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4. Internationale Holzbrückentage IHB 2016
Holz-Beton-Verbund im Knotensystem von Rundholzbrücken | W.
Becker, K.-U. Schober
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Holz-Beton-Verbund im Knotensystem von Rundholzbrücken
Prof. Dr. techn. Wieland Becker
Lehr- und Forschungsgebiet Holz
Hochschule Trier
Trier, Deutschland
Prof. Dr.-Ing. Kay-Uwe Schober
Institute of Innovative Structures (iS-mainz) Ingenieurholzbau
und Baukonstruktion
Mainz, Deutschland
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Holz-Beton-Verbund im Knotensystem von Rundholzbrücken
1. Zusammenfassung
Am Beispiel einer kleinen Rad- und Fußwegbrücke
(EFRE-Förderprojekt 105-63 230/2013-9,
81048644 Rundholz-Tragwerk-System) mit einer Bogenspannweite von
13 m wird die
Entwicklung von kraftflußoptimierten Gussformteilen aus
Polymerbeton vorgestellt. Ähnlich
wie die bereits im Stahlbau seit längerem verwendeten
kraftübertragenden Verbindungs-
knoten aus Stahlguß, lassen sich Gussformteile zur Kopplung,
insbesondere bei druck- und
zugbeanspruchten Stabkonstruktionen mit komplexer Geometrie,
kostengünstig herstellen.
Die Generierung und Herstellung der Urform erfolgt mit üblichen
CAD-CAM-Programmen
und entsprechenden Produktionswerkzeugen (Mehrachsfräse,
3D-Printer). Das im Maschi-
nenbau seit über 30 Jahren verwendete Gussmaterial zur
Herstellung von Werkzeugmaschi-
nen besitzt ein universelles Anwendungspotential für das gesamte
Bauwesen, insbesondere
bei der Realisierung generisch entwickelter Tragwerksstrukturen
des Holzbaus.
2. Motivation und Ziel der Entwicklung
Rundholz als Baumaterial findet seit dem 2. Weltkrieg lediglich
in untergeordneten bauli-
chen Aufgabenbereichen Anwendung. Dieses ist einerseits darauf
zurückzuführen, dass
sein Trocknungsverhalten zu unkontrollierter Rissbildung führt
und seine mechanischen
Qualitäten bislang schwer oder aufwendig detektierbar sind.
Weiterhin spielen ingenieurwissenschaftliche Aspekte im Bereich
der Fügetechnologie eine
wesentliche Rolle. «Rund auf Rund»-Anschlüsse sind
produktionsbedingt schwer zu ferti-
gen. Zumeist wird auf handwerkliche Lösungen mit eingeschlitzten
Stahlblechen oder
Schweißformteilen, sowie Stabdübel oder Bolzenverbindungen
zurückgegriffen. Diese Ver-
bindungen besitzen großen "Schlupf" und sind aufgrund ihrer
Herstellung als einfaches
Schweißformteil wenig leistungsfähig. Gerade bei komplexen oder
mehrachsigen Geomet-
rien stoßen diese Stahlblechverbindungen schnell an ihre
Grenzen.
Die in Abb. 1 dargestellte Anschlußlösung zeigt einem
außenliegenden Blechverbinder des
Systems «Weihenstephan». Diese Lösung ist weder optisch noch
statisch besonders leis-
tungsfähig. Der in Abb. 2 gezeigte Fachwerkanschluß besitzt
aufgrund unterschiedlicher
Kraft-Faser Winkel im Kontaktbereich des Untergurtes eine
Fügung, welche nicht in einer
exakten Berechnung, sondern bestenfalls überschlägig darstellbar
ist.
Abbildung 1: Anschluß-System Weihenstephan [A.1]
Abbildung 2: Zug-Druckanschluss Fachwerk [A.2]
Rundholz kann als naturgetrockneter und lediglich zylindrisch
abgedrehter Stabquer-
schnitt als hervorragendes Baumaterial mit einer wesentlich
günstigeren Primärenergie-
zahl als industriell getrocknetes Schnittholz bezeichnet werden.
Darüber hinaus ist
bekannt, dass gerade die juvenilen Außenbereiche von
Nadelschnittholz über wesentlich
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höhere Festigkeitseigenschaften als die marknahen
Querschnittsbereiche verfügen. In
ausführlichen Studien haben z.B. Teischinger et. al. [1]
dargestellt, wie sich Druck- und
Zugfestigkeiten über den Stammquerschnitt von Nadelholz
verteilen (Abb. 3).
Die in DIN 1052:2003 ermöglichte Erhöhung der Festigkeiten von
Rundholzquerschnitten
unter bestimmten Beanspruchungen ist in DIN EN 1995-1-1
entfallen, wobei hierbei eher
wirtschaftliche als holztechnogisch-ingenieurwissenschaftliche
Aspekte eine Rolle gespielt
haben dürften.
Abbildung 3: Verlauf der Druckfestigkeit an kleinen fehlerfreien
Proben über den Stamm [1]
Die nachfolgend vorgestellten Möglichkeiten zur Planung und
CAD/CAM-gestützen Ferti-
gung von kraftflußoptimierten Gußformteilen aus Polymerbeton
sowie dazugehöriger
Anschlußdetails, erlauben eine zeitgemäße Bauweise mit
Rundholzquerschnitten, welche
gerade im Bereich komplexer Knotenlösungen numerisch erfassbar
wird. Dabei wird im
Rahmen einer komplexen Tragwerksbetrachtung eine führende
Beanspruchung der Kno-
ten auf Druck-, Zug-, oder Scherkräfte verfolgt.
3. EFRE-Projekt Rundholz-Tragwerk-System
3.1. Auswahl des Holzes und Vorstudien
Wirtschaftliches Ziel war die Nutzung der in einem regional
ansässigem Zimmerei- und
Holzbauunternehmen aus der Eifel (D) genutzten Querschnitte.
Dort werden zylindrisch
abgedrehte Douglasienstämme mit Durchmessern von 12 cm, 16 cm
und 20 cm verwen-
det. Douglasienholz besitzt aufgrund seiner Schnellwüchsigkeit
und daraus hervorgehen-
der größerer Jahrringe eine etwas reduzierte Festigkeit (ca.
80-90% gegenüber anderen
Nadelholzarten). Aufgrund der vorgenommenen Sichtsortierung
wurde im Projekt die Sor-
tierklasse S10 nach DIN 4074-1:2012-06 [2], sowie die
Festigkeitsklasse C24 nach
DIN EN 338 [4] angenommen. Von Seiten des Forschungspartners
Hochschule Trier wurde
empfohlen, alle Querschnitte mit kreuzförmig angebrachten, 1 cm
tiefen Entlastungsnuten
zu versehen. Damit wird die eine unkontrollierte Rissbildung der
naturgetrockneten Quer-
schnitte verhindert.
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Es wurden zunächst Vorstudien zu einer Fußgängerbrücke aus
Rundholzquerschnitten in
Kombination mit einem Brückendeck aus wasserundurchlässigem
Stahlbeton nach Abb. 4
entwickelt. Das Brückendeck schützt die Holzkonstruktion vor
Niederschlägen, sodass
diese gemäß Nutzungsklasse 2 nach DIN EN 1995-1-1, bzw.
Gebrauchsklasse 2 nach DIN
68800 [4] ausgeführt werden kann. Dieses Konzept wird für die
weitere Entwicklung bei-
behalten. Das statische Konzept eines Dreigurtbinders aus
geraden Querschnitten wurde
jedoch nicht weiterverfolgt, da die aufnehmbare Zugkraft des
Untergurtes aus 20 cm
Douglasienholz für eine Brückenspannweite von 13 m nicht
ausreichend ist (Rd < Ed).
Abbildung 4: Dreigurtbinder mit zugbeanspruchtem Untergurt
3.2. Statische Voruntersuchungen und Tragkonzept
Der Entwurf des Brückentragwerkes für eine freie Spannweite von
13 m wurde als bogen-
förmiger Dreigurtbinder nach Abb. 5 entwickelt. Durch die
geometrische Ausbildung wird
der Untergurt als druckbeanspruchter Rundholzquerschnitt
aktiviert. Die Bogenspann-
weite wird entsprechend der maximal aufnehmbaren Festigkeit aus
dem möglichen Sorti-
mentsquerschnitt von d = 20 cm gewählt. Die aufnehmbare
Druckkraft des Bogens am
Auflagerpunkt betrug dabei 354 kN.
Abbildung 5: Dreigurtbinder als Komplettmontage
In mehreren Schritten wurde das statische System auf
verschiedene Aspekte untersucht.
Dabei wurden die Einwirkungen auf Brücken [5] für den Standort
Bitburg zugrunde gelegt.
Die Untersuchung umfasste verschiedene Varianten des 3-D
Fachwerkes, sowie Varianten
zu den Auflagerbedingungen (eingespannte und verschiebliche
Lagerung). Unter Berück-
sichtigung des Gesamtsystems sowie der gewählten
Stabquerschnitte (d = 20 cm), fällt
die Entscheidung zugunsten eines Tragwerkes mit einem flachen,
gelenkig gelagerten
Druckbogen. Das gesamte System kann als statisch geschlossenes
System betrachtet
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werden, welches im Wesentlichen Druckkräfte auf die Auflager
ableitet. Diese werden je-
doch erst unter Belastung aktiviert. Im unbelasteten Zustand
bleibt der Untergurt unbe-
ansprucht.
Die Brücke wurde mit ihrer gesamten Spannweite von zunächst
komplett vormontiert
(Abb. 5). Nach Lieferung auf die Baustelle wurde das
vorgefertigte Segment des Unter-
baus auf das Fundament aufgesetzt und der Untergurt mit einer
innenliegenden Spannlitze
leicht gespannt.
4. Knoten für mehrachsige Stabverbindungen
4.1. Herstellungsverfahren
Die Modellierung des komplexen Kotenpunktes mit sechs
Anschlussflächen erfolgt mit dem
Freiformmodellierer Rhinoceros 3D. Die in diesem Programm
erzeugten Daten können
direkt zur Umsetzung des Urmodells in einem CAM-Fräsprozess
benutzt werden. Hierzu
wird mit einer 5-Achs-Portalfräse in einem mehrstufigen
Fräsprozess die gewünschte Form
aus einem speziellen Modellbauschaum hergestellt.
Bereits in dieser Phase werden Gewindemuffen in die Gussform
integriert, sodass eine
genaue Position dieser Teile bei der Herstellung der Gussteile
vorhanden ist. Die gefräste
Geometrie dient als Urform für den endgültigen Knotenpunkt aus
Polymerbeton. Sie wird
mit einer Stützschalung abgeformt. Nach Herstellung der
zweiteiligen Negativform werden
die Einbauteile positioniert und verankert. In die so
vorbereitete Form kann nun der Poly-
merbeton eingegossen und nach 24 Stunden Aushärtezeit
ausgeschalt werden. Abb. 6
zeigt den Knoten des Untergurtes mit jeweils vier
Fachwerkdiagonalen, sowie die Verbin-
dung des Gesamtsystems mit Hilfe durchgesteckter und
verschraubter Gewindestäbe.
Ebenfalls sichtbar ist die im Druckgurt verlaufende Verspannung
aus BSt 500S, sowie die
vorgesehenen Elastomerscheiben zwischen Holz und
Polymerbetonknoten.
Abbildung 6: Knoten für 6 Stabanschlüsse mit Funktionsschema
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4.2 Experimentelle Untersuchungen der Knoten
Der zur Herstellung der Knoten verwendete Polymerbeton ist ein
Reaktionsharzbeton, der
als eine 2k-Ausgießmasse auf Epoxidharzbasis mit einer
speziellen Füllstoffkombination
auf quarzitischer Basis hergestellt wird. Als ökologisch
besonderer Vorteil des Materials
kann gelten, dass der Gesteinsanteil aus natürlichen Gesteinen
bei ca. 93% des Raumvo-
lumens liegt. Durch den geringen Anteil an Epoxidharzen ist eine
einfache Handhabung
der 30 kg Gebinde ohne besondere Schutzvorkehrungen und
Nachverdichtungsprozesse
möglich.
Die bisherigen Anwendungen des Maschinenbaus liegen in der
Herstellung von Maschi-
nengestellen sowie für schwingungsbelastete Baugruppen Motoren,
Getriebe, Turbinen,
Zentrifugen, Versuchs- und Prüfstände etc. zur Erhöhung der
statischen und dynamischen
Steifigkeit dieser Konstruktionen. Die Festigkeiten, sowie
weitere Materialeigenschaften
sind in Tabelle 1 dargestellt.
Tabelle 1: Materialkennwerte des Polymerbetons EPUMENT 140/5
Kenndaten Einheit Wert
Rohdichte g/cm3 2,3
Druckfestigkeit fc,u N/mm2 150
Biegezugfestigkeit fm,u N/mm2 40
Druck E-Modul N/mm2 32.000
Logarithmisches Dekrement 0,035
Therm. Ausdehnungskoeffizient 10-6 K-1 19
Mindestbauteilstärke mm 25
max. Korngröße mm 5
Brandwiderstand (äquivalent) B1
Da es sich bei einigen angegebenen Kennwerten um Bruch-, bzw.
Versagensfestigkeiten
handelt, wurden die erforderlichen Bemessungswerte aufgrund der
Druckfestigkeit fc,u
mit einem Sicherheitsbeiwert von M = 2,0 festgelegt. Als
eingegossene Bewehrungsan-
schlüsse (Schraubmuffen) wurden bauaufsichtlich zugelassene
Systemkoppler der Beweh-
rungstechnologie verwendet [6], [7].
Eine wesentliche Rolle im statischen System der Brücke spielen
die auftretenden Zug-
kräfte in den Fachwerkdiagonalen. Dabei kommt den Umlenkkräften,
bedingt durch den
Lastwechsel aus Druck und Zug in den Knoten des Untergurtes
besondere Bedeutung
zu. Die durchgeführten Auszugsversuche an eingegossenen
Stabkopplern [8] geben
Aufschluss über das Last-Verformungsverhalten der eingegossenen
Kopplungen, sowie
deren Versagensbild.
In Auszugsversuchen von KRANZ [8] wurden Muffenstäbe (Muffe
SM12A) mit einem
Innengewinde M16 in Prüfkörper aus EPUMENT (Polymerbetonzylinder
d = 120 mm)
eingegossen. Die Gesamtlänge der Muffenstäbe betrug 135 mm.
Anschließend wurden
Auszugsversuche mit in die Muffenstäbe eingeschraubten
Gewindestangen (M16-4.8)
an fünf Prüfkörpern durchgeführt. Bei allen fünf Probekörpern
stellte sich die gleiche
Versagensart in einem ähnlichen Belastungsbereich von ca. 100
bis 110 kN ein. Es er-
folgte hierbei ein Riss der einbetonierten Muffe im oberen Teil.
Nach dem Aufstemmen
des Probekörpers (Abb. 7) war zu erkennen, dass der verbliebene
Teil immer noch fest
im Mineralguss verankert war.
Die rechnerisch aufnehmbare Kraft der Gewindestange ergibt sich
bei einer Streck-
grenze von 320 N/mm² und einer Querschnittsfläche von 128 mm²
zu
,
320128 37,2 kN
1,1t d
R .
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Die in den Versuchen ermittelte, mehr als doppelte
Überschreitung dieses Wertes und
der ungerissene Versuchskörper zeigen, dass der Polymerbeton
deutlich höhere Zug-
spannungen als Normalbeton aufnehmen kann und die Verbundfuge
zwischen Muffe und
Beton keine Schwachstelle darstellt.
Abbildung 7: Anordnung der Gewindemuffe im Prüfkörper und
nachträglich geöffneter Prüfkörper
Abb. 8 zeigt das ermittelte Kraft-Weg-Diagramm der
durchgeführten Auszugsversuche,
wobei davon ausgegangen werden kann, dass die auftretende große
Wegdehnung im
schwach dimensionierten GEWI-Stab auftritt.
Für die Ausführung der Brücke wurde die maximale Zugkraft der
Diagonalstreben vom
Tragwerksplaner mit Fd = 52 kN ermittelt. Der Bemessungswert der
verwendeten Muffe
wird mit 49 kN angegeben. Eine Überschreitung von 6% im Falle
einer max. Belastung
der Brücke von 5 kN/m² ist nach den durchgeführten
Auszugsversuchen als unkritisch zu
bewerten. Als diagonaler Zugstab der Brücke wurde vom
Tragwerksplaner schließlich eine
GEWI-Stange M16-8.8 vorgesehen.
Abbildung 8: Kraft-Weg Diagramm der Auszugsversuche von
eingegossenen Muffen aus Polymerbetonknoten
4.3 Numerische Untersuchungen der Knoten
Zur Beschreibung des Materialverhaltens von Polmerbetonknoten
und -anschlüssen
mit/ohne Verbund zum Holz sowie zu mechanischen
Verbindungsmitteln wurden in den
letzten Jahren verschiedene experimentelle Untersuchungen in
Form von Druck-, Zug-,
Auszugs- und Verbundfestigkeitsversuchen durchgeführt und
entsprechende numerische
Modelle kalibriert [9], [10], [11]. Die dabei gewonnenen
Erkenntnisse bezüglich Bruch-
und Entfestigkeitsverhalten konnten somit für die Modellierung
der Formgussknoten der
Brücke eingesetzt werden.
Zunächst erfolgte eine Geometriemodellierung mit Rhino 3D mit
anschließender Über-
gabe der Geometriedaten an die FE-Software ANSYS Rev. 17 zur
Strukturoptimierung
und Berechnung mit den Materialdaten des Herstellers sowie den
ermittelten Einwirkungen
aus der statischen Berechnung des Gesamtsystems (Abb. 9). Die
Knoten des Untergurtes
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wurden dabei zunächst mit einer geeigneten Netzgeometrie (Abb.
10 links) versehen und
Öffnungen sowie Anschlussflächen mit der vorangegangenen
Geometriemodellierung
abgeglichen. Die Modellierung erfolgte als quasihomogener,
multilinear-isotroper Form-
körper mit einem Versagensmodell für spröde Werkstoffe in
Anlehnung an triaxiales Ver-
sagen von Beton. Durch die asymmetrische Beanspruchung der
beiden Hauptflächen in
Längsrichtung der Brücke kommt es insbesondere im Inneren des
Formknotens an den
Anschlussstellen zu den Diagonalen zu lokalen Spannungsspitzen,
welche für die maximale
Beanspruchung an den auflagernahen Knoten zu ca. 14 N/mm²
ermittelt wurden (Abb. 10
rechts), was ca. 35% der charakteristischen Biegezugfestigkeit
des verwendeten Materials
entspricht.
Die äußere Oberfläche bleibt dabei fast spannungsfrei. Der
Spannungsverlauf im Inneren
ist über die Elementgrenzen hinweg als glatt zu bezeichnen. Die
adaptive Vernetzung er-
laubt somit netzunabhängige Berechnungsergebnisse
Weitere Untersuchungen erfolgten zum Einfluss der Vorspannung,
welche zur Verbesse-
rung des Montageablaufs (Abb. 5) aufgebracht wurde. Hier kommt
es zu lokalen Span-
nungsspitzen im Bereich der Lasteinleitung, welche aber vom
Material gut ertragen
werden (Abb. 11).
Abbildung 9: Verlauf der Lastvektoren (links) und Verformung,
max = 0,07 mm (rechts)
Abbildung 10: FE-Modell des Knotens (links) und
Vergleichsspannung, max = 13,96 MPa (rechts)
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Abbildung 11: Lokale Spannungsspitzen im Bereich der
Lasteinleitung der Vorspannung, max = 126,6 MPa (links)
Generalisierte Spannungsverteilung unter Vorspannung, max = 25,14
MPa (rechts)
5. Weiterführende Schritte und Ausblick
Für kraftübertragende Anschlussbereiche hochbeanspruchter
Holzkonstruktionen besteht
weiterhin großer Forschungsbedarf. Lösungen aus innovativen
Werkstoffverbunden (Kle-
ben Stahl-Holz, Vergusstechnologie von Stahl-Holz-Verbindungen
oder vorgestellte Form-
knoten) bieten gerade für solche Aufgaben ein großes Potential.
Die an den Hochschulen
Mainz und Trier untersuchten Themen [10], [11], [12] lassen sich
in zwei Schwerpunkte
unterteilen:
Innenliegende Knotenlösungen und Verbindungen mit nachträglichem
Verguss
Außenliegende Verbindungsknoten für stabförmige Verbindungen
Unter Nutzung der bereits normativ oder zulassungsgemäß
geregelten Verbindungstechnolo-
gie des Einklebens von Stahlformteilen (Stahlstäbe oder
Stahllochbleche) [13] in Holz lassen
sich hocheffiziente und geometrisch vielfältig verwendbare
innovative Holzverbindungen
schaffen, deren Leistungsfähigkeit durch die Ummantelung mit
bestimmten Polymerbetonre-
zepturen (HPC) noch gesteigert wird. Für neue Anwendungen im
mehrgeschossigen Holzbau
z. B. Wand-Deckenanschlüsse oder Rahmen, ebenso wie für
Konstruktionen aus digitaler Fer-
tigung stellen derartige Verbindungen einen leistungsfähigen und
kostengünstigen Lösungs-
ansatz dar. Im Kontext immer komplexer werdender Geometrien und
größerer Bauwerke
zeigt sich die Grenze bei der Verwendung stiftförmiger
Verbindungsmittel zufolge material-
technologischer Restriktionen (z.B. Kraft-Faser-Winkel,
Lochleibungsspannungen). Diese Ver-
bindungen zeigen deutliche Schwächen, insbesondere in den
Bereichen, wo entwurfsbedingte
Vorgaben die Geometrie des orthogonalen Raumes verlassen (z.B.
stumpfe oder spitze Winkel
an Kontaktfugen).
Gleichzeitig ermöglichen moderne CAD/CAM-Werkzeuge und
Abbundmaschinen eine neue
Dimension von architektonisch anspruchsvollen Geometrien. Die
Abb. 12 bis 14 zeigen
abschließend bereits realisierte Beispiele von digital
erstellten Architekturkonzepten unter
Verwendung der im Bericht vorgestellten Knoten aus
Polymerbeton.
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Abbildung 12: Rad- und Fußwegbrücke (Rundholz–Tragwerk–System),
Schönecken-Eifel
Abbildung 13: Baumstütze aus Rundholz für das Dachtragwerk
Umweltpavillon Trier-Quint
Abbildung 14: Verbindungsknoten einer 3-Stab Stützkonstruktion
Freibad Wallmerod
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6. Literatur
[1] Teischinger, A. & Patzelt, M. (2007). Materialkenngrößen
als Grundlage für innova-
tive Verarbeitungstechnologien und Produkte zur wirtschaftlich
nachhaltigen Nut-
zung der Österreichischen Nadelholzreserven "XXL-Wood",
Forschungsbericht,
Universität für Bodenkultur, Wien.
[2] DIN 4074-1:2012-06. Sortierung von Holz nach Tragfähigkeit
–Teil 1 Nadelschnitt-
holz, Beuth Verlag, Berlin, 2012.
[3] DIN EN 338:2010-02. Bauholz für tragende
Zwecke-Festigkeitsklassen. Beuth Ver-
lag, Berlin, 2010.
[4] DIN 68800-2:2012-02. Holzschutz-Teil 2: Vorbeugende bauliche
Maßnahmen im
Hochau, Beuth Verlag, Berlin, 2012.
[5] DIN EN 1991-2:2010-12. Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 2:
Verkehrslasten auf
Brücken, Beuth Verlag, Berlin, 2010.
[6] DIBT Berlin, Allg. Bauaufsichtliche Zulassung Z-9.1-770,
PFEIFER LR-Koppler
[7] DIN EN 1504-6:2006-11. Produkte und Systeme für den Schutz
und die Instand-
setzung von Betontragwerken - Definitionen, Anforderungen,
Qualitätsüberwa-
chung und Beurteilung der Konformität - Teil 6: Verankerung
von
Bewehrungsstäben, Beuth Verlag, Berlin, 2006.
[8] Kranz, M. (2013). Experimentelle und numerische
Untersuchungen von Knoten-
punkten aus Polymerbeton am Beispiel einer
Holz-Beton-Fachwerkbrücke, Master
Thesis, Hochschule Trier.
[9] Schober, K.U. & Drass, M. (2013). Concrete-based
adhesives used in connections.
Schober, K.U. (Ed.), Innovative Timber Composites - Improving
wood with other
materials (pp. 8-11). Bath, UK: University of Bath.
[10] Schober, K.U., Drass, M. & Becker, W. (2013). Adhesive
strength of timber joints with
unconventional glued-in steel rods. Wood Adhesives 2013,
Toronto, ON, Canada.
[11] Schober, K.U., Becker, W. & Weber, J. (2016). Grouted
Joints in Timber Engineering,
Proceedings of the 16th World Conference on Timber Engineering
(WCTE 2016),
Vienna, Austria.
[12] Becker, W., Schober, K.U. & Weber, J. (2016).
Vergussknotenlösungen im Ingeni-
eurholzbau. Bautechnik 93 (2016). ISSN: 1437-0999. DOI:
10.1002/bate.201500076.
[13] Bathon, L., Bletz-Mühldorfer, O. et. al (2011). Effiziente
Holz-Stahl-Klebverbindun-
gen-Entwicklung und Anwendung. Proceedings Holzbautag Biel 2011
- Anschlüsse
und Verbindungsmittel im Ingenieurholzbau, Biel, Schweiz.
Externe Bildquellen
A1 Feicht Metallverarbeitung GmbH Lasertechnik, Arnstorferstraße
10, D-84326 Zell
A2 DI Wolfgang C. Retter, AT