Düsseldorf Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Die Bank der Zukunft. Eine Branche im Zeichen der Vertrauenskrise. Interessenkonflikte in der Anlageberatung als eine Ursache der Vertrauenskrise - Ein innovativer Lösungsansatz Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Christoph J. Börner Studentische Teammitglieder: Christopher Hilger Matthias Kunze André Mroß Senahid Music Lukas Scheffler Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
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Düsseldorf
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Die Bank der Zukunft. Eine Branche im Zeichen der Vertrauenskrise. Interessenkonflikte in der Anlageberatung als eine Ursache der Vertrauenskrise - Ein innovativer Lösungsansatz Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Christoph J. Börner Studentische Teammitglieder: Christopher Hilger Matthias Kunze André Mroß Senahid Music Lukas Scheffler
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis .......................................................................................................... II
Abbildungsverzeichnis ................................................................................................. IV
2 Ursachen der Vertrauenskrise im Privatkundengeschäft ....................................... 2
2.1 Von der Subprime-Krise zur Bankenkrise .............................................................. 2
2.2 Chronologie und Bewertung der europäischen Staatsschuldenkrise ...................... 7
2.3 Manipulation und Missbrauch in der Finanzindustrie .......................................... 11
2.4 Interessenkonflikt in der Anlageberatung aufgrund des Provisionsmodells ......... 13
2.5 Die Anlageberatung als zentraler Ansatzpunkt zur Lösung der Vertrauenskrise . 18
3 Die Honorarberatung als Alternative zum klassischen Provisionsmodell ........... 20
3.1 Allgemeine Definition der Honorarberatung ........................................................ 20
3.2 Honorarberatung in Deutschland .......................................................................... 21
3.3 Verschiedene Vergütungsmodelle der Honorarberatung ...................................... 22
3.4 Kritische Würdigung der Honorarberatung .......................................................... 25
4 Entwicklung eines Beteiligungsmodells in Anlehnung an das Weitzman-Schema ..................................................................................................................................... 27
4.1 Das ursprüngliche Weitzman-Schema .................................................................. 27
4.2 Das Weitzman-Schema als Beteiligungsmodell in der Anlageberatung .............. 30
4.2.1 Begründung und Annahmen des Schemas .............................................. 30
4.2.2 Das modifizierte Modell für die Anlageberatung .................................... 31
4.2.3 Aufgabe und möglicher Nutzen der Banken ........................................... 32
4.2.4 Grenzen der praktischen Anwendbarkeit des Beteiligungsmodells ........ 33
Nicht erst durch die Finanzkrise im Jahr 2008 rückte die Qualität der Finanzberatung
von Privatanlegern in den Fokus der Öffentlichkeit. Seit bekannt wurde, dass viele An-
leger aufgrund von Falschberatung Geld verloren haben und nicht selten auch die Al-
tersvorsorge betroffen war, wird die Finanzberatung öffentlich und umfänglich disku-
tiert.1
Eine Studie im Auftrag des Deutschen Bankenverbandes von 2011, in der die Zufrie-
denheit der Bankkunden gemessen wurde, zeigt, dass 16 Prozent der Kunden mit der
Anlageberatung ihrer Bank nicht zufrieden waren. Dieser Wert lag in den Jahren 2001
bis 2008, also vor Ausbruch der Finanzkrise, noch unter 10 Prozent.2 Auch die Fonds-
gesellschaft Fidelity kommt in einer Studie aus dem Jahr 2011 zu einem ähnlichen Er-
gebnis. Demnach liegt der Anteil der deutschen Anleger, deren Vertrauen in den Bank-
berater seit 2008 gesunken ist, bei 38 Prozent. Weiterhin glauben gemäß der Studie 70
Prozent der deutschen Anleger an das Vorhandensein von Interessenkonflikten für den
Anlageberater, die unter anderem zu einer Falschberatung führen können.3
Die vorliegende Arbeit knüpft an diesem Punkt an und fokussiert auf die Anlagebera-
tung und dort im Speziellen auf die Vergütungssysteme der Berater. Diese können auf
der einen Seite als Problembereich, auf der anderen Seite aber auch als Chance zur Ver-
trauensrückgewinnung gesehen werden.
Dazu werden zunächst die Hauptursachen der Vertrauenskrise dargestellt. Im Anschluss
wird die Honorarberatung als Alternative zur derzeit vorherrschenden Anlageberatung
auf Provisionsbasis in ihren verschiedenen Facetten erläutert und sodann deren Vor-
und Nachteile aufgezeigt.
Der Kern der Arbeit liegt in der Anwendung des Anreizschemas von Martin L. Weitz-
man auf die Anlageberatung. Damit wird ein innovativer Ansatz vorgestellt und im
Hinblick auf das Ziel der Rückgewinnung des Kundenvertrauens versucht, die vorlie-
gende Anreizproblematik zu überwinden.
Anhand einer Fallstudie wird zum Abschluss, die Wirkungsweise des Weitzman-
Beteiligungsmodells analysiert und mit der Honorar- und der Provisionsberatung vergli-
chen.
1 Vgl. Spiegel-Online (2012). 2 Vgl. Bankenverband (2011), S. 1-3. 3 Vgl. Fidelity (2011), S. 10, 13.
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2 Ursachen der Vertrauenskrise im Privatkundengeschäft
2.1 Von der Subprime-Krise zur Bankenkrise
Spätestens mit Beginn der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 ist die Bankenbran-
che durch negative Schlagzeilen in den Fokus der breiten Öffentlichkeit geraten. Zahl-
reiche Institute wurden im Zuge der Krise illiquide und mussten mit Hilfe von staatli-
chen Rettungsmaßnahmen vor der Insolvenz gerettet werden. Privatkunden und Investo-
ren fürchteten um ihr Vermögen und schwindendes Vertrauen der Banken untereinander
führte zu einer Kreditklemme am Interbankenmarkt, mit weiteren Auswirkungen auf die
Realwirtschaft.4
Seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Jahre 2008 schwand auch
das Vertrauen der deutschen Anleger in die Bankenbranche. Dieses Vertrauen ist jedoch
zwingende Voraussetzung für eine Geldanlage der Kunden bei einer Bank. Kommen
Zweifel daran auf, dass eine Bank zahlungsfähig ist und jederzeit die Kundeneinlagen
zurückzahlen kann, so zerstört dies das Vertrauen. Werden Liquiditätsprobleme einer
Bank bekannt, so entstehen massive, panikartige Bargeldabzüge, denen keine Bank lan-
ge standhalten kann, der sogenannte Bank Run.5 Dabei treten Effekte auf, die sich selbst
verstärken. Der Vertrauensverlust kann zu einem Bank Run führen und der dadurch
ausgelöste Einlagenabzug kann seinerseits zu Liquiditätsproblemen der Bank führen.
„Nach dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im
September 2008 fürchteten auch deutsche Anleger um die Sicherheit ihrer Guthaben.
Die Bundesbank registrierte bereits eine deutliche Zunahme der Bargeldabhebung an
Geldautomaten.“6 Die Entstehung eines Bank Runs konnte in Deutschland dadurch ver-
hindert werden, dass die Bundeskanzlerin und der damalige Finanzminister am 5. Okto-
ber 2008 eine Garantie über die Haftung des Staates für private Spareinlagen ausspra-
chen. Ob die finanziellen Mittel des Bundeshaushaltes im Ernstfall gereicht hätten, ist
fraglich. Wichtig war an dieser Stelle jedoch schnelles Handeln, um das Vertrauen der
Privatkunden zu festigen und weitere Bargeldabzüge zu verhindern. Deutlich wird, dass
durch die Finanzkrise das Vertrauen privater Anleger in die Banken erschüttert wurde.7
Die eigentliche Bankenkrise begann mit der Lehman-Pleite 2008. Diese ist auf das Plat-
zen einer Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt zurückzuführen. „Nach den Ter-
roranschlägen des 11.09.2001 verfolgte die amerikanische Notenbank eine strikte Nied- 4 Vgl. Beckert (2010), S. 35. 5 Vgl. Hartmann-Wendels, Pfingsten, Weber (2010), S. 241. 6 Beckert (2010), S. 35. 7 Vgl. Beckert (2010), S. 35f.
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rigzinspolitik zur Vorbeugung der damals drohenden Rezession.“8 Bereits im Jahre
2003 wurde die Federal-Funds-Rate mit einem Prozent auf das niedrigste Niveau seit
1960 gesenkt. Ziel war die Stimulierung der US-Konjunktur.
Abbildung 1: Effective Federal Funds Rate.9
Die niedrigen Zinsen schafften ein investitionsfreundliches Klima und ermöglichten es
einer breiten Bevölkerungsschicht in den USA Kredite zum Hausbau aufzunehmen. Die
Banken vergaben dabei auch zunehmend Kredite an Kunden mit einer problematischen
Kredithistorie. Diese sogenannten „Subprime Loans“ bringen durch eine schlechte Bo-
nität des Kreditnehmers ein erhöhtes Ausfallrisiko für die Bank mit sich. Meist wurden
variable Zinssätze vereinbart, die in der Phase der Niedrigzinspolitik für die Kreditneh-
mer auf den ersten Blick ein attraktives Angebot darstellten. 10 Bei solchen Kreditstruk-
turen tragen jedoch beide Parteien ein Risiko. Auf der einen Seite trägt die Bank das
Ausfallrisiko ihres Kunden. Wird dieser zahlungsunfähig, muss die Bank ihre Forde-
rung gegenüber dem Kreditnehmer abschreiben. Auf der anderen Seite trägt der Kredit-
nehmer das Zinsänderungsrisiko. Zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme bei niedrigem
Zinsniveau sind die Ratenzahlungen noch problemlos bezahlbar. Steigende Zinsen kön-
nen jedoch schnell dazu führen, dass bei knapp kalkulierten Budgets und einer entspre-
chend hohen Kreditsumme unbezahlbare Verbindlichkeiten entstehen. Diese Risiken
wurden missachtet, gegenüber dem Kreditnehmer verschwiegen und teilweise unter-
schätzt.11
Wegen der niedrigen Zinsen stieg die Nachfrage nach Hypothekenkrediten stark an und
trieb die Immobilienpreise und analog dazu den Wert der Kreditsicherheiten in die
Höhe. Diese vermeintliche Erhöhung der Sicherheiten führte dazu, dass den Hauseigen-
tümern aller Bonitätsstufen weitere Hypothekenkredite gewährt wurden. Grundsätzlich
ist dieses Vorgehen üblich, da die Bank bei Forderungsausfall das Haus versteigern und
den Kredit aus dem Erlös tilgen kann.
Das Geschäft mit den Subprime Loans wurde nicht nur bilateral zwischen den Banken
und ihren Kunden getätigt. Um die steigende Nachfrage nach Krediten mit dem not-
wendigen Kapital zu decken, wurden die Hypothekenkredite gebündelt, verbrieft und in
Form von sogenannten Mortgage Backed Securities (MBS) an Investoren und Banken
auf der ganzen Welt verkauft.12 Der Vorteil für den Originator liegt dabei auf der Hand.
Durch die Verbriefung und den Verkauf bekommt er einerseits Liquidität, um weitere
Kredite zu vergeben, andererseits erspart er sich die von der Regulierung geforderte
Eigenkapitalunterlegung der Kredite und verkauft mit der Forderung auch das Kreditri-
siko. Zweckgesellschaften und Hedgefonds mussten bei Kauf der Forderungen keinerlei
Eigenkapital hinterlegen. Ein Kreditinstitut, das die Forderungen kauft, musste hinge-
gen dafür die regulatorische Eigenkapitalhaftung übernehmen. Somit wurde die Haftung
für US-amerikanische Hypothekenkredite über die ganze Welt verteilt. Dies ist einer der
wichtigsten Gründe für die schnelle und globale Ausbreitung der Krise und die Aufblä-
hung des Kreditvolumens in den USA. Solange die US-Wirtschaft sich im Aufwärts-
trend befand, funktionierte dieses Vorgehen ohne Probleme und es wurden gute Rendi-
ten mit MBS-Konstrukten auf Basis von Subprime-Hypothekenkrediten erzielt.13
Problematisch wurde die Situation im Jahr 2006. „Die übermäßigen Immobilienpreis-
steigerungen vor allem in Staaten wie Kalifornien, Florida und Arizona führten zu ei-
nem landesweiten Angebotsüberhang neuer Wohnobjekte und zu einem an Dynamik
verlierenden Immobilienmarkt.“14 Die Steigerungsraten der Immobilienpreise sanken
2006 von 10 Prozent auf 4,7 Prozent. Zusätzlich wurden die Leitzinsen seit 2003 von
einem Prozent auf über fünf Prozent erhöht. Durch die meist variabel gestalteten Cou-
ponzahlungen der Hypothekenkredite partizipierten viele Privathaushalte aus dem 11 Vgl. Wohlwend (2011). 12 Vgl. Bartmann/Buhl/Hertel (2009), S. 3. 13 Vgl. Wohlwend (2011). 14 Bartmann/Buhl/Hertel (2009), S. 16.
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Subprime-Segment an dieser Zinserhöhung. Dies führte zu steigenden Kreditausfallra-
ten in der zweiten Hälfte des Jahres 2006.15
Normalerweise hätten die Banken durch Zwangsversteigerung der Immobilien den Kre-
ditbetrag zurückgewinnen können. Sinkt der Immobilienwert aber unter den Nominal-
wert des Kredites, so entsteht ein Fehlbetrag, der aus dem Vermögen des Schuldners bei
Subprime-Krediten in der Regel nicht gedeckt werden kann.
Durch diese Situation hatten die Banken den Anreiz, die Zwangsvollstreckungen mög-
lichst früh stattfinden zu lassen, um sich vor weiterem Immobilienpreisverfall zu schüt-
zen. Diese Entwicklung führte zu einem Überangebot am Immobilienmarkt und ließ die
Hauspreise noch stärker sinken, was seinerseits für weitere Kreditausfälle sorgte.16
Die von den Ratingagenturen bis dahin als sicher eingestuften MBS gerieten in die
Schlagzeilen. Wegen der erhöhten Kreditausfälle kam es zur Neubewertung und Herab-
setzung der Wertpapiere, was zu einem starken Vertrauensverlust in die verbrieften Hy-
pothekenkredite führte. Da die Forderungen teils mehrfach verbrieft wurden, war für die
Investoren kaum oder nur sehr schwer erkennbar, welche Risiken sich tatsächlich hinter
den gekauften Wertpapieren verbargen. In der Folge erlitten die Hypothekenmarktpa-
piere nach einer langen Phase der Wertstabilität massive Werteinbrüche.17
Abbildung 2: Kursverluste am Beispiel eines ABS-Index zwischen Januar 2007 und Januar 200918
15 Vgl. Bartmann/Buhl/Hertel (2009), S. 15. 16 Vgl. ebd. 17 Bartmann/Buhl/Hertel (2009), S. 17. 18 Ebd.
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Dadurch, dass die Papiere außerbörslich gehandelt wurden, konnten die Marktentwick-
lungen nicht adäquat eingepreist werden, was dazu führte, dass die Verluste und deren
Höhe für viele Investoren, zu denen auch große Banken und Investmentgesellschaften
zählten, lange unklar waren. Nach International Financial Reporting Standards wurden
die Papiere nach dem beizulegenden Zeitwert angesetzt, sodass durch die Ausfälle hohe
Abschreibungen entstanden.19
Die sogenannten Zweckgesellschaften, die revolvierende, mit Subprime-Krediten besi-
cherte Wertpapiere ausgegeben hatten, sahen sich plötzlich massiven Verlusten gegen-
über. Viele Zweckgesellschaften waren anstelle umfassender, ausreichender Liquiditäts-
linien mit sogenannten Marktwerttriggern ausgestattet. Diese Marktwerttrigger sollten
die Investoren eigentlich schützen. Fällt der Marktwert oder das Rating des unterliegen-
den Portfolios unter einen festgelegten Schwellenwert, so darf dieses Portfolio nicht
mehr durch Asset Backed Commercial Papers finanziert werden und muss in der Regel
am Kapitalmarkt verkauft werden.20 Dies führte zu einem steigenden Angebot an Hypo-
thekenmarktpapieren bei sinkender Nachfrage aufgrund des Vertrauensverlusts und Ra-
tingherabsetzung.
Dadurch wurde der Preisverfall der Hypothekenmarktpapiere weiter verstärkt.21 Viele
Wertpapiere konnten nicht mehr oder nur mit erheblichen Verlusten verkauft werden.
„So verloren viele Wertpapiere, die noch Anfang 2007 mit einem „AAA“-Rating ausge-
zeichnet waren, bis Ende 2008 durchschnittlich bis zu 70 Prozent ihres Nominalwerts.
ABS mit einem „BBB“-Rating verzeichneten durchschnittlich sogar einen Wertverlust
von über 95 Prozent. Dieser sich selbst verstärkende Verkaufsdruck und Wertverfall,
der durch die eigentlich zur Stabilisierung eingesetzten Marktwerttrigger aufrecht erhal-
ten wurde, führte schließlich zu einem Zusammenbrechen des Marktes.“22
Durch die fehlenden Refinanzierungsmöglichkeiten über kapitalmarktorientierte Hypo-
thekenpapiere brach die Liquiditätszufuhr der Zweckgesellschaften zusammen, was
dazu führte, dass diese die Liquiditätslinien der Originatoren in Anspruch nehmen
mussten. Wegen geringer hinterlegter Eigenmittel gerieten die ersten Banken als
Originatoren in Schieflage. Die IKB Deutsche Industriebank AG gab bereits im Juli
2007 eine Gewinnwarnung und massive Liquiditätsprobleme bekannt. Vorherrschende
Intransparenz am Kapitalmarkt und die Ungewissheit darüber, welche Bank welche 19 Vgl. Bartmann/Buhl/Hertel (2009), S. 16. 20 Vgl. Bartmann/Buhl/Hertel (2009), S. 10. 21 Vgl. Abbildung 2. 22 Bartmann/Buhl/Hertel (2009), S. 17.
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Risiken in ihrem Portfolio hielt in Kombination mit dem ohnehin vorhandenen Miss-
trauen der Banken untereinander, ließen schließlich auch die Liquidität am Interban-
kenmarkt versiegen. Dadurch weitete sich die Krise vom Subprime-Segment auf den
gesamten Finanzsektor aus. Die Refinanzierungskosten der Banken stiegen um drei bis
vier Prozent, sodass diese die Kreditvergabe einschränkten. Dies führte nun auch bei
Banken, die nicht in Hypothekenmarktpapiere investiert hatten, zu erheblichen Liquidi-
tätsengpässen. Durch die hohen Refinanzierungszinsen, die von den Banken gestemmt
werden mussten und daher an die Unternehmen weitergereicht wurden, erreichte die
Krise auch die Realwirtschaft.23
2.2 Chronologie und Bewertung der europäischen Staatsschuldenkrise
Die staatlichen Mittel, die für die Rettung einzelner Finanzinstitute und die Stabilisie-
rung der Finanzmärkte von den europäischen Mitgliedsstaaten bereitgestellt wurden,
lösten 2009 einen explosiven Anstieg der Staatsverschuldung aus.24 Zusätzlich ver-
schärfte die expansive Fiskalpolitik in Form von Konjunkturpakten die Situation der
nationalen Haushalte.25 Aufgrund der kurzfristigen Stützungsmaßnahmen der Regierun-
gen und Notenbanken gelang es schrittweise die Finanzmärkte zu stabilisieren.
Zu Beginn des Jahres 2010 wuchs jedoch der Zweifel an der Tragfähigkeit der Schulden
einzelner Staaten.26 Betroffen waren insbesondere Länder, in denen die Finanzkrise
Fehlentwicklungen vorangegangener Jahre aufdeckte.27 Dadurch geriet der Finanzsektor
erneut unter Druck.28
Eine andauernde expansive Fiskalpolitik und der stetige Verlust an wirtschaftlicher
Wettbewerbsfähigkeit führten besonders in Griechenland zu einem zunehmenden Ver-
trauensverlust seitens der Finanzmärkte. Über einen Zeitraum von zehn Jahren lag bei-
spielsweise die staatliche Neuverschuldung stets über drei Prozent, sodass dieses Krite-
rium des Stabilitäts- und Wachstumspaktes der Europäischen Union (EU) nicht einge-
halten wurde. Neben der Schuldenproblematik führten im Vergleich zum restlichen Eu-
roraum überdurchschnittlich hohe Inflationsraten und steigende Lohnstückkosten zu
einer Abnahme der Wettbewerbsfähigkeit von über 20 Prozent.29 Die durch die Finanz-
krise gestiegene Risikoaversion der Finanzmarktakteure und der unerwartete Ansprung
23 Vgl. Bartmann/Buhl/Hertel (2009), S. 17. 24 Vgl. Moritz (2012), S. 367. 25 Vgl. Europäische Zentralbank (2010), S. 11. 26 Vgl. Weber (2011), S. 56. 27 Vgl. Moritz (2012), S. 367. 28 Vgl. Weber (2011), S. 56. 29 Vgl. Gibson/Hall/Tavlas (2012), S. 501.
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der staatlichen Defizitquote 2009 lenkte die Aufmerksamkeit der Finanzmärkte und
Ratingagenturen auf die mangelnde Nachhaltigkeit der Finanzpolitik und das außen-
wirtschaftliche Ungleichgewicht Griechenlands.30 Die Vorstellung, dass eine Mitglied-
schaft in der europäischen Währungsunion eine unüberwindbare Barriere gegen alle
Risiken darstellt, war erschüttert. Es wurde deutlich, dass die Währungsunion zwar
Wechselkursrisiken verhindert, Kreditrisiken aber durchaus bestehen.31 Als Reaktion
stuften die Ratingagenturen griechische Ratings kontinuierlich herab.32 Während Grie-
chenland vor der Krise für Anleihen im Vergleich zu deutschen Staatsanleihen keinen
signifikanten Risikoaufschlag zahlen musste, stieg dieser seit 2009 beständig mit einem
zwischenzeitigen Hoch von ca. 40 Prozent an.33 Dadurch hatte Griechenland kaum noch
eine Möglichkeit neue öffentliche Kredite zu tragfähigen Zinsen an den Finanzmärkten
aufzunehmen, sodass die griechische Regierung am 23. April 2010 bei der EU und beim
Internationalen Währungsfond (IWF) Finanzhilfen beantragte.34 Um dem Ansteckungs-
risiko, das die Stabilität des gesamten Eurosystems gefährdete, entgegenzuwirken, ge-
währten die übrigen Länder des Euro-Währungsgebiets Griechenland am 2. Mai 2010
Kredite in Höhe von 80 Mrd. Euro. Zusätzlich stellte der IWF 30 Mrd. Euro zur Verfü-
gung. Im Gegenzug verpflichtete sich die griechische Regierung ein umfangreiches
Haushaltskonsolidierungsprogamm sowie zahlreiche Strukturreformen umzusetzen.35
Da die Spannungen an den Finanzmärken weiter zunahmen und das Vertrauen der An-
leger nicht zurückgewonnen werden konnte, beschlossen die europäischen Mitglieds-
staaten am 9. Mai 2010 die Einrichtung zweier Fazilitäten, die kurzfristige Finanzhilfen
für in Schwierigkeiten geratene EU-Länder garantierten.36 Zum einen konnten über den
europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) bis zu 60 Milliarden Euro aus
dem Gemeinschaftshaushalt der EU als Kredite vergeben werden, zum anderen wurde
mit der europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) eine Zweckgesellschaft ge-
schaffen, welche einen Kreditvolumen von 440 Milliarden Euro für bedrohte Länder
aufbringen kann.37 Die EFSF konnte sich durch Anleihen, für die die Mitgliedsstaaten
bürgen, Liquidität an den Finanzmärkten beschaffen. Um durch ein bestmögliches Ra-
ting der Schuldtitel einen günstigen Zins am Kapitalmarkt zu gewährleisten, war eine 30 Vgl. Gibson/Hall/Tavlas (2012), S. 503f. 31 Vgl. Gibson/Hall/Tavlas (2012), S. 504. 32 Vgl. Ardagna/Caselli (2012), S. 3. 33 Vgl. Lane (2012), S. 56f. 34 Vgl. Moritz (2012), S. 367. 35 Vgl. Europäische Zentralbank (2011), S. 174. 36 Ebd. 37 Vgl. Moritz (2012), S. 368.
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Übersicherung des Fonds erforderlich. Neben den europäischen Fazilitäten stellte der
IWF weitere Kreditlinien in Höhe von 250 Milliarden Euro für den Bedarfsfall bereit.38
An die Kreditvergabe waren Auflagen für das empfangende Land geknüpft, deren Erfül-
lung von einer Troika aus europäischer Zentralbank (EZB), der Europäischen Kommis-
sion und dem IWF vor jeder Kreditfreigabe überprüft werden.39
Als zweites Land beantragte Irland im November 2010 Finanzhilfen der EU. Portugal
musste im April 2011 ebenfalls einen Antrag auf Finanzhilfen stellen.40
Um der gestiegenen Belastung der EFSF gerecht zu werden, beschlossen die EU-
Finanzminister im Juni 2011 das Garantievolumen der EFSF auf 780 Milliarden Euro
zu erhöhen. Nach Berechnungen des Instituts des Bundes der Steuerzahler e.V. haftet
Deutschland seit der Aufstockung mit insgesamt 237 Milliarden Euro für den Euro-
Rettungsschirm, der sich unter anderem aus EFSM und EFSF zusammensetzt.41
Über den Rettungsschirm hinaus startete die EZB im Frühjahr 2010 einen massiven
Ankauf von Staatsanleihen europäischer Krisenstaaten auf dem Sekundärmarkt. Dies
sollte die Zinslast der europäischen Staaten senken und Spekulationen auf einen Zerfall
der Eurozone entgegenwirken.42 Aufgrund der deutschen Beteiligung an der EZB in
Höhe von 27,1 Prozent, erhöhte sich das deutsche Haftungspotenzial noch einmal auf
319,2 Milliarden Euro43.44
Parallel dazu stellte die EZB mehrere hundert Milliarden Euro für die Refinanzierung
angeschlagener europäischer Banken bereit, die dadurch zu einem Zinssatz von einem
Prozent ihre Liquidität sichern konnten.45
Diese Maßnahmen konnten speziell in Griechenland die Situation nicht beruhigen, so-
dass im Herbst 2011 ein zweites Rettungspaket notwendig wurde, um das Land vor der
Zahlungsunfähigkeit zu bewahren.46 Dieses zweite Rettungspaket wurde Anfang 2012
noch einmal umfangreich nachverhandelt, da es in seiner ursprünglichen Form die Fi-
nanzierungsprobleme Griechenlands nicht zu lösen vermochte.47 Am 21. Februar 2012
38 Vgl. Moritz (2012), S. 368f. 39 Vgl. Europäische Zentralbank (2011), S. 174. 40 Vgl. Lane (2012), S. 57. 41 Vgl. Hermann (2012), S. 2. 42 Vgl. Belke (2010), S. 357. 43 Der Betrag ergibt sich nach Berechnungen des Institut des Bundes der Steuerzahler e.V. unter Berück-
sichtigung des ersten griechischen Rettungspakets, dem europäischen Rettungsschirm und dem Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB (Stand: 14.05.2012).
44 Vgl. Hermann (2012), S. 3. 45 Vgl. Belke (2010), S. 357. 46 Vgl. Hermann (2012), S. 3. 47 Vgl. Smeets (2012), S. 8.
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wurde das Rettungspaket mit dem Ziel der Absenkung der griechischen Schuldenstand-
quote auf 120,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2020 endgültig verabschiedet. 48
Es umfasste folgende Kernelemente: Neue Kredite in Höhe von 139 Milliarden Euro
wurden durch die Euro-Länder und den IWF für die Rekapitalisierung griechischer
Banken, die Besicherung neuer Anleihen und für fällige Zinszahlungen bereitgestellt.
Ferner kam es durch den freiwilligen Verzicht privater Gläubiger auf 53,5 Prozent ihrer
Forderungen und die Umwandlung der restlichen Ansprüche in neue Staatsanleihen zu
geringeren Zinsen mit längeren Laufzeiten zu einem Schuldenschnitt. 49 Auch die Zin-
sen auf bisher gewährte Hilfskredite wurden auf anderthalb Prozentpunkte über der Eu-
ro Interbank Offered Rate für eine Laufzeit von drei Monaten gesenkt.50
Um langfristig die Währungsunion zu stabilisieren, einigten sich die Staats- und Regie-
rungschefs der Euro-Mitgliedsländer im Frühjahr 2011 auf die Einrichtung eines per-
manenten Mechanismus, als Ablösung des temporären EFSF.51 Dieser europäische Sta-
bilitätsmechanismus (ESM) ermöglicht ein Kreditvolumen von 500 Milliarden Euro,
der zur Bonitätssteigerung mit einem Garantievolumen von 700 Milliarden Euro ausge-
stattet wurde.52
Neben dem ESM soll der „Vertrag über die Stabilität, Koordination und Steuerung in
der Wirtschafts- und Währungsunion“53 die Haushaltsdisziplin in den beteiligten Staa-
ten langfristig stärken, um somit die Verschuldung der öffentlichen Haushalte zu redu-
zieren und nachhaltig zu Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit in der
EU zu führen.54 Durch den Fiskalpakt verpflichten sich die Vertragsparteien zu einer
Implementierung einer gesetzlichen Schuldenbremse, die einen nahezu ausgeglichenen
Haushalt und einen sukzessiven Abbau der Staatsschulden garantieren soll. Bei Verlet-
zung räumen die beteiligten Staaten der EU-Kommission das Recht ein die Einhaltung
des Vertrages vor dem Europäischen Gerichtshof einzuklagen. Alle Staaten, die den
Fiskalpakt bis März 2013 nicht in den nationalen Parlamenten ratifiziert haben, sind
fortan von einer möglichen finanziellen Unterstützung durch den ESM ausgenommen.55
Die zahlreichen Maßnahmen seitens der europäischen Mitgliedsstaaten zur Stabilisie-
rung der Eurozone, die stets mit steigenden Haftungsrisiken der Steuerzahler in den 48 Vgl. Smeets (2012), S. 21. 49 Vgl. Smeets (2012), S. 20. 50 Vgl. Smeets (2012), S. 21. 51 Vgl. Hermann (2012), S. 3. 52 Vgl. Smeets (2012), S. 10. 53 Im weiteren Verlauf wird dieser als Fiskalpakt bezeichnet. 54 Vgl. Europäische Union (2012), S. 9. 55 Vgl. van Scherpenberg (2012), S. 372.
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Gläubigerstaaten einhergingen, erschienen oft lediglich als Bekämpfung kurzfristiger
Symptome. Die tatsächlichen Probleme der hoch verschuldeten Länder, wie mangelnde
Wettbewerbsfähigkeit und hohe Arbeitslosigkeit, konnten bisher nicht signifikant beho-
ben werden. 56 Immer wiederkehrende Krisengipfel, eine Serie von Kurskorrekturen
sowie stets größere Rettungspakete haben dem Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der
Politik erheblich geschadet und den Rückhalt für den Euro in der Bevölkerung stark
geschmälert.57 So gaben laut einer Umfrage Anfang 2013 z. B. lediglich 30 Prozent der
Italiener an der Gemeinschaftswährung zu vertrauen, in Deutschland war der Prozent-
satz mit 38,4 Prozent nur unwesentlich höher.58 Die Eurozone steht somit vor der Her-
ausforderung das Vertrauen der Märkte, aber insbesondere auch das der Menschen in
die europäische Politik zurückzugewinnen.59
Zudem festigte sich das Bild, dass die großen Banken die eigentlichen Gewinner der
Krise sind. Selbst die Politik stellte die Banken zum einen als Erpresser dar, welche
gegen Staaten und den Euro spekulieren und von hohen Spekulationsgewinnen profitie-
ren, zum anderen jedoch im Notfall durch öffentliche Gelder gerettet werden müssen.60
Unabhängig davon, ob das negative Image der Banken gerechtfertigt ist, ist es im Inte-
resse der Banken das verlorene Vertrauen der Bürger und damit auch der Kunden zu-
rückzugewinnen. Da in erster Linie die Politik die Verantwortung für die Bekämpfung
der Staatsschuldenkrise trägt, obliegt es den Banken andere Wege zu finden das negati-
ve Image in der Bevölkerung abzulegen.
2.3 Manipulation und Missbrauch in der Finanzindustrie
In der Vergangenheit haben die Banken durch Manipulationen und Missbrauch selbst zu
dem beschriebenen negativen Image beigetragen. Ein prominentes Beispiel für Manipu-
lationen in der Finanzindustrie ist der Skandal um die Ermittlung der London Interbank
Offered Rate (LIBOR) als Referenzzinssatz. Er wird ermittelt, indem mehre große Ban-
ken befragt werden, zu welchen Zinssätzen sie sich untereinander Geld leihen würden.
Die Zinssätze werden jeden Tag an den britischen Bankenverband British Bank
Association gemeldet. Diese bildet dann einen Durchschnitt, den LIBOR. Da die Ban-
ken sich zu Zeiten der Finanzkrise gegenseitig kaum noch unbesicherte Kredite am In-
terbankenmarkt gewährten, gab es zu wenig reale Geschäfte anhand derer die Zinsen 56 Vgl. Hermann (2012), S. 5. 57 Vgl. Winkler (2012), S. 454f. 58 Vgl. GfK Verein (2013). 59 Vgl. Preunkert (2013), S. 19. 60 Vgl. Winkler (2012), S. 456.
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ermittelt werden konnten. Das bot Möglichkeiten zur Manipulation. Von diesem Zins-
satz sind Kredite und Investitionen in Billionenhöhe direkt oder indirekt abhängig.61 Für
die Manipulationen gab es vor allem zwei Gründe. Zum einen gaben Banken in der Fi-
nanzkrise einen zu niedrigen LIBOR an, um zu signalisieren, dass sie keine Probleme
hätten sich zu refinanzieren. Ein hoher Refinanzierungszinssatz könnte den Ruf der
Bank schädigen, zu Misstrauen von anderen Banken führen und somit den Interban-
kenmarkt zum Erliegen bringen.62 Zum anderen war es das Streben der Banken nach
Gewinnen. Sie handeln mit Wertpapieren, die direkt oder indirekt vom LIBOR abhän-
gen und maximieren durch die Manipulation des LIBOR nach oben oder unten den Ge-
winn, an dem sie dann durch eine Gewinnbeteiligung oder einen Bonus profitieren.63
Allein bei der UBS soll es zwischen den Jahren 2005 und 2010 über 2000 gefälschte
Angaben zum LIBOR gegeben haben. Dafür musste die UBS eine Strafzahlung von 1,5
Milliarden Dollar leisten. Aber auch andere Banken waren in die Absprachen verwi-
ckelt. So musste die Royal Bank of Scotland 615 Millionen Dollar und Barclays 453
Millionen Dollar Strafe zahlen.64 Weitere Verfahren sind aktuell noch nicht abgeschlos-
sen.
Ein anderer Fall von Missbrauch in der Finanzindustrie ist der Skandal um Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung. Geldwäsche bezeichnet einen Vorgang bei dem meist
illegal erworbenes Bargeld in offizielles Buchgeld verwandelt wird und dient dazu, die
kriminelle Herkunft z. B. aus Korruption oder organisierter Kriminalität zu verschleiern.
Dabei gibt es drei Phasen: Einschleusen, Verschleiern und Anlegen. Zuerst wird das
Bargeld bei einer Bank eingezahlt. Anschließend wird das Geld meist mehrfach und
über Landesgrenzen hinweg verschoben, um seine Herkunft zu verschleiern. Wenn das
Geld dann zurückkehrt kann es ganz legal in jeder beliebigen Form angelegt werden.65
Die britische Bank HSBC musste wegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in
den USA die Rekordstrafe von 1,9 Milliarden Dollar zahlen. Sie soll Geldwäsche für
Drogenkartelle in Mexiko betrieben haben, Gelder für den mit internationalen Sanktio-
nen belegten Iran transferiert haben und mit Banken in Saudi-Arabien und Bangladesch
zusammengearbeitet haben, die vermutlich terroristische Organisationen unterstützten.66
Wegen ähnlicher Vorwürfe schlossen auch die Banken ING, Credit Suisse, Lloyds, 61 Vgl. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (2013). 62 Vgl. Süddeutsche Zeitung (2012). 63 Vgl. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (2013). 64 Vgl. ebd. 65 Vgl. Zeit Online (2005). 66 Vgl. Die Welt (2012).
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
13
Barclays und Standard Charted Vergleiche mit den Behörden ab.67 Auch die Vatikan-
bank soll in einen Geldwäscheskandal verwickelt sein und unter anderem Mafiagelder
gewaschen haben.68
Die öffentliche Meinung über „die Banker“ wurde aber vor allem durch Skandale ge-
prägt in denen einzelne Wertpapierhändler Milliardensummen verloren haben. So
schrieb z. B. die Bildzeitung am 16.09.2011: „Das irre Luxus-Leben des Super-Zockers
- Er war besessen von Frauen und süchtig nach Partys“ und beschrieb anschließend den
aufwändigen Lebensstil des Händlers Kweku Adoboli.69 Dieser realisierte für die UBS
einen Verlust von 2,3 Milliarden Dollar beim Handel mit börsennotierten Indexfonds
(ETF).70 Ein ähnlicher Fall ereignete sich 2008 bei der Société Générale. Dort hatte ein
Händler der Bank einen Verlust von 4,9 Milliarden Euro bereitet.71 In diesen beiden
Fällen handelten die Händler alleine und gegen den Willen ihrer Arbeitgeber. Im Ge-
gensatz dazu handelte ein Händler von JP Morgan, der sogenannte „Wal von London“,
mit ausdrücklicher Unterstützung seines Arbeitgebers und verursachte einen Schaden
von zwei Milliarden Dollar für JP Morgan. Dieser Verlust fiel in einer Abteilung an, die
Risiken aus Unternehmenskrediten, mit Hilfe von Derivaten, absichern sollte.72
Alle diese Skandale zeigen, dass sowohl in der Aufsicht von Banken, die solche Ge-
schäfte überwachen sollte, als auch bei der Mentalität einiger Bankmitarbeiter erhebli-
che Defizite bestehen. Daran muss gearbeitet werden, um solche Skandale in Zukunft zu
vermeiden.
2.4 Interessenkonflikt in der Anlageberatung aufgrund des Provisionsmodells
Der Privatkunde, der eine Anlageberatung in Anspruch nimmt, hat die Erwartung, dass
er ganzheitlich, professionell, individuell und kostengünstig beraten wird. Die Bank hat
hingegen das nachvollziehbare Ziel mit der Kundenberatung Gewinne zu erzielen.73
Diese Konstellation kann als Prinzipal-Agenten-Problem beschrieben werden, in der der
Kunde als Prinzipal auftritt und der Anlageberater bzw. die Bank der Agent ist. Prinzi-
pal-Agenten-Situationen sind dadurch charakterisiert, dass die Entscheidungen des
Agenten nicht nur seinen eigenen Nutzen beeinflussen, sondern auch den Erfolg des
Prinzipals bestimmen. Dieses Phänomen tritt auf, wenn Informationen nicht gleich ver- 67 Vgl. Handelsblatt (2012 a). 68 Vgl. Süddeutsche Zeitung (2013). 69 Vgl. Bild (2011). 70 Vgl. Handelsblatt (2012 b). 71 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung (2011). 72 Vgl. Financial Times Deutschland (2012). 73 Vgl. Beck u. a. (2009), S. 14-17.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
14
teilt und nicht kostenlos zu beschaffen sind. In einer arbeitsteiligen Wirtschaft ist diese
Ungleichverteilung durchaus notwendig und sogar erwünscht. Allerdings ist diese
Konstellation auch mit Gefahren verbunden. Bei eigennützigem Verhalten des Agenten
kann er den Informationsvorsprung dazu ausnutzen sich auf Kosten des schlechter in-
formierten Prinzipals Vorteile zu verschaffen.74 Diese Ungleichverteilung von Wissen
ist typisch für ein Beratungsgespräch bei einer Bank. Der „unwissende“ Kunde trifft auf
den „informierten“ Berater. Diesen Informationsvorsprung kann der Berater nutzen, um
seinen persönlichen Gewinn zu optimieren und dabei den langfristigen Erfolg des Kun-
den vernachlässigen.
Aufgrund dieser Konstellation weist die Anlageberatung Schwächen auf, die von der
Finanzkrise aufgedeckt wurden. Gebühren und Provisionen der Berater übersteigen den
Ertrag der Kunden.75 Der Schaden aufgrund von Fehlberatungen wird jährlich auf 20-30
Mrd. Euro beziffert und 50-80 Prozent aller langfristigen Verträge werden vorzeitig mit
Verlusten abgebrochen.76
Neben dem erwähnten Prinzipal-Agenten-Problem ist das Provisionsmodell in der An-
lageberatung einer der Gründe für die genannten Schäden und Verluste. Im Provisions-
modell wird der Anlageberater in Form von Provisionen durch den Verkauf von Pro-
dukten vergütet.77 Es ist aber auch möglich, dass Provisionen erst zum Produktanbieter
fließen, um anschließend durch Rückvergütungen bzw. „Kick-Backs“ zum Berater zu
gelangen.78 Zusätzlich kann der Anlageberater Bonuszahlungen vom Arbeitgeber erhal-
ten, wenn er bestimmte Zielvorgaben erfüllt, die von der Anzahl der verkauften Produk-
te und der Höhe der Provisionen abhängen. Produktanbieter ist nicht nur die Bank für
die der Berater arbeitet, sondern auch externe Dritte, wie z. B. Fondsgesellschaften. Das
Ziel der Produktanbieter ist mit der Höhe der Provision die Empfehlung des Beraters an
den Kunden zu beeinflussen.79
Der Kunde zahlt Provisionen im Wesentlichen auf zwei Arten: einen einmaligen Aus-
gabeaufschlag bzw. eine einmalige Abschlussprovision und jährlich Bestands-, Verwal-
tungs- oder Managementprovisionen.80 Berechnet werden sie prozentual von der Bei-
tragssumme und fallen nur an, wenn ein Vertrag abgeschlossen wird. Tabelle 1 ist zu
74 Vgl. Neus (2007), S. 94. 75 Vgl. Hackethal/Haliassos/Jappelli (2009), S. 31. 76 Vgl. BMELV (2008), S. 9. 77 Vgl. Franke et al. (2011), S. 3. 78 Vgl. Moormann (2012). 79 Vgl. Inderst/Ottaviani (2012), S. 780. 80 Vgl. Ahlswede (2012), S. 7.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
15
entnehmen, dass die Höhe der Provisionen in den einzelnen Anlageklassen unterschied-
lich ist. Vor allem geschlossene Fonds, wie Umweltfonds mit bis zu 11 Prozent und
Schiffsfonds mit bis zu 13 Prozent, weisen hohe Ausgabeaufschläge aus.
Aufgrund der „Kick-Back-Rechtsprechung“, wodurch Berater auf Nachfrage der Kun-
den Rückvergütungen preisgeben müssen, sind zahlreiche Transaktionen veröffentlicht
worden.81 So haben z. B. die Deutsche Apotheker und Ärztebank für den Verkauf des
Schiffsfonds MPC MS „Santa P Schiffe“ 14 Prozent und die Deutsche Bank für den
Verkauf des Nordcapital-Fonds 13 Prozent erwirtschaftet.82 Derart hohe Erträge vermit-
teln dem Berater verständlicherweise starke Anreize und führen zu einem Interessen-
konflikt zwischen qualitativ hochwertiger Beratung und dem strikten Verkauf von Pro-
an den Rand der Insolvenz gebracht haben.113 Darüber hinaus geriet die Finanzbranche
durch die anhaltende Schuldenkrise in Europa und die permanente Gefahr drohender
Staatspleiten weiter in Verruf, da zum einen Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanz-
branche die öffentlichen Haushalte stark belastet haben und zum anderen Banken in der
öffentlichen Diskussion oft als Profiteure der Staatsschuldenkrise gebrandmarkt wur-
den.114
Über die Unsicherheit insbesondere bezüglich der Verwendung von Steuergeldern zur
Banken- und Staatenrettung hinaus, sind Kunden durch falsche Anlageberatung direkt
mit ihrem privaten Vermögen betroffen. So hat beispielsweise der Verkauf hochriskan-
ter, mehrfach verbriefter MBS-Konstruktionen an risikoaverse Kunden zu Negativ-
schlagzeilen und Empörung unter den Anlegern geführt. Zunehmend wird in den Medi-
en von solchen oder ähnlichen Fällen konsequenter Falschberatung berichtet, in denen
Anlageberater, getrieben von internen Verkaufszielen, die Kundenbedürfnisse außer
Acht lassen.115
Um das verlorene Kundenvertrauen zurück gewinnen zu können, sollte die Bank beim
direkten Kundenkontakt und damit der Beratung ansetzen um bestehende Missstände zu
beheben. Nur wenn Banken sich durch kontinuierliche und verlässliche Leistungen in
den Dienst ihrer Kunden stellen, kann ihr negatives Image korrigiert werden.
Da das bisher vorherrschende Vergütungsmodell der Provisionsberatung, wie im vorhe-
rigen Kapitel aufgezeigt, grundsätzlich für den Berater falsche Anreize setzt, besteht die
Notwendigkeit eines Modells, in dem eine optimale Kundenlösung garantiert wird. In-
wiefern die derzeit diskutierte Honorarberatung als Alternative kundenorientiertere An-
reize setzt, wird im folgenden Kapitel dargelegt.
113 Vgl. Pfingsten et al. (2012), S. 60. 114 Vgl. Winkler (2012), S. 456. 115 Siehe z. B. Bergmann (2008).
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
20
3 Die Honorarberatung als Alternative zum klassischen Provisionsmodell
3.1 Allgemeine Definition der Honorarberatung
Der folgende Abschnitt befasst sich mit der im deutschsprachigen Raum gängigen Defi-
nition und Begrifflichkeit der Honorarberatung.
Im Vergleich zur provisionsbasierten Anlageberatung liegt der entscheidende Unter-
schied der Honorarberatung in der Vergütungsform des Anlageberaters, die sich durch
das Verbot der Annahme von Zuwendungen in Form von Vertriebsentschädigungen und
Provisionen vom Produkthersteller auszeichnet.116
Entsprechend ist das erste Merkmal der Honorarberatung gemäß Definition der Grund-
sätze ordnungsmäßiger Finanzberatung, dass die Unabhängigkeit des Beraters als Leit-
motiv gegeben ist, sofern die Leistungserstellung nicht durch Eigeninteressen oder Inte-
ressen Dritter respektive der Produkthersteller beeinträchtigt wird. Leistungen des Bera-
ters dürfen somit keinesfalls durch Leistungen Dritter, sondern nur in Form eines vorab
vereinbarten Honorars durch den Kunden vergütet werden. Gelangen Leistungen Dritter
wie z. B. Provisionen aufgrund des Kundenbedarfs eines bestimmten Produktes in den
Wirkungsbereich des Anlageberaters, müssen diese vollständig an den Kunden weiter-
geleitet werden.117
Gemäß der zuvor aufgeführten Grundsätze definieren der Berufsverband deutscher Ho-
norarberater (BDH)118 und der Verbund deutscher Honorarberater (VDH)119 die Hono-
rarberatung wie folgt: „Honorarberatung ist eine Dienstleistung neutraler Berater, bei
der ausschließlich das Knowhow und der Zeitaufwand vergütet werden, [die] auf völli-
ger Transparenz und der Ablehnung jeglicher offener und versteckter Vergütungen
durch Dritte [beruht und] die nachhaltige Betreuung von Mandanten in deren aus-
schließlichen Interesse“120 verfolgt.
Die zuvor aufgeführten Grundsätze und Merkmale greift auch der derzeitige Gesetzent-
wurf zum Berufsbild des Honorar-Anlageberaters und des Honorar-
Finanzanlageberaters auf.121 Konkreter formuliert, wird hier die Forderung gestellt, dass
die Empfehlung des Beraters auf einer ausreichenden Anzahl von auf dem Markt ange-
116 Vgl. Franke et al. (2011), S. 16. 117 Vgl. Richter (2001), S. 161. 118 Der BDH ist eine im Jahr 2010 gegründete privatrechtliche Körperschaft mit dem Ziel der Förderung der Honorarberatung. 119 Der VDH ist in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft organisiert und im Jahr 2000 als erster Ser-vice- und Solutionsprovider für Honorarberater gegründeter worden. 120 Verbund deutscher Honorarberater (o. A.) oder Berufsverband deutscher Honorarberater (2010), S. 1. 121 Die Veröffentlichung des Gesetzentwurfs erfolgte im Dezember 2012. Kurzfristige und aktuelle Ver-änderungen können aufgrund des Abgabedatums der Arbeit nicht berücksichtigt werden.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
21
botenen Finanzinstrumenten basieren muss. Diese sollen hinsichtlich ihrer Art und ihres
Produktanbieters hinreichend gestreut sein und nicht ausschließlich von Anbietern
stammen, die in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Berater stehen.122
3.2 Honorarberatung in Deutschland
Im September 2008 erfuhr die Honorarberatung in Deutschland erstmalig größere Auf-
merksamkeit durch die Studie „Anforderungen an Finanzvermittler – mehr Qualität,
bessere Entscheidungen“ des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV). Die Studie zeigt grundsätzliche Missstände auf dem Fi-
nanzvermittlungsmarkt Deutschland auf, die zu großen Teilen zu Lasten des Verbrau-
chers gehen. Als eine Handlungsempfehlung zur Stärkung des Verbraucherschutzes
wird hierbei die Förderung der Finanzberatung ohne Produktverkauf bzw. die Honorar-
beratung vorgestellt und empfohlen.123
Die Alternative der Anlageberatung in Form einer Honorarberatung ist nach einer Um-
frage des Instituts für Management und Wirtschaftsforschung (IMWF) im Jahre 2010 le-
diglich zehn Prozent der Bevölkerung bekannt gewesen. Von den Befragten gaben nur
vier Prozent an, jemals eine solche Form der Beratung in Anspruch genommen zu ha-
ben. Grundsätzlich wurde festgestellt, dass unabhängig von der Höhe des Einkommens,
die meisten Teilnehmer der Stichprobenbefragung nicht dazu bereit waren für diese
Form der Anlageberatung zu zahlen. Die Provisionsberatung wurde von über 70 Prozent
der befragten Bevölkerung in den letzten fünf Jahren zum damaligen Zeitpunkt in An-
spruch genommen.124
Die Pioniere der Honorarberatung in Deutschland sind zum einen die Quirin Bank AG,
die seit 2006 als erste Bank Deutschlands ausschließlich das Geschäftsmodell der Hono-
rarberatung verfolgt, zum anderen der VDH, der sich seit dem Jahr 2000 als Anbieter
für Dienstleistungen rund um die Honorarberatung versteht. Zwei weitere relevante An-
bieter im Bereich der Honorarberatung in Deutschland sind die Direktbanken Cortal
Consors S.A. und comdirect Bank AG. Jene bieten ebenso wie die Quirin Bank AG
Honorarberatungen mit einem volumenabhängigen Vergütungsmodell sowie zu zahlen-
der Maximal- und/oder Mindestbeträge an. Die Quirin Bank AG bietet darüber hinaus
122 Vgl. o. V. (2012), S. 11. 123 Vgl. Habschick/ Evers/ Krüger (2008), S. 152. 124 Vgl. IMWF (2010), S. 11.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
22
als alternative Vergütungsform eine Mischform aus Erfolgsbeteiligungs- und Fixbetrag-
Modell an.125
Der Durchbruch der Honorarberatung in Deutschland lässt jedoch bislang, trotz der an-
haltenden generellen Vertrauenskrise der Kunden gegenüber den Banken und schlechter
Testergebnisse bei der Anlageberatung von Banken beispielsweise durch die Stiftung
Warentest, auf sich warten. Die Ursache hierfür liegt nach Konsens vieler Experten in
der nicht vorhandenen Bereitschaft des Kunden, für eine unabhängige Anlageberatung
Geld zu zahlen. Zudem existieren keine Gebührenordnungen, wie z. B. für Steuerberater
und Rechtsanwälte, was zu Unsicherheiten auf Seiten des Kunden führen kann, ein
möglicherweise ungerechtfertigtes Honorar zu zahlen.126
3.3 Verschiedene Vergütungsmodelle der Honorarberatung
Die Vergütung der als Honorarberatung bezeichneten Anlageberatung kann auf unter-
schiedliche Weise respektive durch verschiedene Preismodelle erfolgen. Grundsätzlich
wird zwischen vier Basis-Preismodellen und einzelnen Mischformen oder Kombinati-
onsmöglichkeiten aus diesen unterschieden.
Fixbetrag-/Pauschal-Preismodell
Das erste Basis-Preismodell ist das sogenannte Fixbetrag- /Pauschalpreis-Modell oder
auch Neudeutsch „Flatrate-Modell“.127 Hierbei wird über alle Beratungsleistungen hin-
weg für einen bestimmten Zeitraum ein Pauschalhonorar berechnet. Häufig findet es
Anwendung bei Kunden mit hohen und komplizierten Vermögenssituationen. Es zeich-
net sich durch absolute Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Kalkulierbarkeit für die
Beteiligten aus.128 Der Pauschalpreis wird kundenindividuell festgelegt, abhängig von
Depotstruktur, Vermögen und dem prognostizierten Anlageverhalten. Größtenteils fin-
det dieses Preismodell Anwendung in der Vermögensverwaltung oder dem Depotge-
schäft und wird mit „All-in-Fees“, bei denen neben der Beratung auch Transaktions-
und Verwaltungskosten in der Pauschale mit inbegriffen sind, angeboten.129
Volumenabhängiges Preismodell
Ein weiteres Basismodell für die Vergütung innerhalb der Honorarberatung ist die vo-
lumenabhängige Bepreisung. Hierbei wird je nach Vermögenshöhe oder auch unabhän-
125 Erläuterungen zu den einzelnen Vergütungsmodellen erfolgen im nächsten Kapital. Für die Konditio-nen der einzelnen Banken siehe: comdirect (2013), Cortal Consors (o. A.) und Hannemann, Felix (2010) 126 Vgl. Reuffer (2012). 127 Vgl. Rauch (2011), S.126 und Fritzsche (2007), S. 40. 128 Vgl. Fritzsche (2007), S. 40-41. 129 Vgl. Gerer et al. (2010), S. 35-37.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
23
gig von der Höhe ein prozentualer Anteil des Vermögens als Gebühr erhoben.130 Wird
der Prozentsatz als konstant festgelegt, erhält der Berater unter der Annahme, dass sich
der Arbeitsaufwand mit steigendem Vermögen bzw. Volumen erhöht, eine entsprechend
höhere Vergütung. Ist der Prozentsatz variabel, sind grundsätzliche drei Varianten die-
ses Modells mit linearen, degressiven oder progressiven Sätzen möglich. Zudem können
Maximal- oder auch Mindestbeträge festgelegt werden, um bei größeren Vermögen
preiswert zu bleiben und bei geringeren Vermögen rentabel zu sein. In der Praxis sind
die volumenabhängigen Modelltypen aufgrund der leicht nachvollziehbaren Bezugsba-
sis und einfacher Implementierung im Unternehmen häufig vorzufinden.131 Schwierig-
keiten ergeben sich durch die komplizierte Bewertung einzelner Vermögenswerte bzw.
durch die Preisschwankungen jener im Zeitablauf. So kann der Berater schnell dem
Vorwurf der Willkür bei seiner Preisgestaltung unterliegen. Zudem kann dem Kunden
in den meisten Fällen erst während der Anlageberatung, abhängig von der Allokation
seines Vermögens, eine exakte Preisauskunft erteilt werden.132
Stundenbasiertes Preismodell
Als dritte Möglichkeit ist die Bepreisung in Form von Honoraren für den geleisteten
Zeitaufwand zu nennen. Die Beratungsdauer wird, identisch zu der Vergütung von
Rechtsanwälten oder Steuerberatern, anhand der geleisteten Stunden oder anderer Zeit-
einheiten berechnet. Als Vorteil auf Seiten des Beraters kann die verursachungs- und
leistungsgerechte Zurechnung genannt werden, die abhängig von der Komplexität der
Anlageberatung bei einem größeren Zeitaufwand gerechterweise auch zu einer höheren
Vergütung führt. Ein Nachteil dieses Beratungsmodells besteht durch einen hohen Ver-
waltungs- und Organisationsaufwand, da die Erstellung von Rechnungen und eine ge-
naue Zeiterfassung nötig sind. Aufgrund des hierdurch hervorgerufenen höheren Fix-
kostenanteils im Vergleich zu anderen Beratungsmodellen, kann die Schlussfolgerung
gezogen werden, dass das Modell erst ab einer gewissen Beratungsmenge kostende-
ckend ist.133 Zudem kann der entstehende Anreizkonflikt, bedingt durch die Möglichkeit
einen höheren Zeitaufwand zu berechnen, als eigentlich geleistet, einen erheblichen
Nachteil auf Seiten des Kunden darstellen. Ebenso können Beratungsgespräche zum
Nachteil des Kunden künstlich in die Länge gezogen werden.134
130 Vgl. Fritzsche (2007), S. 40-41. 131 Vgl. Gerer et al. (2010), S. 21-22. 132 Vgl. Fritzsche (2007), S. 40-41. 133 Vgl. Gerer et al. (2010), S. 28-29. 134 Vgl. Fritzsche (2007), S. 41.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
24
Erfolgsabhängiges Preismodell
Das vierte und somit letzte Basis-Preismodell ist das erfolgsabhängige Beratungsmo-
dell, bei dem die Vergütung in Form eines Erfolgshonorars erfolgt. Abhängig von ei-
nem vorher definierten Kundennutzen wird je nach Höhe des erreichten Nutzens ein
Erfolgshonorar an den Berater gezahlt. Anwendungsbereiche sind auch hier in den
meisten Fällen die Vermögensverwaltung oder das Depotgeschäft. Hier kann bspw. die
positive Entwicklung des Depotvolumens für einen vorab festgelegten Zeitraum als
Bemessungsbasis des zu zahlenden Honorars dienen. Bis zur Erreichung des bestimm-
ten Zielzeitpunktes entstehen somit sowohl für den Berater, als auch für den Kunden
Preisrisiken. Nicht kalkulierbare Erträge für den Berater sowie Kosten für den Kunden
stellen einen gravierenden Nachteil dieses Vergütungsmodells dar.135 Zudem können
sich Interessenkonflikte durch unterschiedliche Risiko- und Zeitpräferenzen von Berater
oder Verwalter im Vergleich mit dem Kunden ergeben. Der Berater könnte geneigt sein
höhere Risiken zur Erzielung höhere Erträge einzugehen, da er an den Verlusten nicht
partizipiert. Die Erfolgsbeteiligung kann, ebenso wie bei dem volumenabhängigen Ver-
gütungsmodell, mit fixen, degressiven oder progressiven Anteilssätzen ausgestattet
werden.136
Weitere Vergütungsmodelle sind das Positionslisten-Modell, das Club-Modell und das
Relationship-Pricing-Modell.137
In der Praxis der Anlageberatung und Vermögensverwaltung sind häufig Mischformen
der zuvor vorgestellten Modelle vorzufinden. So erscheinen für unterschiedlich Anlage-
und Produktklassen sowie für unterschiedliche Beratungsprozesse (z. B. Beratungsteil,
Lösungsumsetzung oder Beschaffung) einzelne „Basis-Preismodelle“ vorteilhafter als
andere. 138
Es lässt sich festhalten, dass es in der deutschsprachigen Literatur keine eindeutigen
Abgrenzungen und Einordnungen der verschiedenen Preis- und Vergütungsmodelle
innerhalb der Themengebiete Honorarberatung, Depotgeschäft, Vermögensverwaltung
und Financial Planning gibt. Dies mag sicherlich an den zum Teil großen Schnittmen-
gen der einzelnen Bereiche liegen.
135 Vgl. Gerer et al. (2010), S. 31-32. 136 Eine detailliertere Auseinandersetzung mit Vor- und Nachteilen dieses Vergütungsmodells erfolgt dem Thema der Arbeit gemäß in den Kapiteln 4 und 5. 137 Aufgrund des Umfangs der Arbeit wird auf diese nicht weiter eingegangen. Für weitere Erläuterungen siehe: Gerer et al. (2010), S. 42-43. 138 Vgl. Rauch (2011), S. 125-126.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
25
3.4 Kritische Würdigung der Honorarberatung
Grundsätzlich kann es bei der Honorarberatung ebenso wie bei der Provisionsberatung
aufgrund von generellen Komplexitäten in der Anlageberatung zur Falschberatung
kommen. Hierunter wird die Empfehlung von Produkten verstanden, die sich bspw.
durch ihr Risiko oder ihre Fristigkeit als ungeeignet für den Kunden darstellen bzw.
seinen Präferenzen nicht entsprechen.139
Abhängig von dem angewendeten Vergütungsmodell der Honorarberatung können
schwerwiegende Interessenkonflikte, wie in Kapitel 3.3 beschrieben, zwischen Anlage-
berater und Kunden entstehen. Letztendlich besitzt auch ein Honorarberater ein pekuni-
äres Eigeninteresse und kann sich dem Kunden gegenüber opportunistisch verhalten.140
Schwierigkeiten können auch durch die Weiterleitung von Zuwendungen Dritter entste-
hen. Wird das entscheidende Anlagekriterium aus Sicht des Kunden die weitergeleitete
Provision, könnte dies eine suboptimale Anlageentscheidung zur Folge haben. Zudem
ist die Rückerstattung von Zuwendungen Dritter in der Praxis teilweise schwer umzu-
setzen. Für Kunden besteht der Anreiz Verträge abzuschließen, um die Provision zu
erhalten und diese Verträge anschließend wieder zu kündigen. Es ist ungewiss wie bei
vorzeitigen Vertragsbeendigungen von Seiten des Kunden mit der bereits weitergegebe-
nen Provision umgegangen werden soll. Eine Lösung des Problems besteht in der Be-
reitstellung von Nettotarifen, bei der die gleichen Produkte die zur Zeit nur mit Provisi-
onen zu erwerben sind, auch ohne Provision erhältlich sind.141
Grundsätzlich muss die Honorarberatung nicht zu einer Steigerung der Beratungsquali-
tät in jeder Hinsicht führen. Die Kernqualität der Beratung kann, ebenso wie bei der
Provisionsberatung vom Kunden im Vorhinein, nicht überprüft werden. Die Beurteilung
kann immer erst erfolgen, wenn es sprichwörtlich schon zu spät ist und ein Verlust er-
folgt ist. Durch das Vorhandensein von Informationsasymmetrien auf dem Anlagebera-
tungsmarkt ist es schwierig für den Kunden den Zusammenhang zwischen Preis und
Qualität der Beratung zu identifizieren. Folglich können gute Anlageberater nicht ein-
deutig durch ein höheres Honorar belohnt und schlechte Berater, z. B. durch Ausschei-
den aus dem Markt, angemessen „bestraft“ werden. Die Konsequenz daraus ist, dass
sich eine qualitativ gute aber teure Beratung, bedingt durch kostenintensive Qualifikati-
onen des Beraters, am Markt nur schwer durchsetzen lässt. Um die Beratungsqualität im
139 Vgl. Franke et al. (2011), S. 3. 140 Vgl. Oehler/Kohlert/Jungermann (2009), S. 2. 141 Tiefensee/Kuhlen (2012), S. 3.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
26
Vorfeld zu beurteilen, müsste eine Markttransparenz in der die signifikantesten und ent-
scheidenden Informationsasymmetrien abgeschafft sind, gegeben sein.142
Ob eine Honorarberatung im Gegensatz zu einer Provisionsberatung, letztendlich zu
einer Verbesserung des Status Quo, im Sinne einer Gesamtwohlfahrtssteigerung führen
würde, kann zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund unzureichender wissenschaftlicher Be-
funde nicht abschließend geklärt werden. Zumindest aber stellt sie eine Lösungsmög-
lichkeit dar, die zu einer Verbesserung für den Verbraucher durch verstärkten Wettbe-
werb unter den Beratern führen kann.
Mit Hilfe des nachfolgend skizzierten Erfolgs- und Verlustbeteiligungsmodell, in An-
lehnung an das so genannte Weitzman-Schema, sollen zum einen die zuvor beschriebe-
nen Interessenkonflikte der Honorarberatung gemindert und zum anderen Transparenz
bezüglich guter und schlechter Berater geschaffen werden. Diesbezüglich wird im fol-
genden Kapitel das Weitzman-Schema vorgestellt und zu einem Beteiligungsmodell in
der Anlageberatung angepasst.
142 Vgl. Kohlert (2008), S. 3 69.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
27
4 Entwicklung eines Beteiligungsmodells in Anlehnung an das Weitzman-Schema
4.1 Das ursprüngliche Weitzman-Schema
1976 entwickelte Martin L. Weitzman ein Modell zur Lösung von Anreizproblemen in
der Planwirtschaft der Sowjetunion.143
In einer Planwirtschaft kommt es zu Nutzenverlusten, wenn der Istwert der betrachteten
Größe beispielsweise Output, Produktivität oder Kosten positiv oder negativ vom Plan-
wert abweicht. Dies liegt auch im hohen Koordinationsbedarf einer Planwirtschaft be-
gründet. Wird der Planwert eines Vorproduktes unterschritten ist gleichzeitig die Plan-
erfüllung des Endproduktes nicht mehr möglich. Zugleich stiftet eine ungeplante
Outputsteigerung eines einzelnen Vorproduktes keinen Zusatznutzen beim Endpro-
dukt.144 Betrachtet man zum Beispiel die Autoproduktion, so würde bei konstantem
Planoutput eine Erhöhung der Reifenlieferung keinen Zusatznutzen bringen.
In der Koordination der Planwirtschaft bestehen, für den Fall dass ein klassisches Bo-
nussystem145 vorliegt, zwei grundlegende Anreizprobleme. Zum einen existiert ein stati-
sches Problem, da der Manager einen Anreiz hat, den Planenden von der Festlegung
eines niedrigen Zielwertes zu überzeugen. Denn je niedriger die Zielvorgabe für den
Manager, desto geringer ist das Risiko einer Unterschreitung und desto größer die
Chancen das Ziel zu übertreffen, um eine höhere Bonuszahlung zu erzielen. Dieses be-
sonders wichtige und schwerwiegende Problem führt dazu, dass die Ziele systematisch
zu niedrig gesetzt werden. Eine Kontrolle und Korrektur seitens der Planenden ist ohne
Überwachungskosten und somit Nutzeneinbußen nicht möglich.146 Zum anderen besteht
neben dem statischen ein dynamisches Anreizproblem. Die Festlegung zukünftiger Zie-
le basiert stets auf der aktuellen Performance. Werden heute die Ziele der Unternehmen
überschritten, wird der Planende die zukünftigen Zielwerte entsprechend erhöhen. Da-
raus resultierend hat der Manager den Anreiz sich weniger anzustrengen oder Anteile
des Outputs zurück zu halten, um in Folgeperioden einen niedrigeren Zielwert vom Pla-
nenden zu erhalten. Deshalb führt ein niedriger Zielwert nicht notwendigerweise zu
einer Übererfüllung durch den Manager. Selbst wenn diese adversen Anreize annahme-
gemäß nicht vorliegen, bringt ein zusätzlicher Output in einer Planwirtschaft keinen
143 Vgl. Weitzman (1976), S. 251. 144 Vgl. Weitzman (1976), S. 252. 145 Hierbei wird ein Zielwert vorgegeben. Eine Bonuszahlung erfolgt abhängig von der Zielwertüber-
schreitung, vgl. Weizman (1976), S. 252. 146 Vgl. Weitzman (1976), S. 252.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
28
Zusatznutzen, sofern er nicht antizipiert wurde. Auch eine kontinuierliche Erhöhung der
Zielwerte ist aufgrund der drohenden Unterschreitung nicht optimal.
Die Konsequenz des statischen Anreizproblems ist ein zu niedriger Zielwert in der aktu-
ellen Periode. Das dynamische Problem führt zu geringen Zielwerten in den Folgeperi-
oden.147
Um die genannten Probleme zu lösen ist der Bonus auf Basis des Zielwertes und nicht
ausschließlich am tatsächlich erzielten Wert zu ermitteln. Das auf diesem Prinzip auf-
bauende Modell besteht aus drei Phasen.
Zunächst bestimmt der Planende einen vorläufigen Zielwert 𝑦� und in Abhängigkeit da-
von einen Bonus B. In der darauf folgenden Planungsphase erhält das Unternehmen die
Möglichkeit einen abweichenden Zielwert 𝑦� zu definieren. Der angepasste Bonus ergibt
sich aus 𝐵� = 𝐵� + 𝛽(𝑦� -𝑦�). In der letzten Phase erhält der Manager einen Bonus in Ab-
hängigkeit vom tatsächlichen Output y und der von ihm definierten Zielgröße 𝑦� nach
Formel (2) bestimmt das Gehalt B des Anlageberaters pro Kunde. Grundlage des Gehal-
tes ist der Sockelbetrag 𝐵� , der dem Kunden pro Beratung in Rechnung gestellt wird.
Die Höhe dieses Betrages kann in Anlehnung an die Honorarberatung auf dem Bera-
tungsaufwand basieren, sollte aber im Sinne des Kunden den Standardsatz für eine Ho-
norarberatung deutlich unterschreiten. Alternativ ist auch ein Sockelbetrag pro Beratung
denkbar.154
Eine weitere Gehaltskomponente orientiert sich an der prognostizierten Rendite 𝑦�, ge-
wichtet mit dem Faktor 𝛽. Je höher die vom Kundenberater erwartete Rendite für den
konkreten Beratungsfall, desto höher fällt sein Gehalt aus. Der Anreiz eine unrealistisch 153 Die einzelnen Risikoklassen werden in Kapitel 5 näher konkretisiert. 154 Für eine Konkretisierung vgl. die Fallbeispiele in Kapitel 5.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
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hohe Rendite zu prognostizieren wird durch die Verlustbeteiligung eliminiert. An den
negativen Abweichungen zwischen tatsächlicher und prognostizierter Rendite partizi-
piert der Berater mit dem Faktor 𝛾. Da nach dem Weitzman-Schema 𝛾 > 𝛽 gilt, führt
also ein zu hohes nicht erfülltes Renditeversprechen, zu einem niedrigeren Gesamtge-
halt als bei einem realistischen Renditeversprechen. Die Verlustbeteiligung darf dabei
maximal der Höhe des Sockelbetrages entsprechen. Dementsprechend muss ergänzend
zu Formel (2) folgendes gelten:
𝐵 = 𝑀𝑎𝑥. {𝐵� + 𝛽 ∗ 𝑦� − 𝛾(𝑦� − 𝑦),𝑤𝑒𝑛𝑛 𝑦 < 𝑦�; 0}
Kommt es hingegen zu einer Überschreitung der Zielrendite, so partizipiert der Kun-
denberater mit dem Faktor 𝛼 an der Überrendite. Der Vorteil für den Berater ist aber
aufgrund von 𝛼 < 𝛽 geringer, als wenn dieser von vornherein die richtige Rendite anti-
zipiert hätte.
Analog zum Weitzman-Schema erhält der Berater somit stets den Anreiz die zum der-
zeitigen Zeitpunkt realistische Rendite zu prognostizieren. Der Kunde hat dadurch Ge-
wissheit von seinem Anlageberater verlässliche und realistische Renditeerwartungen für
die vorliegenden Anlageoptionen zu erhalten. Ebenso kann der Kunde sich aufgrund der
Verlustbeteiligung und einer anteiligen Risikoübernahme durch den Anlageberater da-
rauf verlassen, dass der Berater keinerlei Anreize hat entgegen der Interessen des Kun-
den zu handeln.
Die Anreizproblematik im Provisionsmodell, die darin besteht, dass Produkte provisi-
onsgetrieben entgegen der Kundeninteressen verkauft werden, wird im vorgestellten
Modell durch die Verlustbeteiligung aufgehoben.
Der Verkauf von besonders beratungsintensiven Produkten, der sich bei der stundenba-
sierten Honorarberatung für den Anlageberater lohnt, bringt hier aufgrund des fixen
Sockelbetrags keinen zusätzlichen Nutzen.
Ein konkreter Vergleich der verschiedenen Beratungsmodelle erfolgt anhand von Fall-
beispielen in Kapitel 5.
4.2.3 Aufgabe und möglicher Nutzen der Banken
Im Grundmodell wird lediglich Bezug auf die strategische Beziehung zwischen dem
Kunden auf der einen und dem Anlageberater auf der anderen Seite genommen. Als
Angestellter repräsentiert der Berater jedoch die Bank und die Qualität seiner Hand-
lungsempfehlungen wird dadurch vom Kunden direkt mit der Qualität der Bank in Zu-
sammenhang gebracht. Somit ist es im Sinne der Bewältigung der Vertrauenskrise der
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
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Banken von großer strategischer Wichtigkeit Kundenzufriedenheit zu erreichen. Wer-
den dem Kunden im Rahmen eines transparenten und anreizkompatiblen Vergütungs-
modells ausschließlich Produkte mit verlässlichen Renditeversprechungen verkauft, die
seinen Risikovorstellungen entsprechen, bildet dies die Grundlage für die Rückgewin-
nung des Kundenvertrauens.
Im Kontext der Anlageberatung stellt die Bank als Arbeitgeber dem Anlageberater die
notwendige Infrastruktur und wichtiges Know-How zur Verfügung und ermöglicht dem
Berater dadurch eine realistischere Prognose zu treffen. Die wichtigste Aufgabe der
Bank ist damit die Selektion und Einstellung von Beratern, die sich durch Fachwissen,
Expertise und Verlässlichkeit auszeichnen und außerdem bereit sind zum dargestellten
Vergütungsmodell zu arbeiten. Durch erfolgreiche Beratung und damit einer steigenden
Kundenzufriedenheit kann sich langfristig das Image in der Öffentlichkeit deutlich ver-
bessern. Dazu ist bei einer Umstellung des Vergütungsmodelles eine entsprechende
Marketingkampagne notwendig, um bestehende Kunden zu informieren und neue Kun-
denkontakte herzustellen.
4.2.4 Grenzen der praktischen Anwendbarkeit des Beteiligungsmodells
Bei der praktischen Umsetzung stößt das Modell aufgrund restriktiver Annahme an
Grenzen, welche im weiteren Verlauf aufgezeigt werden.
Die Annahme einer einperiodigen Betrachtung, deren Länge vom Anlagehorizont des
Kunden abhängig ist, führt zu zwei grundlegenden Problemen. Es stellt sich die Frage
nach dem Zeitpunkt für die Auszahlung des Beratergehaltes. Bei einem Anlagehorizont
von beispielsweise zehn Jahren, wäre eine erfolgsabhängige Vergütung zum Ende des
Anlagezeitraums für den Berater unzumutbar. Eine vorzeitige Auszahlung, verbunden
mit einer verpflichtenden Rückstellung für mögliche Verluste, könnte diesem Problem
jedoch entgegenwirken.
Auf Kundenseite muss in der Realität davon ausgegangen werden, dass ein Kunde eine
Beratungsleistung häufiger als angenommen in Anspruch nimmt und jeweils nur einen
Teil seines Vermögens anlegen möchte. Darüber hinaus ist es denkbar und aus Diversi-
fikationsgründen sinnvoll, dass ein Kunde sein Vermögen auf mehrere Risikoklassen
verteilen möchte. Betrachtet man jeden Abschluss mit einem Kunden innerhalb des
Modells als separates Neugeschäft, kann von dieser Problematik abstrahiert werden.
Bei der Betrachtung des Beraters ist auf verschiedene Aspekte einzugehen. Zunächst
scheint die Annahme eines risikoneutralen Beraters insbesondere bei selbständigen An-
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
34
lageberatern als unrealistisch. Da das vorgestellte Modell die Vergütung eines Beraters
innerhalb einer Bank neu reglementieren soll, kann zumindest bei größeren Instituten
davon ausgegangen werden, dass durch eine große Anzahl heterogener Privatkunden
eine Diversifizierung stattfindet, wodurch die Problematik relativiert wird.
Die kritischste Annahme des Modells bezieht sich auf die Möglichkeit und Zuverlässig-
keit einer Renditeprognose durch den Anlageberater. Insbesondere im Falle starker
Konjunktureinbrüche bedingt durch nicht antizipierbare makroökonomische Schocks,
besteht für den Berater die Gefahr hoher Gehaltseinbußen, obwohl er nach bestem Wis-
sen beraten hat. Ein möglicher Lösungsansatz wäre die Kopplung der Renditeprognose
an repräsentative Indizes, wie beispielsweise dem deutschen Aktienindex. Dies würde
für den Berater jedoch lediglich den Anreiz einer Anlage in passive konjunkturbezogene
Fonds bieten, da das Risiko einer falschen Prognose auf diesem Weg vollständig elimi-
niert werden kann. Inwiefern die Folgen einer solchen Umstellung positiv oder negativ
im Hinblick auf den Kundennutzen zu bewerten sind bleibt zu diskutieren. Als Lö-
sungsansatz zur Behebung der Vertrauenskrise ist eine entsprechende Kopplung an In-
dizes fraglich, da das Einkommen des Kundenberaters unabhängig von dem Kunden
gegebenen Renditeversprechen ist. Ein weiterer realitätsnäherer Lösungsansatz ist die
Beschränkung des dargestellten Modells auf einen Gehaltsbonus, der zusätzlich zu ei-
nem fixen Grundgehalt ausgezahlt wird. In diesem Falle wäre die Einrichtung eines
Bonuskontos für jeden Berater notwendig, welches die Bonuszahlungen über alle Kun-
den aggregiert. Dieser Ansatz würde dem Berater mehr Einkommenssicherheit bieten
und das Modell praxisnäher gestalten.
Innerhalb des ursprünglichen Modells findet mit der Zeit eine positive Selektion zwi-
schen den Beratern statt. Nur Berater mit einem ausgeprägten Sachverstand und einem
entsprechenden Beratungserfolg in einem angemessenen Zeitraum sind so in der Lage
am Markt zu bestehen. Dieser Effekt ist im Sinne der Rückgewinnung des Kundenver-
trauens insbesondere im Privatkundengeschäft durchaus wünschenswert und förderlich.
Aus der Perspektive der Bank bleibt zu klären, inwiefern das vorgestellte Modell eine
ausreichende Rentabilität sicherstellt. Da die Bank weiterhin von den Emittenten eine
Verkaufsprovision erhält, bestehen auch weiterhin Anreize dazu, die hauseigenen Kun-
denberater zum Verkauf entsprechend der höchsten Provision zu drängen. Da das darge-
stellte Beratungsmodell aber darauf ausgelegt ist, von den Banken zur Gewinnung von
Kundenvertrauen freiwillig angewendet zu werden, kann von diesem Punkt abgesehen
werden. Werden die aufgrund der Emittentenprovision entstehenden Anreize an die
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
35
Berater weitergegeben, wird der Vertrauensgewinn eliminiert. Einer möglicherweise
sinkenden Rentabilität der Bank durch die Umsetzung des Modells kann durch eine
steigende Kundenzahl und Geschäftsabschlüsse aufgrund des Vertrauensvorsprunges
gegenüber konkurrierenden Kreditinstituten kompensiert werden.
Anreizeffekte und Konsequenzen hinsichtlich Renditen und Kosten für den Kunden bei
der Anwendung des Weitzman-Schemas als Beteiligungsmodell in der Anlageberatung
werden im folgenden Kapitel mit der Honorar- und Provisionsberatung in einer Fallstu-
die verglichen.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
36
5 Fallstudie 5.1 Das Weitzman-Beteiligungsmodell anhand von vier Szenarien
In diesem Kapitel wird das Weitzman-Schema als Beteiligungsmodell in der Anlagebe-
ratung anhand konkreter Fallbeispiele veranschaulicht. Diesbezüglich werden drei Sze-
narien betrachtet, die die Vergütung des Beraters pro Kunde sowie die relativen Kosten
des Anlegers in Abhängigkeit der prognostizierten und der tatsächlichen Rendite dar-
stellen. Das erste Szenario zeigt, wie hoch die Vergütung des Beraters und die relativen
Kosten des Anlegers sind, wenn die prognostizierte Rendite unter der tatsächlichen
Rendite liegt. Im zweiten Szenario stimmen sowohl prognostizierte Rendite als auch
tatsächliche Rendite überein, was im Weitzman-Beteiligungsmodell den Idealfall dar-
stellt. Das dritte Szenario zeigt die Konsequenzen, die ein Berater tragen muss, wenn er
eine Rendite prognostiziert, die über der tatsächlichen liegt.
Anschließend werden die drei Szenarien mit Fallbeispielen aus dem Provisions- und
Honorarmodell verglichen, um das Weitzman-Beteiligungsmodell auf seine praktische
Anwendbarkeit zu überprüfen.
Zu den in Kapitel 4.3.1 festgelegten Annahmen wird ein fixer Sockelbetrag in Höhe von
63€ angenommen. Dieser Wert wurde in einer Studie der Universität Mainz in Zusam-
menarbeit mit der Honorarberatung AG und der Unternehmensberatung MC4MS ermit-
telt, in der 990 Teilnehmer befragt wurden, wie viel sie für eine unabhängige Beratung
zahlen würden.155 Des Weiteren wird in jedem Fall ein Kunde mit einem konstanten
Anlagevolumen in Höhe von 50.000€ betrachtet, um eine Vergleichbarkeit zwischen
den Fällen zu schaffen. Das Anlagevolumen wird vollständig in eine Risikoklasse in-
vestiert, Portfolios aus verschiedenen Risikoklassen werden nicht betrachtet. Definiert
werden fünf verschiedene Risikoklassen, die jeweils aus mehreren Finanzinstrumenten
bestehen. Die in den Tabellen aufgeführten Finanzinstrumente sind Beispiele, aus denen
der Berater nach eigenem Ermessen durch Kombination die prognostizierte Rendite
ermitteln kann. Für jede Anlage in eine Risikoklasse wird eine Periode betrachtet, wo-
bei die Periode vom gewünschten Anlagezeitraum des Anlegers abhängig ist. In den
Szenarien wird davon ausgegangen, dass der Anlagezeitraum mit der Risikoklasse
steigt. Risikoklasse 5 hat daher einen längeren Anlagezeitraum als Risikoklasse 4, damit
eine Prognose bei stark volatilen Finanzinstrumenten leichter möglich ist.
155 Vgl. Mühlauer (2010).
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
37
Tabelle 3: Szenario 1 Das erste Szenario wird in Tabelle 3 betrachtet. Die erste Zeile stellt den Fall einer An-
lage von 50.000€ in die Risikoklasse 1 dar. Auffällig ist, dass die Beteiligungsquoten
jeweils null Prozent betragen. Zu begründen ist dieser Wert mit dem Aufwand, den ein
Berater in einer solchen Situation zu leisten hat. Kurzfristiges Termingeld oder Sparein-
lagen besitzen eine sehr geringe Volatilität und sind somit leicht zu prognostizieren. Der
fixe Sockelbetrag in Höhe von 63€ reicht in dem Fall zur Kompensation des Beraters.
Der Kunde trägt daher nur Kosten in Höhe des fixen Sockelbetrags. Ab Risikoklasse 2
und 3 werden die Besonderheiten des Weitzman-Beteiligungsmodells ersichtlich. Die
Formel, die bei einer Überschreitung der prognostizierten Rendite angewendet wird,
lautet:
𝐵� + 𝛽 ∗ 𝑦� + 𝛼(𝑦 − 𝑦�) ,𝑤𝑒𝑛𝑛 𝑦 ≥ 𝑦�
𝐵� ist der schon vorher erwähnte fixe Sockelbetrag. 𝛽 entspricht der Beteiligungsquote,
die mit der prognostizierten Rendite bzw. dem prognostiziertem Gewinn multipliziert
wird. Um absolute Werte zu erhalten, wird 𝑦� definiert als der prognostizierte Gewinn,
also die prognostizierte Rendite multipliziert mit dem konstantem Anlagevolumen in
Höhe von 50.000€. Für Risikoklasse 3 ist der prognostizierte Gewinn 𝑦� = 3,00% ∗
50.000 = 1.500€ . Eine Prognose von 3,00% gewährt dem Berater daher 𝛽 ∗ 𝑦� =
0,15 ∗ 1500 = 225€.
Da der tatsächliche Gewinn von 𝑦 = 4,50% ∗ 50.000 = 2.250€ jedoch über dem
prognostiziertem Gewinn 𝑦� =1.500€ liegt, erhält der Berater zusätzlich die Differenz
aus (𝑦 − 𝑦�) = 2.250 − 1.500 = 750€ mit der Beteiligungsquote bei Überschreitung
𝛼 = 0,105, daher 𝛼(𝑦 − 𝑦�) = 0,105 ∗ 750 = 79€. Das entspricht einer Gesamtvergü-
tung für den Berater von 𝐵� + 𝛽 ∗ 𝑦� + 𝛼(𝑦 − 𝑦�) = 63 + 225 + 79 = 367€.
Die Beteiligungsquote 𝛼 liegt 30%156 unter der Beteiligungsquote 𝛽. Das heißt, dass der
Berater an dem zusätzlichen Gewinn weniger partizipiert als an seinem prognostizier-
tem Gewinn. Hätte der Berater die tatsächliche Rendite in Höhe von 4,50% prognosti-
ziert, statt den 3,00%, wäre seine Vergütung dementsprechend höher ausgefallen. Dieser
Fall wird in Szenario 2 ausführlich behandelt. Auffallend ist, dass die Beteiligungsquo-
ten mit den Risikoklassen steigen. Während Risikoklasse 3 ein 𝛽 = 0,15 aufweist, liegt
die Beteiligungsquote in der Risikoklasse 5 bei 𝛽 = 0,25. Dies ist mit einem Mehrauf-
wand zu begründen, den ein Berater leisten muss, um eine realistische Prognose bei
hoher Volatilität zu ermitteln. Durch die Erhöhung der Beteiligung steigen auch die
Vergütung des Beraters und damit die relativen Kosten des Kunden. Die Kosten des
Kunden ergeben sich aus der Vergütung des Beraters pro Kunden dividiert durch die
Anlagesumme. Für Risikoklasse 3 sind es Kosten in Höhe von �����.���
= 0,734%.
Eine Anlage in Risikoklasse 5 bei einer prognostizierten Rendite von 12% und einer
tatsächlichen Rendite von 18% führt hingegen zu relativen Kosten in Höhe von 4,175%.
Diese drastische Kostensteigerung für den Kunden bzw. Gewinnsteigerung für den Be-
rater könnte zu der Annahme führen, dass Anreize bestehen, den Kunden in eine riskan-
te Risikoklasse einzustufen. Der Anreiz wird jedoch durch die Annahme der Selbstein-
teilung des Kunden eliminiert. Wie in Kapitel 4.3.1 erwähnt, teilt sich der Kunde wäh-
rend des Beratungsgespräches selber in eine vorgegebene Risikoklasse ein. Außerdem
steigt mit der Gewinnbeteiligung 𝛽 die Verlustbeteiligung 𝛾, da diese um 30% höher ist.
Mit steigender Risikoklasse steigt somit die Verlustbeteiligung, was den Anreiz verrin-
gert stets in eine höhere Risikoklasse zu investieren. Die Verlustbeteiligung wird in
Szenario 3 näher betrachtet. Aus Sicht des Kunden können die relativen Kosten von
156 𝛼 sollte nach Weitzman mindestens 30 Prozent kleiner und 𝛾 sollte mindestens 30 Prozent größer sein als 𝛽. In der Fallstudie wird von jeweils genau 30 Prozent ausgegangen. Vgl. Weitzman (1976), S. 5.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
39
4,175% im Vergleich zu den anderen Risikoklassen eher verkraftet werden, da ihnen
eine Rendite in Höhe von 18% gegenübersteht.
Tabelle 4: Szenario 2
Nun wird Szenario 2 betrachtet. Aus Tabelle 4 wird ersichtlich, dass in diesem Szenario
nur die Beteiligungsquote 𝛽 relevant ist. Aus der vorher betrachteten Formel:
𝐵� + 𝛽 ∗ 𝑦� + 𝛼(𝑦 − 𝑦�) ,𝑤𝑒𝑛𝑛 𝑦 ≥ 𝑦�
fällt der Anteil bei einer Überschreitung weg, da (𝑦 − 𝑦�) = 0 ist. Übrig bleibt:
𝐵� + 𝛽 ∗ 𝑦�
Der Unterschied zwischen Szenario 1 und 2 liegt in der prognostizierten und der tat-
sächlichen Rendite. In Szenario 2 sind diese genau gleich. Eine Beteiligung an einer
Überschreitung der prognostizierten Rendite wird demnach überflüssig. Der Berater hat
in diesem Fall eine optimale Arbeit geleistet. Dies ist auch an der Vergütung des Bera-
ters ersichtlich. Während er bei einer prognostizierten Rendite von 3,00% und einer
tatsächlichen Rendite von 4,50% eine Vergütung in Höhe von 367€ erwirtschaftet hat,
bekommt er für die genaue Prognose eine Vergütung in Höhe von 401€ pro Kunde.
Noch deutlicher wird der Unterschied in Risikoklasse 5. Für eine richtige Prognose von
Tabelle 10: Vergleich des Weitzman-Beteiligungsmodells mit der volumenabhängigen Honorar-beratung
Im Vergleich mit dem Weitzman-Beteiligungsschema stellt sich heraus, dass dieses in
den Risikoklassen eins bis drei in jedem Fall günstiger ist, als die volumenabhängige
Honorarberatung. In den Risikoklassen vier und fünf kann das Weitzman-
Beteiligungsmodell je nach Szenario teurer sein. Bei den volumenabhängigen Tarifen
fällt weiterhin auf, dass diese unabhängig von der Risikoklasse und dem Erfolg der An-
lage stets die gleichen Kosten verursachen.161 Das hat sowohl für die beratende Bank als
160 Vgl. comdirect (2013). 161 Von der Tatsache, dass sich bei Gewinnen oder Verlusten auch das Anlagevolumen ändert, wird auf-grund der einperiodigen Betrachtung abstrahiert.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
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auch für den Anleger den Vorteil, dass ihre Einnahmen bzw. Kosten leicht zu kalkulie-
ren sind und konstant bleiben. Der angenommene steigende Aufwand des Beraters mit
steigender Risikoklasse ist bei dieser Vergütungsform nicht entsprechend berücksich-
tigt. Daher ergibt sich für die Bank der Nachteil, dass der steigende Arbeitsaufwand
ihrer Berater nicht vergütet wird.
Genau wie bei der der Beratung auf Provisionsbasis (siehe Kapitel 5.2) sind die Kosten
der Beratung auf Stundenbasis und der volumenabhängigen Honorarberatung unabhän-
gig von dem erzielten Erfolg. An diesem Punkt kommt die Stärke des Weitzman-
Beteiligungsmodells zum Tragen, bei dem die Bank am Anlageerfolg beteiligt ist und
daher einen stärkeren Anreiz zu einer qualitativ hochwertigen Beratung hat. Der Anle-
ger hat den Vorteil, dass er eine genaue Prognose erhält und er bei deren Verfehlung
entsprechend weniger zu zahlen hat.
6 Fazit
Die deutsche Bevölkerung hat aus vielen Gründen das Vertrauen in den Bankensektor
verloren. Themen wie die Rettung von Banken und ganzer Staaten bestimmen seit Aus-
bruch der Finanzkrise die Berichterstattung der Medien. Politische Krisengipfel und
milliardenschwere Rettungspakete sind zur Normalität geworden.
In der Staatsschuldenkrise sind Missstände nicht zwingend auf das Fehlverhalten von
Banken zurückzuführen. Aber dennoch haben Banken in der Bevölkerung im Laufe der
Krise zunehmend an Ansehen verloren.
Doch auch Skandale innerhalb der Finanzbranche, wie die Manipulation des LIBORs,
haben zu großem Misstrauen beigetragen.
Darüber hinaus sind im Laufe der Finanzkrise bestehende Interessenkonflikte bei der
vorherrschenden provisionsbasierten Anlageberatung verstärkt in das Bewusstsein der
Öffentlichkeit gerückt. Da Berater häufig nicht den Kundennutzen, sondern allein die
Höhe der Provision in den Vordergrund rücken, kann es vermehrt zu Falschberatungen
kommen, die zu Vermögenseinbußen auf Seiten der Privatkunden führen.
Um die Vertrauenskrise zu lösen, obliegt es den Banken die aufgezeigten Missstände in
der Anlageberatung zu beheben, da diese die wichtigsten Ursachen der Vertrauenskrise
sind, die direkt von den Banken behoben werden können. Auch die als geeignetere Al-
ternative diskutierte Honorarberatung ist je nach Ausprägungsform nicht frei von Inte-
ressenkonflikten.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2013
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Das vorgestellte Vergütungssystem, basierend auf dem Weitzman-Schema, hebt durch
die Erfolgs- und Verlustbeteiligung jegliche Interessenkonflikte auf, wodurch stets eine
bestmögliche Empfehlung durch den Berater garantiert wird.
Darüber hinaus stellt die spezifische Modifikation des Vergütungsmodells eine mög-
lichst präzise und verlässliche Renditeprognose sicher. Dies trägt zusätzlich zur Rück-
gewinnung des Kundenvertrauens bei.
Die Verlustbeteiligung führt aus Kundensicht zu einer positiven Selektion, da durch sie
schlechte Berater kontinuierlich vom Markt verdrängt werden.
Zu diskutieren bleibt, inwiefern ein Berater bei stark volatilen Märkten überhaupt in der
Lage ist, eine realistische Prognose zu treffen. Aufgrund längerfristiger Anlagezeiträu-
me für volatilere Werte kann dem jedoch entgegengewirkt und die Bestimmung akzep-
tabler Prognosen ermöglicht werden.
Ebenso ist besonders der Vergütungszeitpunkt des Beraters am Ende des Anlagezeit-
raumes kritisch zu betrachten und bedarf ähnlich der übrigen Annahmen weiterer Über-
legungen.
Inwiefern das vorgestellte Modell den ökonomischen Anforderungen in der Praxis ge-
nügt und welche Anpassungen erforderlich sind, ist zu überprüfen. Jedoch können mög-
liche Rentabilitätseinbußen seitens der Bank durch wachsendes Kundenvertrauen res-
pektive steigende Kundenzahlen ausgeglichen werden.
Durch die Anwendung des Modells konvergieren die Interessen des Kunden mit denen
des Beraters. Sobald Anlegern dies durch Marketingmaßnahmen verständlich vermittelt
wird, ist die Grundlage geschaffen verlorenes Kundenvertrauen zurückzugewinnen.
Einer Bank kann es dadurch gelingen zuvor verunsicherte Anleger als Kunden zu ge-
winnen und damit gegenüber konkurrierenden Unternehmen einen entscheidenden
Wettbewerbsvorteil zu generieren.
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Literaturverzeichnis
Aboulian, Baptiste (2011): Green light for UK’s commission ban, Financial Times,