Information(smängel) und Beratung im Kontext privater Altersvorsorge Tabea Bucher-Koenen Berlin, 11.10.2017
Information(smängel) und Beratung im Kontext privater Altersvorsorge
Tabea Bucher-Koenen
Berlin, 11.10.2017
2
73%
63%
53% 54% 49% 48%
44% 39%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
2002 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2012
Ante
il de
r Hau
shal
te
Keine zusätzliche Altersvorsorge Ein Instrument Zwei Instrumente Drei Instrumente
Anteil der Haushalte ohne zusätzliche Altersvorsorge und nach Anzahl privater und betrieblicher Altersvorsorgeinstrumente.
Anmerkung: Klammern geben Konfidenzintervalle (95%) an. Quelle: SAVE 2003-2013, Börsch-Supan et al. (2015).
Zusätzliche Altersvorsorge
3
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
2002 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2012
Ante
il de
r Hau
shal
te
Riester-Rente Betriebsrente Sonstige private Altersvorsorge
Verbreitung zusätzlicher Altersvorsorge, 2002-2012.
Anmerkung: Klammern geben Konfidenzintervalle (95%) an Quelle: SAVE 2003-2013. Börsch-Supan et al. (2015).
Zusätzliche Altersvorsorge
4
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
0 - 999€ 1.000€ - 1.999€ 2.000€ - 3.999€ > 4.000€
Riester-Rente Betriebsrente Sonstige zusätzliche Altersvorsorge
Private Altersvorsorgeinstrumente nach verfügbarem Haushaltseinkommen, 2012.
Anmerkung: Klammern geben Konfidenzintervalle (95%) an. Quelle: SAVE 2013. Börsch-Supan et al. (2015).
Zusätzliche Altersvorsorge
5
7.8 6.4 2.6 3.1 2.5 4.3 2.6
70.8
11.2 10.1
3.7 3.8 4.4 7.5 5.5
53.9
0
10
20
30
40
50
60
70
80
negative 0-24 25-49 50-74 75-99 100-149 150-199 200+
Ante
il de
r Hau
shal
te in
%
Anteil der Rentenlücke, der zu Rentenbeginn gefüllt ist (%)
Nettogesamtvermögen (NGV)
Nettofinanzvermögen (NFV)
22% 78% 33% 67%
Anteil der Haushalte, die zu einem bestimmten Anteil die Rentenlücke füllen
Quelle: Börsch-Supan et al. (2016b).
Zusätzliche Altersvorsorge
1. Geringe Finanzkenntnisse und fehlende Finanzplanung “Haben Sie und Ihre Partner/in jemals versucht herauszufinden, wieviel Sie heute zum erreichen eine bestimmten Lebensstandards im Alter sparen müssten?” Ja/Nein
Quelle: Bucher-Koenen und Lusardi (2011)
Hemmnisse bei der Verbreitung
6
Selbst eingeschätzte Förderberechtigung
Förderberechtigt Nie förderberechtigt
Tatsächliche Förderberechtigung
Förderberechtigt
Nie förderberechtigt
92.0%
8.0%
49.4%
54.0%
46.0%
50.6%
73.7%
23.3%
N = 2047
Hemmnisse bei der Verbreitung
2. Unklarheit bei der staatlichen Förderung
7
Quelle: Coppola und Gasche, 2010
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
Q1 Q2 Q3 Q4 Q5
Ante
il de
r Hau
shal
te
Einkommensquintile
Anteil der Haushalte, die ihre Förderberechtigung falsch einschätzen
Quelle: Coppola und Gasche, 2010
Hemmnisse bei der Verbreitung
2. Unklarheit bei der staatlichen Förderung
8
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
regelmäßig,festerBetrag
regelmäßig,flexiblerBetrag
gelegentlich keinSpielraum
Lebengeniessen
Ante
il de
r Hau
shal
te
GS nicht erwartet GS erwartet
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
private Altersvorsorge(nicht staatlich
gefördert)
Riester Vertrag betrieblicheAltersvorsorge
Ante
il de
r Hau
shal
te
GS nicht erwartet GS erwartet
Beschreibung des persönlichen Sparverhaltens
Private und betriebliche Altersvorsorge der Haushalte unter 65 Jahre
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Ante
il de
r Hau
shal
te
Über 27 Entgeltpunkte
Anteil der Haushalte über dem Grundsicherungsniveau
GS nicht erwartet GS erwartet
Quelle: Lamla und Gasche (2014)
38% erwarten Grundsicherung im Alter
Hemmnisse bei der Verbreitung
3. Erwartungen über die Rentenhöhe
9
Quelle: Steffen (2009)
Hemmnisse bei der Verbreitung
4. Einschätzung der persönlichen Lebenserwartung
Unterschätzung der Lebenserwartung um 5-6 Jahre
10
11
0%
2%
4%
6%
8%
10%
12%
14%
16%
18%
20%
22%
0 5 10 15 20 25 30 35 40
Kost
enqu
ote
Laufende Nummer des Vertrages
Kostenquoten 36 klassischer Riester-Rentenversicherungen.
Anmerkung: Die Berechnungen beziehen sich auf das Szenario „Standard“ und eine Verzinsung von 1,75% p.a. Die laufende Nummer 1 stellt beispielhaft den Nullkostenvertrag dar, die laufende Nummer 2 den Vertrag mit einer Kostenquote von 10%. Quelle: Gasche et al. (2013).
Hemmnisse bei der Verbreitung
5. Marktintransparenz und hohe Kosten
Hemmnisse bei der Verbreitung
5. Marktintransparenz, hohe Kosten, Schlechte Beratung
Quelle: Bucher-Koenen und Koenen (2015); SAVE 2008
60% der Haushalte mit Riestervertrag
sind ohne Vergleichsangebot
12
13
• Personen mit geringerem Finanzwissen (Frauen und Personen ohne tertiären Bildungsabschluss) werden schlechter beraten (erhalten weniger Vergleichsangebote) (Bucher-Koenen und Koenen 2015)
• Schlechte Beratung ist wichtiger Grund für Kündigung und Stilllegung von Verträgen (Ziegelmeyer und Nick, 2012)
• Haushalte mit geringem Finanzwissen kündigen eher ihre Verträge anstatt sie stillzulegen und machen dadurch finanzielle Verluste (Ziegelmeyer und Nick, 2012)
Hemmnisse bei der Verbreitung
14
Zwischenfazit
• Stand der zusätzlichen Altersvorsorge hat sich dynamisch entwickelt seit 2001.
• Ein großer Teil der Bevölkerung ist gut abgesichert und kann die Rentenlücke mehr als füllen.
• Unter Haushalten mit geringerem Einkommen und Haushalten mit Schulden gibt es Lücken bei der Absicherung.
• Fehlendes Finanzwissen, schlechte Beratung und falsche Erwartungen sind zentrale Hemmnisse bei der Verbreitung der zusätzlichen Altersvorsorge.
Pensions Dashboard - ein Feldexperiment
Tabea Bucher-Koenen Andreas Hackethal und Christine Laudenbach
Wie können Personen unterstützt werden in Zeiten zunehmend komplexer Altersvorsorge Portfolios?
• Angebot an Teilnehmer: Überblick über die Renteneinkommen aus allen Säulen • Feldstudie unter realen Bedingungen bzgl. Datenschutz und IT Sicherheit • Projekt Partner: Goethe Universität, Max-Planck-Institut für Sozialrecht und
Sozialpolitik, DRI e.V., Commerzbank, Deutsche Bank, PwC, InsurTech • Zeitrahmen: Entwicklung H2 ‘16, Rekrutierung von Teilnehmern Jan/Feb ‘17,
Erstellung der individuellen Dashboards bis Mai ‘17, Beobachtung von Konsum- und Sparentscheidungen bis Ende 2017
• Zahlen: >40.000 interessierte Bankkunden, >12.000 mit ausgefülltem erstem Fragebogen, >7.000 Registrierungen, 1.078 fertige Dashboards (∅3,6 Produkte, ∅24 min Back-office Zeit pro Dashboard)
Workshop on Nov 16, 2016
Pensions Dashboard – Project Brief
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Hypothesen bezüglich der Vorteile und Umsetzbarkeit
Die Reduktion von Informationskosten wird mehr Personen dazu motivieren ... • relevante Renteninformationen zu sammeln und zu nutzen (Link
zur Literatur über „rational inattention“). • einen Altersvorsorgeplan zu erstellen. • zu handeln, wenn es nötig ist.
Es ist technisch machbar... • alle Rentenansprüche in konsistenter Art und Weise zu
aggregieren. • alle Rentenansprüche leicht verständlich darzustellen. • verlässliche Dateninput und Datenoutput Prozesse zu erstellen.
Pensions Dashboard - Hypothesen
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− Fragebogen 1: Altersvorsorge Planung
− Registrierung Altersvorsorge Cockpit − Hochladen der Standmitteilungen
− Back office: Dateneingabe ins Backend − Altersvorsorge Cockpit wird zur
Verfügung gestellt (5-10 Tage nach Hochladen der vollständigen Dokumente)
− Fragebogen 2: Cockpitbewertung − Fragebogen 3: Altersvorsorge Planung
nach ca 6-8 Monaten (Oktober 2017)
Pensions Dashboard - Ablauf
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Entwicklung eines APP-basierten persönlichen Überblicks: Informationen über Einkommen aus
allen Vorsorge-Säulen Harmonisiert für das gesetzliche
Renteneintrittsalter Darstellung als monatliche Zahlungen Darstellung von Brutto- und
Nettorenten Darstellung von garantierte Renten und
möglichen Zusatzzahlungen durch Überschussbeteiligungen / Zinsgewinne / Rentensteigerungen
Verschiedene Zusatzinformationen je nach Treatment
Pensions Dashboard
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Struktur der Teilnehmer: • ca. 70% Männer • Ø Alter: 46 • 75% mit Abitur • Ø Einkommen: 4.800 Euro/Monat • 18,9% aus Ostdeutschland • eher hohe Finanzbildung
81
19
00
20
40
60
80
100
West Ost
in P
roze
nt
Region
69
31
00
20
40
60
80
100
Männer Frauen
in P
roze
nt
Geschlecht
Pensions Dashboard – erste Ergebnisse
preliminary
20
Ergebnisse aus Fragebogen 1 • 59% glauben sie beschäftigen sich nicht ausreichend mit ihrer Rente. • 54% glauben sie sparen zu wenig. • 43% haben Angst vor Altersarmut. • 68% können ihr Alterseinkommen nicht einschätzen. • 54% hätten gerne einen Überblick über ihre Ansprüche, wissen aber nicht
wo sie anfangen sollen. • 65% lesen ihre Standmitteilungen ausführlich. • 80% verstehen die Standmitteilungen nach eigener Aussage. • 55% schätzen ihr Wissen zum Thema Altersvorsorge eher gut ein. • 62% sehen eher sich selbst als den Staat in der Verantwortung für die
Altersvorsorge.
Pensions Dashboard – erste Ergebnisse
preliminary
21
Durchschnittliche Renteneinkommen in Euro/Monat Anteile Bedingte Einkommen
Garantierte Rente gesamt 2.268 GRV Rente 1.476 82,0% 1.800 Betriebsrenten 454 55,2% 823 Private Altersvorsorgeverträge 149 52,3% 284 Sonstiges Altersvorsorgevermögen 190 27,5% 693 Gesamtrente (inkl. Überschüssen, Rentensteigerungen etc.) 3.166 Nettogesamtrente 1.995
Ergebnisse aus den fertiggestellten Altersvorsorge Cockpits Im Durchschnitt 3,6 hochgeladene Dokumente pro Kunde. 60% der Kunden haben mehr als zwei Dokumente hochgeladen
Pensions Dashboard – erste Ergebnisse
preliminary
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Etwa die Hälfte der Teilnehmer möchten auf der Basis der Informationen aus dem Dashboard für ihre Altersvorsorge tätig werden: • 12% möchten professionellen Rat, • 19% planen mehr vorzusorgen und • 19% möchten sich zunächst auf eigene Faust weiter informieren.
Pensions Dashboard – erste Ergebnisse preliminary
Ergebnisse aus Fragebogen 2
• Bedarf an Renteninformation ist groß. • Vorteil für die Teilnehmer: niedrigere Informationsbeschaffungskosten und weitere
Vorsorgeplanung durch einfache Handhabung der Plattform und Darstellung der Information.
• Vorteil für Rentenversicherer/Banken: solide Basis für Beratung und Angebotserstellung. • ABER: selbst teilautomatisierte Dateneingabe ist zu kompliziert für die Nutzer (6 von 7
interessierten Teilnehmer brechen ab) und für die Plattform Anbieter (24 min pro Dashboard inkl. Nutzer Support)
1. Entwicklung eines Prototyps: Definition von Datenstandards und Schnittstellen, Optimierung von Berechnungsalgorithmen und der Nutzeroberfläche, Identifizierung und Authentifizierung, Datenschutz,...
2. Politik: Verpflichtung von Rentenversicherern/Arbeitgebern standardisierte Renteninformationen auf Kundenanfrage bereitzustellen; Nutzung von „Steuer-ID“ oder eID als Identifier? Stakeholder der Plattform?
3. Industrie: Koordination unterschiedlicher Perspektiven, Governance der Plattform? 4. Europe: Synchronisierung mit TTYPE (Track and Trace Your Pension)
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Pensions Dashboard - Fazit
Tabea Bucher-Koenen [email protected]
25
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Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, München. Lamla, B. und Gasche, M. (2014): Erwarteter Bezug von Grundsicherung im Alter: Verhaltensunterschiede und Fehleinschätzungen, Schmollers
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Referenzen