Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim RKI Bundesgesundheitsblatt 2012, 55:1311-1354 20.02.2013 1 Dr. med. Thomas Mertes Dr.med. Peter Kleemann
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Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung
mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen
Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim RKI
Bundesgesundheitsblatt 2012, 55:1311-1354
20.02.2013 1Dr. med. Thomas Mertes Dr.med. Peter Kleemann
• Hintergrund:
Während die Resistenzen bei grampositiven
Infektionserregern in Deutschland in ihrer Häufigkeit eher
abzunehmen scheinen (MRSA) bzw. in Form umschriebener
Ausbrüche auftreten (VRE)
werden immer mehr gramnegative Erreger isoliert, die eine
breite Resistenz gegen Betalactam-Antibiotika (ESBL)
aufweisen.
Der entscheidende Unterschied aber ist, dass es sich bei
MRSA um eine einzige Bakterienart handelt, während ESBL
von einer Vielzahl von Bakterienarten ausgebildet und
speziesübergreifend an andere Bakterienarten weitergegeben
werden kann
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Ursache für die Erweiterung einer Resistenz gegenüber einer
Antibiotikagruppe können unterschiedlichste
Resistenzmechanismen und resistenzvermittelnde Enzyme
sein
z.B. ESBL, AmpC, KPC, NDM oder Metallo-ß-Lactamasen
Daher eignet sich die Abkürzung ESBL nicht, um alle klinisch
und epidemiologisch bedeutsamen multiresistenten
gramnegativen Stäbchen zusammen zu fassen
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• KRINKO hat sich entschlossen, eine eigene Definition der
Multiresistenz bei gramnegativen Stäbchen zu verwenden
• Hauptaugenmerk lag hierbei auf dem Gesichtspunkt der
klinischen Relevanz der Resistenz
• d.h. es wurde die Resistenz gegenüber den Antibiotika
betrachtet, die als primäre bakterizide Therapeutika bei
schweren Infektionen eingesetzt werden
• Acylureidopenicilline Cephalosporine der 3. Generation
• Carbapeneme Fluorchinolone
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• Aufgrund der Vielfältigkeit der möglichen zugrunde liegenden
Resistenzgene und – enzyme wurde auf eine genetische
Klassifizierung zugunsten rein phänotypischer Aspekte
verzichtet.
• Als klinisch relevant wurde insbes. der Verlust von mehr als 2
der genannten Antibiotikagruppen für die Therapie
eingeschätzt
• So werden z.B. ESBL-bildende Enterobacteriaceae, die
sensibel gegenüber Fluorchinolonen und Carbapenemen
sind, nicht als MRGN klassifiziert
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• Klassifizierung multiresistenter gramnegativer Stäbchen auf
Basis ihrer phänotypischen Resistenzeigenschaften
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Leitsubstanz Enterobakterien3MRGN 4MRGN
Pseudomonas aeruginosa3MRGN 4MRGN
Acinetobacter baumannii3MRGN 4MRGN
Piperacillin R R Nur eine der 4
Antibiotika-Klassen wirksam
(sensibel)
R R R
Cefotaxim u.o. Ceftazidim
R R R R R
Imipenem u.o.Meropenem
S R R S R
Ciprofloxacin R R R R R
• Besonderheiten:
• EB oder Acinetobacter können eine Carbapenemen –
Resistenz aufweisen, aber gegen Ciprofloxacin empfindlich
sein.
• Trotzdem empfiehlt es sich infolge der hohen therapeutischen
und epidemiologischen Relevanz, solche Isolate als 4MRGN
einzustufen
• Ausnahme: bei Proteus spp., Morganella morganii und
Providencia spp. kommt eine verminderte Empfindlichkeit
gegenüber Imipenem natürlicherweise vor
• Bsp : Pip R Cefotaxim S Imipenem I Cipro R = kein MRGN
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Escherichia coli
• Weltweit häufigster Erreger von Infektionen des Urogenital-
und Gastrointestinaltraktes
• In den letzten Jahren deutliche Zunahme der Resistenzen
gegen Drittgenerations-Cephalosporine, vorw. bedingt durch
Ausbreitung der ESBL-Stämme (Resistenz gegen 3.GC von
1,2 % im Jahr 2001 auf 19,7% im Jahr 2008 (1)
• Klassische Übertragungsweise insbesondere bei ambulant
erworbenen E.coli-Infektionen ist der fäkal-orale Weg
• Die Verbreitung antibiotikaresistenter E.coli erfolgt im hohen
Maße außerhalb von Heimen und Einrichtungen, die
Patienten stationär oder ambulant betreuen
(1) Meyer et al.: Dramatic increase of third-generation cephalosporin-resistant E.coli in German intensive care units...
Crit Care, 2010. 14(3)
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Escherichia coli
• Haben eine niedrige Reproduktionsrate* im Krankenhaus, die
deutlich < 1 einzuschätzen ist
• Die klinische Manifestationsrate** von ESBL-E. coli beträgt ca.
30%
• Mortalität: die reine Besiedlung mit 3MRGN E.coli ist nach
bisherigen Kenntnissen nicht mit einem ungünstigen klinischen
Verlauf und Behandlungserfolg (Outcome) assoziiert, während
insbes. schwere Infektionen (Sepsis)mit einer erhöhten Mortalität
gegenüber empfindlichen Stämmen verbunden sind.
* die Zahl der mit einem Indexfall in Zusammenhang stehenden sekundären Fälle, unabhängig vom möglichen
Übertragungsweg
** die Zahl der mit einem bestimmten Erreger besiedelten Patienten, die im Verlauf einer stationären Behandlung eine
Infektion mit diesem Keim erleiden
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Escherichia coli
• Reservoire und Übertragungswege:
• Für ESBL-bildende E.coli sind unterschiedliche Reservoire
außerhalb des Krankenhauses beschrieben (Trinkwasser bei
ungenügender Aufbereitung, Lebensmittel,
lebensmittelproduzierende Betriebe, Tierarztpraxen und
Haustiere)
• Kontamination von Oberflächen z.B. in Patientenzimmern
kommt nur eine untergeordnete Rolle zu
(Umgebungsabklatsch-Untersuchungen auch in
Ausbruchssituationen meist negativ)
• Jedoch mehrfacher Nachweis auf den Händen des
medizinischen Personals
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Escherichia coli
• Reservoire und Übertragungswege:
• Die intestinale Kolonisation als Quelle für eine Verbreitung ist
häufig anzunehmen – ausgehend von der Kolonisation kann
es zur Übertragung von Person zu Person kommen
• Die Übertragung von MRGN E.coli erfolgt in erster Linie durch
Kontakt mit Lebensmitteln oder MRGN-Trägern bei
Nichteinhaltung von Basishygienemaßnahmen.
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Escherichia coli
• Risikofaktoren:
• Vorangegangene AB-Therapie als Risikofaktor für die
Besiedlung mit ESBL bildenden E.coli
• Immunsuppression nach Immuntherapie
• Langer Krankenhausaufenthalt
• Fremdkörper (Dauerkatheter)
• Auslandsreisen in Hochendemiegebiete (z.B. Indien;ar 24%)
• 4MRGN E.coli werden derzeit durch Aufenthalte in
Endemiegebieten nach D importiert
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Klebsiella pneumoniae
• Gehört mit einem Anteil von 6,7% zu den fünf häufigsten
Erregern der bakteriellen Sepsis und mit 10,1% zu den
häufigsten bakteriellen Erregern der nosokomial erworbenen
Pneumonie
• Auf den am SARI-Surveillance – Programm beteiligten ICU
stieg die Anzahl der 3.GC-Resistenzen von 2,2% (2000) auf
16,8% (2010)
• Erreger können unterschiedliche Carbapenemasen besitzen
wie OXA-48, KPC oder Metallo-Betalactamasen vom Typ VIM
oder NDM
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Klebsiella pneumoniae
• Die Verbreitung von 3MRGN ist in lokalen Ausbrüchen in
der Regel klonal; es ist jedoch unklar, ob eine
überregionale Verbreitung von 3MRGN K.pneumoniae,
die mit Einrichtungen der stationären oder ambulanten
Patientenversorgung assoziiert ist, erfolgt
• Das Auftreten von 4MRGN K.pneumoniae-Isolaten ist
derzeit in Europa noch kein Problem der ambulanten
Versorgung, sondern manifestiert sich nahezu
ausschließlich in Krankenhäusern. Die Verbreitung
erfolgt hauptsächlich klonal.
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Klebsiella pneumoniae
• Haben eine niedrige Reproduktionsrate* im Krankenhaus, die bei
ca. 0.05 (2 Übertragungen bei 40 Indexpatienten) liegt
• Die klinische Manifestationsrate** von ESBL-K. pneumoniae kann
bis zu 40% betragen
• Mortalität: Infektionen durch K. pneumoniae mit 4MRGN –
Phänotyp haben einen ungünstigeren klinischen Verlauf und
einen schlechteren Behandlungserfolg als 3MRGN- Stämme
* die Zahl der mit einem Indexfall in Zusammenhang stehenden sekundären Fälle, unabhängig vom möglichen
Übertragungsweg
** die Zahl der mit einem bestimmten Erreger besiedelten Patienten, die im Verlauf einer stationären Behandlung eine
Infektion mit diesem Keim erleiden
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Klebsiella pneumoniae
• Reservoire und Übertragungswege:
• Das natürliche Reservoir ist die menschliche Darmflora
• Klebsiellen werden in der Mehrzahl der Fälle direkt oder
indirekt von Person zu Person übertragen
• Bei Häufung von Infektionen muss auch an eine Quelle aus
der unbelebten Umgebung gedacht werden, wobei Klebsiellen
eher feuchte Habitate bevorzugen
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Klebsiella pneumoniae
• Risikofaktoren:
• Vorangegangene AB-Therapie als Risikofaktor für die Besiedlung
mit ESBL bildenden K. pneumoniae
• Neugeborene sind eine der am häufigsten von 3MRGN-
Klebsiellen betroffenen Populationen
• Aufenthalt auf der Intensivstation
• Langer Krankenhausaufenthalt
• Pflege in Heimen, Hämodialyse
• Chirurgische Eingriffe
• 4MRGN K.pneumoniae werden aus dem Ausland nach D
importiert
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Enterobacter spp.
• Sind in D für 6,5% aller nosokomialen Infektionen auf ICU
verantwortlich
• Sie verursachen Pneumonien, Septikämien, Wund- und
Harnwegsinfektionen und bei Neugeborenen Meningitiden
• Resistenz gegenüber 3.GC beruht auf einer Überexpression
einer bei Enterobacter spp. natürlicherweise vorkommenden
AmpC-Betalactamase oder auf ESBL
• Carbapenem-Resistenz bedingt durch Kombination aus ESBL
oder AmpC-Betalactamase zusammen mit einem Porinverlust
oder durch Carbapenemasen
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Enterobacter spp.
• Bisherige Erkenntnisse sprechen für vorw. endogene Infektionen
mit individuellen Stämmen des E.cloacae-Komplexes und einem
nicht mit dem Krankenhaus assoziierten Verbreitungsweg.
• Im Rahmen von Ausbrüchen kann die Ausbreitung jedoch klonal
erfolgen, d.h. eine Weiterverbreitung ist bei Lücken im
Hygieneregime möglich
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Enterobacter spp.
• Eine Übertragung von besiedelten oder infizierten Patienten kann
stattfinden, kommt aber eher selten vor (Reproduktionsrate <1)
• Der Anteil übertragener Stämme liegt mit Abstand am höchsten
bei pädiatrischen ICU und auf pädiatrischen Allgemeinstationen
immer noch deutlich höher als auf Erwachsenen-ICUs
• Die klinische Manifestationsrate von MRGN-Enterobacter dürfte
zwischen 10 – 25% betragen
• Mortalität: für Infektionen durch Enterobacter mit 3MRGN –
Phänotyp ist eine erhöhte Mortalität nicht sicher nachweisbar;
4 MRGN-Phänotypen haben einen ungünstigeren klinischen
Verlauf und einen schlechteren Behandlungserfolg als 3MRGN-
Stämme
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