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Autoren-PDF PORTRÄT EINER ARZNEIPFLANZE 140 Heinrich M, Dhanji T, Casselman I. Açaí (Euterpe oleracea Mart.) Zeitschrift für Phytotherapie 2012; 33: 140 –150 © Jakob Kamender Michael Heinrich 1,2 , Tasleem Dhanji 1 , Ivan Casselman 1 Seit einigen Jahren werden Açaí-Beeren [sprich assai:] als ein Nahrungsergänzungs- mittel vermarktet, dem außergewöhnliche gesundheitliche Wirkungen nachgesagt werden: rasche Gewichtsabnahme, Verbes- serung der Verdauung, Vorbeugung gegen kardiovaskuläre Erkrankungen und Verhin- derung des Alterungsprozesses (37, 50, 61). Mehrere Hersteller haben Açaí-Produkte in Form von Tabletten, Saft, Energiedrinks, Pulver und Smoothies aggressiv vermark- tet, insbesondere in Nordamerika (v. a. USA), Europa und Japan (11, 18). Ihre Be- hauptungen gründen sich auf eine angeb- lich besondere phytochemische Zusam- mensetzung der Beeren und der daraus hergestellten Produkte, mit einzigartigen antioxidativen Eigenschaften. Açaí ist eines der ersten Beispiele für die wirksame Vermarktung und Verbreitung lokaler Produkte auf einem weltweiten Markt mithilfe des Internets. Die Populari- tät der Pflanze begann zunächst in den USA und wird mit der bekannten Showmasterin Oprah Winfrey in Verbindung gebracht, die im November 2004 die Açaí-Beere und ihre möglichen gesundheitlichen Wirkungen (wie Anti-Aging-Effekt, Stärkung des Im- munsystems und Verbesserung des Ener- gieniveaus) erstmals erwähnte, auch wenn sie diese Behauptungen nie offiziell unter- stützt oder bestätigt hat (65). Dieses Phä- nomen ist Teil eines weltweiten Prozesses, bei dem lokale Produkte zu globalen Han- delswaren werden (25, 48, 58). Zu den wichtigsten Behauptungen in den Anzeigenkampagnen für Açaí zählen ra- scher Gewichtsverlust, Verbesserung der sexuellen Funktionen, Verlangsamung des Alterungsprozesses und lebensverlängern- de Wirkung, was zu großen Bedenken bei den zuständigen Behörden führte (13–15). Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass Nah- rungsmittel mit hohem Gehalt an Anti- oxidanzien, wie Polyphenolen, Phenolsäu- ren, Flavonoiden und Carotinoiden, das Ri- siko für kardiovaskuläre Erkrankungen so- wie einige Krebsarten verringern können (66). Der vorliegende Beitrag fasst daher die verfügbaren Informationen zur Anwen- ZUSAMMENFASSUNG Die Früchte der Kohlpalme Euterpe oleracea Martius (»Açaí-Beeren«) werden als Nah- rungsergänzungsmittel mit einem breiten Spektrum gesundheitlicher und therapeu- tischer Wirkungen propagiert, die auf den hohen Gehalt an Antioxidanzien zurück- zuführen sein sollen. In vielen Regionen Brasiliens hat die Palme eine lange Ge- schichte als Heilpflanze sowie als Nahrungslieferant. Traditionell werden die Früchte zur Behandlung von Fieber, Hauterkrankungen, Verdauungsstörungen und Parasi- tenbefall eingesetzt. Die Açaí-Beere besitzt einen relativ hohen Gehalt an Polyphe- nolen, der in verschiedenen (meist In-vitro-) Studien mit antioxidativen, entzün- dungshemmenden, antiproliferativen und kardioprotektiven Eigenschaften in Ver- bindung gebracht wird. Der vorliegende Beitrag fasst das gesicherte Wissen über die Phytochemie und Pharmakologie der Pflanze (sowie deren Grenzen) zusammen. Da es bisher nur wenige Studien gibt, sind die Ergebnisse größtenteils nicht eindeutig. Açaí besitzt ein vielversprechendes Potenzial im Bereich antiproliferativer und kar- dioprotektiver Wirkung, doch weitere Untersuchungen sind notwendig. Die vielfach geltend gemachten gesundheitlichen Wirkungen der Pflanze können nur in begrenz- tem Umfang bestätigt werden. Euterpe oleracea Mart., Açaí, Arecaceae (Palmae), Gewichtsabnahme, kardiovaskuläre Gesundheit, Nutrazeutika, traditionelle Medizin, traditionelle Nahrungsmittel Schlüsselwörter * Aktualisierte und gekürzte Übersetzung der Publikation von Heinrich et al. in Phytochemistry Letters 2011; 4: 10–21 1 Center for Pharmacognosy and Phytotherapy, The School of Pharmacy (University of London), 29–39 Brunswick Sq., London WC1N 1AX, UK 2 Southern Cross Plant Science, Centre for Phyto- chemistry and Pharmacology, Southern Cross University, Lismore NSW 2480, Australia Açaí (Euterpe oleracea Mart.) Eine phytochemische und pharmakologische Beurteilung des möglichen therapeutischen Nutzens*
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Heinrich et al 2012-Acai-ZPT

Jan 21, 2023

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Michael Heinrich1,2, Tasleem Dhanji1, Ivan Casselman1

Seit einigen Jahren werden Açaí-Beeren[sprich assai:] als ein Nahrungsergänzungs-mittel vermarktet, dem außergewöhnlichegesundheitliche Wirkungen nachgesagtwerden: rasche Gewichtsabnahme, Verbes-serung der Verdauung, Vorbeugung gegenkardiovaskuläre Erkrankungen und Verhin-derung des Alterungsprozesses (37, 50, 61).Mehrere Hersteller haben Açaí-Produkte inForm von Tabletten, Saft, Energiedrinks,Pulver und Smoothies aggressiv vermark-tet, insbesondere in Nordamerika (v. a.

USA), Europa und Japan (11, 18). Ihre Be-hauptungen gründen sich auf eine angeb-lich besondere phytochemische Zusam-mensetzung der Beeren und der daraushergestellten Produkte, mit einzigartigenantioxidativen Eigenschaften.

Açaí ist eines der ersten Beispiele für diewirksame Vermarktung und Verbreitunglokaler Produkte auf einem weltweitenMarkt mithilfe des Internets. Die Populari-tät der Pflanze begann zunächst in den USA

und wird mit der bekannten ShowmasterinOprah Winfrey in Verbindung gebracht, dieim November 2004 die Açaí-Beere und ihremöglichen gesundheitlichen Wirkungen(wie Anti-Aging-Effekt, Stärkung des Im-munsystems und Verbesserung des Ener-gieniveaus) erstmals erwähnte, auch wennsie diese Behauptungen nie offiziell unter-stützt oder bestätigt hat (65). Dieses Phä-nomen ist Teil eines weltweiten Prozesses,bei dem lokale Produkte zu globalen Han-delswaren werden (25, 48, 58).

Zu den wichtigsten Behauptungen in denAnzeigenkampagnen für Açaí zählen ra-scher Gewichtsverlust, Verbesserung dersexuellen Funktionen, Verlangsamung desAlterungsprozesses und lebensverlängern-de Wirkung, was zu großen Bedenken beiden zuständigen Behörden führte (13–15).Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass Nah-rungsmittel mit hohem Gehalt an Anti-oxidanzien, wie Polyphenolen, Phenolsäu-ren, Flavonoiden und Carotinoiden, das Ri-siko für kardiovaskuläre Erkrankungen so-wie einige Krebsarten verringern können(66). Der vorliegende Beitrag fasst daherdie verfügbaren Informationen zur Anwen-

ZUSAMMENFASSUNGDie Früchte der Kohlpalme Euterpe oleracea Martius (»Açaí-Beeren«) werden als Nah-rungsergänzungsmittel mit einem breiten Spektrum gesundheitlicher und therapeu-tischer Wirkungen propagiert, die auf den hohen Gehalt an Antioxidanzien zurück-zuführen sein sollen. In vielen Regionen Brasiliens hat die Palme eine lange Ge-schichte als Heilpflanze sowie als Nahrungslieferant. Traditionell werden die Früchtezur Behandlung von Fieber, Hauterkrankungen, Verdauungsstörungen und Parasi-tenbefall eingesetzt. Die Açaí-Beere besitzt einen relativ hohen Gehalt an Polyphe-nolen, der in verschiedenen (meist In-vitro-) Studien mit antioxidativen, entzün-dungshemmenden, antiproliferativen und kardioprotektiven Eigenschaften in Ver-bindung gebracht wird. Der vorliegende Beitrag fasst das gesicherte Wissen über diePhytochemie und Pharmakologie der Pflanze (sowie deren Grenzen) zusammen. Daes bisher nur wenige Studien gibt, sind die Ergebnisse größtenteils nicht eindeutig.Açaí besitzt ein vielversprechendes Potenzial im Bereich antiproliferativer und kar-dioprotektiver Wirkung, doch weitere Untersuchungen sind notwendig. Die vielfachgeltend gemachten gesundheitlichen Wirkungen der Pflanze können nur in begrenz-tem Umfang bestätigt werden.

Euterpe oleracea Mart., Açaí, Arecaceae (Palmae), Gewichtsabnahme, kardiovaskuläreGesundheit, Nutrazeutika, traditionelle Medizin, traditionelle Nahrungsmittel

Schlüsselwörter

* Aktualisierte und gekürzte Übersetzung derPublikation von Heinrich et al. in PhytochemistryLetters 2011; 4: 10–21

1 Center for Pharmacognosy and Phytotherapy,The School of Pharmacy (University of London),29–39 Brunswick Sq., London WC1N 1AX, UK

2 Southern Cross Plant Science, Centre for Phyto-chemistry and Pharmacology, Southern CrossUniversity, Lismore NSW 2480, Australia

Açaí (Euterpe oleracea Mart.)Eine phytochemische und pharmakologische Beurteilung

des möglichen therapeutischen Nutzens*

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dung von Açaí in der Behandlung und Prä-vention spezifischer Erkrankungen undinsbesondere zur Phytochemie der Pflanzezusammen.

Botanische Beschreibung

Die Gattung Euterpe (Arecaceae, Palmae)umfasst 8 Arten von Palmen, die in Zentral-und Südamerika beheimatet und im nörd-lichen Südamerika weitverbreitet sind, mitder höchsten Dichte in den Überflutungs-zonen der Amazonasmündung (57). Eineandere Art dieser Gattung – Euterpe edulisMart. – wird häufig zur Gewinnung von»Palmherzen« verwendet.

Die Kohlpalme (Euterpe oleracea Mart.) isteine mehrstämmige, einhäusige Palmemit hohen, schlanken Stämmen, die bis zu25 m hoch werden (34). Die Früchte bildenim unreifen Zustand grüne Büschel undwerden im reifen Zustand tief purpurfar-ben und etwa weintraubengroß (47, 54)(Abb. 1). Jede Frucht enthält einen großenKern von ca. 7–10 mm (57). Das harte, pur-purfarbene Epikarp bildet eine sehr dünneSchicht, das Mesokarp ist 1–2 mm dick. DerSamenkern macht den größten Teil derFrucht aus (80–95%) (47, 57).

Die Kohlpalme zählt zu den häufigsten Ar-ten im Bereich der Amazonas-Mündungs-gebiete, und die Açaí-Produktion nimmtinfolge des Übergangs von der Entnahme

aus Naturbeständen zu intensivem kom-merziellem Anbau immer mehr zu (40).

Lokale und traditionelleVerwendung

Auch wenn es kaum eine dokumentierteGeschichte zur Verwendung der Açaí-Bee-ren gibt, war diese in den tropischen Re-gionen Brasiliens doch weit verbreitet.Viele Häuser sind von dichten Kohlpal-menbeständen umgeben, die als terreiros(Hausgarten) bezeichnet werden (40). Bei-spielsweise basiert die Ernährung derCoboclos (Volksstamm mit brasilianisch-indianischen und europäischen oder afri-kanischen Wurzeln) häufig bis zu 42% (be-zogen auf das Trockengewicht) auf derAçaí-Beere (20, 34). In vielen Teilen Brasi-liens wird der Saft der Açaí-Beere mit Ma-niok- oder Tapiokamehl gemischt und mitFisch oder Shrimps als Kaltschale serviert(40). Von Bedeutung ist außerdem, dassSurfer an der brasilianischen Küste in den1990er-Jahren bemerkten, dass Getränkemit Açaí ihnen sehr viel Energie gaben, unddass dieses Energieniveau ohne weitereNahrungsaufnahme über einen langenZeitraum anhielt. Folglich wurde Açaí-Saftin Brasilien zu einem beliebten Strandge-tränk (34).

Açaí-Früchte werden in lauwarmem Was-ser mazeriert und die Samenkerne ent-fernt. Anschließend wird der Früchtebrei

püriert, mit Wasser verdünnt und schließ-lich zu einem Saft gefiltert (47) (Abb. 2). Inzahlreichen Berichten wird eine medizini-sche Nutzung dieses Açaí-Safts erwähnt.Die Bewohner der ärmsten Regionen Brasi-liens im Norden und Nordosten verwendenden Saft traditionell gegen Grippe, Fieberund Schmerzen (38). Das dunkelgrüne Ölder Früchte wird als beliebtes Volksheil-mittel gegen Diarrhö eingesetzt (59). Au-ßerdem wird die geriebene Fruchtschalelokal bei Hautgeschwüren aufgetragen,und aus den zerkleinerten Samen wirddurch Einweichen und Ziehenlassen einFlüssigextrakt zur Behandlung von Fieberhergestellt. Auch im peruanischen Amazo-nasgebiet wird ein Aufguss aus den gerös-teten und zerkleinerten Samen gegenFieber verwendet (24). Eingeborenenhei-ler benutzten die Beeren zur Behandlungvon Hautkrankheiten (Ekzeme), Verdau-ungsstörungen (Diarrhö) und parasiti-schen Erkrankungen (z.B. Helminthenbe-fall) (17).

Da die Früchte in der Regel mit lauwarmemWasser zubereitet, also nicht gekocht wer-den, besteht ein Risiko für die Verbreitungder Chagas-Krankheit (Infektion mit Trypa-nosoma cruzi), die durch Raubwanzen(Triatominae), insbesondere Rhodniuspictipes, übertragen wird. Dieses Risikokann durch Verunreinigung der Früchtemit Wanzenkot oder toten Raubwanzengegeben sein (41, 64).

Abb.1: Unverkennbar ein Palmengewächs: Euterpe oleracea – reichlich fruchtend.

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Abb.2: Straßenverkauf von Açaí-Beeren und -Saftin Belém (Brasilien).

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Açaí-Vermarktung überdas Internet

Die Entwicklung des Internets hatte starkeAuswirkungen auf den Bereich der pflanz-lichen Heilmittel und Nutrazeutika. Pflanz-liche Heilmittel aus der ganzen Welt sindheute online erhältlich. Das Spektrum derallgemein verfügbaren und online abruf-baren Informationsquellen umfasst Blogs,Podcasts, Video-Sharing-Portale, Wikipe-dia, Nachrichtenseiten, Webseiten vonGroßhändlern, Gesundheitsministerien,Gesundheitsdiensten, unabhängigen Pa-tientenberatungsorganisationen und wis-senschaftlichen Zeitschriften. Obwohl esganz offensichtlich wichtig wäre, den Ein-fluss dieser Quellen auf das Nutzungsver-halten im Bereich der Gesundheitsversor-gung zu untersuchen, gibt es bisher nochkeine umfassenden Forschungsstrategienin diesem Themenbereich.

Für den vorliegenden Übersichtsartikelwurde das globale und regionale Interessean Açaí von 2004 bis zur Gegenwart mithil-fe von Google Insights for Search unter-sucht, einem Tool zur Quantifizierung vonSuchvolumina über bestimmte Regionenund Zeiträume hinweg. Abb. 3 zeigt das

Schätzung von 63 Mio. US$ kommen DieExportmengen von Brasilien nach USA, Ja-pan, Italien und Holland liegen bei schät-zungsweise 1000 t pro Monat. Das wichtig-ste Exportprodukt ist eine Mischung ausAçaí-Saft und anderen Früchten wie Acero-la (Malpighia emarginata DC.) and Guaraná(Paullinia cupana Kunth). Acerola and Gua-raná finden sich in erster Linie in Energy-Drinks und enthalten große Mengen an Vit-amin C bzw. Koffein (18). Allein im Bundes-staat Pará werden monatlich ca. 400 t kon-sumiert, im Staat São Paulo 150 t pro Monatund im Staat Rio de Janeiro 500 t pro Monat.Nach Angaben von de Rosso et al. (8) zeich-net der Staat Pará für fast 95% der brasilia-nischen Açaí-Produktion verantwortlich.

Da die globale Nachfrage in den letzten Jah-ren so dramatisch zugenommen hat, be-fürchten die Einheimischen, die stark aufAçaí angewiesen sind, dass es zu Versor-gungsengpässen für die lokale Bevölkerungund zu Preiserhöhungen im Inland kom-men könnte (2, 26). Während der Erntepe-riode von Dezember bis August entstehendabei ca. 1000 Arbeitsplätze für die lokaleBevölkerung, vorwiegend in Pará, aberauch in anderen Teilen Brasiliens (18).

Biologisch wirksame Inhaltsstoffe

Die wichtigsten Inhaltsstoffe in Açaí-Bee-ren sind Polyphenole, insbesondere Antho-cyane und Flavonoide (29, 44, 46). Fettsäu-ren, Aminosäuren und weitere Nährstoffewurden ebenfalls detailliert untersucht(59), und vor Kurzem wurden geringeMengen von Lignanen gefunden (6). Im All-gemeinen enthält die phytochemische Li-teratur keine detaillierten Angaben dar-über, welche Teile der Frucht jeweils unter-sucht wurden. Vielen Studien liegen ge-friergetrocknete Beeren zugrunde, wobeies sich um eine Mischung aus Schalen undFruchtfleisch handelt (44, 60), währendgefrorenes Fruchtpüree ausschließlichFruchtfleisch enthält (8) (Tab. 1).

AnthocyaneLichtenthäler et al. (35) analysierten denAnthocyangehalt von Açaí-Püree ausFrüchten, die in verschiedenen Jahren vondenselben Bäumen geerntet worden wa-ren. Der Anthocyangehalt lag im Bereich

Muster des globalen Interesses, mit einemdramatischen Anstieg, der 2008 einsetzt,und einem anschließenden Abflachen. Die-se Kurve ist vergleichbar mit der anderer»neu entdeckter« und inzwischen weltweitverbreiteter Nutrazeutika wie Goji (Lyciumbarbarum L.) oder Mangostan (Garciniamangostana L.) (Casselman et al., unveröf-fentlicht). Produkte, die schon jahrelangweltweit auf dem Markt sind, weisen keinesolchen Muster auf. Auch wenn es nochweiterer Analysen bedarf, ist doch offen-sichtlich, dass das Internet ein wichtigerFaktor war, der Açaí zu einer globalen Han-delsware gemacht hat. Diese Daten zeigenalso die Nützlichkeit webbasierter Toolszur Beurteilung des »Aufstiegs« eines neu-en Nutrazeutikums und können diesenVerlauf insbesondere auch im Falle vonAçaí klar nachweisen.

Produktion und weltweiterHandel

Angaben über Umsätze mit Açaí schwankenstark. Laut W&G Global Trade werden diebrasilianischen Umsätze mit Açaí in denletzten Jahren auf 45 Mio. US$ pro Jahr ge-schätzt, während andere Autoren zu einer

Abb.3: Açaí wird aufgrund ihres angeblich hohen Gehalts an Antioxidanzien als Pflanze mit einem weitenSpektrum von gesundheitlichen und therapeutischen Wirkungen vermarktet. Eine Analyse der Google-Suchvorgänge (nach Açaí) ergab zunächst (2004–2008) einen stetigen und im Zeitraum 2008–2009 einendramatischen Anstieg des Interesses für Açaí sowie einen anschließenden starken Abfall (2009–2011).Damit ist Açaí ein Paradebeispiel für die Möglichkeit, über das Internet Produkte zu vermarkten, für dienur wenige phytochemische und pharmakologische Informationen verfügbar sind.

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von 88–211 mg/l. Die hauptsächlich inAçaí enthaltenen Anthocyane sind Cyani-din-3-glukosid und Cyanidin-3-rutinosid.Der Gehalt an Cyanidin-3-glukosid lagbei 11,1–117 mg Gallussäure-Äquivalent(GAE)/100 g, der an Cyanidin-3-rutinosidbei 193–241,8 mg GAE/100 g (52, 59). Eswurden außerdem geringere Mengen wei-terer Anthocyane gefunden. Dazu zählenPeonidin-3-rutinosid sowie Peonidin-3-glukosid, die in Konzentrationen von 2 mgGAE/100 g bzw. 4 mg GAE/100 g vorlagen.Darüber hinaus wurden in einer Studieauch die Anthocyane Cyanidin-3-arabi-nosylarabinosid, Cyanidin-3-arabinosidund Cyanidin-3-acetylhexose erwähnt (8,10, 19, 35, 44, 52, 59, 60).

FlavonoideDie wichtigsten in Açaí enthaltenen Fla-vonoide sind Quercetin, Orientin undseine Derivate sowie Proanthocyane. DieseGruppe beläuft sich in der Summe auf1289 mg/100 g Trockengewicht (35, 44,59). In monomeren Fraktionen waren Cya-nidin-3-rutinosid (58,5 ± 4,6%) und Cyani-din-3-glukosid (41,5 ± 1,1%) die vorherr-schenden Bestandteile, während in poly-meren Fraktionen eine Mischung ausAnthocyanaddukten zu finden war (45).

Antioxidatives PotenzialDie Daten bezüglich des antioxidativen Po-tenzials der Früchte sind widersprüchlich.Del Pozo-Insfran et al. (10) kamen zu demSchluss, dass vor allem Anthocyane zur an-tioxidativen Wirkung von Açaí beitragen.Ihr Gehalt ist höher als bei Muskatellertrau-ben sowie bei verschiedenen Beerenarten,wie Gartenheidelbeere, Erdbeere, Himbee-re, Brombeere und Cranberry. Schauss et al.(60) sowie Ribeiro et al. (52) fanden außer-dem niedrige bis mittlere Phenolgehalte inAçaí (13,9 mg GAE/g). Diese Werte sind sehrviel niedriger als die anderer dunkler Bee-renarten. So haben gefriergetrocknete Hei-delbeeren einen Gesamtphenolgehalt von33 mg GAE/g (4). Da der Gesamtphenolge-halt eines anthocyanreichen Açaí-Extraktsum einiges höher war als der gefrierge-trockneter Açaí-Beeren, scheint die Extrak-tionsmethode bei seiner Bestimmung einewichtige Rolle zu spielen.

Bei einer Untersuchung 18 weniger be-kannter brasilianischer Früchte (frisch und

getrocknet) auf bioaktive Inhaltsstoffe unddie antioxidative Wirkung der Polyphenol-extrakte ragte Açaí nicht besonders hervor(55). Nicht überraschend war, dass Açaíeinen hohen Gehalt an Anthocyanen(111 mg/100 g) und Flavonoiden (91,3 mg/100 g), aber auch an Chlorophyll (20,8 mg/100 g) aufwies.

Mithilfe des ORAC-Tests (oxygen radicalabsorbance capacity), des CAP-e-Tests(cell-based antioxidant protection in ery-throcytes) und des ROS-PMN-Assays [Bil-dung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) inpolymorphkernigen neutrophilen Granu-lozyten (PMN)] ließ sich die antioxidativeWirkung von Açaí mit Flavonoiden (u.a.Orientin, Homoorientin, Vitexin, Luteolin,Chrysoeriol, Quercetin und Dihydrokämp-ferol) in Verbindung bringen (32, 33).

FettsäuremusterDie wichtigsten mehrfach ungesättigten(13,3%), einfach ungesättigten (60,6%) undgesättigten (26,1%) Fettsäuren in Açaí sindLinolsäure (12,5%), Ölsäure (56,2%) undPalmitinsäure (24,1%) (59). Linolsäure undÖlsäure verbessern vermutlich das Lipid-profil, und Linolsäure trägt möglicherwei-se zur kardioprotektiven Wirkung von Açaíbei (1). Daneben wurde eine große Zahlweiterer Fettsäuren gefunden. Schauss etal. (59) fanden 0,48 mg/g TrockengewichtPhytosterine, darunter 0,44 mg β-Sitoste-rin. Der Proteinanteil besteht aus 19 Ami-nosäuren. Daneben wurde eine Reihe vonLignanen gefunden, u. a. (+)-Isolariciresi-nol, (+)-5-Methoxy-Isolariciresinol, (+)-La-riciresinol, (+)-Pinoresinol), (+)-Syringare-sinol; davon ist Pinoresinol als Antioxidansbekannt. Keine dieser Verbindungen konn-te jedoch in größeren Mengen isoliert wer-den (< 0,01% des Extrakts) (6).

Pharmakokinetik

In Untersuchungen zeigte sich, dass 3 Stun-den nach der Aufnahme von Heidelbeerex-trakt nur 0,002–0,003% der Anthocyangly-koside im menschlichen Blutplasma nach-weisbar waren (23). Die verfügbaren Datenweisen außerdem darauf hin, dass Antho-cyane vom menschlichen Körper rasch,doch nur in geringem Umfang absorbiertwerden (36). Pacheco-Palencia et al. (45)

untersuchten die In-vitro-Absorption mo-nomerer und polymerer Fraktionen sowieKombinationen daraus. Monomere Antho-canfraktionen (0,5–100 μg Cyanidin-3-glukosid-Äquivalente/ml) hemmten dieZellproliferation von HT-29 Dickdarm-krebszellen um bis zu 95,2%, polymereFraktionen (0,5–100 μg Cyanidin-3-glukosid-Äquivalente/ml) um bis zu 92,3%.Versuche zur In-vitro-Absorption mitCaCo-2-Zellschichten zeigten, dass Cyani-din-3-glukosid und Cyanidin-3-rutinosidin ähnlicher Weise von der apikalen zur ba-solateralen Seite der Zellschichten trans-portiert wurden (mit einem Wirkungsgradvon 0,5–4,9%), während bis zu 2 Stundennach Beginn der Inkubation noch keine po-lymeren Anthocyane transportiert wordenwaren. Die Beimischung polymerer Antho-cyanfraktionen reduzierte auch den Trans-port monomerer Anthocyane um bis zu40,3 ± 2,8%. Folglich könnte das Vorliegenpolymerer Anthocyane die Absorptionsei-genschaften von Açaí-Produkten signifi-kant beeinflussen und die biologische Ver-fügbarkeit der monomeren Verbindungenverringern.

Tab. 1: Nährstoffprofil gefriergetrockneterAçaí-Beeren (59).

Gehalt an pro 100 gTrocken-gewicht

Kalorien 533,9

– Kalorien aus Fett 292,6

Gesamtfett 32,5 g

– % gesättigte Fettsäuren 26,1

– % einfach unges. FS 60,6

– % mehrfach unges. FS 13,3

Cholesterin [sic!] 13,5 mg

Gesamtkohlenhydrate 52,2 g

– Ballaststoffe 44,2 g

– Zucker 1,3 g

Eiweiß 8,1 g

Vitamin A (Retinol) 1002 IU

Vitamin C < 0,1 mg

Kalzium 260 mg

Natrium 30,4 mg

Eisen 4,4 mg

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Insgesamt liegen nur in begrenztem Um-fang In-vivo-Untersuchungen zur biologi-schen Verfügbarkeit von Flavonoiden so-wie Anthocyanen vor. Noch ist relativ un-klar, in welcher Weise Proanthocyane ab-sorbiert oder metabolisiert werden. Daherist ihre Wirksamkeit in vivo noch recht um-stritten (59). Generell gilt, dass Proantho-cyane einen großen Teil der mit der Nah-rung aufgenommenen Flavonoide ausma-chen (51), und die chemische Zusammen-setzung von Açaí unterscheidet sich nichtsehr von der unserer üblichen Nahrung.

Pharmakologische undbiologische Wirkungen

Extrakte aus Euterpe oleracea haben einSpektrum verschiedener pharmakologi-scher Wirkungen aufzuweisen (meist in vi-tro), darunter antiproliferative, entzün-dungshemmende, antioxidative und kar-dioprotektive Eigenschaften (s. Tab. 2).

Antiproliferative WirkungenSieben verschiedene Beerenarten – Erd-beere (Fragaria x ananasa), Gartenheidel-beere (Vaccinium corymbosum), Brombee-re (Rubus fruticosus), Himbeere (Rubus ida-eus), Schwarze Himbeere (Rubus occidenta-lis), Goji (Lycium barbarum), Noni (Morindacitrifolia) und Açaí (Euterpe oleracea) –wurden jeweils als Bestandteil der übli-chen Tagesration an Ratten verfüttert (5%der täglichen Nahrungsaufnahme). Es zeig-te sich, dass alle Beeren in etwa gleichemUmfang in der Lage waren, das Wachstumeines durch N-Nitrosomethylbenzylamininduzierten Ösophagus-Tumors zu hem-men, trotz der bekannten Unterschiede imGehalt an Anthocyanen und Ellagitanninen(62). In ähnlicher Weise untersuchten Has-simotto et al. (22) 28 brasilianische Pflan-zenarten, darunter Früchte, Gemüseartenund kommerziell erhältliche tiefgefroreneFruchtmuse, auf ihre antioxidative Kapazi-tät. Diese variierte von 0,73 bis 19,8 mmolButylhydroxytoluol (BHT)-Äquiv./μg, wo-bei Maulbeeren (Trimeria grandiflora) undAçaí-Fruchtpüree die höchsten Werte auf-wiesen (19,8 bzw. 18,2 mmol BHT-Äquiv./μg).

Hogan et al. (27) untersuchten mithilfe ei-nes MTT-Tests die Wirkung eines anthocy-

anreichen Extrakts aus Açaí-Pulver auf dieProliferation von C6-Glioma-Zellen ausRattenhirn und der humanen Brustkrebs-Zelllinie MDA-468. In Abhängigkeit vonder Dosis hemmten die Extrakte die Proli-feration der C6-Glioma-Zellen, hatten je-doch keine Wirkung auf die MDA-468-Brustkrebszellen (s. Tab. 2). Der IC50-Wertwar vergleichsweise hoch (121 μg/ml; C6-Zellen) und ließ eine zeitabhängige Inhibi-tion erkennen. Zum Vergleich wurden wei-tere Beerenextrakte mit hohen Anthocyan-gehalten ebenfalls auf ihre antiproliferativeWirkung auf C6-Glioma-Zellen getestet.Die Ergebnisse zeigten, dass anthocyanrei-che Açaí-Extrakte im Vergleich zur unbe-handelten Kontrolle sowie zu Heidelbeere,Guave oder Himbeere eine signifikant bes-sere Wirkung erzielten. Leider wurden kei-ne Angaben zur Dosis der Beeren, zur Zu-sammensetzung der verwendeten Extrak-te sowie zu den sonstigen experimentellenDetails gemacht, weshalb die Resultate mitVorsicht zu bewerten sind.

In C6-Glioma-Zellen, die mit Açaí-Extraktin Konzentrationen von 100 und 200 μg/mlbehandelt worden waren, wurde nach 48Stunden im Gegensatz zu den Kontrolleneine DNA-Fragmentierung festgestellt, je-doch wurde kein möglicher Mechanismusoder Pfad vorgeschlagen.

Fazit: Insgesamt lässt sich die behaupteteWirksamkeit gegen Krebs auf Basis solcherIn-vitro-Daten nicht bestätigen, und wieHogan et al. (27) feststellten, tragen die inAçaí normalerweise enthaltenen Antho-cyane wahrscheinlich nicht zur antiprolife-rativen Wirkung von Açaí-Extrakten gegenC6-Krebszellen bei.

Antigenotoxische EffekteEine In-vivo-Studie an Mäusen untersuch-te die Wirkung von Açaí-Fruchtpüree inKombination mit dem Zytostatikum Doxo-rubicin (DXR). DXR wurde gewählt, weilsein Einsatz in der Tumorbehandlungdurch dosisbegrenzende Nebenwirkungeneingeschränkt ist, insbesondere eine dabeiauftretende Kardiotoxizität (52), die auf dieBildung reaktiver Sauerstoffspezies zu-rückzuführen ist. Der gleichzeitige Einsatzvon Antioxidanzien könnte also eine hilf-reiche Strategie darstellen. Daher wurdedie akute (24 Std.) sowie subakute (täglich

über einen Zeitraum von 14 Tagen) Gabevon Açaí-Fruchtpüree (jeweils 3,33, 10und 16,67 g/kg Körpergewicht) experi-mentell untersucht, wobei jeweils am letz-ten Tag vor der Euthanasie DXR gegebenwurde (s. Tab. 2). Die zytotoxische Wir-kung der Behandlung wurde mit dem Mi-krokern-Test am Knochenmark sowie mitder Einzelzellgelelektrophorese (Comet As-say) untersucht. Die verwendeten Konzen-trationen von Açaí-Fruchtpüree führten inallen Fällen zu einer signifikanten Reduzie-rung der Häufigkeit polychromatischerErythrozyten (deren Bildung im Knochen-mark sowie im peripheren Blut durch DXR-Gaben induziert wird) im Vergleich zu denKontrollen. Im Comet Assay ließ sich nach-weisen, dass die Gabe von Açaí-Fruchtpü-ree in allen 3 verwendeten Konzentratio-nen die durch DXR induzierte Genotoxizi-tät im Vergleich zur Kontrolle signifikantreduzierte. Bei beiden Testverfahren er-wies sich die subakute Behandlung alswirksamer (52).

Fazit: Insgesamt waren die Ergebnisse sehrermutigend, da alle 3 getesteten Konzen-trationen zu einer Reduzierung der Neben-wirkungen von DXR führten.

Wirkung auf NO- und iNOS-BildungMatheus et al. (38) untersuchten die inhi-bitorische Wirkung der Ethylacetat-, n-Bu-tanol- und Wasserfraktionen eines Etha-nolextrakts aus Blüten, Früchten und Pal-mentriebspitzen von Euterpe oleracea aufdie Bildung von Stickstoffmonoxid (NO)und induzierbarer Stickstoffmonoxid-Syn-thase (iNOS) in der murinen Makrophagen-Zelllinie RAW 264.7 (Griess-Reaktion) nachStimulation mit Gamma-Interferon (IFN-γ)und Lipopolysacchariden (LPS). Die Ergeb-nisse zeigten, dass der Ethanolextrakt derFrüchte mit einem IC50-Wert von 0,9 μg/mlam wirksamsten war, gefolgt vom Ethanol-extrakt der Blüten (IC50 = 1,2 μg/ml) unddem n-Butanolextrakt der Früchte (IC50 =1,3 μg/ml). Dagegen zeigten die Fraktionenaus den Palmentriebspitzen keine signifi-kante inhibitorische Wirkung.

Fazit: Die Studie wies nach, dass die Etha-nolextrakte der Früchte und Blüten nachInduktion mit LPS/IFN-γ die stärkste inhi-bitorische Wirkung auf die Bildung von NOund iNOS aufwiesen. Allerdings fehlt eine

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Tab. 2: Açaí – pharmakologische Untersuchungen und Interventionsstudien*

Extrakt(untersuchterDosisbereich)

antiproliferativeWirkung – in vitro

anthocyanreicherAçaí-Extrakt (50,100, 200 μg/ml)

antiproliferativeWirkung – in vivo

Açaí-Fruchtpüree(3,33, 10 und16,67 g/kg Körper-gewicht, akute undsubakute Behand-lung)

entzündungshem-mende Wirkung –in vitro

Gesamtethanol-,Ethylacetat- und n-Butanolextrakt ausAçaí-Blüten, -Früch-ten und -Triebspit-zen (1–300 μg/ml)

gefriergetrocknetesAçaí (-Pulver) (keineAngaben zur ver-wendeten Dosis, nurIC50-Werte)

antioxidativeWirkung – in vitro

gefriergetrocknetesAçaí (Pulver ausFruchtpüree inkl.Epikarp), als OptiAçai im Handel er-hältlich [0,5 g Pulverin 5 ml phosphatge-pufferter Salzlösung(pH 7,4)]

anthocyanreicherAçaí-Extrakt

verwendeteKontrollen

nur unbe-handelteKontrollen

positive undnegative Kon-trollen (mitDXR bzw. mitdestilliertemWasser)

Nitritkonzen-tration ohneLPS/IFN-γ-Stimulation

keine Angabenzu Kontrollen

keine Angabenzu Kontrollen

keine Angabenzu Kontrollen

Ergebnisse

C6-Glioma-Zellen aus Rattenhirn: 38%,45%, 62% Wachstumshemmung;MDA-468 Brustkrebszellen: keine Hinweiseauf antiproliferative Wirkung;DNA-Fragmentierung (Induktion vonApoptose) bei C6-Krebszellen

Schutzwirkung von Açaí-Fruchtpüree so-wohl bei der akuten als auch bei der sub-akuten Behandlung nachweisbar. Generellzeigte die subakute Behandlung eine bes-sere Schutzwirkung gegen DXR-induzierteDNA-Schädigung von Leber- und Nieren-zellen

Blüten- und Fruchtfraktionen hemmtendie LPS/IFN-γ-induzierte NO-Produktion,wobei Fruchtfraktionen die stärksteinhibitorische Wirkung aufwiesen;Blüten- und Fruchtfraktionen(Gesamtethanolextrakt) hemmten dieExpression von iNOS

moderate Inhibitionswirkung mit einemIC50-Wert von 6,96 mg/ml für COX-1 und12,50 mg/ml für COX-2

H-ORACFL: 997 μmol TE/gL-ORACFL: 30 μmol TE/gTAC: 1027 μmol TE/gNORAC: 34 μmol TE/gHORAC: 52 μmol GAE/gSOD: 1614 Einheiten/g(s. auch Text)

ORACFL: 1800 μmol TE/g, d.h. zweimalso hoch wie der von Schauss et al. (60)gefundene Wert von 997 μmol TE/g

Beobach-tungen

keinestatistischeAuswertung

keinestatistischeAuswertung

Literatur

Hoganet al.,2010 (27)

Ribeiroet al.,2010 (52)

Matheuset al.,2006 (38)

Schausset al.,2006(60)

Schausset al.,2006(60)

Hoganet al.,2010 (27)

Modell

MTT-Test: antiproliferativeWirkung auf C6-Glioma-Zellenaus Rattenhirn sowie aufMDA-468-ZellenDNA-Fragmentierungstest

Sondenfütterung bei neuge-borenen Mäusen (7–8 Wochenalt) vor intraperitonealer Injek-tion von Doxorubicin (DXR)

Bildung von Stickstoffmonoxid(NO) und induzierbarer Stick-stoffmonoxid-Synthase (iNOS)in RAW 264,7 (Griess-Reak-tion) nach Stimulation mitGamma-Interferon (IFN-γ) undLipopolysacchariden (LPS)

Inhibition von COX-1-und COX-2-Enzymen

unterschiedliche In-vitro-Modelle

ORACFL, DPPH-Test

* Stand Dezember 2010; die Bibliografie des Hauptartikels wurde für diese Übersetzung bis April 2012 ergänzt.

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Tab. 2: Fortsetzung

Extrakt(untersuchterDosisbereich)

Açaí-Saftmischung(MonaVieTM, Saft-zubereitung ausverschiedenenKomponenten)0,016–10 g/l

antioxidativeWirkung –Interventionsstudie

Açaí-Saftmischung(MonaVieTM)Dosis: 120 ml

kardioprotektiveWirkung – in vivo

unterschiedliche Er-nährungsweise: beider Açaí-Gruppewurden 20 g/kg Kör-pergewicht Açaí-Fruchtpüree als Teilder normalen Ernäh-rung gegeben

gefrorener wässrigerExtrakt (aus der gan-zen Açaí-Frucht),Hydroalkoholextraktaus Açaí-Samen so-wie aus der Schale(0,1–100 μg)

verwendeteKontrollen

unbehandeltepolymorpho-nukleäreZellen (PMN)(ohneMonaVie,ohne H2O2)

Placebo

Kontrolldiät

mit 10 μM NEinduzierteKontraktiondes mesente-rialen Gefäß-betts

Ergebnisse

bei mit MonaVie vorbehandelten Zellenzeigte sich eine signifikante Schutzwirkunggegen oxidativen Stress.Mit H2O2 behandelte PMN-Zellen (ohneMonaVie) wiesen die höchste Konzentra-tion an reaktiven Sauerstoffspezies auf.Die Autoren gehen davon aus, dass»Antioxidantien aus der Saftmischung indie Zellen eindrangen und sie vor oxidati-ver Schädigung schützten (p < 0,001),während PMN-Zellen eine verringerteBildung von reaktiven Sauerstoffspezies(p < 0,003) und eine reduzierte Migrationzu den 3 entzündungsfördernden Chemo-attraktoren fmlp (p < 0,001), LeukotrienB4 (p < 0,05) und IL-8 (p < 0,03) aufwie-sen«.

statistisch signifikante Unterschiedein der antioxidativen Kapazität desSerums nach Einnahme von MonaViebzw. nach Placebo nach 1 Std. (p < 0,003)sowie nach 2 Std. (p < 0,015). Einnahmevon MonaVie führte zu einer Verringerungder Lipidperoxidation in vivo.

reduzierte Proteinoxidation (geringereCarbonylproteinwerte) bei CA- undHA-Diät.Verringerung der SOD-Aktivität beiHA-Diät.Erhöhte PON-Werte bei CA- und HA-im Vergleich zur C- und H-Diät.

alle 3 Extrakte zeigten eine dosisabhängi-ge, anhaltend gefäßerweiternde Wirkungauf das mesenteriale Gefäßbett bei derRatte;die stärkste Wirkung hatte dabei derExtrakt aus Açaí-Samen (niedrigsterED50-Wert).

Beobach-tungen

diese Untersu-chung verdientbesondereBeachtung,da sie In-vitro-und In-vivo-Experimentebeinhaltet(s. u.)

s.o.

Literatur

Jensenet al.,2008 (30)

Jensenet al.,2008 (30)

de Souzaet al.,2010 (9)

Rochaet al.,2007 (53)

Modell

zellbasierter antioxidativerSchutz in Erythrozyten(CAP-e-Test)

randomisierte Studie mit Mo-naVie und Placebo. Pilotstudiemit 7 Teilnehmern sowie ran-domisierte, placebokontrollier-te Crossover-Studie mit 12 ge-sunden Probanden. Der anti-oxidative Status wurde mithilfedes CAP-e-Tests ermittelt(s.o.), die Lipidperoxidationmithilfe des TBARS-Assay.

Ratten erhielten entweder eineStandarddiät (C), eine Stan-darddiät mit zusätzlich 20 g/kgAçaí (CA), eine hypercholesteri-nämische Diät mit 25% Sojaölund 1% Cholesterin (H) odereine hypercholesterinämischeDiät mit zusätzlich 20 g/kg Açai(HA).

gefäßerweiternde Wirkung aufdas mesenteriale Gefäßbettbei Ratten nach Behandlungmit Norepinephrin (NE) zurKontraktionsinduktion

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detaillierte botanische Beschreibung desverwendeten Materials, weshalb auch hiergenauere experimentelle Daten angezeigtwären.

EntzündungshemmungSchauss et al. (60) untersuchten die Hem-mung von COX-1 und COX-2 durch Açaí-Ex-trakt (gefriergetrocknet und extrahiert mit50% Aceton). Dabei ergaben sich IC50-Wer-te von 6,96 mg/ml für COX-1 und 12,50mg/ml für COX-2. Die Studie zeigte eineleichte inhibitorische Wirkung, doch um-fasste sie weder eine statistische Auswer-tung noch Kontrollen. Daher lässt sich da-mit nicht eindeutig nachweisen, dass Açaígegen entzündliche Prozesse wirksam ist.Eine neuere In-vitro-Untersuchung (49)zeigt eine Vielzahl interessanter, dosisab-hängiger Wirkungen eines Açaí-Pürees undvon verschiedenen Subfraktionen in Maus-Mikroglia-Zellen [Cyclooxygenase-2 (COX-2), p38-Mitogen-Activated Protein Kinase(p38-MAPK), Tumor Necrosis Factor-α(TNF-α) und Nuclear Factor κB (NF-κB)].Doch auch hier waren die statistisch-signi-fikant wirksamen Dosen vergleichsweisehoch (250 μg/ml). In einem In-vivo-Versuch im Model der durch Tabakrauchinduzierten Entzündung wurden beieiner Dosis von 300 mg/kg und Tag rele-vante antientzündliche Effekte beobach-tet (39). Auch in klassischen Entzündungs-modellen (Rattenpfotenödem, Krotonöl-Dermatitis u. a.) wurde mit einen Açaí-Öleine relevante Wirkung in einem wieder-um vergleichsweise hohen Dosisbereich(500, 1000 und 1500 mg/kg) erzielt (12, 28,42).

Jensen et al. (31) ermittelten in vitro mit-hilfe des CAP-e-Tests (cell-based antioxi-dant protection in erythrocytes) an Ery-throzyten und polymorphonukleären Zel-len (PMN) die antioxidative Wirkungder Açaí-Fruchtsaftmischung MonaVieTM.MonaVie ist eine im Handel erhältlicheSaftmischung, die neben Açaí als Haupt-bestandteil 18 weitere Fruchtextrakte ent-hält. Erythrozyten, die mit MonaVie vorbe-handelt waren, zeigten bei allen Konzen-trationen (10–0,016 g/l) eine statistischsignifikante Schutzwirkung. Bei PMNswurde eine dosisabhängige Schutzwirkungfestgestellt, die nur bei einer Konzentrationvon 1 g/l signifikant war.

Dieselben Autoren (31) testeten außerdemin einer randomisierten, placebokontrol-lierten Crossover-Studie die Werte für An-tioxidanzien und Lipidperoxidation bei 12freiwilligen Probanden und in einer ande-ren Studie die Wirkung auf die Beweglich-keit in 14 bewegungseingeschränkten Pro-banden (30). Normalerweise liefern In-vivo-Studien neue Erkenntnisse, doch indiesem Fall sind die Informationen in Be-zug auf Açaí leider begrenzt, da eine kom-plexe und nur ungenau beschriebene Saft-mischung verwendet wurde.

Stoffwechselstörungen desmetabolischen SyndromsDe Souza et al. (9) untersuchten mithilfeverschiedener Biomarker sowie Serum-lipidprofilen in vivo die antioxidative Wir-kung von Açaí-Fruchtpüree bei Ratten mitunterschiedlicher Ernährungsweise (nor-mal und hypercholesterinämisch), wobeiein Teil der Gruppen jeweils eine Nah-rungsergänzung mit Açaí erhielt (s. Tab. 2).Die Ratten mit hypercholesterinämischerErnährung wiesen erhöhte Werte von Ge-samt- und LDL-Cholesterin und verringer-te Werte von HDL-Cholesterin auf. Nah-rungsergänzung mit Açaí (20 g/kg Körper-gewicht) hatte eine hypocholesterinämi-sche Wirkung, wobei der Gesamt- undLDL-Cholesterinwert sowie der atherogeneIndex gesenkt wurden. In den Açaí-Grup-pen verringerte sich auch die Konzentra-tion an Carbonylproteinen sowie an freien

und proteingebundenen Thiolgruppen imSerum. Die Nahrungsergänzung mit Açaíführte außerdem zu einer signifikantenAbnahme der Superoxiddismutase(SOD)-Aktivität ausschließlich bei den hypercho-lesterinämischen Ratten, was auf einen Zu-sammenhang zwischen Ernährung undAçaí-Verzehr hindeutet. Jedoch nahm dieKonzentration von Triglyzeriden bei Nah-rungsergänzung mit Açaí im Vergleich zuden positiven und negativen Kontrollen zu.Auch wenn sich also das Cholesterinprofilverbesserte, müssen die Inhaltsstoffe, diezu einer Erhöhung der Triglyzeridwerteführen, noch genauer untersucht werden(5). Das Ergebnis wurde auf den hohen Ge-halt an Ölsäure zurückgeführt. Wirkungenim Kontext der Prävention diabetesbeding-ter Leberschäden werden ebenfalls disku-tiert (21).

Die Studie von de Souza et al. (9) unter-suchte auch die Höhe der Nahrungsauf-nahme bei allen 4 Ernährungsweisen undzeigte, dass bei Supplementierung mit Açaíbei der hypercholesterinämischen Diät dieNahrungsaufnahme im Vergleich zur Hy-percholesterin-Diät ohne Supplementie-rung reduziert war. Das deutet möglicher-weise darauf hin, dass die in Açaí enthalte-nen Polyphenole den Appetit zügeln kön-nen. Doch war dieser Effekt beim Vergleichder Kontrollgruppen (normale Ernährungund normale Ernährung mit Açaí-Supple-mentierung) untereinander nicht feststell-

Abb.4: Açaí-Früchte auf einem Markt in Brasilien. Neben den Früchten werden auch die Sprossscheitel(»Palmherzen«) als Nahrungsmittel verwendet.

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bar, was darauf hindeuten könnte, dassAçaí v.a. bei hohem Fettverzehr wirksamsein könnte. Eine neuere Studie an Kanin-chen untersuchte die Gabe von 100 g/TagAçaí-»Extrakt« (einem weitgehend ge-trockneten Püree der Früchte) über einenZeitraum von 12 Wochen auf verschiedeneParameter der Sterolmetabolisierung undAtherosklerose und konnte mit dieser sehrhohen Dosis positive Effekte zeigen (16).Xie et al. (67) bringen eine antiatheroskle-rotische Wirkung mit antioxidativen undentzündungshemmenden Wirkungen inVerbindung.

Drei Hydroalkoholextrakte von Açaí zeig-ten eine dosisabhängige, anhaltend gefäß-erweiternde Wirkung auf das mesenterialeGefäßbett in Ratten. Bemerkenswert dabeiwar, dass die Açaí-Extrakte im Vergleich zuAcetylcholin und Nitroglycerin eine län-gerfristige Wirkung aufwiesen (53). In ei-nem Mausmodel wurde eine Wirkungbeim durch eine fettreiche Diät verursach-ten metabolischen Syndrom gezeigt (7).Die Autoren weisen auf die mögliche medi-zinische Verwendung bei der Behandlungkardiovaskulärer Erkrankungen hin. Udaniet al. (63) erzielten bei 10 übergewichtigenProbanden (BMI zwischen 25 und 30) miteiner Dosis von 200 g Açaí-Püree/Tag nach30 Tagen eine Reduktion der Nüchternglu-kose- und Insulinspiegel. Das Gesamtcho-lesterin sank ebenfalls.

Diskussion

Obwohl es sich bei Açaí um eines dermeistgepriesenen Nutrazeutika des ver-gangenen Jahrzehnts handelt, gibt es bis-her nur ungenügende und nicht überzeu-gende wissenschaftliche Nachweise, die esrechtfertigen würden, Açaí als herausra-gendes Gesundheitsprodukt zu vermark-ten. Die Förderung rascher Gewichtsab-nahme ist die bisher am aggressivsten be-worbene Wirkung. Bezüglich verschiede-ner Açaí-Produkte wurden dazu von derFDA bereits mehrere Abmahnungsschrei-ben an Webseitenbetreiber und Herstellfir-men versandt (13–15).

Noch keine schlüssigen DatenInsgesamt liegen in Bezug auf antiprolife-rative, entzündungshemmende, antioxida-

tive und kardioprotektive Wirkungen bis-her keine klaren und schlüssigen pharma-kologischen Daten vor. Oft werden relevan-te Wirkungen nur bei vergleichsweise ho-hen Dosen berichtet. Die Qualität der Stu-dien variiert sehr stark, wobei bis vorKurzem den antioxidativen Wirkungenam meisten Aufmerksamkeit geschenktwurde. Generell gilt, dass die In-vitro-Untersuchungen von begrenzter Aussage-kraft sind und In-vivo-Studien erst in denletzen Jahren vermehrt begonnen wurden.Insgesamt gesehen und auf Basis der aktu-ellen Literatur scheint die Açaí-Beere kei-nen herausragenden Gehalt an Antioxidan-zien aufzuweisen; die Forschungsergebnis-se deuten auf eine variable antioxidativeKapazität hin. Eine etwas optimistischereEinschätzung ist in Bezug auf die kardio-protektive und die entzündungshemmen-de Wirkung möglich. Nicht zu unterschät-zen ist auf der anderen Seite, dass Açaí einevergleichsweise hochkalorische Nahrungist.

Hoher BallaststoffgehaltDoch andere Forschungsansätze könntenebenfalls von Interesse sein. Zum Beispielweisen Açaí-Beeren einen hohen Gehalt anBallaststoffen auf (56, 59). Ballaststoffe ha-ben einen signifikanten Einfluss auf diePlasmalipid- und Lipoproteinwerte, da siebewirken, dass Gallensäuren dem entero-hepatischen Kreislauf entzogen werden,sodass mehr LDL-Cholesterin für die Syn-these von Gallensekret aus dem Plasma ab-gezogen wird (3). Außerdem wirken einigeBestandteile von Açaí, insbesondere Ligna-ne, möglicherweise als Phytoöstrogene.Eine erhöhte Aufnahme von Phytosterinensenkt den Cholesterinwert, insbesondereLDL-Cholesterin, ohne den Triglyzeridwertund das HDL-Cholesterin zu beeinflussen.Außerdem wird angenommen, dass Phyto-sterine die Resorption biliären Choleste-rins aus dem Darmtrakt verringern. Insge-samt könnten aber neben den in Açaí ent-haltenen Polyphenolen auch noch andereInhaltsstoffe zu den beobachteten Wirkun-gen beitragen.

Klinische Daten und epidemiologischeFeldforschung erforderlichWie auch bei anderen neuen Nahrungser-gänzungsmitteln (25, 43) gibt es bisher kei-ne ausreichend gesicherten wissenschaft-

lichen Daten, um Açaí als pflanzliches Arz-nei- oder als Nahrungsergänzungsmittelmit spezifischen gesundheitlichen Wir-kungen propagieren zu können. WeitereUntersuchungen sind notwendig, um dieweitreichenden Behauptungen in Bezugauf die gesundheitlichen und therapeuti-schen Wirkungen zu bestätigen. So solltenpharmakokinetische Studien in Angriff ge-nommen werden, um die biologische Ver-fügbarkeit der Polyphenole zu klären. Diezukünftige Forschung sollte sich außerdemschwerpunktmäßig streng kontrollierterInterventionsstudien oder klinischer Stu-dien bedienen, um mögliche gesundheitli-che Wirkungen besser beurteilen zu kön-nen. Außerdem sollten epidemiologischeUntersuchungen bei jenen Bevölkerungs-gruppen durchgeführt werden, bei denenAçaí zu den Hauptnahrungsmitteln zählt(insbesondere in Brasilien), mit besonde-rem Schwerpunkt auf der Prüfung derHäufigkeit von koronaren Herzerkrankun-gen, Diabetes und Adipositas. Auch die Un-tersuchung der toxikologischen Eigen-schaften von Açaí ist im Hinblick auf die si-chere Anwendung dringend erforderlich.

Schließlich entwirft dieser Beitrag außer-dem ein neues Modell zum Verständnis derBedeutung solcher Produkte im sich raschentwickelnden webbasierten Markt fürNutrazeutika. Generell gilt, dass Strategienentwickelt werden sollten, um die Unter-suchung bisher wenig erforschter neuerPhytotherapeutika oder Nutrazeutika, dieüber das Internet vermarktet und popula-risiert werden, wirksam voranzutreiben.Nur so lassen sich die Wirkungen und Risi-ken solcher Produkte kritisch beurteilenund damit die propagierten Behauptungenaus wissenschaftlicher Sicht bewerten.

Prof. Dr. Michael HeinrichCenter for Pharmacognosy and Phytotherapy,UCL School of Pharmacy (University of London)29–39 Brunswick Sq.London WC1N 1AXGroßbritannien

[email protected]

Onlinehttp://dx.doi.org/10.1055/s-0032-1309259

Übersetzung: Renate Schilling

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SUMMARYAçaí (Euterpe oleracea Mart.) – a phytochemical and pharmacological assessmentof the species’ health claimsThe palm Euterpe oleracea Martius (açaí) has been acclaimed to have a wide rangeof health-promoting and therapeutic benefits due to its reportedly high levels ofantioxidants. Açaí has a history of use as a medicinal plant and as a staple food inmany parts of Brazil. Traditionally, it has been used to treat fevers, skin complica-tions, digestive disorders and parasitic infections. Açaí has a relatively high contentof polyphenols, which in turn has been linked to a range of reported (mostly in vitro)antioxidant, anti-inflammatory, antiproliferative and cardioprotective properties.This review highlights the scientific knowledge about its phytochemistry and phar-macology (and its limitations). Since there have been very limited studies the resultsare mostly inconclusive. Açaí demonstrates promising potential with regard toantiproliferative activity and cardioprotection but further studies are required.Claims about alleged health benefits can generally only be substantiated to a verylimited degree.

Euterpe oleracea Mart., açaí, Arecaceae (Palmae), weight loss, cardiovascular health,nutraceuticals, traditional medicine, traditional food

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