Histologie des lymphatischen Systems &Immunsystem Teil 2 Historischer Rückblick 19. Jh / 20. Jh Hintergrundinformation zum Präparationsabend in der MGW 09/2015 Von Dr. Thomas Kann Geschichtlicher Rückblick Lymphgefäße und lymphatische Organe: 19. Jh.: Thymus: 1832 gelingt dem englischen Chirurgen und Leibarzt von König Georg IV, Sir Astley Paston Cooper (1768-1841) in “The Anatomy of the thymus gland“ die Erstbeschreibung eines malignen Thymoms (Abb. 1-2). Nach Cooper sind auch die Fascie des Samenstranges und die Aufhängebänder der Brustdrüse (Cooper`sche Ligamente) benannt. 1849 beschreibt Arthur Hill Hassall (1817-1894) in „The Microscopic Anatomy of the Human Body in Health and Desease” die nach ihm benannten “Hassall Körperchen“ im Mark des Thymus (Abb.3). 1857 meint Franz von Leydig, Professor für Zoologie und vergleichende Anatomie in Tübingen, dass Thymus, Milz und Lymphknoten die „Bildungsherde der farblosen Blutkügelchen (sog. Lymphkügelchen) “ sind (F. Leydig: Lehrbuch der Histologie 1857; Abb.4). Heute wissen wir, dass diese Vorstellung bereits teilweise richtig ist, da im Thymus die T- Lymphozyten gebildet werden. Milz: 1835 fasst Johann Conrad Heinrich Giesker als Privatdozent an der Uni Zürich in „ Anatomisch-Physiologische Untersuchungen über die Milz des Menschen nebst den Angaben der älteren und neueren Schriftsteller “ das Wissen seiner Zeit zusammen und bezeichnet die Milz als Drüse des „chylopoetischen Systems“. 1857 führt Franz v. Leydig die Begriffe rote und weiße Pulpa der Milz ein ( F. Leydig: Lehrbuch der Histologie 1857; Abb.5 und 6). 1870 bezeichnet der schweizer Anatom Heinrich Frey die Milz als Blutlymphdrüse (H. Frey: Handbuch der Histologie und Histochemie des Menschen; 1870; Abb.7)
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Histologie des lymphatischen Systems
&Immunsystem
Teil 2 Historischer Rückblick 19. Jh / 20. Jh
Hintergrundinformation zum Präparationsabend in der MGW 09/2015
Von Dr. Thomas Kann
Geschichtlicher Rückblick Lymphgefäße und lymphatische Organe: 19. Jh.:
Thymus: 1832 gelingt dem englischen Chirurgen und Leibarzt von König Georg IV, Sir
Astley Paston Cooper (1768-1841) in “The Anatomy of the thymus gland“ die
Erstbeschreibung eines malignen Thymoms (Abb. 1-2). Nach Cooper sind auch die Fascie des
Samenstranges und die Aufhängebänder der Brustdrüse (Cooper`sche Ligamente) benannt.
1849 beschreibt Arthur Hill Hassall (1817-1894) in „The Microscopic Anatomy of the
Human Body in Health and Desease” die nach ihm benannten “Hassall Körperchen“ im Mark
des Thymus (Abb.3).
1857 meint Franz von Leydig, Professor für Zoologie und vergleichende Anatomie in
Tübingen, dass Thymus, Milz und Lymphknoten die „Bildungsherde der farblosen
Blutkügelchen (sog. Lymphkügelchen) “ sind (F. Leydig: Lehrbuch der Histologie 1857;
Abb.4). Heute wissen wir, dass diese Vorstellung bereits teilweise richtig ist, da im Thymus
die T- Lymphozyten gebildet werden.
Milz:
1835 fasst Johann Conrad Heinrich Giesker als Privatdozent an der Uni Zürich in „
Anatomisch-Physiologische Untersuchungen über die Milz des Menschen nebst den Angaben
der älteren und neueren Schriftsteller “ das Wissen seiner Zeit zusammen und bezeichnet die
Milz als Drüse des „chylopoetischen Systems“.
1857 führt Franz v. Leydig die Begriffe rote und weiße Pulpa der Milz ein ( F. Leydig:
Lehrbuch der Histologie 1857; Abb.5 und 6).
1870 bezeichnet der schweizer Anatom Heinrich Frey die Milz als Blutlymphdrüse (H. Frey:
Handbuch der Histologie und Histochemie des Menschen; 1870; Abb.7)
Abb. 1: Sir Astley Cooper: The Anatomy of the Thymus gland; 1832
Abb. 2: Sir Astley Cooper: The Anatomy of the Thymus gland; 1832
Abb. 3: 1849: Arthur Hill Hassall (1817-1894): „The Microscopic Anatomy of the Human
Body in Health and Desease.
Abb.4: aus F. Leydig: Lehrbuch der Histologie 1857
Abb.5: F. Leydig: Lehrbuch der Histologie 1857
Abb.6: F. Leydig: Lehrbuch der Histologie 1857: erste Erwähnung von roter und weisser Pulpa der Milz
Abb.7: H. Frey: Handbuch der Histologie und Histochemie des Menschen; 1870
Lymphknoten:
1848 gelingt dem Pathologen Rudolf Virchow ("Zur Diagnose der Krebse in Unterleibe".
Med. Reform. 45: 248) die Erstbeschreibung der supraklavikulären Lymphknotenmetastasen
beim Magenkarzinom.
1850 beschreiben die Physiologen Carl Ludwig und F. Noll das Eintreten der lymphatischen
vasa afferentia in den Lymphknoten, den Übergang der lymphatischen vasa afferentia in das
Hohlraumsystem des Lymphknotens, und schließlich den Ursprung des lymphatischen Vas
efferens am Lymphknotenhilus (F. Noll: Über den Lymphstrom und die Anatomie der
Lymphdrüsen; in Henle`s Zeitschrift IX; S. 52; F. Noll: Über den Lymphstrom in den
Lymphgefäßen und die wesentlichen anatomischen Bestandteile der Lymphdrüsen; Zeitschrift
für rationelle Med. Bd. IX p.81; Abb. 8).
1853 beschreibt Donders und Koelliker das Retikulum des Lymphknotens.(A. Koelliker: Über
den feinen Bau und die Funktion der Lymphdrüsen; in Würzb. Verh. IV). In „Untersuchungen
über die Lymphdrüsen des Menschen und der Säugethiere von Heinrich Frey; Leipzig 1861“
beschreibt H. Frey in 3 Kupferstichen ausführlich u.a. das intrafollikuläre Netzwerk an
ausgepinselten (ausgewaschenen) Lymphknoten (Abb. 16-19). Heute wird dieses Netzwerk
als retikuläres Bindegewebe bezeichnet.
1863 beschreibt A. Koelliker in „Handbuch der Gewebelehre des Menschen“ die Histologie
des Lymphknotens in der bis heute geläufigen Art mit Rinde, Mark und Hilus (Abb.9). Nach
Koelliker geht diese Einteilung erstmals auf den Physiologen Ernst Wilhelm von Brücke
zurück (1853: Über Lymphgefäße und Lymphdrüsen; Sitzungsber. Der Wiener Akad. 1852;
Denkschr. VI 1853; Wiener Wochenschr. 1855; Über die Chylusgefäße und die Resorption des
Chylus; E. Brücke 1852 in Denkschriften der kaiserl. Akad. D. Wissensch. Mathem.
Naturw.CL VI Bd 1854; Abb. 22, 23). Auch findet sich in seinem Lehrbuch bereits der
Begriff „Lymphfollikel“.
In Grundzüge der Histologie, 1870, beschreibt H. Frey Lymphknoten und bietet auch
detailierte Bilder von Lymphfollikel (Abb.10, 11).
Lymphgefäße:
1850 beschreiben Professor Carl Ludwig, Professor für Anatomie und Physiologie in Zürich
und sein Schüler F. Noll, dass die Lymphe aus Gewebsflüssigkeit gebildet wird und dass die
dafür notwendige Energie aus dem Kapillardruck erzeugt wird. (F. Noll: Über den
Lymphstrom und die Anatomie der Lymphdrüsen; in Henle`s Zeitschrift IX; S. 52; F. Noll:
Über den Lymphstrom in den Lymphgefäßen und die wesentlichen anatomischen Bestandteile
der Lymphdrüsen; Zeitschrift für rationelle Med. Bd. IX p.81)
1857 beschreibt F. Leydig korrekt den Ursprung der Lymphgefäße ( F. Leydig: Lehrbuch der
Histologie 1857; Abb.15).
1862 identifiziert Recklinghausen die lymphatische, endotheliale Zellen mittels
Versilberungstechniken („Die Lymphgefäße und ihre Beziehungen zum Bindegewebe“; Abb.
12-14).
Abb. 8: aus F. Noll: Über den Lymphstrom in den Lymphgefäßen und die wesentlichen
anatomischen Bestandteile der Lymphdrüsen; Zeitschrift für rationelle Med. Bd. IX p.81;
1850)
Abb.9: Albert von Koelliker: Handbuch der Gewebelehre des Menschen 1863
Abb.10: Aus: Heinrich Frey: Grundzüge der Histologie; 1870
Abb.11: Aus: Heinrich Frey: Grundzüge der Histologie; 1870
Abb.12: F. von Recklinghausen: Die Lymphgefäße und ihre Beziehungen zum Bindegewebe; 1862
Abb. 13: F. von Recklinghausen: Die Lymphgefäße und ihre Beziehungen zum Bindegewebe; 1862
Abb.14: F. von Recklinghausen: Die Lymphgefäße und ihre Beziehungen zum Bindegewebe; 1862
Abb. 15: F. Leydig: Lehrbuch der Histologie 1857
Abb.16: Untersuchungen über die Lymphdrüsen des Menschen und der Säugethiere von
Heinrich Frey; Leipzig 1861
Abb.17: Untersuchungen über die Lymphdrüsen des Menschen und der Säugethiere von
Heinrich Frey; Leipzig 1861
Abb.18: Untersuchungen über die Lymphdrüsen des Menschen und der Säugethiere von
Heinrich Frey; Leipzig 1861
Abb. 19: Untersuchungen über die Lymphdrüsen des Menschen und der Säugethiere von
Heinrich Frey; Leipzig 1861
Abb. 20: Über die Chylusgefäße und die Resorption des Chylus; E. Brücke 1852 in Denkschriften der kaiserl.
Akad. D. Wissensch. Mathem. Naturw.CL VI Bd 1854
Abb. 21: Über die Chylusgefäße und die Resorption des Chylus; E. Brücke 1852 in Denkschriften der kaiserl.