Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) und deren Abrechnung Stand Oktober 2010 Kanzlei Bittrich + Winkler Vertragsarztrecht, ärztliche Kooperationsformen, Berufsrecht Maximilianstraße 85, 86150 Augsburg Tel.: 0821/455055-0 Fax: 0821/455055-20 www.kanzlei-med.de
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Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) und deren Abrechnung Stand Oktober 2010 Kanzlei Bittrich + Winkler Vertragsarztrecht, ärztliche Kooperationsformen,
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Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)und deren Abrechnung
In einer repräsentativen Versichertenbefragung des wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido 2008) nach Ärzten, die bei Patienten IGeL-Leistungen erbracht haben, wurden
- Gynäkologen mit 32,1 %
- Allgemeinärzte mit 23,2 %
- Augenärzte mit 14,4 %
- Dermatologen mit 9,3 %
- Orthopäden mit 8,2 %
- Urologen mit 3,6 %
- Internisten mit 3,3
genannt.
Allgemeines – die am häufigsten nachgefragten bzw. angebotenen IGeL-Leistungen in der Arztpraxis (Angaben in % der Leistungen)
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Beschreibung der IGeL-Leistung durch die KBV
Nach der KBV-Definition (DÄBl. vom 13.03.1998) handelt es sich bei
IGeL-Leistungen um ärztliche Leistungen,
– die nicht zum Leistungskatalog der GKV gehören,
– dennoch vom Patienten nachgefragt werden und
– ärztlich empfehlenswert (z.B. reisemedizinische Beratung) oder
zumindest ärztlich vertretbar (z.B. Glatzenbehandlung) sind.
Verfeinerte Begriffsbestimmung – Deutscher Ärztetag 2006
Der Deutsche Ärztetag hat die Definition der KBV aus dem Jahre 1998
erweitert. IGeL sind danach ärztliche Leistungen, die
- generell oder im Einzelfall nicht der Leistungspflicht der GKV
unterliegen,
- aus ärztlicher Sicht erforderlich oder empfehlenswert, zumindest aber
Im Bereich der GKV gilt grundsätzlich das Sachleistungsprinzip (Ausnahme: Kostenerstattung) d.h., die erforderlichen Leistungen sind den Versicherten als Sach- oder Dienstleistung zur Verfügung zu stellen
Die Leistungserbringer haben dabei das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) zu beachten:
„Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“
Der Leistungsanspruch des Patienten und die damit korrespondierende Leistungspflicht des Vertragsarztes (VA) beinhaltet folglich nach Gesetz und Rechtsprechung nicht eine optimale Krankenversorgung
Rechtliche RahmenbedingungenGKV-Leistungskatalog
Grundlage der Leistungspflicht des VA bzw. des Leistungsanspruchs des Patienten ist der EBM. Nur die dort enthaltenen - begrifflich fest umrissenen und abschließend definierten - Leistungen dürfen und müssen als Sachleistungen erbracht werden, sofern sie notwendig sind im Sinne des SGB V
Analogbewertungen wie sie die GOÄ vorsieht (§ 6 Abs. 2 GOÄ) lässt der EBM nicht zu
Rechtliche RahmenbedingungenNeue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht werden, wenn- eine positive Entscheidung des G-BA vorliegt, die- vom BMG nicht beanstandet worden ist und- der Bewertungsausschuss im EBM eine Abrechungsmöglichkeit geschaffen hat
Bsp. Akupunkturleistungen - Akupunktur: bis Ende 2006 waren sämtliche Akupunkturleistungen als IGeL abrechenbar. G-BA Beschlüsse vom 18.04. u. 19.09.2006: Akupunktur für die Indikationen “chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule“ u. „chronische Schmerzen in mind. einem Kniegelenk“ als GKV-Leistung zugelassen Übernahme in QualitätssicherungsV Akupunktur sowie in den EBM (GOP 30790/30791) nicht mehr als IGeL erbringbar
Zwischenresümee
Durch die Struktur des GKV-Systems und insbesondere
- die Budgetierung,
- das Sachleistungsprinzip mit dem formalisierten Verfahren zur Erstellung des fest umrissenen Leistungskataloges (EBM)
- sowie das Verbot der Zuzahlung zu ärztlichen Leistungen (§ 18 Abs. 10 BMV-Ä)
werden so enge Grenzen gesetzt, dass eine schnelle Teilhabe des Versicherten an medizinischen Innovationen und optimaler Behandlung zwangsläufig nur außerhalb des GKV-Systems erfüllt werden kann.
IGeL-Leistungen Voraussetzungen nach Vertragsarztrecht
Der VA darf von einem Versicherten eine Vergütung (= Privatliquidation) nur fordern,
wenn die elektronische Gesundheitskarte vor der ersten Inanspruchnahme im Quartal nicht vorgelegt worden ist bzw. ein anderer gültiger Behandlungsausweis nicht vorliegt und nicht innerhalb einer Frist von zehn Tagen nach der ersten Inanspruchnahme nachgereicht wird,
wenn und soweit der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene
Kosten behandelt zu werden, und dieses dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt,
wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde (= IGeL).
§ 18 Abs. 8 BMV-Ä
Abgrenzung von der Wunschbehandlung / Kostenerstattung
Wunschbehandlung: wenn der GKV-Versicherte Leistungen verlangt,
- die zwar im EBM enthalten sind und- vom VA auch in diesem Rahmen erbracht werden können,- aber in seinem konkreten Behandlungsfall nicht zweckmäßig
oder erforderlich im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots sind
Kostenerstattung: Patient, der sich für die Kostenerstattung (§ 13 Abs. 2 SGB V) entscheidet, ist ebenfalls GKV-Versicherter; kein „reiner“ Privatpatient; nur Wahl eines anderen Abrechungswegs Folge: auch bei Kostenerstattung können nur die Leistungen erbracht und abgerechnet werden, die zum Leistungsumfang der GKV gehören
Abgrenzungs“versuch“ IGeL – GKV-Leistungen
Was geschieht, wenn bei der IGeL-Untersuchung eine behandlungsbedürftige Krankheit festgestellt wird?
Behandlung selbst ist als GKV-Leistung erbring- und abrechenbar; IGeL-Untersuchung „mutiert“ jedoch nicht nachträglich zur GKV-Leistung
GKV-Versicherter möchte einzelne IGeL-Leistungen, wünscht aber weiterhin als GKV-Patient behandelt zu werden (Leistungssplitting)
zulässig, wenn IGeL-Leistung eine selbstständige Leistung ist
Patient wünscht privatärztliche Behandlung, will aber die daraus resultierenden Arzneiverordnungen über die GKV in Anspruch nehmen
zulässig (auch umgekehrt)
IGeL und Berufsrecht
Dem Arzt ist untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter seiner Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind (§ 3 Abs. 2 BO).
Mit Übernahme der Behandlung verpflichtet sich der Arzt dem Patienten gegenüber zur gewissenhaften Versorgung mit geeigneten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden .Der ärztliche Berufsauftrag verbietet es, diagnostische oder therapeutische Methoden unter missbräuchlicher Ausnutzung des Vertrauens, der Unwissenheit, der Leichtgläubigkeit oder der Hilflosigkeit von Patienten anzuwenden (§ 11 BO).
IGeL und Berufsrecht109. Deutsche Ärztetag 05/2005
Bei Angebot und Erbringen von IGeL ist folgendes zu beachten:
1. Sachliche Information: keine marktschreierische und anpreisende
Werbung; IGeL dürfen nicht aufgedrängt werden
2. Zulässige Leistungen: Leistungen müssen entweder notwendig oder
empfehlenswert / sinnvoll, zumindest aber vertretbar sein
3. Korrekte und transparente Indikationsstellung: Patient soll
eigenverantwortlich über Inanspruchnahme einer IGeL-Leistung
entscheiden können
IGeL und Berufsrecht109. Deutsche Ärztetag 05/2005
4. Seriöse Beratung: Patient darf nicht verunsichert werden bzw. es
dürfen keine falschen Erwartungen hinsichtlich des Erfolgs einer
Behandlung geweckt werden
5. Aufklärung: insbes. hinsichtlich der zu erwartenden Kosten;
besondere Aufklärungspflicht bei Leistungen, die vom G-BA
ausgeschlossen sind oder bei Behandlung mit nicht anerkannten
Methoden
6. Angemessene Informations- und Bedenkzeit: Recht des Patienten
auf Einholung einer Zweitmeinung und Möglichkeit zur Klärung
leistungsrechtlicher Fragen mit KK
IGeL und Berufsrecht109. Deutsche Ärztetag 05/2005
7. Schriftlicher Behandlungsvertrag: BMV schreibt schriftlichen Vertrag zwingend
vor (s. nachfolgende Folien)
8. Koppelung mit sonstigen Behandlungen: IGeL sollten grundsätzlich getrennt von
GKV-Leistungen erbracht werden
9. Einhaltung von Gebietsgrenzen: Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des
jeweiligen Fachgebiets – sonst auch eventueller Verstoß gegen
Wettbewerbsrecht
10. GOÄ-Liquidation: Grundlage für die Behandlungsabrechnung ist ausschließlich
die GOÄ; Pauschale Vergütungen sind unzulässig (s. nachfolgende Folien).
Abrechnung von IGeL-Leistungen
1. GOÄ als Abrechnungsgrundlage:
Für IGeL gibt es keine spezielle (abschließende) Gebührenordnung;
GOÄ kann nicht in allen Fällen unmittelbar angewandt werden § 6