Islamisierter Antisemitismus – ein neuer Antisemitismus? Analyse und Bewertung einer Debatte
Inhalt
1 Einleitung..................................................................................................................... 1
1.1 Fragestellung und Vorgehen..................................................................................4
1.2 Begrifflichkeiten.....................................................................................................5
2 Analyse der Debatte um einen islamisierten Antisemitismus.......................................8
2.1 Beschreibung der Analyseräume.........................................................................10
2.2 Anwendung der Analyseräume............................................................................12
2.2.1 Traditionelle Quellen und Stereotype.............................................................12
2.2.2 Einflüsse und Entwicklung.............................................................................18
2.2.3 Historische und politische Rahmenbedingungen...........................................25
2.2.4 Gesellschaftliche Funktion.............................................................................30
2.2.5 Semantik.......................................................................................................36
2.2.6 Manifestation.................................................................................................46
3 Fazit............................................................................................................................ 48
3.1 Ein neuer Antisemitismus?...................................................................................48
3.2 Defizite der Debatte.............................................................................................51
3.3 Ausblick............................................................................................................... 54
4 Literaturverzeichnis....................................................................................................56
Anmerkungen
Durch die Kursivschreibweise werden in dieser Arbeit je nach Kontext feststehendeKonzepte bzw. Eigennamen sowie sprachliche Betonungen gekennzeichnet. DieSchreibweise in „Anführungsstrichen“ wird – neben der üblichen Kennzeichnung vonZitaten – benutzt, wenn ein Ausdruck Konstrukte beschreibt, deren Verwendung ich ohneweitere Erläuterung problematisch finde.
Des Weiteren ist der Text in einer geschlechtsneutralen Sprache verfasst. Wenn nötig undmöglich, wird die Gender_Gap-Schreibweise gegenüber dem Binnen-I bevorzugt, umauch Menschen, die sich – obgleich biologisch oder sozial – nicht im gesellschaftlichhegemonialen Mann/Frau-Schema verorten lassen (wollen), einzubeziehen. DiesesKonzept wird möglichst konsequent verfolgt und komplexere Wortkonstruktionen dafür inKauf genommen. Damit soll vor allem auf die sowohl heteronormative als auchpatriarchale Hegemonie in unserem derzeitigen Sprachgebrauch aufmerksam gemachtwerden.
1 Einleitung
Die Ereignisse im nordafrikanischen Raum und dem Nahen Osten Anfang des
Jahres 2011 werden unter dem Schlagwort „Arabischer Frühling“ in die
Geschichtsschreibung eingehen. Das Aufbegehren gegen autoritäre Regime
und der Wunsch der arabischen Zivilgesellschaften nach einem höheren
Maße an politischer Mitbestimmung lösten in Europa ein überwiegend
positives Echo aus.
Doch zwei Ereignisse, die in der europäischen Presse lediglich an der
Peripherie behandelt wurden, lassen aufhorchen: Die israelische Tageszeitung
Haaretz beispielsweise berichtete Anfang Februar 2011 unter Berufung auf
die Nachrichtenagentur Reuters von einem Brandanschlag auf eine Synagoge
im tunesischen Gabes. In dem Artikel betont ein Sprecher der jüdischen
Gemeinde Tunesiens das eigentlich friedliche Zusammenleben der
Konfessionen in seinem Land (Reuters 2011). Auch während der Proteste in
Ägypten äußerten sich antisemitische Ressentiments: Wiederholt konnten in
der Bildberichterstattung Plakate entdeckt werden, auf denen Hosni Mubarak
mit einem auf die Stirn gemalten Davidstern zu sehen war (Zekri 2011). Im
Internet kursieren Bildmontagen, die Mubarak mit Schläfenlocken und in der
Tracht aschkenasischer Juden zeigen. Dies sind nur zwei Beispiele von vielen.
Solche und ähnliche Ereignisse werfen die gleiche Frage auf: Warum richtet
sich die Wut der Menschen, die ein Unbehagen mit ihrer eigenen Regierung
zum Ausdruck bringen wollen, gegen Jüdinnen und Juden oder den Staat
Israel? Und das, obwohl es zwischen ihrer unmittelbaren Lebenssituation, die
sie auf die Straße getrieben hat, und den außenpolitischen Entscheidungen
Israels höchstens einen indirekten Zusammenhang gibt? Die Vermutung liegt
nahe, dass diese Beobachtungen auf eine antisemitische Gesinnung, für die
Teile der arabischen Bevölkerungen empfänglich sind, zurückgeführt werden
können. Wird die Perspektive erweitert, reihen sich die Ereignisse in eine
langjährige Tradition von antijüdischen Äußerungen, Motiven und Handlungen
in der islamisch-arabischen Welt ein. Die fortgesetzte Weigerung der Hamas,
Israels Existenzrecht anzuerkennen, die Popularität des libanesischen
1
Fernsehsenders Al-Manar1, der Fernsehserien auf Basis der Protokolle der
Weisen von Zion produziert (MEMRI 2003)2 oder der internationale
Publikumserfolg des im Januar 2011 erschienenen türkischen Films Tal der
Wölfe – Palästina, welcher sich deutlich antisemitischer Motive bedient (JGzB
2011), sind nur einige Beispiele, die das Ausmaß des Problems vor Augen
führen. Sie deuten auf eine Verankerung antisemitischer Einstellungen in der
Politik- und Medienlandschaft sowie weiten Teilen des öffentlichen Lebens der
islamisch-arabischen Welt hin.
Die Auseinandersetzung in dieser Arbeit mit dem Antisemitismus in der
islamisch-arabischen Welt geschieht auch mit Blick auf antisemitische
Kontinuitäten in Europa. Dort nehmen seit Ende des Ost-West-Konflikts
antisemitische Einstellungen und Straftaten wieder zu (Bergmann 2004: 117,
130ff.; Holz 2005: 7). Gerade in der Bundesrepublik Deutschland ist
spätestens in dieser Zeit offenkundig geworden, dass eine „Aufarbeitung der
Vergangenheit“, wie Adorno (1963) sie einforderte, noch immer nicht
stattgefunden hat. Die in einer Kommunikationslatenz ruhenden
antisemitischen Einstellungen werden parallel zum erwachenden deutschen
Nationalbewusstsein nach der Wiedervereinigung erneut offener formuliert.
Bezugspunkte antisemitischer Äußerungen und Vorfälle sind dabei weniger
die NS-Vergangenheit und der Holocaust3, sondern der Nahost-Konflikt und1 Dieser Sender gehört mit täglich rund 10 Millionen Zuschauer_innen zu den fünf wichtigstender islamisch-arabischen Welt und steht der Hisbollah nahe. Per Satellitenfernsehen wird er auch in Europa empfangen (Eusterhus 2005).2 So z.B. die Serie Diaspora oder Reiter ohne Pferd. Die Organisation MEMRI (Middle East Media Research Institute) beobachtet Medien aus dem islamisch-arabischen Raum mit Fokus auf Themen wie Antisemitismus, Nahost-Konflikt, Terrorismus usw. und veröffentlicht diese (kostenlos und übersetzt) im Internet unter www.memri.org.3 Obwohl sich der Begriff „Holocaust“ als Bezeichnung für den organisierten Massenmord Nazideutschlands an Jüdinnen und Juden, Homosexuellen, Sinti und Roma, politischen Gegner_innen, sogenannten "Asozialen" und Anderen eingebürgert hat, muss auf seine problematische Etymologie hingewiesen werden: Der Begriff stammt aus einer englischen Übersetzung des griechischen Bibelverses 1 Moses 22 und bezeichnet dort die Opferung Isaaks durch seinen Vater Abraham. In der lutherschen Übersetzung wird der gleiche Begriff mit „Brandopfer“ übersetzt. Dieser Bezug zur religiösen Opfergabe mystifiziert und verklärt den bürokratisch geplanten, tausendfachen Mord. Eine Alternative könnte der hebräische Begriff „Shoah“ darstellen. Doch auch hier bleibt ein Unbehagen. Zum einen lässt die gängige deutsche Übersetzung mit „Katastrophe“ die Frage nach Täter_innen und Opfern ungeklärt. Zum anderen kann die Übernahme eines Begriffs, der die Opferperspektive reflektiert, im Sprachraum der Täter_innen für unangemessen gelten. Außerdem bezieht sich der hebräische Begriff ausschließlich auf die jüdischen Opfer des nationalsozialistischen
2
dessen Deutung (Rabinovici et al. 2004: 7). Das Phänomen durchzieht alle
Bevölkerungsschichten und politischen Lager. Neben diesem Wandel von
Bezugspunkten können auch Veränderungen bezüglich der
Täter_innengruppe antisemitisch motivierter Straf- und Gewalttaten
ausgemacht werden: In den letzten Jahren sind in einigen europäischen
Ländern in dieser Hinsicht vermehrt Jugendliche mit islamischem und/oder
arabischem Hintergrund aufgefallen (vgl. EUMC 2004). Von der Politik wie
auch von der Wissenschaft wurde dieser Befund indes länger ignoriert (Benz
und Wetzel 2007: 19). Dies geschah wohl nicht zuletzt deshalb, weil im
Rahmen parallel laufender Debatten über antimuslimischen Rassismus der
Hinweis auf einen islamisierten Antisemitismus eine besondere politische
Brisanz erfährt.
Doch das Phänomen konnte spätestens seit dem Ausbruch der zweiten
Intifada4 im Jahre 2000 und dem damit einhergehenden Anstieg
antisemitisch-motivierter Straftaten auch in Europa nicht länger übersehen
werden. Die zu dieser Zeit entbrannte Auseinandersetzung um einen
Antisemitismus in der islamisch-arabischen Welt gliedert sich in die schon
früher in den USA begonnene Diskussion um einen sogenannten „neuen
Antisemitismus“ ein.5 Die mittlerweile international geführte Debatte, die
noch nicht abgeschlossen scheint, kreist hauptsächlich um drei Aspekte
(Rabinovici et al. 2004: 9f.): Erstens wird immer wieder über die Grauzone
zwischen einerseits legitimer Kritik an israelischer Politik und andererseits
Mordapparats. (vgl.: http://www.antisemitismus.net/shoah/holocaust.htm und http://www.shoa.de/holocaust.html, Zugriff am 15.07.2011.) Da sich der Begriff „Holocaust“ in der Wissenschaft weitestgehend durchgesetzt hat, wird er auch für diese Arbeit durchgehend verwendet. Die begriffliche Unfassbarkeit des Massenmordens der Deutschen unter dem Nationalsozialismus verweist letztlich nur auf das Entsetzliche und Unfassbare des Ereignisses selbst.4 Dieser arabische Begriff erscheint ebenfalls problematisch. Eine geläufige Übersetzung ins Deutsche lautet „sich erheben, abschütteln, loswerden“ (vgl. z.B. Küntzel 2002: 107). Diese Bildsprache hat insbesondere in Verbindung mit der verheerenden palästinensischen Gewaltwelle von 2000 und den Folgejahren zumindest einen deutlich antizionistischen Beiklang und ist somit anschlussfähig für den eliminatorischen Antisemitismus der Hamas, der al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden und anderer Gruppierungen dieses sogenannten „Volksaufstandes“. Leider ist keine geläufige alternative Sprachregelung bekannt, die eine klare Abgrenzung zu antisemitischen Positionen im Nahost-Konflikt deutlich machen würde.5 Siehe dafür zum Beispiel: Phyllis (2003) und Foxman (2003).
3
einer „Israel-Kritik“, welche antisemitische Deutungsmuster und Elemente
enthält, diskutiert. Oft ist dabei die Rede vom „antizionistisch maskierten
Antisemitismus“ (ebd.). Zweitens ist der Antisemitismus in linken
Bewegungen in den Fokus gerückt. Neben dem Phänomen des Antizionismus
ist vor allem die Frage zentral, inwiefern linke Kapitalismus-, Globalisierungs-
und Imperialismuskritik in antisemitische Grundeinstellungen und
Weltanschauungen münden und sich dadurch Überschneidungen mit rechten
Positionen ergeben. Das dritte Feld der Debatte um einen „neuen
Antisemitismus“ thematisiert schließlich die Frage nach der Verbreitung von
Antisemitismus in der islamisch-arabischen Welt und den europäischen
muslimischen Zuwanderungsgesellschaften. Gegenstand dieser Arbeit ist
demnach das letztgenannte dieser drei Felder in der übergeordneten Debatte
um einen „neuen Antisemitismus“.
1.1 Fragestellung und Vorgehen
Doch handelt es sich im Falle des islamisierten Antisemitismus wirklich um
einen neuen Antisemitismus? Aus welchen Quellen speist sich diese
Weltanschauung? Welche Rolle spielt der Nahost-Konflikt und welche
Funktionen erfüllt dabei das antisemitische Weltbild innerhalb der islamisch-
arabischen Gesellschaften? Diese und andere Fragen versucht eine Vielzahl
an Autor_innen zu beantworten. Vertreter_innen der Geschichts-, Islam-,
Politik-, Erziehungs- und Sozialwissenschaften diskutieren dabei über
Ursachen, Ausmaße und die Bewertung des Phänomens. Die Literatur
umfasst bisher kaum Monographien, die Reflexion findet größtenteils in Form
von Sammelbandbeiträgen statt. Dies lässt jedoch nur ein geringes Maß an
umfassender Operationalisierung zu.
In der vorliegenden Arbeit wird daher der Versuch unternommen, die
bisherigen Erkenntnisse und Argumentationsstränge in ein Analyseraster
einzuordnen. Wiederkehrende Themenfelder der vorliegenden Literatur
wurden zu sechs methodischen Analyseräumen verdichtet, mit Hilfe derer die
aktuelle Debatte strukturiert und die Komplexität und Vielschichtigkeit des
islamisierten Antisemitismus verdeutlicht werden sollen. Folgende
Argumentationslinien bezüglich eines „neuen“, islamisierten Antisemitismus
4
können durch das Analyseraster, welches auch die Gliederung dieser Arbeit
bestimmt, erfasst werden: Die traditionellen Quellen und Stereotype des
islamisierten Antisemitismus (1), die verschiedenen Einflüsse und
Entwicklungen, die dieser erfahren hat (2), die begleitenden historischen und
politischen Rahmenbedingungen (3), seine gesellschaftliche Funktion (4), die
Sinnstruktur des islamisierten Antisemitismus (5) und schließlich seine
konkreten aktuellen Auswirkungen (6).
Nur durch diese gesonderte, jedoch nicht unabhängige Betrachtung
verschiedener Ebenen kann eine differenzierte Bewertung des Phänomens
gelingen. In dieser Arbeit wird deutlich, dass es fragwürdig ist, in Bezug auf
den islamisierten Antisemitismus vorschnell von einem „neuen
Antisemitismus“ zu sprechen. Mit Hilfe des Analyserasters können außerdem
die einzelnen Forschungslücken und Defizite der Debatte besser
herausgearbeitet und so eine Grundlage zu deren Beseitigung geschaffen
werden. Während bisher der moderne europäische Antisemitismus und der
Antisemitismus in der islamisch-arabischen Welt sowohl in der
wissenschaftlichen Reflexion als auch in Statistiken eher getrennt
voneinander behandelt wurden, legen die Erkenntnisse dieser Arbeit nahe,
dass zwischen beiden Phänomenen auf einer weltanschaulichen Ebene wie
auch in der Realität Wechselwirkungen und Überschneidungen bestehen. Die
Anerkennung dieses Befundes würde sich wiederum auf den
gesellschaftlichen und politischen Umgang mit dem Phänomen eines
islamisierten Antisemitismus auswirken. Daher ist das Thema meiner Arbeit
auch für den deutschen Diskurs relevant.
Im folgenden Unterkapitel 1.2 werden zunächst die zentralen Begrifflichkeiten
erläutert und deren Problematiken diskutiert. Einleitend zur eigentlichen
Analyse des islamisierten Antisemitismus im Kapitel 2 werden die erwähnten
Analyseräume genauer beschrieben, um sie schließlich in den Unterkapiteln
2.2.1 bis 2.2.6 auf die Debatte um den islamisierten Antisemitismus
anzuwenden. Abschließend folgen das Fazit und ein Ausblick.
5
1.2 Begrifflichkeiten
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es zunächst notwendig, die
zentralen Begrifflichkeiten der vorliegenden Arbeit näher zu erläuterten.
Zunächst zum Begriff des Antisemitismus: Die jahrhundertelange Geschichte
antijüdischer Ressentiments und deren Wandlungen von Inhalten und
Erscheinungsformen kann hier nicht ausführlich erläutert werden. In
Anlehnung an den Historiker und ehemaligen Leiter des Zentrums für
Antisemitismusforschung Wolfgang Benz (2008: 19f.) können an dieser Stelle
aber vier ineinander übergehende historische Tendenzen ausgemacht
werden: Der christliche Antijudaismus vom Mittelalter bis zur Neuzeit, der
rassistische Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts, welcher zum
Holocaust führte, der seit 1945 vor allem in Deutschland zu findende,
sekundäre Antisemitismus, welcher sich „aus Gefühlen der Scham und
Schuldabwehr“ (ebd.) speist und dem häufig die Formulierung „nicht trotz,
sondern wegen Auschwitz“ (z.B. Haury 2002: 149) beigefügt wird, und
schließlich der israelbezogene Antisemitismus, der in Gestalt von
Antizionismus auftritt.
Was eine Definition des modernen6 Antisemitismus betrifft, so muss erwähnt
werden, dass eine solche immer defizitär bleiben muss, da es sich weniger
um ein starres Gebilde handelt, sondern vielmehr – mit den Worten Adornos
(1995: 111) – um ein „bewegliches Vorurteil“. Der Sozialwissenschaftler
Samuel Salzborn (2010: 29) bemerkt dazu, dass die sozialwissenschaftliche
Theoriebildung bezüglich des Antisemitismus gewissermaßen vor einer
unlösbaren Aufgabe steht. Es geht darum, den Antisemitismus zwar
verstehbar, nicht jedoch verständlich zu machen, „Erklärungen für das
Unerklärbare“ (ebd.) zu finden. Es ist daher schwer, einem solch komplexen
Phänomen mit einer knappen Definition gerecht zu werden. Oft verwendet,
indessen ebenso kontrovers diskutiert, wird die Arbeitsdefinition der
6 Der Begriff „moderner Antisemitismus“ hat sich in der Antisemitismusforschung als Beschreibung für den europäischen Antisemitismus ab Ende des 19. Jahrhunderts durchgesetzt. Damit soll eine Abgrenzung zum früheren christlichen Antijudaismus markiert werden. Inwieweit hier Brüche und Kontinuitäten bestehen, soll in dieser Arbeit nicht diskutiert werden.
6
European Union Agency for Fundamental Rights (FRA, ehemals European
Monitoring Centre on Racism and Xenophobia, EUMC):
„Antisemitism is a certain perception of Jews, which may be expressed as hatred
towards Jews. Rhetorical and physical manifestations of antisemitism are directed toward
Jewish or non-Jewish individuals and/or their property, toward Jewish community institutions
and religious facilities. In addition, such manifestations could also target the state of Israel,
conceived as a Jewish collectivity.“ (EUMC)
Dieser Beschreibung sei in Anlehnung an Thomas Haury (2002: 30)
hinzugefügt, dass es sich beim Antisemitismus nicht um eine „bloße
Anhäufung verschiedener Stereotype“ handelt, sondern vielmehr um ein
geschlossenes Weltbild. Auch Klaus Holz (2001: 11) spricht bezüglich des
modernen Antisemitismus von einer antisemitischen „Weltanschauung“, der
bestimmte Sinn- und Denkstrukturen zu Grunde liegen. Eines der zentralen
Merkmale der antisemitischen Weltanschauung ist der
Verschwörungsgedanke, welcher mit Machtzuschreibungen einhergeht.7
Während es zwar weitestgehend unumstritten ist, dass es sich beim eingangs
beschriebenen Phänomen in der islamisch-arabischen Welt um
Antisemitismus handelt, besteht Unklarheit darüber, welches Attribut in
diesem Zusammenhang angemessen ist. In der deutschen
Antisemitismusforschung stehen dabei die Begriffe „islamischer“,
„muslimischer“, „arabischer“, „islamistischer“, „islamisierter“ oder auch
„arabisch-islamischer“ Antisemitismus zur Diskussion. Gemeint ist im Prinzip
mit jeder der Bezeichnungen das gleiche Phänomen, nämlich sowohl ein
Antisemitismus in den muslimischen Communities in Europa als auch in
Nahost und anderen islamisch-geprägten Gesellschaften wie der Türkei.
Dennoch verrät jedes der genannten Attribute inhaltliche Vorannahmen, die
problematisch sind.
Wie etwa Cem Özdemir (2006: 220) andeutet, machen die Bezeichnungen
„islamischer“ oder „muslimischer“ Antisemitismus glauben, es handele sich
um ein auf den Gesamtislam bzw. den muslimischen Kulturkreis bezogenes7 Auf den Antisemitismus als Weltanschauung wird in den Unterkapiteln 2.2.4 und 2.2.5 näher eingegangen. Für dieses einleitende Kapitel sollen die obigen Ausführungen genügen. Um der Frage „Was ist Antisemitismus?“ einigermaßen gerecht zu werden, müssten ganze Bücher verfasst werden ( z.B. Benz (2008) u.v.m.).
7
Phänomen. Auch deutet der Begriff des „islamischen Antisemitismus“ auf
eine Parallele zum christlichen Antijudaismus hin, suggeriert also, der
beschriebene Antisemitismus speise sich aus dem Islam als Religion. Des
Weiteren meint Özdemir (2006: 220f.), es muss vielmehr die Frage gestellt
werden, „was am Antisemitismus von Muslimen konkret islamisch ist“. Seiner
Meinung nach nährt sich jener Antisemitismus nicht aus der Religion, sondern
hauptsächlich aus rassistischen Vorurteilen. Zusätzlich könne er nicht
losgelöst vom Nahost-Konflikt betrachtet werden. Aus denselben Gründen
zieht, so Özdemir (2006: 221), zum Beispiel der Islamwissenschaftler Stefan
Wild den Begriff des „arabischen Antisemitismus“ vor. Hier wiederum wendet
Klaus Faber (2006: 168) berechtigterweise ein, dass damit lediglich der
Antisemitismus muslimischer (und christlicher) Araber_innen erfasst wird,
nicht jedoch der der nicht-arabischen Bevölkerungsgruppen wie zum Beispiel
der Türk_innen und den türkischstämmigen Menschen in Westeuropa.8 Auch
die oft verwendete Bezeichnung „islamistischer Antisemitismus“ hält Faber
(2006: 168) für unzureichend, werde so doch von einem „viel zu kleinen Kreis
im Islam“ gesprochen. In den letzten Jahren kam schließlich der Begriff des
„islamisierten Antisemitismus“ (vgl. Kiefer 2007a). Da sich der
Antisemitismus der islamisch-arabischen Welt nicht ausschließlich aus der
Religion speise, viele westliche Einflüsse erfahren habe und seine
Strukturmerkmale größtenteils mit denen des modernen Antisemitismus
identisch seien, handele es sich eher um einen „islamistisch übertünchten“
Antisemitismus, so der Islamwissenschaftler Michael Kiefer (2007a: 80).
Wirklich durchsetzen konnte sich der Begriff des „islamisierten
Antisemitismus“ ebenso wenig wie seine Alternativen.
Offensichtlich fehlt es bisher an einer einheitlichen und präzisen Bezeichnung
für das zu erörternde Phänomen. Nach längerem Abwägen wird für diese
Arbeit der Begriff des „islamisierten Antisemitismus“9 verwendet. Gemeint ist
damit das Phänomen eines – insbesondere in den letzten Jahren offen zu Tage
getretenen – Antisemitismus in erstens islamisch geprägten Gesellschaften8 Hier sei bemerkt, dass es starke Abgrenzungsbemühungen zwischen Türk_innen und Araber_innen gibt, sowohl in der Türkei als auch in den muslimischen Communities in Europa.Genau genommen fällt auch der Iran, welcher bezogen auf Antisemitismus nicht außer Acht gelassen werden sollte, nicht oder nur teilweise unter den Begriff „arabische Welt“.9 Fortan ohne Anführungszeichen.
8
und zweitens den muslimischen Communities in Europa (sowohl mit
türkischem als auch arabischem Hintergrund). Um diese beiden Räume und
Gesellschaften zu erfassen, wird vereinfachend der Begriff der „islamisch-
arabischen Welt“ gebraucht. „Islamisch“, um auch die Türkei einzubeziehen
und generell islamisch-geprägte Gesellschaften, inklusive der muslimischen
Communities in Europa, zu betonen; „arabisch“, um doch einen Fokus auf
den arabischen Raum und die Nahost-Region zu legen. Obwohl offenkundig
ist, dass diese methodische Eingrenzung grob vereinfachend und der
Gemengelage keineswegs angemessen ist, kann sie aus dem Grund, dass die
muslimischen Communities in Europa durch Satellitenfernsehen, dem
Internet und international erscheinenden Filmen keineswegs vom
Antisemitismus der außereuropäischen islamisch-geprägten Gesellschaften
abgekoppelt sind, dennoch vertreten werden. Eine genaue Eingrenzung
bezüglich der betrachteten Regionen und der Personengruppen ist in diesem
Rahmen kaum möglich. Zum Beispiel müsste den europäischen
Zuwanderungsgesellschaften als Form einer Hybridkultur eine gesonderte
Betrachtung zukommen. Da diese Unterscheidung aber in der vorliegenden
Literatur nicht klar und durchgängig unternommen wird, kann sie auch in
dieser Arbeit nur unzureichend berücksichtigt werden.
2 Analyse der Debatte um einen islamisierten Antisemitismus
Zum Thema des Antisemitismus in der islamisch-arabischen Welt findet sich
mittlerweile eine große Bandbreite an Material: von längeren,
wissenschaftlichen Abhandlungen über kürzere Kommentare bis hin zu
polemischen Zeitungsartikeln. Eine gewisse Dynamik und Emotionalität prägt
die Debatte (insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland) auf Grund
ihrer gesellschaftlichen und politischen Brisanz. Zum einen lässt sich in der
Auseinandersetzung mit dem Thema der äußerst sensible Themenbereich
des Nahost-Konflikts nicht ausblenden, zum anderen erscheint die Bewertung
des Phänomens neben einer parallel laufenden Debatte um eine sogenannte
„Islamophobie“ – oder besser gesagt, um den antimuslimischen Rassismus –
besonders heikel.
9
Gleichzeitig ist wohl genau jene Brisanz Ursache dafür, dass die Debatte um
einen islamisierten Antisemitismus zunächst sehr verhalten begann. So
konstatieren Forscher_innen des Berliner Zentrums für
Antisemitismusforschung bezüglich eines anwachsenden Antisemitismus in
den muslimischen Communities in Deutschland, dass dieser lange Zeit von
der Politik und der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wurde bzw. nicht
wahrgenommen werden wollte (Benz und Wetzel 2007: 19). Auch die
Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer (2006: 243) bemängelt, dass man sich
in ihrem Fachbereich lange gescheut hat, dieses Thema zu bearbeiten.
Bezeichnend für diese Zögerlichkeit war auch die vorläufige
Nichtveröffentlichung der ersten EU-weiten Studie zu Erscheinungsformen
von Antisemitismus für die Europäische Stelle zur Beobachtung von
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) in Kooperation mit dem Zentrum
für Antisemitismusforschung für das Jahr 2002. Darin hieß es, dass die für die
Studie erfassten, antisemitisch motivierten Straftaten oft von muslimischen
Jugendlichen begangen worden seien. Warum die EUMC die Studie zunächst
zurückhielt, ist nicht abschließend geklärt worden. Vermutlich waren aber die
aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten (Ausbruch der zweiten Intifada im
Jahr 2000) und die Ereignisse des 11. September 2001 die Gründe dafür, dass
die Studie zunächst nicht offiziell, später in veränderter Form veröffentlicht
wurde.10 Dass jedoch eine Debatte um einen „neuen“, islamisierten
Antisemitismus seit Anfang der Nullerjahre auch in der Bundesrepublik
Deutschland angestoßen worden ist, zeigen nicht nur die Literatur, sondern
auch die verschiedenen Fachtagungen und Konferenzen zu diesem Thema.11
Die in den letzten zehn Jahren geführte Debatte soll an dieser Stelle näher
betrachtet werden. Woher kommt dieser Antisemitismus in der islamisch-
arabischen Welt, wie entwickelte er sich, welcher Logik folgt er? Was ist das10 Für weitere Details siehe den Newsletter des Zentrums für Antisemitismusforschung (2003).11 So zum Beispiel die OSZE-Konferenz zum Thema Antisemitismus in Berlin im April 2004 , die Tagung „Antisemitismus und radikaler Islamismus“ des Zentrums für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin im Dezember 2005, die internationale Konferenz „Antisemitismus heute - Europäische Debatten im Vergleich“ der Heinrich-Böll-Stiftung im Januar 2004, die Konferenz „Islamischer Antisemitismus unter jungen Menschen mit Migrationshintergrund“ im Juni 2006 an der Alice-Salomon-Fachhochschule u.v.m.
10
„wirklich Neue“ an diesem Antisemitismus? Hier wird der Versuch
unternommen, mit Hilfe der oben genannten Analyseräume die vorliegenden
Argumente der Debatte zu strukturieren.
11
2.1 Beschreibung der Analyseräume
Für die Analyse des islamisierten Antisemitismus ist hilfreich und zielführend,
die folgenden Aspekte zunächst voneinander zu unterscheiden:
1) Traditionelle Quellen und Stereotype
Dieser erste Analyseraum behandelt die Frage, inwiefern sich traditionelle
Stereotype und Vorurteile gegenüber Jüdinnen und Juden in der Kultur der
islamischen Mehrheitsgesellschaft ausmachen lassen. Dabei muss zwischen
einer normativen und einer empirischen Ebene unterschieden werden.
Welcher Status wird Jüdinnen und Juden de jure im Koran und der Sunna12
zugeschrieben? Wie aber war das Leben de facto für Jüdinnen und Juden
unter islamischer Herrschaft? Welche Bildsprache findet sich in den
entsprechenden religiösen Quellen? Die Beantwortung dieser Fragen ist
wiederum eng verwoben mit der eingangs dargelegten Begriffsdiskussion,
welche einen nicht geringen Teil der gesamten Debatte ausmacht: Handelt es
sich um einen tief im Islam verwurzelten islamischen Antisemitismus oder um
einen später entstandenen, schließlich islamisierten Antisemitismus?
2) Einflüsse und Entwicklung
Dieser Aspekt behandelt die Frage nach dem Ausmaß und der Qualität der
verschiedenen Einflüsse, welche zur Verfestigung antisemitischer Strukturen
in der islamisch-arabischen Welt geführt haben. Einerseits muss untersucht
werden, welchen Akteur_innen dabei eine Schlüsselrolle zukam, andererseits
sollte auch die theoretische Verquickung verschiedener ideologischer
Einflüsse berücksichtigt werden. Dieser Aspekt hängt eng mit dem folgenden
dritten Analyseraum zusammen.
3) Historische und politische Rahmenbedingungen
Während der zweite Aspekt eher die theoretischen Entwicklungen sowie
historische Schlüsselfiguren untersucht, sollen in diesem Analyseraum die
Rahmenbedingungen fokussiert werden, welche eine Verfestigung des
Antisemitismus entweder hemmen oder fördern konnten. Zentral sind neben
12 Die Sunna ist eine Sammlung aus Überlieferungen über Worte, Taten und Lebensweisen des Propheten Mohammed und ist neben dem Koran die zweitwichtigste Quelle des islamischen Rechts.
12
der Betrachtung früherer historischer Entwicklungen eindeutig die
Entstehung und der Verlauf des Nahost-Konflikts. Dabei kann ein nächster
wichtiger Streitpunkt in der Debatte um den islamisierten Antisemitismus
aufgegriffen werden. Handelt es sich dabei eher um eine Ursache oder um
eine Folge des Konflikts? Welches ist die unabhängige, welches die abhängige
Variable? Inwiefern könnten beide Phänomene unabhängig voneinander
betrachtet werden?
4) Gesellschaftliche Funktion
Auf dieser Analyseebene soll versucht werden, auf einer theoretischen Ebene
die tiefer liegenden Ursachen für den Antisemitismus in der islamisch-
arabischen Welt zu ergründen. Da die Analyse der innergesellschaftlichen
Funktion von Antisemitismus im Allgemeinen ein besonders breit
bearbeitetes Feld der gesamten Antisemitismusforschung darstellt, sollen
hier nur einzelne, für diesen Kontext besonders wichtige Aspekte
herausgegriffen werden. Dazu zählen neben individualpsychologischen
Gewinnen vor allem der Bereich der Wir-Gruppen-Konstruktion und der
Identitätsbildung. Aber auch das Auftreten antisemitischer
Verschwörungstheorien wird in Zusammenhang mit der Geschichte und der
aktuellen Situation der islamisch-arabischen Gesellschaften näher erläutert.
5) Semantik
Die Semantik des Antisemitismus ist die ihm zu Grunde liegende, abstrakte
Bedeutungsebene. Sie bezeichnet das Gemeinsame aller antisemitischen
Äußerungen in Wort, Schrift und Bild und ermöglicht es, diese raum-, kontext-
und zeitunabhängig zu verstehen und als antisemitisch zu identifizieren. In
diesem Bereich hat sich insbesondere Klaus Holz mit seiner in der aktuellen
Antisemitismusforschung viel rezipierten Theorie des Nationalen
Antisemitismus hervorgetan. Durch eine umfassende und detaillierte
Semantikanalyse verschiedener Texte, bei deren Auswahl er darauf geachtet
hat sowohl in Bezug auf die Zeit als auch auf den Kontext und die Region eine
weite Bandbreite zu erfassen, entwickelte er generalisierte Regeln, mit denen
die Sinn- und Denkstrukturen der antisemitischen Weltanschauung zu
erfassen sind. Inwiefern treffen diese Regeln auf den islamisierten
Antisemitismus zu? Ähneln sich die Sinnstrukturen des modernen
13
europäischen Antisemitismus und des „neuen“ Antisemitismus in der
islamisch-arabischen Welt oder folgen sie unterschiedlichen Logiken?
14
6) Manifestation
Im letzten Analyseraum wird die sichtbare Oberfläche der antisemitischen
Struktur in den Blick genommen und soziale Praxen, denen der islamisierte
Antisemitismus zu Grunde liegt, näher betrachtet. Denn es sind die konkreten
Auswirkungen, weshalb Vorurteile und antisemitische Strukturen so
gefährlich sind. In welcher Art von Handlungen äußert sich der
Antisemitismus?
Sicherlich ließen sich noch weitere Ebenen und Perspektiven zur Analyse des
islamisierten Antisemitismus ausmachen, hier sollen die genannten sechs
ausreichen.13 Auch das weite Feld der Bekämpfung sowie Prävention des
Antisemitismus in den muslimischen Communities in Europa wird daher
ausgeklammert. Die soeben vorgestellten Analyseräume sind eng
miteinander verwoben und können durchaus nicht isoliert betrachtet werden.
Für die Erfassung der Debatte um einen „neuen“, islamisierten
Antisemitismus und eine differenzierte Bewertung ist es jedoch hilfreich,
diese sechs Aspekte zunächst auseinander zu halten.
2.2 Anwendung der Analyseräume
Jeder der Analyseräume könnte allein mehrseitige wissenschaftliche
Abhandlungen füllen. Auf Grund der Rahmenbedingungen dieser Arbeit
werden jeweils nur die wichtigsten Aspekte und am häufigsten in der Debatte
genannten Argumente berücksichtigt.
2.2.1Traditionelle Quellen und Stereotype
In der Debatte um einen islamisierten Antisemitismus lässt es sich kaum
eine_r der Autor_innen – egal, ob Islamwissenschaftler_in oder nicht –
entgehen, einen Blick in die ferne Vergangenheit zu werfen und etwas zur
Situation von Jüdinnen und Juden im sogenannten „klassischen Islam“ oder
im Osmanischen Reich anzumerken. Die Tiefe und Präzision dieser
13 Wichtig wäre zum Beispiel eine Analyse dessen, in welcher Form die vorhandenen antisemitischen Strukturen reproduziert werden. Dafür müssten die Medien genauer analysiert, aber auch zum Beispiel islamisch-arabische Gegenwartsliteratur und Schulbücher näher unter die Lupe genommen werden.
15
Reflexionen divergieren, fast immer wird dabei aber der Status der Jüdinnen
und Juden als Schutzbefohlene erwähnt. Diese und einige andere
Ausführungen sollen hier schlaglichtartig beleuchtet werden. Eine
umfassende Analyse ist Aufgabe der Geschichts- und Islamwissenschaften
und kann hier nicht erschöpfend geleistet werden.
Islamisches Recht—Jüdinnen und Juden als dhimmis
Traditionell unterscheidet das islamische Recht zwei Kategorien von Nicht-
Muslim_innen (kuffār): Die erste bilden die polytheistischen und heidnischen
Bevölkerungsgruppen, mit denen den Muslim_innen jegliche soziale
Interaktion versagt war. Unter islamischer Herrschaft wurden sie meist zum
Islam gezwungen, versklavt oder gar getötet. Zur zweiten Kategorie zählen
die sogenannten „Leute des Buches“ (ahl al-kitab), zu denen neben der
christlichen auch die jüdische Minderheit zählte. Ihr Status war durch einen
Schutzvertrag sicher gestellt, der sie zu dhimmis, Schutzbefohlenen, machte.
Das bedeutet, Jüdinnen und Juden wurden unter islamischer Herrschaft als
Minderheit mit eingeschränkten Rechten und Pflichten anerkannt. So war
durch den Vertrag einerseits die Unversehrtheit des Körpers, des Lebens und
des Eigentums geregelt, andererseits unterlagen sie bestimmten
Kleidungsvorschriften zum Zeichen ihrer Inferiorität und anderen
Restriktionen bezüglich der öffentlichen Ausübung ihrer Religion sowie ihrer
sozialen Handlungsspielräume (Krämer 2006: 249). Sie erhielten allerdings
nicht die gleichen Rechte, die den Muslim_innen zugestanden wurden, wie
zum Beispiel das Recht auf nationale Souveränität (Foxman 2006: 173).14
Jedoch variierten die Bestimmungen über die dhimmis mit den verschiedenen
Schulen des islamischen Rechts. In diesem Punkt unterschieden sich zum
Beispiel die sunnitischen von den schiitischen Auslegungen (Krämer 2006:
250). Krämer (2006: 246) bemerkt dazu, dass Jüdinnen und Juden im Islam
eine unter mehreren nicht-muslimischen Minderheiten waren und sich die
Bestimmungen im Umgang mit ihnen nicht explizit auf sie bezogen, sondern14 In Bezug auf den Nahost-Konflikt ist dieser Aspekt eventuell nicht unwichtig. Wistrich (2004: 267) führt dazu aus: „Der jüdische Staat ist theologisch und ontologisch nicht zu akzeptieren, weil kein ‚Schutzvolk‘ (dhimmis) staatliche Souveränität auf einem Gebiet besitzen kann, das als ‚heiliges muslimisches Territorium‘ gilt. Dies wird als Affront gegen das‚gottgegebene Recht‘ der Muslime verstanden, exklusive politische Herrschaft im dar al-Islam (Haus des Islam) auszuüben.“
16
zum Beispiel auch auf die Bevölkerung christlichen Glaubens15 (auch Lewis
1987a: 11).
Das Bild der Jüdinnen und Juden im Koran und den Überlieferungen
Im Vergleich zu den rechtlichen Bestimmungen lässt sich das Bild der
Jüdinnen und Juden im Koran schwieriger rekonstruieren. Oft wird heute
behauptet, „die Juden“ seien laut Koran die Nachkommen von Affen und
Schweinen, da sie Mohammed nicht als Propheten anerkannt hätten und
Allah sie deshalb in diese verwandelt habe (Carmon 2006: 206). In der
islamwissenschaftlichen Literatur findet sich dagegen ein differenzierteres
Bild: Laut der Koransure 5:60 würde Allah „lediglich“ alle Sünder_innen der
(monotheistischen) Nicht-Muslim_innen verfluchen und sie in Affen und
Schweine verwandeln (Krämer 2006: 270). Wie weiter unten ausgeführt wird,
sind solche und ähnliche Suren mit der Entstehung des Nahost-Konflikts, der
Niederlage der arabischen Staaten und dem Aufkommen des Islamismus
gezielt antijüdisch uminterpretiert und immer wieder zur Hetze gegen
Jüdinnen und Juden instrumentalisiert worden. Das Bild von Jüdinnen und
Juden als „Affen und Schweine“, als „Prophetenmörder“, „Verleugner der
Prophezeiung“, als der „Abschaum der Menschheit“ ist im öffentlichen
Diskurs der islamisch-arabischen Welt weit verbreitet und findet sich in
Predigten, TV-Sendungen und Zeitschriften (Solnick 2002).
Auch wenn sich diese und andere Bilder im Koran sowohl auf das Judentum
als auch auf das Christentum beziehen, bemerkt der Historiker Bernard Lewis
(1987a: 60f.), dass im Hadith, den Überlieferungen über Mohammed, das Bild
der Jüdinnen und Juden wesentlich negativer gezeichnet wird. Dies führt er
darauf zurück, dass die Jüdinnen und Juden – im Gegensatz zu den
Christ_innen – Mohammed in Medina aktiven Widerstand geleistet hatten.
Trotzdem gebe es keine Beweise dafür, dass die jüdische Minderheit
feindseliger oder schlechter behandelt worden sei als die christliche.
Das Leben von Jüdinnen und Juden unter islamischer Herrschaft
Damit wäre der Übergang zur nächsten wichtigen Frage dieses Analyseraums
getan: Wie lebten Jüdinnen und Juden tatsächlich unter islamischer
15 Außerdem zählten auch die Sabäer_innen, die Samariter_innen und die Anhänger_innen des Zarathustra zu den Schutzbefohlenen (Krämer 2006: 249).
17
Herrschaft?16 Während die rechtlichen Regelungen nicht immer einheitlich
waren, änderten sich unabhängig davon auch der soziale Status und die
Behandlung von Jüdinnen und Juden ständig. Die Situation der dhimmis hing
von den jeweiligen ökonomischen und politischen Umständen ab, von den
verschiedenen Herrschenden und von deren Beziehung zu den größeren,
nicht-muslimischen Mächten wie den Kreuzfahrer_innen, den Mongol_innen
oder den europäischen Kolonialmächten (Krämer 2006: 250; Lewis 1987a:
126f.).
16 Die meisten Schilderungen verschiedener Autor_innen beziehen sich auf die Situation von Jüdinnen und Juden im Osmanischen Reich. Wie Lewis (1987a: 106f.) anmerkt, gibt es über die Zeit davor sowie über die jüdischen Gemeinden außerhalb des Osmanischen Reiches (aber innerhalb der islamisch-arabischen Welt) wenig Material.
18
Das Fazit vieler Autor_innen (z.B. Foxmann 2006: 173; Carmon 2006: 204;
Zimmermann 2004: 300) lautet daher, dass es zwar keine einheitliche
islamische Traditionsgeschichte in Bezug auf die jüdische Minderheit gebe
und daher eine tief im Islam verwurzelte Judenfeindschaft nicht als
ausgemacht gelten könne. Jüdinnen und Juden seien als dhimmis
weitestgehend toleriert worden. Die Analyse historischer Quellen weise aber
darauf hin, dass das alltägliche Leben der jüdischen Minderheit unter
islamischer Herrschaft keineswegs frei von Diskriminierung und Verfolgungen
gewesen ist, jedoch – und diese Einschätzung findet sich in fast allen
Abhandlungen zum Thema – nicht so repressiv wie unter christlicher
Herrschaft.
Wichtiger als dieser letztgenannte Vergleich ist aber folgende Beobachtung:
Bis zum 20. Jahrhundert gingen antijüdische Einstellungen und Taten
hauptsächlich von den christlichen Bevölkerungsteilen des Osmanischen
Reiches aus. Judenfeindliche Ausschreitungen sind demnach eher auf
Streitigkeiten zwischen den rivalisierenden dhimmi-Gemeinden
zurückzuführen als auf die muslimische Mehrheit (Lewis 1987a: 134). Der
insbesondere im 19. Jahrhundert im christlichen Europa weit verbreitete
sogenannte Ritualmord-Vorwurf wurde auch unter islamischer Herrschaft von
der christlichen Minderheit lanciert. Der wohl bekannteste Vorfall ist die
Damaskus-Affäre17 von 1840. Indem Lewis (1987a: 142) hier von einem
„ersten dramatischen Ausdruck“ der neuen dreiseitigen Beziehung zwischen
Westen, Islam und Judentum spricht, macht er den christlich-europäischen
Einfluss auf die muslimische Mehrheitsgesellschaft im Osmanischen Reich
deutlich. Quellen belegen, dass sich die Ritualmordbeschuldigungen im
Osmanischen Reich nach der Damaskus-Affäre häuften (ebd.). Auch der
Soziologe Werner Bergmann (2003: 17) bemerkt hierzu, dass diese
Einmischung europäischer Hegemonialmächte zu Gunsten der christlichen
Minderheiten die Beziehungen zwischen Muslim_innen, Christ_innen und
17 Dazu kam es, als ein europäischer Kapuzinermönch in Damaskus verschwunden und in Folge dessen ein jüdischer Barbier des Ritualmordes beschuldigt worden war. Daraufhin wurden weitere Jüdinnen und Juden in Damaskus festgenommen und gefoltert. Hauptanstifter war ein Konsul in Frankreich, der eine internationale Pressekampagne forcierte, sodass die Affäre sich auch auf die jüdischen Gemeinden in Europa auswirkte (Lewis 1987a: 142f.)
19
Jüdinnen und Juden zu dieser Zeit destabilisierte.
Der Politikwissenschaftler Bassam Tibi (2007: 57) macht dagegen deutlich,
dass die Verhältnisse in diesem „Beziehungsdreieck“ durchaus einmal andere
waren. Denn Jüdinnen und Juden und Muslim_innen hätten zu Zeiten der
Kreuzzüge „als Opfer […] im selben Boot“ (ebd.) gesessen. Dafür, dass
Jüdinnen und Juden damals zu den Muslim_innen gehalten hätten, seien sie
schließlich von den christlichen Kreuzzügler_innen mitsamt ihrer Synagogen,
in die sie sich geflüchtet hatten, verbrannt worden. Diese Solidarität und
andere Anzeichen für eine jüdisch-islamische Tradition fänden seiner Meinung
nach heutzutage insbesondere im islamistischen Gedankengut keine
Beachtung mehr.
Jüdisch-islamische Symbiose?
Lewis (1987a: 76) und in dessen Sinne auch Tibi (2007: 57) sprechen von
einer früheren Symbiose zwischen Jüdinnen und Juden und
Araber_innen/Türk_innen.18 Dabei lautet das Gesamturteil von Lewis (1987a:
127), dass das Verhalten der muslimischen Mehrheit gegenüber der jüdischen
Minderheit im Osmanischen Reich eher verächtlich als feindselig gewesen ist.
Die dhimmis wurden einerseits als unterlegen und Staatsbürger_innen
„zweiter Klasse“ angesehen, andererseits wurden Jüdinnen und Juden unter
osmanischer Herrschaft als „wirtschaftlich produktiver, profitbringender
Bevölkerungsteil“ (ebd.: 128), welcher auf Grund der Einwanderung zudem
nützliche Kenntnisse aus Europa besaß, toleriert.19 Die Betonung der
harmonischen Beziehungen zwischen den jüdischen und muslimischen
Gemeinden wird in der Literatur auch unter dem Begriff „Geist von Cordoba“
zusammengefasst (z.B. Tibi 2007: 57ff.).
Dieses Bild einer jüdisch-islamischen Symbiose und der Jüdinnen und Juden
als verachtete, dennoch tolerierte Minderheit im Osmanischen Reich hat sich
zwar in der aktuellen Debatte um einen islamisierten Antisemitismus
durchgesetzt, wird jedoch nicht von allen Autor_innen vertreten. Der
18 Lewis legt außerdem dar, inwiefern eine wechselseitige Beeinflussung beider Religionen bestand: Jüdische Bräuche und Ideen beeinflussten die islamische Religion und umgekehrt (Lewis 1987a: 69ff.). 19 Auf Grund dessen waren immer wieder gezielte Umsiedlungen von Jüdinnen und Juden als positiver Wirtschaftsfaktor durchgeführt worden. Siehe dazu ausführlich Lewis: 1987a: 113ff.
20
Islamwissenschaftler Hans-Peter Raddatz (2002) zum Beispiel spricht
diesbezüglich von einem „Mythos vom toleranten Islam“ und nennt Bernard
Lewis gar einen „obsessiven Anwalt eines Wunschislam […], der die Realität
weit verfehlt“ (Raddatz 2007: 72).20 Raddatz selbst zeichnet in seinem
gleichnamigen Buch von 2007 ein ganz anderes Bild über „Allah und die
Juden“, nämlich eines von Pogromen und Massakern an Jüdinnen und Juden.
Auch den Rechtstitel der Dhimma nennt er die „Unterdrückung des Juden-
und Christentums“ (ebd.: 42). Die Basis dieser Einschätzungen ist dabei
fragwürdig. Raddatz (2007: 116) bezeichnet Antisemitismus als eine
„universale Judenfeindschaft“, welche sich kaum verändert und die
Geschichte überdauert habe (ebd.: 117), somit „unabhängig von Zeit und
Kultur“ (ebd.: 9) sei. Eingangs erläutert er, dass nicht zwischen
verschiedenen Formen des Antisemitismus differenzierten werden müsse und
es deshalb irrelevant sei, von wem dieser ausginge. Raddatz positioniert sich
also deutlich, indem er auch im historischen Islam diesen einen universalen
Antisemitismus ausmacht. Wie ein solch pauschales Konzept einer
„universalen Judenfeindschaft“ unabhängig von Raum und Zeit zu einer
differenzierten Analyse über judenfeindliche Einstellungen im Osmanischen
Reich führen soll, bleibt dabei fraglich. Werner Bergmann (2003: 17)
wiederum lässt sich in der Diskussion um eine im Islam verwurzelte
Feindschaft gegenüber Jüdinnen und Juden zwischen Lewis und Raddatz
verorten. Er ist der Meinung, dass neben einem „judenfreundlichen Strang“
im Islam auch von einer „endogenen Judenfeindschaft“ gesprochen werden
kann, welche „latent als Potential vorhanden war“ (ebd.).
Die vorangegangenen Ausführungen belegen, dass bezüglich der Frage nach
einer historisch verwurzelten Feindschaft gegenüber Jüdinnen und Juden im
Islam einiges im Unklaren ist. In diesem Rahmen sind aber zwei
Traditionslinien festzuhalten: Zum einen eine der islamischen Bildsprache
inhärente Sicht auf Jüdinnen und Juden als eine Minderheit, die den
Propheten Mohammed verleumdet, ihm Widerstand geleistet hat und daher20 Interessant ist hier eine Bemerkung von Bassam Tibi (2006: 187): „Die außerordentlich hohe Wertschätzung des Islam in Teilen der europäischen Orientalistik stammt beinahe ausschließlich von jüdischen Wissenschaftlern […]. Für jüdische Orientalisten war das Cordoba-Modell in der islamischen Geschichte eine geistige Waffe gegen den europäischen Antisemitismus.“
21
als verachtenswert und minderwertig galt. Dies könnte als potentieller
Nährboden für sich manifestierende antijüdische Einstellungen gesehen
werden. Zum anderen die Beobachtung, dass der von der christlichen
Minderheit ausgehende Antijudaismus auch in die muslimische
Mehrheitsgesellschaft einsickerte und insbesondere im 19. Jahrhundert
verstärkten Anklang gewann. Die Auswirkungen dieser und weiterer Einflüsse
sollen im folgenden Analyseraum näher betrachtet werden.
22
2.2.2Einflüsse und Entwicklung
Die Frage nach den Einflüssen und der Entwicklung des Antisemitismus in der
islamisch-arabischen Welt hängt sicherlich eng mit dem noch folgenden
Aspekt der historischen Rahmenbedingungen zusammen. Hier soll zunächst
versucht werden, gezielt die Rolle verschiedener Akteur_innen und Ideologien
zu betrachten, um sie anschließend mit der historischen Entwicklung in
Verbindung zu setzen. Dabei kann der für die Debatte wichtigen Frage
nachgegangen werden, inwiefern es sich beim Phänomen des islamisierten
Antisemitismus um einen sogenannten „Import aus Europa“ handelt.
Christlich-europäische Einflüsse um 1900
Wie bereits angedeutet, waren antijüdische Einstellungen aus Europa schon
früh in den muslimischen Gesellschaften vorhanden. Kiefer (2006: 290f.)
macht diesbezüglich drei Schritte aus, in denen sich dieses erste Eindringen
vollzog. Schon während der Expansionsphase des Osmanischen Reiches und
der Eroberung Konstantinopels im 15. Jahrhundert haben sich durch die
vielen christlich-orthodoxen Gemeinden, welche nun unter islamische
Herrschaft gelangten, antijüdische Einstellungen und Mythen verbreiten
können. Später im 19. Jahrhundert sind hauptsächlich Diplomaten, Kaufleute,
Journalisten, Priester und Missionare für den Import modern-antisemitischer
Elemente aus Europa verantwortlich gewesen. Auch wurden antisemitische
Schriften in dieser Zeit erstmals ins Arabische übersetzt, insbesondere im
Zusammenhang mit der Dreyfuss-Affäre. Als dritten Schritt macht Kiefer die
Revolution der Jungtürken von 1908 aus. Die Gegner_innen dieses Umsturzes
hatten darin einen Schlag gegen den Islam gesehen und die Ereignisse auf
jüdische Machenschaften zurückgeführt. Europäische Journalist_innen sind
maßgeblich daran beteiligt gewesen, diese Verschwörungsvorwürfe
aufzugreifen und zu verbreiten.
Die Protokolle der Weisen von Zion
Bezüglich der aus Europa stammenden antijüdischen und antisemitischen
Schriften und Bilder, welche den Antisemitismus in der islamisch-arabischen
Welt forcierten, müssen vor allem die Protokolle der Weisen von Zion, von
23
denen die erste arabische Übersetzung wohl in den 1920er Jahren entstand
(Krämer 2006: 257), erwähnt werden. Laut Kiefer (2006: 285) gelten sie als
„Schlüsseltext des modernen Antisemitismus“ (ebd.). Über den_die
Urheber_in der Protokolle gibt es nur Spekulationen. Als Inspiration kann aber
u.a. der Roman Biarritz (1868) von Hermann Goedsche gelten, handelt er
doch von der Versammlung der „Weisen von Zion“ auf einem jüdischen
Friedhof in Prag. Einige Jahre später taucht diese Geschichte erneut leicht
verändert und in russischer Sprache auf. Diesmal jedoch als
Tatsachenbericht, eben als Protokolle jener vermeintlichen Versammlung, auf
der die Pläne für eine „jüdische Weltherrschaft“ geschmiedet worden seien
(Benz 2007: 31ff.). Obschon sowohl wissenschaftlich als auch juristisch
mehrmals nachgewiesen werden konnte, dass es sich dabei um eine
Fälschung handelt, gelten die Protokolle Antisemit_innen bis heute als Beweis
für eine „jüdische Weltverschwörung“ und dienen als Instrument
antisemitischer Propaganda. Dies gilt auch für die arabischen
Nationalist_innen der 1950er Jahre und in deren Tradition für sämtliche
islamistische Organisationen, Gruppierungen und Akteur_innen bis heute
(ebd.: 96f.). Mit den in Syrien und Ägypten produzierten Serien Diaspora
(2003) und Ein Reiter ohne Pferd (2002) beispielsweise werden die Protokolle
der Weisen von Zion und deren antisemitischer Inhalt gar im Telenovela-
Format in der gesamten islamisch-arabischen Welt leicht zugänglich
verbreitet.21
Sayyid Qutb und die Konstruktion eines islamistischen Antisemitismus
Zu den arabischen Schlüsseltexten des Islamismus und somit des
islamisierten Antisemitismus zählt vor allem die Schrift Unser Kampf mit den
Juden (erstmals vermutlich 1950 erschienen) von Sayyid Qutb, dem
„geistigen Vater des islamistischen Antisemitismus“ (Tibi 2006: 185). Qutb
gelingt es, antisemitische Stereotype sowohl aus europäischen als auch aus
islamischen Quellen zu verbinden und aus ihnen eine islamisierte Version des
21 Für Details siehe Milson (2011). Die Serien wurden auf dem Satellitensender Al-Manar ausgestrahlt, welcher von der islamistischen Hisbollah betrieben wird. Außerdem fand die Erstausstrahlung während des Ramadans statt. Milson (2011) bezeichnet die Ramadan-Nächte als „peak of prime time viewing in Arab and Muslim countries“.
24
Antisemitismus zu formen (Kiefer 2006: 299).22 In dieser wie in anderen
islamistischen Schriften finden sich sowohl eine Rückbindung an das
(teilweise neu interpretierte) Judenbild im Koran als auch Bezugnahmen auf
NS-Literatur. Ein Beispiel dafür ist die Behauptung, Adolf Hitlers Mein Kampf
bestätige das Bild über „die Juden“ im Koran (ebd.; Tibi 2006: 186). Gudrun
Krämer (2006: 256) merkt an, dass es noch zu erforschen sei, welchen
Einfluss andere europäische Schriften auf die Entwicklung des Antisemitismus
in der islamisch-arabischen Welt hatten. So gebe es zum Beispiel Quellen,
nach denen Shakespeares Der Kaufmann von Venedig zur Etablierung des
Bildes vom „gemeinen und kriminellen Juden“ beigetragen hätte. Auch gelte
es, so Krämer, in diesem Kontext nicht-arabische Literatur und Quellen der
islamisch-arabischen Region, zum Beispiel türkische oder persische, näher zu
erforschen.
Auffällig ist, dass der Durchbruch solch antisemitischer und schließlich auch
arabischer Schriften erst nach dem Zweiten Weltkrieg stattfand. Die Frage,
inwiefern der Einfluss des nationalsozialistischen Deutschland auf die
islamisch-arabische Welt zu bewerten ist, stellt einen weiteren großen
Bereich der Debatte um einen „neuen“, islamisierten Antisemitismus dar. Um
ein ungefähres Bild des konkreten Einflusses durch das Handeln
verschiedener Akteur_innen zu vermitteln, sollen hier einige anschauliche
Beispiele dienen.
Nazi-Propaganda am Beispiel Ägypten
Der direkt forcierte Einfluss des nationalsozialistischen Deutschland auf die
Nahost-Region lässt sich mit den Aufzeichnungen Matthias Küntzels23 (2002:
26ff.) über die Entwicklung Ägyptens zwischen 1925 und 1945 gut
veranschaulichen. Bereits 1926 hatte der in Ägypten lebende Alfred Heß
(Bruder des späteren Stellvertreters von Adolf Hitler, Rudolf Heß) die
Landesgruppe Ägypten der NSDAP-Auslandsorganisation aufgebaut. Doch
noch im Frühjahr 1933 fanden in einigen Städten Großkundgebungen und22 Woher Sayyid Qutb genau seine Inspiration für solche Gedanken und Schriften hatte, sei unklar, so Herf (2011). 23 Auch wenn Matthias Küntzel ob seines polemischen Schreibstils oft unter Ideologieverdachtgestellt wird, erscheinen mir seine Ausführungen durchaus brauchbar, beruft er sich doch größtenteils auf wissenschaftliche Quellen (für diesen Aspekt insbesondere auf die bereits erwähnte Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer).
25
Demonstrationen gegen die Nazis statt, begleitet von einem Boykott
sämtlicher deutscher Produkte. Die anfänglichen Schwierigkeiten,
antisemitische Schriften in der ägyptischen Bevölkerung zu verbreiten,
kommentierte ein NSDAP-Sprecher in Kairo so: „Für das Verständnis der
Rassentheorie ist der Bildungsgrad der breiten Masse nicht fortschrittlich
genug […]. Das Verständnis für die Gefahren des Judentums ist hier noch
nicht geweckt.“ (vgl. Krämer 1982 zit. in Küntzel 2002: 27). Hierzu bemerkt
Lewis (1987a: 168) in Bezug auf antijüdische Karikaturen: Es bedurfte
„einiger pädagogischer Anstrengungen, bis man von arabischen
Zeitungslesern erwarten konnte, daß sie die Symbole verstanden“. Laut
Küntzel (2002: 27f.) kam es zum Umbruch, als die Nazis die ägyptische
Regierung gezielt unter Druck setzten, indem sie mit dem Boykott der
ägyptischen Baumwollproduktion, dem wichtigsten Exportartikel Ägyptens,
drohten. Unter diesem Druck verschärfte die ägyptische Regierung schließlich
wie gewünscht ihre Politik gegenüber der jüdischen Minderheit und kritisierte
auch den hauptsächlich von dieser angeführten, bereits erwähnten
antideutschen Boykott. Gleichzeitig intensivierte die NSDAP ihre
antisemitische Propaganda. Um die ägyptische Gesellschaft für die „Gefahren
des Judentums“ aufmerksam zu machen, sollte der bereits schwelende
Konflikt zwischen Araber_innen und Zionist_innen im britischen
Mandatsgebiet Palästina instrumentalisiert werden (ebd.: 29). Dabei wurde
insbesondere auf die direkte Zusammenarbeit mit arabischen Akteur_innen
gesetzt. Allen voran müssen hier Amin al-Husseini, der seit 1921 amtierende
Mufti von Jerusalem, und die 1928 in Ägypten gegründete
Muslimbruderschaft erwähnt werden.
Der Mufti von Jerusalem und die Muslimbruderschaft als Schlüsselfiguren
Für Klaus Holz und Michael Kiefer (2010: 110) ist der Mufti Amin al-Husseini
„der erste bedeutende arabische Antisemit“. Offiziell ist er 1921 von einem
Hochkommissar der britischen Mandatsmacht zum Präsident des islamischen
Oberrates ernannt worden, entwickelte sich aber schnell zum Anführer und
„Gründervater der palästinensischen Nationalbewegung“ (Wurst 2005: 193),
welche eine Befreiung vom britischen Mandat anstrebte. Schon 1920
provozierte al-Husseini antijüdische Ausschreitungen in Jerusalem, 1929
26
schließlich Pogrome, die erstmals offen nicht gegen „die Zionisten“, sondern
gegen alle „Juden“ gerichtet waren. So wurden auch ganze Viertel der seit
Jahrhunderten bestehenden jüdischen, nicht-zionistischen Gemeinden von
Safed und Hebron niedergebrannt, womit ein Wendepunkt in den arabisch-
jüdischen Beziehungen in Palästina markiert war (Küntzel 2002: 36). Der
Jugendverband der vom Mufti gegründeten Partei nannte sich Nazi-Scouts;
durch ihn wurden Flugblätter mit Hakenkreuzen und antisemitischer,
nationalsozialistischer Propaganda verteilt (ebd.: 37). Laut Lewis (1987b:
166ff.) hätten die Nazis anfangs kein großes Interesse an einer politischen
Einmischung in Nahost gehabt, die ersten Annäherungsversuche seien von
arabischer Seite ausgegangen. Dennoch sei die Abwanderung deutscher
Jüdinnen und Juden im deutschen Interesse gewesen und unterstützt worden.
Dies hätte sich jedoch 1937 mit den Empfehlungen des Berichts der Peel-
Kommission geändert, nach welchem die Aufteilung des britischen
Mandatsgebietes in zwei getrennte Staaten erfolgen sollte, einen jüdischen
und einen arabischen. Von deutscher Seite hieß es: Die „Bildung eines
Judenstaates oder jüdisch geleiteten Staatsgebildes unter britischer
Mandatshoheit liegt nicht im deutschen Interesse, da ein Palästina-Staat das
Weltjudentum nicht absorbieren, sondern zusätzliche völkerrechtliche
Machtbasis für internationales Judentum schaffen würde […] Es besteht
daher ein deutsches Interesse an Stärkung des Arabertums als Gegengewicht
gegen etwaigen solchen Machtzuwachs des Judentums.“ (in ebd.: 170).
Der Peel-Kommission vorangegangen und auch deren Anlass waren
wiederholte Ausschreitungen seitens der Araber_innen gegen jüdische (und
britische) Einrichtungen. Amin al-Husseini stellte sich an die Spitze dieser
Bewegung und heizte die Revolten nach Erscheinen des Peel-Berichts erneut
an. Gensicke (1988: 233f.) berichtet, der Mufti habe selbst zugegeben, „daß
es seinerzeit nur durch die ihm von den Deutschen gewährten Geldmittel
möglich war, den Aufstand in Palästina durchzuführen“.24 Dieser konnte so
noch bis 1939 andauern und wird heute auch als „Großer Arabischer
24 Laut Küntzel (2004: 283) geht außerdem aus Dokumenten des Direktors des Deutschen Nachrichtenbüros in Kairo hervor, dass auch die Muslimbruderschaft deutsche Zuwendungen erhalten hatte. Damit sei zum Beispiel sowohl eine Druckwerkstatt als auch die Militärorganisation ermöglicht und subventioniert worden.
27
Aufstand“ bezeichnet. Im Zuge dieser Entwicklungen solidarisierte sich auch
die ägyptische Muslimbruderschaft mit der arabischen Bevölkerung im
britischen Mandatsgebiet Palästina und startete verschiedene antijüdische
Kampagnen (Küntzel 2002: 29). Ihr Gründer, Hassan al-Banna, habe den
Kampf für ein „judenfreies“ Palästina zum Zwecke der Durchsetzung des
Djihad, seiner Meinung nach eine der wichtigsten religiösen Pflichten,
instrumentalisiert, meint Küntzel (2002: 32). Nachdem der Mufti von
Jerusalem ab 1941 seine Arbeit hauptsächlich in Form von Radiopropaganda
in Berlin fortgesetzt hatte, wurde er 1947 zum Stellvertreter al-Bannas und
Anführer der „Muslimbrüder von Palästina“, Vorläufer der heutigen Hamas.
Radiosender Zeesen
Bevor es gezielt um die ideologischen Einflüsse geht, soll auf einen weiteren
Aspekt zur Kollaboration zwischen Nationalsozialist_innen und den arabischen
Antizionist_innen verwiesen werden: In den Jahren von 1939 bis 1945
sendete ein Kurzwellensender aus Zeesen, einem kleinen Ort südlich von
Berlin, täglich ein arabischsprachiges Programm bis in den Nahen und
Mittleren Osten (siehe Küntzel 2004). Darüber wurden antisemitische
Hetzbeiträge, Koranzitate und arabische Musik in die islamisch-arabische
Welt gesendet. Beaufsichtigt wurden die Ausstrahlungen ab 1941 von Amin
al-Husseini, der auf diesem Wege auch selbst immer wieder die Möglichkeit
nutzte, zum Djihad aufzurufen (Küntzel 2004: 272f.). Der Radiosender Zeesen
produzierte die meist gehörten arabischen Sendungen dieser Zeit (Hassan
2009: 456).25
Die faschistische Ideologie und die arabische Nationalbewegung
In der Wissenschaft herrscht Uneinigkeit über die Bewertung der arabischen
Sympathien mit Nazi-Deutschland. So ist Gudrun Krämer (2006: 259f.) der
Meinung, sie seien eher politisch-strategischer als ideologischer Natur
gewesen. Die Kollaboration mit den Nazis habe als ein Schulterschluss gegen
25 Über die Inhalte sowie die politische Bedeutung dieser Sendungen siehe: Jeffrey Herf (2009) und (2010). An die Geschichte der Sendeanstalt Zeesen erinnert heute das Sendermuseum Königs Wusterhausen.
28
die feindlichen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich gedient.
Andere Autor_innen dagegen wie zum Beispiel der Historiker Jeffrey Herf
(2011) befinden, dass die Sympathien von arabischer Seite aus über das
Motiv „der Feind meines Feindes ist mein Freund“ deutlich hinausgegangen
seien. Doch auch Krämer (2006: 260) spricht Teilen der arabischen
Bevölkerung eine Nähe zur faschistischen Ideologie und deren Werten wie
Disziplin, Gemeinschaft und Stärke nicht ab. Gensicke (1988: 207), Küntzel
(2004: 277) und auch Hassan (2009: 457) führen dies weiter aus und
verweisen auf die vom Mufti al-Husseini formulierten Berührungspunkte
zwischen vermeintlich muslimischen und deutschen Idealen:
1) Monotheismus – Einheit der Führung2) Die ordnende Macht – Gehorsam und Disziplin3) Der Kampf (und die Ehre im Kampf zu fallen)4) Die Gemeinschaft5) Familie und Nachwuchs6) Das Verhältnis zu den Jüdinnen und Juden: „In der Bekämpfung des Judentums
nähern sich der Islam und der NS einander sehr“, so der Mufti in einemVortrag (in Gensicke 1988: 207).
Auch Heinrich Himmler habe diese „weltanschauliche Verbundenheit“ (vgl.
ebd.: 171) positiv hervorgehoben.
In dieser Arbeit können nicht Geschichte und Folgen des panarabischen
Nationalismus im Detail ausgeführt werden. Bereits im Osmanischen Reich
existierten erste Ideen von einem großen arabischen Reich, durchsetzen
konnte sich die panarabische Ideologie jedoch erst mit der Niederlage der
arabischen Staaten im Jahr 1948 und den antikolonialen Bewegungen nach
dem Zweiten Weltkrieg (Heine 2006: 56f.). Dabei ging es um die Konstruktion
einer kollektiven und ausdrücklich homogenen Identität in Abgrenzung zum
„Westen“, zum Kolonialismus, zum Zionismus. Die panarabische Ideologie sah
den Nationalsozialismus „als Modell für nationale Einigung, Gegengewicht
gegen den westlichen Imperialismus und als Quelle revolutionärer Kraft“
(Wistrich 2004: 255). Tibi (2007: 52) nennt den Panarabismus auch einen
„völkisch-germanophile[n] arabische[n] Nationalismus“. Nordbruch (2007: 39)
verweist dabei auf die These einer antisemitischen Latenz im Nationalismus.
So sei die Konstruktion „des Juden“ als innerer und äußerer Feind eher auf
den panarabischen Nationalismus als auf den realen Nahost-Konflikt
29
zurückzuführen. Zimmermann (2004: 301) konstatiert dazu etwas forsch:
„Die zionistische Einwanderung hat die Idee des Nationalismus aus Europa in
die Region gebracht und hat so zur Konfrontation zwischen Juden und
Arabern beigetragen.“ Es ist sicherlich nicht falsch, dass ein unmittelbarer
(auch zeitlicher) Zusammenhang zwischen der zionistischen Bewegung und
der Konstruktion eines palästinensischen Volkes besteht. Jedoch kann nicht –
und die oben genannten Punkte belegen dies – behauptet werden, der
Zionismus habe die nationalistische Ideologie in die arabische Welt getragen.
Vom Panarabismus zum Islamismus
Nach der erneuten Niederlage arabischer Staaten im Sechs-Tage-Krieg von
1967 geriet die Idee des Panarabismus zunehmend in die Krise und wurde
schließlich von der des Islamismus abgelöst (Müller 2007: 90), welche sich
spätestens mit der iranischen Revolution 1979 als politische Bewegung
etablieren konnte.26 Laut Tibi (2007: 50) bilden der einstige Panarabismus und
der heutige Islamismus die Quellen des „neuen“, islamisierten
Antisemitismus. „Der neue Antisemitismus beginnt gegen Ende des 19.
Jahrhunderts im Osmanischen Reich mit dem Hass gegen Minderheiten und
gedeiht etwas später im 20. Jahrhundert durch die panarabische Ideologie
und ihre Germanophilie. Daran schließt heute der djihadistische Islamismus
an, der mit den Muslimbrüdern begonnen hat“ (ebd.: 66). Tibi (2006: 182)
vertritt die These, dass der panarabische Judenhass vom „neuen“,
islamisierten Antisemitismus, welchen der Islamismus hervorgebracht habe,
zu unterscheiden sei. Der Panarabismus habe zwar die Vorarbeit für den
„neuen“ Antisemitismus des Islamismus geleistet, er sei aber säkular
gewesen, habe auf deutschen Quellen basiert und sei der Ideologie des
Nationalismus entsprungen. Jedoch: Gerade weil die antisemitischen und
antizionistischen Weltbilder des Islamismus auf tradierten Feindbildern des
Panarabismus basieren, sind sie heute weit über die islamistische Bewegung
hinaus in der islamisch-arabischen Welt verbreitet (Müller 2007: 101).27 Der
djihadistische Islamismus könne als „religiös gewendete und partiell auch als
26 Siehe zur Bedeutung der iranischen Revolution auch Henner Fürtig (2003).27 Trotzdem muss natürlich zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus als politische Ideologie unterschieden werden (auch wenn diese Unterschiedung von Islamist_innen selbst nicht unternommen wird).
30
eine in Form von Taten zugespitzte Form des arabischen Nationalismus
begriffen werden“, erläutert Müller (2007: 101) diese Entwicklung.
Im vorangegangenen Abschnitt wurde deutlich, dass der europäische
Antisemitismus einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung eines
islamisierten Antisemustismus hatte. „Von den Nazis erhielt der islamisch-
arabische Fundamentalismus nicht nur eine militärische und ideologische
Schulung und die dazugehörigen Waffen, er übernahm von ihnen auch die
antisemitischen Diskurse“, bemerkt von Braun (2004: 13) zusammenfassend
Die in diesem Zusammenhang oft verwendete Formel des „Imports aus
Europa“ ist mit Sicherheit nicht ganz falsch, doch bedarf es eingehenderer
Nachforschungen in diesem Gebiet. Denn die Analyse zeigt, dass
Schlüsselfiguren und Entwicklungen innerhalb der islamisch-arabischen Welt
ebenfalls eine wichtige Rolle zukam. Hervorzuheben ist auch der Befund von
Tibi und Müller, dass der panarabische vom islamistischen Antisemitismus
einerseits gesondert betrachtet werden müsse, andererseits er diesen aber
auch beeinflusst habe. Wie sind die Kontinuitäten und Brüche zu bewerten?
2.2.3Historische und politische Rahmenbedingungen
Nachdem die Schlüsselfiguren und ideologischen Einflüsse, welche zur
Etablierung eines islamisierten Antisemitismus beitrugen, dargestellt wurden,
sollen hier die Rahmenbedingungen und historischen Ereignisse, die die
Verfestigung antisemitischer Strukturen in der islamisch-arabischen Welt
begünstigten28, untersucht werden.
Zerfall des Osmanischen Reiches und Entkolonialisierung
Die Zeit vor der Entstehung des Nahost-Konflikts soll hier nur kurz angerissen
werden. Wie bereits erwähnt, konnten sich antijüdische Einstellungen bereits
im Osmanischen Reich entwickeln. Vor allem mit der Schwächung des
Osmanischen Reiches im 19. Jahrhundert wurde der jüdischen Minderheit
(zusammen mit anderen Minderheiten wie der griechischen und
armenischen) die Rolle des Sündenbocks zugeschrieben (Tibi 2007: 59).
„Damit beginnt ein Einstellungswandel, der historisch zu der neuen
28 Hier sei bemerkt, dass „begünstigen“ nicht mit „verursachen“ zu verwechseln ist.
31
Erscheinung des islamischen Antisemitismus führte“, so Tibi (ebd.) dazu.
Auch Nordbruch (2005: 223) bemerkt, dass der Zerfall des Osmanischen
Reiches und die damit verbundene Auflösung sozialer Strukturen und
Identitäten sowie der Wandel alter Normen und Werte Erklärungsversuche
innerhalb antisemitischer Vorstellungswelten begünstigten. Nach Holz und
Kiefer (2010: 110) lässt sich die Geschichte des islamisierten Antisemitismus
vornehmlich an zwei Entwicklungen festmachen: Erstens habe das Ende der
europäischen Vorherrschaft, also die Entkolonialisierung, eine „Wandlung
kollektiver Selbstverständnisse“ (ebd.) mit sich gebracht. Dabei ging es mit
der Idee des Panarabismus um Abgrenzungen zum Westen und zum
Imperialismus. Zweitens spiele die Entstehung des Nahost-Konflikts eine
wichtige Rolle. Beide Aspekte seien eng miteinander verbunden, da die
zionistische Bewegung ihrerseits von Teilen der arabischen Bevölkerung als
eine Kolonialisierung arabischer Gebiete seitens des „Westens“
wahrgenommen worden sei.
Der Einschätzung der Bedeutung des Nahost-Konflikts kommt in der Debatte
eine Schlüsselrolle zu. Die Positionen organisieren sich dabei hauptsächlich
zwischen den folgenden zwei Polen: Ist der Konflikt die Ursache des
islamisierten Antisemitismus wie wir ihn heute erleben? Oder ist umgekehrt
der Verlauf und die Zuspitzung des Konflikts die Folge antisemitischer
Strukturen?
Antisemitismus als „Auswuchs“ des Nahostkonflikts
Der Historiker und Islamwissenschaftler Alexander Flores (2006: 329) zum
Beispiel bezeichnet antisemitische Einstellungen unter palästinensischen
Araber_innen als „Auswuchs“ oder „Nebenerscheinung“ (original: outgrowth)
des Nahost-Konflikts. Die These, dass die Feindseligkeiten palästinensischer
Araber_innen ihre Ursache in der Natur des Konflikts hätten, leitet Flores
(2006: 307) aus dem Zusammenhang zwischen der Dynamik des Konflikts
und der Verbreitung des Antisemitismus ab. Als Grund für die Ethnisierung
des Konflikts sieht er das Verschwimmen der anfangs auch von arabischer
Seite vorgenommenen Unterscheidung zwischen den Zionist_innen einerseits
und den Jüdinnen und Juden andererseits (siehe auch Krämer 2006: 263f.).
Flores (2006: 318) legt nahe, dass hauptsächlich die Zionist_innen selber die
32
Verantwortung dafür trügen, da sie für sich beansprucht hätten, die
Interessen aller Jüdinnen und Juden zu repräsentieren und einen jüdischen
Staat zu gründen. Dies habe den Weg für die Ethnisierung geebnet und so zu
einer essentialistischen Judenfeindschaft der palästinensischen Araber_innen
geführt (ebd.: 320). Flores stellt also den islamisierten Antisemitismus als die
abhängige Variable des Nahost-Konflikts dar.
Die Rolle des Antisemitismus für den Nahostkonflikt
Viele wissenschaftliche Autor_innen sind dagegen anderer Meinung. Der
fundamentale Hass auf Jüdinnen und Juden, das Ausmaß antisemitischer
Propaganda in den islamisch-arabischen Medien und die dem Konflikt
inhärente Emotionalität, die ganze „Hysterie ist mit dem arabisch-
israelischen Konflikt nicht ausreichend zu erklären“ (Wistrich 2004: 252). Der
Historiker Dan Diner (2004: 317) erklärt das Antisemitische des Konflikts so:
Die Tatsache, dass Jüdinnen und Juden am Konflikt beteiligt seien, lade diesen
durch Bilder und Metaphern weiter auf. Diese „Bebilderungen“ würden nicht
direkt aus dem Konflikt an sich hervorgehen, sondern „ihm von außen, also
zeitlich und räumlich von weiterher, aufgebürdet werden“ (ebd.). Es handele
sich bei diesen „Bebilderungen“ um tradierte antijüdische Ressentiments
sowohl aus dem Frühislam, wie auch aus dem 19. Jahrhundert und frühen 20.
Jahrhundert, als westliche antisemitische Muster in die islamisch-arabische
Welt getragen und von dieser angenommen wurden. Für Tibi (2007: 55) folgt
daraus, dass der Antisemitismus eine friedliche Lösung des Nahost-Konflikts
sogar erschwert. Carmon (2006: 203) befindet, dass die antisemitischen
Stereotype, die vor allem in den islamisch-arabischen Medien zu finden sind,
vom eigentlichen Konfliktgeschehen zumindest inhaltlich abgekoppelt sind.
Lediglich das Ausmaß der antisemitischen Hasspropaganda hänge durchaus
mit der Entwicklung und bestimmten Ereignissen im Rahmen des Konflikts
zusammen. Gegen die These, dass der Antisemitismus als direkte Folge des
Nahost-Konflikts gesehen werden kann, spricht auch die Beobachtung, dass
der Antisemitismus in islamisch-geprägten Gesellschaften, die nicht direkt in
den Konflikt involviert sind (wie beispielsweise die Türkei) ebenfalls zu finden
ist. Dies gilt auch für muslimische Migrant_innen. Eine Studie mit
muslimischen Jugendlichen in Berlin kommt durch den Vergleich zwischen
33
palästinensischen, arabischen und türkischen Jugendlichen zu dem Befund,
dass das Phänomen antisemitischer Einstellungen unabhängig vom Konflikt
betrachtet werden kann (Arnold 2007: 86). Festzuhalten bleibt aber, dass der
Nahost-Konflikt und Israel „eine herausragende Projektionsfläche“ (Wurst
2005: 207) bieten. Der Konflikt kann zwar nicht als Ursache des
Antisemitismus gelten, aber dessen tiefer liegende Ursachen verstärken.
Diese hängen hauptsächlich mit der gesellschaftlichen Funktion des
Antisemitismus zusammen und werden im folgenden Unterkapitel 2.2.4
dargelegt.
Weitere Schübe zur Entwicklung und Verbreitung des islamisierten
Antisemitismus
Im Rahmen des Nahost-Konflikts kam es immer wieder zu Ereignissen, welche
genutzt werden konnten, um die antisemitische Propaganda in der islamisch-
arabischen Welt weiter anzuheizen. Kiefer (2007a: 83) konstatiert, dass der
Konflikt zwar nicht als Ursache gelten kann, er dennoch als historische
Rahmenbedingung die Entwicklung des islamisierten Antisemitismus zu
einem Massenphänomen ermöglichte. Werner Bergmann (2003: 17) spricht
vom Antisemitismus als „ideologisches Instrument im Konflikt mit Israel“.
Neben der Gründung Israels 1948 war es der von arabischer Seite aus
begonnene, jedoch auch verlorene Sechs-Tage-Krieg von 1967, welcher eine
erneute Niederlage und Demütigung der islamisch-arabischen Welt darstellte
(Müller 2007: 90). Als Erklärung dafür dienten antisemitische
Verschwörungstheorien. Der bereits erwähnte Essay Unser Kampf mit den
Juden von Sayyid Qutb wurde daraufhin mit finanzieller Unterstützung aus
Saudi-Arabien millionenfach verbreitet (Küntzel 2004: 288). Die Niederlage
von 1967 brachte auch eine bedeutende ideologische Wendung mit sich:
Schuld an der Niederlage sei der säkulare Nationalismus gewesen (Küntzel
2002: 67). Die schwindende Bedeutung des panarabischen Nationalismus
ermöglichte den Aufstieg des Islamismus, von dem nach Jochen Müller (2007:
85) heute die extremste Form des Antisemitismus in der islamisch-arabischen
Welt ausginge. Weitere Anlässe zur Verfestigung des Islamismus und somit
des Antisemitismus stellen die islamisch-schiitische Revolution 1979 im Iran,
der Libanonkrieg 1982 sowie die Erste (1987-1993) und die Zweite (2000-
34
2002) Intifada dar. Auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 boten
nochmals Zündstoff für antisemitische Verschwörungstheorien (Gessler 2006:
229; Tibi 2007: 46, 63).
Die Möglichkeiten der neuen Medien
Des Weiteren ist eine basale Rahmenbedingung der Grund für die
insbesondere in den letzten Jahrzehnten massiv ansteigende Verbreitung von
antisemitischer Propaganda in den islamisch-geprägten Gesellschaften sowie
den muslimischen Communities in Europa: Die Weiterentwicklung der
Medien, vor allem die Möglichkeit des Satellitenfernsehens und des Internets
(Kiefer 2007a; Wetzel 2003). Antisemitische Produktionen wie die
Fernsehserien Diaspora und Reiter ohne Pferd wurden bereits erwähnt. Das
Repertoire ist jedoch größer und reicht von eindeutig antisemitischen
Cartoons (z. B. MEMRI 2010) über Filme wie Zahras blaue Augen, die im
Internet heruntergeladen und vertrieben werden können (Benz und Wetzel
2007: 11) bis hin zu aktuellen Kinoschlagern wie dem türkischen Film Tal der
Wölfe – Palästina, der auch in Europa gezeigt wurde. Die Auswirkungen
solcher Produktionen und insbesondere der täglichen, einseitigen
Berichterstattung sowohl auf die islamisch-arabische Welt als auch auf die
muslimische Bevölkerung in Europa sind dabei nicht zu unterschätzen. Die
antisemitische Propaganda und die einseitige Berichterstattungen über den
Nahost-Konflikt bieten dabei „Gelegenheit zur Tat“ (Gessler 2004: 56).
So wird auch in der bereits erwähnten Studie mit muslimischen Jugendlichen
nahe gelegt, dass zwischen dem Konsum islamisch-arabischer Medien
generell und dem Begehen antisemitisch motivierter Straftaten ein
Kausalzusammenhang hergestellt werden könne (Arnold 2007: 86). Dazu ein
Ausschnitt aus der Studie:
„Die Hälfte der im Club interviewten Jugendlichen stellt einen Kausalzusammenhang
zwischen ihrem Konsum dieser Sender und Hass auf Israel und Juden her. So antwortet Samir
auf die Frage, ob Juden in Berlin denn etwas mit dem Konflikt zu tun hätten:
‚Eigentlich nicht, nein, die haben damit überhaupt nix zu tun. Aber weil doch die ganze Wut,
was man in den Nachrichten hört, hier so 'n Jude sieht, dann kommt so automatisch die
ganze Wut.‘
Hussein sagt:
35
‚Zum Beispiel im Fernsehen, was ich da sehe, wird mein Hass immer größer auf dieses Volk.‘
Und Hassuna, der ebenfalls betont, dass er Juden in Berlin nicht mag, antwortet auf meine
Nachfrage nach dem Grund hierfür:
‚Weil ich Fernsehen seh'.‘
Was guckst du denn?
‚Bei arabische Nachrichten, wie die die Palästina [sic] töten und so, palästinensische.‘
Was für Nachrichten, also was für Sender guckst du so?
‚Ich weiß nicht mehr, wie das heißt, LBC oder so, Al-Manar, ich weiß nicht‘“ (Arnold 2007:
68f.).
Die vorangegangenen Ausführungen haben dargelegt, welche historischen
und politischen Rahmenbedingungen die Verfestigung antisemitischer
Strukturen in der islamisch-arabischen Welt ermöglichten. Bezüglich des
Nahost-Konflikts muss festgehalten werden, dass die antisemitische
Propaganda inhaltlich vom Konflikt abgekoppelt ist. Lediglich deren Ausmaß
kann mit der Dynamik des Konflikts in Zusammenhang gebracht werden. Das
Verhältnis zwischen dem islamisierten Antisemitismus und dem Nahost-
Konflikt kann demnach weder in die eine noch in die andere Richtung als
monokausal gelten. Der Antisemitismus ist aber offenbar auch unabhängig
vom Konflikt fest verankert und kann durchaus als ein Hindernis für eine
friedliche Lösung des Konflikts gesehen werden. Der Konflikt dient außerdem
als Projektionsfläche für die tiefer liegenden Ursachen des islamisierten
Antisemitismus wie sie im folgenden Unterkapitel dargelegt werden.
36
2.2.4 Gesellschaftliche Funktion
Antisemitismus könne weder als eine Meinung gelten noch speise er sich aus
konkreten Erfahrungen oder historischen Tatsachen, bemerkte Sartre (1994:
10ff.) bereits in den 1940ern. Es hilft daher nicht, das Verhalten von Jüdinnen
und Juden oder andere äußere Faktoren als Ursachen zu betrachten.29 Um
den Antisemitismus zu erfassen, müssen stattdessen die Antisemit_innen
selbst betrachtet werden (Salzborn 2010: 62; Wurst 2005: 175). Welche
Funktion erfüllt „die Idee vom Juden“ (Sartre 1994: 14) in der Psyche des
antisemitischen Subjekts? Welche Funktion hat das antisemitische Weltbild
für eine Gesellschaft? Die Beantwortung dieser Fragen soll den
Antisemitismus verstehbar machen – ohne dass er dabei aber verständlich
würde (Salzborn 2010: 29).
Das kollektive Selbstbild islamisch-geprägter Gesellschaften als
Opferdiskurs
Müller (2007: 88) geht zu diesem Zwecke näher auf die Geschichte und die
aktuelle Situation der islamisch-geprägten Gesellschaften ein. Er befindet,
dass zwischen den momentanen politischen und sozioökonomischen
Verhältnissen auf der einen Seite und dem Anspruch auf weltpolitische und
ökonomische Macht, der sich aus der Geschichte der islamisch-arabischen
Welt ableitet, auf der anderen Seite eine große Kluft besteht. Nach der
Expansion und der Blütezeit des Osmanischen Reiches habe die islamisch-
arabische Welt die Kolonialisierung sowie zahlreiche militärische Niederlagen
erfahren müssen. Das davon geprägte Selbstbild der islamisch-arabischen
Welt sei eines vom „kollektiven Zurückbleiben und Zukurzkommen“ (ebd.:
88), welches auch mit dem Begriff des „Opferdiskurses“ gefasst werden
könne: Die islamisch-arabische Welt als Opfer des „Westens“, des
Imperialismus, der Moderne. Vor diesem Hintergrund sind auch die beiden
größten politischen Bewegungen, der Panarabismus und der Islamismus,
entstanden (Müller 2007: 85). Grundmuster dieses „Opferdenkens“ ist dabei
die Zurückweisung der Verantwortung für die eigene Lage. Man ist
29 Ansätze, die dies versuchen, werden auch als korrespondenztheoretisch bezeichnet (vgl. Holz 2001: 62ff.).
37
ausschließlich Opfer äußerer Kräfte, obwohl die Zeit der Kolonialisierung
vorüber ist (Beck 2006: 237). Dan Diner (2004: 328) betont, dass diese
ambivalente Gefühlslage zwischen Opferdenken und dem Wunsch nach
kollektiver Stärke der „Ausdruck einer tiefen, weit in der Vergangenheit
verursachten Modernisierungsblockade teils exogenen, vor allem aber
endogenen Ursprungs“ sei.
Das antisemitische Weltbild als Orientierungshilfe
Der Antisemitismus kann für das Subjekt (gemeint ist sowohl das einzelne
Individuum als auch die Gesellschaft), das sich als Opfer wahrnimmt und die
Gründe und Zusammenhänge seiner aktuellen Situation nicht versteht (oder
nicht verstehen will), viele Funktionen erfüllen. Die antisemitische
Weltanschauung ist dazu ausgelegt, sich in einer zunehmend komplexen, auf
etlichen Ebenen vernetzten Welt orientieren zu können. Durch das ihr
inhärente manichäische Weltbild kann alles gemäß der Prinzipien „gut“ und
„böse“ geordnet, alles binär kodiert werden. Der Soziologe und Historiker
Thomas Haury (2002: 109) macht diesbezüglich zwei weitere Komponenten
auf: Zum einen wird „das Böse“ zum absolut „existenziell bedrohlichen,
wesenhaft Bösen“ (ebd.) dämonisiert, sodass sich das Opfer bzw. „das Gute“
geradezu verpflichtet sieht, in einer Art Notwehr „das Böse“ zu bekämpfen.
Gleichzeitig kann so eine moralische Aufwertung der eigenen Taten
stattfinden. Zum anderen besteht dadurch auch immer die Aussicht auf
Erlösung, frei nach dem Motto „wenn nur alles Böse erst zerstört ist, dann
wird alles gut“. Dazu ein Zitat von Sartre (1994: 30): „Vor allem aber ist
dieser naive Dualismus für den Antisemiten selbst außerordentlich
beruhigend: es geht nur darum, das Böse zu entfernen, weil das Gute schon
gegeben ist […] der Antisemit hat entschieden, was das Böse ist, um nicht
entscheiden zu müssen, was das Gute ist. Je mehr ich mich darin verliere, das
Böse zu bekämpfen, desto weniger bin ich versucht, das Gute in Frage zu
stellen.“
Antisemitismus als politisches Instrument
Neben der orientierenden Funktion dient das antisemitische Weltbild aber
auch einigen Regierungen in der islamisch-arabischen Welt dazu, die
gesellschaftlichen und ökonomischen Schieflagen ihrer Länder vor der
38
Bevölkerung zu rechtfertigen. Der Historiker Robert Wistrich (2004: 258), der
auch von einer „Identitätskrise“ der islamisch-arabischen Welt spricht,
formuliert etwas überspitzt: „Ohne die Schreckgespenster Amerika und Israel
würde es den arabischen Despoten schwerfallen, ihren Völkern zu erklären,
warum die moderne Welt an ihnen vorübergeht. Warum lebt man in Kairo so
unendlich viel schlechter als in Tel Aviv? Warum ist die Herzchirurgie in
London um so vieles besser als in Damaskus? Warum zieht es arabische
Auswanderer nach Los Angeles und Detroit, und nicht nach Bagdad oder
Beirut?“. Sachlicher ausgedrückt: Der Antisemitismus lenkt von den
tatsächlichen Problemen dieser Länder ab und projiziert den Groll der
Bevölkerung über die inneren krisenhaften Zustände und die gesellschaftliche
Entwicklung auf ein äußeres Feindbild (Foxman 2006: 175). Während in
früheren Zeiten die europäischen Kolonialmächte die Funktion des äußeren
Feindbildes erfüllten, werde diese Position nun hauptsächlich von den USA
und Israel besetzt (Müller 2007: 91). Aus diesem Grund diene aktuell auch die
islamisch-arabische Solidarität mit den Palästinenser_innen, welche
sozusagen stellvertretend den anti-kolonialen Kampf fortsetzten, dem
Versuch, sich erneut des immer noch empfundenen Opferstatus zu
entledigen, so Müller (2007: 91).
Die antisemitische Weltanschauung zur Konstruktion einer homogenen
Wir-Gruppe
Über den bisher genannten Funktionen des Antisemitismus für
„orientierungslose“ Gesellschaften schwebt der zentrale Aspekt der Wir-
Gruppen-Konstruktion. In der aktuellen Debatte wird der islamisierte
Antisemitismus immer wieder als „Kitt“ zwischen den verschiedenen
Gruppierungen der islamisch-arabischen Welt beschrieben. Das
antisemitische Weltbild, in dem ein jüdischer Staat kein Existenzrecht besitzt,
wird von sunnitischen wie schiitischen, türkischen wie arabischen
Gruppierungen, von konservativen Wahabit_innen Saudi-Arabiens, den
iranischen Ayatollahs, der Al-Qaida, der Hisbollah, der Hamas, der
Muslimbruderschaft, den islamistischen Djihadist_innen und säkularen
arabischen Nationalist_innen geteilt – trotz aller anderen Unterschiede in
deren Einstellungen (Wistrich 2004: 267). Die gemeinsame antisemitische
39
Weltanschauung vermag die tatsächlich existierenden Heterogenitäten und
Ambivalenzen innerhalb der islamisch-arabischen Welt, die in der
vorherrschenden „Ideologie von kollektiver Identität“ (Müller in Arnold 2007:
37) nicht zugelassen werden, zu überwinden und das gewünschte Bild einer
homogenen Wir-Gruppe zu konstruieren. Nordbruch (2005: 219) führt dazu
aus, dass diese Wir-Gruppe im Falle des islamisierten Antisemitismus als
authentisch arabische oder islamische, kulturelle Gemeinschaft in
Abgrenzung zum „zerstörerischen Anderen“ imaginiert wird. Diese
Gegenüberstellung diene als „verbindendes Element der verschiedenen
Gemeinschaftsideologien des Islamismus sowie der verschiedenen
Strömungen des arabischen Nationalismus“ (ebd.).
Antisemitische Verschwörungstheorien
Im Rahmen der sowohl welterklärenden als auch identitätsstiftenden Funktion
des Antisemitismus muss auch das verschwörungstheoretische Element des
antisemitischen Weltbildes näher erläutert werden. Verschwörungstheorien30
können einerseits simple Erklärungen für gesellschaftliche Komplexität und
ambivalente Situationen bieten, andererseits kann der Glaube an
Verschwörungen und den damit einhergehen Bedrohungen für die eigene
Wir-Gruppe erneut die eigenen Reihen schließen. So können Theorien über
eine „jüdische Weltverschwörung“ helfen, politische und ökonomische
Modernisierungsprozesse sowie immer abstrakter werdende gesellschaftliche
Verhältnisse vermeintlich durchschaubar zu machen (Carmon 2006: 203;
Nordbruch 2005: 219). Was die gesellschaftserklärende Funktion angeht, so
erfüllt der Antisemitismus in der islamisch-arabischen Welt als eine Reaktion
auf die Moderne demnach eine ähnliche Funktion wie auch der europäische
Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert.
Für Abraham Foxman (2006: 173ff.) ist der islamisierte Antisemitismus
vornehmlich eine Verschwörungstheorie mit drei Hauptaspekten: Den ersten
30 Laut Dan Diner (2004: 325) handelt es sich bei Verschwörungen um eine „anthropologisch verursachte Täuschung“, welche mit dem Verhältnis von Individuum („Mikro“) und Gesellschaft („Makro“) in Verbindung steht. Der_die Einzelne schließe „von seiner alltäglichenWahrnehmung des Vertrauten auf das ganz Große“ (ebd.). Dabei handele es sich aber lediglich um eine „quantitative Erweiterung“ (ebd.) der Alltagserfahrung, welche zu fiktiv konstruierten, irrtümlichen Kausalitäten führe – dem „epistemische[n] Humus aller Verschwörungstheorie[n]“ (ebd.).
40
nennt er die „Methode der großen Lüge“ (ebd.). So zum Beispiel die
Behauptung, dass für die Terroranschläge des 11. Septembers 2001 eine
jüdische Verschwörung verantwortlich sei. Vor allem der bereits erwähnte
libanesische Sender Al-Manar sei erfolgreich an der Verbreitung dieser
Verschwörungstheorie beteiligt gewesen. Der zweite Aspekt betrifft die
Leugnung des Holocausts und sei damit eine „Variation der Methode der
großen Lüge“ (ebd.). Die Argumentation laute dabei oft, der Holocaust sei
eine Erfindung der Jüdinnen und Juden, um einen jüdischen Staat auf
arabischem Territorium zu rechtfertigen. Auch hier gebe es Variationen: Wenn
der Holocaust nicht vollständig verleugnet werde, werde trotzdem oft
behauptet, die Zahlen der Ermordeten seien gefälscht oder gar, die
zionistische Bewegung habe mit den Nationalsozialist_innen kollaboriert und
schließlich davon profitiert. Der dritte Hauptaspekt der
Verschwörungstheorien des islamisierten Antisemitismus betrifft nach
Foxman (2006: 174f.) die bereits erwähnte Wiederbelebung, Verbreitung und
Neuverarbeitung klassischer antisemitischer Verschwörungstheorien,
insbesondere der Protokolle der Weisen von Zion.
Der arabische Holocaust-Diskurs als Teil antisemitischer
Verschwörungstheorien
Den zweiten von Foxman genannten Aspekt erweitert und differenziert der
Politik- und Islamwissenschaftler Omar Kamil (2003). Er untersucht, in
welchen Diskursen der Holocaust von islamisch-arabischen Intellektuellen im
Zeitverlauf rezipiert wurde. Dabei wird deutlich, dass der Antisemitismus und
der Holocaust immer wieder für die Durchsetzung eigener politischer
Interessen und „als Kampfmittel im herrschenden Kriegszustand gegen
Israel“ (ebd.: 14) instrumentalisiert wurden. Laut Kamil (2003: 14f.) existieren
vier Erscheinungsformen:
1) Während die arabische Niederlage von 1948 und der „Verlust Palästinas“als Nakba (arabisch für „Katastrophe“) bezeichnet wird, wird dieKatastrophe des Feindes, der Holocaust, nicht wahrgenommen und als„Nichtereignis“ (ebd.) verschwiegen.
2) Der Holocaust wird der Nakba gegenübergestellt, um ihnherunterzuspielen. Der wahre Holocaust sei dabei das, was dieZionist_innen den Palästinenser_innen seit 1948 antäten.
41
3) Der Antisemitismus und der Holocaust werden als Erfindungen desZionismus dargestellt. Diese Leugnung stellt zugleich die moralischeLegitimation des Staates Israel in Frage.
4) Der Antisemitismus und der Holocaust werden als Makel der westlichenZivilisation gesehen, „dessen Preis schließlich die Palästinenser bezahlt“(ebd.) hätten.
Erst mit den „Neuen Intellektuellen“ (ebd.) in den 1990er Jahren wurden
Forderungen nach der Anerkennung des Holocaust artikuliert und der
Antisemitismus in der islamisch-arabischen Welt kritisiert, so Kamil. Damit
meint er zum Beispiel den in den USA lebenden Literaturwissenschaftler
Edward Said, der mit seinem 1997 erschienenen Zeitungsartikel Grundlagen
für die Koexistenz erstmals eine deutliche Kritik an der arabischen
Wahrnehmung des Holocausts formulierte. Said bezeichnet die „moderne
Geschichte der arabischen Völker als ein hässliches Bild, das viele
diskreditierte und überholte Vorstellungen enthalte“ (ebd.: 15). Er fordert die
Araber_innen auf, „den Holocaust als das an[zu]erkennen, was er war – ein
wahnsinniger Genozid am jüdischen Volk“ (Said in ebd.: 15). Die Tatsache,
dass er die Anerkennung des Holocausts als Grundlage dafür sieht, dass sich
die Araber_innen gegenüber den Israelis das Recht nehmen dürfen, „auch
einen Zusammenhang zwischen dem Holocaust und dem Unrecht
herzustellen, das den Palästinensern von den Zionisten zugefügt wurde“
(ebd.), erscheint dabei äußerst fragwürdig. Dennoch stellte dieser Aufsatz
nach Kamil (2003: 15) einen Wendepunkt im arabischen Holocaust-Diskurs
dar. Eben deshalb, weil Said nicht als „‚proisraelische[r]‘ Araber“ gelten
könne und trotzdem die genannte Kritik formuliert habe. Die Reaktionen aus
der islamisch-arabischen Welt seien größtenteils negativ und von
verschwörungstheoretischem Charakter gewesen. Zum Beispiel wurde
argumentiert, die zionistische Lobby in den USA hätte Druck auf Said
ausgeübt (ebd.: 20).
Diese Ausführungen machen deutlich, dass Verschwörungstheorien einen
festen Bestandteil des Antisemitismus ausmachen, welcher wiederum eine
„genuin moderne Weltanschauung mit antimoderner Stoßrichtung“ (Holz und
Kiefer 2010: 109) ist. Deshalb kann die antisemitische Verschwörungstheorie
42
mit ihrer welterklärenden und identitätsstiftenden Funktion mit den Worten
Dan Diners (2004: 324) auch als „unabkömmlicher Bestandteil der
Pathologien der Moderne“ bezeichnet werden.
Bedeutung und Funktion des Antisemitismus für die muslimischen
Communities in Europa
Insbesondere die identitätsstiftende Funktion des Antisemitismus ist auch in
den muslimischen Communities in Europa von Bedeutung. So beobachtet
Foxman (2006: 171) eine Wechselwirkung „zwischen der Äußerung
antijüdischer Ansichten und Gedanken und dem Anwachsen eines
muslimischen politischen Bewusstseins – insbesondere in Europa“.
Insbesondere für die Selbstdefinition der in Europa lebenden muslimischen
Jugendlichen scheint „der Jude“ als Fremdbild eine wichtige Rolle zu spielen.
Sina Arnold (2007: 62) meint, dass für die von ihr im Jugendclub befragten
Jugendlichen „der Nahost-Konflikt eine zentrale Folie [sei], vor der derlei
identitäre Auseinandersetzungen verhandelt werden“ könnten. Ein Ausschnitt
aus ihrer Studie macht die identitätsstiftende Funktion deutlich:
„Bezeichnend ist, dass auf den ersten Vorschlag des Sozialarbeiters, einen
Rap über die Gruppe zu dichten, zunächst ein Junge ganz unvermittelt die
Frage stellte: ‚Dürfen wir auch über Juden rappen?‘“ (ebd.: 43). So ergibt sich
auch Arnolds (2007: 62) These, dass das Araber_in-Sein hauptsächlich
darüber definiert werde, was es nicht sei. Hier findet sich in Zügen auch das
von Sartre (1994: 30) formulierte antisemitische Motiv wieder, dass der_die
Antisemit_in lediglich entscheiden würde, was das Böse sei, um nicht
definieren zu müssen, was das Gute sei.
Die Erziehungswissenschaftlerin Astrid Messerschmidt (2010: 94) rät indes
davon ab, sich nur auf die Identitäten von Minderheiten zu fokussieren. Eher
sollten die sozialen Verhältnisse, in denen antisemitische Einstellungen und
Äußerungen Funktionen erfüllen, untersucht werden. So fragt sie nach den
Zusammenhängen zwischen Diskriminierungserfahrungen in der
Einwanderungsgesellschaft einerseits und der Verwendung antisemitischer
Stereotype zur Selbstdarstellung andererseits (ebd.: 91). Beispielsweise
dienten antisemitische Äußerungen und Praktiken ebenso als „Provokation
und damit zur Differenzmarkierung wie auch zum Erzeugen von
43
Zustimmung“ (ebd.). Der Raum, in dem diese sich äußerten, sei von
„strukturellen Ungleichheiten“ (ebd.: 95) und umkämpften Zugehörigkeiten
durchzogen. Hier kann Antisemitismus die Funktion erfüllen, eigene
Diskriminierungserfahrungen, die von der Mehrheitsgesellschaft ausgehen,
durch die Herabsetzung und Diffamierung anderer, in diesem Falle „der
Juden“, zu kompensieren (amira 2008: 7).
Der Bereich antisemitischer Einstellungen in europäischen
Einwanderungsgesellschaften stellt ein umfangreiches Forschungsfeld dar
und kann hier nur angerissen werden. Die Komplexität und Vielschichtigkeit
des Phänomens zeigt eine weitere Erkenntnis aus der Studie Sina Arnolds
(2007: 85): „Auf einer Alltagsebene können antisemitische Äußerungen in
Gegenwart von Herkunftsdeutschen für die Jugendlichen ein strategisches
Mittel gegen rassistische Übergriffe darstellen, indem sie zu diesen eine
Verbindung über die Bezugnahme auf einen gemeinsamen ‚Feind‘ aufbauen.“
Anders ausgedrückt, könne Antisemitismus also auch eine paradoxe
Möglichkeit zur Integration in die deutsche Mehrheitsgesellschaft bieten
(ebd.).
In diesem Analyseraum konnte gezeigt werden, dass der gegenwärtige
islamisierte Antisemitismus sowohl eine vermeintlich welt- und
gesellschaftserklärende wie auch eine gemeinschafts- und identitätsstiftende
Funktion31 hat. „Er ist der Kitt für Gesellschaften, die selbst durch eine
Vielzahl innerer Widersprüche zum Teil zum Zerreißen gespannt sind, und er
dient als Ventil für Unmutsäußerungen, die sich an die falsche Adresse
richten.“ (Müller in Arnold 2007: 38). Die antisemitische Weltanschauung gibt
Orientierung in unüberschaubaren gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie
verschafft dem Subjekt, das sich ungerecht behandelt und fremdbestimmt
fühlt, einen psychischen Gewinn.
31 Hier sei noch bemerkt, dass Thomas Haury (2002: 30) es vorzieht, von ideologischen „Leistungen“ zu sprechen. Der Begriff der „Funktion“ sei „insbesondere im (vulgär) marxistischen Ideologieverständnis mit der Vorstellung eines bewussten instrumentellen Einsatzes von Antisemitismus durch ‚die Herrschenden‘ verknüpft“. Der Begriff der „Leistung“ dagegen betone den Gewinn, den das antisemitische Weltbild dem Individuum verschaffe.
44
2.2.5Semantik
In diesem Unterkapitel soll die dem islamisierten Antisemitismus zu Grunde
liegende abstrakte Bedeutungsebene erläutert werden. Wie bereits erwähnt,
hat sich zum Aspekt der Sinnstruktur des modernen Antisemitismus
insbesondere Klaus Holz mit seiner Theorie des Nationalen Antisemitismus
hervorgetan und einen „der wichtigsten Fortschritte der
Antisemitismusforschung in den letzten Jahren“ (Weyand 2010: 69) geleistet.
Seine in den generalisierten Regeln beschriebene Logik des modernen
Antisemitismus wird von anderen Autor_innen auch in Bezug auf den
islamisierten Antisemitismus häufig aufgegriffen. Klaus Holz hat schließlich
auch selbst die Theorie des Nationalen Antisemitismus in Teilen auf den
islamisierten Antisemitismus angewandt und ist dadurch zur These eines
„Imports aus Europa“ gekommen (Holz 2005). Auch hier soll diese abstrakte
Bedeutungsebene in die Analyse des islamisierten Antisemitismus
einbezogen werden. Dies geschieht hauptsächlich auf der Grundlage von
Holz (2005) und einem Artikel von Holz und Kiefer (2010), weitere Aspekte
und Beispiele dienen zur Ergänzung. Dabei soll gezeigt werden, inwiefern die
Logik des vermeintlich „neuen“ Antisemitismus in der islamisch-arabischen
Welt dem „alten“ europäischen Antisemitismus ähnelt. Zudem ist das
Verständnis der Semantik des Antisemitismus eine notwendige, wenn auch
keine hinreichende Bedingung zum Begreifen des Antisemitismus überhaupt.
Theorie des Nationalen Antisemitismus
In seiner Habilitationsschrift Nationaler Antisemitismus. Wissensoziologie
einer Weltanschauung macht Klaus Holz (2011: 11) es sich zur Aufgabe, „die
Sinnstruktur der national-antisemitischen Weltanschauung zu
rekonstruieren“. Diese Arbeit ist die bisher einzige sozialwissenschaftliche
Antisemitismustheorie, für die eigens umfassende qualitativ-empirische
Analysen geleistet wurden, deren Erkenntnisse wiederum direkt in die
Formulierung der Theorie des Nationalen Antisemitismus eingeflossen sind
(Salzborn 2010: 181f.). Holz (2001: 12) geht der Frage nach, inwiefern
Nationalismus und Antisemitismus eine Weltanschauung begründen und
formuliert die These, dass der Nationalismus für den modernen
Antisemitismus konstitutiv sei. Daher nennt er den modernen Antisemitismus
45
eben einen nationalen. Der Nationale Antisemitismus ist für ihn „die Form der
Judenfeindschaft, in der das ‚nationale‘ Selbstverständnis wesentlich durch
die Abgrenzung von denen, die als Juden vorgestellt werden, konturiert wird“
(ebd.: 16). Der Autor verwendet den Begriff der Weltanschauung, um zu
verdeutlichen, dass der nationale Antisemitismus nicht nur Teilbereiche,
sondern eine umfassende Deutung der Gesellschaft beinhaltet, welche die
beiden Elemente kollektives Selbst- und antisemitisches Fremdbild integriert.
Außerdem versteht er den Nationalen Antisemitismus als Semantik (ebd.:
27). Den Semantikbegriff verwendet er dabei in Anlehnung an Luhmann und
versteht darunter „soziale, kommunikativ konstruierte, nicht auf ein
individuelles Bewusstsein reduzierbare Sinngebilde“ (ebd.: 11), welche den
„kulturelle[n] Wissensvorrat einer Gesellschaft“ (ebd.: 15f.) ausmachen. Um
diese national-antisemitische Semantik zu entschlüsseln, analysiert er
verschiedene Texte, bei deren Auswahl er darauf geachtet hat sowohl in
Bezug auf die Zeit als auch auf den Kontext und die Region eine gewisse
Bandbreite zu erfassen.32 Bei der Semantikanalyse wurde nicht versucht, den
subjektiv gemeinten Sinn der Texte zu erschließen, sondern Muster und
Regeln zu rekonstruieren, nach denen bestimmte Themen aufgegriffen und
miteinander verknüpft werden, also deren Sinnstrukturen zu erfassen. Eine
wiederkehrende Auswahl an Sinnstrukturen bildet schließlich eine Regel.
Letztlich konnte Holz (2001: 157ff.) neun generalisierte Regeln entwickeln.
Die für diese Arbeit wichtigsten sollen hier kurz erläutert werden.
Abstraktion und Personifikation: Durch das Prinzip der Abstraktion werden
einerseits beiden Personengruppen – sowohl der „Wir“-Gruppe als auch „den
Juden“ – spezifische Abstrakta zugeschrieben (z.B. Ariertum, Semitentum
usw.). Anderseits werden auch „typisch jüdische“ Abstrakta formuliert, wie
zum Beispiel Liberalismus, Materialismus, Kosmopolitismus etc. Durch die
Regel der Personifikation wiederum werden die den beiden Personengruppen
32 Als Beispiel für den postliberalen Antisemitismus wählt er verschiedene Texte (1859-1886)von Heinrich von Treitschke; für den nationalsozialistischen Antisemitismus Reden von AdolfHitler; für den christlich-sozialen Antisemitismus Schriften (1879-1915) von Adolf Stoecker;für den Antisemitismus nach Auschwitz einen Kommentar in der größten österreichischenTageszeitung zur Waldheim-Affäre (1986). Außerdem analysiert er als Beispiel einesrassistischen Antisemitismus das Buch La France Juive (1886) von Édouard Drumont, wieauch als Beispiel des marxistisch-leninistischen Antizionismus das Gerichtsprotokoll desSchauprozesses gegen Rudolf Slánský (1952).
46
dichotom zugeordneten Merkmale zu „Eigenschaften intentional handelnder
Subjekte“ (ebd.: 160). Neben der Möglichkeit, Ausnahmen zu formulieren
(„der gute Jude“), können exemplarische Repräsentant_innen der jeweiligen
Gruppen benannt werden (z.B. Goethe, Rothschild).
Gemeinschaft versus Gesellschaft: Hier handelt es sich um zwei
„antagonistische Sozialmodelle“ (ebd.: 158). Während die „Gemeinschaft“ als
moralisch, harmonisch, produktiv und traditionell beschrieben wird,
verkörpert die „Gesellschaft“ alles Negative der Moderne (aus antimoderner
Perspektive), wodurch sie die „Gemeinschaft“ zu zerstören droht. Dabei wird
die „Gemeinschaft“ klar der „Wir“-Gruppe und die „Gesellschaft“ „den Juden“
zugeschrieben. Mit dieser Regel können außerdem weitere Bereiche der
national-antisemitischen Weltanschauung in analoger Weise codiert werden:
der ökonomische (Produktion versus Zirkulation), der politische
(Nationalismus versus Internationalismus), der kulturelle (kulturschaffend
versus -zersetzend) und der personale (seelische Verbundenheit versus pure
Subjektivität).33
Opfer versus Täter: Durch Zuschreibungen werden „die Juden“ als Täter_innen
konstruiert, die „Wir“-Gruppe wiederum wird als Opfer „jüdischer“ Taten
imaginiert. Dadurch wird der Antisemitismus zur legitimen und notwendigen
Gegenwehr. So kann auch im Register der Täter-Opfer-Umkehr argumentiert
werden: „Die frühere Verfolgung der ‚jüdischen Täter‘ durch die Wir-Gruppe
hat nicht verhindert, dass ‚wir‘ von ‚den Juden‘ heute (wieder) verfolgt,
beraubt und beherrscht werden“ (ebd.: 159).
Figur des Dritten: Viel rezipiert wird vor allem Holz´ Figur des Dritten, auch
der Fremde Dritte genannt. Die Wir- und Fremdgruppenkonstruktionen der
antisemitischen Weltanschauung fordern zwei Ebenen der Unterscheidung:
Auf einer ersten Stufe wird das „eigene“ Volk vom „anderen“ Volk
unterschieden. Dieses binäre, der Xenophobie immanente Schema ist für den
Antisemitismus zwar auch konstitutiv, spielt insgesamt aber nur eine
Nebenrolle. „Die Juden“ seien nämlich diejenigen, die sich dem zweiwertigen
Freund_in-Feind_in-Klassifikationsschema entzögen. Erst auf einer zweiten33 Erstgenanntes steht dabei für die „Gemeinschaft“, Zweitgenanntes für die „Gesellschaft“ und „das Jüdische“.
47
Stufe der Unterscheidung kann das antisemitische „Bild vom Juden“
konstruiert werden. Das „eigene“ und „alle anderen Völker“ werden im
Gegensatz zu „den Juden“ imaginiert; also „wir/alle anderen Völker“ versus
„die Juden“. Damit erscheinen „die Juden“ als die, die sich nicht in die
weltweite nationale Ordnung einfügen lassen, und somit als jene, die sie zu
zerstören drohen (ebd.: 240). Dieser konstruierte Fremde Dritte ist demnach
nicht Teil der zweiwertigen Logik der Wir- und Fremdgruppen, er ist
„ausgeschlossen“. Gleichzeitig sichert er jedoch das Prinzip der nationalen
Ordnung der Welt, indem er als „nationale Nicht-Identität“ (ebd.: 543) das
äußere und nötige Gegenprinzip verkörpert. „Der Jude“ ist der sowohl ein-
wie ausgeschlossene Dritte, das „Volk im Volke“ (ebd.: 269). Weil er sich dem
binären Schema nicht einfügt, für dieses aber als konstitutives Äußeres nötig
ist, wird er in der antisemitischen Weltanschauung als paradox, ambivalent
und parasitär konstruiert.
Auch Thomas Haury (2002) hat sich mit der grundlegenden Struktur des
Antisemitismus beschäftigt und kommt zu ähnlichen Schlüssen wie Holz. Für
ihn wird die antisemitische Weltanschauung durch drei Denkprinzipien (ebd.:
106ff.) konstituiert: die Personifizierung gesellschaftlicher Prozesse und
daraus folgende Verschwörungstheorien (1), die Konstruktion identitärer
Kollektive (2) sowie den bereits in Kapitel 2.2.4 erwähnten Manichäismus, der
die Welt apodiktisch in „Gut und Böse“ teilt und „den Juden“ zum existentiell
bedrohlichen, wesenhaft Bösen konstruiert (3). Aber auch die Täter-Opfer-
Umkehr bezeichnet Haury (2002: 115) als „durchgängigen Grundzug der
antisemitischen Argumentation“.
Im Folgenden soll nun untersucht werden, inwiefern das in der Debatte um
einen „neuen“ Antisemitismus in der islamisch-arabischen Welt beschriebene
Phänomen diesen Grundstrukturen und Denkprinzipien folgt. Dabei soll und
kann keine vollständige Empirie-Analyse durchgeführt werden. Jedoch werden
einzelne, teils auch aus den vorherigen Unterkapiteln bekannte Beispiele zur
Verdeutlichung dienen. Vor allem bereits erwähnte Materialien wie die von
Sayyid Qutb, die Charta der Hamas34 oder islamisch-arabische
34 Es wird die englische Übersetzung nach The Avalon Project: Hamas Covenant 1988 verwendet. Auch zu finden im Anhang III in Faber et al. 2006. Für den Essay Unser Kampf mit
48
Fernsehproduktionen werden auf ihre antisemitische Sinnstruktur hin näher
betrachtet35.
Zum Strukturelement der Abstraktion und Personifikation
In dem bereits erwähnten Werk Unser Kampf mit den Juden von Sayyid Qutb
findet sich folgende Stelle:
„Behind the doctrine of atheistic materialism was a ‚Jew‘; behind the doctrine of
animalistic sexuality was a Jew; and behind the destruction of the family and the shattering
of sacred relationships in the society,… was a Jew.“ (in Nettler 1987: 83).
In einer Fußnote des saudischen Herausgebers für die Ausgabe von 1970 wird
darauf hingewiesen, dass es sich hier um Karl Marx, Sigmund Freud und
Emile Durkheim handelt. „Den Juden“ werden Abstrakta wie Materialismus
und Amoralität zugeschrieben und zugleich werden diese indirekt
personifiziert und sozusagen als „Vertreter“ ausgemacht. Auch in der Charta
der Hamas werden viele historische Ereignisse und Entwicklungen immer
wieder auf geplante Taten von Zionist_innen und deren „Lakaien“ (in der
englischen Übersetzung „lackeys“) zurückgeführt.
Eigentlich anonyme sozialstrukturelle Prozesse werden durch das intentionale
Handeln des Feindes erklärt. Sobald gesellschaftliche Verhältnisse und
Entwicklungen aber erst einmal personifizierend erklärt werden, ist der Weg
zum verschwörungstheoretischen Denken nicht mehr weit. In Artikel 22 der
Charta heißt es:
„They were behind the French Revolution, the Communist Revolution and most of the
revolutions we heard and hear about […] they were behind World War I […] They were
behind World War II […] There is no war going on anywhere, without having their finger in it.“
In Artikel 32 wird direkt Bezug auf Die Protokolle der Weisen von Zion
genommen. Der „Welt-Zionismus“ verfolge einen in den Protokollen
enthaltenen Plan und eine „intelligente Strategie“ zur Einnahme weiterer
den Juden von Qutb wird die englische Übersetzung in Nettler (1987) genutzt. 35 Dabei ist klar, dass zum Beispiel der Text der Hamas-Charta bei Weitem nicht das Denken aller Muslim_innen wiedergibt. Es geht hier jedoch nicht um das „Aufspüren von Antisemitismus unter Muslim_innen“, sondern um die Sinnstruktur der islamisiert-antisemitischen Rhetorik, um die Frage, welcher Logik die antisemitische Argumentation in der islamisch-arabischen Welt folgt.
49
arabischer Staaten, eine Expansion bis hin zur Weltherrschaft. Dafür hätten
„die Juden“ Reichtum angehäuft, um schließlich die Kontrolle über die „world
media“ zu erlangen. So könnten sie auch die „imperialistic countries“
kontrollieren und zu ihren Lakaien machen (Art. 22).
Im Register von Weltmacht und Verschwörung argumentiert auch der kürzlich
verstorbene ehemalige Ministerpräsident der Türkei und Mitbegründer der
islamistischen und antisemitischen Millî-Görüş-Bewegung Necmettin Erbakan:
„The fact is that for 300 years, all these (200 nations) have been controlled from one
center only. This center is the racist, imperialist Zionism. Unless you make this correct
diagnosis for the illness, you cannot find the cure to it. You will ask, 'What is this belief, this
racist imperialism that destroys happiness in this world?'” (MEMRI 2007). Die Umschreibung
der „jüdischen Weltmacht” als „Krankheit” verweist wiederum auf den vermeintlich
parasitären Charakter des „Weltjudentums“.
Die Beispiele machen deutlich, dass in Folge der Regeln der Abstraktion und
der Personifikation die Verschwörungstheorien einen großen Bestandteil des
islamisiert-antisemitischen Weltbildes ausmachen. Auch in der islamisch-
arabischen Welt finden sich in Bezug auf „die Juden“, den Zionismus oder
Israel die Zuschreibung verschiedener Abstrakta. Sie verkörperten sozusagen
alle „Übel der Moderne“, wie das Finanzkapital, die Presse, den
Materialismus, die Amoralität und vieles mehr.
Zum Strukturelement Gemeinschaft versus Gesellschaft
Das im vorangegangen Abschnitt verwendete Zitat von Sayyid Qutb verweist
zudem auf das antimoderne Element im islamisierten Antisemitismus. Für die
beschriebene Zerstörung der „religiösen, ökonomischen, sexuellen und
familialen Grundlagen der islamischen Lebensgemeinschaft“ (Holz und Kiefer
2010: 120) werden „die Juden“ verantwortlich gemacht. Laut Holz und Kiefer
(2010) erfinde der Islamismus eine moralische, authentische, natürlich
gewachsene Lebensform der Vergangenheit, zu der es zurückzukehren gilt.
Durch dieses Erträumen einer Vergangenheit als Gegenbild zur Gegenwart
wird der Islamismus zur antimodernen Reaktion und sei dadurch an sich
wiederum eine „moderne Ideologie“ (ebd.: 120). Auffällig ist auch, dass in
50
Qutbs Essay ausschließlich von der „Muslim Community“ die Rede ist,
während „die Juden“ die moralischen Grundlagen des Glaubens zerstören
würden (Qutb in Nettler 1987: 77).
In der Charta der Hamas wird an verschiedenen Stellen diese Zerstörung der
moralisch guten, ursprünglichen und islamischen Lebensgemeinschaft durch
die Moderne, die imperialistischen Mächte und insbesondere den Zionismus
beklagt. Im Falle der Durchsetzung der islamischen Herrschaft würden
„people and things […] return [Herv. d. Verf.] each to their right places“ (Art.
9). Auffällig ist auch die Verwendung von Begriffen wie „harmony“ (Art. 26),
„soul“ (Art. 12), „spirit“(Art. 19), „moral“ (Art. 21) und „family“ (Art. 18),
wenn es um die Beschreibung der eigenen Wir-Gruppe, der islamischen
Gemeinschaft geht. Der Zionismus hingegen zerstöre diese Werte und
untergrabe die islamische Gemeinschaft (Art. 28).
Zum Strukturelement Opfer versus Täter bzw. die Täter-Opfer-Umkehr
In der Charta der Hamas findet sich auch das Bild von der islamischen Welt
als Opfer jüdischer Taten und jüdischer Macht. Die Zionist_innen werden als
„fighters“ und „invaders“ (Art. 7) bezeichnet und immer wieder mit den Nazis
verglichen (Art. 20). Auch aktuell lassen sich solche Vergleiche finden,
beispielsweise werden auf dem Internetportal www.muslimarkt.de Bilder von
deutschen Konzentrationslagern zusammen mit Aufnahmen des aktuellen
Nahost-Konflikts gezeigt, wodurch eine direkte Kontinuität impliziert wird (vgl.
Gessler 2004: 65f.). Ein Berliner palästinensischer Herkunft bringt das im
Interview mit dem taz-Redakteur Philipp Gessler so auf den Punkt: „Meine
Meinung ist bloß: Das Volk der vermeintlichen Opfer ist heute das Volk der
Täter.“ (in ebd.: 60). Die Ansicht, dass die Probleme und Schwächen der
„muslimischen Gemeinschaft“ direkt auf „jüdische Taten“ zurückzuführen
seien, zieht sich auch durch den gesamten Essay Unser Kampf mit den Juden
(vgl. Qutb in Nettler 1987: 72ff.).
Zum Strukturelement des Manichäismus
Auch die drei von Thomas Haury formulierten ideologischen Komponenten
des manichäischen Weltbildes können in der Charta der Hamas ausgemacht
werden. Die klar binäre Kodierung (1) von „gut“ und „böse“ zieht sich durch
51
den gesamten Text. Der Zionismus, „die Juden“ und Israel erhalten dabei
Attribute wie „evil“ (Art. 28), „vicious“ (Art. 20) und „warmongering“ (Art. 32).
In Artikel 34 ist auch die Rede von „ihrem“ falschen, unnützen Glauben und
dem gerechten islamischen Glauben. Da der Zionismus als existenzielle
Bedrohung und die Jüdinnen und Juden als Angreifer_innen wahrgenommen
werden, besteht die Pflicht zur Notwehr (2): „Resisting and quelling the
enemy become the individual duty of every Moslem, male or female“ (Art.
12). Diese Pflicht zum Kampf gegen das Feindliche wird vor allem religiös
untermauert: So sei der Djihad der erhabenste Wille Allahs (Art. 8). Wenn alle
Muslim_innen ihre Kräfte mobilisierten, käme der „day of liberation“ (Art. 14)
näher. Für die palästinensische Frage gebe es keine andere Lösung als den
Djihad (Art. 13). Somit ist auch die dritte Komponente des manichäischen
Weltbildes, die Aussicht auf Erlösung durch Bekämpfung des Bösen, in der
Charta der Hamas verankert.
In Bezug auf das weiter oben genannte Zitat von Sartre – „Der Antisemit hat
entschieden, was das Böse ist, um nicht entscheiden zu müssen, was das
Gute ist“ – ist die Beobachtung interessant, dass selten ausformuliert wird,
wofür gekämpft werden soll, oft jedoch, wogegen. Zwar geht es grundsätzlich
um die „Liberation for Palestine“ (Art. 15) unter dem „banner of Allah“ (Art.
6). An den Stellen, in denen es jedoch konkret um „den Kampf“ geht, ist die
wiederkehrende Formulierung interessant, dass es darum gehe „against the
false“ (Art. 9), „against the Zionist invaders“ (Art. 7), „against Zionism“ (Art.
14) zu kämpfen.
Ähnliche Formulierungen finden sich auch in Unser Kampf mit den Juden.
Darin heißt es, dass „die Juden“ schon im Koran als „the worst enemies of the
Muslims“ bezeichnet worden seien (Qutb in Nettler 1987: 81). Das Motiv
„jüdischer Verschwörungen“ findet sich in fast jedem Absatz. Auch wenn Qutb
sich dabei nicht direkt auf die Protokolle der Weisen von Zion bezieht,
übernimmt dies an den jeweiligen Stellen in Form von Fußnoten der bereits
erwähnte saudische Herausgeber.
Zum Motiv der Figur des Dritten
52
In Klaus Holz´ (2001) Theorie und den Beschreibungen zur Figur des Dritten
geht es um „die Juden“ als „nationale nicht-Identität“, die sich nicht in die
nationale Ordnung der Welt einfügen, als „Volk im Volke“. Der_die Leser_in
kann hier schnell zu dem Schluss gelangen, dass sich dieses „Problem“ mit
der Gründung des jüdischen Staates Israel gelöst haben könnte. Im aktuellen,
sogenannten „neuen Antisemitismus“ fällt aber auf, dass ausgerechnet der
Staat Israel die Position des Fremden Dritten, der die binäre Struktur der Wir-
Gruppen durchbricht, einnimmt. Auch in der islamisiert-antisemitischen
Propaganda gelten Israel und die Israelis nie als legitime ‚Wir-Gruppe‘ (Kiefer
2006: 305). Auf einschlägigen Internetportalen wie www.muslimarkt.de ist
lediglich die Rede vom „Pseudostaat ‚Israel‘“ (Muslim-Markt o.J.) oder dem
„zionistischen Gebilde“ (Özoguz 2010). In Artikel 32 der Hamas-Charta ist
vom Kampf gegen den „Weltzionismus“ die Rede. Israel erscheint dabei nicht
als legitimer jüdischer Nationalstaat, sondern als „Zwischenetappe auf dem
Weg zur jüdischen Weltherrschaft“ (Kiefer 2006: 305). Da dem Staat Israel
nahezu alle tradiert antijüdischen Abstrakta wie „künstlich“, „kaltblütig“ und
„zersetzend“, zugeschrieben werden, erscheint für Lars Rensmann (2006: 33)
Israel als „kollektive[r] Jude“ (ebd.).
Bezüglich des zur Konstruktion der eigenen Wir-Gruppe notwendigen
konstitutiven Äußeren, macht die als Islamismus-Expertin geltende Publizistin
Claudia Dantschke (2010: 143) eine interessante Bemerkung. Sie sieht die
islamisch-arabische Wir-Gruppen-Konstruktion nicht nur im Schema von „das
gute und religiöse Wir“ und „das böse und säkulare Andere“, sondern betont,
dass der religiös definierten islamischen Wir-Gruppe zunächst die religiösen
Gemeinschaften des Juden- und Christentums gegenüber stünden. Diese
gelte es zwar herabzusetzen, aber gleichzeitig seien sie eben auch notwendig
für die eigene Wir-Gruppen-Definition. Da jedoch das orthodoxe Juden- und
Christentum ebenfalls von der säkularen Moderne bedroht seien, gefährde
„der gottlose Jude“ als „geheime Macht hinter der Moderne“ nicht nur die
eigene Wir-Gruppe, sondern auch die zur Konstruktion dieser notwendigen
religiösen Fremdgruppen. Dieses Motiv kommt auch in der iranischen
Produktion Zahras blaue Augen vor, in dem Christ_innen von „den Zionisten“
bedroht werden (Holz und Kiefer 2010: 123).
53
Das parasitäre Element in der Figur des Dritten findet sich ebenfalls in
Zahras blaue Augen wieder: Der unschuldigen, palästinensischen, kleinen
Zahra werden von einem Israeli die Augen entnommen, um sie dem blinden,
jüdischen Sohn einzupflanzen. „Der Jude“ allein ist nicht lebensfähig und im
übertragenen Sinne Israel ein parasitäres Gebilde, das eine „gesunde
Gemeinschaft“ ausbeuten muss, sich ihrer bemächtigen muss, um zu
überleben. Auch im ersten Teil des eingangs erwähnten Kinofilms Tal der
Wölfe taucht das Bild vom jüdischen „Organräuber“ auf: Ein jüdischer Arzt
entnimmt irakischen Opfern Organe, um sie an die USA und Israel zu
verschicken (ebd.: 131f.).
Verquickung von Religion und Nationalismus
In Bezug auf die Anwendung der Sinnstruktur der national-antisemitischen
Weltanschauung auf den islamisierten Antisemitismus ist ein weiterer
wichtiger Aspekt zu bemerken: Die Kategorie, in der das Selbstbild der Wir-
Gruppe konstruiert wird – nationalistisch, rassistisch oder religiös – spielt für
das Ausbilden einer antisemitischen Weltanschauung nur eine
untergeordnete Rolle. Holz und Kiefer (2010: 124) führen dazu aus, dass nur
geringe Modifikationen in der antisemitischen Weltanschauung erforderlich
seien, um das nationale Selbstbild auf ein religiöses umzustellen. Die
Zerrbilder „vom Juden“ seien relativ unabhängig vom Selbstbild der Wir-
Gruppe. Außerdem käme es im Falle des islamisierten Antisemitismus in der
Regel ohnehin zu einer Verquickung von Nation und Religion. Das findet sich
wiederum auch in Artikel 2 der Charta der Hamas, in dem es heißt:
„Nationalism of the Islamic Resistance Movement is part of its religion.“
Es konnte in Teilen gezeigt werden, dass der islamisierte Antisemitismus auf
einer strukturellen Ebene weitreichende Überschneidungen mit dem
modernen europäischen Antisemitismus hat.36 Holz (2005: 12f.) spricht
deshalb von „Variationen“, nicht von „Transformationen“ der bekannten
antisemitischen Muster. Als Forschungslücke bemängelt Jan Weyand (2010:
70ff.), dass die Beziehung zwischen der modern-antisemitischen Semantik
und der modernen Gesellschaftsstruktur bisher nicht ausreichend untersucht
36 Die genannten Strukturmerkmale und Motive finden sich auch in der Rhetorik der schiitischen, libanesischen Hisbollah. Siehe dazu Esther Webman (2003).
54
wurde. Er spricht sich dabei gegen die Annahmen aus, dass zwischen beidem
– Semantik und Struktur – trennscharf unterschieden werden könne und dass
beide in einem Verhältnis von Ursache und Wirkung stünden. Er vertritt
dagegen die These, dass diese Unterscheidung inhaltlich als dialektisch
begriffen werden muss. So würden sich beide Seiten nicht als Unterschiede
aufeinander beziehen, sondern „in sich selbst durch die jeweils andere Seite
vermittelt“ (ebd.: 73) sein. Auch für den Antisemitismus gelte ein
„wechselseitige[s] Aufeinander-Verwiesen-Sein“ (ebd.: 78). Für Weyand folgt
daraus die Annahme, dass der moderne Antisemitismus zumindest als
Semantik solange erhalten bleibt wie sich die gesellschaftlichen Strukturen
nicht grundlegend verändern (ebd.: 86).
2.2.6Manifestation
„Antisemitismus als Semantik zu begreifen bedeutet jedoch nicht, ihn ausschließlich
als Semantik zu begreifen: Antisemitismus ist auch – und zeitweise: vor allem – eine
handgreifliche, sozial institutionalisierte Verfolgungspraxis“ (Weyand 2010: 70).
Gerade diese „politische, juristische, alltägliche oder gewalttätige
Verfolgungspraxis“ (Holz 2001: 540) ist es, welche Vorurteile im Allgemeinen
und antisemitische Einstellungen im Besonderen so gefährlich macht. Die
Darstellung der konkreten Auswirkungen in Form von antisemitisch
motivierten Straf- und Gewalttaten ist auch in den meisten Ausführungen
zum Antisemitismus in der islamisch-arabischen Welt zu finden. Sie reichen
von Beschreibungen plakativer Einzelfallbeispiele über die Entstehung
bestimmter Institutionen bis hin zu mehr oder weniger aussagekräftigen
Statistiken. Auffällig ist, dass es sich in den Artikeln dabei fast ausschließlich
um Fälle und Zahlen aus dem deutschen bzw. europäischen Kontext handelt.
Äußerung antisemitischer Einstellungen in den muslimischen Communities
in Deutschland
Was die Einzelfallbeispiele antisemitisch motivierter Straf- oder Gewalttaten
betrifft, dienen die Beschreibungen in der Literatur meist nur als plakative
„Aufhänger“. Meldungen über beschädigte Synagogen und verbal oder
körperlich attackierte Jüdinnen und Juden gibt es in der Presse immer wieder
und sollen hier nicht näher thematisiert werden. Interessant für diese Arbeit
55
aber ist die Beobachtung bestimmter Entwicklungen. So hat sich zum Beispiel
unter muslimischen Jugendlichen in Deutschland der Ausdruck „Du Jude!“ als
gleichbedeutend für den diffamierenden Ausdruck „Du Opfer!“ durchgesetzt
(Gessler 2004: 32ff.; vgl. amira 2008). Bei Sportveranstaltungen und diversen
Demonstrationen sind Plakataufschriften und antisemitische Sprechchöre wie
„Juden sind Schweine!“ oder „Tod allen Juden!“ keine Seltenheit mehr. Vor
allem muss der im Jahre 1979 von Ayatollah Khomeini eingeführte alljährliche
Al-Quds-Tag (nach dem arabischen Namen für Jerusalem, al-quds), welcher
seit einigen Jahren auch in Berlin in Form einer Demonstration begangen
wird, erwähnt werden. Mit diesem jeweils am letzten Samstag des
Fastenmonats Ramadan stattfindenden „internationalem Jerusalemtag“ soll
an den Anspruch der islamisch-arabischen Welt auf die Stadt Jerusalem
erinnert werden. Auf Grund der damit einhergehenden antisemitischen Israel-
und USA-Hetze wird dieser Tag mittlerweile von vielen
Gegendemonstrationen und –kundgebungen begleitet. Aber auch andere Pro-
Palästina- oder Pro-Libanon-Demonstrationen sind für ihren antisemitischen
Einschlag bekannt und können teilweise sogar Neonazis für sich begeistern
(Benz und Wetzel 2007: 9f).37
Stadtteile Berlins mit hohem Anteil muslimischer Anwohner_innen wie
Wedding, Kreuzberg oder Neukölln werden von Claudia Dantschke als
sogenannte „No-Go-Areas“ für Jüdinnen und Juden beschrieben (in Gessler
2004: 71). Diese Einschätzung wird durch Aussagen von Jüdinnen und Juden
immer wieder bestätigt. In Kreuzberg und Neukölln würden sich drei befragte
jüdische Jugendliche nicht trauen eine Davidsternkette zu tragen (in ebd.:
35). Auch autobiographische Berichte wie zum Beispiel der des in Berlin-
Wedding aufgewachsenen, jüdischen Iraners Arye Sharuz Shalicar (2011)
können hier als Quellen dienen. Shalicars Erzählung gibt einen tieferen
Einblick in diese Problematik und zeigt, dass sie nicht erst seit dem Ausbruch
der zweiten Intifada besteht wie oft behauptet wird. Bemerkenswert an den
Erfahrungen des Autors ist, dass er von seinen muslimischen
37 Für Details zur Vernetzung zwischen islamistischen und rechten Gruppierungen insbesondere durch das Internet siehe Juliane Wetzel (2003).
56
Klassenkamerad_innen als Iraner zunächst im Freundeskreis aufgenommen
worden war. Erst, als er durch das Tragen eines Davidsternanhängers seine
jüdische Identität offenbarte, wurde er ausgeschlossen, beleidigt und
schließlich immer wieder angegriffen.
Dass antisemitische Einstellungen muslimischer Jugendlicher auch in der
Schule ein großes Problem darstellen, kann folgender Ausschnitt aus der
Studie von Sina Arnold (2007: 48) ebenfalls veranschaulichen:
„In eine Kreuzberger Schule, die drei der Jungen im Club besuchen, kam ein
Holocaust-Überlebender, um über sein Leben und seine Erlebnisse während des
Nationalsozialismus zu berichten. Hussein schildert das Erlebnis so:
‚In der Schule war ein Jude bei uns. Danach sah er ganz anders, weil wir den aus der Schule
rausgeworfen haben‘ (LACHT).
Was ist denn da passiert?
‚Er ist reingekommen, wurde er angespuckt von den arabischen Schülern, geschlagen, und
dann ist er schnell abgehauen. [...] Er hat so gegessen erst mit den Lehrern, dann wo er
rausgekommen ist aus der Kantine wurde er angespuckt, geschlagen.‘
Der Mann habe selber Schuld, dass er angegriffen wurde, denn:
‚Was soll er an unserer Schule? Er provoziert damit doch extra, dass da viele, hier,
Palästinenser sind, er kommt wie ein Jude rein, wie ein Hurensohn, da geb ich denen Recht.
Scheiß-Jude ey.‘“
Dieses und die vorangegangenen Beispiele der Manifestation des
islamisierten Antisemitismus zeigen auch ohne das Heranziehen von
Statistiken, dass es sich um ein ernst zu nehmendes Problem handelt.
Mittlerweile gibt es vermehrte Anstrengungen, Konzepte für den Umgang und
die Bekämpfung dieses Phänomens, insbesondere im schulischen Bereich, zu
erarbeiten (vgl. Teil II in Stender et al. 2010; Jikeli 2007). Doch um eine
Lösung erarbeiten zu können, muss wiederum das Problem an sich genauer
definiert und untersucht werden.
3 Fazit
Durch die Strukturierung der Debatte um den Antisemitismus in der
islamisch-arabischen Welt konnten verschiedene Aspekte gezielt betrachtet
werden. Auf eine ausführliche Zusammenfassung der einzelnen
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Analyseräume soll hier verzichtet werden, da dies bereits jeweils direkt im
Anschluss an die jeweiligen Analysen stattgefunden hat. Vielmehr wird noch
einmal die Frage nach einem „neuen Antisemitismus“ aufgegriffen, dann
möchte ich die Debatte vor allem im Hinblick auf ihre Defizite und Probleme
bewerten.
3.1 Ein neuer Antisemitismus?
Die Diskussion um einen islamisierten Antisemitismus findet, wie eingangs
erwähnt, im Rahmen einer umfassenderen Debatte um einen „neuen
Antisemitismus“ statt. Trotzdem wird die Frage, ob es sich beim islamisierten
tatsächlich auch um einen neuen Antisemitismus handelt, immer wieder
aufgegriffen. Dabei ist die Rede von „neuen Erscheinungsformen“,
„veränderten Tätergruppen und Bezugspunkten“, einem
„besorgniserregenden Ausmaß“, aber auch von einem „Import aus Europa“.
Nach der Analyse der Debatte wie sie in dieser Arbeit durchgeführt wurde,
kann und muss diese Frage auf mehreren Ebenen beantwortet werden: Auf
einer strukturellen (1), einer funktionalen (2) und auf einer die Manifestation
betreffenden (3) Ebene.
Im Unterkapitel 2.2.5 über die Semantik konnte gezeigt werden, dass der
islamisierte Antisemitismus weitestgehend alle der „bekannten“
antisemitischen Strukturmerkmale aufweist und auch in seiner Rhetorik
hauptsächlich mit der Logik des modernen Antisemitismus identisch ist. Er
folgt den Prinzipien der Abstraktion und Personifikation. Zudem ist das sich
daraus ergebende verschwörungstheoretische Element in Verbindung mit
dem manichäischen Weltbild im islamisierten Antisemitismus von großer
Bedeutung. Sowohl das Motiv der Gemeinschaft versus Gesellschaft als auch
das der Täter-Opfer(-Umkehr) sowie die Figur des Dritten konnte in der
islamisiert-antisemitischen Rhetorik nachgewiesen werden (1).
Aus dem Unterkapitel 2.2.4 über die gesellschaftliche Funktion ging hervor,
dass der islamisierte Antisemitismus als geschlossenes Weltbild nicht nur die
gesellschafts- und welterklärende, sondern auch eine identitätsstiftende
Funktion erfüllt wie es auch für den modernen Antisemitismus gilt. Das
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antisemitische Weltbild bietet Orientierung in einer komplexer werdenden
Welt und dient zur Konstruktion der eigenen Wir-Gruppe (2). Auf einer
strukturellen und funktionalen Ebene ist es demnach irreführend, von einem
„neuen Antisemitismus“ zu sprechen.
Anders verhält es sich für die Beobachtung dessen, in welcher Gestalt und
welchem Ausmaß er sich äußert (3). Neu ist zum einen, mit welcher
Deutlichkeit und Offenheit er in den islamisch-arabischen Gesellschaften zu
Tage tritt, insbesondere in den Medien. Was dagegen die europäischen
Gesellschaften betrifft (und darum geht es bezüglich des Ausmaßes meist in
der für diese Arbeit studierten Literatur), sollte wohl eher von einem er-
neuten Aufkommen eines offen artikulierten Antisemitismus die Rede sein. In
Deutschland beispielsweise kann mit Blick auf antisemitisch-motivierte
Straftaten lediglich die veränderte Täter_innengruppe als eine neue
bezeichnet werden.38 Tatsächlich „neu“ wird der Antisemitismus dadurch
nicht.
Demgegenüber sind die Verbreitungsmöglichkeiten antisemitischer
Propaganda, insbesondere durch die Massenmedien und das Internet als
wirklich neu zu bezeichnen. Auch die Vernetzung von Gruppierungen
unterschiedlichster Spektren ist ein noch nicht allzu lang zu beobachtendes
Phänomen. Verschiedene politische Gruppierungen scheinen sich in ihrer
Weltanschauung anzugleichen. Dafür ist die vergangene (und in noch
größerem Rahmen die für dieses Jahr geplante) Gaza-Flotilla ein aktuelles
Beispiel. Im Zuge dieser sogenannten „Hilfsflotilla“ setzen sich islamistische
Fundamentalist_innen gemeinsam mit linken und globalisierungskritischen
Aktivist_innen verschiedener Länder gegen die „israelische Unterdrückung“
ein. Auf einer das Ausmaß und die Erscheinungsformen des islamisierten
Antisemitismus betreffenden Ebene kann demnach tatsächlich von neuen
Phänomenen gesprochen werden.
Bezüglich der in der Einleitung umrissenen gesamten Debatte um einen
„neuen Antisemitismus“ ist festzuhalten, dass sich die drei Aspekte
38 Ob überhaupt strikt zwischen „deutschen“, „arabischen“, „muslimischen“ und „nicht-muslimischen“ Täter_innen unterschieden werden kann und muss, ist eine andere Frage, die hier nicht weiter erörtert werden soll. Siehe dazu z.B. Messerschmidt (2010).
59
(Antizionismus und Israelkritik, Antisemitismus in der Linken, islamisierter
Antisemitismus) lediglich auf neue Kontexte und Erscheinungsformen, auf
„Konstellationen des Antisemitismus“ (Stender et al. 2010), nicht aber auf ein
gänzlich neues Phänomen beziehen. Diesbezüglich macht Eva-Maria Ziege
(2004: 8) eine treffende Bemerkung: Wenn von einem „neuen
Antisemitismus“ gesprochen würde, werde der Begriff „Antisemitismus“
seiner Schärfe beraubt, da er per definitionem eine Anpassungsfähigkeit an
veränderte (politische) Bedingungen impliziert. Auch erwähnenswert ist die
Einschätzung des Historikers Michael Wolffsohn. Er meint, aus nicht-jüdischer
Sicht mag es durchaus so aussehen, als gebe es immer wieder einen „neuen
Antisemitismus“. Als Jude aber sehe er nur eine „epochenübergreifende
Kontinuität: Judenfeindschaft“ (in Gessler 2004: 38).
Diese Arbeit hat deutlich gemacht, dass es bezüglich des islamisierten
Antisemitismus weder angemessen scheint, von einem Bruch und einem
„neuen Antisemitismus“ noch von einer Kontinuität zu sprechen. Auf einer
semantischen und funktionalen Ebene überwiegen die Kontinuitäten,
bezüglich der Erscheinungsformen aber können Brüche ausgemacht werden.
Vor allem aber ist und bleibt der Antisemitismus ein komplexes Phänomen.
Abschließend kann die These vertreten werden, dass sich der Antisemitismus
an den islamisch-arabisch Kontext angepasst hat und „als neue Spielart
Wurzeln geschlagen hat“ (Tibi 2006: 182). Hier schließt sich auch der Kreis
zur Diskussion um die Begrifflichkeiten (Unterkapitel 1.2): Indem
Antisemitismus einerseits als Weltanschauung, die aus bestimmten Denk-
und Sinnstrukturen besteht, und andererseits als bewegliches Vorurteil
angesehen wird, kann diese „bewegliche Weltanschauung“ auch islamisiert
werden. Die antisemitische Weltanschauung wurde gemäß der spezifischen
Bedürfnisse und Umstände der islamisch-arabischen Gesellschaften
modifiziert. Im Kern aber, also in seiner Logik, Funktion und Struktur, ist der
islamisierte Antisemitismus nichts Neues. Diese Erkenntnis rechtfertigt es
jedoch nicht, ihm keine Aufmerksamkeit zu schenken. Im Gegenteil bestehen
wie die Analyse der Debatte gezeigt hat viele Defizite in der Erforschung des
islamisierten Antisemitismus. Diese sollen im Folgenden kurz dargestellt
werden.
60
3.2 Defizite der Debatte
Bezüglich des ersten Analyseraums und der Frage nach einer historisch
verwurzelten Feindschaft gegenüber Jüdinnen und Juden im Islam ist
aufgefallen, dass die Beiträge zur aktuellen Debatte diesen Aspekt eher
oberflächlich abhandeln. Der Status der Jüdinnen und Juden als dhimmis wird
in den meisten Fällen erwähnt und entweder als „immerhin tolerierte
Minderheit“ oder als „schon immer diskriminierte Minderheit“ ausgelegt. Um
sich einen besseren Einblick zu verschaffen, ist es hilfreich, zusätzlich ältere
islam- oder geschichtswissenschaftliche Literatur zu Rate zu ziehen. Dies ist
hier mit dem Buch Juden in der islamischen Welt von Bernard Lewis
geschehen. Trotzdem bleiben viele Unklarheiten. Folgender Aspekt aber ist
interessant: Die Tatsache, dass eine in der islamisch-arabischen Welt immer
als schwach und unterlegen geltende jüdische Minderheit, der nach
islamischem Recht auch keine Souveränität zuerkannt wurde, sich nun in
Form eines Staates präsentiert, welcher von der islamisch-arabischen Welt
vor allem als (militärisch) überlege Macht wahrgenommen wird. Für diesen
und andere Gesichtspunkte der traditionellen Quellen und Stereotype wäre
eine verstärkte Teilnahme von Islamwissenschaftler_innen an der aktuellen
Debatte aufschlussreich.
Die Rolle des Nationalsozialismus für die Entwicklung antisemitischer
Strukturen in der islamisch-arabischen Welt findet hingegen in der Literatur
umfangreiche Beachtung. Jedoch muss die These eines „Imports aus Europa“
für oberflächlich gehalten werden. Insbesondere mit Blick auf den Mufti von
Jerusalem, Amin al-Husseini, und die ägyptische Muslimbruderschaft wäre der
Begriff der „Zusammenarbeit“ besser geeignet. Interessant wäre es,
europäische antisemitische Literatur und Stereotype als Inspirationsquelle für
antisemitische Schriften und die Ausformung antisemitischer Strukturen in
der islamisch-arabischen Welt näher zu untersuchen. Wie bereits erwähnt,
spricht sich auch die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer (2006: 256) für
die Erforschung nicht-arabischer Quellen diesbezüglich aus. Darüber hinaus
ist auffällig, dass bezüglich der Einflüsse und Entwicklungen des islamisierten
61
Antisemitismus der Blick oft ausschließlich in die fernere Vergangenheit
geworfen wird. Welche Entwicklungen aber brachte die islamistische
Revolution 1979 im Iran? Welche Rolle spielen Gruppierungen wie die Hamas,
die Hisbollah oder die Muslimbruderschaft bis heute in der Entwicklung des
islamisierten Antisemitismus? Auch die Einschätzung von Bassam Tibi (2006:
182) bezüglich der Kontinuitäten und Brüche zwischen dem panarabischen
und dem islamistischen Antisemitismus gilt es zu vertiefen.
Bei der Bearbeitung des dritten Analyseraumes zu den historischen und
politischen Rahmenbedingungen hat sich herauskristallisiert, dass es sich in
der Debatte immer wieder um den Nahost-Konflikt als Ursache, Folge oder
„Zündstoff“ des islamisierten Antisemitismus dreht. Sicherlich ist dies ein
wichtiger Aspekt, jedoch wird anderen Rahmenbedingungen dadurch zu
wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Zu nennen sind die Einflüsse des
Entkolonialisierungsdiskurses und auch die Feindbildbestimmungen während
und nach dem Ost-West-Konflikt. Außerdem ist es notwendig, den in der
Debatte stark präsenten Nahost-Konflikt differenzierter zu betrachten. Erneut
ist es Bernard Lewis der diesbezüglich vier Phasen formuliert, welche von
Werner Bergmann (2003: 18f.) aufgegriffen und ergänzt wurden: die Anfänge
der zionistischen Besiedlungen ab 1882, welche noch im Osmanischen Reich
stattfanden (1), die britische Mandatszeit und die Balfour-Erklärung von
1917/18 (2), die Gründung des Staates Israel 1948 und der
Unabhängigkeitskrieg (3) und schließlich die Zeit seit der erneuten
arabischen Niederlage von 1967 (4). Bergmann erwähnt zudem noch die
Revolution von 1979 im Iran, die Gründung der Hamas und der Hisbollah in
den 1980ern und schließlich die Erste und Zweite Intifada als weitere
Eckpunkte.
Bezüglich des vierten Analyseraums, welcher die gesellschaftliche Funktion
behandelt, ist auffällig, dass in der Literatur zwar oft von „Israel als
Projektionsfläche“ oder einer „Projektion auf einen äußeren Feind“ die Rede
ist, selten diese psychoanalytische Perspektive aber explizit hinsichtlich des
islamisierten Antisemitismus weiter ausgeführt wird. Lediglich Wurst (2005)
greift die von Horkheimer und Adorno (1969: 172) erarbeitete These der
„pathischen Projektion“ flüchtig auf. Diese besagt, dass Eigenschaften, die
62
dem Stereotyp „des Bösen“ zugeschrieben werden, ihrerseits auf innere
Konflikte des antisemitischen Ichs verweisen. Es handelt sich dabei um
Triebregungen, welche als bedrohlich empfunden und deshalb nicht
zugelassen, sondern unterdrückt werden (Salzborn 2010: 106). Um sich ihrer
vermeintlich zu entledigen, werden sie projiziert, „dem Anderen“, hier „dem
Juden“, als schlechte Eigenschaften zugeschrieben. Wenn die vollständige
Verschleierung dieses Vorgangs gelingt und das Subjekt das glaubt, was nun
als Realität erscheint, ist der Projektionsvorgang erfolgreich abgeschlossen
(Pohl 2010: 42). Projektives Verhalten allein sei allerdings noch nicht
zwingend antisemitisch: „In gewissem Sinn ist alles Wahrnehmen Projizieren“
(Horkheimer und Adorno 1969: 168). Erst der „Ausfall der Reflexion darin“
(ebd.: 170) führe zur „falschen“ bzw. „pathischen Projektion“.
„Gleichgültig, wie die Juden an sich selber beschaffen sein mögen, ihr Bild, als das des
Überwundenen, trägt die Züge, denen die totalitär gewordene Herrschaft todfeind sein muß:
des Glücks ohne Macht, des Lohnes ohne Arbeit, der Heimat ohne Grenzstein, der Religion
ohne Mythos. Verpönt sind diese Züge von der Herrschaft, weil die Beherrschten sie
insgeheim ersehnen.“ (Horkheimer und Adorno 1969: 178).
Es wäre Forschungsarbeiten wert, zu analysieren, inwiefern die von
Horkheimer und Adorno in Bezug auf den modernen europäischen
Antisemitismus und totalitäre Herrschaften bezogene These für den
Antisemitismus der islamisch-arabischen Welt fruchtbar gemacht werden
könnte. Die von Bassam Tibi (2006: 180) formulierte These, dass der
Islamismus in die Tradition der Totalitarismen einzuordnen sei, könnte einen
Ansatz dafür bieten. Auch Wurst (2005: 207) spricht von einem „totalitäre[n]
Potential“ des Islamismus.
Der Feststellung, dass sich in den Analyseräumen vier und fünf, welche die
funktionale und die strukturelle Ebene des islamisierten Antisemitismus
behandeln, wenige spezifisch islamisch-arabische Merkmale finden ließen,
sollte in der aktuellen Debatte deutlicher hervorgehoben werden.
Hauptsächlich wird in Kategorien von Ausmaß und Erscheinung des
islamisierten Antisemitismus argumentiert. Dies ist für das Verständnis
sicherlich wichtig. Doch wenn dies zum Befund eines eigenständig neuen,
63
speziell islamisch-arabischen Antisemitismus führt, ist dessen Kern weit
verfehlt.
Große Forschungsdefizite, die in der Literatur auch immer wieder offen
formuliert werden, finden sich bezüglich des letztgenannten Analyseraums.
Insbesondere im Hinblick auf die muslimischen Communities in Europa wird
das Fehlen repräsentativer Studien zur Qualität und Quantität zu den
antisemitischen Einstellungen bemängelt (z.B. Messerschmidt 2008: 25). So
konstatiert auch Michael Kiefer (2008: 21), dass „die Debattengrundlage zu
erheblichen Teilen auf Mutmaßungen und einzelnen Beobachtungen beruht“.
Vereinzelte Studien, Erlebnisberichte und Vorfälle zeigen jedoch immer
wieder, dass das Problem des islamisierten Antisemitismus in Europa nicht zu
unterschätzen ist. Es gilt, die zahlreichen, im Kleinen begonnenen Studien
weiter auszubauen. Michael Kiefer (2008: 21ff.) hat dafür bereits die seiner
Meinung nach zentralen zu erforschenden Fragen formuliert. Welche
antisemitischen Stereotype genau und in welchem Ausmaß finden diese sich
unter muslimischen Jugendlichen? Welche Rolle spielt die islamische Tradition
und welche kulturellen, ethnischen und ideologischen Hintergründe können
bei den Jugendlichen ausgemacht werden? Handelt es sich um ein primär
„männliches“ Problem, welche Rolle spielen Gruppenprozesse und können
Desintegrationserfahrungen als fördernd gelten? Wie ist der Zusammenhang
von Nahost-Konflikt und Antisemitismus bei diesen Jugendlichen? Wie werden
die Stereotype verbreitet, welche Rolle spielen welche Medien? Diese
Auflistung zeigt, dass wichtige Grundfragen noch zur Klärung ausstehen.
Dieser auf den Aspekt der muslimischen Communities in Deutschland
bezogene Befund kann durchaus – wenn auch begrenzt und mit Vorsicht – auf
die gesamte Debatte um einen Antisemitismus in der islamisch-arabischen
Welt ausgeweitet werden. Auch diesbezüglich scheinen Fragen zu
ideologischen Hintergründen, der Rolle des Nahostkonflikts und vor allem
zum Ausmaß nicht vollständig geklärt zu sein. Besonders auffällig ist in der
aktuellen Literatur, dass bezüglich realer antisemitischer Verfolgungspraxen
kaum Beispiele aus dem islamisch-arabischen Raum thematisiert werden. So
64
wird beispielsweise die tragische Geschichte der Jüdinnen und Juden Libyens
in nicht einem der für diese Arbeit gelesenen Artikel erwähnt.39
Insgesamt fällt bei der Analyse der Debatte auf, dass das Studium der
einzelnen Artikel und Beiträge für diese Arbeit nicht befriedigend war.
Besonders für die Analyseräume eins bis drei waren das zu Rate ziehen
älterer islamwissenschaftlicher Literatur und weitere Recherchen notwendig.
39 Während um 1930 noch rund 25.000 Jüdinnen und Juden in Libyen lebten, starb im Jahre 2002 die letzte in Libyen lebende Jüdin. Das 20. Jahrhundert war für die sephardisch-jüdischeGemeinde in Libyen von Diskriminierung, Verfolgung und Massenflucht gezeichnet (vgl. Roumani Denn 2007).
65
3.3 Ausblick
Die Diskussion um einen islamisierten Antisemitismus im Rahmen der
breiteren Debatte um einen „neuen Antisemitismus“ zeigt einmal mehr, dass
antisemitische Einstellungen nicht nur in Sphären rechter Ideologien und im
Kontext des Nationalsozialismus verharren. Aktuell hat sich ein offen zu Tage
getragener Antisemitismus in die islamisch-arabische Welt verschoben. Doch
vor allem in Deutschland ist der Antisemitismus kein Problem, das mit dem
Ende des Dritten Reiches als überwunden gelten kann. Der in der deutschen
Mehrheitsgesellschaft latent vohandene und der aktuell in Teilen der
muslimischen Communities offenkundige Antisemitismus sollten
grundsätzlich nicht getrennt voneinander behandelt werden. Zunächst ist es
zwar wichtig, den Antisemitismus in seiner islamisierten Form ernst zu
nehmen und gründlich zu analysieren. Auch, damit sinnvolle Strategien im
Umgang mit dem Problem, insbesondere im schulischen Bereich, erarbeitet
werden können. Dafür darf eine offene Diskussion und die Erhebung von
Studien nicht gescheut werden. Denn durch das Erforschen von
menschenverachtenden Ideologien bei Minderheiten und somit oft
gesellschaftlich diskriminierten Menschen kann auch ausgedrückt werden,
dass diese als politisch handelnde und mündige Subjekte ernst genommen
und nicht als von äußeren Umständen abhängige Opfer gesehen werden.
Schließlich aber ist und bleibt der Antisemitismus ein
gesamtgesellschaftliches Problem, welches nicht auf sogenannte
„Randgruppen“ ausgelagert werden darf.
Der Antisemitismus wie wir ihn derzeit erleben ist kein gänzlich neuer. Als
bewegliche Weltanschauung hat er in den letzten Jahrzehnten lediglich
einmal mehr seine äußere Erscheinungsform verändert: „Im neuen
Jahrtausend ist die antijüdische Rhetorik eher islamistisch, antiglobalistisch
und neomarxistisch als christlich, konservativ oder neofaschistisch.“ (Wistrich
2004: 260).
66
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