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3k)ie Jiirdjcr Äiiiß RADIO UND FERNSEHEN Freitag, 20. Juli »979 Nr. 166 61 Die ewige Jugend des Tarz&ik 'Au der Reihe von Tarzan-Filmen im Fernsehen !)RS Johnny Weissmüller und Maureen O'Sullivan in der ersten Tonfilmversion des Tarzanstoffes. ms. Schlägt man in den Büchern nach, so findet man, die amerikanischen Filmgeschich- ten ausgenommen, darin weder den Namen Tarzan noch den Namen von Johnny Weiss- müller. Eine Filmhistoriographie, die sich so gerne der soziologischen Zusammenhänge an- nimmt, in welchen der Film als Kommunika- tionsmedium steht, und die sich überdies mit Vorliebe auch dem Trivialfilm widmet, findet es zumindest in Europa nicht nötig, sich auch mit Tarzan, auch mit Johnny Weissmüller, dem be- sten seiner Darsteller auf der Leinwand, zu be- schäftigen. Wahrhaft sonderbar .. Dabei wäre doch erwähnenwert, dass die Phantasiefigur des amerikanischen Schriftstel- lers Edgar Rice Burroughs,' des Erfinders von Tarzan, gerade in den dreissiger Jahren ihre weltweite Attraktivität auszuüben begann: in den Jahren nämlich der wirtschaftlichen De- pression, als man, durch die wirtschaftliche Not ohnehin zu einern «einfachen Leben» genötigt, aus dieser Not eine Tugend machte, das heisst literarisch von indischen Entsagungsidealen schwärmte, im Volk allerdings eher die Idealge- stalten des naturhaften Lebens liebte. Man schwärmte also von Tarzan, und es war wohl mehr als nur ein Zufall, dass der begeistert be- grüsste und finanziell zugkräftige Kinodarstel- ler dieses Tarzan Johnny Weissmüller hiess. Es gab, auf der Leinwand und im Stumm- film, den Tarzan schon vorher. Auch damals war die Figur dieses einfachen Menschen, der sich mit der Natur, der Elementarnatur des Ur- walds und dessen wilden Tieren und Menschen zu arrangieren versteht, volkstümlich. Volks- tümlich hatte den Tarzan schon dessen literari- scher Erfinder, Burroughs, gemacht. Für des Schriftstellers Phantasie allerdings hatte die Fin-de-siecle-Stimmung den Anstoss gegeben, eine Rousseausche Sentimentalität in Verbin- dung mit der Zivilisationsmüdigkeit der Jahr- hundertwende. Burroughs selbst hat sich in spä- teren Jahren immer wieder beklagt, dass die Transponierung seines Tarzan auf die Kinolein- wand literarisch ungetreu erfolgt sei. In der Tat, der Kino-Tarzan verkörpert jene Zivilisations- müdigkeit der literarischen Vorlage nicht, und selbstverständlich haben Hollywoods Dreh- buchautoren vielerlei und viel Ungereimtes noch hinzuerfunden. Und Tarzan, der bei sei- nem literarischen Erfinder der fliessenden Rede durchaus mächtig und dazu ein Gentleman ist, wurde in den Filmen in einen redegehemmten und superstarken Genossen der Affen verwan- delt. Johnny Weissmüller wurde zu Beginn der dreissiger Jahre der ideale Tarzan-Darsteller. Er war als Athlet, als Schwimmer, bereits populär, nicht nur in den USA, sondern in aller Welt. Schliesslich hatte er, Mitglied der amerikani- schen Olympia- Mannschaften in den Jahren 1924 und 1928, an den Olympischen Spielen fünf Siege errungen, und im Laufe seiner Schwimmerkarriere hat er 52 national-amerika- nische Wettkämpfe gewonnen, 67 Weltrekorde zudem aufgestellt. Kein Wunder, dass auch das Kino nach ihm griff: 1929 wirkte er in einigen Dokumentarfilmen über Schwimmen von Grat- land Rice mit. Als 1932 die Metro-Goldwyn-Mayer daran- ging, eine Serie von Filmen mit Tarzan vorzube- reiten, fiel die Wahl für diese Rolle auf Johnny Weissmüller. Denn Schwimmen konnte er, zweifellos, und das Schwingen an Lianen, von Urwaldbaum zu Urwaldbaum, musste ihm, dem athletischen Mann, nicht schwerfallen. Es fiel ihm ganz und gar nicht schwer. Es hat keinen Tarzan gegeben, weder vor noch nach ihm, der so elegant, auf so weite Distanz, so locker und sicher an Lianen durch den Dschungel spazier- te. Und keinen, der so herrlich rührend, so wild männlich, so gebieterisch hell und schmetternd in den Urwald schreien konnte. Dass der Schrei elektrotechnisch erzeugt wurde, tut keinen Ab- bruch an seiner für Johnny Weissmüller typi- schen Originalität. Wenn er schrie, verstummte das Geschnatter der Affen, die Löwen verkro- chen sich ins Dickicht; aber die Elefanten, Tar- zans Freunde, hoben die Rüssel zum Gegen- gruss. Einzig die Krokodile liessen sich in ihrem lauernden Dösen nicht stören. Mit ihnen stand denn auch Tarzan nie auf vertrautem Fuss; viele sind die Opfer seines Dolches geworden, manchmal erwürgte er sie mit blossen Händen. Denn stark war er. Johnny Weissmüller, am 2. Juni 1904 in Winbar (Pennsylvania) geboren, Sohn österrei- chischer Eltern, entsprach als Tarzan1 der Traumvorstellung von dieser Rolle. Er war ath- letisch. Er hatt e vor allem aber ein freundliches Gesicht, das zwar nicht so sehr Intelligenz ver- riet als vielmehr eine lebenskluge Gemerkigkeit. Man glaubte ihm, dass er in den Kronen von Riesenbäumen hauste, ohne Zwist mit der Na- tur. Er erschien als ein sanfter Wilder, der, weil der von den zivilisatorischen Errungenschaften nichts weiss, glücklich lebt. Das eben machte seinen Erfolg aus, diese Kraft und diese Sanft- heit und diese natürliche Güte, die leibhaftig vor Augen führte, dass der Mensch von Natur aus gut ist, lediglich die Zivilisation ihn zum Bösen verführt. Johnny Weissmüller flösste, mehr als alle seine Nachfolger in der Rolle des Tarzan, das Vertrauen ein, dass der Mensch bedürfnislos zu leben imstande ist, versöhnt mit der Natur, als ein Geschöpf, das der Himmel nährt. Natürlich hat dieser Tarzan allerlei Abenteuer zu bestehen gehabt, mit bösen Schwarzen, mit reisserischen Tieren und gierigen Weissen, die in den Urwald eindrangen, nach Gold und Edelsteinen gei- fernd; auch mit Ungeheuern und Fabelwesen, den Amazonen und den Meerjungfrauen, und schliessich auch mit den Zivilisierten, wohnten diese in New York oder anderswo, in HoMy- wood etwa, selbst also mit Filmstars. Tarzan be- stand jedes Abenteuer. Keine Versuchung, die an ihn herantrat, vermochte seiner Selbstgewiss- heit etwas anzuhaben. Er hatte seinen Lebens- weg gefunden und auf diesem Lebensweg seine Frau, die geliebte Jane, die hochkultivierte Dame, die trotz der Herkunft im Dschungel bleibt, des Affenmenschen Menschlichkeit er- fühlend, und seinen Sohn, den Adoptivknaben; auch er ein Beleg für die Richtigkeit der Zivili- 5ationsflucbt. Vierzehn Filme als Tarzan hat Johnny Weissmüller gedreht. Als er in die Jahre kam und an den Lianen nicht mehr so schwung- voll aussah, verwandelte er sich aus dem Tarzan in den weniger beanspruchten, wiewohl auch sehr tapferen «Jungle Jim». Vom Dschungel kam er also nicht mehr los weit mehr als ein Dutzend Filme hielten den Jungle Jim als Tar- zans Nachfolger fest. Zu grossen Erfolgen sind diese Filme freilich nicht mehr geworden. Die Zeiten hatte sich seit der Depression geändert. Tarzans Vorbild verblasste, aus ihm wurde mit anderen Darstellern so etwas wie ein Dschungeldetektiv. Dass ihm ein solches Schicksal erspart geblieben ist, war Johnny Weissmüllers schaustellerisches Glück. Sein persönliches Leben verlief, nachdem er nicht mehr gefragt war, so glücklich nicht. Heute ist er 79 Jahre alt und, wie man hört, in einem Sanatorium verstaut; der Wahn seiner berühm- ten Jahre verfolgt ihn. OVV-1?r*t!' «Die Stimme Israels» Die Geschichte des Israelischen Rundfunks I. Seh. Vom «Staat unterwegs» sprach Ben Gurion oft, wenn er die Zeit vor der Staatsgrün- dung Israels, vor dem 14. Mai 1948, meinte. Vom «Sender unterwegs» kann man sprechen, geht man auf die Anfänge des heutigen Israeli- schen Rundfunks zurück. Denn ständig herum- geschleppt wurde ein unscheinbarer Holzkoffer 37 x 22 x 19 Zentimeter , der in sich den von Radioingenieur Wilker zusammengebastel- ten Minisender barg. Eine Gepfiffenes Sendezeiche n Handvoll Techniker, Ansager und Sprecherinnen betrieben diesen Geheimsender. Sie waren allesamt auch Angestellte des briti- schen Mandatsradios Palestine Broadcasting Service und daher von der nächtlichen Aus- gangssperre ausgenommen. So konnten sie je- den Abend um 19 Uhr «aus der kleinen Kiste» senden: «Jehudim, Juden, öffnet euer Radioge- rät auf Kurzwelle 42-Meter-Band und hört Israel", die Stimme Israels, die einzige Stimme frei von Zensur. Hört und lasst hören die grosse Stimme, so sagt der Prophet.» Als Sendezeichen pfiff der Ansager die er- sten Takte der Hatiqua, der nachmaligen israeli- schen Nationalhymne. Es waren zumeist Nach- richten, die durchgegeben wurden; auch Code- Worte an kämpfende Einheiten. Denn über den Mandatsrundfunk wurden nur zensierte Nach- richten verbreitet. Damals als Pfiff, heute mit «Pauken und Trompeten» wird dieses Signal, der Refrain der israelischen Nationalhymne, als Stationszeichen des Kurzwellensenders Kol Zion la Golah (Die Stimme Zions nach draussen) an die Juden in aller Welt gesendet. Mittels einer starken Kurz- wellenzenirale erreicht der israelische Auslands- funk praktisch jeden Platz der Welt. 1948 sen- dete Kol Zion nur zwei Stunden täglich, heute sechzehn Stunden in dreizehn Sprachen, davon allein siebeneinhalb Stunden in Russisch mit 42 Nachrichtensendungen. Arabischsprachiges Programm Die arabische Abteilung des Israelischen Rundfunks ist als Sprachrohr der Israeli zu den etwa eine halbe Million zählenden israelischen Arabern mit israelischem Pass gedacht. Der Schwerpunkt der Programme in arabischer Spiache liegt bei Information und Aufklärung. Darüber hinaus werden die Kontakte zv/ischen arabischen Israeli und ihren Verwandten in ara- bischen Ländern aufrechterhalten. Ans den über Zypern oder Griechenland eingehenden Hörer- briefen kann man schliessen, dass die Sendun- gen auch in arabischen Ländern ankommen. AbuFarid, der Leiter der arabischen Abteilung, ist stolz, dass man vom «besten Servicesender in Nahost» spricht: tagtäglich Landfunk mit Hin- weisen auf moderne landwirtschaftliche Metho- den, Aufklärung über soziale Rechte. Doch am meisten Widerhall findet das Gesundheitsmaga- Kundfunk während des Unabhängigkeitskrieges Die Anfangsschwierigkeiten des israelischen Rundfunks waren gross. Noch während der Kämpfe um Jerusalem hatte man durch einen Handstreich einen Grossteil der Diskothek aus dem Gebäude des Mandatsrundfunks gerettet. Die Arabische Legion war schon ins Rundfunk- haus eingedrungen; Studios waren schon be- schädigt. Da wurde durch eine Hintertür ein Spähtrupp der Haganah ins Studiogebäude ge- schleust, gedeckt lediglich von einer Handvoll Soldaten. Vorsichtig wurden die Platten mit ei- nem Strick heruntergelassen. Es waren ja zer- brechliche 78er- Plätten. Die Aktion verlief ohne Zwischenfall. Diese auf abenteuerliche Weise geretteten Platten bildeten den Grundstock der Schallplattenabteilung. Schon zur Mandatszeit hatte das Rundfunk- orchester bestanden. Jeden Dienstag stand ein Live-Konzert auf dem Programm. Soweit sich Shabtai Petruschka, heute Repräsentant des Is- raelischen Rundfunks bei internationalen Mu- sikkonferenzen, erinnert, fiel niemals ein Diens- tagkonzert aus. Auch wenn es manchmal wegen Stromausfalls sozusagen unter Ausschluss der Oeffentlichkeit stattfinden musste: «Für unser Orchester hatten wir einen kleinen Saal mit 50 Sitzplätzen. Die Musiker kamen unter Le- bensgefahr mit ihren Instrumenten ins Studio. Und wenn der Strom ausfiel, spielten wir bei Kerzenlicht weiter. Ein Notbarock, nur der Zopf hat gefehlt . . Erstes Studio in Tel Aviv Jerusalem, belagert, isoliert. Mit Kerzenlicht und Notgeneratoren konnte kein Programm fürs Hinterland gemacht werden. Daher wurde nach dem ersten Waffenstillstand 1948 ein Teil der Techniker nach Tel Aviv beordert. In der ehemaligen schwäbischen Templersiedlung Sa- rona entstanden in einem Pferdestall und in ei- nem Schweinestall die ersten Studios. Wer heute in Israel den Spuren der Pionier- zeit des Kunst- und Kulturlebens folgt, stösst hierbei meist auf Einwanderer aus Westeuropa, aus Berlin, Wien oder Prag. Doch Komponisten hatten es schwer. Das jüdische Publikum war konservativ. Es bestand wenig Interesse an der sogenannten «palästinensischen Musik». Eine Ausnahme war Mark Lavri, der über Berlin aus Litauen gekommen war. Ihm gelang es, die Mu - siklandschaft richtig zu erfassen nicht klas- sisch, eher populär. Seine Tondichtung «Ha- Emek» («Das Tal») kam beim Publikum an. Arieh Sachs, Gründungsmitglied des Rundfunk- oichesters, erzählt: «Aber wir Berufsmusiker sassen da und lächelten und fanden es ziemlich naiv . . Aus Prag stammt der langjährige Musik- prcgrammdiiektor von Kol Israel, Jehuda Co- hen. Er erinnert sich, dass schon 1933 ein be- deutender Komponist, Paul Ben Chaim, gebo- ren 1897 in Mönchen, ins Land kam. Er wollte seine Existenzmöglichkeiten prüfen, weil es am 1. März 1933 zwei Tage nach dem Reichs- tagsbrand anlässlich der Uraufführung seines «Conceito grosso» in Chemnitz zu antisemiti- schen Aeusserungen gekommen war. Livesendungen aus Einwandererstädten Mit 650 000 Einwohnern hatte der Staat Is- rael 1948 begonnen. Doch dann strömten in drei Jahren eine Viertelmillion Menschen aus siebzig Ländern in das junge Land. Dies stellte auch Kol Israel vor ganz neue Probleme: Brük- kenschlag zwischen der Ersten und der Dritten Welt. Um die Bevölkerung mit den Problemen der Einwandererstädte bekannzumachen, wurde jeden Monat eine grosse Sendung aus so einer jungen Stadt gestaltet. Sie berichtete vom Alltag der Neueinwanderer. Sozialprobleme, Erziehung zum Bürger des jungen Staates, das war die eine Seite. Aber auch was Musiker, Komponisten, Sänger, Chöre aus ihren orientalischen Ursprungslän- dern mitbrachten, musste aufgearbeitet werden. Die herausragendste Erscheinung, so erzählt Arieh Sachs, war Bracha Zefirah, heute etwa siebzig Jahre alt: ein grosses musikalisches Ta- lent mit einem riesigen Schatz von jüdisch- orientalischer Folklore. Komponisten wie Ben Chaim, Hanoch Jakob oder Partosch haben sich viele ihrer Melodien vorsingen lassen und ver- sucht, sie niederzuschreiben. De r Armeesender Heute das «grösste Heiratsinstitut» Israels, damals der «grösste Schmelztiegel» war die Ar- mee. Man sagte damals: Der ganze Staat ist die Armee. So wurde Anfang der fünfziger Jahre von Regierungschef Be n Gurion und General- stabschef Yigael Yadin die Gründung eines Ar- meesenders beschlossen: Galeij Zahal die Ar- meewelle. Plötzlich sah sich Kol Israel einem Konkur- renzsender gegenüber. Es kamen flotte Lieder auf wie «Der Jeep» oder «Motti», der Traum- junge aller Mädchen, und «Zippi», das Ideal- mädchen der Soldaten. Es wurde nach jungen Talenten gesucht. Im Militär wurden Unterhal- tergruppen zusammengestellt. Das war auch die Zeit, als Ephraim Weill, heute Programmgestal- ter von Unterhaltungssendungen, seine grösste Entdeckung machte: «Ich hörte von einem Duo in Haifa, das nach Tel Aviv wollte. Ich holte sie zum Probesingen. Da kamen so ein Wilder mit wirrem, schwarzem Haar und ein kleines, zartes Mädchen ...» Esther Ofarim, damals noch Esther Reichstadt, und ihr späterer Mann Abi Ephraim Weill erkannte sofort das Talent des Mädchens, nahm es gleich live in sein Pro- gramm «Ohne Ueberschrift» mit dem Lied «Sus Haetz» («Das Holzpferd»). Kurz daraufnahm sie schon am Schlagerfestival in Zoppot teil, er- sang sich sofort den zweiten Preis, und so be- gann ihre Weltkarriere. Bibellesungen Ein Typikum des Senders, der sich seit Ein- führung des Fernsehens 1967 Schidureij Israel Israelischer Rundfunk nennt, sind die täg- lichen Bibellesungen mit Kommentaren jeden Abend um zehn Minuten vor acht; die Sende- zeit hat sich nie geändert. Jahrelang sprach im- mer Shlomo Bertonoff. Und die Leute pflegten zu sagen, weil er so eine sonore Stimme hatte: «Seht, jetzt spricht Gott.» Kol Israel war von seiner ersten Stunde an ein Spiegel der israelischen Gesellschaft. Längst hat der Generationenwechsel, die Wachablö- sung der Väter durch die Söhne, die im Lande Geborenen, stattgefunden. Die Aelteren wirken teilweise noch an langfristigen Projekten mit. Die Jungen gestalten das Programm. Ronny Daniel war der Reporter, der am Flugplatz stand, als Präsident Sadat am 19. No- vember 1977 zum erstenmal israelischen Boden betrat. Bis dahin war er Aegyptern nur auf dem Schlachtfeld begegnet. Ehe er Sadat nicht mit eigenen Augen sah, glaubte er immer noch an einen Bluff. Doch dann hiess es, alle hochwal- lenden Gefühle zu unterdrücken und sachlich zu berichten: «Aber ich war so gepackt, dass mir mein Sprachschatz plötzlich ganz arm vor- kam. Ob es mir damals wirklich gelungen ist, das Ereignis in die richtigen Worte zu fassen, weiss ich heute noch nicht . . Vierzig Stunden Sadat-Besuch in Jeruialen. eine Sternstunde für den Israelischen Rund- funk. Der ganze Stab war eingesetzt, eine eigene «Welle für Präsident Sadat» eingerichtet: «Gal Patuach le President Sadat». Jeder seiner Schritte wurde verfolgt, berichtet . Eine Stern- stunde für einen Sender, der immer noch kein modernes Funkhaus beziehen konnte. In Jeru- salem drängen sich Verwaltung, Technik und Programmacher immer noch in einem alten äthiopischen Kloster zusammen. In Tel Aviv ar- beitet man noch in den Studios cines umgebau- ten Pferde- und Schweinestalles. Ein Sender, " der aus allen Nähten platzt. Neue Zürcher Zeitung vom 20.07.1979
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Äiiiß RADIO UND FERNSEHEN · 2017-03-15 · chischer Eltern, entsprach als Tarzan1 der Traumvorstellung von dieser Rolle. Er war ath-letisch. Er hattevor allem aber ein freundliches

Jul 19, 2020

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3k)ie Jiirdjcr Äiiiß RADIO UND FERNSEHEN Freitag, 20. Juli »979 Nr. 166 61

Die ewige Jugend des Tarz&ik'Au der Reihe von Tarzan-Filmen im Fernsehen !)RS

Johnny Weissmüller und Maureen O'Sullivan in der ersten Tonfilmversion des Tarzanstoffes.

ms. Schlägt man in den Büchern nach, sofindet man, die amerikanischen Filmgeschich-

ten ausgenommen, darin weder den NamenTarzan noch den Namen von Johnny Weiss-müller. Eine Filmhistoriographie, die sich sogerne der soziologischen Zusammenhänge an-nimmt, in welchen der Film als Kommunika-tionsmedium steht, und die sich überdies mitVorliebe auch dem Trivialfilm widmet, findet eszumindest in Europa nicht nötig, sich auch mitTarzan, auch mit Johnny Weissmüller, dem be-sten seiner Darsteller auf der Leinwand, zu be-schäftigen. Wahrhaft sonderbar . .

Dabei wäre doch erwähnenwert, dass diePhantasiefigur des amerikanischen Schriftstel-lers Edgar Rice Burroughs,' des Erfinders vonTarzan, gerade in den dreissiger Jahren ihreweltweite Attraktivität auszuüben begann: inden Jahren nämlich der wirtschaftlichen De-pression, als man, durch die wirtschaftliche Notohnehin zu einern «einfachen Leben» genötigt,aus dieser Not eine Tugend machte, das heisstliterarisch von indischen Entsagungsidealenschwärmte, im Volk allerdings eher die Idealge-

stalten des naturhaften Lebens liebte. Manschwärmte also von Tarzan, und es war wohlmehr als nur ein Zufall, dass der begeistert be-grüsste und finanziell zugkräftige Kinodarstel-ler dieses Tarzan Johnny Weissmüller hiess.

Es gab, auf der Leinwand und im Stumm-film, den Tarzan schon vorher. Auch damalswar die Figur dieses einfachen Menschen, dersich mit der Natur, der Elementarnatur des Ur-walds und dessen wilden Tieren und Menschenzu arrangieren versteht, volkstümlich. Volks-tümlich hatte den Tarzan schon dessen literari-scher Erfinder, Burroughs, gemacht. Für desSchriftstellers Phantasie allerdings hatte dieFin-de-siecle-Stimmung den Anstoss gegeben,

eine Rousseausche Sentimentalität in Verbin-dung mit der Zivilisationsmüdigkeit der Jahr-hundertwende. Burroughs selbst hat sich in spä-

teren Jahren immer wieder beklagt, dass dieTransponierung seines Tarzan auf die Kinolein-wand literarisch ungetreu erfolgt sei. In der Tat,der Kino-Tarzan verkörpert jene Zivilisations-müdigkeit der literarischen Vorlage nicht, undselbstverständlich haben Hollywoods Dreh-buchautoren vielerlei und viel Ungereimtes

noch hinzuerfunden. Und Tarzan, der bei sei-nem literarischen Erfinder der fliessenden Rededurchaus mächtig und dazu ein Gentleman ist,wurde in den Filmen in einen redegehemmten

und superstarken Genossen der Affen verwan-delt.

Johnny Weissmüller wurde zu Beginn derdreissiger Jahre der ideale Tarzan-Darsteller. Erwar als Athlet, als Schwimmer, bereits populär,nicht nur in den USA, sondern in aller Welt.Schliesslich hatte er, Mitglied der amerikani-schen Olympia-Mannschaften in den Jahren1924 und 1928, an den Olympischen Spielenfünf Siege errungen, und im Laufe seinerSchwimmerkarriere hat er 52 national-amerika-nische Wettkämpfe gewonnen, 67 Weltrekordezudem aufgestellt. Kein Wunder, dass auch dasKino nach ihm griff: 1929 wirkte er in einigen

Dokumentarfilmen über Schwimmen von Grat-land Rice mit.

Als 1932 die Metro-Goldwyn-Mayer daran-ging, eine Serie von Filmen mit Tarzan vorzube-reiten, fiel die Wahl für diese Rolle auf JohnnyWeissmüller. Denn Schwimmen konnte er,zweifellos, und das Schwingen an Lianen, vonUrwaldbaum zu Urwaldbaum, musste ihm, demathletischen Mann, nicht schwerfallen. Es fielihm ganz und gar nicht schwer. Es hat keinenTarzan gegeben, weder vor noch nach ihm, derso elegant, auf so weite Distanz, so locker undsicher an Lianen durch den Dschungel spazier-te. Und keinen, der so herrlich rührend, so wild

männlich, so gebieterisch hell und schmetterndin den Urwald schreien konnte. Dass der Schreielektrotechnisch erzeugt wurde, tut keinen Ab-bruch an seiner für Johnny Weissmüller typi-schen Originalität. Wenn er schrie, verstummtedas Geschnatter der Affen, die Löwen verkro-chen sich ins Dickicht; aber die Elefanten, Tar-zans Freunde, hoben die Rüssel zum Gegen-gruss. Einzig die Krokodile liessen sich in ihremlauernden Dösen nicht stören. Mit ihnen standdenn auch Tarzan nie auf vertrautem Fuss; vielesind die Opfer seines Dolches geworden,

manchmal erwürgte er sie mit blossen Händen.Denn stark war er.

Johnny Weissmüller, am 2. Juni 1904 inWinbar (Pennsylvania) geboren, Sohn österrei-chischer Eltern, entsprach als Tarzan1 der

Traumvorstellung von dieser Rolle. Er war ath-letisch. Er h a t te vor allem aber ein freundlichesGesicht, das zwar nicht so sehr Intelligenz ver-riet als vielmehr eine lebenskluge Gemerkigkeit.Man glaubte ihm, dass er in den Kronen vonRiesenbäumen hauste, ohne Zwist mit der Na-tur. Er erschien als ein sanfter Wilder, der, weilder von den zivilisatorischen Errungenschaftennichts weiss, glücklich lebt. Das eben machteseinen Erfolg aus, diese Kraft und diese Sanft-heit und diese natürliche Güte, die leibhaftigvor Augen führte, dass der Mensch von Naturaus gut ist, lediglich die Zivilisation ihn zumBösen verführt.

Johnny Weissmüller flösste, mehr als alleseine Nachfolger in der Rolle des Tarzan, dasVertrauen ein, dass der Mensch bedürfnislos zuleben imstande ist, versöhnt mit der Natur, alsein Geschöpf, das der Himmel nährt. Natürlichhat dieser Tarzan allerlei Abenteuer zu bestehengehabt, mit bösen Schwarzen, mit reisserischenTieren und gierigen Weissen, die in den Urwaldeindrangen, nach Gold und Edelsteinen gei-fernd; auch mit Ungeheuern und Fabelwesen,den Amazonen und den Meerjungfrauen, undschliessich auch mit den Zivilisierten, wohntendiese in New York oder anderswo, in HoMy-

wood etwa, selbst also mit Filmstars. Tarzan be-stand jedes Abenteuer. Keine Versuchung, diean ihn herantrat, vermochte seiner Selbstgewiss-

heit etwas anzuhaben. Er hatte seinen Lebens-weg gefunden und auf diesem Lebensweg seineFrau, die geliebte Jane, die hochkultivierteDame, die trotz der Herkunft im Dschungelbleibt, des Affenmenschen Menschlichkeit er-fühlend, und seinen Sohn, den Adoptivknaben;auch er ein Beleg für die Richtigkeit der Zivili-5ationsflucbt. Vierzehn Filme als Tarzan hatJohnny Weissmüller gedreht. Als er in die Jahrekam und an den Lianen nicht mehr so schwung-voll aussah, verwandelte er sich aus dem Tarzanin den weniger beanspruchten, wiewohl auchsehr tapferen «Jungle Jim». Vom Dschungelkam er also nicht mehr los weit mehr als einDutzend Filme hielten den Jungle Jim als Tar-zans Nachfolger fest. Zu grossen Erfolgen sinddiese Filme freilich nicht mehr geworden. DieZeiten hatte sich seit der Depression geändert.Tarzans Vorbild verblasste, aus ihm wurdemit anderen Darstellern so etwas wie einDschungeldetektiv. Dass ihm ein solchesSchicksal erspart geblieben ist, war JohnnyWeissmüllers schaustellerisches Glück. Seinpersönliches Leben verlief, nachdem er nichtmehr gefragt war, so glücklich nicht. Heute ister 79 Jahre alt und, wie man hört, in einemSanatorium verstaut; der Wahn seiner berühm-ten Jahre verfolgt ihn.

OVV-1?r*t!'

«Die Stimme Israels»Die Geschichte des Israelischen Rundfunks

I. Seh. Vom «Staat unterwegs» sprach BenGurion oft, wenn er die Zeit vor der Staatsgrün-dung Israels, vor dem 14. Mai 1948, meinte.Vom «Sender unterwegs» kann man sprechen,geht man auf die Anfänge des heutigen Israeli-schen Rundfunks zurück. Denn ständig herum-geschleppt wurde ein unscheinbarer Holzkoffer

37 x 22 x 19 Zentimeter , der in sich denvon Radioingenieur Wilker zusammengebastel-

ten Minisender barg.

Eine

Gepfiffenes Sendezeichen

Handvoll Techniker, Ansager undSprecherinnen betrieben diesen Geheimsender.Sie waren allesamt auch Angestellte des briti-schen Mandatsradios Palestine Broadcasting

Service und daher von der nächtlichen Aus-gangssperre ausgenommen. So konnten sie je-

den Abend um 19 Uhr «aus der kleinen Kiste»senden: «Jehudim, Juden, öffnet euer Radioge-

rät auf Kurzwelle 42-Meter-Band und hörtIsrael", die Stimme Israels, die einzige Stimmefrei von Zensur. Hört und lasst hören die grosseStimme, so sagt der Prophet.»

Als Sendezeichen pfiff der Ansager die er-sten Takte der Hatiqua, der nachmaligen israeli-schen Nationalhymne. Es waren zumeist Nach-richten, die durchgegeben wurden; auch Code-Worte an kämpfende Einheiten. Denn über denMandatsrundfunk wurden nur zensierte Nach-richten verbreitet.

Damals als Pfiff, heute mit «Pauken undTrompeten» wird dieses Signal, der Refrain derisraelischen Nationalhymne, als Stationszeichendes Kurzwellensenders Kol Zion la Golah (DieStimme Zions nach draussen) an die Juden inaller Welt gesendet. Mittels einer starken Kurz-wellenzenirale erreicht der israelische Auslands-funk praktisch jeden Platz der Welt. 1948 sen-dete Kol Zion nur zwei Stunden täglich, heutesechzehn Stunden in dreizehn Sprachen, davonallein siebeneinhalb Stunden in Russisch mit 42Nachrichtensendungen.

Arabischsprachiges Programm

Die arabische Abteilung des IsraelischenRundfunks ist als Sprachrohr der Israeli zu denetwa eine halbe Million zählenden israelischenArabern mit israelischem Pass gedacht. DerSchwerpunkt der Programme in arabischerSpiache liegt bei Information und Aufklärung.Darüber hinaus werden die Kontakte zv/ischenarabischen Israeli und ihren Verwandten in ara-bischen Ländern aufrechterhalten. Ans den überZypern oder Griechenland eingehenden Hörer-briefen kann man schliessen, dass die Sendun-gen auch in arabischen Ländern ankommen.

AbuFarid, der Leiter der arabischen Abteilung,

ist stolz, dass man vom «besten Servicesender inNahost» spricht: tagtäglich Landfunk mit Hin-weisen auf moderne landwirtschaftliche Metho-den, Aufklärung über soziale Rechte. Doch ammeisten Widerhall findet das Gesundheitsmaga-

Kundfunkwährend des Unabhängigkeitskrieges

Die Anfangsschwierigkeiten des israelischenRundfunks waren gross. Noch während derKämpfe um Jerusalem hatte man durch einenHandstreich einen Grossteil der Diskothek ausdem Gebäude des Mandatsrundfunks gerettet.Die Arabische Legion war schon ins Rundfunk-haus eingedrungen; Studios waren schon be-schädigt. Da wurde durch eine Hintertür einSpähtrupp der Haganah ins Studiogebäude ge-schleust, gedeckt lediglich von einer HandvollSoldaten. Vorsichtig wurden die Platten mit ei-nem Strick heruntergelassen. Es waren ja zer-brechliche 78er- Plätten. Die Aktion verlief ohneZwischenfall. Diese auf abenteuerliche Weisegeretteten Platten bildeten den Grundstock derSchallplattenabteilung.

Schon zur Mandatszeit hatte das Rundfunk-orchester bestanden. Jeden Dienstag stand einLive-Konzert auf dem Programm. Soweit sichShabtai Petruschka, heute Repräsentant des Is-raelischen Rundfunks bei internationalen Mu-sikkonferenzen, erinnert, fiel niemals ein Diens-tagkonzert aus. Auch wenn es manchmal wegenStromausfalls sozusagen unter Ausschluss derOeffentlichkeit stattfinden musste: «Für unserOrchester hatten wir einen kleinen Saal mit50 Sitzplätzen. Die Musiker kamen unter Le-bensgefahr mit ihren Instrumenten ins Studio.Und wenn der Strom ausfiel, spielten wir beiKerzenlicht weiter. Ein Notbarock, nur derZopf hat gefehlt

. . .»

Erstes Studio in Tel AvivJerusalem, belagert, isoliert. Mit Kerzenlicht

und Notgeneratoren konnte kein Programmfürs Hinterland gemacht werden. Daher wurdenach dem ersten Waffenstillstand 1948 ein Teilder Techniker nach Tel Aviv beordert. In derehemaligen schwäbischen Templersiedlung Sa-rona entstanden in einem Pferdestall und in ei-nem Schweinestall die ersten Studios.

Wer heute in Israel den Spuren der Pionier-zeit des Kunst- und Kulturlebens folgt, stössthierbei meist auf Einwanderer aus Westeuropa,aus Berlin, Wien oder Prag. Doch Komponistenhatten es schwer. Das jüdische Publikum warkonservativ. Es bestand wenig Interesse an dersogenannten «palästinensischen Musik». EineAusnahme war Mark Lavri, der über Berlin aus

Litauen gekommen war. Ihm gelang es, die M u-siklandschaft richtig zu erfassen nicht klas-sisch, eher populär. Seine Tondichtung «Ha-Emek» («Das Tal») kam beim Publikum an.Arieh Sachs, Gründungsmitglied des Rundfunk-oichesters, erzählt: «Aber wir Berufsmusikersassen da und lächelten und fanden es ziemlichnaiv . . .»

Aus Prag stammt der langjährige Musik-prcgrammdiiektor von Kol Israel, Jehuda Co-hen. Er erinnert sich, dass schon 1933 ein be-deutender Komponist, Paul Ben Chaim, gebo-ren 1897 in Mönchen, ins Land kam. Er wollteseine Existenzmöglichkeiten prüfen, weil es am1. März 1933 zwei Tage nach dem Reichs-tagsbrand anlässlich der Uraufführung seines«Conceito grosso» in Chemnitz zu antisemiti-schen Aeusserungen gekommen war.

Livesendungen aus Einwandererstädten

Mit 650 000 Einwohnern hatte der Staat Is-rael 1948 begonnen. Doch dann strömten indrei Jahren eine Viertelmillion Menschen aussiebzig Ländern in das junge Land. Dies stellteauch Kol Israel vor ganz neue Probleme: Brük-kenschlag zwischen der Ersten und der DrittenWelt. Um die Bevölkerung mit den Problemender Einwandererstädte bekannzumachen, wurdejeden Monat eine grosse Sendung aus so einerjungen Stadt gestaltet. Sie berichtete vom Alltagder Neueinwanderer.

Sozialprobleme, Erziehung zum Bürger desjungen Staates, das war die eine Seite. Aberauch was Musiker, Komponisten, Sänger,

Chöre aus ihren orientalischen Ursprungslän-dern mitbrachten, musste aufgearbeitet werden.Die herausragendste Erscheinung, so erzähltArieh Sachs, war Bracha Zefirah, heute etwasiebzig Jahre alt: ein grosses musikalisches Ta-lent mit einem riesigen Schatz von jüdisch-orientalischer Folklore. Komponisten wie BenChaim, Hanoch Jakob oder Partosch haben sichviele ihrer Melodien vorsingen lassen und ver-sucht, sie niederzuschreiben.

D er Armeesender

Heute das «grösste Heiratsinstitut» Israels,damals der «grösste Schmelztiegel» war die Ar-mee. Man sagte damals: Der ganze Staat ist dieArmee. So wurde Anfang der fünfziger Jahrevon Regierungschef B en Gurion und General-stabschef Yigael Yadin die Gründung eines Ar-meesenders beschlossen: Galeij Zahal die Ar-meewelle.

Plötzlich sah sich Kol Israel einem Konkur-renzsender gegenüber. Es kamen flotte Liederauf wie «Der Jeep» oder «Motti», der Traum-junge aller Mädchen, und «Zippi», das Ideal-mädchen der Soldaten. Es wurde nach jungenTalenten gesucht. Im Militär wurden Unterhal-tergruppen zusammengestellt. Das war auch dieZeit, als Ephraim Weill, heute Programmgestal-ter von Unterhaltungssendungen, seine grössteEntdeckung machte: «Ich hörte von einem Duoin Haifa, das nach Tel Aviv wollte. Ich holte siezum Probesingen. Da kamen so ein Wilder mitwirrem, schwarzem Haar und ein kleines, zartesMädchen ...» Esther Ofarim, damals nochEsther Reichstadt, und ihr späterer Mann AbiEphraim Weill erkannte sofort das Talent desMädchens, nahm es gleich live in sein Pro-gramm «Ohne Ueberschrift» mit dem Lied «SusHaetz» («Das Holzpferd»). Kurz daraufnahmsie schon am Schlagerfestival in Zoppot teil, er-sang sich sofort den zweiten Preis, und so be-gann ihre Weltkarriere.

Bibellesungen

Ein Typikum des Senders, der sich seit Ein-führung des Fernsehens 1967 Schidureij Israel

Israelischer Rundfunk nennt, sind die täg-lichen Bibellesungen mit Kommentaren jedenAbend um zehn Minuten vor acht; die Sende-zeit hat sich nie geändert. Jahrelang sprach im-mer Shlomo Bertonoff. Und die Leute pflegtenzu sagen, weil er so eine sonore Stimme hatte:«Seht, jetzt spricht Gott.»

Kol Israel war von seiner ersten Stunde anein Spiegel der israelischen Gesellschaft. Längsthat der Generationenwechsel, die Wachablö-sung der Väter durch die Söhne, die im LandeGeborenen, stattgefunden. Die Aelteren wirkenteilweise noch an langfristigen Projekten mit.Die Jungen gestalten das Programm.

Ronny Daniel war der Reporter, der amFlugplatz stand, als Präsident Sadat am 19. No-vember 1977 zum erstenmal israelischen Bodenbetrat. Bis dahin war er Aegyptern nur auf demSchlachtfeld begegnet. Ehe er Sadat nicht miteigenen Augen sah, glaubte er immer noch aneinen Bluff. Doch dann hiess es, alle hochwal-lenden Gefühle zu unterdrücken und sachlichzu berichten: «Aber ich war so gepackt, dassmir mein Sprachschatz plötzlich ganz arm vor-kam. Ob es mir damals wirklich gelungen ist,das Ereignis in die richtigen Worte zu fassen,

weiss ich heute noch nicht . . .»Vierzig Stunden Sadat-Besuch in Jeruialen.eine Sternstunde für den Israelischen Rund-

funk. Der ganze Stab war eingesetzt, eine eigene

«Welle für Präsident Sadat» eingerichtet: «GalPatuach le President Sadat». Jeder seinerSchritte wurde verfolgt, berichtet. Eine Stern-stunde für einen Sender, der immer noch keinmodernes Funkhaus beziehen konnte. In Jeru-salem drängen sich Verwaltung, Technik undProgrammacher immer noch in einem altenäthiopischen Kloster zusammen. In Tel Aviv ar-beitet man noch in den Studios cines umgebau-

ten Pferde- und Schweinestalles. Ein Sender, "

der aus allen Nähten platzt.

Neue Zürcher Zeitung vom 20.07.1979