Hauptkomponentenanalyse und ihre Anwendung zur Klassifizierung von Spermien aus Raman Mikrospektroskopie-Daten Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades 2-Fach-Bachelor Westfälische Wilhelms-Universität Münster Fachbereich Mathematik und Informatik Institut für Numerische und Angewandte Mathematik Betreuung: Prof. Dr. Martin Burger Eingereicht von: Julia Sietmann Münster, 28.06.2012
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Hauptkomponentenanalyse und ihre Anwendung zur ... · Raman Mikrospektroskopie-Daten vorgestellt und anschließend die eigene Bearbeitung von Daten erläutert und interpretiert. Klassifizierung
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Hauptkomponentenanalyse und ihre Anwendung zur Klassifizierung
von Spermien aus Raman Mikrospektroskopie-Daten
Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades
2-Fach-Bachelor
Westfälische Wilhelms-Universität Münster Fachbereich Mathematik und Informatik
Institut für Numerische und Angewandte Mathematik
Betreuung: Prof. Dr. Martin Burger Eingereicht von: Julia Sietmann Münster, 28.06.2012
Eidesstattliche Erklärung Hiermit versichere ich, Julia Sietmann, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel
Hauptkomponentenanalyse und ihre Anwendung zur Klassifizierung von Spermien aus Raman
Mikrospektroskopie-Daten
selbständig verfasst habe, und dass ich keine anderen Quellen und Hilfsmittel als die
angegebenen benutzt habe. Gedanklich, inhaltlich oder wörtlich Übernommenes habe ich
durch Angabe von Herkunft und Text oder Anmerkung belegt bzw. kenntlich gemacht. Dies
gilt in gleicher Weise für Bilder, Tabellen, Zeichnungen und Skizzen, die nicht von mir selbst
erstellt wurden.
Alle auf der CD beigefügten Programme sind in Anlehnung an die von Prof. Dr. Burger zu
Verfügung gestellten Programme und sind von mir erweitert und verändert worden.
3.3. Flagellum ................................................................................................................. 13 3.3.1. Verbindungsstück zwischen Kopfregion und Mittelstück ............................... 14 3.3.2. Mittelstück ....................................................................................................... 14 3.3.3. Hauptteil ........................................................................................................... 14
3.4. Spermien-Chromatin ................................................................................................ 14 3.4.1. Aufbau und Vergleich mit somatischen Chromatin ......................................... 15 3.4.2. Anfälligkeit und Spermien-Chromatin-Tests ................................................... 16
4. Verfahren der Reproduktion ............................................................................................ 17 5. Raman-Spektroskopie zur Analyse der Spermienqualität ............................................... 18
5.1. Raman-Spekroskopie ............................................................................................... 18 5.2. Bisherige Erkenntnisse in der Klassifizierung von Spermien mittels Raman Mikrospektroskopie- Daten...................................................................................... 19 5.3. Hauptkomponentenanalyse mit Raman Mikrospektroskopie-Daten von Mäusespermien ........................................................................................................ 22 5.4. Visualisierungen....................................................................................................... 23 5.4.2. UPEC2 ................................................................................................................. 25 5.4.3. UPEC3 ................................................................................................................. 27 5.4.4. UPEC4 ................................................................................................................. 30 5.4.5. UPEC5 ................................................................................................................. 32 5.5. Klassifizierung ......................................................................................................... 34
Ebenso sind die Ergebnisse der PCA abhängig von der Skalierung der Achsen und die
Interpretationen der Ergebnisse sind subjektiv. Schließlich ist die Anzahl der
Hauptkomponenten bei einer Reduktion nicht eindeutig und hängt von der Wahl und
Absicht des Durchführenden ab. (vgl. [2])
Daher lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Hauptkomponentenanalyse ein gutes
Verfahren zur Strukturanalyse ist, aber die Ergebnisse Modellfehler aufweisen können
und somit mit Bedacht zu interpretieren sind. (vgl. [2])
2.6 Kernel-PCA
Die Kernel-PCA ist eine Abwandlung der Hauptkomponentenanalyse, die in der Lage ist,
nicht-lineare Strukturen aus einem Datensatz zu klassifizieren und somit die PCA zu
verallgemeinern.
Als Ansatz wird eine nicht-lineare Abbildung definiert. Diese Funktion hat die Struktur
)( ,: iip zzF , wobei die p
iz 1 , i=1,…,n, Datenpunkte beschreiben, die
vom Mittelwert bereinigt sind. In der zentrierten Datenmatrix würden diese in einer Zeile
abgelesen werden. Die Funktion hat die Eigenschaft, dass die Skalarprodukte der
Funktion sich aus allen Produkten von d Einträgen der Vektoren x und y
zusammensetzen:
d ),,()()()( jid
jiji zzkzzzz ℕ, nji ,...,1, . (vgl. [13])
Damit stellt man die Kovarianzmatrix der Φ -transformierten Daten auf:
n
j
ppTjj zz
nK
1
)()(1
1.
Nun werden, wie in der normalen Hauptkomponentenanalyse, die Eigenwerte der
Kovarianzmatrix gesucht. Es wird sich zeigen, dass man wieder auf ein lineares
Eigenwertproblem stößt, was bis hierher nicht ersichtlich ist. Diese Herleitung richtet sich
nach Schölkopf (vgl. [13], [14]).
Man stelle die Eigenwertgleichung auf und zeige, dass der Eigenvektor sich als
Linearkombination der )(),...,( 1 nzz darstellen lässt:
n
jj
Tj
n
j
Tjj zvz
nvzz
nvKv
1inationLinearkomb
1
)())((1
1))()(
1
1(
10
n
iii
n
zv
zzspanv
1
1
)(
)(),...,(
Durch linksseitige Multiplikation von Φ(zk) an der Eigenwertgleichung erhält man:
)1(
),...,( und ),()()( wobei,)1(
)()()(1
1)()()(
)()(
12
111
n
zzkzzn
zzzn
zzz
vKzvz
njijT
iij
v
n
iii
K
n
i
Tjj
Tk
v
n
iii
Tk
Tk
Tk
Somit wurde eine neue Eigenwertgleichung erschlossen, wobei α der Eigenvektor ist und
)1(n der Eigenwert. Diese Eigenwertgleichung ist linear zu lösen. Wie in der
ursprünglichen Hauptkomponentenanalyse wird der eigentliche Eigenvektor v mit der
Länge eins normiert, daraus folgt für α die Bedingung 1)( T , denn:
).(
)()())(())((
1
1 1,1
T
TT
jT
i
n
i
n
jiji
n
iii
Tii
T
ij
zzzz
vv
Durch Ermittlung der Eigenvektoren v der Kovarianzmatrix KΦ über die
Eigenwertgleichung )1(n kann man schließlich auch die transformierten
Daten Φ(zi) auf die Ebene vi projizieren. Dies erfolgt wie in der linearen
Hauptkomponentenanalyse durch Multiplikation des Eigenvektors mit dem Vektor Φ(zi)
und man erhält:
ji
n
jii
n
jjii
Ti zzzv
11
)()()( .
Das bedeutet, dass die eigentliche Rechnung, das Lösen der Eigenwertgleichung, linear
erfolgt, aber die Transformierung der Daten nicht-linear durch die Funktion Φ. Die Matrix
hat eine Größe, die von der Anzahl der Datenpunkte abhängt, also nn .
11
Abbildung 3a: Schema eines Spermiums (siehe [A1])
3 Spermienmorphologie
3.1 Allgemein
Menschen folgen dem Fortpflanzungszyklus der Oogamie. Daher entwickeln die
weiblichen Individuen Eizellen, die groß und nährstoffreich sind, wohingegen die
männlichen Individuen Spermatozoen bzw. Spermien produzieren, die allein dem
Transport und der Übertragung des haploiden, männlichen Kerns dienen. Aus diesem
Grund lassen sich einige Strukturmerkmale ableiten: Spermien sind stromlinienförmig
aufgebaut, um eine maximale Geschwindigkeit aufzubauen und sie enthalten ein
Minimum an Bestandteilen. Zu diesen zählen der Kern (Nucleus, Abb. 3) und die
Centriolen, die an die Eizelle abgegeben werden, Mitochondrien (Mitochondria, Abb. 3)
als Energiequelle, das Akrosom (Acrosome, Abb. 3) zur Hydrolyse der Zona pellucida der
Eizelle und eine lange Geißel (Axial filament, Abb. 3) zur Fortbewegung. (vgl. [1])
Im Folgenden wird der Kopf beschrieben, der aus dem Kern und den verschiedenen
akrosomalen Regionen besteht. Die Bereiche kennzeichnen eine enge Verbindung
zwischen dem Nukleus und dem Akrosom. In den Membranen des Nukleus und
Akrosoms eingelagerte Rezeptoren zur Bindung an die Eizelle verdeutlichen, wie
folgenschwer eine Missbildung in diesem Abschnitt des Spermiums für die Fertilisation
ist.
Anschließend wird das Flagellum, bzw. der Schwanz (tail, Abb. 3) in seiner Struktur
beschrieben. Dabei wird deutlich, dass diese Struktur essentiell für die Motilität des
Spermiums ist und damit das Erreichen der Eizelle im Eileiter erst ermöglicht.
3.2 Der Kopf des Spermiums
3.2.1 Nukleus
Der Kern enthält die haploide Erbinformation und wird von einer doppelten Membran
umschlossen, die den perinukleären Raum einschließt. Im Gegensatz zu somatischen
12
Zellen wird die Hülle nicht von Kernporen durchbrochen (vgl. [18]). Dies erklärt sich
dadurch, dass kein Protein-Synthese Apparat (d.h. kein endoplasmatisches Reticulum
mit Ribosomen und Golgi-Apparat) vorhanden ist(vgl. [1]), der Kernporen notwendig
macht. Die äußere Membran nimmt zusätzlich eine statische Schutzfunktion ein, da sie
durch viele Strukturproteine fest ist. Während der Fertilisation sind eben diese
Proteine an Zellsignalen beteiligt (vgl. [18]).
Das Chromatin ist stark kondensiert. Während der Spermiogenese werden ungefähr
85% der Histone durch Protamine ersetzt (vgl. [21]). Durch die besondere Struktur der
basischen, positiv geladenen Proteine wird eine Hyperkondensation der
Deoxyribonucleic acid (DNA) ermöglicht, die nicht nur für die Hydrodynamik
mitbestimmend ist, sondern auch einen erhöhten Schutz vor äußeren Einflüssen
sichert. (vgl. [18])
Der Nukleus wird im Inneren neben dem Chromatin mit einer Matrix gefüllt, die die
äußere Struktur herstellt. Die Kernmatrix beschreibt daher ein nukleäres Skelett aus
Proteinen, an dem sich die Chromosomen anheften können. (vgl. [1])
3.2.2 Akrosomregion
Dieser Bereich des Kopfes enthält den Hauptanteil des Akrosoms. Das Akrosom ist
ein großes Überbleibsel des Golgi-Apparats und enthält zahlreiche Proteasen zur
Hydrolyse der Zona pellucida. Das Akrosom-Vesikel hat eine doppelte Membran. Die
terminale Membran ist stellenweise mit der äußeren Membran des Kernes verbunden,
so dass der perinukleäre Raum und das Akrosomvesikel ein Kontinuum bilden, wobei
die Räume zwischen den Membranen verbunden sind. Dort eingelagert sind
Abbildung 3b: Spermienkopf im Längsschnitt. (Schema nach [18])
13
Rezeptoren, die nach der Exocytose des Vesikels an der Bindung mit der Eizelle
beteiligt sind. (vgl. [18])
3.2.3 Mittlere Äquatorialebene
Die mittlere Äquatorialebene beschreibt den Bereich, in dem die innere und äußere
Akrosommembran ineinander übergehen und an den perinukleären Raum anschließen
(siehe Abb. 3b). Dort sind ebenfalls einige Rezeptoren eingelagert, die an der Bindung
mit der Plasmamembran der Eizelle beteiligt sind, nachdem die Zona pellicuda
durchdrungen wurde. (vgl. [18])
3.2.4 Postacrosomaler Bereich
In diesem Bereich liegen wichtige Moleküle im perinukleären Raum zur Aktivierung
der Eizelle und der Entwicklung vom Spermienkern zum Pronukleus vor. In diesem
Abschnitt ist kein Cytoplasma zugegen, da es vollständig vom perinukleären Raum
verdrängt wurde (siehe Abb. 3b). (vgl. [18])
3.3 Flagellum
Das Flagellum der Spermien ist vollständig von Mikrotubulis durchzogen. Die Anordnung
der Mikrotubuli-Dupletts im (9·2+2)-Muster ist typisch für Spermien der Mammalia.
Dabei sind neun Mikrotubuli-Dupletts konzentrisch um ein Mikrotubuli-Paar angeordnet.
Von den Dupletts ausgehend erstreckt sich in das Innere ein Motorprotein, das Dynein,
wie eine Speiche im Rad. Ebenso reicht ein innerer- und äußerer Dynein-Arm zwischen
den Dupletts, verbindet diese aber nicht. Die Verbindung entsteht durch
ein Nexinmolekül. Die Mikrotubuli-Dupletts werden außerhalb des
Rades, parallel zur Cytoplasmamembran, von Molekül-Fasern
(Ringfasern, Abb.4) begleitet, die die Flexibilität entlang der gesamten
Geißel fördern. (vgl. [18])
Da die Dyneinarme unter Adenosintriphosphat (ATP)-Verbrauch ihre
Konformation ändern, gleiten die
Mikrotubuli-Dupletts aneinander
vorbei. Geschieht dies nur auf einer
Seite des Rades, entsteht die typische
Flagellenbewegung und das Spermium
erhält einen Schub nach vorne. (vgl.
[11])
Abbildung 4: Elektronenmikroskopische Aufnahme von menschlichen Spermien. Im Längsschnitt mit Nukleus (N), Akrosom (A), Axonem (AX), Mitochondrien (M), Cytoplasma (C), Ringfasern (RF) Im Querschnitt des Flagellums lässt sich das (9+2) Muster erkennen. (siehe [A2])
14
3.3.1 Verbindungsstück zwischen Kopfregion und Mittelstück
Das Verbindungsstück lässt sich in neun Bereiche unterteilen, die einhergehen mit den
Mikrotubuli-Dupletts des Flagellums und den Fasermolekülen. Terminal befindet sich
der Basalkörper der Geißel. Dieser ist als Aufhängung für den Mikrotubuli-Apparat zu
verstehen, der dort hinein reicht. In der inneren Struktur unterscheidet sich der
Basalkörper von dem Rest des Flagellums, in dem es ein Mikrotubuli-Triplett
ausbildet und die inneren Mikrotubuli fehlen. (vgl. [18])
Proximal befindet sich neben zahlreichen Gelenkköpfchen eine Centriole. Centriolen
werden an die Nachkommen allein durch die Spermien weitergegeben und sind
essentiell für die Mitose. Die neun Mikrotubuli-Tripletts organisieren dabei die
Mikrotubuli-Fasern für den Spindelapparat und ziehen an den Chromosomen, um eine
einheitliche Verteilung zu organisieren. (vgl. [18])
3.3.2 Mittelstück
Die dominierende Struktur im Mittelteil (midpiece, Abb. 3) des Flagellums sind ca.
75-100 Mitochondrien, die in einer Helix um die Mikrotubuli angeordnet sind. So
werden die Motorproteine direkt mit ATP versorgt. Die Mitochondrien werden bei der
Fusion mit der Eizelle einschließlich ihrer mtDNA proteolytisch zerstört, so dass diese
allein maternal vererbt werden. (vgl. [18])
3.3.3 Hauptteil
Dieser Abschnitt wird vom mitochondrialen Teil durch den seitwärts drehenden
Jensen’s Ring abgetrennt. Neben den Proteinfasern entlang der Mikrotubuli wird der
Duplett-Ring durch weitere Proteine an der Cytoplasma-Membran befestigt.
Zusätzlich enthält dieser Abschnitt noch zahlreiche Kinasen, die die
Phospohorylierung des Dyneins mittels ATP katalysieren. (vgl. [18])
3.4 Spermien-Chromatin
Chromatin ist im Nukleus lokalisiert und beschreibt einen Komplex aus DNA und
Proteinen. In einer fädrigen Form kommt es in der Zelle zur Zeit des Ruhestadiums bzw.
der Synthesephase des Zellzyklus vor, wohingegen es in der Mitosephase zu
Chromosomen kondensiert. Chromosomen enthalten, in einer spezifischen Basenabfolge
von Thymin, Cytosin, Guanin und Adenin gespeichert, die Erbinformation des
Spermiums. Finden in den DNA-Strukturen Schäden statt, kann die gesamte Entwicklung
des Embryos gestört sein. (vgl. [11])
15
3.4.1 Aufbau und Vergleich mit somatischen Chromatin
Zusammen umfassen die ersten beiden Hauptkomponenten 63,69% der Varianzen und
werden zur weiteren Analyse verwendet. In Abbildung 42 wurden diese
gegeneinander aufgetragen und zeigen gemeinsame Anstiege oder Senkungen der
PCA-Koeffizienten. Diese entstehen hier besonders durch den Raman-Shift bei
930cm-1. Im Gegensatz zur ersten Hauptkomponente ist in der zweiten eine negative
Ladung der Raman-Shifts 785cm-1 und 1092cm-1, so dass der dunkelblaue Bereich in
Abbildung 42 der Nukleus sein könnte.
Im Ganzen ist das
Bild der ersten
Hauptkomponente
sehr heterogen
und schwer mit
dem Originalbild
vergleichbar. Der
äußere Rand hebt
sich durch eine
Abbildung 36: Raman Shifts der Felder (0.0379, 0.0952) in blau und (-1.0699, 0.8044) in türkis
33
hellere Blaufärbung von dem Hintergrund ab, allerdings sind die türkisenen und gelb-
roten Felder prägnant, die sich in etwa durch die Mitte des Spermiums ziehen und
durch den positiven Multiplikator des Raman-Shifts 930cm-1 entstehen.
Abbildung 38: 1. PCA-Koeffizient von UPEC5 Abbildung 39: 2. PCA-Koeffizient von UPEC5
Abbildung 40: 3. PCA-Koeffizient von UPEC5 Abbildung 41: 4. PCA-Koeffizient von UPEC5
Abbildung 43: Gewichtung der Raman-Shifts durch die erste und zweite Hauptkomponente in UPEC5
Abbildung 42: 1.PCA-Koeffizient (Höhe) gegen den 2. PCA-Koeffizient (Farbe) von UPEC5
34
5.5 Klassifizierung
Nun sollen die Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse mit den Vorkenntnissen des
Strukturaufbaus eines Spermiums in Einklang gebracht werden.
Die Struktur der DNA in einem Spermium der Mammalia kennzeichnet sich durch eine
Hyperkondensation aus. Diese entsteht durch die Protaminfäden, die sich in die große
Furche der DNA einlagern und eine kovalente Bindung mit dem Phosphatrückgrat
eingehen. Die anschließende Zusammenlagerung aller DNA-Protamin-Fibrillen erzeugt
eine dichte Struktur, die von außen kaum angreifbar ist. Ausschließlich vereinzelte
Linker-DNA ist in einer Histon-Verpackung mit der Nukleusmatrix verbunden. Ist dieser
DNA-Aufbau in der Spermatogenese gelungen, so sollte man annehmen, dass man diese
an einheitliche Ramanspektren erkennen kann. Die Hyperkondensation der DNA lässt
keine Heterogenität in den Ramanspektren zu, da die Laserstrahlen stets auf einen dichten
DNA-Protamin-Komplex treffen sollten. Da die Komplexbildung durch eine kovalente
Bindung an den negativen Phosphaten der DNA entsteht, ist der Ausschlag in 1092cm-1
(O-P-O-Streckung) entscheidend. Vergleicht man hinsichtlich dieses Kriteriums die
Bilder von UPEC2 bis UPEC5, so gelangt man zu der Erkenntnis, dass UPEC2 ein
gesundes Spermium darstellt, wohingegen die weiteren Spermien Schäden aufweisen
könnten. In UPEC3 ist eine klare dreischichtige Struktur erkennbar, allerdings ist der
blaue Bereich durch türkise Felder durchzogen. Es wurde gezeigt, dass eben diese Felder
eine Verschiebung der Werte von 1092cm-1 nach 1042cm-1 beinhalteten. Dadurch lässt
sich annehmen, dass die DNA in diesem Bereich zum einen geringeren Anteil an
Protaminen aufweist (1092cm-1 gesunken), aber auch Schäden in der DNA entstanden
sind (1042cm-1 angestiegen). In UPEC4 ließ sich keine direkte Verbindung zum
Originalbild herstellen. Es ist keine Nukleusstruktur oder Akrosomstruktur durch die
Hauptkomponenten erkennbar. Das Originalbild von UPEC4 zeigt, dass das Spermium in
ihrer Morphologie schon gravierende Defekte aufweist. Daher ist eine Klassifizierung
mittels der Raman Daten nicht nötig. Es ist aber festzustellen, dass unklare Bilder ohne
direkte Struktur mit der Morphologie korrelieren. Das Spermium UPEC5 ist schwer
einzuordnen. In der zweiten Hauptkomponente ist ein klar definierter, dunkelblauer
Bereich, der den Nukleus beschreiben könnte. Demnach wäre von der DNA-Struktur das
Spermium als gut zu klassifizieren. Allerdings füllt dieser Kern nur einen kleinen Teil des
Spermiumkopfes, das mit normalen Spermien nicht übereinstimmt. Die roten Bereiche
heben sich von dem Rest des Kopfes ab und können auf Anomalien hinweisen.
35
Insgesamt lässt sich feststellen, dass bei hohen Anteilen an der Gesamtvarianz in der
ersten Hauptkomponente, die Bilder klare Strukturen hervorbringen, wie bei UPEC2
(59,62%) und UPEC3 (64,21%). Dadurch lassen sich Klassifizierungen vornehmen. Die
Abbildungen 44 und 45 zeigen Streudiagramme der transformierten Daten. Bei einer
guten Approximation durch die Hauptkomponenten, sollten die Punkte nahe der
Koordinatenachsen (durch den Ursprung) liegen. Schließlich minimieren die
Hauptkomponenten die Abstände zu den Punkten. Dies wurde in UPEC3 stärker realisiert,
als in UPEC2. Wie in der Herleitung gezeigt wurde, erzielt die Minimierung der Abstände
zur Projektion ebenso eine Maximierung der Kovarianz. Daher stimmen die
Beobachtungen der Streudiagramme mit den Anteilen an der Gesamtvarianz überein.
Abbildung 44: Streuplot der ersten gegen Abbildung 45: Streuplot der ersten gegen die zweite Hauptkomponente (UPEC2) die zweite Hauptkomponente (UPEC3)
In den Analysen zu UPEC4 und UPEC5 hat man bemerkt, dass die Visualisierungen keine
klar erkennbaren Strukturen hervorbringen. In UPEC4 ist dies begründet in der
Morphologie des Spermiums. Andererseits sind auch die Anteile an den Gesamtvarianzen
der ersten Hauptkomponente hier niedriger, was durch den Streuplot (Abb. 46) in
größeren Abständen zu den Koordinatenachsen erkennbar ist. In UPEC5 ist ein
Schwerpunkt der Punktwolke erkennbar. Der Anteil der Gesamtvarianz beträgt hier in der
ersten Hauptkomponente 47,3% und in der zweiten Hauptkomponente 16,39%. Die Werte
sind durch viele Ausreißer nicht besonders hoch. Dennoch erklärt der Schwerpunkt, dass
in der ersten und zweiten Hauptkomponente gleiche, farbliche Markierungen entstehen. In
der zweiten Hauptkomponente hebt sich der dunkelblaue Teil zudem vom Rest ab.
36
Abbildung 46: Streuplot der ersten gegen Abbildung 47: Streuplot der ersten gegen die zweite Hauptkomponente (UPEC4) die zweite Hauptkomponente (UPEC5)
6 Zusammenfassung und Ausblick
Ein geeignetes Verfahren zur Klassifizierung der Spermien ist heute essentiell. Wenn schon in
den ersten TV-Serien (Private Practice, Staffel 5, Episode 6 und 7) das Thema der ICSI
aufgegriffen wird, zeigt es nur, wie bedeutsam die künstliche Befruchtung in der
Industriegesellschaft geworden ist. Da die ICSI die häufigste Methode der
Reproduktionsmedizin ist, rücken die Funktionsweisen des Akrosoms oder der Geißel in den
Hintergrund und sind für die Analysen weniger wichtig. Hydrolytische Enzyme oder eine
hohe Beweglichkeit des Spermiums haben keinen Einfluss auf den Befruchtungsmodus, wenn
dieser vom Mensch selbst durch eine Injektion durchgeführt wird. Also werden
Beweglichkeitsanalysen, Morphologiebetrachtungen in den Hintergrund gestellt und in das
Innere des Spermiums geschaut. Der Kern rückt in den Fokus der Analysen und Bewertungen
der Spermienqualität. Dabei soll festgestellt werden, ob die DNA Defekte aufweisen kann.
Mittels verschiedener chemischer Analysen erreichte man dies schnell und stellte fest, dass
die Spermium-DNA weitaus robuster ist als somatische DNA. Die Protamine sorgen für eine
starre Nukleusstruktur und ein Hyperkondensation der DNA. Darüber hinaus sichern
Protamine den Schutz vor körpereigenen Nukleasen oder äußeren Einflüssen, weshalb die
DNA in der Protaminverpackung weniger anfällig für Gendefekte ist. Allerdings erzielen die
chemischen Analysen nur eine Einschätzung des Spermas im Gesamten. Diese sind aber für
die weitere Verwendung unbrauchbar. Schließlich wird das Spermium durch die Analysen
zerstört. Daher bietet sich die Raman Mikrospektroskopie geradezu an. Das Spermium wird
nur kurzfristig mit einem Laser bestrahlt, so dass dieser keine Zellschäden verursacht und
daraufhin für die ICSI verwendet werden kann. Nun hat man die Ergebnisse der Raman-
Shifts, aber jedes einzelnes Spektrum zu untersuchen, ist in der Medizin kaum angebracht.
37
Daher ist ein Klassifizierungsverfahren unabdingbar. Es wurde gezeigt, dass die
Hauptkomponentenanalyse dies bedingt erzielt. Es wurden in UPEC2 und UPEC3 die
farblichen Klassen den morphologischen Strukturen Akrosom, Nukleus und
Cytoplasmamembran zugeordnet. Weiterhin ließen farbliche Abweichungen Rückschlüsse auf
den DNA-Aufbau zu und damit waren Klassifizierungen möglich.
Allerdings zeigen die Bilder von UPEC4 und UPEC5 auch die Grenzen der PCA auf. Es
werden in der Hauptkomponentenanalyse ein linearer Zusammenhang und eine
Normalverteilung angenommen. Die Streuplots zeigen, dass die Hauptkomponenten keine
genaue Approximation erzielten. Daher ist anzunehmen, dass die Daten nicht unbedingt linear
verteilt sind. Schließlich handelt es sich um eine Zelle, die in ihrer Zusammenstellung nicht
unbedingt linearen Zusammenhängen folgt. Bei einem Ortswechsel vom Nukleus zur
Plasmamembran nimmt der Proteinanteil zum Beispiel rapide ab und ist nicht linear
beschreibbar. Ebenso sind die Intensitäten in den Raman-Shifts nicht proportional, sondern
hängen neben der Konzentration auch von der Art des Moleküls ab.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Hauptkomponentenanalyse ein bedingt
fähiges Verfahren zur Klassifizierung von Spermien ist. Als weitere Möglichkeit zur
Klassifizierung besteht die Kernel-PCA, die keinen linearen Zusammenhang voraussetzt,
sondern die Daten in einen linearen Raum transformiert. Dies eröffnet die Chance, auch
Datensätze wie in UPEC4 oder UPEC5 zu klassifizieren.
38
7 Literaturverzeichnis
Texte
[1] Bruce Alberts, Alexander Johnson, Julian Lewis, Martin Raff, Keith Roberts, Peter
[A2] Neugebauer DC, Neuwinger J, Jockenhovel F, Nieschlag E in Andrologie:
Grundlagen und Klinik der reproduktiven Gesundheit des Mannes, S.75 von E.
Nieschlag, H.M. Behre, S. Nieschlag, Auflage 3, Springer Medizin Verlag
Heidelberg, 2009
41
8 Abbildungsverzeichnis
1 Beziehung von Vektoren 032 Projektion 043a Schema eines Spermiums 113b Spermienkopf im Querschnitt 124 Elektronenmikroskopische Aufnahme von menschlichen Spermien 135 Erste Hauptkomponente von UPEC1 ungefiltert 236 Erste Hauptkomponente von UPEC1 gefiltert 237 1. PCA-Koeffizient von UPEC 1 248 2. PCA-Koeffizient von UPEC 1 249 3. PCA-Koeffizient von UPEC 1 2410 4. PCA-Koeffizient von UPEC 1 2411 1. PCA-Koeffizient (Höhe) gegen den 2. PCA-Koeffizient (Farbe) von UPEC1
aufgetragen 25
12 Originalbild des Spermiums UPEC1 2513 Gewichtung der Raman-Shifts durch die erste und zweite Hauptkomponente in
UPEC1 25
14 1. PCA-Koeffizient von UPEC 2 2615 2. PCA-Koeffizient von UPEC 2 2616 3. PCA-Koeffizient von UPEC 2 2617 4. PCA-Koeffizient von UPEC 2 2618 1. PCA-Koeffizient (Höhe) gegen den 2. PCA-Koeffizient (Farbe) von UPEC2 2719 Originalbild des Spermiums UPEC2 2720 Gewichtung der Raman-Shifts durch die erste und zweite Hauptkomponente in
UPEC2 27
21 Intensität des Raman Shifts 1092cm-1 im Vergleich. Blaues Feld (0.0697,0.0263), türkises Feld (0.0697,1.0299), gelbes Feld (0.0697,1,2306)
27
22 1. PCA-Koeffizient von UPEC 3 2823 2. PCA-Koeffizient von UPEC 3 2824 3. PCA-Koeffizient von UPEC 3 2825 4. PCA-Koeffizient von UPEC 3 2826 1. PCA-Koeffizient (Höhe) gegen den 2. PCA-Koeffizient (Farbe) von UPEC3
aufgetragen 29
27 Originalbild des Spermiums UPEC3 2928 Gewichtung der Raman-Shifts durch die erste und zweite Hauptkomponente in
UPEC3 29
29 Raman Shifts der Felder (-0.56,-0.0257) in blau und (-1,3745,-0,4293) in türkis 2930 1. PCA-Koeffizient von UPEC 4 3031 2. PCA-Koeffizient von UPEC 4 3032 3. PCA-Koeffizient von UPEC 4 3033 4. PCA-Koeffizient von UPEC 4 3034 Bild des Spermiums UPEC4, im schwarzen Kasten der Nukleus 3135 Gewichtung der Raman-Shifts durch die erste und zweite Hauptkomponente in
UPEC4 31
36 Raman Shifts der Felder (0.0379, 0.0952) in blau und (-1.0699, 0.8044) in türkis 3237 Bild des Spermiums UPEC5 3238 1. PCA-Koeffizient von UPEC 5 3339 2. PCA-Koeffizient von UPEC 5 3340 3. PCA-Koeffizient von UPEC 5 3341 4. PCA-Koeffizient von UPEC 5 33
42
42 Gewichtung der Raman-Shifts durch die erste und zweite Hauptkomponente in UPEC3
33
43 Gewichtung der Raman-Shifts durch die erste und zweite Hauptkomponente in UPEC5
33
44 Streuplot der ersten gegen die zweite Hauptkomponente (UPEC2) 3545 Streuplot der ersten gegen die zweite Hauptkomponente (UPEC3) 3546 Streuplot der ersten gegen die zweite Hauptkomponente (UPEC4) 3647 Streuplot der ersten gegen die zweite Hauptkomponente (UPEC5) 36