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How do Social Robots become Social? – Coping with the Complexity of Social Situations Andreas Bischof
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How do Social Robots become Social?

Jul 04, 2015

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Engineering

Andreas Bischof

How do Social Robots become Social - Die Technisierung des Sozialen
Andreas Bischof

Roboter können die physische Welt manipulieren und tragen damit auch das Versprechen in sich, Tätigkeiten und Lebensbereiche zu automatisieren, die der Computerisierung bislang verschlossen waren. Mit diesem (bislang antizipierten) Schritt über die Grenzen der Werkhallen und Forschungslabore hinaus geht eine Neuorientierung der Robotikforschung einher.

Zur komplexen, zeit- und kostenintensiven Aufgabe solche Maschinen überhaupt zu Konstruieren und zum Funktionieren zu bringen, tritt die Herausforderung, Wissen über soziale Welt, und Methoden ihrer habhaft zu werden, in die Forschung zu integrieren. Für die wissenschaftliche Kultur der damit befassten Forschungsfelder Human Robot-Interaction (HRI) und Sozialrobotik bedeutete das einen radikalen Wandel. Etablierte Methoden und Theorien stießen an Ihre Grenzen. Neue Formen von heterogenen Kooperationen entstanden und müssen weiterhin ausgehandelt werden. Im ohnehin interdisziplinären Feld Robotik wurden neue Abgrenzungen und Bezugnahmen etabliert. Besonders Wissensbestände aus der Entwicklungs- und Kognitionspsychologie haben diese Entwicklung prominent vorangetrieben (Breazeal 2003, Scassellati 2000).

Der Vortrag rekonstruiert (basierend auf Experteninterviews, teilnehmenden Beobachtungen und Auswertung von Forschungsliteratur aus dem Feld) die Dimension dieses Wandels und zeigt seine Implikationen. Das geschieht zum einen im Hinblick auf die Frage, was "sozial" in der Sozialrobotik eigentlich heißt. Desweiteren werden drei Strategien gezeigt, die der Herstellung wissenschaftlicher Tatsachen in der Sozialrobotik dienen. Schließlich wird der aktuelle Stand der Funktionstüchtigkeit „sozial" (agierender) Maschinen diskutiert.
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How do Social Robots become Social? – Coping with the Complexity of Social Situations

!Andreas Bischof

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

Anekdote: Unfreiwillig erfolgreich

„a robot cutting line“ (Sabanovic 2007) AAAI 2003 „grand challenge“ ! GRACE als Konferenzbesucher

25.06.2014

Nakauchi / SimmonsSabanovic 2007

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Was bedarf es alles, um einen Roboter sozial adäquat agieren zu lassen? !Mehr als Verhaltensmodellierung! - Spezifischer Kontext - Konkrete (kontingente) Interaktion - Erwartung, die gebrochen wird - Zuschreibung durch Zuschauer

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

Was bedarf es alles, um einen Roboter sozial adäquat agieren zu lassen? !Mehr als Verhaltensmodellierung! - Spezifischer Kontext - Konkrete (kontingente) Interaktion - Erwartung, die gebrochen wird - Zuschreibung durch Zuschauer

25.06.2014

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

Inhalt

1. Vorstellung und Herleitung 2. Herausforderung: Mit Komplexität umgehen 3. Praktiken der Sozialrobotik

a. Sozialität Laboratisieren b. Erwartungen schaffen & brechen

4. Ausblick: Rollen für Kommunikations- und Medienwissenschaftler in diesem Feld

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1. Einleitung

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Leerstellen: - Empirie zu Hardware in der

Entwicklung - Theorie zu den vielseitigen

Vermittlungsprozessen der Technikgenese (besonders Handlungstheorie & Hermeneutik)

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1. Einleitung - Vorstellung

Dissertationsprojekt: Was macht soziale Roboter sozial? !

▪ Feldforschung in Robotiklaboratorien (EU & USA): teilnehmende Beobachtungen, Experteninterviews

▪ multi-sited ethnography, 7 labs, Konferenzen, Tagungen, Literatur, Freizeit

▪ Stand: Sample gesättigt, detaillierte Auswertung läuft

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1. Einleitung – Trajektorie

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Scan: Colleen A. Bryant / flickr

Roboter als Idee: - älter als jede

technische Realisierung [Antike]

- „moderner“ Roboter als literarische und filmische Reaktion auf Technisierung des Alltags

Photo: Mixabest - Trabajo propio

Roboter in der Realität: - Produktion übernommen - Mensch als a) Benchmark b)

Störfaktor oder c) Sicherheitsrisiko [Robert Williams]

- wissenschaftlich als Verunreinigung bzw. als abstrakte Größe

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1. Einleitung - Trajektorie

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Photo: Thrun / Nourbahksh

Momentum Shift: - 1997 AAAI

Robotics Challenge „Hors d‘Ouvre Anyone?“

- 1998 SAGE, „soziales“ Interface

- „soziale“ Interaktion als Gelingens-bedingung

National Robotics Initiative: - US-Forschungsprogramm seit 2011;

50 bis 70 Millionen $ / Jahr - co-robots “robots that

cooperatively work with people”; “understanding of the long term social, behavioral and economic implications of co-robots”

- vgl. Programme EU & Japan

Graphic: ArmedRobots

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2. „So tun als ob“ - Sozialrobotik

„So tun als ob“ – Die Maschinen selbst sind nicht intelligent oder sozial fähig

!Herausforderung = Komplexität sozialer Situationen: • Gleichzeitigkeit • Mehrdeutigkeit • Unabgeschlossenheit • Indexikalität • Medium Sinn

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2. „So tun als ob“ - Sozialrobotik

Verhaltensmodellierung: technische Trivialisierung nicht-trivialer Vorgänge (= Komplexitätsreduktion) !

▪ H. v. Foerster (1993): trivial / nicht-trivial

▪ Beobachterstandpunkt:Input – Mechanismus – Output

▪ (fast) alle Robotiksoftware ist trivial

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H. v. Foerster „Wissen und Gewissen“, S. 357.

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

2. „So tun als ob“ - Sozialrobotik

▪ Algorithmen der Sozialrobotik ▪ Probalistik: Markov-Ketten, Bayes‘sche Netze, machine learning techniques !!!!▪ Was ist die Basis dieser Berechnungen? ▪ Formalisierung von Daten (Semantisierung) ▪ Woran lernt das Modell? ▪ „Abstimmung“ des Algorithmus (Parameter)

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Graphic: Joxemai4: Markovkate

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2. „So tun als ob“ - Sozialrobotik

coping-Strategien? ▪ Komplexität als Herausforderung jedes

Entwurfsprozesses a) wie Alltagsmensch auch (Schütz: Handlungstheorie) b) Herstellung eines Artefakts erfordert und ermöglicht

Komplexitätsreduktion (suspension) und Komplexitätserweiterung (ambition) gleichermaßen

!▪ empirisch wenden: Wie läuft das in der

Sozialrobotik?

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

2. Herausforderung Komplexität

Exp_m_L: „it was driving around and it did have to deal with humans aah trying to interfere with it actually // I: hmh // that's the exciting part right? so it defintely had to engage social strategy as a practical measure“

!• „sozial“ als Prozessionslogik (Stragie),

die sich von der maschinellen unterscheidet

• „practical measure“ – erfolgreiche Interaktion an Effizienz gemessen (muss gesetzt werden, da unterbestimmt)

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!J. Schulte, C. Rosenberg, and S. Thrun

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3. Praktiken der Sozialrobotik

„epistemische Kultur des Feldes“ (Knorr-Cetina 2002) — Wie wird wahres wissenschaftliches Wissen erzeugt? !Das Labor als Ort der - Erschaffung von Forschungsgenständen und

messbaren Effekte - sauberen Trennung von innen und außen

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3. Praktiken der Sozialrobotik

Besonderheit Robotik: Anforderungen der Plattform „Ringlabor“ / workshop !!!

• „it takes a village to construct a robot“ (Sabanovic 2007), interdisziplinär, Zeit- & Kostenintensiv

• Folgen u.a. technische Kompromisse, Chancen-Opportunismus, eigentlich keine Zeit für extensive Sozialforschung

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robotics Lab

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3. Praktiken der Sozialrobotik

Aufzeichnunsgeräte & Messbares

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• Kameras • motion capturing • Mikrofone • Sensorik des Roboters • automatisches Protokoll • Beobachtungen !!!

• Gesichter (FACS) • Körperliche Interaktion (Kamera) • (kognitive) Einstellungen (Fragebogen) • Positionen im Raum !

!

B. Heenan: Social Greeting

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3. Praktiken der Sozialrobotik

!▪ dominierende Rolle standardisierter empirischer

Sozialforschung — „study to build or build to study?“

▪ etablierte Reviewkriterien als Kit des heterogenen Feldes

▪ Laboratisierung als Legitimierung der eigenen Forschung

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3. Praktiken der SozialrobotikRückseite ▪ Adaption psychologischer

Konzepte („Die Konzepte sind so abstrakt!“)

▪ i.d.R. kein methodologisch abgesicherter Rahmen für Exploration; unsichtbares Trial and Error

▪ Implizite Ethnographie: Forscher fährt zwei Tage Fahrstuhl

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

3. Praktiken der Sozialrobotik

Expertise

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Bildende Kunst

Bühnenbild

Regie / Autor

Zim

mer

man

n Architekt

Altenpflegerin

Entwicklungspsychologe

Pädagoge

Ling

uist

Beobachtungen: - hoher Anteil

Forscher_innen mit inkorporierter Expertise in angewandten Bereichen

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3. Praktiken der Sozialrobotik

!▪ “interactional expertise and

embodiment” (Collins & Evans 2008) anstatt externalisierbarem Expertenwissen, “what we know but cannot tell” (Polanyi 1962)

▪ neue Praktiken als epistemische Mittel (Knorr-Cetina 1988): Alltagsbeobachtungen, Empathie, inkorporiertes Wissen, Diskussionen

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

3. Praktiken der SozialrobotikDer Illusionist !

„Nach wenigen Türen bittet mich Prof. Dresche in ein Büro auf der rechten Seite. Er öffnet die Tür, bleibt aber in der Tür stehen, so als ob ich den Raum als erstes betreten soll. […] Ich ahne, dass in diesem Zimmer der Roboter sitzt. Dennoch fühle ich mich überrascht und unwohl, als ich den Roboter hinter dem Schreibtisch sehe, was ich unweigerlich auch mit einer zögernd-abwehrenden Körperhaltung und dem Ausruf „Ooooh“ zeige. Es ist merkwürdig, dem Roboter gegenüber zu sein. Der Roboter ist Prof. Dresche auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnlich. Irritierend finde ich, dass er sich in einem Modus befindet, in dem er eher unmotiviert seinen Kopf immer wieder kreisend bewegt und blinzelt. […] Außerdem zeigt der Roboter keinerlei Reaktion auf unseren Eintritt ins Büro, er lief offenbar bereits in diesem Modus bevor wir eintraten. […] Prof. Dresche stellt – und später setzt – sich so, dass er immer den Roboter und mich gleichzeitig sehen kann. Ich befinde mich sozusagen sowohl in der Blickachse des Roboters als auch der des Professors.“

(Beobachtungsprotokoll, November 2013)

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3. Praktiken der Sozialrobotik

Erwartungen an die soziale Roboter !!!!!

▪ Diskursive und praktische Mystifizierung ▪ eigene Untersuchungsgegenstände schaffen?

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Wizard of Oz unangekündigte Vorführung getimtes Puppeteering

Erwartungen erfüllen

Erwartungen irritieren

Erwartungen erzeugen

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3. Praktiken der Sozialrobotik!“You totally cheated! You’re not allowed to cheat. You’re the robot.” “Our results point towards a greater attribution of mental state to a cheating robot than one that behaves entirely as expected” (Short, et. al. 2010)

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Nico

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3. Praktiken der Sozialrobotik

Wrap up !

▪ Inszenierung: Kontingenzen wieder sichtbar machen und aktiv herstellen

▪ Kalkulieren und Erzeugen menschlicher Erwartungen, Forscher werden selbst Teil der Interaktion

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

5. Ausblick

▪ als Beobachter ▪ mediale und kommunikative Praktiken an solchen

Schnittstellen untersuchen !

▪ als Kollaborateur ▪ Methodenwissen einbringen ▪ praktisches Wissen aus angewandten Bereichen einbringen !

▪ als aufgeklärter Mensch ▪ hingehen, verstehen ▪ Reflexion einfordern / beisteuern

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A. Bischof – How do Social Robots become Social?

ReferencesH. Collins & R. Evans: Rethinking Expertise. Chiacoge: University of Chicago Press. 2008 H. v. Foerster: Wissen und Gewissen: Versuch einer Brücke. 7. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1993. K. Knorr-Cetina: Das naturwissenschaftliche Labor als Ort der "Verdichtung" von Gesellschaft. in: Zeitschrift für Soziologie, 17, 2, 1988, S. 85-101 K. Knorr-Cetina: Wissenskulturen. Ein Vergleich naturwissenschaftlicher Wissensformen, Frankfurt am Main 2002 M. Polanyi: Tacit Knowing: Its Bearing on Some Problems of Philosophy. Reviews of Modern Physics, 34 (4) Oct. 1962, 601-616 [HTML] S. Sabanovic: Imagine all the robots: Developing a critical practice of cultural and disciplinary traversals in social robotics. PhD Thesis. Rensselaer Polytechnic Institute. 2007. E. Short, J. Hart, M. Vu, and B. Scassellati. No Fair!! An Interaction with a Cheating Robot. In Proceedings of the 5th ACM/IEEE International Conference on Human-Robot Interaction (HRI 2010). Osaka, Japan, March 2010. [PDF]

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