einvernehmlichen,außergerichtlichen Sanierungen gehen oft auseinander.Eigentümer und Arbeitnehmer sind an Erhalt und Fortfüh-rung des Unternehmens interessiert. Kreditgläubiger er-warten daher Sanierungsbeiträge der Eigentümer. Diesesind häufig nur dazu bereit, wenn die Kreditverbindlich -keiten auf ein für das Unternehmen erträgliches Maß an-gepasst werden. Nicht selten geraten Sanierungsgesprächean dieser Stelle in eine Pattsituation. Das erschwert Sa -nierungen, und wichtige Zeit geht verloren. Die Einschal-tung eines Treuhänders kann eine solche Pattsituationaufheben.

Einschaltung eines TreuhändersUm eine ausgeglichene Interessenlage zwischen denStakeholdern zu gewährleisten, wird bspw. zur Siche-rung von Sanierungsbeiträgen wie -darlehen eineTreuhand installiert. Der Treuhänder gleicht wie einMediator unterschiedliche Interessen aus. Er über -prüft beispielsweise die Umsetzung eines Sanierungs-konzepts anhand vorher festgelegter Milestones undbereitet parallel einen geordneten Verwertungs- bzw.Verkaufsprozess vor. Zunehmend wird die Bestellungdes Treuhänders aufschiebend für den Fall bedingt,dass bestimmte Covenants gebrochen werden. ImFalle einer sog. doppelnützigen Treuhand ist derTreuhänder einerseits für den Eigentümer tätig undsichert gleichzeitig die Ansprüche der darlehensge -benden Banken. Die Treuhand endet, wenn die ge -plante Restrukturierung erfolgreich durchgeführtwurde bzw. sämtliche besicherte Darlehen zurückge-führt worden sind.

VorteileDie Treuhand bietet eineReihe von Vorteilen: Kre-ditgläubiger können beierfolgreicher Sanierungihre Darlehensforderungenvollständig befriedigen undeine drohende Insolvenzder Gesellschaft und denhiermit verbundenen For-derungsausfall abwenden.Ein Sanierungsdarlehenwird unter anderem durchdie Gesellschaftsanteilegesichert. Ein geordneterVerkaufsprozess geleitetvom Treuhänder stellt häufig die bestmögliche Verwertungder Gesellschaftsanteile sicher. Die Kreditgläubiger habeninsoweit die Sicherheit, dass die bisherigen Gesellschaftereinen Verkauf der Anteile an einen Investor im Sicherungs -fall nicht mehr verhindern können, da der Treuhänderdies ohne Mitwirkung der Gesellschafter durchführen kann.Der Eigentümer wiederum bleibt von den Folgen eines„fire sale“ verschont. Zudem vermeidet die Zuführung vonLiquidität durch das Sanierungsdarlehen die drohendeInsolvenz und ermöglicht damit die für Arbeitnehmer undvor allem Eigentümer wirtschaftlich sinnvolle Fortfüh-rung. Bei einer erfolgreichen Restrukturierung erhöht sichdie Chance auf eine zumindest teilweise Rückführung desvon den Gesellschaftern eingebrachten Eigenkapitalssowie der Gesellschafterdarlehen, welche in einem Insol-venzverfahren nachrangig gegenüber den ForderungenDritter und damit ebenfalls wertlos wären. Die Gesellschaf -ter müssen zudem den erforderlichen Liquiditätsbedarfnicht oder nur zu geringen Teilen durch Bereitstellungeigenen Kapitals aufbringen.

Die Auswahl des TreuhändersAn den Treuhänder sind in der Regel hohe Anforderungenzu stellen, sowohl in rechtlicher als auch in wirtschaftli -cher Hinsicht. Regelmäßig wird ein Treuhänder gewählt,der zugleich als Rechtsanwalt und/oder Wirtschaftsprüferdie erforderliche Kompetenz aufweist.

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Insolvenz

Treuhänder entschärfen Konflikte

Unterschiedliche Stakeholder-Interessen im Restrukturierungsprozess

Von Dr. Dietmar Schulz, Partner, Salans LLP

Dr. Dietmar Schulz

Zur Person: Dr. Dietmar Schulz

Dr. Dietmar Schulz ([email protected]) ist Partnermit den Tätigkeitsschwerpunkten Restrukturierungund Insolvenz bei der international agierenden Rechts-anwaltskanzlei Salans LLP. www.salans.com

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“50

„80% aller Anträge auf eine Bürgschaftaus dem Mittelstandsschirm wurden2009 bewilligt“

Interview mit Michael Schneider, Vorstandsvorsitzender, LfA Förderbank Bayern

Die LfA Förderbank Bayern hat im Krisenjahr 2009 alleinin ihrem Kernfördergeschäft für kleine und mittlere Unter-nehmen über 1,4 Mrd. EUR zugesagt, gut 100 Mio. EURmehr als im Vorjahr. Damit konnten rund 5.500 Betriebeihre Finanzierung auf stabile Beine stellen und 90.000Arbeitsplätze in Bayern sichern. Im Interview sprichtder LfA-Vorstandsvorsitzender Michael Schneider über dieEnt wicklung des Fördervolumens, den Bayerischen Mittel-standsschirm und über ein neues Mezzanine-Produkt fürMittelständler.

Unternehmeredition: Herr Schneider, wie hat sich dasFördervolumen der LfA im vergangenen Jahr entwickelt,welche Produkte wurden am stärksten nachgefragt?Welche aktuellen Tendenzen gibt es?Schneider: Allein für kleine und mittlere Unternehmenhaben wir über 1,4 Mrd. EUR zugesagt, gut 100 Mio. EURmehr als im Vorjahr. Damit konnten rund 5.500 Betriebeihre Finanzierung auf stabile Beine stellen. Eine starke Nach -frage gab es nach Bürgschaften aus dem BayerischenMittelstandsschirm – hier haben wir Kreditrisiken inHöhe von fast 360 Mio. EUR übernommen. Begehrt warennatürlich auch Akutkredite für Firmen mit finanziellenSchwierigkeiten. Interessant ist aber, dass auch Inves -titionskredite für Modernisierung und Innovation starkgefragt waren: Die Kreditzusagen stiegen sogar von 459auf 464 Mio. EUR – ein neuer Rekordwert! Und im erstenHalbjahr 2010 wächst die Nachfrage nach Investitions-krediten überproportional weiter. Das zeigt, dass der Mit -telstand insgesamt zuversichtlich in die Zukunft schautund gezielt seine Wettbewerbsfähigkeit stärkt.

Unternehmeredition: Kritiker behaupten, dass meistlediglich Unternehmen eine Förderung erhalten, denenes ohnehin gut geht, während Firmen in einer Krisen-

situation, die dringend auf Hilfe angewiesen wären, häufigleer ausgehen. Stimmt das?Schneider: Nein, die Fakten sprechen eine ganz andereSprache. Ein Beispiel: 80% aller Anträge auf eine Bürg-schaft aus dem Mittelstandsschirm wurden 2009 bewil-ligt, 14% wurden vom Antragsteller zurückgenommenund lediglich 6% der Anträge abgelehnt. In diesen we -nigen Fällen geht es meist darum, dass die Firma grund-sätzlich nicht überlebensfähig und bereits hoffnungslosüberschuldet ist, oder dass z.B. der Gesellschafter einerGmbH nicht bereit ist, einen angemessenen persönlichenBeitrag zur Deckung des Ausfallrisikos durch eine Bürg-schaft zu leisten.

Unternehmeredition: Welche konkrete und schnelle Hilfekönnen wirtschaftlich durch die Konjunktur- und Finanz-krise angeschlagene Unternehmen von der LfA erwarten? Schneider: Unser aktuell wichtigstes Angebot ist der Baye -rische Mittelstandsschirm. Stellt sich ein Unternehmen

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Michael Schneider

Zur Person: Michael Schneider

Michael Schneider ist Vorstandsvorsitzender der LfAFörderbank Bayern, dem Kreditinstitut des FreistaatesBayern mit dem Auftrag der regionalen Wirtschaftsför-derung. www.lfa.de

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unter unseren Schirm, sichern wir ihm den Zugang zuneuen Krediten, auch wenn es nicht genügend bankmä ßigeSicherheiten aufbringen kann. Hierzu setzen wir Bürg-schaften und Haftungsfreistellungen ein, mit denen wir diekreditausreichenden Hausbanken bis zu 80% vom Kredit -risiko entlasten. Der Fördereffekt: Die Kredite fließen wiederan die von der Krise gebeutelten Firmen, und diese könnendamit etwa dringend nötige Betriebsmittel finanzieren. Da -rüber hinaus sorgen wir mit Förderkrediten für faire undtragbare Kreditkonditionen. Unser Akutkredit zum Beispielhilft speziell bei der Überbrückung von Liquiditätsengpäs -sen und bietet besonders attrak tive Zinsen. Zusätzlichunterstützen wir Unternehmen in Krisensituationen auchmit kostenfreier Beratung: Die Experten unserer Task Forcesuchen gemeinsam mit den Unternehmen ganz gezielt nachLösungen für die angespannte Liquiditätslage.

Unternehmeredition: Kürzlich haben Sie ein Mezzanine-Produkt neu aufgelegt – wie können Mittelständler davonprofitieren?Schneider: Unser Mittelstandskapital ist ein zinsgünstigesNachrangdarlehen, das von der Hausbank als wirtschaft-liches Eigenkapital des Unternehmens anerkannt wird.Dadurch erhöht sich die Eigenkapitalquote und die Fir -ma erhält leichteren Zugang zu weiteren Finanzierungs-mitteln. Um an das Mittelstandskapital zu kommen,müssen die Unternehmen keine Sicherheiten stellen.Damit wollen wir Wachstumsbetrieben, die nur übergeringes Eigenkapital verfügen, eine Kapitalspritze fürInvestitionen geben. Seit Mai haben wir das Angebotnoch einmal verbessert: Die Betriebe müssen wenigerUnterlagen einreichen, und es sind auch Investitionenin Grundstücke sowie die Finanzierung von Betriebs -mitteln, die aufgrund der Investition benötigt werden,förderfähig. Und das Angebot gilt künftig für alle Landes-teile, auch für den bisher aufgrund seiner Wirtschafts-stärke ausgenommenen Großraum München.

Unternehmeredition: Was empfehlen Sie dem Mittel-stand generell im Umgang mit staatlichen Förderbankenwie der LfA in einer Krisensituation?

Schneider: Am besten können wir Unternehmen helfen,wenn wir frühzeitig Bescheid wissen und alle Fakten aufdem Tisch liegen. Information und Beratung über denEinsatz passender Fördermittel sind oft der erste Schrittzum Turnaround. Ganz wichtig ist aber, dass der Unter-nehmer auch engen Kontakt mit seiner Hausbank hältund mit ihr über mögliche Lösungen spricht. Bestehthier ein über die Jahre gewachsenes Vertrauensverhält-nis, stehen die Chancen für einen Ausweg oft besser alsgedacht.

Unternehmeredition: Herr Schneider, vielen Dank fürdas Gespräch.

Das Interview führte Markus [email protected]

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Zentrale der LfA Förderbank Bayern in der Münchner Königinstraße

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“52

Turnaround-Finanzierung

Optionen des Financial Restructuring, wenn das Geschäftsmodell stimmt

Von Dr. Hans-Elmar Döllekes, Kienbaum Management Consultants, undChristoph Burk, Antevorte Performance Management

Die Wirtschaftsentwicklung hat merklich angezogen, unddie Stimmung insbesondere in produzierenden Branchenist so gut wie lange nicht mehr. Dennoch können wir davonausgehen, dass es in Kürze zu einer neuerlichen Welledieses Mal primär finanziell getriebener Restrukturierungenkommen wird.

Neuordnung der PassivseiteDie Herausforderungen bei der finanziellen Restruktu -rierung liegen vor allem in der Komplexität der Unterneh -menssituation. Es existiert zwar ein Fortführungsszenario,aber die kurzfristige Liquidität und auch die mittelfristigeFinanzierung sind keinesfalls gesichert, und durch dieKrisensituation weist das Unternehmen ein deutlicherhöhtes Risikoprofil auf. Gleichsam wird unterstellt,dass die Spielräume auf der Aktivseite durch Divestments,Working-Capital-Management und das Heben stillerReserven weitgehend ausgenutzt worden sind. Ent -sprechend steht die Neuordnung der Passivseite imMittelpunkt. Neben der Suche und Integration verschie-dener Finanzierungsinstrumente zu einer individuellenund passenden Lösung gilt es die verschiedenen Interes-sen der aktuellen Kapitalgeber moderierend und koordi-nierend auszugleichen. Zentrale Zielgrößen des FinancialRestructuring sind kurzfristige Liquidität und mittelfristigein stabiler Cashflow sowie die wichtigsten Bilanz- undKapitalstrukturkennzahlen.

Typische Optionen der finanziellenRestrukturierungDie wesentlichen Instrumente der finanziellen Restruktu-rierung kommen i.d.R. in Kombination zur Anwendung.Stundungen von Verbindlichkeiten im Rahmen eines

„Standstill“ sind meist das Mittel erster Wahl, zumindestfür den Zeitraum, innerhalb dessen ein neues Finanzie-rungskonzept entwickelt und verhandelt wird. Hinsicht-lich der Lieferanten kann es ergänzt werden um Zahlungs -pläne und Projektfinanzierungen, z.B. über Treuhandkon-ten. Ein Forderungsverzicht der Gläubiger (Haircut) wirdschnell gefordert, lässt sich aber i.d.R. nur in Verbindungmit einem Besserungsschein (Debitor Warrant) undeinem Eigenkapitaleinschuss (Equity Injection) seitensder Eigentümer realisieren. Eine solche Bareinlage durchGesellschafter kann sowohl mit, aber auch ohne Umver-teilen der Stimmrechtanteile geschehen. Erfolgsent -scheidend ist es, hier ein faires Chancen-Risiko-Verhält-nis zwischen Eigen- und Fremdkapital zur realisieren.Rangrücktritt oder Subordination ist eine Vereinbarung,nach der eine Forderung im Insolvenzverfahren nurnachrangig bedient wird. Dies ändert jedoch nichts amRückzahlungsanspruch und damit an der Qualifikationals reines Fremdkapital. Eine durchaus interessante undergänzende Variante für alle Beteiligten ist auch die Füh-rungskräfte- und Mitarbeiterbeteiligung. Neben Finanzie-rungseffekten und Mitarbeiterbindung lässt sich unter-nehmerisches Denken und Handeln motivationsförderndstärken. Schließ lich sollten immer auch die aktuellen

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Zu den Personen: Dr. Hans-Elmar Döllekes

und Christoph Burk

Dr. Hans-Elmar Döllekes ([email protected])ist Bereichsleiter „Corporate Finance“ bei der Kien-baum Management Consultants GmbH, Christoph Burk([email protected]) ist Managing Partner bei derAntevorte Performance Management GmbH & Co. KG.www.kienbaum.de, www.antevorte-pm.com

Christoph BurkDr. Hans-Elmar Döllekes

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 53

KfW-Kreditprogram me geprüft werden. Nicht selten gibtes spezielle Förderprogramme, die auch oder gerade fürKrisenunternehmen in Frage kommen und i.d.R. über dieHausbank abgewickelt werden.

Debt-to-Equity-Swap, Treuhand und Individual-Mezzanine als SonderoptionenNicht neu, aber zurzeit viel diskutiert, ist der Debt-to-Equity-Swap: ein Vorgehen, durch das Fremdkapital inEigenkapital verwandelt wird. Der Gläubiger wird zumAnteilseigner. Die Durchführung erfolgt über eine Kapi -talerhöhung bzw. Kapitalschnitt jeweils mit Bezugsrechts -ausschluss und in Verbindung mit einer Sacheinlage derForderungen. Stattdessen ist das Abtreten der Eigenka -pitalenteile im Gegenzug zum Erlass der Forderungenebenso möglich. Auf Bankenseite beliebter ist allerdingseine Alternative zum Debt-to-Equity-Swap: die doppel-nützige Treuhandlösung. Vereinfacht dargestellt werdenhierbei die Anteile des Unternehmens an einen Treuhän-der übertragen und eine Erlösbeteiligung im Falle desErfolgs meilensteinabhängig und bei Exit vereinbart.Eine weitere Option ist die stille Beteiligung als Individual-Mezzanine. Diese stehen zwischen Eigen- und Fremdkapi-tal und sind hinsichtlich Laufzeit, Volumen und Rückzah-lungsmodalitäten sehr flexibel auf die Gegebenheiten desUnternehmens anpassbar. Die Entgeltkomponenten sindi.d.R. eine Fixvergütung als Basiszins, eine Variable in Ab-hängigkeit vom Gewinn und eine Wertzuwachspauschalebeim Exit des Investors (Exit Kicker).

Möglichkeiten zur Reduzierung der Anzahl der Beteiligten Insbesondere bei einer hohen Anzahl Beteiligter auf derPassivseite müssen die offene Beteiligung und das Ablösenvon Verbindlichkeiten konsequent auf ihre Realisierbar-keit geprüft werden. Zum einen gilt es, auch die Eigenka-pitalbasis zu stärken, und zum anderen geht es darum,die Anzahl divergierender Interessen zu reduzieren undeinen Einigungsprozess überhaupt erst zu ermöglichen.Zunehmend stellen Private Equity-Gesellschaften Eigen-kapitalfonds für reine Restrukturierungs- und Sanierungs -transaktionen zur Verfügung. Die Reduzierung der An-zahl der Beteiligten im Fremdkapital lässt sich natürlichauch allein über die Übernahme mehrerer kleinerer Enga-gements durch eine Bank realisieren. Finanzierungseffekteentstehen allerdings erst, wenn nicht nur Verbindlich -keiten abgelöst werden, sondern auch tatsächlich Fresh

Money fließt. Bei allen Überlegungen, Kombinationenund Finanzierungsvarianten, die zum Einsatz kommen,muss auch immer transparent für alle Beteiligten durch -gespielt werden, welche Konsequenzen eine Insolvenz aufdie gewählte Finanzierungskonstruktion hat. Letztlichbedarf es einer Lösung, die unter verschiedenen Sze -narien ein einigermaßen ausgewogenes Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht aufweist.

Moderator ist erfolgsentscheidendDie eigentlich einfache Ablauflogik der finanziellen Re-strukturierung stellt die meisten Unternehmen vor eineschier unlösbare Aufgabe. Die Interessen der Beteiligtensind nur mit einem erheblichen Moderations- und Koor-dinationsaufwand auszugleichen. Zudem ist jede finan-zielle Restrukturierung inhaltlich eine sehr komplexeAngelegenheit, bei der finanzwirtschaftliche, steuer-rechtliche, gesellschaftsrechtliche, haftungsrechtlichesowie bewertungsrelevante Fragen einerseits und psycho -lo gische Aspekte auf der Ebene der Verhandlungsparteienandererseits integriert bei der Lösung berücksichtigtwerden müssen. Andernfalls lässt sich bei den invol -vierten Parteien keine realisierbare Lösung finden. AlleErfahrungen zeigen, dass es den Prozess insgesamtdeutlich beschleunigt, wenn es einen Moderator imDriver Seat gibt, der mit dem Wissen um die wesent-lichen Fallstricke in den einzelnen Fachthemen zunächsteine für alle verständliche und von Fachdetails befreiteLösung aufbaut. Mit dem Konsens für eine klare Richtunghinsichtlich des Anreiz-Beitrags-Gleichgewichts der we-sentlichen Parteien lassen sich anschließend die fach-spezifischen Details der Wirtschaftsprüfer, Fachanwälteund Steuerberater ergänzen und zielgerichtet ausfüllen.

Fazit:

Zahlreiche Unternehmen stehen unmittelbar vor einerfinanziellen Restrukturierung oder haben sie in den nächs -ten zwei Jahren vor sich. Die Aufmerksamkeit hinsicht-lich alternativer Finanzierungsinstrumente im Vergleichzum klassischen Hausbankkredit ist höher als je zuvor.Insbesondere nach den Jahren 2000 bis 2003 rollt jetztdie nächste große Welle der finanziellen Restrukturie -rungen auf uns zu. Deren Erfolg hängt nicht zuletzt vonder operativen Restrukturierung und der Neuausrich-tung des Geschäftsmodells ab. Ohne eine glaubwürdigeBusinessplanung lässt sie sich nicht realisieren.

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“54 www.unternehmeredition.de

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Grundregeln zur Finanzierung mittelständischer Unternehmen

Transparenz schaffen und aus Fehlern lernen

Von Martin Conrad, Mitglied der Geschäftsleitung, PKF Fasselt Schlage

Für viele Mittelständler ist es seit Ausbruch der Finanzkriseschwierig geworden, eine Finanzierung zu erhalten. Fürden ein oder anderen endeten die Finanzierungsgesprächemit der Insolvenzanmeldung, weil es nicht gelang, ausrei-chend Transparenz über das Unternehmen darzustellen.Für mittel ständische Unternehmen gilt es, Lehren aus derSituation zu ziehen und Grundregeln der Finanzierung zubeachten.

Offene FinanzkommunikationEin wesentlicher Faktor erfolgreicher Finanzierung ist,Detailwissen über die Ertrags- und Liquiditätssituationdes Unternehmens regelmäßig und zeitnah mit demFi nan zierer zu teilen. Der testierte Jahresabschlussdes Wirtschaftsprüfers reicht nicht aus. Vielmehr soll-ten voll inte grierte Unternehmensplanungen und einmonatliches Management-Reporting Bestandteil einerFinanzkommuni kation sein. Auch Fragen zu Deckungs -beiträgen nach Kun den und/oder Produkten, nachhal -tigem Ergebnis, inner monatlichen Working-Capital-Schwankungen, zur Variabilität der Kostenstruktur, zuBonitätsrisiken bei Kunden oder zu Wert- und Kosten -treibern sollten zur Zufriedenheit des Finanzierersbeantwortet werden können.

Interessenkonflikte vermeidenDie Finanzierungsstruktur eines Unternehmens sollteaus gewogen sein und von gleichwertigen Partnern getra-gen werden. Das Beispiel eines typischen Mittelständlers

mit 150 Mio. EUR Umsatz weist die in Abb. 1 dargestellteFinan zierungsstruktur auf. Gerät das Unternehmen in eineLiquiditätskrise, können die unterschiedlichen Interes-sen eine Kettenreaktion her vorrufen. Bank E kann sichaufgrund des geringen Kreditbetrages und der kurzfris -tigen Laufzeit sehr schnell aus dem Engagement verab-schieden. Das verschlechtert die Liquiditätssituationdes Unternehmens noch mehr und ist Anlass für die an-deren Banken, das eigene Engagement eben falls zu über-denken. Das höchste Interesse der weiteren Finanzie-rungssicherheit hat neben dem Unternehmen nun BankA, die mit dem höchsten Betrag im Risiko steht. Even-tuell ist der zu realisierende Marktwert der den Kreditsichernden Immobilie im Insolvenzfall bei weitem nichtausreichend, um den Kreditbetrag zu decken. Diese Situ-ation kann Bank C nutzen, um alternativ zu einer Fällig-stellung ihren Kredit der Bank A anzudienen. Die Finan-zierungsstabilität gerät ins Wanken. Das kann desaströsenden. Das Beispiel zeigt die Gefahr, die von Interessen-konflikten ausgeht.

Niedrige Finanzierungskosten sind nur einNebenkriegsschauplatzIn der Vergangenheit nutzten Unternehmen oft das Ban -kenüberangebot und sprudelnde Unternehmensgewinne,

Zur Person: Martin Conrad

Der Wirtschaftsprüfer und CPA Martin Conrad ([email protected]) ist Mitglied der Geschäfts-leitung bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsge-sellschaft PKF Fasselt Schlage in Frankfurt. Seine Tä-tigkeitsschwerpunkte liegen in der Corporate-Finance-Beratung. Davor war er in leitender Funktion bei einerBank tätig. PKF verfügt über ein leistungsstarkes mit tel -ständisches Beratungs- und Prüfungsnetzwerk mit rund1.050 Mitarbeitern in Deutschland und rund 17.600Mitarbeitern in 125 Ländern.www.pkf-fasselt.de.

Martin Conrad

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Finanzierung

um günstigste Zinsen zu erhalten. Wesentlich wichtiger istjedoch Finanzierungssicherheit. Erreicht wird dies durchHerstellen gleichgerichteter Interessen z.B. durch eineKon sortialfinanzierung, durch flexible Finanzierungenund durch hohe Transparenz. Um maßgeschneiderteFinanzierungen ohne Interessenkonflikte zu erhalten,sollten sich Unternehmen auf Financial Covenants,vierteljährliches oder gar monatliches Reporting, eineVielzahl von Zu sicherungen und weitere Informations-pflichten einstellen.

Flexibilität in der FinanzierungGrundsätzlich sollten Finanzierungen langfristig aus -gestaltet sein. Auch das ist eine Preisfrage, denn kurz -fris tige Finanzierungen sind in der Regel günstiger. InZeiten hoher Zinsen erscheint eine zweijährige Laufzeitvordergründig attraktiv. Findet sich das Unternehmendann in einem Rezessionsumfeld wieder, kann es bei derRefinanzierung eng werden. Eine Situation, die vielen Un -ternehmen derzeit bekannt sein dürfte. Sicherlich kannein Unternehmen am Ende einer sechsjährigen Laufzeitin die gleiche Problematik laufen. Die Herausforderungbesteht darin, innerhalb der sechs Jahre zur richtigen

Zeit erneut langfristig zu refinanzieren und nicht dasLaufzeit ende abzuwarten. Hierzu müssen die Finanzie-rungen natürlich ohne Vorfälligkeitsentschädigungenablösbar sein.

Refinanzierungsfähigkeit zu jedem ZeitpunktDie Finanzierungsstruktur sollte nicht auf Kante genähtsein. Endfällige, starre Finanzierungsprodukte wie zumBeispiel Standard-Mezzanine-Programme erfreuen zwarmangels amortisierender Tilgungen den jährlichenCashflow, können sich aber zum Hauptrefinanzierungs-problem der Zukunft entwickeln – mit teilweise Existenzbedrohenden Ausmaßen. Die Grundhaltung sollte auf eineausgewogene Tilgungsstruktur zielen. Mittels integ rierterFinanzplanungen sollten Unternehmen verschiedene Sze-narien durchrechnen, um die Passform der Finanzierungin allen Lebenslagen zu testen. Das Zielrating eines Unter -nehmens sollte regelmäßig im Investment Grade liegen.Sicherlich ist auch ein BB (Subinvestment Grade) ver-träglich. Aber nicht auf Dauer, in einer Wirtschaftskrisekann daraus schnell ein B werden, und spätestens dannist die Wirtschaftskrise im eigenen Unternehmen auchvoll angekommen.

Abb. 1: Finanzierungsstruktur eines Beispielunternehmens mit 150 Mio. EUR Umsatz

Bank Kreditart Kreditbetrag in Mio. EUR Tilgungsstruktur Laufzeitende

(aktueller Stand)

A Immobilienkredit 15 vierteljährlich Juli 2020

B Investitionskredit 7 endfällig Oktober 2011

C Investitionskredit 2 halbjährlich März 2015

D Betriebsmittellinie 4 revolvierend Juni 2014

E Betriebsmittellinie 1 revolvierend Bis auf Weiteres

Quelle: PKF Fasselt Schlage

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Achtung: Haftung!

Risiken beim Eingriff von Kreditgebern in die Geschäftsführung

Von Dr. Andreas F. Bauer und Andreas Dimmling, GSK Stockmann + Kollegen

Eine gegenwärtig vertraute Situation für viele Mittelständler:Das Unternehmen steckt in einer existenzbedrohenden Krise;die Hauptkreditgeber haben das Vertrauen in das Manage-ment verloren und knüpfen ihr weiteres Engagement an dieBedingung, dass ein von der Bank ausgesuchter Krisenma-nager die Geschäftsführung des Unternehmens unterstützt.

CROs greifen in die Geschäftsführung einIn der Praxis führen diese nicht als Geschäftsführerbestellten Krisenmanager (manchmal unter dem Titel ChiefRestructuring Officer) oft eigenständig die Geschäfte desUnternehmens nach außen und lassen sich ihre Entschei-dungen nur noch von der rechtlich bestellten Geschäfts-führung abnicken. Juristisch wird dies als „faktischeGeschäftsführung“ bezeichnet. Doch dieses Vorgehen istsowohl für die bestellte Geschäftsführung des angeschla-genen Unternehmens wie auch für den Krisenmanagerund seinen Auftraggeber, die Bank, risikoreich. Alle Betei-ligten sollten sich daher gegen diese Risiken schützen.

Risiken für die bestellte GeschäftsführungDie bestellte Geschäftsführung bleibt gegenüber demUnternehmen, den Gesellschaftern und den Gläubigernin vollem Umfang verantwortlich, auch wenn der fakti-sche Geschäftsführer das Unternehmen weitgehendeigenstän dig leitet. Sie hat weiterhin dafür zu sorgen,dass die Geschäftsführung einschließlich des faktischenGeschäftsführers innerhalb des Gesellschaftszweckshandelt, den Pflichten gegenüber den Steuer- und Sozial-behörden nachkommt, Jahresabschlüsse korrekt erstelltwerden, bei Insolvenzreife des Unternehmens unverzüg-lich ein Insolvenzantrag gestellt wird und die Gesellschaf-ter entsprechend dem Gesellschaftsvertrag sowie beigrundlegenden Entscheidungen um Zustimmung ersuchtwerden.

Risiken für den faktischen GeschäftsführerDem faktischen Geschäftsführer obliegen dieselben Pflich-ten wie einem bestellten Geschäftsführer. Insofern kannauf die soeben aufgeführten Pflichten verwiesen werden.Bei Verstößen gegen die Pflichten eines Geschäftsführershaftet der faktische Geschäftsführer persönlich und kannunter Umständen strafrechtlich belangt werden.

Risiken für den KreditgeberHandelt der Krisenmanager im Auftrag des Kreditgebers,läuft dieser Gefahr, für Verfehlungen des faktischenGeschäfts führers zivilrechtlich auf Schadenersatz gegen-über dem Unternehmen zu haften. Daneben können Sanierungskredite nichtig oder anfechtbar sein, wenn siedas Unternehmen aufgrund der Tätigkeit des faktischenGeschäftsführers knebeln und zum reinen Befehlsempfängerder Bank machen.

LösungsansätzeInstallieren die Kreditgeber einen Krisenmanager im Unter -nehmen, ist es für alle Beteiligten besonders wichtig, dieKompetenzen des Krisenmanagers von Beginn an klar abzu -grenzen. Soll dieser Geschäftsführungsaufgaben wahrne h -men, muss er auch als Geschäftsführer ordnungsgemäßbestellt werden. Die Aufgabenbereiche und die Arbeits-teilung mit der bisher bestellten Geschäftsführung müssendefiniert werden. Soll der Krisenmanager ein externerBerater bleiben, so darf er nicht nach außen Geschäfts-führungsaufgaben wahrnehmen.

Andreas Dimmling

Zu den Personen: Dr. Andreas F. Bauer und

Andreas Dimmling

Die Rechtsanwälte Dr. Andreas F. Bauer, LL.M. ([email protected]) und Andreas Dimmling ([email protected])sind bei der deutschlandweit tätigen AnwaltskanzleiGSK Stockmann + Kollegen am Standort München tätig,Dr. Andreas Bauer ist zudem Partner. www.gsk.de

Dr. Andreas F. Bauer

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Die zweite Runde der Sanierung

Aktuelle Trends im Interim Management

Ob Wachstumsprojekte oder die Etablierung eines straffenKosten- und Finanzmanagements, ob Werksverlagerungenoder die Eroberung ausländischer Märkte: Interim Managerkönnen bei der Realisierung unterschiedlichster Unterneh-mensziele entscheidende Hilfestellung geben, wenn keingeeigneter Geschäftsführer im Unternehmen zur Ver -fügung steht. Nach der heißen Phase der harten Re struk -turierungen, die in der Wirtschaftskrise dominierten,sind bei der Sanierung zunehmend wieder Wachstums -strategien gefragt.

Blick nach vornInterim Manager sind dank ihrer in der Regel ausge -prägten unternehmerischen Erfahrung in der Lage, mitdem scharfen Blick des Außenstehenden zu agieren.Jede Marktphase bringt aber auch für die Manager aufZeit neue Herausforderungen. Standen auf dem Höhe-punkt der Konjunkturkrise die Liquiditätssicherung

und das Cost Cutting im Mittel-punkt, so rücken mit der Hoff-nung auf den Aufschwung ande-re Aufgaben stärker ins Blickfeld.„Die harten Sparmaßnahmen derVergangenheit zeigen Wirkung,jetzt ist der Blick wieder stärkernach vorn gerichtet“, konstatiertDr. Harald Linné, Managing Part-ner bei Atreus, mit einem Umsatzvon 15 Mio. EUR 2009 der Markt-führer für Interim Managementin Deutschland. Zwar ist die ge-samtwirtschaftliche Lage nochimmer labil, der Optimismus

aber wächst. Die Firmen nehmen jetzt auch wieder Geldin die Hand, um die Effizienz betrieblicher Prozesse zuverbessern und das Wachstum voranzutreiben: sei esdurch die Übernahme und Integration von Wettbewer-bern, durch IT-Investitionen oder den Ausbau ihrerVertriebskanäle. Bei der Umsetzung wiederum ist auchdie von den Managern auf Zeit gebotene Kompetenzgefragt. „Das Geschäft war schon 2009 gut, seit demFrühjahr registrieren wir erneut eine deutlich anzie -hende Nachfrage“, sagt Linné.

Unternehmen kontinuierlich verbessernTatsächlich hat sich die Stimmung im Land inzwischenverbessert. Der Ifo-Geschäftsklima-Index etwa hat imApril den höchsten Stand seit Mai 2008 erreicht, und dieSteigerungsraten der deutschen Exporte entwickeln sichauf niedrigem Niveau erfreulich. „Auffällig ist, dass wirwieder vermehrt nach Managerngefragt werden, die neue Kundenoder Märkte erschließen sollen“,bestätigt Dr. Anselm Görres, Ge-schäftsführer der ZMM Zeitma-nager München und Vorsitzen-der des Dachverbands „Arbeits-kreis Interim Management Provi-der (AIMP)“. Wichtig sei jetzt fürdie Unternehmen aber auch, dieeigene Wettbewerbsfähigkeit un-ter Einbeziehung der Mitarbeiterund mit Blick auf sämtliche Stell-schrauben kontinuierlich zu ver-bessern. Am Rad der Kostensen-kungen haben viele Betriebe bereits bis zum Anschlag ge-dreht. „Nun darf man aber nicht stehen bleiben, sondernmuss jeden Monat und jede Woche etwas besser machen:Da können Interim Manager helfen“, sagt Görres. Darüberhinaus nimmt das Bedürfnis nach Diversifizierung der Pro -duktpalette ebenso zu wie die Suche nach Alternativenauf der Finanzierungsseite. „Viele Unternehmen strebendanach, ihre Abhängigkeit von der Bankengnade nach-haltig zu verringern“, sagt Görres. Das ist umso wichtiger,als Eigenkapital und Reserven nach den harten Monatender Rezession deutlich geschrumpft sind. Andererseitsmüssen nun die bis an die Grenzen der Lieferfähigkeitheruntergefahrenen Lagerbestände wieder aufgestocktwerden, während man noch immer gegen einen Konjunk-turrückschlag gewappnet sein muss. „Ein gleichermaßenvorsichtiges wie straffes Finanz- und Kostenmanagementist deshalb nach wie vor gefragt“, sagt Görres.

Integration und OptimierungWährend die Führungspositionen der obersten Ebenenach der Restrukturierung durch Interim-CEO, Interim-CFO oder CRO nun wieder eher langfristig besetzt werden,

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Dr. Harald Linné, Atreus

Dr. Anselm Görres, ZMM Zeitmanager München

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stehen jetzt verstärkt vor allem Integra-tionsprojekte und im mittleren Manage-ment drängende Optimierungsprojektean. „Manager auf Zeit können da in denunterschied lichsten Bereichen für einenSchub nach vorn sorgen“, erläutert Linné.So gelte es nun häufig, einen in der Kriseübernom menen Wettbewerber oder dieAssets eines in die Insolvenz geschlitter-ten Wettbewerbers zu restrukturierenund zu integrieren. Hinzu kommen grund-sätzliche Fragen rund um die eigene Posi-tionierung. Welches Geschäft macht manlieber nicht weiter und was sollte dazukommen? Wo muss in effizientere Prozesseinves tiert werden? Durch welche Maßnah -men lässt sich zusätzliches Neugeschäftgewinnen, und wie kann man dabei durchein optimiertes Webmanagement die im-mer wichtigeren Online-Vertriebskanälenutzen? Zu tun gibt es genug. „Die intaktgebliebenen Firmenboote haben das ret-tende Ufer – wenn vielleicht auch nur mitzerschlissenen Se geln – erreicht. Um den konjunkturellenAufwind zu nutzen, müssen sie nun wieder auf Stromli-nienform getrimmt werden“, so Linné. Dass nach dem„Cost Down“ jetzt verstärkt das „Sales-up“ wieder weitervorn auf der Agenda steht, glaubt auch Filip Pejic, AssociatePartner bei Interim International. „Auf der Kostenseitehaben die Unternehmen ihreHausaufgaben gemacht, jetztwerden Marketing- und Ver-triebsstrategien entwickelt undumgesetzt“, sagt Pejic. Im Fokusder strategischen Beratung stün-den zudem zunehmend interna-tionale Wachstumsprojekte, ins-besondere in China, Indien undvor allem Brasilien. Einen drin-genden Restrukturierungsbedarfsieht er andererseits im Bereichder Finanzierung. „Wachstums-kredite wird es für Unternehmenunterhalb eines Triple-A-Ratingsauch künftig nicht so ohne weiteres geben“, sagt Pejic.Interim Manager mit einem starken Netzwerk und derFähigkeit, alternative Finanzierungslösungen zu entwickeln,seien deshalb zunehmend gefragt.

Von Erfahrung profitierenWie lange ein Manager auf Zeit seine Fähigkeiten einbringt,hängt zu einem Gutteil vom Anlass ab. „Bei signifikanten

Restrukturierungsprojekten, die – zum Beispiel, weil sichdie Verhandlungen mit den Banken in die Länge gezogenhaben – auch jetzt noch angestoßen werden, kann sich dasEngagement gut und gerne über eine Laufzeit von zwölfbis 18 Monaten oder etwas länger bewegen“, sagt derAtreus-Experte Linné. Stehen dagegen Wachstumsthe-men im Vordergrund, bleibt der externe Projektmanagerin der Regel nur eher acht bis zwölf Monate im Unterneh -men. Durchaus keine Ausnahme aber ist es, dass derExterne länger bleibt als geplant. „Nicht weil die InterimManager nicht rechtzeitig fertig werden, sondern weildie Kunden ihre Arbeit schätzen und dann oft den Ein-satz verlängern“, erläutert ZMM-Chef Görres. Das wiede-rum liegt auch an den ureigensten Stärken der Externen:Sie genießen eine größere Unabhängigkeit von Chefs undKollegen, gehen Herausforderungen unbelastet von derVorgeschichte eines Problems an. Hinzu kommen Lernef-fekte aus den Einsätzen bei anderen Firmen und in ande-ren Branchen. „Für das Unternehmen wirkt das dann wieeine Befruchtung mit fremden Genen“, sagt Görres. Nichtminder wichtig ist die unternehmerische Prägung, mitder sich der Manager auf Zeit deutlich von einem Beraterunterscheidet. „Interim Manager sind Brückenbauer:Sie übernehmen die Führung größerer zeitlich begrenz-ter Projekte, vertreten dabei aber stets die Interessender Unternehmer“, sagt Pejic.

Norbert [email protected]

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Filip Pejic, Interim International

Nachdem bei Interim Managern in den stürmischen Jahren 2008 und 2009 vor allem die Liquiditätssicherungauf der Agenda stand, ist jetzt zunehmend die Erschließung neuer Märkte gefragt.

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Wenn der starre Blick auf die Zahlenblind macht

Vertriebsmanager in der Krise oder Insolvenz

Von Jürgen Kullmann, Interim Manager, Solvendus GmbH

Wenn der starre Blick auf die Zahlen blind macht für lang-fristige Entwicklungen, wenn die Sucht nach Aufträgen dieKosten davon galoppieren lässt, dann gerät ein Unterneh-men schnell aus der Spur. 50% der Probleme stehen aberim Zusammenhang mit den Vertriebsaktivitäten. Undtrotzdem wird nur selten untersucht, welche Chancenhier schlummern. „Der Vertrieb soll Aufträge bringen“,möglichst viele, egal woher und wie kostenintensiv siesind, lautet die oft ausgegebene Vertriebspriorität. Damitgenau aber verschlechtert sich die Situation meist soweit,dass eine große Unternehmenskrise entsteht.

Weniger Kunden, profitablere AufträgeEine Krise verstärkt sich schnell durch die immer wiedergemachten Fehler (siehe Abb. 1) im Vertrieb. Das Ma-nagement weiß oft nicht, welche nachgelagerten Kosten

(„Komplexitätskosten“) einem Kunden oder einem Auf-trag zuzuordnen sind. Diese wichtige Übung ist einfach,steht in vielen Lehrbüchern, wird aber in fast keinemUnternehmen gemacht. Noch weniger passiert es, dassMaßnahmen daraus ergriffen werden. Begründung ist immer, dass man dem Kunden jeden Wunsch erfüllenmuss, weil ja gerade die Orientierung am Kunden dasWichtigste sei. Im Gegenteil, Ziel ist immer, wenigerKunden und weniger Aufträge zu haben. Diese sind aberprofitabler und das Unternehmen kann deutlich schlan-ker werden. Wenn Kunden und Aufträge danach bewertetwerden, wie deren absoluter Deckungsbeitrag im Verhält-nis zu deren Kosten steht, hat man alles, was man analy-tisch braucht. Das viel größere Problem ist tatsächlichdie Umsetzung.

Unternehmensbeispiele mit VertriebsproblemenBei einem Spanplattenhersteller, welcher gerade Insol-venz angemeldet hatte, waren alle stolz auf die großenHandelsketten, die beliefert wurden. Diese Handelsket-ten hatten auch einen erheblichen Anteil am Jahresum-satz. Unbekannt war, dass die Ketten enorme zusätzlicheDienstleistungen verlangten, welche die ohnedies knappenMargen schon vor Sonnenaufgang „verfrühstückt“ haben.Dann wurden die Preise für die anderen Kunden ange -hoben, um diese Verlustbringer zu stützen. Dies führtewieder zum Umsatzrückgang. Der Verzicht auf etliche

Abb. 1: Häufige Fehler im Vertrieb

1. Keine strategische Ausrichtung auf die Kernkompetenz, keineDifferenzierungsstrategie

2. Kaum Kostenkenntnisse über den gesamten Vertriebs- undAuftragsdurchlauf

3. C-Kunden und C-Aufträge treiben Komplexitätskosten extrem hoch.

4. Die Sortimentsbreite und C-Artikel treiben die Komplexität weiter hoch.

5. Nicht qualifizierte und quantifizierte Serviceleistungen verbrauchenalle Ressourcen.

6. Daran ausgerichtete zielgeführte, variable Steuerung des Vertriebs ist nicht vorhanden.

7. Es fehlen klare Messkriterien und Arbeitsvorgaben.

8. Es wird zu wenig Zeit bei und mit den wichtigen Zukunftskunden verbracht.

9. Fehlende Bereitschaft zur konsequenten Umsetzung akzeptierterMaßnahmen

Zur Person: Jürgen Kullmann

Jürgen Kullmann ([email protected]) ist In -terim Manager mit Spezialisierung auf Turnaroundsbei der Solvendus GmbH, einem Verbund von InterimManagern, die Unternehmen in Umbruchsituationenhelfen. Aktuell ist er als Geschäftsführer und Gesellschaf -ter bei Flott Bohrmaschinen und als Vorstand bei derAlexanderwerk AG (beide in Remscheid ansässig) tätig.www.solvendus.de

Jürgen Kullmann

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Großkunden, Konzentration auf die Cashbringer undeine Sortimentsanpassung brachten das Unternehmendann jedoch aus der Schieflage. Oder im Falle einesHerstellers von Büromöbeln, bei dem der Bereich derKundensonderwünsche allein 60% der Krise verursachte.Die Mitarbeiter haben den Kunden „jeden Wunsch vonden Augen abgelesen“, dabei aber nicht bedacht, dass dieauf Serienproduktion ausgelegten Werke daran ersticken.Die Erfüllung von Sonderwünschen wurde radikal zusam -mengestrichen, was den Umschwung bedeutete.

Falsch verstandene KundenorientierungNiemand ist auf die Welt gekommen, um Geld zu verschen -ken. Aber im Vertrieb findet man dies täglich. Freude überschöne kleine Aufträge mit prozentual hohen Deckungs-beiträgen trübt den Blick über die damit tatsächlich ver-bundenen Kosten. Der Blick ist gerade dann trüb, wennder Kunde groß ist. Große Kunden mit kleinen Aufträgenbringen genauso Verluste wie kleine Kunden mit kleinenAufträgen. Nicht nur die Kleinauftragsstruktur generiertVerluste, sondern auch unzufriedene A-Kunden, die nichtmit genügend Aufmerksamkeit bedacht werden können. Inschwierigen Zeiten wird versucht, jeden Auftrag hereinzu -holen. Alle arbeiten hektisch, aber die A-Kunden werden

vernachlässigt. Die vielen Kleinaufträge und falsch verstan -dene „Kundenorientierung“ blockieren die Organisation.A-Kunden wechseln dann wegen „Vernachlässigung“ denLieferanten. Das verschärft die Situation weiter, bis dann

gar nichts mehr geht und Insolvenz droht. Der Vertriebist sich seiner Bedeutung für das Unternehmen außer alsbloßer Auftragsbeschaffer praktisch nie bewusst.

Zielsetzung über KomplexitätsanalyseDie Tools der Vertriebsbereinigung sind eigentlich be-kannt. Auch wenn man reflexartig Ausnahmen bildet,sind diese eigentlich nie sinnvoll und auf jeden Fall zuvermeiden. Ein Beispiel: Bei einem Hersteller für Werk-zeuge, der vor allem über den Fachhandel vertreibt,konnte der Vertrieb trotz der Krise zunächst nicht über-zeugt werden, Mindestbestellwerte bzw. Mindermengen-zuschläge konsequent durchzusetzen. Die Angst, denKunden nicht zufrieden zu stellen, saß tief. Der Vertriebdieses Unternehmens, wie auch bei fast allen anderenUnternehmen, hielt Beschwerden von Kunden über sol-che Maßnahmen persönlich nicht aus und griff gerne alleArgumente des Fachhandels gegen Mindestbestellwerteauf: „Ersatzteile für Werkzeuge sind ja schließlich genau-so wichtig wie der Neuproduktverkauf“, „dem Handel istes nicht zuzumuten, Ersatzteile auf Lager zu legen“ undso weiter und so fort. Nachdem der Service und Ersatz-teilvertrieb an ein Dienstleistungsunternehmen ausge -lagert wurde, hat dieses konsequenter gehandelt. Preisewurden noch mal erhöht und Mindestbestellwerte kon -sequent umgesetzt. Nach einem halben Jahr Sturm derKunden haben sich alle wieder beruhigt. Fast alle Kundenkaufen weiterhin Ersatzteile. Das Dienstleistungsun ter -nehmen verdient jetzt im Gegensatz zum Hersteller mitdem Ersatzteilgeschäft tatsächlich Geld.

Fazit:

Es ist schwer, Reglementierung in den Auftragsstrukturenumzusetzen, weil das gegen den normalen Reflex der Mit-arbeiter im Vertrieb geht. Viel schlimmer noch, selbst dasManagement hat meist nicht den Mut, hinter solchen Ver-änderungen zu stehen. Vertrieb heute und erst recht inder Krise ist mehr, als Kunden mit Produkten zu überzeu-gen oder als gegen den Wettbewerb zu bestehen. Intelli-genter Vertrieb hat das gesamte Unternehmen im Hinter-kopf. Wenn die nachfolgenden Abteilungen nicht ausrei-chend berücksichtigt sind, ist es oft der Vertrieb selbst,der die Firma in Schieflage bringt. Es ist gut investierteZeit, im Vertrieb mit der Restrukturierung zu beginnen.

Wenn der starre Blick auf die Zahlen blind macht für langfristige Entwicklungen, danngerät ein Unternehmen schnell aus der Spur.

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Routine in Krisenmanagement und finanzwirtschaftlicher Restrukturie rung

Von Oliver Kuschel, Geschäftsführer, Trifinance GmbH

Für die finanzwirtschaftliche Restrukturierung eines sanie-rungsbedürftigen Unternehmens werden kühle Köpfe benötigt,unabhängige Krisenexperten, die als gestandene Restruktu -rierer das Ruder noch einmal herumreißen können. Oft wer -den diese Interim Manager, externe Führungskräfte auf Zeitmit CFO-Background, von Banken beauftragt, wenn die Be-wältigung der Krisensituation aus eigener Kraft kaum nochmöglich ist – immer häufiger als Alternative zu den Beratungs -gesellschaften. Mit aller Kraft und innerhalb kürzester Zeitmuss der bestehende Abwärtstrend gestoppt werden, umdie Liquiditätskrise zu meistern und nach der Restrukturie-rung wieder wettbewerbsfähig zu sein.

Manager auf ZeitDie krisenerfahrenen Manager auf Zeit übernehmen idealer -weise Organfunktionen und besitzen damit Führungs- undHandlungskompetenz, gleichzeitig haften sie auch für ihrTun. Interim Manager arbeiten nicht nur konzeptionell,sondern setzen die notwendigen Restrukturierungsmaß-nahmen auch gleich im Unternehmen um. Viel Zeit bleibtihnen dazu meist nicht, denn allzu häufig wartet das be-stehende Management bis zur letzten Sekunde und greiftoft erst auf Druck der finanzierenden Stakeholder auf ex-terne Expertise zurück, wenn fast gar nichts mehr geht. Indieser scheinbar ausweglosen Situation steigen die Erwar -tungen an den beauftragten Interim Manager. Seine Auf-gabe ist es, die Krise effizient zu managen. Dazu erhält erdie volle Weisungsbefugnis, um notwendige Veränderun-gen schnell durchzusetzen.

Unabhängig und vor allem der Sache verpflichtetDer Interim Manager hat in erster Linie die Aufgabe, denAbwärtstrend zu stoppen, das Unternehmen zu restruktu -rieren und Prozesse kurzfristig wie auch langfristig zu op-timieren. Dabei muss er gegebenenfalls auch unliebsameEntscheidungen durchsetzen, denn sein oberstes Ziel ist derTurnaround im Sinne des Unternehmensfortbestandes –

nicht einzelner Interessen-gruppen. Er handelt dabeifernab von unternehmens-politischen Verstrickungen,ist weder emotional gebun -den noch betriebsblind undvoll und ganz der Sache ver -pflichtet: Nach der Situations -analyse geht es für ihn um dieErarbeitung und vor allempragmatische Umsetzungder Restrukturierungskonzepte. Im Spannungsfeld zwischenBanken, Geschäftsführung und Gesellschaftern, mit denener auf Augenhöhe spricht, werden neben den fachlichenauch hohe persönliche Ansprüche an den Interim Mana-ger gestellt: Die externe Führungskraft muss kommunika-tions- und durchsetzungsstark sein und als integrativePersönlichkeit die Interessen der verschiedenen Stake-holder unter einen Hut bringen. Mit anderen Worten: DerInterim Manager muss hart verhandeln, aber auch vermit -teln können.

Krisenmanagement als TagesgeschäftFachlich obliegt ihm im Bereich der Finanzwirtschaft vorallem die Sicherung der Liquidität und, damit verbunden,die Anpassung des Controllings und Reportings an die ak -tuelle Situation. Dazu kann er sich auch weitere temporäreUnterstützung unterhalb der ersten Managementebeneholen: Auf projektbezogene Aufgaben im Bereich desFinanzcontrollings und -reportings haben sich nebenfreiberuflich agierenden Experten mittlerweile auch Be-ratungsgesellschaften spezialisiert.

Fazit:

Das Schaffen von Transparenz gegenüber Banken und Stake -holdern ist in einer Krisensituation eine der zentralenAufgaben eines Interim Managers, um das Vertrauen derBanken und Kapitalgeber wieder zu stärken. Für ihn ist dieKrise nicht Ausnahme-, sondern Normalzustand: Kriseals Tagesgeschäft. Und wenn sie in einem Unternehmenüberwunden ist, dann geht es für den Interim Managerwieder von vorn los – natürlich in einem anderen krisen-geplagten Unternehmen.

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Oliver Kuschel

Zur Person: Oliver Kuschel

Oliver Kuschel ([email protected]) ist Ge-schäfts führer des Beratungsunternehmens TrifinanceGmbH. www.trifinance.de

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Kompetenzen bündeln

Zusammenarbeit von Interim Managern und externen Beratern

Von Hans-Jürgen Titz, Managing Director, Goetzpartners Management Consultants GmbH

Noch vor 20 Jahren ruhte die Steuerung und Entwicklungeines Unternehmens auf den Schultern weniger Manager.Heute zwingen die Komplexität vieler Geschäftsmodelleund die globale Wettbewerbsdynamik den Manager zuneh-mend, auf externe Spezialisten wie Interim Manager undBerater zurückzugreifen.

Symbiose von Interim Managern und Beraternerhöht ErfolgschancenIn der Vergangenheit wurde häufig auf einzelne Sanie-rungsexperten zurückgegriffen, die sich spezifischerProblemstellungen in dem krisengeschüttelten Unter-nehmen annahmen. Dies ist für effizientes Krisenma -n agement heute kaum mehr Erfolg versprechend. Immeröfter agieren Interim Manager aufgrund der Komplexitätder Fälle und des immensen Zeitdrucks gemeinsam mitexternen Beratern. Eine repräsentative Umfrage vonGoetzpartners unter rund 650 Sanierungsexperten vonBanken kam daher – nicht überraschend – zum Ergebnis,dass eine enge Symbiose von Interim Managern undBeratern die Erfolgschancen bei Restrukturierungspro-jekten erhöht. Unternehmen sind in turbulenten Situatio-nen häufig überfordert: Das Fehlen einer leistungsfähigenManagementebene (85%), fehlendes Restrukturierungs-Know-how (75%), stark gebundene Ressourcen im Tages-geschäft (75%) und häufig der Verlust von wesentlichenLeistungsträgern (70%) werden als Gründe dafür genannt.Hinzu kommt, dass viele Manager in Krisensituationen übereine eingeschränkte Kommunikations- und Motivations-fähigkeit verfügen, wenig stressresistent sind und Ent-scheidungsstärke bzw. Durchsetzungsvermögen fehlen.Glaubwürdigkeit und konsequentes Handeln sind aberwesentliche Eckpfeiler des Restrukturierungsprozesses.

Genau hier setzt die Unterstützung durch Restrukturie-rungsberater und Interim Manager ein.

Prozesse effektiver durchführbarInterim Manager verfügen häufig über profundes Indus -trie-Know-how sowie umfangreiche Führungs- und Um-setzungserfahrung. Restrukturierungsberater sind inder Lage, sehr schnell detaillierte Analysen über Unter-nehmen, Markt und Wettbewerb zu erstellen und soumfassend Transparenz zu schaffen, auf die der InterimMa n ager sofort aufsetzen kann. Das strategische und fi-nanzwirtschaftliche Know-how des Beraters bietet demInterim Manager zusätzlich wertvolle Unterstützung. Durchdie Bündelung von Ressourcen können Prozesse effizien-ter und effektiver durchgeführt werden als im Alleingang.

Fazit:

Die Bedeutung von externen Experten nimmt bei derUnternehmenssanierung stetig zu. Aufgrund der steigen-den Komplexität der Restrukturierungsprozesse sindinterne Manager oft in der Krise überfordert. Durch einerfahrenes Team aus Interim Manager und Beratern wer -den die Chancen für einen erfolgreichen Turnaround er-höht und Maßnahmen können meist schneller und ziel-gerichteter durchgeführt werden.

Hans-Jürgen Titz

Zur Person: Hans-Jürgen Titz

Hans-Jürgen Titz ([email protected]) ist Mana-ging Director der Goetzpartners Management Consul-tants GmbH, eines unabhängigen europäischen Bera-tungsunternehmens mit zehn Büros in acht Ländern,das M&A-Beratung (Mergers & Acquisitions) undMan agement Consulting unter einem Dach kombiniert.www.goetzpartners.de

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Personalmaßnahmen in Zeiten der Krise

Alternativen zur Kündigung als ultima ratio

Von Prof. Dr. Josef K. Fischer, Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg

Seit Ende 2008 brachten dramatische Auftragseinbrüchevon bis zu 50% auch viele solide aufgestellte Unterneh -men an den Rand der Liquiditätskrise. Dies geschahteils je nach Branche binnen kürzester Zeit, wodurch sichder Handlungsdruck seitens der Unternehmen massiv er-höht hat. Personalpolitische Maßnahmen blieben dameist unumgänglich. Es muss aber nicht immer eineKün digung sein.

Keine radikalen und unbedachtenSofortmaßnahmenInnerhalb der Restrukturierung müssen hierbei – nebenerhöhten Vertriebsanstrengungen zum teilweisen Aus-gleich der Auftragseinbrüche – auch rasch die unverhält-nismäßig hohen Kosten reduziert werden, um die Liqui-dität im Unternehmen zu sichern. Hierbei dürfen aberSofortmaßnahmen zur Kostensenkung nicht einfach insämtlichen Bereichen, ohne nachzudenken, radikal um-gesetzt werden, wenn man sich gleichzeitig mit einemnachhaltigen Turnaround beschäftigen will bzw. muss.Insbesondere beim Kernkapital der Unternehmen – denMitarbeitern und deren Wissen – gibt es weit mehr Mög-lichkeiten, kurzfristig Kosten zu reduzieren, als nur dieKündigung: Hier kommen Urlaubsverzicht, Entgeltver-zicht mit Rückzahlungsklausel im Rahmen eines Ergän-zungstarifvertrags oder auch Entgeltverzicht ohne Rück -zahlungsklausel im Rahmen eines Sanierungstarifvertragsin Frage.

Arbeitszeitpolitische MaßnahmenAls erstes arbeitszeitpolitisches Instrument bietet sichdie Möglichkeit befristeter Arbeitszeitverkürzungen zurBeschäftigungssicherung an. In den 90er-Jahren wurdedie Möglichkeit der tariflichen Reduzierung der Regel -

arbeitszeit erstmals im großen Stil in der Automobil-branche eingeführt und in viele Tarifverträge aufgenom -men. Kurzarbeit kann als zweites personalpolitischesInstrument zur Arbeitszeitverkürzung von über 25%der Regelarbeitszeit, aber ebenfalls schon bei gerin -geren Anpassungen, beantragt werden. Das konjunk -turelle Kurzarbeitergeld kann gewährt werden, wenndie regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeits-zeit infolge wirtschaftlicher Ursachen oder eines unab-wendbaren Ereignisses vorübergehend verkürzt wird.Durch die Ausweitung dieses Instruments konnten inDeutschland große Einbrüche des Arbeitsmarktes imVergleich zu anderen EU-Staaten weitgehend verhindertwerden.

Letzte sozialverträgliche MöglichkeitenBesteht auch künftig keine Aussicht auf die Wiedererlan-gung einer vollen Kapazitätsauslastung, so bestehensozialverträgliche Maßnahmen der Personalkostenre -duzierung in Aufhebungsverträgen und Teilzeitvereinba-rungen. Sind diese Möglichkeiten ebenfalls ausgeschöpft,kann bei notwendigen betriebsbedingten Kündigungenoder Massenentlassungen eine Transfergesellschaftgegründet werden, mit dem Ziel, die Beschäftigten soschnell wie möglich wieder in neue Beschäftigungsver-hältnisse zu vermitteln.

Prof. Dr. Josef K. Fischer

Zur Person: Prof. Dr. Josef K. Fischer

Prof. Dr. Josef K. Fischer (josef.fischer@ohm-hochschu -le.de) ist im Bereich Finanz-, Bank- und Investitionswirt -schaft an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnbergtätig. Außerdem ist er wissenschaftlicher Leiter der be-rufs begleitenden Weiterbildung zum „Restrukturierungs-Manager“ am Georg-Simon-Ohm Management-Institut(GSO-MI). www.restrukturierung-nuernberg.de

Page 65: Juni 2010,9,80 Euro Unternehmer Edition Unternehmer

Herausforderungen nach demTurnaround

Mit vorwärtsdenkenden Managern zurück auf den Wachstumspfad

Von Dr. Bruno J. Weidl, geschäftsführender Gesellschafter, Addfinity GmbH

Nach der heißen Restrukturierungsphase gilt es für Unter-nehmen, den Blick wieder nach vorne zu richten. Häufigwerden dann Führungskräfte von außen berufen, die wie-der Wachstumsstrategien umsetzen. In dieser Phase ist vorallem die Fähigkeit, Mitarbeiter zu motivieren, gefragt.

Von der Notaufnahme in die RehaSteht ein Unternehmen am Rand des Zusammenbruchs, istder Handlungsbedarf vergleichbar mit der Notauf nah meim Krankenhaus. Wie ein Chirurg nimmt der Turn around-Manager möglichst schnell präzise Schnitte vor, um denPatienten am Leben zu erhalten. Sind die Voraussetzungenfür eine Erholung erst einmal geschaffen, steht das Unter -nehmen vor neuen Herausforderungen. Um in der Spracheder Ärzte zu bleiben: Wenn der Patient nachhaltig fit wer -den soll, ist nun eine andere Art von Medizin erforderlich.

Vier Schritte zum ErfolgGerade in Zeiten der Restrukturierung ist es wichtig, einhäufig verunsichertes Kernteam quasi an die Hand zunehmen und zu motivieren. Voraussetzung dafür wiede rumsind klare Aussagen. Wer sonst, wenn nicht die Führungs -kraft, sollte erklären, wohin die Reise geht und welche Hin-dernisse es dabei zu bewältigen gilt? Chancen und Risikenmüssen deshalb auch offen kommuniziert werden: insbe-sondere nach innen, ebenso aber gegenüber Lieferanten undKunden. Und nicht zuletzt natürlich muss das, was gesagtwurde, in der Folge dann auch konsequent umgesetztwerden. In der zweiten Etappe der Neuausrichtung gehtes vor allem um die langfris tige Wachstumsstrategie.Ergänzend zum vorhandenen Management werden des-halb häufig zusätzlich Per sönlichkeiten in die Geschäfts -führung aufgenommen, denen man die Stabilisierung desUnternehmens zutraut. Welche Fähigkeiten aber solltedieser Manager typus mitbringen? Welche Herausforde-rungen muss er bewältigen? Eine der wesentl ichen Aufga-ben wird zunächst darin bestehen, die Identität des Unter-

nehmens herauszuarbeiten und darauf aufbauend einezukunftsweisende Strategie zu entwic keln. Hier ist Krea -tivität gefragt, und die Führungspersönlichkeit sollte inder Lage sein, im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzestragfä hige Ideen einzubringen. Vor allem aber geht es jetztauch darum, Vertrauen zu schaffen.

Wer führen will, muss authentisch seinDass ein Manager bei all dem eine gewisse Portion Mutmitbringen sollte, steht außer Frage. Ebenso unverzicht-bar sind eine seriöse Ausstrahlung und die notwendigeErfahrung mit den Höhen und Tiefen des Managerlebens.Wer authentisch wirken will, muss selbstbewusst dieeigenen Erfolge in die Waagschale werfen können undklarmachen, wie er aufgrund seines eigenen Wertesys -tems die anstehenden Herausforderungen bewältigenwill. Branchen- und Produkt-Know-how sind eher sekun-där. Primär sind die Wirkungsmechanismen von Entschei -dungen auf der Topebene zu kennen. Und nicht zuletztmuss die Führungspersönlichkeit über ein sehr gutesSelbstmanagement verfügen. Neben einer ausgeprägtenmentalen Stärke gehören dazu eine hohe soziale Kompe-tenz und Vernetzungsfähigkeit. Und letztlich darf natür-lich die physische Fitness nicht fehlen, um der gewaltigenAufgabe einer Neuausrichtung auch in dieser Hinsichtgewachsen zu sein.

Dr. Bruno J. Weidl

Zur Person: Dr. Bruno J. Weidl

Dr. Bruno J. Weidl ([email protected]) ist geschäfts-führender Gesellschafter der Addfinity GmbH, die Füh-rungs- und Beratungsmandate übernimmt und sichselbst an Unternehmen beteiligt. www.addfinity.de

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Schwachstelle Mensch

Entscheidender Faktor bei der Umsetzung von Projekten

Von Boris H. Faißt, Inhaber, BFC Consulting

Gerade in der Krise wächst die Unsicherheit der Mitarbeiterdarüber, ob ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt oder nicht. DassVeränderungen Ängste bei den Mitarbeitern erzeugen, wirdbei Turnaround-Projekten zu wenig berücksichtigt. Dieserpsychologische Faktor kann Projekte scheitern lassen.

Verlassen der „Komfortzone“ schürt ÄngsteErfahrungsgemäß liegen die Hauptgründe für den Miss -erfolg von Restrukturierungen in der mangelhaften Kom-munikation und Einbeziehung der Beteiligten, unausge-sprochenen Konflikten oder einer fehlenden klaren Defi-nition des Umfanges und der Projektziele. BesondererSprengstoff findet sich aber in den emotionalen Phasen.Sobald Menschen gezwungen werden, sich aus ihrer„Komfortzone“ heraus zu bewegen, entstehen Ängste.So werden häufig umfassende Veränderungen im Unter-nehmen von den Mitarbeitern als massive Bedrohung er-lebt.

Der Mensch steht im Mittelpunkt des ProjektesNach einem erfolgreichen Kick-off startet das Projekt oftgeradezu euphorisch. Die schwierigsten Phasen kommenerst dann, wenn die Mitarbeiter glauben, sie würdennicht mehr in alle Details mit einbezogen, oder nun in derRealität merken, dass sich auch ihr Tätigkeitsfeld verän-dert. Ob nun diese Phasen „Leugnung“, oder „Konzept-krise“, in der „Katastrophenphantasien“ entstehen, ge-nannt werden, ist sekundär. Wichtig ist: Es sind Phasender informellen Kommunikation. Hier entscheidet sichder Erfolg eines Projektes auf den Fluren. Da kann einProjekttool noch so gut sein und das Nachhalten von Plä-nen noch so akribisch durchgeführt werden. Wenn hiernicht mit einer Stimme gesprochen wird, wird das Pro-jekt mit Sicherheit irgendwann scheitern. Wenn man diesnun mit den „normalen“ Erkenntnissen aus Projektenverbindet, kommt man zu folgendem Schluss: Projektescheitern mindestens zu 90% an den Menschen, die darin

arbeiten! Und: In der Regel wird dabei der kritische Er-folgsfaktor „Mensch“ außer Acht gelassen. Um ein Pro-jekt erfolgreich durchzuführen, sollte jedem bewusstsein: Menschen und Prozesse haben größeren Einflussauf das Ergebnis als Technologien. Der Mensch steht imMittelpunkt eines jeden Projektes. Er bildet die größteSchwachstelle und das größte Potenzial zugleich.

Know-how der Älteren nutzenInteressant erscheint, dass es in weniger als 50% derdeutschen Unternehmen noch Mitarbeiter über 50 Jah-ren gibt. Der Nichteinsatz erfahrener Know-how-Trägerund die Knappheit an verfügbaren jungen Talenten füh-ren zu einem Mangel an Know-how und Erfahrung. BeideKomponenten sind jedoch wichtig für den Erfolg einesUnternehmens; nicht nur von Projekten.

Fazit:

Das Vertrauen sollte im Projekt bei den beteiligten Men-schen liegen, nicht bei Prozessen und Tools. Umfangrei-che Dokumentationen sind weniger bedeutend als dasfunktionierende, brauchbare Ergebnis. Es gilt, mutig undoffen für Änderungen zu sein und nicht nur starr eineneinmal festgelegten Plan zu befolgen. Erstes Ziel einesProjektes sollte stets die richtige Kommunikation mitden Menschen sein.

Zur Person: Boris H. Faißt

Dipl. Wi.-Ing. Boris H. Faißt ([email protected]) ist Inhaber und Geschäftsführer der auf Verän-derungen im Mittelstand spezialisierten Unterneh-mensberatung BFC Consulting. www.bfc-consulting.de

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Strategie & M

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Kosteneffiziente Einkaufspolitik

Working Capital senken und Liquidität freisetzen

Von Christian Michalak, Geschäftsführer, Kerkhoff Consulting

Während der Krise kam es bei vielen Unternehmen durchoperative Verluste zu Liquiditätsengpässen, und auch nachder Krise ist Liquidität knapp, da diese zur Umsatzauswei-tung im Zuge der wieder steigenden Nachfrage das Vorrats-und Forderungsvermögen und somit das Working Capitalerhöht. Zwar ist die Liquiditätssicherung die Aufgabe desFinanzmanagements, doch auch der Einkauf kann in engerKooperation einen Beitrag leisten. Dabei ist die Reduktiondes Working Capital ein wichtiger Schritt, der aktiv gesteuertwerden muss. Der Einkauf kann hier nicht nur unterstützen,sondern eine zentrale Rolle einnehmen.

Optimierung der Bestände Die erste Maßnahme, das Working Capital zu senken, istdie Optimierung von Beständen. Eine schlechte Kommuni -kation sowie lange Lieferzeiten in der Supply Chain führenbei Unternehmen zur Haltung hoher Lagerbestände, damitdiese kurzfristige sowie stark schwankende Kundennach-fragen zeitnah bedienen können. Dem kann das Unterneh -men mit verschiedenen Schritten begegnen: Erstens kanneine enge informationstechnische Anbindung des Liefe -r anten den Überraschungseffekt von Kundenbestellungenverhindern (Bullwhip Effekt). Eine besondere Ausprägungdieser Maßnahme ist der lieferantengesteuerte Bestand(Vendor Managed Inventory). Dabei übernimmt der Liefe -rant die Steuerung und Bewirtschaftung des Lagers desbeschaffenden Unternehmens. Zweitens kann durch Just-in-Time-Belieferungen eine Synchronisation von Lieferungund Verbrauch erreicht werden. Zur Verminderung der Be -stände kann weiterhin die Bedarfs- und Bestellmengen-planung optimiert werden, zum Beispiel durch Überprü-fung und Anpassung der Sicherheitsbestände sowie dieReduktion von Lagerstufen.

Verbesserung des LieferantenmanagementsDie zweite Maßnahme zur Reduzierung des Working Capitalsind Optimierungen im Lieferantenmanagement. Durch

Anpassung der Zahlungsprozesse können Verbindlichkei-ten des Unternehmens ausgeweitet werden, beispielsweisedurch das Verzögern von Anzahlungen und den damit ein -hergehenden Finanzierungseffekt. Weiterhin sollte derEinkauf Leitlinien für Lieferanten nachverhandeln, umlängere Zahlungsziele zu erzielen. Durch enge Zusammen -arbeit von Unternehmen und Lieferant können relativeFinanzierungsvorteile ausgenutzt werden. Hat beispiels-weise das abnehmende Unternehmen einen geringerenKapitalkostensatz als der Lieferant, kann das Zahlungs-ziel verkürzt werden, und das Unternehmen erhält dafüreinen Preisnachlass vom Lieferanten. Dieser Preisnach-lass kompensiert erstens die zusätzlichen Finanzierungs-kosten auf der Seite des Abnehmers und gibt zweitenseinen Teil der dem Lieferanten entstandenen Ersparnissean ihn weiter. Beide Partner erzielen somit einen Gewinnaus dem Nettoeffekt der Finanzierungskosten.

Reverse FactoringEin solches Modell kann auch unter Einbindung eines Kre -ditinstituts zur Finanzierung erfolgen. Eine besondere Aus -gestaltung ist das Reverse Factoring. Hier schließt derAbnehmer mit einer Factoring-Gesellschaft einen Rah men -vertrag, in dem sich diese verpflichtet, die Forderungender Lieferanten anzukaufen und vorzufinanzieren. Da beiübernimmt der Factor für den Lieferanten auch das Risikoeines Zahlungsausfalls des Abnehmers. Dies führt zu einerSteigerung der Liquidität beider Partner, da die Kostengleichermaßen getragen und die Einsparungen aus demverkürzten Zahlungsziel des Lieferanten aufgeteilt werden.

Zur Person: Christian Michalak

Christian Michalak ([email protected]) verantwortet als Geschäftsführer Projektebeim Beratungsunternehmen Kerkhoff Consulting dieprojektübergreifende Planung und Steuerung von Be-ratungsaufträgen. www.kerkhoff-consulting.com

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Neue Wege beschreiten

Mit Open Innovation gestärkt aus der Krise

Von Reiner Fink, Geschäftsführer, DGM Deutsche Gesellschaft für Mittelstandsberatung mbH

Innovationen binden Ressourcen, benötigen Zeit, und der Wegvon der Idee zum erfolgreichen Produkt ist mit Unsicher hei -ten behaftet. Trotzdem führt an der Innovation gerade in Krisenkein Weg vorbei. Mehr noch: Je existenzieller die Krisensitu -ation, desto entscheidender ist die Fähigkeit, erfolgreich zuinnovieren. Und das mit knappen Mitteln und unter hohemZeitdruck. Hier kann Open Innovation eine Lösung bieten.

Interaktion statt AlleingangOpen Innovation ist interaktive Wertschöpfung. Das „in-novierende“ Unternehmen treibt dabei die Entwicklungneuer Produkte und Dienstleistungen nicht allein voran,sondern integriert ausgewählte Kunden – und gegebenen -falls andere Partner – in den Innovationsprozess. Daserfordert zwar einen entsprechenden Koordinationsauf-wand, führt aber zu einer Fülle von spürbaren Verbesse-rungen. So kann die Integration der Kunden in den Inno-vationsprozess die Verbesserung der Kundenbindungdurch maßgeschneiderte (Fit-to-Market) und neue (New-to-Market) Lösungen bewirken. Das Image kann aufge-wertet werden (Technologie- und Innovationsführer)und die Kosten können durch die Vermeidung sequen-zieller Entwicklungstätigkeiten und rekursiver Schleifendeutlich (Cost-to-Market) sinken. So kann das Unterneh-men Neuerungen schneller auf den Markt (Time-to-Mar-ket) bringen. Bekannte Beispiele der Open Innovation sindetwa die Online-Enzyklopädie Wikipedia oder Open-Source-Software wie Linux. Mittlerweile gibt es weltweitverschie dene Onlineplattformen, auf denen sich Unter-nehmen und Entwickler treffen. Die Unternehmen be-schreiben konkrete Aufgabenstellungen und nutzen dieEntwickler, um sich im Hinblick auf die Kapazität und dasgeballte Wissen temporär zu verstärken.

Für wen ist Open Innovation geeignet?Open Innovation ist gerade dann sinnvoll, wenn das Koope ra -tionspotenzial hoch ist und, wie für Krisensituationen ty pisch,auf schwache eigene Ressourcen trifft. Es ist zu prüfen,wie hoch das Entwicklungsrisiko ist und inwieweit es mit

dem Marktpotenzial kor -res pondiert (siehe Abb. 1).Um erfolgreich „offen“zu innovieren, müssen be-stimmte Voraussetzungengeschaffen werden. Diesebetreffen eine neue Innova-tionskultur, eine professio-nelle Kommunikation nachinnen und nach außen undselbstverständlich die An-passung der Organisation,vor allem der Prozesse mitklaren Verantwortlichkeiten,eindeutigen Schnittstellenund der nötigen Qualifizie-rung der eingebundenen Mitarbeiter. Und natürlich istder Umgang mit Schutzrechten (Patente/Markenrechte)zu regeln. Klingt kompliziert, ist es aber nicht: Richtig or-ganisiert, mit einfachen, stabilen Methoden und Disziplin

eingeführt, können die Vorteile klar überwiegen – geradein der Krise, wenn es nicht nur darum geht, die Kosten vonheute zu senken, sondern den Erfolg von morgen zu gestal -ten. So kann Open Innovation heute eine Methode derKrisenüberwindung sein und morgen eine sichere Stützeder Krisenabwehr werden.

Zur Person: Reiner Fink

Reiner Fink ([email protected]) ist Geschäftsführerder DGM Deutsche Gesellschaft für Mittelstandsbera-tung mbH. www.dgm-online.de

Offen Innovieren! Vorantreiben!

Verzichten! Selektieren!

Offen Innovieren! Vorantreiben!

Verzichten! Selektieren!

Ressourcenstärke

Marktattraktivität

Ris

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Kooperationspotenzialhoch gering

hochgering

hoch

gering hoch

gering

Abb. 1: Open Innovation

Quelle: DGM Deutsche Gesellschaft für Mittelstandsberatung mbH

Reiner Fink

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Strategie & M

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Verlustvermeidung durch CorporateTrading

Abschreibungen in Serviceleistungen umwandeln

Von Christian Kirschbaum, Senior Sales Director, Active International GmbH

Die Wirtschaftskrise 2009 bedeutete für fast alle Unter neh -men eine mehrfache Belastungsprobe: Umsätze konntennicht wie geplant realisiert werden, Lagerbeständeschwollen an und Erlöse blieben aus. Um Kosten zu sen-ken, reduzierten viele Firmen gleichzeitig ihre Marketingaus -gaben – wodurch sich überzählige Produkte noch schwerervermarkten ließen. Immer mehr Unternehmen in Deutsch-land, vor allem Mittelständler mit einem Jahresumsatzzwischen 50 und 800 Mio. EUR, wirken diesen Tendenzenaktiv entgegen: Sie wandeln durch Corporate Trading ab-schreibungsbedrohte Ware in Serviceleistungen um undschaffen Mehrwert durch Altware.

Aus der Praxis: Werbung „bezahlt“ mit überschüssigen KüchengerätenEin Hersteller von Küchen- und Haushaltsgeräten führteeine Reihe neuer Produkte ein, die in einem schwierigenMarktumfeld von den Verbrauchern in Deutschlandnicht angenommen wurden. Statt die Ware abzuschrei-ben, veräußerte der Hersteller sie an einen Corporate-Trading-Dienstleister, der die Artikel zum vollen Buch-wert von rund 450.000 EUR übernahm und sie an einEinzelhandelsunternehmen zum weit niedrigeren Markt-wert von 120.000 EUR weiterverkaufte. Der Erlös verbliebbeim Corporate-Trading-Dienstleister. Der Herstellererhielt für seine Ware stattdessen eine Handelsgut -schrift im Gesamtwert von 450.000 EUR. Diese kann erweltweit über den Corporate-Trading-Dienstleister fürdie unterschiedlichsten Serviceleistungen einlösen,beispielsweise für Media-, Druckleistungen oder Reise-und Übernachtungsmöglichkeiten. Die Services erhält

der Hersteller zu seinenüblichen Konditionen – eswird keine Gebühr oderÄhnliches erhoben. Indiesem Fall entschiedsich der Hersteller dazu,bis Ende 2009 Werbung imGesamtwert von 800.000EUR in Magazinen und TVzu schalten: 150.000 EURwurden über die Handels-gutschrift eingelöst, derRestbetrag von 650.000EUR in bar bezahlt. Die -ses Verhältnis ist typischfür das sogenannte Fulfill-ment: Etwa 80% einer beimCorporate-Trading-Dienst-leister eingekauften Leistung werden bar bezahlt, für20% kann die Handelsgutschrift eingesetzt werden. Endedes vergangenen Jahres verfügte das Unternehmen nochüber eine Handelsgutschrift im Wert von 300.000 EUR, diebis Ende 2011 eingelöst werden kann.

Ergebnis: Abschreibungen vermieden Das Unternehmen konnte Abschreibungen in Höhe von330.000 EUR vermeiden und sich unmittelbare Cashvor-teile sichern. Den Marktwert von 120.000 EUR hätte dasUnternehmen eventuell auch ohne die Zusammenarbeitmit einem Corporate-Trading-Dienstleister erlösen kön-nen – hätte dann aber 2009 knapp 150.000 EUR mehrCash für seine Werbemaßnahmen aufwenden müssen.Darüber hinaus profitiert das Unternehmen auch imlaufenden Jahr von seiner übrigen Handelsgutschriftim Wert von 300.000 EUR, für die es weitere Leistungenbeziehen kann.

Auf dem Weg zur Standard-FinanzlösungCorporate Trading entwickelt sich immer mehr zu einerStandard-Finanzlösung – vor allem für solche Unterneh -men, die im Verhältnis zu ihrem Umsatz hohe Beträge fürWerbung, Druck und Verpackung sowie Veranstaltungenund Hotelübernachtungen ausgeben.

Christian Kirschbaum

Zur Person: Christian Kirschbaum

Christian Kirschbaum (ckirschbaum@activeinternatio -nal.de) ist Senior Sales Director bei der Active Interna-tional GmbH, einem Anbieter für Corporate-Trading-Lösungen. Mit einem Jahresumsatz von 1,5 Mrd. USDist Active International in elf Ländern mit insgesamt600 Mitarbeitern tätig und betreut 1.500 Kunden, dar-unter in den USA die Mehrheit der Fortune-500-Unter-nehmen. www.activeinternational.de

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Fallstudie: Mit Private Equity aus dem Credit Crunch

SSB Group GmbH: Vom Produzenten im Windenergiesektor zumDienstleister

Der Ausstieg eines Großkunden brachte die in derWindener giebranche tätige SSB Group GmbH2007 nahe an den Nie der gang. Mit Hilfe der Pri -vate-Equity-Gesellschaft Parcom DeutschePrivate Equity (DPE) konnte dies nicht nurverhindert, sondern das Unternehmen auch fun-damental neu ausgerich tet werden. Mittlerweilekonzentriert es sich immer mehr auf Wartungs-dienstleistungen.

Schwer angeschlagen durch Ausstieg desGroßkundenVor vier Jahren war die SSB – damals noch un-ter dem Namen SSB Antriebstechnik GmbH &Co. KG – schwerpunktmäßig im Bereich Pitch-sys teme, die Rotorblattantriebe einer Wind-kraftanlage, tätig. Neben diesem Kerngeschäftprodu zierte das Unternehmen Motoren undGetriebe für die Maschinenbauindustrie. Das Geschäftlief seinerzeit gut, 2006 konnte die Firma aus dem nieder-sächsischen Salzbergen 92 Mio. EUR Umsatz verbuchen,davon etwa 75 Mio. EUR allein durch die Pitchsysteme.Doch genau in diesem umsatzstarken Kerngeschäft bahntesich ein strukturelles Problem an. Man war maßgeblichvon einem einzigen Kunden aus der näheren Umgebungabhängig, und als dieser sich aus strategischen Gründenfür ein Insourcing entschied, rutschte SSB innerhalb einesJahres in die roten Zahlen. „Der Umsatz ging von 2006 bis2007 auf 60 Mio. EUR zurück“, erinnert sich Ulrich Scho -makers, der damals frisch als CEO hinzustieß. Nun galt esdringend, eine neue Kundenbasis aufzubauen. Ein wich -tiger Markt wurde in China aufgetan – und auch andereNeukunden kamen überwiegend aus dem Ausland. DasLogistiksystem musste deshalb an die internationalen

Herausforderungen angepasst, die Fertigung in Qingdao/China aufgebaut werden. Gleichzeitig wurde mit der SSBService GmbH – einem Dienstleister im Bereich Wartungs -service für Windkraftanlagen nach deren Gewährleistungs -zeit – ein komplett neuer Geschäftsbereich aufgebaut.Angesichts hoher Fremdkapitalverschuldung wollten dieBanken dies jedoch nicht finanzieren. „Wir liefen Gefahr,Aufträge zu verlieren, da wir sie nicht vor finanzierenkonnten“, so Schomakers.

Beteiligungsgesellschaft übernimmt die MehrheitZum Glück hatte das Management einen nützlichen Kon-takt in der Hinterhand. Es wandte sich an Volker Hichert,der schon längere Zeit Mitglied des Beirates war und alsManaging Partner der Parcom Deutsche Private Equity(DPE) Beteiligungskapital zur Verfügung stellen konnte.„Ich war der Meinung, dass es sich lohnen würde, dieFirma aus ihrer finanziell schwierigen Lage zu befreien“,erklärt Hichert. Im Juli 2008 gab DPE bekannt, rückwirkendzum 1. Januar die Mehrheit an der SSB Group erworbenzu haben. Das Management – CEO Schomakers und CFOMarkus Spitzer – beteiligten sich mit einer Minderheitvon unter 20%. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigenvereinbart. Der neue Eigentümer handelte sofort. „Wirhaben zu allererst die Banken vollständig befriedigt undso ihren Einfluss auf das Unternehmen ausgeschaltet“,

Die SSB Group will mit ihrer Dienstleistungssparte, dem Wartungsservice für Windkraftanlagen, hochhinaus.

Kurzprofil: SSB Group GmbH

Gründungsjahr: 1970Branche: Windenergie und AntriebssystemeUnternehmenssitz: SalzbergenMitarbeiter: 650 (inklusive SSB Wind Systems)Umsatz 2009: 41 Mio. EUR

(ohne SSB Wind Systems)Internet: www.ssb.eu

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Fallstudien

so Hichert, und Schomakers ergänzt: „DPE löste dasFremdkapital komplett durch Gesellschafterdarlehenund Eigenkapital ab.“

Komplette Umstrukturierung Auch die Unternehmensstruktur bekam ein Facelift:Mitte 2009 wurde der Windenergiebereich in die SSBWind Systems GmbH & Co. KG umbenannt, die An -triebs technik unter dem Namen SSB Dura drive GmbHals eigen stän dige Tochter ausgegliedert – die SSB Ser -vice GmbH war ja von Anfang an selbstständig. Scho -makers übernahm zusätz lich zu sei ner CEO-Funktionden Pos ten als Geschäftsführer der Dienstleistungs -sparte. Mit dem Kapital von DPE konnte auch der Wachs -tumskurs beschleu nigt werden, besonders in China.„Die SSB Wind Systems kon nte dort pro Jahr den Um -satz verdoppeln, von 5 Mio. EUR im Jahr 2007 auf zuletztfast 40 Mio.“, freut sich Scho makers. Und so blieb auchdas Minusjahr 2007 eine einmalige Angelegenheit für dieSSB Group.

„Als Exitszenario wäre ein Börsengang vorstellbar“

Interview mit Volker Hichert, Managing Partner, Parcom Deutsche Private Equity

Unternehmeredition: Herr Hichert, die SSB Wind Sys temswar das Kerngeschäft der SSB Group und machte denweitaus größten Anteil des Umsatzes aus. Warum ver-kauften Sie sie trotzdem Ende November an Emerson?Hichert: Von Anfang waren wir uns bewusst, dass das zyk -lische Geschäft der SSB Wind Systems keine fünf- bis zehn -jährige Investition sein wird, wie wir es hingegen bei derSSB Service anstreben. Dazu bewegt es sich zu stark inRichtung eines internationalen Großkonzern geschäf tes –Bosch oder Siemens beispielsweise bauen derzeit eigeneSysteme auf, der Markt wird neu verteilt. Bevor unsereMarktanteile verfallen und das Firmenwachstum im bis -herigen Maß nicht mehr aufrecht zu erhalten sein wird,wollten wir lieber zu einem guten Preis verkaufen.

Unternehmeredition: Warum bekam Emerson denZuschlag?Hichert: Einerseits haben sie – relativ trivial – den bes tenPreis geboten, und andererseits hatten wir den Eindruck,dass wir mit Emerson auch anschließend gut zusammen-arbeiten können. Wir haben ja weiterhin noch Berührungs-punkte mit der SSB Wind Systems: Die SSB Duradrive lie-fert dort zu, und die SSB Service nimmt bestimmte Pro -dukte ab. Von daher war es für uns wichtig, dass wir einenKäufer finden, der in Zukunft auch ein Partner sein wird.

Unternehmeredition: Welches Exitszenario können Siesich für Ihre übrigen Beteiligungen an der SSB Groupvorstellen?Hichert: Als Exitszenario wäre ein Verkauf an einen Stra -tegen vorstellbar, aber durchaus auch ein Börsengang.

Die Wachstumsraten insbe -sondere der Servicesparteversprechen in den nächs -ten zehn Jahren sehr hochzu sein, weil für viele tau-send Anlagen pro Jahr dieGewährleistung ausläuft.Wenn wir unsere starkePo sition im Markt behaup -ten oder sogar ausbauenkönnen, kann SSB lang fris -tig den Zugang zum Kapi-talmarkt gut gebrau chen –sowohl für die Finan zie rungdes organischen Wachs-tums als auch die Übernahme von Mitbewerbern.

Unternehmeredition: Welche Unternehmen stehen dennbesonders in Ihrem Investmentfokus? Hichert: Wir interessieren uns sehr stark für Dienstleis -tungsunternehmen, sowohl für Prozess- als auch techni -sche Dienstleister. Restrukturierung ist dabei jedoch nichtunser Kerngeschäft, Sanierungsfälle wie die SSB sind ehereine Ausnahme. Wir finanzieren mit Vorliebe klassischesWachstum oder Buy-outs und sind dabei sowohl zu Mehr-als auch Minderheitsbeteiligungen bereit.

Unternehmeredition: Herr Hichert, vielen Dank für dasGespräch!

Das Interview führte Esther [email protected]

Volker Hichert

Verkauf der WindenergiesparteDoch die Umstrukturierung der Gruppe war damit nicht ab -geschlossen. Im November 2009 wurde die SSB Wind Sys -tems an die amerikanische Emerson Electric Co. verkauft.Das damalige Kerngeschäft der SSB Group erwirtschafte-te 2009 bis zum Zeitpunkt des Verkaufs etwa 82 Mio. EUR,wird nun aber vom boomenden Service ersetzt. „Wirsind dort innerhalb von drei Jahren auf 23 Mio. EUR Um-satz und 150 Mitarbeiter angewachsen – 2010 sind schon28 Mio. EUR geplant, 2012 wollen wir auf 46 Mio. EUR ver-doppeln“, verrät Schomakers die hoch gesteckten Ziele. AnDPE sollte das auch nicht scheitern, auch wenn sie für denServicebereich ebenfalls wiederholt Kaufangebote erhal -ten. „Wir denken, dass wir in den nächsten fünf Jahren mitunseren Mitteln ein sehr solides globales Unternehmenaufbauen können, des halb nehmen wir diese Gesprächs-möglichkeiten derzeit nicht wahr“, erläutert Hichert.

Esther [email protected]

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Fallstudie: Management Buy-out ausder Insolvenz

Mabeg Systems GmbH: Zulieferer für grafischen Maschinenbau wagt Neu-anfang mit Beteiligungsgesellschaft

Als Spezialmaschinenbauer für die grafische Industrie wur-de die Mabeg Systems GmbH (damals noch unter anderemNamen) in der Finanz- und Wirtschaftskrise schwer vonAuftragseinbrüchen getroffen und musste Anfang 2009Insolvenz anmelden. Nun übernahm das Managementzusammen mit der Beteiligungsgesellschaft Prolimity dasUnternehmen.

Krise und hausgemachte ProblemeSeit 60 Jahren entwickelt die im hessischen Mörfelden-Walldorf ansässige Mabeg Maschinen zum Papiertrans -port, sogenannte Bogenanleger, Rollenschneider undmodulare Inspektions- und Drucksysteme. „Wir kons -truieren und montieren, aber produzieren nicht selbst“,erklärt Michael Grübel, seit November 2008 bei Mabegund mittlerweile geschäftsführender Gesellschafter. DieKunden sind vorwiegend Maschinenbauer aus der grafi-schen Industrie – einer Branche, die in der Krise starkgeschwächt wurde. „So hatten wir in den letzten zweiJahren Auftragseinbrüche von jeweils 50%“, so Grübel.Hinzu kamen hausgemachte Probleme: Die Firma hattein guten Jahren keine Eigenkapitalbasis aufgebaut, dieLager waren stets mehr als nötig gefüllt und eine chinesi-sche Tochtergesellschaft wurde komplett aus dem Cash-flow der deutschen Mutter finanziert. Als dann die Finan-zierungen der Banken Anfang 2009 zeitgleich ausliefen,reduzierten diese ihre Engagements angesichts der schlech -ten Zahlen von 2008. Die Kurzarbeit ab Januar 2009 brachteauch keine Rettung mehr – am 7. April 2009 musste Insol-venz beantragt werden.

Beteiligungsgesellschaft wird aufmerksamVon da an gingen sämtliche Aufträge, Rechnungen undAuszahlungen über den Tisch des Insolvenzverwalters,die Belegschaft wurde von rund 80 Mitarbeitern auf ak-tuell 39 reduziert. Dann jedoch wurde eine Frankfurter

Beteiligungsgesellschaft hellhörig: Die junge ProlimityGmbH war auf der Suche nach einem geeigneten Invest-ment, Gründungspartner Bernd Sexauer gefiel Mabeg so-fort. „Die Insolvenzverwaltung mussten wir jedoch erstüberzeugen, dass wir keine Leichenfledderer sind und dasUnternehmen nicht zerschlagen wollen.“ Beim Manage-ment jedoch stießen sie auf offene Ohren. Jens Gebel, zudem Zeitpunkt zweiter Geschäftsführer, und der damalsnoch kaufmännische Leiter Michael Grübel waren von derIdee, gemeinsam mit Prolimity einen Management Buy-outzu wagen, begeistert – „ich sah darin eine riesige Chance“,so Grübel.

100%-Übernahme durch Asset DealKurz vor Weihnachten war man schließlich handelseinig:Rückwirkend zum 1. November 2009 übernahm Prolimityin Form eines Asset Deals Wirtschaftsgüter und das vor-handene Personal zu 100%. Gebel und Grübel beteiligtensich mit einer qualifizierten Minderheit von mehr als 25%.„Dass wir den Zuschlag bekamen, lag vornehmlich daran,dass wir ein schlüssiges und durchfinanziertes Gesamt-konzept vorlegten und als einzige bereit waren, die Beleg-schaft komplett zu übernehmen“, erläutert Sexauer. Dieneuen Eigentümer haben sich vorgenommen, dieses Jahrin die schwarzen Zahlen zurückzukehren. „Da das Produkt -programm technisch ausgereift ist, konzentrieren wir unsauf die Optimierung des Vertriebs, wo bisher nur auf ein-gefahrene Kundenstämme gesetzt wurde“, so Sexauer.Etwa drei bis fünf Jahre plant er üblicherweise mit an Bordzu bleiben, danach sei ein Verkauf an einen Wettbewerber,Kunden oder anderen Finanzinvestor vorstellbar. Jedoch:„Die mehrheitliche Übernahme durch das Managementwäre unser aller Wunschszenario.“

Esther [email protected]

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Kurzprofil: Mabeg Systems GmbH

Gründungsjahr: 1946 Branche: Spezialmaschinenbauer Unternehmenssitz: Mörfelden-Walldorf/HessenMitarbeiter: 39Umsatz 2009: k.A.Internet: www.mabeg-systems.de

Mabeg-Firmensitz in Mörfelden-Walldorf: Ein Asset Deal ermöglichte die Fortführungdes Unternehmens.

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Fallstudien

Seit 2004 kränkelte der Spezialmaschinenbauer Kammann,er litt unter einer enormen Fremdkapitallast und sah zudemin seinem Hauptgeschäftsfeld die Umsätze zuletzt auf nahe -zu null schrumpfen. Nach der Insolvenz im Oktober 2009wagt das Management jetzt einen Neuanfang mit Hilfe derPerusa GmbH.

Umsatzrückgang um 75%Drei Anwendungsmöglichkeiten decken die Druckmaschi -nen von Kammann ab: Optical Discs (CDs und DVDs),Hohlkörper aus Glas und Kunststoff (sog. Container) undder Rollendruck, z.B. für Etiketten oder technisches Drucken(sog. Web). Mit dem Aufkommen der CD konzentriertesich das Unternehmen zunehmend auf diese Tätigkeit, diezur Hochzeit im Jahr 2004 sogar 80% des Umsatzes aus-machte. Zum selben Zeitpunkt veräußerte der Sohn desGründers Werner Kammann, Wilfried Kammann, seine Firmaan einen Finanzinvestor – eine große Fremdkapital belas -tung für das Unternehmen. Und dann kam mit iTunes & Co.der Niedergang der Optical Discs. „Seit der Übernahme istder Umsatz um 75% zurückgegangen, von 85 Mio. EUR imJahr 2004 auf 18 Mio. EUR 2009“, so Matthias Graf, der imJanuar 2009 in die Geschäftsführung von Kammann stießund seitdem zusammen mit Dr. Christian Maas das Unter-nehmen leitet. Die neue Führung entwickelte trotz Krise dieumsatzstarke Universal-Siebdruckmaschine Kammann K15CNC als Ausgleich zum wegbrechenden Optical-Discs-Be-reich. „Vor uns war niemand dazu in der Lage“, sagt Graf.

Management und Beteiligungsfonds finden zueinanderDoch die Finanz- und Wirtschaftskrise trieb Kammann am8. Oktober 2009 in die Insolvenz. InsolvenzverwalterHans-Peter Burghardt unterstützte den schon vor derInsolvenz bestehenden Plan, das Unternehmen zu ver-kaufen und durch eine übertragende Sanierung zu retten.

Am 1. April 2010 schließlich übernahm der Perusa PartnersFund I L.P., beraten durch die Perusa GmbH, zusammenmit den Vorständen Graf und Maas, die nun jeweils 10%halten, das Unternehmen. „Uns überzeugte die jahrzehnte-lange Produkt-Markt-Historie, und der Aufbau einer neuenProduktlinie zeigte uns, dass die Firma unverändert inno -va tionsfähig ist und ein hervorragendes Managementhat“, legt Perusa-Gründungspartner Dr. Christian Hollen-berg dar. Allerdings wurden in der Insolvenz 90 von 250Stellen gestrichen.

Konzentration auf die Keimzelle Container-DruckVerschlankt soll das Unternehmen nun neu ausgerichtetwerden. „Wir konzentrieren uns jetzt auf den Container-Druck, der bisher stiefmütterlich behandelt wurde. Durchdie neue Produktfamilie können wir uns weiterhin im Marktbehaupten und sogar der dominierende Teilnehmer wer-den“, hofft Graf. Mit Zahlen sei er aber noch vorsichtig.Perusa steht dabei unter anderem bei der Vertriebsinitia-tive mit Rat und Tat zur Seite. „Wir legen unseren Fokusstark auf den Umsatz, und – was für eine Sanierung eherungewöhnlich ist – nicht auf die Kosten, obwohl diesenatürlich trotzdem diszipliniert werden müssen“, erläutertHollenberg, der als mittelfristiges Ziel „die Entwicklungeines zweiten Blockbusterproduktes neben der K15 CNC“nennt. Bis zu sieben Jahre wolle er mit Perusa beteiligtbleiben: „Wir hätten aber auch noch länger Zeit.“ Im Ta -ges geschäft lasse er dabei dem Management völlig freieHand: „Sie haben bewiesen, dass sie das können.“

Esther [email protected]

Fallstudie: Übertragende Sanierung mitHilfe eines Finanzinvestors

Kammann Maschinenbau GmbH: Spezialist wagt Management Buy-outaus der Insolvenz

Kurzprofil: Kammann Maschinenbau GmbH

Gründungsjahr: 1955Branche: Spezialmaschinenbau Unternehmenssitz: Bünde/WestfalenMitarbeiter: 160Umsatz 2009: 18 Mio. EUR Internet: www.kammann.de

Die Universal-Siebdruckmaschine K15 CNC ist das verkaufsstärkste Produkt derKammann Maschinenbau GmbH.

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“74 www.unternehmeredition.de

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Fallstudie: Insolvenzplanverfahren inEigenverwaltung

AE Group AG: Automobilzulieferer meistert die Insolvenz aus eigener Kraft

Die AE Group AG hatte als Automobi l zulieferer inder Finanz- und Wirtschaftskrise mit typischen Prob-lemen zu kämpfen: Die Auftragsvolumina brachenein, der Umsatz rutschte in den Keller. Als dasUnternehmen schließlich Insolvenz anmeldenmusste, wählte es dabei den bisher seltenen Wegdes Planver fahrens in Eigenverwaltung. Nachnur vier Mona ten war der Turnaround geglückt.

Wachstum nur auf FremdkapitalbasisDas Geschäft einer Aluminium-Druckgießerei istsehr kapi talintensiv. „Für jeden Euro Umsatz, denwir generieren, müssen wir einen Euro investie-ren“, stellt Gerhard Anken bauer, Vorstand derAE Group, klar. Als er 1989 zusammen mit seinemKollegen Günter Engelbrecht das Unternehmenim Rahmen eines MBO erwarb, machte es 12 Mio.DM Um satz. Mittlerweile in eine AG umgewan -delt, erwirtschaf tete es 2008 fast 150 Mio. EURund unterhielt Standorte in Polen und den USA. Finanziertwurde das fast ausschließlich mit Fremdkapital. Als Ende2008 der Umsatz aufgrund der Krise um 50% einbrach, wur -den die Banken nervös. „Das Problem war, dass wir insge -samt 14 Bankenpartner hatten und es unmöglich war, dieseauf eine Linie zu bekommen“, erklärt Ankenbauer. So bliebnur die Insolvenz, der Aufsichtsrat wandte sich frühzeitigan den darin erfahrenen Rechtsanwalt Andrew Seidl, derim Februar 2009 als zweiter Vorstand neben Ankenbauereingesetzt wurde. „Spätes tens im März war klar, dass wireine Einigung mit den Banken wegen der Höhe eines wei-teren Sanierungsdarlehens nicht werden erzielen können,und zogen die Notbremse“, erinnert sich Seidl.

Eröffnung der InsolvenzAm 1. April 2009 leitete die AE Group die Insolvenz bewusstein, um sich über das Insolvenzplanverfahren in Eigenver -waltung zu sanieren. Hierbei wird die Gesellschaft vom

Ballast der Vergangenheit, sprich von den Verbindlichkeitenbefreit. Der Vorteil für die Gläubiger ist eine gegenüber dernormalen Insolvenz höhere Befriedigungsquote. Die Son der -form der Eigenverwaltung besagt, dass das Unternehmendie Insolvenz in Eigenregie durchführt, ohne dass ein Insol -venzverwalter die Entscheidungskompetenz übernimmt.Das Insolvenzgericht stimmte dem Antrag der AE Groupzu, sodass die Insolvenz offiziell am 1. Juli eröffnet wurde.

Turnaround nach nur vier Monaten Mit Rechtsanwalt Seidl hatte die AE Group einen Profi fürInsolvenzplanverfahren an der Hand, dessen Kanzlei bun -desweit schon über 100 Planverfahren abgewickelt hatte.Zusammen mit Ankenbauer wurde sofort eine radikaleZäsur gemacht: Das Werk im amerikanischen Georgiawurde geschlossen – „außerhalb der Insolvenz hätte unsdas 6,5 Mio. EUR gekostet“, so Seidl – und die Produktionin Gerstungen zum 30. April 2010 nach Polen und Untersuhlverlagert. Insgesamt 400 Stellen wurden abgebaut. AlleKunden sind bei der Stange geblieben, da sie über eineaktive Kommunikation in den Prozess einbezogen wurden.Im Eiltempo schritt der Insolvenzprozess voran. Schon am29. Oktober 2009 stimmte die Gläubigerversammlung demSanierungskonzept zu: „Es sah einen Gläubigerverzichtvon 97% der Gesamtverbindlichkeiten vor, alles in allemmussten die Banken auf 80 Mio. EUR verzichten“, räumtSeidl ein. Von den ursprünglich 14 Bankenpartnern sind

Kurzprofil: AE Group AG

Gründungsjahr: 1989Branche: Automobilzulieferer Unternehmenssitz: GerstungenMitarbeiter: 800Umsatz 2009: 85 Mio. EURInternet: www.ae-group.de

Der Automobilzulieferer AE Group gießt geschmolzenes Aluminium zu Motorteilen.

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 75www.unternehmeredition.de

Fallstudien

heute nur noch die DKB und die IKB geblieben, die DKBist mit 49% sogar Hauptgesellschafter. „Bankenfinanzie-rungen laufen heute komplett über die DKB“, so Seidl.

Nachfolgelösung als nächste HerausforderungSeit 31. Dezember 2009 nun ist AE Group AG offiziell nichtmehr insolvent, weiterhin „künstlich“ in Insolvenz befin-den sich die Tochterfirmen. „Um sie dieses Jahr noch kom -plett aus diesem Zustand zu holen, müssen noch neueGesellschaften gegründet werden, in die sie sukzessivetransferiert werden“, erläutert Ankenbauer. Tief stapelnwill man bei der AE Group dennoch nicht: „Wir erwarten

dieses Jahr 95 Mio. EUR Umsatz, also 10 Mio. mehr als2009“, sagt Seidl. Er möchte als Interim Manager dasUnternehmen noch so lange begleiten, bis die Restruk -turierung beendet ist. „Das wird wahrscheinlich Ende2010 bis Mitte 2011 der Fall sein.“ Ankenbauers Vertragläuft bereits im Juli aus, die Suche nach einem Nachfolgerläuft. Ganz vom operativen Geschäft möchte sich der Ruhe -ständler in spe jedoch nicht verabschieden: „Ich werdewahrscheinlich dann in den Aufsichtsrat wechseln.“

Esther [email protected]

„Viele Insolvenzverfahren leiden darunter, dass die falschen Verwalter

eingesetzt werden“

Interview mit Andrew Seidl, Rechtsanwalt und Interimsvorstand, AE Group AG

Unternehmeredition: Herr Seidl, seit seiner Einführung1999 wurde das Planverfahren deutschlandweit bis 2008in weniger als 1% der Insolvenzfälle angewendet. Warumnur so selten?Seidl: Das Hauptmanko ist, dass die meisten nicht so weit -sichtig sind wie die AE, wo schon Monate vorher derPlan B vorbereitet wurde. Handelt der Unternehmer zuspät, ist die Zerschlagung durch den Insolvenzverwalterschon fast vorprogrammiert. Zudem sind zwar einigeInsolvenzverwalter hochqualifizierte Sanierungsexper-ten, doch 80% fehlt es am Sanierungs-Know-how. Diemeisten sind reine Juristen ohne jegliche betriebswirt-schaftliche Ausbildung. Für sie ist eine Sanierung vielzu aufwendig und riskant. In vielen Fällen wird auf dieSchnelle ein Käufer gesucht, der das Unternehmen quasigeschenkt bekommt. Findet sich kein Interessent, erfolgtdie Zerschlagung. Viele Insolvenzverfahren leiden dar-unter, dass die falschen Verwalter eingesetzt werden.

Unternehmeredition: Was spricht denn für ein Insolvenz -planverfahren?Seidl: Die Insolvenz dient nach der Vorstellung des Gesetz -gebers der bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger. Un-ter diesem Aspekt ist ein Insolvenzplan immer von Vor teil,denn dort müssen die Gläubiger gesetzlich besser gestelltwerden als bei einem Regelverfahren. Außerdem dauertein Regelverfahren mindestens fünf bis sieben Jahre, beimPlanverfahren bekommen die Gläubiger ihr Geld imSchnitt schon nach drei bis vier Monaten. Für die Anteils -eigner selbst hat es den großen Vorteil, dass sie nichtenteignet werden und das Unternehmen erhalten bleibt.

Unternehmeredition: Warum wurde bisher nur eine Hand-voll der Planverfahren in Eigenverwaltung durchgeführt?Seidl: Das liegt zu 95% am Insolvenzverwalter, denn vomGesetz wird es ja gefördert. In der Eigenverwaltung habeich lediglich einen Sachverwalter. Dieser verdient jedoch

nur 60% dessen, was einInsol venzverwalter erhält.Deshalb kann ich mir durch -aus vorstellen, dass ausmonetären Gründen dervorläufige Insolvenzver-walter eine Eigen ver wal -tung eher verhindert. Derandere Punkt ist die Außen -darstellung: Als Insolvenz -verwalter steht man alsder Retter und Sanie rerin der Presse, bei der Ei-genverwaltung spielt manplötzlich die zweite Geige.Da haben viele meiner Berufskollegen ein Egoproblem.

Unternehmeredition: Was sprach denn bei der AE GroupAG für dieses Verfahren?Seidl: Wir hatten unser Sanierungskonzept schon erar-beitet und wussten, dass es bei der damaligen Banken-struktur ohne Insolvenz nicht zu verwirklichen war. DieInsolvenz war als Sanierungszeitraffer erforderlich, umdie notwendigen Maßnahmen wie z.B. Gläubigerver-zichte, Werksschließungen, Personalabbau etc. durch-zusetzen. Ohne hätte uns das Millionen gekostet. Undwelcher Kapitalgeber bezahlt schon gern die Fehlstel -l ungen aus der Vergangenheit, anstatt in die Zukunft zuinvestieren? Durch das Planverfahren kann man ihm dieSicherheit geben, dass sein Geld für eine zielgerichteteund zukunftsorientierte Sanierung verwendet wird. Esbedarf aber stets einer sorgfältigen Vorbereitung.

Unternehmeredition: Herr Seidl, herzlichen Dank fürdas Gespräch!

Das Interview führte Esther Mischkowski. [email protected]

Andrew Seidl

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“76 www.unternehmeredition.de

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Fallstudie: Neustart nach der Insolvenz

Sphairon Access Systems GmbH: Übertragende Sanierung einesTelekom-Ausrüsters

Der Name Sphairon steht in der Telekommuni-kationsbranche seit rund einem Jahrzehnt für in-novative Produkte und hochkarätige Kunden.Fehlgeschlagene Auslands investitionen, aberauch der Einbruch der Weltkonjunktur stürztendas Unternehmen in eine Liquiditätskrise. DerWeg zum Insolvenzrichter brachte dann dieChance für den Neuanfang. Mit einem indischenFinanzinvestor als neuem Mehrheitseigner stehendie Zeichen nun wieder auf Wachstum.

Aus der Erfolgsspur gerissenDie Sphairon Access Systems GmbH war zurJahr tau send wende im Zuge eines MBOs ausdem Philips-Konzern hervorgegangen undkonnte binnen kurzer Zeit namhafte deutscheund internationale Telekomkon zerne zu ihren Kundenzählen. Zwei Jahre nach der Gründung übernahm manzudem die Wireless-Produkt sparte der Jenoptik AG, diegleichzeitig Mitgesellschaf ter des Unternehmens wurde.Aufgrund der Kontakte des früheren Hauptgesellschaf-ters IBG stand nach dem Ende des Irak-Kriegs sogar derMarkt in Nahost auf der Agenda. Das allerdings erwiessich als teurer Fehlschlag. Gleichzeitig verlor die Wire-less-Technologie an Attraktivität, und wenig später ginginfolge des Konjunktur einbruchs auch noch das Ge -schäft mit den Telekom-Großkonzernen deutlich zurück.„Im Jahr 2008 hatte sich der Umsatz gegenüber dem Vor-jahr nahezu halbiert, und 2009 stand erneut ein Minusvon über 30% zu Buche“, erinnert sich GeschäftsführerUwe Bartsch.

Frisches Kapital nach der InsolvenzDas Kerngeschäft konzentrierte sich zu diesem Zeitpunktbereits auf die drahtgebundene Zugangstechnologie (ISDN,

DSL und Business-CPEs) – ein attraktiver Markt, in den aberimmer wieder investiert werden muss. Umso bedrohlicherwar es, dass sich das Unternehmen zunehmend mit Liqui -ditätsengpässen konfrontiert sah. Konsequenz: Am 17.Dezember 2009 musste die Sphairon Access Systems GmbHInsolvenz anmelden. Diese Entscheidung brachte aber

auch Zeit zum Atemholen. Nicht minder wichtig war es,dass die Insolvenzverwalterin dem Unternehmen einengesunden Kern attestierte und zudem einen hohen Auftrags -bestand vorfand. Zunächst aber galt es, die Kunden vonkurzen Zahlungszielen zu überzeugen und die Geschäfts-beziehungen zu den Lieferanten aufrecht zu erhalten. „Wirhaben in dieser Zeit quasi von der Hand in den Mund gelebt,konnten aber die Mitarbeiter ebenso halten wie alle Groß -kunden und den überwiegenden Teil der Lieferanten undDienstleister“, berichtet Bartsch. Parallel dazu wurde die

Der Unternehmenssitz von Sphairon Access Systems in Bautzen

Kurzprofil: Sphairon Access Systems GmbH

Gründungsjahr: 2000Branche: Telekom-AusrüsterUnternehmenssitz: BautzenMitarbeiterzahl: ca. 200Umsatz 2009: ca. 35 Mio. EURInternet: www.sphairon.com

Genauigkeit zählt: Detailarbeit bei Sphairon Access Systems

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 77www.unternehmeredition.de

Fallstudien

Beratungsgesellschaft BDP mit der Investorensuchebeauftragt. Den Zuschlag aus einem umfangreichen Kan -di datenkreis erhielt im März der indische FinanzinvestorSandalwood, der gemeinsam mit dem Management(40% der Anteile) die Sphairon Technologies GmbHgründete. Entscheidend für dieses Plazet war nicht zu-letzt, dass die Strategie der Investoren auf den Erhaltdes Standorts Bautzen und der Arbeitsplätze abzielte.

Optimistisch in die ZukunftDie Sphairon Technologies GmbH erwarb im Zuge einerübertragenden Sanierung die für die Fortführung des Kern -

geschäfts notwendigen Assets. Nicht übertragen wurdendas Wireless-Geschäft und die Auslandsniederlassungen.Das Management weiß nun einen Teilhaber an seinerSeite, der in der Telekom- und Halbleiterbranche bereitsin Asien und den USA investiert hat. Aus diesen Beteili-gungen sollen in Beschaffung, Fertigung und Vertriebbeachtliche Synergien entstehen. „Vor allem aber könnenwir nun gemeinsam mit einem kapitalstarken Investorwieder in das Wachstum investieren“, sagt Bartsch.

Norbert [email protected]

„Die Stärkung des Eigenkapitals ist das Gebot der Stunde“

Interview mit Dr. Michael Bormann, Gründungspartner, BDP Venturis

Unternehmeredition: Herr Dr. Bormann, warum war beiSphairon eine „harte Sanierung“ über den Weg der Insol -venz die Ultima Ratio?Bormann: Sphairon hatte nicht zuletzt infolge des Kon-junk tureinbruchs in den vergangenen zwei Jahren mit star -ken Umsatzeinbrüchen zu kämpfen und brauchte drin-gend Liquidität. Wir als zunächst vom Unternehmen selbstmit der Sanierung beauftragte Berater haben das Bemühen,Fresh Money beispielsweise auch unter Einbe ziehung ei-ner Landesbürgschaft einzuwerben, intensiv unterstützt.Doch der Hauptgesellschafter sah sich nur bedingt in derLage, die von den Banken geforderten zusätz lichen Eigen-leistungen bereitzustellen. Ebenso schei terten Gesprächemit externen Investoren letztend lich an den Bedingungender Kreditinstitute. Schließlich mussten wir einsehen, dasswir dem Unternehmen mit den notwendigen Sanierungs -maßnahmen jegliche Zukunftsperspektive nehmen würdenund als Alternative nur der Gang in die Insolvenz blieb.

Unternehmeredition: Was waren die entscheidendenWeichenstellungen für den Turnaround?Bormann: Im Zuge des Insolvenzverfahrens kann sichdas Unternehmen durch Vertragskündigungen und dieNeuverhandlung von Verbindlichkeiten finanziell Luftverschaffen. So konnte Sphairon während der vorläufigenInsolvenz Miet- und Leasingzahlungen stoppen, währendLöhne und Gehälter von der Bundesagentur für Arbeitbestritten wurden. Gleichzeitig begann BDP im Auftragder Insolvenzverwalterin mit der Suche nach Investoren.Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr, also kurznach dem Insolvenzantrag am 17. Dezember, haben wirin konstruktiven Beratungen die Weichen gestellt und inden darauf folgenden Wochen 25 potenzielle Investorenangeschrieben. Mit acht bis neun ernsthaft interessiertenKandidaten – vor allem aus dem Ausland – wurden danachintensive Verhandlungen geführt. Dieser Auswahlpro-zess inklusive Due Diligence dauerte nur drei Monate,und bis zum Stichtag im März 2010 hatten vier Investo-ren ein verbindliches Angebot abgegeben. Die Entschei-dung für den indischen Finanzinvestor Sandalwood ge-nehmigte vor der endgültigen Vertrags unterzeichnung

ein vorläufiger Gläubiger -ausschuss, dem drei Lie-feranten, ein Entsandterder Banken sowie einVer treter der Belegschaftangehörten. Dank der vondem Investor bereitgestell -ten Kapitalausstattungkann die aus der über tra -genden Sanierung hervor -gegangene neue Sphaironnun wieder mit vernünf-tigen Kapitalkosten soproduzieren, dass sie amWeltmarkt wettbewerbs-fähig ist.

Unternehmeredition: Wo sehen Sie im derzeitigenMarktumfeld generell besondere Herausforderungenfür eine Restrukturierung?Bormann: Die fehlende Liquidität wirkt noch immer alsHauptbremse. Die Märkte sind nach der EU-Krise wiedersehr verunsichert, und es herrschen große Zweifel, obwir wirklich so schnell aus dem Konjunkturtal heraus-kommen wie erhofft. In einzelnen Branchen geht es zwaraufwärts, aber auch da ist die Vorratsfinanzierung nichtzuletzt wegen der gestiegenen Rohstoffpreise ein Riesen -problem. Und wenn wir doch noch einmal einen erneutenAbschwung überstehen müssen, brauchen die Unter-nehmen auch dafür ein Finanzpolster. Die Stärkung derEigenkapitalseite ist also das Gebot der Stunde. Für denMittelstand eminent wichtig sind deshalb auch die ineinzelnen Bundesländern aufgelegten Finanzierungs-programme, die eine Kombination aus verbürgten Dar-lehen und stillen Beteiligungen der MittelständischenBeteiligungsgesellschaften bieten.

Unternehmeredition: Herr Dr. Bormann, vielen Dankfür das Gespräch.

Das Interview führte Norbert [email protected]

Dr. Michael Bormann

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“78

Serie „Vermögensanlage für Unternehmer“

Teil 3: Neue Risikofaktoren für eine langfristige Vermögensplanung

Von Michael Stammler, Sprecher der Geschäftsführung, Feri Family Trust GmbH

Zunächst sah alles so aus, als hätten wir die Finanz- undWirtschaftskrise endlich hinter uns gebracht. Doch andert-halb Jahre nach der Lehman-Pleite wurden wir als Zeugendes dramatischen Kampfes um den Euro brutal daran er-innert, dass trotz Konjunkturerholung schwer wiegendestrukturelle Probleme noch lange nicht gelöst sind. MitKonjunkturprogrammen und dem Fluten der Märkte mitLiquidität haben die Regierungen und Notenbanken einenweiteren Absturz der Konjunktur zunächst verhindert. Da-bei ist noch nicht sicher, ob der Aufschwung nach dem all-mählichen Auslaufen der Konjunkturpakete robust genugist, um sich selbst zu tragen. Eines dagegen steht fest: DerKampf gegen die Rezession hat die Verschuldung der meis -ten westlichen Länder in Schwindel erregende Höhen getrie -ben und damit Probleme in die Zukunft verlagert. Bei einerlangfristigen Vermögensplanung müssen so ganz neueRisikofaktoren bedacht werden.

Staatsverschuldung sprengt Maastricht-GrenzenWie wir wissen, ist Staatsverschuldung ein Phänomenmit sehr alter Tradition. Neu ist allerdings das Tempo,mit der zuletzt die Verschuldung gestiegen ist. Lag die

durchschnittliche Staatsverschuldung in der Eurozone imJahr 2007 noch bei 66% des Bruttoinlandsprodukts, so wirdsie in diesem Jahr vermutlich die 80%-Marke übersteigen.Die Einhaltung des Maastricht-Vertrags, der die Staats-verschuldung auf 60% der Wirtschaftsleistung begrenzt,ist damit in weite Ferne gerückt.

Risiken und Krisen werden zur NormalitätWorauf müssen wir uns als Kapitalanleger einstellen?Zunächst einmal: Es gibt nur wenige noch sichere Anla-gen auf der Welt. Eine Anlage am Geldmarkt bringt kaumnoch Rendite, nach Inflation bleibt sogar überhaupt nichtsmehr übrig. Wegen der drastisch gestiegenen Staatsver-schuldung besteht inzwischen sogar für einige Staaten inder Eurozone ein signifikantes Ausfallrisiko. Langfristigist die hohe Verschuldung bei weitem nicht tragfähig.Wie aber kann der Staat das Problem angehen? Hierfürgibt es grundsätzlich fünf Möglichkeiten: Reduktion derStaatsausgaben, Erhöhung der Staatseinnahmen (vorallem durch Steuererhöhungen), Erhöhung des Wachs-tums, Drucken von Geld sowie den zumindest teil -weisen Ausfall oder die Verzögerung von Rückzahlun -gen. Eine Kombination aller fünf Optionen ist wohl am

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Vermögensanlage

Michael Stammler

Zur Person/zur Serie

Die professionelle Betreuung von Unternehmens- undPrivatvermögen gewinnt immer mehr an Bedeutung.Dabei steht die strategische Vermögensplanung imSpannungsfeld zwischen Werterhalt, Rendite und Ge-winnausschüttung, unterschiedlichen Gesellschafter-interessen sowie komplexen steuerlichen Rahmenbe-dingungen. Die entscheidenden Erfolgsfaktoren in die-sem Bereich zu beleuchten, ist Ziel der Serie „Vermögens -anlage für Unternehmer“ in Kooperation mit der aufdie Beratung großer Familienvermögen spezialisier -ten Feri Family Trust GmbH. Im dritten Teil der Seriewidmet sich Michael Stammler, Sprecher der Geschäfts -führung, den Risikofaktoren für die Kapitalanlage ineinem sich derzeit fundamental ändernden Umfeld.www.feri.de

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 79

wahrscheinlichsten. Neben Steuererhöhungen und Aus-gabensenkungen ist die Erhöhung des Wirtschaftswachs-tums am nachhaltigsten, aber auch am schwierigsten.Tendenziell sinkt das Wirtschaftswachstum erst einmaldurch Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen, wasdas Verschuldungsproblem vergrößert. Die Haushalts-konsolidierung muss daher von wachstumsförderndenReformen begleitet werden.

Schreckgespenst InflationÜber kaum ein Thema wird zurzeit so heiß diskutiertwie über eine mögliche Inflationsgefahr. Kurzfristigkann es, trotz der hohen Liquidität, aufgrund der starkunterausgelasteten Produktionskapazitäten kaum zurInflation kommen. Die hohe Verschuldung selbst führtim Gegenteil erst einmal zu einem Abwärtsdruck aufLöhne und Preise. Mittel- oder langfristig aber bestehtganz klar ein Anreiz, das Problem der überbordendenVerschuldung zumindest teilweise mit dem Anwerfender Notenpresse zu lösen. Zumindestwar dies in Vergangenheit so gut wieimmer der Fall. Eine Hyperin flation,die von einigen befürchtet wird, istunwahrscheinlich, denn sie würdeeine nur schwer zu über windendeVertrauenskrise auslösen. Aber selbsteine immer noch moderate Inflations -rate von 4,2% pro Jahr wirkt über zehnJahre de facto wie ein Schuldenerlassvon einem Drittel des Schuldbetrags.Neben einem Ausfall von Staatsanlei-hen bedeutet Inflation damit einengravierenden Vermögensverlust fürden Anleger. Mit dem Übergang zueinem neuen Gleichgewicht, derviele Jahre dauern wird, steigt außer -dem die Gefahr von Währungskrisen,weiteren Bankenkrisen, Staatsbank -rotten sowie extremen Eingriffen indie Finanzmärkte und den Wirtschafts -prozess (siehe Abb. 1). Einen Vorge-schmack bietet der Euro-Rettungsschirm über 750 Mrd.EUR oder die Forderung nicht mehr wettbewerbs fähigerEuro-Mitgliedsländer, woanders die Löhne zu erhöhen,statt selbst schmerzhafte Lohnkürzungen durchzusetzen.Solche in der Vergangenheit undenk baren Ereignisse ge-hören in Zukunft zur neuen Normalität.

Langfristiger Vermögensschutz ist jetzt dasWichtigsteIm Umfeld eines nur noch moderaten Wirtschaftswachs-tums mit vielen Stolpersteinen werden die Renditeerwar-tungen vieler Anleger vermutlich enttäuscht. Statt aufRenditemaximierung kommt es jetzt vielmehr darauf an,Vermögen langfristig zu sichern. Hierfür ist es notwendig,in Zukunft schnell und flexibel auf ein wechselhaftes Um-feld reagieren zu können. Wichtig ist daher, schon jetztstrategisch die Weichen zu stellen, um nicht unvorberei-tet von der neuen Normalität überrascht zu werden. DieStrategie, mit ehemals „sicheren“ Anlagen (Staatsanleihen)ebenso sicher durch die nächsten Jahre zu kommen,könnte sich schon bald als fatal erweisen. Diversifikationwird weiter wichtig sein – allerdings nicht mehr allein mitden traditionellen Anlageklassen (Standard-)Aktien undRenten. Tendenziell treten Sachwerte wie Immobilien,Rohstoffe und Edelmetalle weiter in den Vordergrund.Insbesondere für große Familienvermögen eignen sich

spezielle Wertsicherungsansätze, die je nach Anleger -präferenzen individuell gestaltet werden können. Bei derganzheitlichen Steuerung und Sicherung insbesonderegroßer Familienvermögen kann ein darauf spezialisiertesund zur Vermeidung von Interessenkonflikten möglichstunabhängiges Family Office hilfreich sein.

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Service

Verschul-dungskrise

Verschuldung

Demografie

Wohlstands-verlust

Steuer-erhöhungen

Inflation

Globali-sierung

Monetäre Verwässerung

Banken-krise

Staats-krise

Staats-bankrott

Währungs-krise

Vertrauen/Vertrauens-

krise

Abb. 1: Risikofaktoren für die langfristige Kapitalanlage

Quelle: Feri Finance

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“80 www.unternehmeredition.de

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Veranstaltungen für Unternehmer

Datum & Ort Veranstalter Event

14.06.

München

Kirchhoff Consult AG

www.kirchhoff.de

Unternehmer-Workshop „Mittelstand und Börsengang – die unterschätzte

Finanzierungsoption?“

Teilnahme: Unternehmer frei nach Anmeldung an

[email protected]

17.06.

Berlin

Bundesministerium für Wirtschaft und

Technologie

www.zim-bmwi.de

17. Innovationstag Mittelstand des BMWi

Teilnahme: frei nach Anmeldung

18.–19.06.

Vallendar

Intes Institut für Familienunternehmen

www.intes-online.de

Familienunternehmen 2010 – 5. Konferenz des Intes Instituts für

Familienunternehmen

Teilnahme: 890 EUR

21.–22.06.

München

Euroforum/Handelsblatt

Veranstaltungen

www.vc-pe.de

10. Handelsblatt Jahrestagung Private Equity 2010

Teilnahme: 1.699 EUR

22.06.

Münster

Intes Institut für Familienunterneh men

www.intes-online.de

Unternehmer-Dialog: Der Beirat im Familienunternehmen

Teilnahme: 190 EUR

23.06.

Hannover

Convent

www.convent.de

6. Mittelstandstag Niedersachsen

Teilnahme: Unternehmer frei, Sonstige 400 EUR

23.06.

Frankfurt am Main

Evoworkx live

www.evoworkx-live.com

„Leaders we Love“ – Manager Meeting Europe 2010

Teilnahme: 360 EUR

15.07.

München

Convent

www.convent.de

9. Bayerischer Mittelstandstag

Teilnahme: Unternehmer frei, Sonstige 400 EUR

15.07.

München

BdW Beirat der Wirtschaft,

Commerz bank AG und

Ebner Stolz Mönning Ba chem

www.ebnerstolz.de

Veranstaltung „Mittelstand: Finanzierung in schwieriger See“

Teilnahme: frei

21.07.

Stuttgart

Convent

www.convent.de

7. Mittelstandsforum Baden-Württemberg

Teilnahme: frei

22.07.

Karlsruhe

Intes Institut für Familienunternehmen

www.intes-online.de

Unternehmer-Dialog: Kein Nachfolger in Sicht – was tun?

Teilnahme: 390 EUR

30.08.

Hamburg

Intes Institut für Familienunternehmen

www.intes-online.de

Top-Seminar für Unternehmer: Wachstumsstrategien für Familienunternehmen

Teilnahme: 890 EUR

31.08.

Hamburg

Intes Institut für Familienunternehmen

www.intes-online.de

Top-Seminar für Unternehmer: Das Unternehmens-Cockpit

Teilnahme: 890 EUR

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 81

„Restrukturierungspraxis – Sa nie -rung und Liquiditätsbe schaffung“Von Dietmar Schulz (Hrsg.), Schäf-fer-Poeschel Verlag, März 2010, 296Seiten, 59,90 EURGerät ein Unternehmen in die Kri-se, eröffnen sich mehrere Hand-lungsperspektiven – die Insolvenzist nur eine davon. Der HerausgeberDietmar Schulz und seine Co-Auto-ren, Experten aus bekannten Rechts -anwaltskanzleien, erörtern in verständlicher Form zumeinen Grundlagenwissen über Regel- und Planinsolvenz-verfahren, Eigentümer- oder übertragende Sanierung.Im zweiten Teil wird dieses Wissen anhand von acht Fall-studien, basierend sowohl auf realen als auch fiktivenFällen, anschaulich in die Praxis transferiert.

„Ausnahmefall – Unterneh -mens kommunikation in Son -derfällen“Von Katja Nagel, Linde Verlag, März2010, 256 Seiten, 24,90 EURIn Zeiten des wirtschaftlichenUmbruchs stehen Unternehmenschnell vor bisher nie dagewese-nen Sondersituationen, sei es ei -ner Restrukturierung, Post-Merger-Integration, vor dem Wechseldes CEOs oder einer Re positionierung. Um dieseSonderfälle erfolgreich zu meis tern, ist eine offene undprofessionelle interne und externe Kommunikation einMuss. Die Kommunikationsexpertin Dr. Katja Nagel er -läutert die richtige Vorgehens weise anhand von Firmen,die diese Aufgabe glänzend gemeis tert haben.

„Die 5 Gebote für exzellente Füh -rung – Wie Ihr Unternehmen inguten wie in schlechten Zeitenzu den Gewinnern zählt“Von Hans H. Hinterhuber, Frankfur-ter Allgemeine Buch, März 2010, 240Seiten, 24,90 EURUnternehmen können gemäß demAutor Hans H. Hinterhuber auch inäußerst schwierigem Marktumfeldihr Überleben nachhaltig sichern –

unter fünf Voraussetzungen: eine exzellente Führung,eine gute Strategie, taktische Maßnahmen mit raschspürbaren Wirkungen, die richtigen Mitarbeiter – undnatürlich auch ein Quäntchen Glück. Wie man diese um-setzt, erläutert er gut strukturiert und anhand vielerFallbeispiele. Und jedes Kapitel schließt er mit einerFabel von Nasreddin, einem Helden der türkischenVolksliteratur aus dem 14. Jahrhundert, ab – Moral fürden Unternehmer von heute inklusive.

„Die Kultur des Veränderns –Führen in Zeiten des Umbruchs“Von Konrad Stadler, Deutscher Ta-schenbuch Verlag, November 2009,240 Seiten, 14,90 EURVeränderungsbereitschaft in Unter-nehmen bedeutet nicht einfach nur,bestimmte Maßnahmen durchzu füh -ren. Der Wandel sollte stattdessenTeil der gesamten Führungskultursein – und die Chefs sollten diesidealerweise verinner li chen, um auch den Mitarbeiternals authentische Vorbilder dienen zu können. Sie solltenstets ihren eigenen Führungsstil kritisch reflektieren.Dazu rät Autor Konrad Stadler, sich an den Kardinal -tugenden Klarheit, Mut, dem rechten Maß und an Fair -ness zu orientieren und sich selbst Fehlverhalten einzu -gestehen.

„Machtfrage Change – WarumVeränderungsprojekte meist aufFührungsebene scheitern undwie Sie es besser machen“Von Torsten Oltmanns und DanielNemeyer, Campus Verlag, Mai 2010,214 Seiten, 39,90 EURJedes Unternehmen ist ein sozialesGefüge – und deswegen sind es dieMenschen selbst, die dort Verände-rungen anstoßen, aber ebenso auchscheitern lassen. Gerade auf Führungsebene könnenMachtkämpfe der Alphatiere ein Projekt blockieren. Einneues, effektives Change Management ist gefragt, unddem widmen sich die Autoren Oltmanns und Nemeyer.Dabei schaffen sie es gekonnt, den abstrakten Begriff„Macht“ durch bekannte und unterhaltsame Beispieleaus der Praxis greifbar zu machen.

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Service

Bücher für Unternehmer

Literatur

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“82 www.unternehmeredition.de

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Kienbaum ist die älteste deutschsprachige Unterneh-mensberatung (Gründung im Jahr 1945) mit aktuell über300 erfahrenen Management-Beratern und 400 Professio-nals im Executive Search. 60% der deutschen Top 1.000Unternehmen sind unsere Klienten. Kienbaum ExecutiveConsultants ist mit 66 Mio. EUR Umsatz (2008) Markt -führer in Deutschland und Nummer 8 weltweit. KienbaumManagement Consultants ist mit rund 65 Mio. EUR dieeinzige integrierte Managementberatung unter den füh-renden Beratungshäusern in Europa. Sie begleitet Unter-nehmen aus wesentlichen Wirtschaftssektoren bei ihrenTransformationsprozessen von der Konzeption bis zurUmsetzung, z.B. über Interim-Management. Damit legenwir für unsere Klienten nicht nur analytisch und konzep-tionell die Grundlagen für den Erfolg – wir übernehmenbei Bedarf auch unmittelbar Verantwortung für die Umsetzung. Gemeinsam mit ANTEVORTE, unserem

exklusiven Interim-Management-Partner, haben wir Top-Management-Erfahrung mit zahlreichen gemeinsamenProjekten in Sondersituationen an Bord. Allein die Leis -tungen von Paul A. Stodden, Christoph Burk, MichaelKamm und Jürgen Groth (Gründungspartner ANTEVORTE)bürgen bei unseren Klienten für eine schnelle Rückkehrzu Spitzenleistungen.

Kienbaum Management ANTEVORTE Performance Consultants GmbH Management GmbH & Co. KGwww.kienbaum.de www.antevorte-pm.de

Ansprechpartner: Ansprechpartner:Burkhard Wagner Paul A. StoddenGeschäftsführer / Partner Managing Partnerburkhard.wagner@ [email protected] antevorte-pm.com

Die NRW.BANK ist die Förderbank für das Land Nordrhein-West falen. Sie unterstützt die Unternehmen, Kommunenund Menschen mit kreditwirtschaftlichen Förderprodukten,angefangen bei den Förderprogrammen des Landes, desBundes und der EU über Eigenkapital- bis hin zu Fremd -kapitalfinanzierungen. Ihre Kompetenzfelder sind die Exis-tenzgründungs- und Mittelstandsförderung, die Kommunal-und Infrastrukturfinanzierung, die soziale Wohnraumför-derung sowie die Bildungsfinanzierung. Für die Exis tenz -gründungen und den Mittelstand in Nord rhein-West falensetzt die NRW.BANK die Produkte der öffent lichen Förde-rung sowie der Eigenkapitalfinanzierung passgenau ein.Ziel ist es, die Finanzierungs situ ation dieser Zielgruppeweiter bedarfsgerecht zu verbessern. Dazu hat die NRW.BANKihre Eigenkapitalprodukte am Lebens zyklus der Unter-nehmen ausgerichtet. So belebt der Seed-Fonds die Früh -

phasenfinanzierung in Nord rhein-Westfalen. Junge technolo-gie orientierte Unter nehmen unterstützt der VentureFonds mit Finan zierungen von 0,5 bis 3,0 Mio. EUR. DerNRW.BANK. Mittel standsfonds vergibt Eigen kapital zwischen 1 und 7 Mio. EUR an wachstums starke Mittel-ständler. Für im Kern zukunftsfähige Unternehmen, diedurch die aktuelle Wirtschaftskrise in Schwierigkeitengeraten sind, stellt die NRW.BANK demnächst mit demNRW.BANK.Spezialfonds – immer zusammen mit einemrestrukturierungserfahrenen privaten Co-Investor – Eigenkapital zur Verfügung. Speziell für Unternehmen aus der Kreativwirtschaft vergibt die Förderbank Eigen-kapital aus dem Topf des NRW.BANK.Kreativ wirtschafts -fonds.

www.nrwbank.de/beteiligungen

Sponsoren der Ausgabe im Portrait

Page 83: Juni 2010,9,80 Euro Unternehmer Edition Unternehmer

Unternehmeredition „Turnaround 2010“ 83www.unternehmeredition.de

Service

TriFinance ist ein auf die Finanzressorts von Unternehmenspezialisiertes, internationales Beratungsunternehmen. Anunseren Standorten in Belgien, den Niederlanden und inDeutschland unterstutzen wir derzeit mit mehr als 400 Mit-arbeitern branchenubergreifend namhafte Mandanten ausIndustrie, Handel, Dienstleistung und öffentlicher Hand.

Wir beraten unsere Mandanten bei allen Herausforderun-gen ihres Finanzressorts. Dabei steht die reale Umsetzungim Mittelpunkt unserer Beratungstätigkeit. Unsere Aufgabebetrachten wir erst dann als erfullt, wenn sich eine neueLösung erfolgreich im Betriebsalltag bewährt hat.

TriFinance ermöglicht seinen Mandanten die temporäreIntegration externer Fachkompetenz in das eigene Unter-nehmen und stellt ihnen operativ erfahrene Fach- undFuhrungskräfte fur die unterschiedlichsten Herausforde-rungen des Finanzressorts zur Seite. So erhalten unsere

Mandanten eine fachlich versierte und flexible Unterstut -zung vor Ort und profitieren gleichzeitig von der Band-breite des TriFinance-Supports.

Daruber hinaus verfugt TriFinance uber ein großes Netz-werk erfahrener Interim Manager.

Fur Festanstellungen im Finanzressort der Mandantensucht TriFinance neue Fach- und Fuhrungskräfte und kannaufgrund langjähriger Expertise und Erfahrung die Anfor-derungen an zukunftige Mitarbeiter fachlich richtig ein-schätzen und Kandidatenprofile zielgerichtet entwerfen.

TriFinance GmbHFranz-Rennefeld-Weg 540472 DusseldorfTelefon: +49 (0) 211-171425-0; Telefax: +49 (0) 211-171425-19E-Mail: [email protected]

Orlando Management GmbH wurde 2001 in Münchengegründet und konzentriert sich im deutschsprachigenMarkt auf Investments in besonderen Unternehmens -situationen. Darunter komplexe Ausgründungen aus Kon -zernen, Turnaround- und Krisensituationen, Nachfolge-probleme, Restrukturierungen und Neuausrichtungen.

Die fünf Partner von Orlando verfügen zusammen übermehr als 70 Jahre Private Equity-Erfahrung und habenbisher rund 45 erfolgreiche Unternehmenstransaktionen,überwiegend im produzierenden Gewerbe und Business-to-Business Services, getätigt. Das Team bringt vielfältigeKompetenz in allen relevanten technischen, kaufmänni-

schen und juristischen Belangen sowie langjährige Ge-schäftsführungs- und Vorstandserfahrung in mittelstän-dischen Unternehmen ein.

Orlando Management AGPlatzl 480331 MünchenTelefon: +49 89 29 00 48-50, Telefax: +49 89 29 00 48-99Ansprechpartner: Dr. Henrik Fastrich (Vorstand), Petra M. Schade (Öffentlichkeitsarbeit)E-Mail: [email protected]: www.orlandofund.com

Solvendus ist ein Verbund erfahrener Top-Manager, dieUnternehmen in Umbruchsituationen helfen, z.B. beiKrisen, Sanierungen oder Gesellschafterveränderungen.Das Unternehmen hat seinen Sitz in Köln und ist vor allemim deutschsprachigen Raum aktiv.

Solvendus wurde von drei erfahrenen, aktiven Interims-Managern gegründet, die auf Restrukturierung spezialisiertsind. Hinzu kommt ein erweiterter Kreis von Interims-Managern, die auf vielen Projekten ihre Kompetenz undihre pragmatische Vorgehensweise persönlich unter Beweisgestellt haben. Was Solvendus-Manager besonders aus-zeichnet, ist die Arbeitsweise. Solvendus berät nicht nur,sondern handelt vor allem.

Umbruchsituationen erfordern spezifische Management-Kompetenz. Hier setzt Solvendus an. Durch operativesMan agement in allen betrieblichen Funktionen (Finanz-und Liquiditätsmanagement, Einkauf, Produktentwicklung,Produktion, Personal, Vertrieb, Marketing und weitereFunktionen) übernimmt Solvendus für Mandanten vor Ortunter nehmerische Verantwortung mit nachhaltigen Man age -ment lösungen.

Solvendus sind „Manager auf Zeit“. Vor Ort sind sie so lange, bisdie Aufgabe bewältigt ist. Und das Unternehmen profi tiertvon der umfangreichen Erfahrung mit hoher Aktualität.

www.solvendus.de

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Unternehmeredition „Turnaround 2010“84 www.unternehmeredition.de

Serv

ice

Kunde Seite

AlixPartners 29

Alvarez & Marsal Deutschland U4

Atreus Interim Management 11

Close Brothers Seydler Bank 31

Entrepreneurs Club 51

Equinet 15

FCF Fox Corporate Finance 3

IEG Investment Banking 57

IMG – Industrial Management Group 55

Kienbaum Management Consultants 13

Klein & Coll. 17

KPMG U2

NRW.Bank U3

Perspektiv 27

PKF Fasselt Schlage 37

TriFinance 23

Impressum„Turnaround 2010“Verlag: GoingPublic Media AGHofmannstr. 7a, 81379 MünchenTel.: 089-2000 339-0, Fax: 089-2000 339-39E-Mail: [email protected]: www.goingpublic.de, www.unternehmeredition.de

Redaktion: Markus Hofelich (Chefredakteur), Esther Mischkowski,Torsten Paßmann, Mathias Renz

Bildredaktion: Holger Aderhold, Elisabeth Bayer, Robert Berger

Bilder: Bilderbox, Fotolia, Pixelio, Photodisc

Mitarbeit an dieser Ausgabe: Dr. Patrick Adenauer, Dr. Andreas F. Bauer, Dr. Christian Becker, Christoph Burk, Martin Conrad,Andreas Dimmling, Dr. Hans-Elmar Doellekes, Boris H. Faißt,Reiner Fink, Prof. Dr. Josef K. Fischer, Bernd Frank, Frank Frind,Dr. Andreas Fröhlich, Thomas Grether, Norbert Hofmann, Dr. Thomas van Kaldenkerken, Christian Kirschbaum, SteffenKroner, Jürgen Kullmann, Oliver Kuschel, Dr. Frank Nikolaus,Christian Michalak, Dr. Dietmar Schulz, Michael Stammler,Hans-Jürgen Titz, Dr. Josef Trischler, Dr. Bruno J. Weidl

Interviewpartner: Mark Bezner, James J. Bonsall, Dr. Michael Bormann, Michael Faist, Patrick Feller, Volker Hichert, Dr. MartinKleinschmitt, Horst Piepenburg, Dr. Martin Prager, MichaelSchneider, Andrew Seidl, Dr. Carsten Uthoff, Derek Whitworth

Lektorat: Magdalena Lammel

Gestaltung: Holger Aderhold, Elisabeth Bayer, Robert Berger,

Anzeigen: Katja Sauerbrey, Claudia Kerszt, Johanna Wagner

Tel.: 089-2000 339-56, Fax: 089-2000 339-39

Gültig ist Preisliste Nr. 1 vom 1. November 2006.

Erscheinungstermine 2010: 1/10 Herausforderung Unterneh -mens nach folge (27.2.) • 2/10 Mittelstandsfinanzierung 2010 – das be währte Nachschlagewerk (30.4.) • 3/10 Turnaround 2010 – Wege aus der Krise (12.6.) • 4/10 Private Equity 2010 – Beteili-gungskapital aus Un ter nehmersicht (28.8.) • 5/10 Mezzanine 2010– Finanzierungs modelle auf dem Prüfstand (23.10.) • 6/10 Inter-nationalisierung 2010 – Chancen in fremden Märkten (4.12.)

Preise: Einzelpreis 14,80 EUR

Abonnementverwaltung: GoingPublic Media AG, Hofmannstr. 7a,81379 München Tel.: 089-2000 339-0, Fax: 089-2000 339-39

Druck: Pera Druck GmbH, München

Haftung und Hinweise: Artikeln, Empfehlungen und Tabellen liegenQuellen zugrunde, welche die Redaktion für verlässlich hält. EineGarantie für die Richtigkeit der Angaben kann allerdings nicht über -nommen werden. Bei unaufgefordert ein ge sandten Beiträgen be-hält sich die Redaktion Kürzungen oder Nichtabdruck vor.

Nachdruck: © 2010 GoingPublic Media AG, München. Alle Rechte,insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbe-halten. Ohne schriftliche Genehmigung der GoingPublic MediaAG ist es nicht gestattet, diese Zeitschrift oder Teile daraus aufphoto mecha nischem Wege (Photokopie, Mikro kopie) zu verviel-fältigen. Unter dieses Verbot fallen auch die Aufnahme in elektro-nische Datenbanken, Internet und die Vervielfältigung auf CD-ROM.

ISBN 3-937459-87-5, ISSN 2190-2364, ZKZ 74988

Inserenten-Verzeichnis UnternehmerEdition

Der vorliegenden Ausgabe „Turnaround 2010“ ist eine Leseprobe der Ausgabe 2/2010

von „results“, dem Unternehmer-Magazin der Deutsche Bank AG beigefügt.

Page 85: Juni 2010,9,80 Euro Unternehmer Edition Unternehmer

Kooperationspartner derUnternehmeredition 2010

Wirtschafts-Presse-ForumBrandenburg e.V.

Page 86: Juni 2010,9,80 Euro Unternehmer Edition Unternehmer

Dr. Hans Riegel in der französischen Ehrenlegion Der Haribo-Mitinhaber Dr.Hans Riegel wurde am 7. Maioffiziell vom französischenAußenministerium in die„Légion d´Honneur“, die so-genannte Ehrenlegion aufge-nommen. Bisher wurde nurwenigen Nicht-Franzosendiese Ehre zuteil. Der nachwie vor operativ tätige 87Jahre alte Riegel hatte 1967die Marke Haribo im franzö -sischen Markt eingeführt.Damals beschäftigte der

nach eigenen Angaben Marktführende im Frucht-gummi- und Lakritzsegment nur 100 Mitarbeiter,heute sind es 6.100. Zu den deutschen Mitgliedern derEhrenlegion gehören u.a. Konrad Adenauer, Hans OlafHenkel und Hartmut Mehdorn.

Letztes Geleit für Audiopionier Fritz Sennheiser Prof. Dr.-Ing. Fritz Senn -heiser ist am 17. Mai nurwenige Tage nach seinem98. Geburtstag verstorben.Er prägte die Audiobrancheentscheidend, seit er 1945das Unternehmen SennheiserElectronic GmbH & Co. KGgründete, die u.a. das ersteRichtmikrofon entwickelte.1982 zog er sich aus dem ak -tiven Geschäft zurück undübergab an seinen Sohn Prof.Dr. Jörg Sennheiser. Das Fami -

lienunternehmen blieb weiterhin auf Erfolgskurs underwirtschaftete 2008 mit weltweit 2.100 Mitarbeiternüber 385 Mio. EUR.

Ursula Ida Lapp feiert runden GeburtstagDie Gründerin und Aufsichts-ratsvorsitzende der LappHolding AG, Ursula Ida Lapp,wurde am 30. Mai 80 Jahre alt.Zusammen mit ihrem 1987verstorbenen Mann OskarLapp baute sie seit 1959 dasStuttgarter Familienunter -nehmen auf, das heute nacheigenen Angaben Weltmarkt-führer u.a. für industrielleKabel, Anschluss- sowieSteuerleitungen ist und zu-letzt 503 Mio. EUR Umsatz

erwirtschaftete. Bekannt wurde das Ehepaar Lapp in derBranche, weil es erstmals bunte und deshalb unterscheid -bare Kabel einsetzte.

Automobilunternehmer Otto Hahn verstorbenOtto Hahn, geschäftsführender Ge -sellschafter der vorwiegend im Auto -handel tätigen Hahn Gruppe, istam 12. Mai im Alter von 65 Jahrennach langer Krankheit verstorben.Hahn war von 1993 bis 2002 Vize-präsident des ZentralverbandesDeutsches Kraftfahrzeuggewerbe(ZDK), in seiner Heimat Baden-Würt temberg stand er dem Kraft-fahrzeugverband von 1991 bis 2008vor – bis zu seinem Tod war er Ehren -präsident. Der Träger des Bun des -verdienstkreuzes führte die Hahn

Gruppe und deren über 1.000 Mitarbeiter in dritter Familien -generation zusammen mit seinem Sohn Steffen Hahn.

Kölner Verbund Brauereien unter neuer FührungGeorg Schäfer führt seit 15. Maials Sprecher der Geschäftsführungzusammen mit dem bisherigen Al-leingeschäftsführer Guido Bauerdie Geschicke der Kölner VerbundBrauereien. Der ehemalige Mana-ger der Gaffel Brauerei kehrte auseiner dreijährigen Selbstständig-keit als Unternehmensberater zu-rück. Die Kölner Verbund Braue-reien – eine Tochter der Radeber-ger Gruppe KG – produzieren be-kannte Kölsch-Marken wie Sion,Gilden oder Küppers.

Unternehmeredition „Turnaround 2010“86 www.unternehmeredition.de

Serv

ice

Euler Hermes zeichnet „Beste Finanzkommunika tionim Mittelstand“ aus

Der Kreditversicherer Euler Hermes verlieh am 4. Mai zumvierten Mal den Preis „Beste Finanzkommunikation im Mit -telstand“ – in den Kategorien „Kleiner“, „Mittlerer“ und„Großer Mittelstand“. Sieger der Königsklasse ist der Auto -mobilzulieferer Hirschvogel Holding GmbH. LaudatorinIngeborg Neumann vom BDI-Mittelstandsausschuss lobtederen „von Vertrauen, Offenheit und Ehrlichkeit“ geprägteFinanzkommunikation, die „den Anspruch auf größtmög-liche Transparenz“ habe. Der Preis steht unter der Schirm -herrschaft von Bundeswirtschaftsminister Brüderle.Sieger in den anderen Kategorien wurden die AcrolyneConstruction + Kunststoff-Design GmbH (Kleiner Mittel-stand) und die Aliseo GmbH (Mittlerer Mittelstand).

Foto: V.l.n.r.: Christian Ascherl, Josef X. Baumeister und Walter Bauer von derHirschvogel Holding GmbH zusammen mit Laudatorin Ingeborg Neumann

Dr. Hans Riegel

Prof. Dr.-Ing. Fritz Sennheiser

Ursula Ida Lapp

Unternehmer und Nachrichten

Otto Hahn

Georg Schäfer

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