Dienstag, 3. Juli 1962 III Der Zürcher Zeitung 183. Jahrgang Preis 25 Rp. Abendausgabe Nr. 2633 3lf ue Mv&t v Minna Taglich drei Ausgaben und schweizerisches Handelsblatt . . .. _, .. o _.. . _ Redaktion: Falkenstraße 11, Zürich Telephon (051) 32 71 00 Proklamation der Unabhängigkeit Algeriens Verlesung der Erklärung durch de Gaulle im Minislerrat Ernennung eines diplomatischen Vertreters Tel. unseres Korrespondenten B . G. Paris, 3. Juli In einer außerordentlichen Sitzung des Ministerrats, die heute vormittag im Elysee abgehalten wurde und nur eine Viertelstunde dauerte, gab de Gaulle den Text einer Pro- klamation bekannt, die in der Anerkennung eines unabhängigen algerischen Staates durch die Französische Republik gipfelt und in der nächsten Ausgabe des französischen «Amts- blattes» veröffentlicht werden soll. Dieser Schritt wird mit dem Ergebnis der algerischen Volksabstimmung vom 1. Juli begründet, die das von Prankreich schon im voraus als Richt- linie seiner Politik bezeichnete Selbstbestim- mungsrecht zur Geltung gebracht habe. Zu- gleich weist de Gaulle auf die Botschaft hin, die er am 19. März dieses Jahres, am ersten Tage des auf dem Friedensschluß von Evian beruhenden Waffenstillstands in Algerien, an beide französische Kammern gerichtet hat, um «den Ausblick auf eine fruchtbare und groß- zügige Zusammenarbeit zwischen Frankreich und dem neuen Algerien» zu eröffnen. Die am 20. März 1962 erlassene Regierungserklärung, die Debre1 in der Nationalversammlung be- kanntgab, wird als die Grundlage der künf- tigen Beziehungen zu Algerien bezeichnet. Diese Erklärung hatte den Leitsatz auf- gestellt: «Wir sind bereit, durch Taten zu beweisen, daß wir fest an eine Schicksals- gemeinschaft zwischen Algerien und Frank- reich glauben.» Schon heute vormittag um 11 Uhr sprach der französische Hochkommissar in Algerien, Fouchet, beim Präsidenten der Provisorischen Exekutive, Abderrahman Fares, vor, um ihm einen Brief de Gaulles zu überreichen und ihm gleichzeitig alle bisher vom Vertreter Frank- reichs ausgeübten Befugnisse zu übertragen. Fouchet wird demnächst auf dem Luftweg nach Paris zurückkehren. Der Ministerrat hat auch die Ernennung eines diplomatischen Vertreters Frankreichs genehmigt, der den Titel Haut representant de la Republique Francaise en Algerie erhält. Die Wahl ist auf Marcel Jeanneney gefallen, den Sohn des letzten Senatspräsidenten der Dritten Republik, der sein Amt bis zum Sommer 1940 ausgeübt hatte und es dann infolge der politischen Krise von Viehy verlor. Marcel Jeanneney gehörte zu den Studien- freunden Debres und war später als Profes- sor an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Paris tätig. Als Debre im Januar 1959 das erste Kabinett der Fünften Republik bildete, gewann Jeanneney den Posten des Industrieministers. Er behielt ihn bis zum Rücktritt Debres im April dieses Jahres und zog sich dann ins Privatleben zurück. Der Text der Erklärung de Gaulies Paris, 3. Juli, ag (AFP) Präsident de Gaulle hat am Dienstagvormittag folgende Erklärung verlesen, in der er die Unabhängig- keit Algeriens proklamierte: «Durch die Volksbefragung vom 8. Januar 1961 hat das französische Volk der Bevölkerung Alge- riens das Recht zuerkannt, ihr politisches Geschick in bezug auf die Französische Republik zu wählen. In der Volksbefragung vom 8. April 1962 hat das französische Volk die Regierungserklärungen vom 19. März 1962 gutgeheißen, die den Fall vorsahen, daß die Bevölkerung Algeriens in einer Befragung auf Grund des Gesetzes vom 14. Januar 1961 sich dafür entscheidet, aus Algerien einen unabhängigen Staat zu machen, der mit Frankreich zusammen- arbeitet. In der Abstimmung über die Selbstbestimmung vom 1. Juli 1962 hat sich das algerische Volk für die Unabhängigkeit Algeriens in der Zusammen- arbeit mit Frankreich ausgesprochen. Infolge- dessen sind die Beziehungen zwischen Frankreich und Algerien künftig auf Bedingungen gegründet, die in den Regierungserklärungen vom 19. März 1962 umschrieben sind, und der Präsident der Französischen Republik erklärt daher, daß Frank- reich die Unabhängigkeit Algeriens feierlich an- erkennt. Gegeben zu Paris, den 3. Juli 1962 Charles de Gaulle.* Feiertag in Algier Tel. unseres Korrespondenten C.K. Algier, 3. Juli In Algier feiert die muselmanische Bevöl- kerung begeistert die Unabhängigkeit. Seit gestern mittag widerhallen die Straßen von den geschrienen, gehupten und auf Autotüren getrommelten Rhythmen «1 2, 1 2 3» , die je nach dem «Ehre den Gefal- lenen» oder «FLN vaincra» bedeuten. Der heutige Tag, der die Proklamation der Un- abhängigkeit bringt, ist zum Feiertag ei"klärt Avorden Die Umzüge und die fahnen- geschmückten Autos der muselmanischen Algerier beherrschen heute das ganze Bild der Stadt; obwohl es zu keinerlei feindseligen Manifestationen gekommen ist, ziehen es die Europäer vor, zu Hause zu bleiben. Das Abseitsstehen Ben Bellas Für den Nachmittag wird die Ankunft Ben Kheddas und der andern Mitglieder der provisorischen Regierung aus Tunis erwartet. Ben Bella wird nicht mit dabei sein, wenn das GPRA seinen Einzug in Algier hält. Ein Vermittlungsversuch Nassers ist in der ver- gangenen Nacht ohne Erfolg geblieben. Der ägyptische Staatsminister Ali Sabri war im Laufe des gestrigen Nachmittags in Tunis ein- getroffen und bei Nachteinbruch in Beglei- tung des Vizepräsidenten des GPRA, Belka- cem Krim, nach Benghasi geflogen, wo Ben Bella sieh gegenwärtig aufhält. Heute früh sind Krim und Sabri ohne Ben Bella nach Tunis zurückgekehrt. Während Nasser sich auf eine unpartei- ische Vermittlerrolle beschränkte, hat der tunesische Präsident Bourguiba offen und deutlich für Ben Khedda und seine Equipe Partei genommen. Die separatistischen Ten- denzen unter den Offizieren der ALN be- zeichnete er als eine Bewegung im Stile Salah Ben Youssefs, dessen von Kairo aktiv unter- stützter Radikalismus ihm lange Zeit nicht geringe Schwierigkeiten verursachte. Bour- guiba sprach an einer Volksversammlung in Tunis zur Feier der Unabhängigkeit Alge- riens, an der auch der Ministerpräsident des GPRA das Wort ergriff. Bourguiba hieß die Abkommen von Evian, an deren Zustande- kommen er maßgeblich beteiligt war. nach- drücklich gut, ließ aber auch den extremei'en Auffassungen über die Zukunft Algeriens Raum, indem er der Hoffnung Ausdruck gab. Ben Bella werde den wirklichen Sinn der mit Frankreich geschlossenen Abmachungen ein- sehen, die den notwendigen ersten Schritt zur wirklichen Unabhängigkeit bildeten. Aehnlich drückte sich Ben Khedda aus, der betonte, daß die Abkommen von Evian auf dem Re- spekt vor der Souveränität und Unabhängig- keit und der Interessen der beiden Länder beruhten. Machtkämpfe hinter den Kulissen Ben Bella wird von Bourguiba und dem GPRA immer noch eine Türe offengehalten. Es ist unwahrscheinlich, daß man es zu einem nicht mehr rückgängig zu machenden Bruch komnien lassen will. Jede Partei sucht den ent- scheidenden Schritt zu vermeiden, der sie zum Urheber der Spaltung stempeln würde. Beide Seiten berufen sich auf die notwendige Ein- heit der Revolution; aber hinter den Kulissen ist ein heftiger Machtkampf um die entschei- denden Positionen innerhalb Algeriens im Gange. Schon vor einigen Wochen begann ein Wettlauf der Emissäre des GPRA in Tunis und des in der tunesischen Grenzstadt Ghar- dimaou (und nicht in Marokko, wie früher irrtümlich gemeldet) stationierten General- stabs der Befreiungsarmee zu den Komman- danten und Führungsräten der sechs Wilayas. In einzelnen Fällen, wie in dem des Majors Slimane, gelang es dem GPRA, die konkur- rierenden Abgesandten verhaften zu lassen. Nach einem gestern in Tunis verbreiteten Communique haben sich die Wilayas 2, 3 und 4, die für die Gebiete von Constantine, Kaby- lien und die Umgebung von Algier zuständig sind, für das GPRA erklärt und die Ab- setzung des Generalstabs von Ghardimaou ge- fordert. Ueber die Haltung der Wilavas 1, 5 und 6 (Aures, Oran und südliche Departe- ments) ist bisher nichts bekannt geworden. Aus verschiedenen Anzeichen muß man schließen, daß selbst in den vom GPRA be- anspruchten Wilayas Gegensätze bestehen. Aus Constantine wurde gestern eine Erklä- rung zugunsten Ben Bellas von Seiten eines Investitur Andrades zum Ministerpräsidenten Brasiliens Brasilia, 3. Juli. (UPI) Die brasilianische Regierungskrise ist am frühen Dienstag ge- löst worden. Der von Präsident Goulart als Ministerpräsident nominierte Senator Auro de Moura Andrade hat bei der Abstimmung im Parlament in Brasilia die erforderliche Mehrheit erhalten. Andrade, der von Sozial- demokraten und Nationaldemokraten unter- stützt wird, bezeichnete wirksame Maßnah- men gegen die Inflation als die Hauptaufgabe seines Kabinetts. In der Außenpolitik wird Andrade nach dem Urteil von Beobachtern den bisherigen unabhängigen Kurs fortsetzen. verantwortlichen Offiziers gemeldet. Im Ge- biet von Algier sind gestern früh rund tau- send Mann der «Force locale» desertiert und haben sich, wie es heißt, der ALN angeschlos- sen ein Vorgang, der mit dem Machtkampf innerhalb der Wilaya 4 in Zusammenhang ge- bracht wird. Jede Partei sucht sich so viele Positionen als möglich für den Zeitpunk t zu sichern, da die Entscheidungen über die künf- tige Organisation des FLN getroffen werden müssen. Der Auszug Ben Kheddas und seiner Gefährten aus Tripoli in der Nacht vom 6. auf den 7. Juni verhinderte einen definitiven Beschluß über die Einsetzung Ben Bellas zum Generalsekretär des FLN, die ihm die Macht innerhalb der Bewegung in die Hand gegeben hätte. Jetzt versacht das GPRA, Zeit zu ge- winnen und die Begeisterung der Volks- massen über die erreichte Unabhängigkeit zu seinen Gunsten auszunützen. Ben Khedda hat, obwohl er innerhalb der revolutionären Kader über wenig Anhang verfügt, den immensen Vorzug, sich den algerischen Massen als Mann des Friedens präsentieren zu können und da- mit dem legendären Ruhm des Revolutions- helden Ben Bella erfolgreich Konkurrenz zu machen. Kairo, 3. Juli, ag (AFP) Wie die Mittel- östliche Nachrichtenagentur aus Tunis berich- tet, hat Ben Bella jeden Kompromiß in bezug auf seine Haltung dem GPRA gegenüber ab- gelehnt. Das Abstimmungsergebnis Rocher Noir, 3. Juli, ag (AFP) Am Dienstagvormittag ist das folgende provisori- sche amtliche Ergebnis der Volksbefragung über die Selbstbestimmung Algeriens bekannt- gegeben worden: Eingeschriebene Stimm- berechtigte 6 549 736, abgegebene Stimmen 6 017 800, gültige Stimmen 5 992115, leere und ungültige Stimmen 25 585, Ja 5 975 581, Nein 16 534. Erklärung Fares' Rocher Noir, 3. Juli, ag (AFP) Nach der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abstimmung über die Selbstbestimmung hielt Präsident Fares die folgende Ansprache: «Das algerische Volk hat im Vollbesitz seiner Souveränität frei sein Schicksal gewählt. Gleich- zeitig mit der Anerkennung unserer nationalen Samy Molcho Gastspiel im Schauspielhaus Zürich (2.13. Juli) haj. Nach dem Theater in vier Sprachen Theater ohne Worte: Mit einem Gastspiel des Pantomimen Samy Molcho schloß die Spielzeit 1961/62 im Schauspielhaus Zürich. Seit der Fran- zose Etiennc Decroux sich um eine Erneuerung des mime bemühte, hat die Pantomime glanzvoll demonstriert vor allem durch Barrault und Mar- ceau eine n starken Aufschwung genommen. Bei den meisten jungen Künstlern dieses Genres klingt das Vorbild Decroux' nach ; so auch bei Samy Molcho. Der Vergleich seines Abends beispiels- weise mit den Solodarbictungen Marceaus ergibt interessante grundsätzliche Einsichten in das We- sen der Pantomime und läßt neben ihren Möglich- keiten insbesondere auch ihre Grenze n erkennen. In der «Mimischen Introduktion» führte Molcho die Grundelemente der pantomimischen Kunst vor, deren Wesen darin bestellt, daß der Darsteller mit seinem Körper alles ausdrücken kann, indem er ihn als Instrument benützt, mit dem er Gefühle durch Symbole oder Bewegungen anzudeuten ver- mag. Bezeichnenderweise stimmten die meisten die- ser Elemente Molchos mit jenen überein, die uns von Marceau her in Erinnerung sind. Das heißt nicht, daß Molcho seinen berühmten französischen Kollegen einfach kopiert hat. Diese Uebereinstim- mung erinnert vielmehr daran, daß es gewisser- maßen eine pantomimische Grammatik gibt, daß gewisse Sachverhalte oder Situationen durch eine ganz bestimmte Gebärde nicht nur gültig aus- gedrückt werden können, sondern müssen; weil es keine besser e dafür gibt. Das gilt aber nicht bloß für die Grundbegriffe, für die Ausdrucksmittel, sondern auffallenderweise auch für die Lebens- situationen, die darzustellen der Mime sich beson- ders angeregt fühlt. Das wesentlicliste, in. unzähli- gen Variationen abgewandelte Motiv ist der Wider- stand, den die Umwelt dem Menschen bietet; denn einzig in der Auseinandersetzung mit einem Gegen- über wird der Mensch auf der Bühne Leben ge- winnen, und gleichzeitig läßt der Held des pan- tomimisch erzählten Geschehens in seinen Re- aktionen erst die Umwelt erstehen. Dabei kann dieses Gegenüber die vielfältigsten Formen erhal- ten. Die Auseinandersetzung kann in Form eines erbitterten Kampfes stattfinden, wie es Molchos Nummer «Der Soldat» zeigt. Die Gcgenwelt kann aber auch zarteste Gestalt annehmen, etwa in der' Art duftigen Schwcbcns eines «Schleiers», mit dem sich in zwangsloscr Variierung zahlreiche Asso- ziationen verbinden; diese Nummer gehörte zu den gelungensten des Abends. Ein weiteres beinahe un- entbehrliches Motiv für jeden Pantomimen ist die Tücke des Objekts, von Samy Molcho mit viel Witz am widerspenstigen Knopf des ungeschickten Junggesellen demonstriert. Weniger fein war der Humor in der Nummer «Der Chirurg», die mit- unter hart an Vereinsabendulk streifte. Ein spezifischer Reiz liegt offenbar für jeden Pantomimen darin, auf der Bühne gleichzeitig zwei oder mehr Personen zu verkörpern. Ein schon klassisch gewordenes Beispiel is t Marceaus Kampf zwischen David und Goliath, an den man angesichts von Molchos «Kain und Abel» erinnert wurde; in- dessen erreicht hier Molcho nicht ganz die gleiche Dichte der Aussage1 wie Marceau. Neben ein feind- liches Paar gehört in ein gutes Programm auch die gegenteilige Variante: Samy Molcho zauberte in einigen wenigen Strichen in Rückenansicht das poetische Bild eine s Liebespaares auf einer Bank vor den Zuschauer und erzielte einen Effekt voll- endeter Illusion. Ein dankbares Thema, verschie- dene Personen in Wechselbeziehung zu setzen, ist das Tribunal. Wie Marceau in seinem letzten Zür- cher Gastspiel zeigte auch Molcho einen «Prozeß», der neben der Szene des großen Franzosen durch- aus bestehen konnte. Hier wie auch in der Evo- zierung eines Orchesters gelang dem Interpreten die Vergegenwärtigung einer Vielfalt verschie- denster Typen. Im «Orchester» hatte Samy Molcho Gelegenheit, seinen Sinn für Esprit zu zeigen. Ein Beispiel für viele andere sei zitiert: Der Baß- geiger, von Langeweile heimgesucht, gähnt ent- setzlich und nickt schließlich ein, beginnt zu schwanken und mit einem Sprung verwandelt sich Molcho wieder in den vor ihm stehenden Diri- genten. Schon scheint diese Episode abgeschlos- sen; da starrt plötzlich der Dirigent entgeistert zu Boden: zn seiner Rechten ist der eingeschlafene Baßgeiger hingekracht. Die Kunst der Pantomime besteht darin, Ge- schichten in Gesten zu ersinnen und auszudrücken. in beide m erweist sich Samy Molcho als ein aus- drucksstarker Künstler, der sowohl über ein solides handwerkliches Können (besonders eindrucksvoll in der Schlußnummer «Der Vogel und der Jager») als auch über die nötige Phantasie verfügt, die es ihm erlaubt, Welt und Wirklichkeit auf das Gestischo und Mimische zu reduzieren. Mitunter sind einzelne pantomimische Gedankengänge noch nicht einfach und präzis genug; deshalb kann es gelegentlich vorkommen, daß der Zuschauer die Zusammenhänge nicht ganz versteht; aber solche Augenblicke waren doch selten. . Erhöhte Wirkung könnten dio Darbietungen durch eine gewisse Straffung und Kürzung gewinnen; mehrmals hat- ten wir den Eindruck, daß Molcho den Höhepunkt einer Nummer überschritten und den starken Ein- druck durch Ueberdehnung etwas verwischt habe. Wenig überzeugend war die Musik von O. Weiss und A. Comfort, angefangen vom völlig über- flüssigen musikalischen Auftakt bis zur Zwischen- und Szenenmusik. «Die Kunst des Mimen vollzieht sich in der Stille», sagte Marceau einmal sehr rich- tig. Langanhaltender jubelnder Beifall dankte Samy Molcho, der als einer der begabtesten jun- gen Vertreter der unendlich schwierigen, weil zu- gleich körperlichsten und geistigsten Kunst der Pantomime gelten darf. (Das Gastspiel wird heute Dienstag, 3. Juli, im Schauspielhaus Zürich wiederholt) «Der Berner Totentanz» H. Sg. Bern hat schon einmal seine Münster- spicle gehabt. Hofmannsthals «Jedermann» war gespielt worden; «Der ewige Reigen» sowie «Der Gaukler unserer lieben Frau», beide von der be- deutenden Münchner Choreographin Senta Maria verfaßt und inszeniert, schienen sine Spieltradi- tion für Berns kulturelles Leben und den Frem- denverkehr zu eröffnen; da mußten zu Kriegs- beginn die Portale mit Sandsäcken verbaut wer- den, und damit war die kirchliche Kulisse zerstört. Noch aber lebte der Verein Berner Münsterspiele weiter, erreichte dio Versetzung des Erlach-Denk- mals, welches die Gesamtsicht über den Münstcr- platz beeinträchtigt hatte, and entschied sieb Neue Zürcher Zeitung vom 03.07.1962