In vivo Orientierung von Helicobacter im Magenschleim von Maus und Gerbil Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften der Fakultät für Biologie der Ruhr-Universität Bochum Angefertigt am Lehrstuhl für Physiologie der Fakultät für Medizin von Manuela Konradt, geb. Stüben aus Wuppertal Bochum 2004
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In vivo Orientierung von Helicobacter im Magenschleim von ... · Veränderung der Magenschleimhaut (Gastritis) (Marshall, 1986), welche unbehandelt lebenslang oder bis zur Entwicklung
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Epidemiologie und Infektionsweg .................................................................. 4
Die Helicobacter pylori Erkrankung............................................................... 5
Therapie der Helicobacter Infektion .............................................................. 6
Die Virulenzfaktoren von Helicobacter.......................................................... 6
Die H. felis infizierte Maus und der H. pylori infizierte Gerbil als Tiermodelle ..................................................................................................... 10
Ziel der Arbeit ................................................................................................ 11
2.1 Versuchstiere und Haltung .................................................................... 13
2.2 Narkose ..................................................................................................... 14 2.2.1 Narkosetyp und Kreislaufsystem ............................................................................. 14 2.2.2 Messung der Atem- und Herzfrequenz .................................................................... 15
2.3 Operation .................................................................................................. 16 2.3.1 Eröffnung des Bauchraumes ................................................................................... 16 2.3.2 Fixierung des Magens ............................................................................................. 16 2.3.3 Peritoneale Spülung und Dialyse ............................................................................ 18 2.3.4 Eröffnung und Reinigung des Magens .................................................................... 18 2.3.5 Blutgasanalyse und Narkoseende............................................................................ 19
2.4 Beschreibung des Messfeldes .................................................................. 20
2.5 Entnahme von Schleimproben aus der Magenmucosa ........................ 21
2.6 Auswertung der Nanoschleimproben .................................................... 23 2.6.1 Ermittlung von Bakteriendichte und Abstand zur Gewebegrenze........................... 23 2.6.2 Motilitätsmessung.................................................................................................... 23
3.4 Verteilung von Helicobacter im Magenschleim unter Kontrollbedingungen..................................................................................... 31
3.5 Orientierung von Helicobacter im Magenschleim unter veränderten Bedingungen ................................................................................................... 33
3.5.1 Der luminale pH und die luminalen Bicarbonat/CO2-Konzentrationen ................. 33 3.5.2 Der Harnstoff/Ammonium-Gradient ....................................................................... 34 3.5.3 Der pH/Bicarbonat/CO2-Gradient .......................................................................... 36
3.6 Messung des epithelnahen pH in vitro ................................................... 41
3.7 Zusammenfassung der Ergebnisse......................................................... 44
mikroaerophiles, spiralförmiges Bakterium, welches
den Magenschleim besiedelt. Es besitzt 4-6 unipolare
Flagellen. Das 1,6 Mb große Genom von Helicobacter
pylori wurde 1997 als eines der ersten Genome
sequenziert (Tomb, 1997).
1983 gelang es erstmals Warren und Marshall, in
in vitro Kulturen Helicobacter pylori1 aus
Magenbiopsien anzuzüchten. Anhand dieser Kulturen
konnte gezeigt werden, dass H. pylori ein
entscheidender Pathogenitätsfaktor bei der Entstehung
von Magen- und Duodenalgeschwüren ist (Warren,
1983).
Die Helicobacter pylori Infektion ist heute als eine der häufigsten humanen
Infektionskrankheiten mit teils lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen erkannt. Die Infektion
führt immer zu einer chronischen Gastritis, die in ca. 80 % der Fälle ohne subjektive
Beschwerden (Fiocca, 1989; Fiocca, 1992) verläuft. Typische Beschwerden einer Gastritis
sind wiederholt auftretende kolikartige Magenschmerzen sowie Unverträglichkeit
verschiedener Nahrungsmittel. Folgen der Langzeitinfektion können Magen- und
Duodenalgeschwüre sein (Dixon, 1990; Fiocca, 1989), außerdem besteht eine hohe Prävalenz
im Zusammenhang mit der Entstehung von MALT2-Lymphomen (Hussell, 1993;
Wotherspoon, 1993) sowie Magenkarzinomen (Parsonnet, 1991; Forman, 1991; The Eurogast
study group, 1993; Suerbaum, 2002). Dies hatte zur Folge, dass H. pylori 1994 von der World
Health Organisation (WHO) als definitives Karzinogen eingestuft wurde (IARC, 1999).
1 H. pylori wurde anfangs der Gattung Campylobacter zugeordnet, die Umgruppierung bzw. die Gattungsneubildung fand erst 1989 (Goodwin, 1989) statt. 2 MALT = Mucosa associated lymphoid tissue
1 µm
Abb. 1: Elektronenmikroskopische Aufnahmevon H. pylori. Mit freundlicher Genehmigung von PDDr. C. Josenhans (Institut für Hygieneund medizinische Mikrobiologie,Universität Würzburg).
Einleitung
4
Neben der humanpathogenen Spezies hat man inzwischen bei vielen Tierarten, vorwiegend
bei Wirbeltieren (Fox, 1990; Lee, 1988; Eaton, 1993; Bronsdon, 1991), selbst bei Vögeln
(Dewhirst, 1994) und Meeressäugern (Harper, 2002), artspezifisch infektiöse Helicobacter
Stämme nachweisen können. Zur Zeit sind mindestens 30 Spezies des Genus Helicobacter
bekannt und die Zahl weiterer Arten steigt kontinuierlich
an. Die einzelnen Helicobacter Spezies unterscheiden sich
mitunter stark in ihrer Morphologie und Biochemie, z.B.
besitzt H. felis, dessen Ursprungswirt Katzen und Hunde
sind, bipolare Flagellen und ist fast dreimal so groß wie
H. pylori.
Das Hauptaugenmerk der Forschung ruht jedoch auf
dem beim Menschen gefundenen Erreger H. pylori.
Obwohl H. pylori seit der ersten Kultivierung 1983 einer
der am gründlichsten untersuchten bakteriellen
Krankheitserreger ist, sind viele wesentliche Details des
Infektions- und des Krankheitsverlaufes nach wie vor noch
nicht ausreichend geklärt.
Epidemiologie und Infektionsweg
Weltweit sind mehr als eine Milliarde Menschen, also rund ein Fünftel der
Weltbevölkerung, mit Helicobacter pylori infiziert (The Eurogast study group, 1993). In
Industrieländern liegt die Durchseuchungsrate bei 20–50 %, während in Entwicklungsländern
die Infektionsdichte mitunter bei über 90 % der Bevölkerung liegt (Graham, 1991; Dixon,
1995; Megraud, 1989).
Die Ansteckung erfolgt meist im Kindesalter (Mitchell, 1992), wenn der soziale Kontakt
mit der Familie besonders eng ist. Die vergleichsweise hohe Durchseuchungsrate in den
Drittweltländern legt nahe, dass eine der wichtigsten Ursachen für ein erhöhtes
Infektionsrisiko das sozioökonomische Umfeld der Kindheit (Mendall, 1992) ist. Vor allem
beengte Wohnverhältnisse bei unzureichend hygienischen Verhältnissen sowie hohe
Geschwisterzahlen kennzeichnen die Risikofaktoren (Malaty, 1994; Malaty, 1999; Mendall,
1992).
1 µm
Abb. 2: Elektronenmikroskopische Aufnahmevon H. felis. Mit freundlicher Genehmigung von PDDr. C. Josenhans (Institut für Hygieneund medizinische Mikrobiologie,Universität Würzburg).
Einleitung
5
Die Übertragung von Helicobacter findet vorwiegend innerhalb der Familie
wahrscheinlich oral-oral von der Mutter auf das Kind (Rothenbacher, 2002) oder von Kind zu
Kind statt (Han, 2000). Im Mundraum sowie im Stuhl konnte genetisches Material von
Helicobacter nachgewiesen werden (Parsonnet, 1999), was zusätzlich eine fäkal-orale
Ansteckung nicht ausschließt.
Die orale Aufnahme erfordert, dass Helicobacter im Magenlumen dem Angriff durch
Säure und Pepsin widersteht, sich im Magenlumen orientiert und gezielt in den Magenschleim
eindringen kann.
Nach dem heutigen Kenntnisstand können andere Spezies, Nahrungsmittel oder Wasser als
Ansteckungsquellen weitgehend ausgeschlossen werden (Goodman, 1995).
Die Helicobacter pylori Erkrankung
Die im Kindesalter erworbene, akute Helicobacter pylori Primärinfektion, erzeugt meist
keine, bzw. uncharakteristische Krankheitssymptome, und ist daher im Vergleich zur
chronischen H. pylori Gastritis schwieriger zu diagnostizieren (Ernst, 1999).
Infolge einer chronischen H. pylori Infektion kommt es fast immer zu einer entzündlichen
Veränderung der Magenschleimhaut (Gastritis) (Marshall, 1986), welche unbehandelt
lebenslang oder bis zur Entwicklung einer vollständigen Mucosa-Atrophie bestehen bleibt, da
der Keim durch das Immunsystem des Wirtes nicht entfernt werden kann (Suerbaum, 2002).
Eine chronische Infektion kann wahrscheinlich zwei unterschiedliche Verläufe nehmen. Im
ersten Fall siedelt sich Helicobacter pylori vorwiegend im Antrum an. Dadurch kommt es
meist zu einer Hypergastrinämie mit erhöhter Säuresekretion, deren Folge Ulcera duodeni
oder ventriculi sein könnten (Evers, 1989). Im zweiten Fall erstreckt sich die Infektion
vorwiegend auf die Corpusregion des Magens. Nach langjähriger Infektion findet man
atrophische Metaplasien sowie eine bis zur Achlorhydrie verminderte Säuresekretion. Ein
solcher Verlauf kann zur Entwicklung eines Karzinoms führen (Bebelman, 1989).
Einleitung
6
Therapie der Helicobacter Infektion
Infizierte Patienten können mit einer Kombination zweier Antibiotika und einem
Säureblocker, über einen Zeitraum von 7 bis 10 Tagen verabreicht, behandelt werden (Triple-
Therapie) (Axon, 1996). Die alleinige Verabreichung der Antibiotika oder des Säureblockers
ist jedoch nahezu unwirksam. Deshalb geht man davon aus, dass erst die Gabe des
Säureblockers im Magenschleim das entsprechende Milieu schafft, welches eine
Antibiotikawirkung möglich macht. Bisher ist jedoch noch unklar, auf welchem Weg
Antibiotika und Säureblocker zusammenwirken.
Die Erfolgsquoten der Eradikation liegen bei 80-90 % (Labenz, 1995). Die Compliance der
Patienten spielt hierbei eine wichtige Rolle (Ruggiero, 2002), da die hohen Antibiotikadosen
mit Nebenwirkungen, vor allem Übelkeit, verbunden sind. Der Therapieerfolg wird außerdem
durch die ansteigende Resistenzentwicklung von Helicobacter gegen einige Antibiotika
(Debets-Ossenkopp, 1996) gefährdet.
Die Virulenzfaktoren von Helicobacter
Die Virulenzfaktoren von Helicobacter beschreiben die Eigenschaften des Bakteriums, die
wichtig sind für die initiale Kolonisation des Magens, für die Persistenz im Magenschleim
sowie für die gewebeschädigende Wirkung auf den Wirt. Helicobacter muss, um sich in
seiner ökologischen Nische ansiedeln zu können, welche die ersten 25 µm des epithelnahen
Magenschleims umfasst, zuerst das Magenlumen und die Schleimschicht durchdringen. Dabei
helfen eine ausgeprägte Motilität sowie die chemotaktischen Eigenschaften. Auch bei der
dauerhaften Besiedlung des Magenschleims, bei der sich das Bakterium fortlaufend
orientieren muss, sind Motilität und Chemotaxis essentiell. Ein weiterer essentieller Faktor für
die initiale und fortdauernde Besiedlung des Magenschleims ist die Urease. Motilität,
Chemotaxis und Urease werden im Folgenden genauer erläutert, da diese entscheidend für die
Orientierung der Bakterien im Magenschleim verantwortlich sind.
Einleitung
7
Motilität
Der kontinuierliche Schleimfluss im Magen erfordert von Helicobacter eine ausgeprägte
Motilität, um sich gezielt fortbewegen zu können. Die Ausbildung von 6-8 unipolaren
Geißeln (Flagellen), welche von einer membranartigen Hülle umgeben sind und sich an einem
Pol des Bakteriums finden, stellt ein charakteristisches morphologisches Merkmal von
H. pylori dar (Geis, 1993; Josenhans, 1995). Die Flagellenhülle, die aus einer
Lipopolysaccharidschicht besteht, schützt die säureempfindlichen Filamente vor dem
schädlichen Einfluss der Magensäure (Suerbaum, 1995) und ermöglicht es Helicobacter, sich
auch in der zähen Mucusschicht des Magenschleims fortzubewegen. Mutanten, bei denen die
Flagellen in ihrer Funktion eingeschränkt oder nicht vorhanden sind, verfügen über keinerlei
Möglichkeit zu infizieren (Eaton, 1996; Josenhans, 2002; Ottemann, 2002). Die Flagellen
erlauben es Helicobacter, sich rotierend um die Längsachse mit einer Geschwindigkeit von
30 µm pro Sekunde fortzubewegen (Karim, 1998).
Chemotaxis
In allen bekannten beweglichen Bakterien ist die Motilität eng an eine chemotaktische
Signalkaskade gebunden, welche es den Bakterien erlaubt, sich auf Lockstoffe hin zu
bewegen, oder sich von Reizstoffen zu entfernen.
Das chemotaktische Verhalten von Helicobacter ist zusammen mit seiner ausgeprägten
Motilität der wichtigste Faktor, welcher die Besiedlung des Magenschleims erlaubt.
Bisher wurden Untersuchungen zur Chemotaxis von Helicobacter nur in vitro durchgeführt
(Kihara, 1981; Pittman, 2001; Yoshiyama, 1999), wobei Harnstoff und Bicarbonat als
chemotaktische „attractants“ (Lockstoffe) für H. pylori beschrieben wurden (Mizote, 1997).
Über den genauen Verlauf der Signalkaskade besteht bisher noch Unklarheit. Aus
genetischen Homologiestudien weiß man, dass die chemotaktische Maschinerie von
Helicobacter, in weiten Teilen, der anderer gut untersuchter chemotaktischer Eubakterien
ähnelt (Taggart, 1979). Helicobacter besitzt drei klassische membrangebundene
Chemorezeptoren, sowie einen mutmaßlichen cytoplasmatischen Chemorezeptor (HP599)
(Tomb, 1997), welche das äußere Milieu analysieren. Über eine intrazelluläre, molekulare
Kettenreaktion werden die Informationen dann an den Flagellenmotor weiter vermittelt.
Einige an dieser Signalkaskade beteiligten Proteine sind beschrieben. Es handelt sich hierbei
Einleitung
8
um die rezeptorgekoppelte Autokinase CheA, das Verbindungsglied CheW, dessen genaue
Funktion nicht bekannt ist (Pittman, 2001), sowie CheY, welches direkt mit dem
Bei der Narkose handelt es sich um eine halboffene Inhalationsnarkose unter
Spontanatmung. Vorteil dieses Narkosetyps für die hier beschriebene Anwendung ist, dass
keine künstliche Beatmung notwendig ist und der Zustand der Versuchstiere an ihrer Atmung
kontrolliert werden kann.
Die Abbildung 4 zeigt schematisch den Narkosekreislauf. Die Tiere werden mit einer
Kombination aus Lachgas (Stickoxydul, N2O) und Halothan narkotisiert, als Trägergase
fungieren Sauerstoff und Kohlendioxid.
Steuerung des Outflow
Flowmeter“in”
Flowmeter“out”
Optosensor
Zeit[ms]
Amplitude
Aufzeichnung der PulsfrequenzB
A
Abb. 4:
A. Darstellung des Narkosekreislaufs im halboffenen Minimal-flow System. Das Tier liegt mit dem Kopf im Narkosegasstrom. Eine Membranpumpe sorgt mit 5 l/min für die Zirkulation im Kreissystem, die Frischgaszufuhr wird über einen Gasmischer geregelt, der Ausstrom kann ebenfalls reguliert werden. Für die Narkoseeinleitung wird der Gasstrom auf eine Plexiglasröhre geschaltet. B. Die Herzfrequenz wird mit einem optischen Pulssensor über die Blutdruckschwankungen in der Schwanzarterie aufgezeichnet. Die Messung der Herzfrequenz wird auf einem PC visualisiert und entsprechend dokumentiert.
Methoden
15
Der Kopf des Tieres befindet sich in einer Inhalationsmaske, die in das Kreislaufsystem
integriert ist. Das Kreislaufsystem der Narkosegase ist halboffen, d.h. die Gase werden
definiert über einen Gasmischer eingespeist, überschüssiges Gas kann entweichen. Unter
Kontrollbedingungen wird das Narkoseträgergas gemischt aus 3 % CO2, 57 % N2O und
40 % O2 für die Maus und 5 % CO2, 55 % N2O und 40 % O2 für den Gerbil. Die Frischgaszufuhr beträgt 1 l/min, was deutlich über dem Atemzeitvolumen von Maus
und Gerbil liegt, so dass die Gasfraktionen im System konstant bleiben. Die
Halothankonzentration wird über einen Halothanverdampfer reguliert.
2.2.2 Messung der Atem- und Herzfrequenz
Die Atemfrequenz wird anfangs in einem Abstand von 5 min, nach beendeter Operation
von 10 min, gemessen und dokumentiert.
Die Herzfrequenz wird nicht invasiv in der Schwanzarterie gemessen. An den Schwanz
des narkotisierten Tieres wird ein optischer Pulssensor (Infrarot-Sensor) angebracht (siehe
Abb. 4). Die durch Blutdruckschwankungen verursachten Änderungen im Durchmesser
beider großen arteriellen Gefäße führen zu einer veränderten Lichtdurchlässigkeit, welche
vom Pulssensor registriert und in ein elektrisches Signal umgewandelt wird. Nach
elektronischer Verstärkung und Filterung steht dieses Signal zur Anzeige und Auswertung als
Pulskurve zur Verfügung. Die Herzfrequenz wird aus der Pulskurve durch Mittelwertbildung
errechnet.
Methoden
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2.3 Operation 2.3.1 Eröffnung des Bauchraumes
Zur Stabilisierung der Körpertemperatur werden die Tiere nach der Narkoseeinleitung in
ein Heizbett überführt, welches auf 37°C erwärmt ist. Das Heizbett ist in einem Winkel von
10° nach caudal gekippt, damit die narkotisierten Tiere nicht aspirieren.
Zur Eröffnung des Bauchraumes wird ein Schnitt einige Millimeter unterhalb des
Brustbeines in sicherem Abstand zu Mediastinum und Zwerchfell angesetzt. Mit einem
Thermokauter wird die Bauchwand eröffnet. Bei der Schnittführung durchtrennte Gefäße, vor
allem die v. und a. epigastrica inferior und superior, werden durch Hitze direkt verödet, so
dass der Blutverlust minimal ist.
2.3.2 Fixierung des Magens
Während der Fixierung des Magens darf auf das Organ weder Druck noch Zug ausgeübt
werden, noch dürfen Beeinträchtigungen in der Gefäßversorgung oder Verletzungen der
umgebenden Strukturen entstehen. Nur ein völlig intakter und gut durchbluteter Magen
gewährleistet unverfälschte experimentelle Daten.
Der Magen wird durch den Einsatz eines Gewebehakens, der die Leber nach kranial
schiebt, lokalisiert und mit Gewebefasspinzetten vorsichtig aus dem Bauchraum
herausgehoben.
Gewebehaken
Spatel mit Pin
Gewebefass-pinzette
Unterbindungsnadel
Große Kurvatur mita. gastroepiploica
A B
Abb. 5: Fotografische Darstellung der Operationsschritte. A: Lokalisierung des Magens im Bauchraum. Mit einem Haken wird die Leber nach kranial geschoben und der Magen mit einer Gewebefasspinzette vorsichtig aus dem Bauchraum herausgehoben. B: Fixierung des Magens. Durch das Omentum minus wird medial des Pylorus eine Unterbindungsnadel gestochen, die den Magen anhebt.
Methoden
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Zwischen Pylorus und kleiner Kurvatur wird eine Unterbindungsnadel eingeführt, so dass
der Magen angehoben werden kann. Mit Hilfe der Unterbindungsnadel wird der Magen dann
auf einen gebogenen Spatel gehoben, der an einem Mikromanipulator befestigt ist. Die
Fixierung auf dem Spatel erfolgt mit einem Metallstift (Pin), der dann die Position der
Unterbindungsnadel einnimmt. Die Position des Pins wurde so gewählt, dass er medial von
Truncus coeliacus, a. gastroepiploica dextra sowie der a. und v. gastrica dextra liegt und die
v. gastroepiploica nicht komprimiert. Die weiterhin physiologische Lage der Ligamenti
hepatogastricum, hepatoduodenale und gastrolienale garantiert eine spannungsfreie, leichte
Fixierung des Magens.
Position des Pins
Pin
Vormagen
Große Kurvaturmit a. gastroepiploica
Schnittführung zur Mageneröffnung a. gastroepiploica
a. lienalis
a. gastrica dextra
a. gastrica sinistraa. gastroduodenalis
A B
Abb. 6: Die Abbildung A zeigt schematisch die Position des Pins, die Schnittführung zur Eröffnung des Magens sowie den Verlauf der den Magen versorgenden Gefäße. In der Abbildung B ist der auf dem Spatel fixierte Magen fotografisch dargestellt. Die Magengefäße und die intakte Durchblutung des Gewebes sind deutlich erkennbar.
Das Duodenum wird 5 mm aboral des Pylorus durch eine lockere Ligatur verengt, um den
Reflux von Galle in den Magen zu vermeiden. Die Gallensäure verändert die Konsistenz des
Magenschleims, was sich negativ auf die Probennahme auswirken würde.
Die Applikation von 50-100 µl des Nitropräparats Aquo-TrinitrosanR auf den Magen führt
zu einer schnellen Erholung der Durchblutung nach dem operativen Eingriff.
Methoden
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2.3.3 Peritoneale Spülung und Dialyse
Vor der Eröffnung des Magens werden die zu- und abführenden Schläuche für die
peritoneale Spülung angebracht, die als peritoneale Dialyse wirkt. Das Ziel der hier
eingesetzten Dialyse ist es, zum einen den Salz- und Flüssigkeitshaushalt der Tiere während
der Narkose stabil zu halten und damit die Durchblutung der Organe zu verbessern, und zum
anderen die Plasmakonzentrationen verschiedener Substanzen gezielt zu beeinflussen.
Damit eine peritoneale Spülung als Dialyse wirkt, muss sie das gastrointestinale
Durchblutungs-Minutenvolumen übersteigen. Mittels radioaktiver Microspheres haben
Matsumoto et al. gemessen, dass für den Mongolischen Gerbil das Minutenvolumen aller im
Peritonealraum gelegenen Organe, einschließlich der großen Verdauungsdrüsen, 5,6 ml/min
beträgt (Matsumoto, 1982). Da die Leber nur an ihrer caudalen Oberfläche und der
herausgehobene Magen praktisch nicht von der peritonealen Spülung erreicht wird, ist im
umspülten Durchblutungsgebiet mit einem Minutenvolumen von ca. 4,5 ml zu rechnen. Der
gewählte peritoneale Strom von 7 ml/min erwies sich für den Gerbil daher als effektive
Dialyse. Für eine 30 g Maus, ergibt sich daraus eine Dialysegeschwindigkeit von 3 ml/min.
Kleinmolekulare Substanzen ließen sich wenige Minuten nach Start der Dialyse im
Blutplasma nachweisen und erreichten nach 15 min im Plasma die Dialyse-Konzentration3.
2.3.4 Eröffnung und Reinigung des Magens
Zur Eröffnung des Magens wird mit einem unipolaren Hochfrequenzskalpell ein kleiner
Schnitt in die ventrale Magenwand gesetzt. Der Schnitt verläuft, wie aus der Abbildung 6
ersichtlich, parallel zur großen Kurvatur in Form eines Halbkreises, beginnend von der
Pylorusregion, lateral oralwärts, bis auf Höhe der größeren Äste der a. und v. gastrica dextra,
etwa zur Mitte des Magens.
Zur Reinigung des Magenlumens wird der Chymus vorsichtig entfernt, wobei wichtig ist,
dass die Schleimschicht nicht beschädigt wird. Anschließend wird die luminale Superfusion
angebracht.
3 Entsprechende Experimente wurden von der Firma Altana AG durchgeführt.
Methoden
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2.3.5 Blutgasanalyse und Narkoseende
Nach Ende der Experimente wird der Säure-Basen Status im arteriellen Blut bestimmt.
Dazu wird die Aorta abdominalis dargestellt und sauber durchtrennt, was binnen Sekunden zu
Herz- und Atemstillstand der Tiere führt. Das arterielle Blut wird in heparinisierten
Glaskapillaren aufgefangen und zur Messung in den Säure-Basen-Analysator (ABL 510,
Firma Radiometer, Kopenhagen) eingebracht. Der Analysator misst den pH, den pCO2 und
den pO2 in der Blutprobe und berechnet daraus die Sauerstoffsättigung, die
Bicarbonatkonzentration sowie den Säure/Basen-Status des arteriellen Blutes. Zusätzlich kann
der Hämoglobingehalt des Blutes bestimmt werden.
Methoden
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2.4 Beschreibung des Messfeldes Das Messfeld, aus welchem die Proben entnommen werden, ist der Antrumbereich der
dorsalen Magenwand. Orientierungspunkte des Antrums sind der Pyloruseingang sowie die
Plica salivarius, die nur bei der Maus und anderen Kleinnagern vorhanden ist. Bei der Plica
handelt es sich um eine natürliche Begrenzungslinie, die durch ihre weißliche Farbe gut zu
erkennen ist und an blütenblattähnliche Gewebeläppchen erinnert. Sie zieht sich etwa von der
Mitte der kleinen Kurvatur entlang schräg nach links caudal.
Duodenum
Ventrale Magenwand(aufgeklappt)
Feuchte LäppchenLuminale
Superfusion
Klemmen
Absaugung
Antrum(Messfeld)
Abb. 7: Dargestellt ist das von Nahrungsbrei gereinigte Messfeld in der dorsalen Antrumwand des
Magens. Die Magenwände werden von zwei Mikroklemmen fixiert, das Magenlumen wird von einer Lösung superfundiert. Der intakte Magenschleim (weißliche Schicht über dem Gewebe) sowie die gute Durchblutung (rosige Färbung des Gewebes) des Messfelds sind erkennbar.
Die Entnahme von Schleimproben erfolgt aus der rechtsseitigen Region um die Plica, aus
dem Bereich vor dem Pylorus und aus der zentralen Antrumregion. Voraussetzungen für eine
erfolgreiche Probennahme sind eine intakte Schleimschicht, das Fehlen von Erosionen, sowie
eine gleichmäßig gute Durchblutung des Messfeldes.
Methoden
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2.5 Entnahme von Schleimproben aus der Magenmucosa Für die Entnahme von Schleimproben aus dem Magenschleim des Antrums von Maus und
Gerbil, wird ein von unserer Gruppe entwickeltes Nanoprobennahmesystem (Schreiber,
1998), das, neben präziser Nanoprobennahme aus dem Magenschleim, auch präzise
Hochdrucknanoinjektionen ausführen kann, verwendet.
Heizspirale
Temperatursensor
Nanoprobennahme Pipette
1000fach
15 µm
A
B
C
Abb. 8: Fotografie (A) sowie schematische Darstellung (B) der Nanoprobennahmeeinheit. Die
Nanoprobennahmeeinheit besteht aus einer Glaspipette, die in einen teflonummantelten Heizkopf eingespannt ist. Der Pipettenschaft ist von einer Heizspirale umgeben, über die die Temperatur exakt geregelt wird. Die Pipettenspitze und ca. 5 mm des Schaftes sind mit Pufferlösung befüllt, daran anschließend befindet sich eine 15 mm Silikonölstrecke. Durch einen in Epoxyklebstoff eingebetteten Glaskolben ist die Pipette druckfest verschlossen. Die Pipettespitze (C) ist auf einen Durchmesser von ca. 15 µm in einem Winkel von 20° geschliffen (Schreiber, 1998).
Das Nanoprobennahmesystem besteht aus einer druckfest verschlossenen Glaspipette,
deren Schaft mit Silikonöl gefüllt wurde und die in einen Heizkopf eingespannt wird. Die
Temperatur im Heizkopf kann über eine Steuereinheit definiert variiert werden, was dazu
führt, das Lösung aus der Pipettenspitze injiziert oder umgebendes Medium in die Pipette
aufgesaugt werden kann.
Methoden
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Die Herstellung der Probennahmepipetten sowie deren Handhabung bei der Entnahme von
Schleimproben kann in Schreiber, Stüben et al., 1998 (Schreiber, 1998) nachgelesen werden.
Vorteile dieses Systems sind, dass kleine Proben mit gleichbleibendem Volumen, die alle
Bereiche des Magenschleims inklusive des oberflächlichen Epithels enthalten, entnommen
werden können, ohne große Schäden in der Mucosa zu hinterlassen. Zusätzlich beträgt die
Zeitspanne von der Entnahme bis zur Abkühlung der Schleimprobe nur etwa 30 Sekunden,
wodurch der Erhalt der in vivo Bedingungen in der Probe gewährleistet bleibt.
Aus der Antrumregion von Maus und Gerbil werden während eines Experimentes bis zu 6
Nanoproben entnommen. Für die mikroskopische Auswertung werden die Proben auf einen
Diagnoseobjektträger in einen Flüssigkeitstropfen appliziert. Die Objektträger können auf 5°C
abgekühlt oder auf 37°C erwärmt werden. Eine Abkühlung erfolgt bei der Positions- und
Dichtebestimmung der Bakterien, um die Bedingungen in der Probe „einzufrieren“, die
Erwärmung wird bei der Messung der Motilität eingesetzt, um die in vivo Beweglichkeit der
Bakterien zu erhalten.
Methoden
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2.6 Auswertung der Nanoschleimproben
Die aus dem Magenschleim des Antrums entnommene in vivo Probe besteht in der Regel
aus einem Gewebeanteil, aus epithelnahem fibrillären Schleims sowie einem großen Anteil
luminalem wolkigen Schleim.
Ziel der Auswertung ist es, die räumliche Lage der Bakterien zur Gewebeoberfläche
darzustellen und ihre Motilität zu bestimmen.
2.6.1 Ermittlung von Bakteriendichte und Abstand zur Gewebegrenze
Einzelne Bereiche, der auf 5°C abgekühlten Gesamtschleimprobe, werden digital
fotografiert und ihr Volumen berechnet. Die Anzahl der Bakterien in dem entsprechenden
Volumen wird ermittelt und die Dichte der Bakterien pro Nanoliter Schleim angegeben. In
den epithelnahen Bereichen wird zusätzlich der mittlere Abstand der Bakterien von der
Gewebegrenze ermittelt. Das genaue Verfahren wurde in Schreiber, Stüben et al. 1999
beschrieben (Schreiber, 1999).
2.6.2 Motilitätsmessung
Zur Bestimmung der mittleren Motilität der Bakterien in den Schleimproben, wird die
Temperatur innerhalb der Proben auf 37°C erhöht. Die motilen Bakterien im epithelnahen
Schleim werden mit 25 Einzelbildern pro Sekunde aufgezeichnet, woraus sich ein Zeitabstand
von 40 ms pro Bild ableitet. Die Strecke, die die Bakterien in eine Richtung zurücklegen, wird
vermessen und das dazugehörige Zeitintervall bestimmt. Um die curvilineare4
Geschwindigkeit der Bakterien im Magenschleim zu ermitteln, wird die zurückgelegte
Strecke den Größenverhältnissen der Probe angepasst und in Mikrometer pro Sekunde
angegeben.
4 Zerlegung einer komplexen räumlichen Bewegung in einzelne lineare Teilstücke, deren Länge pro Zeit gemessen werden kann
Methoden
24
Abb. 9: Digitale Vergrößerung einer epithelnahen Schleimregion mit H. felis. Die Bewegung der Bakterien im epithelnahen Schleim ist durch die Sternchen gekennzeichnet. Der Abstand zwischen zwei Sternchen entspricht einer Strecke von ca. 10 µm.
TissueMucus
10 µm
250 msec
Methoden
25
2.7 Versuchsbedingungen
2.7.1 Zeitliche Einteilung
Die einzelnen Experimente wurden in verschiedene Phasen unterteilt. Nach der Operation,
die ungefähr 40 min in Anspruch nahm, startete die Probennahmephase, die sich in eine
Kontrollphase und eine Phase veränderter Bedingungen (= Testphase) gliederte. In der
Abb. 10 ist die zeitliche Einteilung des Versuchsablaufes schematisiert dargestellt.
NarkosebeginnNarkoseendeCO -Applikation2
Operation35 - 40 min
Inkubationsphase
Kontrollphaseca. 15 min
90 min 120 min
Testphase(veränderte Bedingungen)
Proben-nahme
Proben-nahme
Proben-nahme
Proben-nahme
60 min
Abb. 10: Übersicht über den zeitlichen Ablauf eines Experimentes mit den einzelnen Versuchsphasen.
In der Kontrollphase wurden in schneller Abfolge ein bis drei Nanoproben entnommen, um
die Bakteriendichte unter Kontrollbedingungen zu ermitteln. Daran anschließend folgte eine
60 minütige Inkubation zur Einstellung der Testbedingungen am Magen. Nach der Inkubation
wurden im Abstand von 30 min drei weitere Nanoproben aus dem Magenschleim entnommen.
Methoden
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2.7.2 Kontrollbedingungen
Unter Kontrollbedingungen bestand die luminale Superfusion aus einer 0,9 %
Natriumchloridlösung, die durch Begasung mit einem Gasgemisch aus 10 % CO2, 5 % O2 und
85 % N2 auf einen pH von 3,8 äquilibriert wurde. Der Fluss der luminalen Lösung betrug bei
allen Versuchen 30 ml/h bei der Maus, und 70 ml/h beim Gerbil.
Als Kontrolldialysat wurde eine peritoneale Lösung eingesetzt, die alle im Plasma
wichtigen Salze sowie Glucose, Harnstoff und bei der Maus zusätzlich 200 mg/l
Aminophyllin zur Steigerung des Atemantriebs enthielt. Das Aminophyllin gehört der Gruppe
der Methylxanthine an und ist ein Derivat des Theophyllins. Die Methylxanthine wirken im
Zentralnervensystem erregend auf die Herz-Kreislauffunktionen. Unter Narkose führte die
Gabe von Aminophyllin zu einer Steigerung der Atemfrequenz und damit zu einer dezenten
Hyperventilation. In den Experimenten mit verändertem Schleim-Gradient wurde
Aminophyllin eingesetzt, um den arteriellen pCO2 abzusenken.
Die leichte Hypotonie der Lösung, die durch eine dezente Absenkung der
Natriumkonzentration erzeugt wurde, führt zu einer effizienteren Dialyse, indem vermehrt
Flüssigkeit in die Gefäße einströmt und somit die zu dialysierenden Substanzen
mittransportiert werden (solvent drag).
Tabelle 1: Zusammensetzung der peritonealen Dialyse unter Kontrollbedingungen. Ausgehend von dieser
Lösung wurden alle weiteren in dieser Arbeit verwendeten Dialysen hergestellt.
Maus Gerbil
80 mM NaCl 4 mM KCl
35 mM NaHCO3 0,5 mM Mg2SO4 1 mM KH2PO4
20 mM Tris 2 mM CaCl2
pH 7,4 bei 37°C 11 mM Glucose 5 mM Harnstoff
200 mg/l Aminophyllin
80 mM NaCl 4 mM KCl
35 mM NaHCO3 0,5 mM Mg2SO4 1 mM KH2PO4
20 mM Tris 2 mM CaCl2
11 mM Glucose
5 mM Harnstoff
pH 7,4 bei 37°C
Methoden
27
2.7.3 Phase veränderter Bedingungen
Um Gradienten oder einzelne Substanzkonzentrationen im Magenschleim zu verändern,
wurden die luminale Superfusion, die peritoneale Dialyse sowie die inspiratorischen
Gasfraktionen je nach Bedarf variiert.
Inspiratorische Gasfraktion
Änderung von pCO2
Luminale SuperfusionÄnderung von
pH [HCO ] [CO ] [Harnstoff] [NH ]
3 2
4
-
+
Peritoneale DialyseÄnderung von
[HCO ] [Harnstoff] [NH ]
3
4
-
+
Abb. 11: Darstellung der Möglichkeiten, um am narkotisierten Tier die Bedingungen an der Mucosa zu verändern. Über die luminale Superfusion können der luminale pH, sowie die Konzentrationen von CO2, Bicarbonat, Harnstoff und Ammonium variiert werden. Die peritoneale Dialyse ermöglicht Änderungen der Plasmakonzentrationen von Bicarbonat, CO2, Harnstoff und Ammonium, über die inspiratorische Gasfraktionen kann der arterielle pCO2 verändert werden.
Die luminale Superfusion erlaubt die Veränderung der Bedingungen im Magenlumen.
Über die inspiratorische Gaszusammensetzung können die Partialdrücke von Sauerstoff und
Kohlendioxid im arteriellen Blut verändert werden. Die Dialyse ermöglicht die Einstellung
bestimmter Konzentrationen einzelner Substanzen im arteriellen Blut und somit an der
Gewebeseite des Magens.
Methoden
28
2.8 Statistische Auswertung der Daten
Für jeden einzelnen Versuch wurde ein Mittelwert der epithelnahen Bakteriendichte in
Bakterien pro Nanoliter Mucus für die Kontrollphase bzw. die Phase veränderter
Bedingungen ermittelt. Aus diesen beiden Zahlen wurde ein Quotient Testdichte, geteilt durch
Kontrolldichte, berechnet. Die Quotienten jeder Versuchsserie wurden gemittelt und die
Standardabweichungen angegeben. Lagen die Quotienten bei einem Wert um 1, fand keine
Umorientierung statt. Quotienten mit einem signifikant niedrigeren Wert wiesen auf eine
Umorientierung hin. Als Signifikanztest wurde der „students T-Test“ verwendet; als
signifikant galt ein p-Wert < 0,05.
Zur Bestimmung der Schleimprobenvolumina der ausgewerteten Regionen wurde das
mittlere, ausgewertete Schleimprobenvolumen unter Kontroll- und Testbedingungen für alle
Experimente mit der dazugehörigen Standardabweichung berechnet.
Die Bakterien befanden sich in einer 25 µm dicken Schleimschicht. Zur Darstellung der
Verteilung der Bakterien wurde dieser epithelnahe Mucus noch einmal in 5 µm dicke
Schichten unterteilt. Der Abstand der Bakterien von der Gewebeoberfläche wurde gemessen
und die Bakterien wurden jeweils einer der Schichten 0-5 µm, 5-10 µm, 10-15 µm, 15-20 µm,
20-25 µm zugeordnet. Auf diese Weise konnte nach Abschluss der Auswertung angegeben
werden, wie viel Prozent der Bakterien sich jeweils in welcher Schicht befanden. Aus allen
Abstandsmessungen wurde ein mittlerer Abstand ermittelt.
Die mittlere Motilität der Bakterien wurde unter Kontroll- und Testbedingungen mit der
dazugehörigen Standardabweichung berechnet.
Ergebnisse
29
3. ERGEBNISSE
3.1 Narkose
Bei allen Versuchstieren konnte unter Spontanatmung ein gleichmäßig stabiler
Kreislaufzustand über einen Zeitraum von 4 h beobachtet werden.
Die Messung von Atemfrequenz und Herzfrequenz ermöglichte eine gute Steuerung der
Narkose und gewährleistete während der gesamten Versuchsdauer stabile Herz-Kreislauf-
Bedingungen, welche Vorraussetzungen für eine gleichbleibend gute Durchblutung des
Magens und somit für unverfälschte Ergebnisse waren. Die mittlere Atemfrequenz der Mäuse
betrug 172 ± 12/min, die der Gerbils 136 ± 24/min. Die mittlere Herzfrequenz lag bei den
Mäusen bei 189 ± 26/min, bei den Gerbils bei 143 ± 12/min. Atem– und Herzfrequenz
wurden bei allen Versuchstieren bestimmt.
Mittels der Blutgasanalyse wurde bei 34 nicht infizierten Mäusen und 36 nicht infizierten
Gerbils bestimmt, welche Werte pH, Bicarbonat und CO2 im arteriellen Blut von Maus und
Gerbil unter Kontrollbedingungen annehmen. Dazu wurden die Tiere narkotisiert und die
peritoneale Dialyse bis zu 2 Stunden betrieben.
Tabelle 2: Blutgasanalyse von Maus und Gerbil unter Kontrollbedingungen (n = alle Kontrolltiere ± Standardabweichungen).
Die von H. pylori besiedelte ökologische Nische befindet sich entsprechend etwas näher an
der Magenepithelgrenze, als die Region, die H. felis besiedelt.
Innerhalb von Drüsengängen lag die Dichte von H. felis und von H. pylori bei ca. 5 pro
100 µm Drüsenganglänge.
Ergebnisse
32
Abb. 12: Schematischer Querschnitt durch die Magenmucosa von Maus und Gerbil. Die prozentuale Verteilung von H. felis und H. pylori im epithelnahen Schleim unter Kontrollbedingungen ist prozentual farblich abgestuft dargestellt.
Magenlumen
Mucus
Gewebe
Maus
0% 0-10 µm
0 - 5 µm0%5 - 10 µm12%
10 - 15 µm36%15 - 20 µm28%20 - 25 µm24%
Gerbil
0 - 5 µm30%5 - 10 µm32%
10 - 15 µm26%15 - 20 µm8%20 - 25 µm4%
0% 0-10 µm
Die Motilität von H. pylori und H. felis unter Normalbedingungen wies keinen Unterschied
auf. H. felis bewegt sich mit einer mittlere Geschwindigkeit von 30 ± 20 µm/sec (n = 15) im
Mucus, H. pylori erreicht eine mittlere Geschwindigkeit von 30 ± 6 µm/sec (n = 7).
Ergebnisse
33
3.5 Orientierung von Helicobacter im Magenschleim unter veränderten
Bedingungen
3.5.1 Der luminale pH und die luminalen Bicarbonat/CO2-Konzentrationen
Zur Klärung der Hypothese, die Orientierung von Helicobacter basiere auf einer Repellent-
Wirkung des niedrigen luminalen pH wurde dieser bei den narkotisierten Tieren von 3 auf 6
erhöht. Dazu wurde als luminale Superfusion anstelle von 0,9 % NaCl ein 50 mM MES Puffer
eingesetzt. Die Dialyselösung blieb gegenüber den Kontrollbedingungen unverändert.
Weder bei der mit H. felis infizierten Maus noch dem H. pylori infizierten Gerbil
reagierten die Bakterien auf diese Veränderung.
Abb. 13: Schematischer Querschnitt durch die Mucosa von Maus und Gerbil. Dargestellt sind der Einfluss der Neutralisierung des luminalen pH auf die Verteilung der Bakterien im Magenschleim. Auch die Änderung der luminalen Bicarbonat/CO2-Konzentrationen (Maus) zeigte keine Wirkung.
Magenlumen
Mucus
Gewebe pH 7,4
pH 6,5
pH 3 6
[HCO ] [CO ]3 2-
1 pCO 0 mmHg
2 pCO = 40 mmHg
3 pCO = 80 mmHg
2
2
2
Neben der Anhebung des luminalen pH auf 6 wurde mittels Begasung mit CO2 zusätzlich
der pCO2 zwischen 0 und 80 mmHg, und damit entsprechend die Bicarbonatkonzentration der
luminalen Superfusion variiert, da bei einem luminalen pH von 6 Bicarbonat und CO2 im
Verhältnis 1:1 vorhanden sind (siehe Abbildung 13).
Ergebnisse
34
Auch bei der Variation5 der luminalen Bicarbonat/CO2-Bedingungen blieb die
Orientierung von Helicobacter ungestört.
0
2000
4000
6000
8000
10000
0 2000 4000 6000 8000 10000
Kontroll Dichte
Test
Dic
hte
H. felisH. pylori
Bakterien/nl
Bakterien/nl
Abb. 14: Darstellung der Einzelexperimente unter neutralisiertem luminalem pH. Aufgetragen ist die
Bakteriendichte unter Kontrollbedingungen (x-Achse) gegen die Bakteriendichte bei neutralisiertem luminalen pH (= Test Dichte; y-Achse). Die gestrichelte schwarze Linie stellt schematisiert die Bakterienverteilung dar, wenn keine Dichteänderung stattfindet.
3.5.2 Der Harnstoff/Ammonium-Gradient
Unter in vitro Bedingungen ist Harnstoff als ein "attractant" für Helicobacter beschrieben
(Nakamura, 1998). In diesem Ansatz soll unter in vivo Bedingungen überprüft werden, ob
sich dies auch auf die Verhältnisse im Magen übertragen lässt.
Harnstoff, im Blutplasma in einer Konzentration von 5-8 mM vorhanden, ist in der Lage,
über das Magenepithel in den Schleim zu diffundieren. Bei nicht mit Helicobacter infizierten
Individuen liegt Harnstoff vom Gewebe bis zum Lumen in gleichbleibender Konzentration
vor. Erst die Urease von Helicobacter wandelt den in den Magenschleim diffundierenden
Harnstoff im epithelnahen Schleim fast vollständig in Ammoniak um, welches aufgrund
seines pK′ direkt zu Ammonium reagiert und zum Lumen transportiert wird. Im Magenlumen
5 Diese Variation wurde nur für die H. felis infizierte Maus durchgeführt.
Ergebnisse
35
findet man bei mit Helicobacter infizierten Individuen anstelle von Harnstoff eine
Ammoniumkonzentration von 5-15 mM (Kim, 1990) .
(NH ) -CO2 2
(NH ) -CO2 2
(NH ) -CO2 2
Nicht infiziert
(NH ) -CO2 2urease
NH NH +H
4
3
+
+
NH4+
(NH ) -CO2 2
Infiziert
(NH ) -CO2 2
NH4+
NH4+
(NH ) -CO2 2
urease
Änderung des Gradienten
Abb. 15: Schematischer Querschnitt durch die Mucosa von Maus/Gerbil. Dargestellt sind die Änderungen des Harnstoff/Ammonium-Gradienten im Magenschleim.
Zur Änderung des Harnstoff/Ammonium-Gradienten im Magenschleim wurde über die
Dialyse die Blut Harnstoffkonzentration reduziert und die Ammonium-Konzentration erhöht.
Dazu wurde der Dialyselösung Ammoniumchlorid (5 mM) anstelle von Harnstoff zugesetzt.
Über die luminale Superfusion wurde die Harnstoffkonzentration im Magenlumen auf 20 mM
erhöht.
Unter dem so umgekehrten Gradienten waren keine Änderungen in der Verteilung von
H. felis und H. pylori im epithelnahen Magenschleim von Maus und Gerbil gegenüber den
Kontrollbedingungen zu finden. Die Blutgaswerte dieser Experimente entsprachen den
Kontrollwerten.
Ergebnisse
36
0
2000
4000
6000
8000
10000
0 2000 4000 6000 8000 10000
Kontroll Dichte
Test
Dic
hte
H. felis
H. pylori
Bakterien/nl
Bakterien/nl
Abb. 16: Darstellung der einzelnen Experimente unter umgekehrtem Harnstoff/Ammonium-Gradienten.
Es wurden die Kontrolldichten gegen die Bakteriendichten der Testphase gegeneinander aufgetragen. Jeder Punkt repräsentiert ein Experiment.
3.5.3 Der pH/Bicarbonat/CO2-Gradient
Die Henderson/Hasselbalch-Gleichung beschreibt das Verhältnis von pH, pK und einem
Säure/Basen-Paar. In dem hier vorliegenden Fall handelt es sich um das Verhältnis von
Bicarbonat und CO2, wobei CO2 die Säure HA, Bicarbonat die Base A- repräsentiert.
pH = pK´ + log [A ]-
[HA]
Bei dem arteriellen Plasma-pH von 7,4 zeigt die Henderson/Hasselbalch-Gleichung, dass
Bicarbonat und CO2 im Verhältnis 20:1 vorliegen.
Im Blutplasma liegt unter physiologischen Bedingungen ein pH von 7,4 bei einer
Bicarbonatkonzentration von 24 mM und einer CO2-Konzentration von 1,2 mM vor, was
einem Verhältnis von 20:1 entspricht.
Es ist demnach möglich, die Bicarbonatkonzentration im Plasma zu ändern ohne den pH zu
beeinflussen solange das Verhältnis [Bicarbonat]:[CO2] 20:1 bleibt. Bei jeder anderen
Konstellation müssen zwei Größen gegenläufig verändert werden, wenn die dritte konstant
bleiben soll.
Ergebnisse
37
pH 7,4 = 6,1 + log art
24 mmol/l [HCO ]3-
1,2 mmol/l [CO ]2
Henderson/Hasselbalch
Epithelialer MucuspH 4,5 - 6
[HCO ] [CO ]3 2-
PlasmapH 7,4
[HCO ] 24 mmol/l[CO ] 12 mmol/l
3
2
-
LumenpH < 3
[CO ] > [HCO ]2 3-
Abb. 17: Schematischer Querschnitt durch die Mucosa von Maus und Gerbil. Dargestellt sind die pH-, Bicarbonat- und CO2-Verhältnisse an der Mucosa und im Schleim unter Normalbedingungen, über die Henderson/Hasselbalch-Gleichung sind diese drei Größen miteinander verknüpft.
Im epithelnahen Bereich des Magenschleims bei einem pH um 6 gleicht sich das
Verhältnis von Bicarbonat und CO2 auf äquimolare Konzentrationen an, im Magenlumen bei
saurem pH überwiegt die CO2-Konzentration. Es sind hier CO2-Konzentrationen von
≥ 60 mmHg beschrieben (Rune, 1969; Nagano, 1990). Bicarbonat wird von den Epithelzellen
der Mucosa sezerniert (Kauffman, Jr., 1980), wobei die Sekretionsrate der Epithelzellen von
einer ausreichend hohen Bicarbonatkonzentration im Plasma abhängig ist (Kivilaakso, 1981).
Im Folgenden wurde auf drei Arten in die pH- und Bicarbonat/CO2-Verhätnisse im
Magenschleim, bzw. im arteriellen Blut eingegriffen.
Ergebnisse
38
Epithelnaher Epithelnaher
pH 7,2[HCO3
-] 15 mMpCO2 40 mmHg
pH 7,2[HCO3
-] 15 mMpCO2 40 mmHg
pH = 6
[HCO3-] 15 mM
pCO2 40 mmHg
Erniedrigung des arteriellen pH und der
arteriellen Bicarbonatkonzentration
C
pH 7,4[HCO3
-] 15 mMpCO2 25 mmHg
pH 7,4[HCO3
-] 15 mMpCO2 25 mmHg
pH = 6
pH 7,4[HCO3
-] 15 mMpCO2 25 mmHg
pH 7,2[HCO3
-] 24 mMpCO2 60 mmHg
pH 7,2[HCO3
-] 24 mMpCO2 60 mmHg
Erniedrigung des arteriellen pH
pH = 6
pH 7,2[HCO3
-] 24 mMpCO2 60 mmHg
Erniedrigung der arteriellen
Bicarbonatkonzentration
BA
Mucus
Lumen
Gewebe
-
3 2[HCO] pCO- ↓ ↑ pH 3,0≈
pH 5,5[HCO] [CO]3 2
- ≈
pH 7,4[HCO] 24 mMpCO 40 mmHg
3
2
-
Mucus
Lumen
Gewebe
-
pH 3,0≈
pH 5,5
pH 7,4[HCO ] 24 mMpCO 40 mmHg
3
2
-
Normalbedingungen
Abb. 18: Schematischer Querschnitt durch die Mucosa von Maus/Gerbil. Dargestellt sind die Änderungen zur Beeinflussung der pH, Bicarbonat- und CO2 Verhältnisse an der Mucosa. A. Erniedrigter arterieller pH; B. Erniedrigte arterielle Bicarbonatkonzentration; C. Erniedrigter arterieller pH und erniedrigte arterielle Bicarbonatkonzentration.
Die Erniedrigung des arteriellen pH (Abb. 18 A) wird mittels einer Hyperkapnie
erzeugt, welche durch eine Kombination aus einer Erhöhung der inspiratorischen CO2-
Fraktion und einer durch die Dialyse normalisierten Bicarbonatkonzentration hervorgerufen
wird. Daraus resultiert ein niedriger, arterieller pH bei normaler Bicarbonatkonzentration und
erhöhtem arteriellem pCO2. Da man annimmt, dass der pH des frisch sezernierten Schleims
dem intrazellulären pH der mucusproduzierenden Zellen entspricht (Schreiber, 2000) und man
ferner weiß, dass die Epithelzellen sensitiv auf eine Ansäuerung des arteriellen Blutes
reagieren (Ashley, 1987), gingen wir davon aus, so den pH im epithelnahen Schleim
abzusenken. Die daraus tatsächlich resultierenden Blutgaswerte sind in der Tabelle 4
aufgeführt.
Unter diesen Bedingungen ändert sich die Verteilung von H. felis und H. pylori im
epithelnahen Magenschleim von Maus und Gerbil nicht. Auch der mittlere Abstand der
Bakterien vom Magenepithel sowie die Motilität bleiben unverändert.
Ergebnisse
39
0
2000
4000
6000
8000
10000
0 2000 4000 6000 8000 10000
Kontroll Dichte
Test
Dic
hte
H. felisH. pylori
Bakterien/nl
Bakterien/nl
Abb. 19: Die Bakteriendichte unter Kontrollbedingungen wurde gegen die Bakteriendichte bei erniedrigtem arteriellen pH gegeneinander aufgetragen, wobei jeder Punkt ein Einzelexperiment repräsentiert.
Die Erniedrigung der arteriellen Bicarbonatkonzentration (Abb. 18 B) wird durch eine
Hyperventilation zusammen mit einem mittels der Dialyse normalisiertem pH generiert. Die
arterielle Bicarbonatkonzentration ist dadurch abgesenkt, der pCO2art ist entsprechend
erniedrigt, während der arterielle pH normal bleibt.
Auch unter diesen Bedingungen bleibt die Bakteriendichte im Magenschleim gegenüber
den Kontrolldichten unverändert, ebenso wie ihr Abstand vom Epithel und ihre Motilität.
0
2000
4000
6000
8000
10000
0 2000 4000 6000 8000 10000
Kontroll Dichte
Test
Dic
hte
H. felisH. pylori
Bakterien/nl
Bakterien/nl
Abb. 20: Für die Experimente bei erniedrigter arterieller Bicarbonatkonzentration wurden die Baketriendichten in der Kontrollphase gegen die Dichten der Testphase aufgetragen.
Ergebnisse
40
Für die gleichzeitige Erniedrigung des arteriellen pH und der arteriellen
Bicarbonatkonzentration (Abb. 18 C) wird bei unveränderter Ventilation eine metabolische
Azidose mittels der Dialyse eingestellt. Dadurch sind der arterielle pH und die
Bicarbonatkonzentration erniedrigt, der pCO2art bleibt normal.
Unter dieser Bedingung nimmt die Bakteriendichte im epithelnahen Schleim deutlich ab.
Ein Teil der Bakterien findet sich in zentralen und luminalen Schleimsegmenten wieder,
zahlreiche Bakterien schwimmen in das luminale Superfusat.
0
2000
4000
6000
8000
10000
0 2000 4000 6000 8000 10000
Kontroll Dichte
Test
Dic
hte
H. felisH. pylori
Bakterien/nl
Bakterien/nl
Abb. 21: Darstellung der Einzelexperimente, jeder Punkt stellt ein Experiment dar; aufgetragen ist die Bakteriendichte unter Kontrollbedingungen (x-Achse) gegen die Bakteriendichte bei erniedrigtem arteriellen pH und erniedrigter arterieller Bicarbonatkonzentration (y-Achse, Test Dichte). Die Abweichung der Bakteriendichte in der Testphase von der gedachten Normalverteilung (gestrichelte schwarze Linie) ist deutlich erkennbar.
Ergebnisse
41
3.6 Messung des epithelnahen pH in vitro
Um zu überprüfen, ob die Änderung der pH-/Bicarbonat-
/CO2-Verhältnisse im arteriellen Blut eine Änderung der
Bedingungen im Magenschleim nach sich zieht, die die
Orientierung der Bakterien im epithelnahen Schleim
beeinflussen kann, wurden pH-Messungen an der isolierten
Meerschweinmucosa durchgeführt.
Dazu wurde eine ionensensitive Mikroelektrode im
epithelnahen Schleim einer explanierten Meerschwein-Antrum-
Mucosa positioniert. Das genaue Verfahren ist in Schreiber et
al., 1997 (Schreiber, 1997) nachzulesen.
Die gewebeseitige Lösung sowie die luminale Superfusion,
wurden nach Positionierung der Elektrode im epithelnahen
Schleim den veränderten pH/Bicarbonat/CO2-Bedingungen
angepasst. Über einen Zeitraum von 60 min wurde der pH registriert, nach 10 min unter
normalen Bedingungen wurden die Plasmalösungen geändert.
Wie in der Abbildung 23 zu sehen ist, veränderte sich der epithelnahe pH nicht, wenn nur
der arterielle pH (A) oder nur die arterielle Bicarbonatkonzentration (B) reduziert wurden.
PlasmaKonzentrationen
Epithelialer pH
Mucus
Lumen Ionenselektive Mikroelektrode
Abb. 22: Schematische Darstellung der pH-Messung im epithelnahen Schleim.
Ergebnisse
42
Zeit (min)
Lumen pH 6
7
6
5pH
Lumen pH 6
7
6
50 10 20 30 40
pH
50
NormalesPlasma pH , Bicarbonat , CO ↓ ↑norm 2
pH , Bicarbonat , CO norm ↓ ↓2
pHGradient
pHGradient
A
B
Abb. 23: Ergebnisse der pH-Messungen im epithelnahen Schleim der Meeschweinmucosa in vitro.
In beiden Serien wurde der pH 10 min unter Kontrollbedingungen registriert (normales Plasma). In Grafik A wurde dann der pH der peritonealen Lösung herabgesetzt, das Bicarbonat blieb normal, der pCO2 wurde erhöht (n = 3). In Grafik B wurde die Bicarbonatkonzentration und der pCO2 der peritonealen Lösung bei normalem pH reduziert (n = 3). In beiden Serien war der luminale pH 6.
Hingegen findet bei der gleichzeitigen Absenkung der arteriellen Bicarbonatkonzentration
und dem arteriellen pH, eine Aufhebung des Schleim-pH-Gradienten statt (Abb.24). Der pH
im epithelnahen Schleim gleicht sich dem luminalen pH an.
Lumen pH 6
7
6
5
Zeit (min)
pH
0 10 20 30 40 50
7
6
5
4
3
pH
Lumen pH 4
NormalesPlasma pH , Bicarbonat , CO ↓ ↓ 2 norm
pHGradient
pHGradient
A
B
Abb. 24: Ergebnisse der pH-Messungen im epithelnahen Schleim der Meeschweinmucosa in vitro. Nach der
10 minütigen Registrierung des pH unter Kontrollbedingungen (normales Plasma) wurde der pH und die Bicarbonatkonzentration der peritonealen Lösung reduziert. In Grafik A war der luminale pH 6 (n = 6) , in Abb. B lag der luminale pH bei 4 (n = 6).
Ergebnisse
43
Um dieses Ergebnis zu verdeutlichen, wurde, wie in Abbildung 24 dargestellt, neben dem
luminalen pH 6 zusätzlich noch der luminale pH 4 untersucht. Es ist deutlich zu erkennen,
dass in beiden Fällen eine Absenkung des epithelnahen pH auf den luminalen pH erfolgt und
damit eine Absenkung des pH-Gradienten im Mucus.
Ergebnisse
44
3.7 Zusammenfassung der Ergebnisse
Bildet man für jedes Experiment den Quotienten Kontrolldichte/Testdichte und mittelt
diese pro Versuchsserie, so ergeben sich für die Serien, in denen keine Umverteilung der
Bakterien stattgefunden hat, Werte um 1, während bei einer Umverteilung der Quotient
deutlich absinkt. Die mit dem „students T-Test“ ermittelte Signifikanz (p) ist wesentlich
kleiner als 0,05.
Tabelle 3: Quotienten Testbedingungen/Kontrollbedingungen für die einzelnen Experimentegruppen mit
Abb. 25: Zusammenfassende grafische Darstellung der Ergebnisse. Die unterschiedlichen Experimentgruppen
sind mit A-E gekennzeichnet; auf der y-Achse sind die Quotienten der Versuchsgruppen mit Standardabweichungen aufgetragen. A: Neutralisierter luminaler pH; B: Umgekehrter Harnstoff/Ammonium-Gradient; C: erniedrigter arterieller pH; D: erniedrigte arterielle Bicarbonatkonzentration; E: erniedrigter arterieller pH und erniedrigte Bicarbonatkonzentration = aufgehobener Schleim-pH-Gradient.
Ergebnisse
45
Die Änderungen des luminalen pH- und der luminalen Bicarbonat/CO2-Konzentrationen,
des Harnstoff/Ammonium-Gradienten, sowie die Absenkung des arteriellen pH bei normaler
Bicarbonatkonzentration, als auch die Absenkung der arteriellen Bicarbonatkonzentration bei
normalem pH, beeinflussen die Orientierung von Helicobacter nicht.
Erst die gleichzeitige Absenkung des arteriellen pH und der Bicarbonatkonzentration, die
zu einer Aufhebung des Schleim-pH-Gradienten führen, erzeugen eine deutliche
Dichteabnahme von Helicobacter im epithelnahen Schleim. Die Bakterien verlieren ihre
Orientierung und verteilen sich über die gesamte Schleimschicht, sowie in das Magenlumen.
Der Schleim-pH-Gradient ist unter physiologischen Bedingungen immer vorhanden und
passt sich an die herrschenden Sekretionsbedingungen an, wobei er sich in dem von
Helicobacter besiedelten Schleimbereich nur minimal ändert. Er eignet sich also besonders
gut als Orientierungsgeber für Helicobacter.
Ergebnisse
46
3.8 Ergänzungen
3.8.1 Blutgaswerte
Die Blutgaswerte unter neutralisiertem luminalem pH und umgekehrtem
Harnstoff/Ammonium-Gradienten entsprachen den Kontrollwerten (siehe Tabelle 1).
Tabelle 4: Zusammenfassung der Blutgaswerte bei den drei Änderungen der pH-/Bicarbonat-/CO2-Bedingungen