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Prof. Dr. Paul Klimsa
Diplom-Informatiker Gunther Kreuzberger
Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft
Fachgebiet Medienwissenschaft
Seminar Produktforschung
Wintersemester 2006/07
Harald Schmidt - Betrachtung des Wechselspiels von Content, Organisation und Technik unter
Berücksichtigung des Sendereinflusses der ARD –
vorgelegt von:
Martin Fett Bahndamm 16
98693 Ilmenau
Matrikelnummer 40213
Timmy Hack
Homburger Platz 5
98693 Ilmenau
Matrikelnummer: 40219
Julia Hebenstreit Albert- Pulvers-Straße 7
98693 Ilmenau
Matrikelnummer: 40223
Friederike Mohr Scheffelstraße 5a
98693 Ilmenau
Matrikelnummer: 40290
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Forschungsspektrum „Harald Schmidt“..………………………..……………....1
1.2. Abgrenzung des Theoriefeldes………………………………………………......3
2. Methodische Vorgehensweise……………………………….………………..…5
3. Ergebnisse – Der Produktionsprozess
3.1. Die Preproduktion……...……….…………………………………………...…….8
3.2. Die Produktion.........……..………………………………………………..…......11
3.3. Die Postproduktion..........…….……………………………………..…………...15
3.4. Die Distribution………………………………………………………..…………..19
4. Zusammenfassung und Fazit………………………….…………..………........22
5. Literatur- und Abbildungsverzeichnis……..…….……………………………26
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1. Einleitung |
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1.1 Forschungsspektrum „Harald Schmidt“ „Wenn heute Abend alles normal läuft, dann beginnt um Viertel vor zehn
eine lustige Sendung und hört um halb elf auf, pünktlich zu den „Tagesthemen“. Sie wird
von einem ganz normalen Menschen aus Fleisch und Blut präsentiert, aus einem ganz
normalen Studio, vor ganz normalen Zuschauern. So sieht's für die einen aus. Für die
anderen läuft heute das Fernsehereignis des Jahres – Quasi eine Erlösung. Harald
Schmidt kehrt zur ARD zurück.“
Markus Ehrenberg, „Tagesspiegel“
Seit über 40 Jahren stellt das Fernsehformat der Late-Night-Show als Bestandteil der
Unterhaltungssparte bereits ein etabliertes und umsatzstarkes Element des
amerikanischen Fernsehalltags dar. Als Urvater des Prinzips „Late Night“ gilt der
legendäre Johnny Carson, dessen „Tonight Show“ 30 Jahre lang an fünf Abenden pro
Woche lief (vgl. Oestreich, 2001, S. 15). Als seine Nachfolger reihten sich schließlich
David Letterman und Jay Leno in die Erfolgsreihe der Late-Night-Talker ein.
Ausgehend von den Ausführungen von Rebecca Oestreich im Rahmen einer qualitativen
Genderstudie zur Harald Schmidt Show, sind es im Wesentlichen fünf Aspekte, die
dieses Fernsehformat, die Late-Night-Show, ausmachen: „[…] ein Stand-Up, Comedy-
Acts und Interviews, in denen der verbale Schlagabtausch gesucht wird und Anekdoten
erzählt werden. Ein festes Orchester ist genauso Bestandteil der Show, wie das
Studiopublikum.“ (Oestreich, 2001, S.16). Mitunter wird die Late-Night-Show als „die
Königsdisziplin der Fernsehunterhaltung“ (Fell, 1995) charakterisiert.
In der Annahme, dem deutschen Fernsehpublikum eine „exakte Kopie von Late Night
with David Letterman“ (Oestreich, 2001, S.17) zu liefern, begann die Karriere von Harald
Schmidt am 5. Dezember 1995 in Sat.1 und hat bis Ende 2003 in unzähligen Sendungen
eine enorme Erfolgsgeschichte durchlaufen, die zunehmend von einer eigenen
Handschrift geprägt war.
Am 23. Dezember 2003 ging nach acht Jahren die letzte „Harald Schmidt Show“ beim
Privatsender Sat.1 über die Bühne und Harald Schmidt kündigte eine „kreative Pause“
an. Versuche an dem bewährten Erfolgsrezept der Light-Night-Show anzuknüpfen
schlugen jedoch fehl. Seine Nachfolgerin Anke Engelke war schon nach fünf Monaten mit
ihrer „Anke Late Night“ gezwungen, die Sendung in Sat.1 wegen schlechter
Einschaltquoten einzustellen.
Am 23. Dezember 2004, genau am Jahrestag von seinem TV-Abschied, präsentierte
Harald Schmidt schließlich seine neue „Harald Schmidt“ – Sendung auf dem Sender der
öffentlich-rechtlichen ARD.
Folglich drängt sich die Frage auf, ob „die Marke Harald Schmidt“ in Ermangelung von
Konkurrenz überhaupt noch aus der Fernsehwelt wegzudenken ist. In einem nächsten
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1. Einleitung |
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Schritt stellt sich die Frage, inwieweit der Wechsel vom Privatsender Sat.1 zum öffentlich-
rechtlichen Sender ARD Einfluss auf die Gestaltung und Umsetzung der Sendung hat.
Während „Die Harald Schmidt Show“ zu Sat.1-Zeiten noch viermal pro Woche
einstündlich auf Sendung ging, beträgt die Sendezeit der neuen Show 30 Minuten jeweils
Mittwoch und Donnerstag, direkt nach den „Tagesthemen“ um 22.45 Uhr. Seit dem
Senderwechsel vermehren sich die Vergleiche mit Jon Stewart, dessen erfolgreiche
„Daily Show“ aus den USA das aktuelle Tagesgeschehen und die Medienlandschaft
thematisiert. So sagte Harald Schmidt in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ am
16. Januar 2005 scherzhaft über seine neue Sendung: „Harald Schmidt ist eine
schwache Kopie der amerikanischen intelligenten Politsatire ‚Daily Show von Jon
Stewart‘ – ohne an das Original heranzureichen.“
Andere Veränderungen sind offensichtlich: Die Schwerpunkte der Show wurden auf
Tagesaktualität und Medienkritik verlagert, kein Helmut Zerlett, dafür eine ARD-Band,
keine Werbung und zunächst auch keine Gäste… - Doch sind diese offenkundigen
Unterschiede zu dem Format in Sat.1 auf den Senderwechsel zurückzuführen? Welche
Einflussmacht kann dem Ersten bezüglich der Produktion der neuen Sendung „Harald
Schmidt“ inhaltlich, aber auch organisatorisch und technisch beigemessen werden?
Ausgehend von diesen Überlegungen widmet sich das Forschungsinteresse dieser
Arbeit im Wesentlichen der Betrachtung des Verhältnisses von Content, Organisation und
Technik unter Berücksichtigung des Sendereinflusses der ARD.
So beinhalten die Untersuchungen dieser Arbeit sowohl die Charakterisierung der
Produktionsphasen, als auch die Analyse der wechselseitigen Beziehungen und
Abhängigkeiten zwischen den besagten Produktionselementen Content, Organisation
und Technik.
An einen kurzen Überblick über das bisherige Theoriefeld (Kapitel 1) mit besonderem
Augenmerk auf die Befunde von Krömker und Klimsa (2005) schließt im Rahmen der
dann folgenden Ausführungen die Erläuterung der verwendeten Forschungsmethode und
der Datenerhebung (Kapitel 2) an. Die Darstellung der Ergebnisse aufgrund der
durchgeführten Leitfadeninterviews erfolgt schließlich in Kapitel 3, „Der
Produktionsprozess“, das eine umfassende und detaillierte Beschreibung der
Produktionsphasen beinhaltet. Im Rahmen dieser Produktionsphasen wird darüber
hinaus jeweils das forschungsleitende Wechselspiel zwischen Content, Organisation und
Technik in Augenschein genommen. Auf Grundlage dieser Ergebnisdarstellung kann in
Kapitel 4 eine Auseinandersetzung mit dem Modell von Krömker und Klimsa (2005)
vorgenommen werden und die zentrale Frage der Anwendbarkeit auf das Medienprodukt
„Harald Schmidt“ beantwortet und begründet werden.
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1. Einleitung |
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1.2 Abgrenzung des Theoriefeldes
Die Suche nach geeigneten Modellen der Medienproduktion erforderte eine
aufmerksame und interdisziplinäre Annäherung an unterschiedlichste
Wissenschaftsdisziplinen. Grund dafür ist das sich heterogen darstellende
Forschungsfeld der Medienproduktion. Nach Krömker/Klimsa (2005) finden sich neben
Theorien der Betriebswirtschaftslehre, der Kommunikationswissenschaft, der
Medienwissenschaft und des Journalismus, Erklärungsversuche aus der Gestaltung und
Kunst, den Ingenieurswissenschaften, sowie der Informatik (vgl. Krömker/Klimsa, 2005,
S. 15-17). Die Vereinigung der Betrachtungsweisen macht das Medienproduktionsmodell
von Krömker/Klimsa auf einer hohen Abstraktionsebene sichtbar. Es unternimmt einen
Versuch, das interdisziplinäre Feld der Medienproduktion zu beleuchten, sowie
Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit anderen Wissenschaftsdisziplinen aufzudecken
(vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 18). Der Berührungspunkt der Branchen liegt nach
Krömker/Klimsa in der Erzeugung von Medienprodukten, sprich von
Vermittlungssystemen von Informationen jeglicher Art, welche in einem
Herstellungsprozess durch den gelenkten Einsatz von Gütern und Dienstleistungen, den
Produktionsfaktoren, entstehen (vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 18 zit. nach Bloech, 2001,
S. 3). Im Zuge unserer Recherche informierte die Literatur zum Einen über isolierte
Produktionsprozesse, ohne jegliche Einblicke in die Wechselwirkung der
Produktionsfaktoren. Zum Anderen bot sich uns das Bild auserwählter
Produktionsfaktoren, ohne Einbeziehung des zeitlichen Produktionsprozesses (vgl.
Holland, 2000, S. 51-105). Ansatzweise können journalistische Wertschöpfungsprozesse
Hilfe leisten, indem diese Produktionsprozesse und Produktionselemente gekoppelt
betrachten, allerdings Wechselwirkungen zwischen den Elementen der
Wertschöpfungskette (dem Produktionsprozess) vornehmlich ausklammern (vgl. Pagel,
2003, S. 65-118).
Hier findet sich der Ansatz des Modells von Krömker/Klimsa, indem dieses versucht die
Wechselwirkungen der Elemente im Produktionsprozess in Verbindung mit dem Prozess
selbst zu beleuchten. Die sich beeinflussenden Elemente werden als Content,
Organisation und Technik beschrieben (vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 19). Content
definiert die um die Metadaten (Titel, Dauer, Mitwirkende) ergänzte Essenz (Bild, Ton,
Bewegbild, Grafik, Text), welcher das inhaltliche Ergebnis eines kreativen Prozesses
darstellt (vgl. Pagel, 2003, S. 18). Das Verständnis von Content umfasst aber neben der
inhaltlichen Zusammensetzung der Medien auch das Ergebnis medienspezifischer
Transformation des Contents zur Vorbereitung auf die jeweilige Distributionsplattform
(vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 30). Technische Systeme sind durch ihre Funktionsweise
im Produktionsprozess und ihren Einfluss auf die Art des Medienproduktes
gekennzeichnet. Sie dienen dementsprechend als Hilfsmittel und als Werkzeug im
Herstellungsprozess selbst (vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 21). Die mediale Organisation
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1. Einleitung |
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umfasst das Zusammenspiel von Content und Technik unter medienspezifischen
Bedingungen gestaltenden Handelns (vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 27). Die
Wechselwirkungen der beschriebenen Produktionsfaktoren durchziehen einen
Produktionsprozess. Dieser erstreckt sich im Modell auf der Ebene der technischen
Systeme, der redaktionellen Contenterzeugung und unter Betrachtung des
organisationalen Rahmens, über die Produktionsschritte: Preproduktion, Produktion,
Postproduktion und Distribution (vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 18-19). Die Preproduktion
beinhaltet produktionsdispositive Aufgaben. Das heißt Recherchieren, Planen und
Erzeugen von Content. Die Phase der Produktion erfasst das Anpassen des Contents auf
das spezifische Vermittlungssystem. Die Abrundung der Produktion findet in der
Postproduktion unter den Gesichtspunkten Verfeinern, Testen und Bearbeiten von
Content statt. Die abschließende Phase der Distribution umfasst die Aktivitäten, den
Content in den Verfügungsbereich der Zielgruppe zu stellen (vgl. Krömker/Klimsa, 2005,
S. 19).
Es ist nun möglich, den abstrahierten Überblick des Produktionsprozesses und seiner
sich beeinflussenden Produktionsfaktoren, Content und Technik, in der medialen
Organisation, auf das spezifische Medienprodukt anzuwenden. Im konkreten Fall der
Fernsehproduktion finden wir nach Krömker/Klimsa während der jeweiligen
Produktionsschritte folgende Ausprägungen, der technischen Systeme und der
redaktionellen Contenterzeugung, im organisationalen Rahmen:
Abbildung 1: Produktionsprozess Fernsehen (vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S.102)
Dieses Modell soll in im Rahmen des Forschungsberichtes als Grundlage zur weiteren
Vorgehensweise und zur Auseinandersetzung und Erschließung des Themas dienen.
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2. Methodische Vorgehensweise |
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2. Methodische Vorgehensweise Eine wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung bedingt im Gegensatz zur Alltagserfahrung
ein systematisches Vorgehen (vgl. Mayer, 2006, S. 27). In der Vorarbeit galt es, eine
Vorstellung von dem zu erforschenden Medienprodukt zu gewinnen, um in der
Untersuchung auch möglichst alle relevanten Gesichtspunkte einbeziehen zu können.
Diese Auseinandersetzung mit dem Forschungsgegenstand „Harald Schmidt“ beinhaltete
die Beachtung unterschiedlicher Theorien, Ergebnisse anderer Studien und insbesondere
die Vertiefung des Modells von Krömker und Klimsa (2005). Doch welche
Forschungsmethode eignet sich zur Untersuchung der formulierten Problemstellung nun
am besten?
Um verbale Daten zu gewinnen bedient man sich in der qualitativen Forschung der
Erzählung oder des Leitfadeninterviews (vgl. Mayer, 2006, S. 36). In diesem Fall waren
konkrete Aussagen über den Gegenstand „Harald Schmidt“ Ziel der Datenerhebung.
Dafür ist ein Leitfaden der ökonomischste Weg. Das Experteninterview als eine Form des
Leitfadeninterviews ist ein sehr flexibles Instrument, das exakt den postulierten
Ansprüchen entspricht: Durch die Erschließung von Insiderwissen können sowohl die
Erkenntnisse aus den Ausführungen von Krömker und Klimsa komplettiert werden, als
auch Abweichungen oder Gegensätze aufgenommen werden, die in Anbetracht des
Forschungsinteresses von besonderem Wert sind (vgl. Kauschke/Klugius, 2000, S. 22).
„Durch die Gratwanderung zwischen strukturierender Eingrenzung und flexibler Offenheit
wird die Methode beiden Seiten der Erhebungssituation gerecht“ (vgl. ebd.), dem
postulierten Forschungsinteresse, formuliert durch die Forschungsfrage und dem
Mitteilungsbedürfnis der Befragten.
„Was immer hier Mythos und Realität ist – Experteninterviews haben aufgrund ihres
heimlichen Versprechens auf schnelle, objektive und unproblematisch zu erhebende
Daten eine erhebliche Anziehungskraft auf empirische Sozialforscher“ (Bogner/Littig,
2005, S.9). Die Befragten Manuel Andrack (Redakteur), Andrea Hürdler (Producerin),
Anestis Zirziris (Technischer Leiter) und Klaus Michael Heinz (zuständiger WDR-
Redakteur) sind hier in ihrer Funktion als Experten für das Handlungsfeld der Sendung
„Harald Schmidt“ interessant. Kennzeichnend für die Leitfadeninterviews ist, dass ein
Leitfaden mit offen formulierten Fragen dem Interview zu Grunde liegt. Auf diese Weise
konnten die Befragten einerseits frei antworten, aufgrund des konsequenten Einsatzes
des Leitfadens gewannen andererseits die Daten durch die Fragen eine Struktur. Der
Leitfaden diente folglich als Orientierung bzw. Gerüst und sollte gewährleisten, dass nicht
wesentliche Themenaspekte der Forschungsfrage im Interview vernachlässigt werden.
Jedoch galt die zuvor festgelegte Reihenfolge der Fragen des Leitfadens nicht als
zwingend einzuhalten. Letztendlich lag es im eigenen Ermessungsspielraum, inwieweit
detaillierte Nachfragen bzw. ausführliche Ergänzungen des Befragten unterstützend
waren oder eine Konzentration auf den Leitfaden angemessener erschien (vgl. Mayer,
2006, S.36).
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2. Methodische Vorgehensweise |
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Eine effiziente Nutzung der angestrebten 60 und 30 Minuten Interviewzeit machen die
daraus resultierende Gratwanderung zwischen forschungsrelevanten und all zu weiten,
themenfernen Ausführungen der Befragten umso bedeutungsvoller.
„Das Leitfadeninterview orientiert sich an der Forderung nach Offenheit qualitativer
Forschung“ (Mayer, 2006, S. 36).
Das Experteninterview bezog sich auf einen klar definierten Wirklichkeitsausschnitt, das
Verhältnis der Teilbereiche Organisation, Content und Technik. Die Befragten wurden
nicht als Einzelfall, sondern als Repräsentanten dieser Einflussfelder in die Untersuchung
einbezogen. Dem Leitfaden kam auf diese Weise eine noch stärkere Steuerungsfunktion
zu (vgl. Mayer, 2006, S. 37). Wiederum bedingt durch die streng begrenzte Interviewzeit,
war es nur zweckdienlich, die jeweils Befragten auf das interessierende Expertentum zu
begrenzen bzw. festzulegen.
Ausgehend von den theoretischen Vorüberlegen auf der Grundlage des Modells von
Krömker und Klimsa (2005) und eigenen Felderkundungen, galt es ein Konzept zu
entwickeln, welches wiederum die Basis für die Entwicklung des Leitfadens darstellte
(vgl. Mayer, 2006, S.42). Hierbei stand eine möglichst umfassende Berücksichtigung der
Produktionselemente Content, Organisation und Technik und die mit ihnen verbundenen
wechselseitigen Einflussfaktoren im Vordergrund. Beide dieser Aspekte orientierten sich
an der Problemstellung der Untersuchung, also der Forschungsfrage. So entsprach die
Gliederung des Leitfadens den besagten Produktionsschritten Preproduktion, Produktion,
Postproduktion und Distribution. Diese Gliederungspunkte deckten wiederum
Fragenkomplexe für die Bereiche Content, Organisation und Technik ab, die durch die
Wahl der Befragten Experten Manuel Andrack (Content), Andrea Hürdler (Organisation)
und Anestis Zirziris (Technik) abgedeckt waren. Auf diese Weise kam im Rahmen der
einzelnen Interviewschritte jeder der Experten zu Wort, das wiederum die Möglichkeit für
einen wechselseitigen Meinungsaustausch bot. Die anfängliche Skepsis gegenüber
einem Interview, die die gleichzeitige Befragung dreier Experten umfasste, stellte sich
somit als unbegründet heraus. Gerade im Hinblick auf unsere Problemstellung wurden
mögliche wechselseitige Abhängigkeiten und Einflüsse zwischen den Bereichen Content,
Organisation und Technik auch durch den Gesprächsverlauf vernehmlich.
Vor Beginn der eigentlichen Befragung war es förderlich, den Leitfaden im Rahmen eines
kurzen Probeinterviews zu testen. Problematische, zu komplexe oder unverständliche
Formulierungen konnten auf diese Weise identifiziert und Verbesserungen vorgenommen
werden. Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Leitfaden ermöglichte es,
einzelne Themenkomplexe, die bis zu diesem Zeitpunkt zu wenig Berücksichtigung
gefunden hatten, aufzudecken und dadurch die Qualität der gewonnen
Untersuchungsergebnisse wiederum zu optimieren (vgl. Mayer, 2006, S. 44).
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2. Methodische Vorgehensweise |
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Die Durchführung des ersten Interviews fand schließlich am Mittwoch, den 13. Dezember
2006 in den Geschäftsräumen der Produktionsfirma Bonito TV in Köln statt. Um erste
interessante Einblicke in die Produktion der Sendung zu gewinnen, war ein Besuch der
entsprechenden Aufzeichnung an dem besagten Tag sehr förderlich. Anwesende des
anschließenden Interviews waren, wie eingangs bereits erläutert, Andrea Hürdler als
Produzentin der Sendung, Manuel Andrack als Chef-Dramaturg und Anestis Zirziris, der
zuständige technischer Leiter. Zur flexiblen Handhabung des Interviews diente, nach
Einholung des Einverständnisses der Befragten, die Aufnahme mit einem Tonband. Auf
diesem Weg wurde das Interview nicht auf einen Frage-Antwort-Katalog reduziert und
den Befragten Raum für ihre Themen sowie die Entfaltung ihres Meinungsaustauschs
gegeben (vgl. Mayer, 2006, S. 46).
Das zweite Leitfadeninterview mit dem zuständigen WDR-Redakteur folgte am Freitag,
den 15. Januar 2007 um 15.00 Uhr im Rahmen eines Telefoninterviews. Auf der
Grundlage des bereits geführten Interviews konnten auf diesem Weg bis dahin offen
gebliebene Fragen gestellt und insbesondere die Sichtweise des Redakteurs als
maßgebliche organisatorische Funktionsrolle eingeholt werden. Abweichungen und
Widersprüchlichkeiten in den Aussagen, die Rückschlüsse auf das Verhältnis der
Teilbereiche Content, Organisation und Technik ermöglichen, konnten so aufgedeckt
werden. Gerade im Hinblick auf das Forschungsinteresse, der Einflussweise des Senders
auf die genannten Produktionselemente, stellten die Ergebnisse dieses Interviews,
besonders als Ergänzungs- und Vergleichselement zum ersten Interview, einen
wesentlichen Aspekt der angelegten Untersuchung dar.
Ziel der Auswertung der Interviews war es, im Vergleich der erhobenen Interviewtexte
Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Prozessvorgänge herauszuarbeiten. Grundlage
stellten die transkribierten Tonbänder dar.
Anhand der Kategorien Preproduktion, Produktion, Postproduktion und Distribution und
unter Berücksichtigung der jeweiligen Dimensionen Content, Organisation und Technik,
wurden nun die Aussagen der gewonnenen Interviewtexte zugeordnet. Im Anschluss
daran galt es, eine innere Logik zwischen den Einzelinformationen herzustellen. Sowohl
bedeutungsgleiche als auch sich widersprechende Informationen fanden bei unserer
Auswertung Berücksichtigung. Die Ergebnisse der Leitfadeninterviews haben für uns zum
einen prüfenden Charakter, insbesondere bezüglich des Einflussgrades des Senders auf
die Produktionselemente Content, Organisation und Technik. Zum anderen haben sie
aber auch einen bedeutenden explorativen und deskriptiven Charakter, der im Rahmen
der Benennung und Charakterisierung der Produktionsschritte deutlich wird (vgl.
Kauschke/Klugius, 2000, S. 23).
Auf dieser Grundlage gelang es, die wesentlichen Prozessschritte der Produktion der
Late-Night-Sendung „Harald Schmidt“ zu kennzeichnen und das mit ihnen verbundene
Wechselspiel von Content, Organisation und Technik zu beleuchten.
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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3.1. Preproduktion
Die Phase der Produktionsvorbereitung, die Preproduktionsphase, ist insbesondere von
Recherchieren, Planen und Erzeugen von Content geprägt (vgl. Krömker/Klimsa, 2005,
S. 19). Auch für Pagel (2003) gehören die Planung, Recherche und Konzepterstellung
idealtypisch zur Preproduktion einer Nachrichten- und Informationssendung, die laut
Aussagen der Beteiligten in den Interviews von der Vorbereitungsphase von "Harald
Schmidt" nicht wesentlich zu unterscheiden ist.
Die Aufgaben innerhalb der Produktionsvorbereitung werden von unterschiedlichen
Aufgabenträgern mit journalistischem und technischem Hintergrund wahrgenommen.
Entsprechend gilt es, ein Rollenkonzept der beteiligten Aufgabenträger heraus zu
arbeiten.
Innerhalb des organisierten sozialen Systems Redaktion nimmt der Redakteur eine
sogenannte Arbeitsrolle ein (Pagel, 2003, S. 67). Diese sind bei "Harald Schmidt" aus
hierarchischer Sicht in Chefdramaturg und Dramaturg zu klassifizieren. Einen
Sonderstatus hat Harald Schmidt in seiner Rolle des Moderators: Er ist neben drei
Dramaturgen und einem Chefdramaturgen ebenfalls an der Recherche, Planung und
Erstellung des Content beteiligt (vgl. Andrack, 2006, S. 1, Z. 14ff.), hat somit eine
gewichtige Doppelrolle inne und besitzt immer "das letzte Wort" (vgl. ebd.).
Themenrecherche
Nach Deißler (2005) ist Recherche "zunächst einmal der Versuch, zu bestimmten
Sachverhalten möglichst viele Fakten und Zusammenhänge zu ermitteln" (vgl. Deißler,
2005, S. 67). Auch Pätzold sieht die Recherche als methodisches Schlüsselprinzip des
Journalismus und bezeichnet sie als "Suchen, Sammeln und Dokumentieren konkret
vorfindbarer, auf eingegrenzte Themen bezogene Fakten, Sachverhalte, Prozesse mit
dem Ziel, das recherchierte Material in geordneter Form (...) darzustellen" (vgl. Pätzold,
1981, Recherche, S. 275).
Bei dem mühseligen Beschaffen und Erarbeiten von Wissen und Informationen spielt die
knappe Produktionszeit eine entscheidende Rolle. Umso wichtiger ist es, dass die
Recherche für die Themenbeiträge punktuell exakt ausgerichtet ist. Laut Aussagen
Manuel Andracks, dem Redaktionsleiter und Chefdramaturgen bei "Harald Schmidt", sind
Montag und Dienstag die thematischen Vorbereitungstage für die Sendungen, die dann
jeweils mittwochs bzw. donnerstags aufgezeichnet werden. Ziel der dann stattfindenden
Themenfindung ist es, die Sendung mit Inhalt zu füllen und daher besteht das
Themenspektrum bei "Harald Schmidt" aus einem Mix von aktuellen und weniger
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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aktuellen Themen. Flexibilität spielt in der Phase der Themensuche auch bei "Harald
Schmidt" eine große Rolle (vgl. Andrack, 2006, S. 1, Z. 26).
Als Quellen des Showinhalts dienen dem Team ganz besonders "TV, Zeitungen und
Bücher - also alles, was es gibt" (vgl. ebd., Z. 15). "Die Sendung reflektiert die
Wirklichkeit, gespiegelt durch die Medien", so der zuständige WDR-Redakteur Klaus
Michael Heinz, der in die Themensuche nur am Rande involviert ist (vgl. Heinz, 2007, S.
22, Z. 7).
Bedingt durch die visuelle Ebene ist die Recherche von Themen für das Fernsehen
jedoch sehr aufwändig. Der Dramaturg muss nicht nur ein Gespür für ein Thema
entwickeln, die Relevanz des Themas einschätzen und Hintergründe und Fakten
herausfinden, was ja häufig schon schwer genug ist. Seine Aufgabe bei der Recherche
ist es auch, auf die fernsehgerechte Umsetzbarkeit der Themen zu achten. Das heißt, bei
der Recherche muss er immer auch die Frage berücksichtigen, welche Bilder möglich
sind (vgl. Deißler, 2005, S. 67).
Wie kann er sein Thema filmisch umsetzen? Können Grafiken und Animationen helfen?
Wie könnten die aussehen? All das sind Fragen, die schon bei der Recherche gestellt
und mit den Beteiligten aus dem Bereich der Technik abgestimmt werden sollten.
Redaktionssystem
Integriertes Content Management wird als medienökonomisches Konzept zur effizienten
Gestaltung und Umsetzung integrierter Prozesse zur Produktion des Inhalts für vielfältige
digitale Medien durch sämtliche journalistischer Mitarbeiter verstanden (vgl. Pagel, 2003,
S. 61).
Fernsehspezifische Content Management Systeme verwenden die logische Trennung
von digitalen Inhalten in Essence und Metadaten und fungieren als datenbankgestützte
IT-Systeme zur Verwaltung von Inhalten beispielsweise in digitalen Fernseharchiven.
(vgl. Thomas, 2000, S. 23)
In der Phase der Preproduktion kann die Recherche, Planung und Erzeugung von
Content mittels Management- und Browsingsystemen erfolgen, die einen schnellen
Zugriff auf den digitalisierten Content ermöglichen (vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 22). Die
Einbindung in die rundfunkspezifische Systemlandschaft von Buchhaltungssystemen
über Planungs-, Recherche- und Redaktionssysteme bis hin zu Systemen zur
Sendeautomation erfolgt über entsprechende Schnittstellen. Auch im Rahmen von
"Harald Schmidt" werden in der Rundfunktechnik übliche Content Management Systeme
im Sinne von Broadcast Content Management eingesetzt (vgl. Pagel, 2003, S. 61). Diese
finden sowohl in Archiv- als auch Redaktionssystemen entsprechende Anwendung:
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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Bei der Themenrecherche selbst spielen Content Management Systeme im eigentlichen
Sinne jedoch eine untergeordnete Rolle. Content Management dient BONITO TV eher
mit seiner Archivfunktion, mit der die Redakteure und Autoren auf Material zurückgreifen
können, das innerhalb der Themen der Sendung gezeigt werden soll. Die Arbeit mit
diesem Archivmaterial erfolgt laut Zirziris, dem technischen Leiter bei BONITO TV,
anhand themenbezogener Datenbanken und großer Stichwortlisten, sogenannter
Metadaten. Metadaten sind "Attribute, mit denen Elemente von Informationsquellen
identifiziert und strukturiert werden" (vgl. de Jong, 2001, S. 488). Während des gesamten
fernsehspezifischen Redaktions- und Produktionsprozesses wird mit diesen erklärenden
Daten gearbeitet. Nicht nur aus Archivsicht, sondern mit Blick auf den gesamten
Produktionsprozess und die Minimierung von Schnittstellen liegt hierin ein - wenn nicht
sogar der - entscheidende Nutzen von digitalen Inhalten.
Einschaltquoten im Prozess der Themenfindung
Quoten beweisen, dass Zuschauer eine bestimmte Erwartungshaltung für eine Sendung
haben. Der Redakteur erkennt mithilfe der Zuschauerforschung, wann Zuschauer sich
zu- oder wegschalten. Jeder Redakteur weiß, dass der Zuschauer auf Veränderungen
mit Anrufen, Briefen und E-Mails reagieren: "Seine" Sendung ist nicht mehr so, wie er sie
erwartet hat. Daher produziert man auch immer wieder die gleichen Strukturen innerhalb
einer Sendung. Werden diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, wird der Zuschauer
um- oder abschalten. Eventuell wird er diese Sendung gar nicht mehr sehen (vgl.
Windeler/Lutz/Wirth, 2004, S. 92). Ihn zurück zu gewinnen ist äußerst schwierig: Er
denkt, dass es nicht mehr "seine" Sendung ist. Merkmale einer TV-Show, wie Indikativ,
Design, Moderator, Aufbau und Reihenfolge, Musik und Abdikativ müssen der
Zuschauererwartung entsprechen (vgl. ebd.).
Dass jedoch die Einschaltquote eine Rolle im Prozess der Preproduktion spielt, verneint
Andrack: "Wenn es eine gute Sendung ist, dann gucken das auch nicht so wenige Leute.
Die mögliche Quote spielt in der Themenfindung aber gar keine Rolle." Das öffentlich-
rechtliche Late-Night-Konzept von "Harald Schmidt" ist seinem privaten Vorgänger, der
"Harald Schmidt Show" in Sat.1, sehr ähnlich: Mittlerweile gibt es wieder Gäste, die
Showband ist im Wesentlichen gleich geblieben, das Bühnenbild auch, die Reihenfolge
der Showelemente ebenso und auch im Team gab es keinerlei Veränderungen.
Dieses gewachsene Konzept ist nach Andrack und Hürdler auch der Erfolgsfaktor der
Sendung, in der Harald Schmidt als Moderator das unique selling proposition ist, also das
Alleinstellungsmerkmal, das die Show deutlich von anderen abhebt (vgl. u.a. Andrack,
2006, S. 9, Z. 2).
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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Die Preproduktion dient der organisatorischen, logistischen und finanziellen Vorbereitung
der Produktionsphase. Nach dem Kriterium der Aufgabenstellung sind also in erster Linie
produktionsdispositive Aufgaben wahrzunehmen (vgl. Pagel, 2003, S. 69). Diese
Aufgaben werden in erster Linie von Redakteuren und dem Produktionsleiter
wahrgenommen. Andrea Hürdler ist im Team von "Harald Schmidt" als Producerin für
den gelenkten Einsatz der Produktionsfaktoren verantwortlich.
Die Phase der Preproduktion mündet schließlich in die Konzepterstellung, welche als
Ergebnis der ersten Phase des Produktionsprozesses die Basis für die Ausführung des
nächsten Prozessschritts, die Phase der Produktion, darstellt (vgl. Krömker/Klimsa, 2005,
S. 22). Am Ende der Vorproduktion steht folglich ein Ablaufplan, der jedem im
Produktionsteam eine bestimmte Aufgabe zuteilt und die Reihenfolge der Showelemente
samt aller Zeiten beinhaltet, wie lange etwas geplant ist. Hürdler steht in diesem
Zusammenhang in stetigem Kontakt zu den Dramaturgen und koordiniert die Aufgaben
im gesamten Team. Für sie ist die schnelle, reibungslose Kommunikation untereinander
das wichtigste Element für einen flexiblen und erfolgreichen Ablauf (vgl. Hürdler, 2006, S.
5, Z. 17).
Die zahlreichen Details, die es in der Phase der Preproduktion zu beachten gilt,
beeinflussen letztendlich alle miteinander das Gesamtbild, vergleichbar mit "den Pixeln
auf einem Fernsehschirm". Sie sind das Wesen des Produktionsprozesses und fügen
dem Gesamtprojekt all seine Dimensionen und seine Konsistenz und Struktur zu (vgl.
Kellison, 2006, S. 101).
In der Phase der Produktionsvorbereitung wird der Grundstein zum künstlerischen und
wirtschaftlichen Gelingen gelegt (vgl. Heid, 2002, S. 145).
3.2. Die Produktion
Die Produktionsphase umfasst alle relevanten Schritte der Realisierung des im
Preproduktionsbereichs entwickelten Konzeptes für die entsprechende Sendung. Das
Hauptaugenmerk liegt hier auf der Umsetzung des Sendeinhaltes durch technische
Systeme innerhalb des spezifischen Organisationskontexts.
Nach Klimsa gliedert sich die Phase der Produktion hinsichtlich des Content in
Materialrecherche und Materialerstellung, die durch ein Browsingsystem sowie ein
Aufnahme- und Wiedergabesystem unterstützt werden, welches darüberhinaus der
Aufzeichnung der Sendung im Rahmen einer systematisch geplanten Organisation
ermöglicht (vgl. Krömker/Klimsa, 2005, S. 102). Im Folgenden wird dieser
Produktionsabschnitt anhand der Sendung "Harald Schmidt" näher beleuchtet und
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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analysiert, inwieweit sich die Einteilung nach Krömker/Klimsa auf die Sendung abbilden
lässt. Zudem ist die gegenseitige Abhängigkeit der Bereiche Content, Technik und
Organisation sowie ihre Wechselwirkungen untereinander ein zentraler Punkt der
Betrachtung.
Der Aufnahme der Sendung vorangehend werden die vorher festgelegten Themen für die
Beiträge und Einspieler mit Inhalten gefüllt. Ein Browsingsystem ermöglicht den Zugriff
auf das umfangreiche Archiv von Bonito TV, mit Hilfe dessen in einem breiten Spektrum
von Zeitungen über Bildkataloge bis hin zu vollständigen Spielfilmen Recherchearbeit
möglich ist (vgl. Zirziris, 2006, S. 3, Z. 22ff.). Das Content-Management-System befähigt
die Mitarbeiter, den Inhalt gemeinschaftlich zu erstellen und zu bearbeiten. Die
Produktionsfirma verfügt über mehrere Sichtplätze und Kopierstationen, sowie zwei
Schnittplätze. In einem non-linearen Schnittverfahren werden die Beiträge mit Hilfe einer
4-Maschinen-Edit-Suite erstellt und zusätzlich steht dem Team ein AVID Online
Mediacomposer für den Schnitt des digitalen Materials zur Verfügung (vgl. URL:
www.bonito.tv/technik.html, 19.02.2007). Neben den gefertigten Beiträgen und
Einspielern werden innerhalb eines festgelegten Budgets benötigte Requisiten eingekauft
beziehungsweise aus dem Lager bezogen und für die Sendung aufbereitet. Bonito TV
besitzt eine eigene Schreinerei, „in der die Mitarbeiter der Baubühne und die Ausstatter
Requisiten und Bühnenbilder gestalten“ (URL: www.bonito.tv/team.html, 19.02.2007). Die
Sendung vom 13. Dezember 2006, an die das Leitfadeninterview mit Andrack, Hürdler
und Zirziris anschloss, erzählte Joschka Fischers Werdegang mithilfe von
Playmobilfiguren. Technische und organisatorische Limitationen beschränken die
Komplexität des Inhaltes der Beiträge, zumal die Themen größtenteils erst gegen Mittag
feststehen, mit der Folge, dass dem Grafiker letztendlich nur drei bis vier Stunden zur
Verfügung stehen, um die Einspieler zu erstellen (Hürdler, 2006, S. 11, Z. 6ff.). Die
knappen Produktionszeiten sind mitunter für die Einfachheit dieser verantwortlich.
Andererseits sind aufwändige Effekte kein Merkmal des Late-Night-Formats, wie Andrack
es betont: „[…] schrei ich immer, wenn ein Vorschlag kommt, irgendwas mit E-Fenstern
zu machen, was ja eigentlich schon seit Jahren state-of-the-art ist […]. Aber das können
Actionshows machen […]. Bei uns gibt es nur harte Schnitte und möglichst wenig Effekte
und gerade die "Schmoogle News" sind ein Feuerwerk der Effekttechnik für uns, dass
sich da was dreht und wendet“ (vgl. Andrack, 2006, S. 10, Z. 29ff.). Festzustellen ist,
dass das Konzept Late Night die technische Umsetzung und Ausgestaltung der
Einspieler auf ein Minimum reduziert.
Anschließend an die Erstellung des Materials erfolgt die Generalprobe, an der das ganze
Team beteiligt ist, das unter anderem Kameraleute, Bild- und Tontechniker,
Aufnahmeleiter und einen Regisseur umfasst (vgl. Hürdler, 2006, S. 4, Z. 20). Bonito TV
gliedert sich zum einen in fest angestellte Mitarbeiter, zu denen Bildingenieure,
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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Bildtechniker, Aufnahmeleiter, Maskenbildner und Produktionsmitarbeiter zählen und zum
anderen in freie Dienstleister (vgl. Hürdler, 2006, S. 1, Z. 23ff.).
Der Regisseur trägt die Verantwortung für das ganze Team und koordiniert die einzelnen
Aufgaben mit Hilfe eines Aufnahmeplans (vgl. Hürdler, 2006, S. 5, Z. 6ff.). Er entscheidet
über die einzelnen Kameraeinstellungen während der Sendung und erstellt eine genaue
Shotliste, anhand derer sich die Kameraleute orientieren. Der Sendung "Harald Schmidt"
stehen „fünf Kameras, ein Kran und vier andere[n] Kameras“ (vgl. Hürdler, 2006, S. 5, Z.
8) zur Verfügung. Die Anzahl an Kameras ermöglicht es der Regie, die über mehrere
Monitore die Sendung verfolgt, auch spontane vom Ablaufplan abweichende
Geschehnisse mit aufzunehmen (vgl. Andrack, 2006, S. 8, Z. 20ff.). Veränderungen des
Ablaufs wirken sich auf die technische Realisierung aus, die in diesem Fall neu
koordiniert werden muss. Im Laufe der Zeit hat sich ein relativ festes Kamerakonzept
etabliert (vgl. Hürdler, 2006, S. 5, Z. 8.), das mit redaktionellen Sonderwünschen
gegebenenfalls abgestimmt wird. Die organisatorische Festlegung der
aufeinanderfolgenden Bildausschnitte hat Einfluss auf die Wahrnehmung des Inhaltes der
Sendung durch den Rezipienten.
Um eine Sendung produzieren zu können, ist die Kommunikation am Set unentbehrlich.
Hürdler sieht in der Kommunikation untereinander eines der bedeutsamsten Elemente in
der Produktion (vgl. Hürdler, 2006, S. 5, Z. 17). Das Team ist mit Hilfe von Headsets
miteinander vernetzt, durch die es ermöglicht wird, Änderungen sowie neue
Informationen schnellstmöglich auszutauschen, Mitarbeiter über ihren spezifischen
Tätigkeitsbereich zu informieren und „einfach flexibel in ihren Arbeitsgebieten noch
handeln [zu] können“ (Hürdler, S. 5, Z. 19). Störungen in diesem System, die die
Kommunikation während der Sendung beeinflussen, können sich negativ auf die Inhalte
der Sendung auswirken, indem zum Beispiel falsche Bilder aufgenommen werden. In
diesem Zusammenhang spricht Andrack von der Bedeutung einer großen Kontinuität der
Mitarbeiterschaft (vgl. Andrack, 2006, S. 5, Z. 21f.). Die meisten Mitarbeiter wurden von
Sat.1 übernommen und verfügen über ein entsprechendes Vorwissen, das Auswirkungen
auf die Professionalität der Arbeit hat, indem sie ein Gespür für die richtigen Bilder und
Vorlieben von Schmidt mitbringen (ebd.).
Ebenso im Bühnenbild wurden wesentliche Züge aus dem Studio der "Harald Schmidt
Show" von Sat.1 übernommen. Unter anderem die Skyline im Hintergrund und der
Aufbau des Studios, mit der Band links und Andrack rechts aus Sicht des Publikums,
weisen einen starken Bezug zu Sat.1 auf. Dagegen wurde auf die Backsteinimitation
verzichtet, stattdessen sind die Wände hellgelb (Andrack, 2006, S. 6, Z. 7). Die jetzige
Sendung bezeichnet Schmidt nach den Aussagen von Zirziris als „Kamerashow“,
aufgrund der Anzahl der Kameras und ihrer Bewegungsfreiheit durch den ebenen Boden
(Zirziris, 2006, S. 6, Z. 13). Die Bestuhlung ist das Original aus dem Studio von Sat.1,
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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durch die wieder 250 Zuschauer Platz finden. Nicht nur die Inhalte sondern auch die
Produktionsbedingungen entsprechen denen von Sat.1 (Andrack, 2006, S. 6, Z. 4).
Zu Beginn des Senderwechsels bezog Harald Schmidt ein kleineres Studio mit 101
Publikumsplätzen, infolge der Belegung des großen Studios durch andere Produktionen
(Hürdler, 2006, S. 6, Z. 1f). Doch das Studio bot weniger Raum für die Zuschauer und
Kameras, die Bedingungen waren für dieses Format nicht optimal und schränkten die
Sendung erheblich ein.
Im Zentrum der Produktion steht Harald Schmidt, der Moderator der Sendung, und
versetzt sie mit seiner persönlichen Note. „Er ist das Gesicht der Sendung und agiert als
Verknüpfungselement zwischen der technischen Welt des Fernsehens und dem
Zuschauer“ (Ordloff, 2005, S. 137). Harald Schmidt arbeitet auf der einen Seite nach
einem Stichwortkonzept, doch anderseits lässt man ihm den Freiraum zu Spontaneität,
welche wohl zu den größten Stärken Schmidts gehört. Der Erfolg der Sendung ist somit
eine “Mischung aus Geplantem und Spontanem“ (Andrack, 2006, S. 8, Z. 21).
Ihm stehen in seiner Sendung mehrere Ansprechpartner, die sogenannten Sidekicks zur
Verfügung, unter anderem die Französin Nathalie Licard. Als Hauptsidekick und -
ansprechpartner Schmidts dient Manuel Andrack, der sich zu einem unentbehrlichen
Bestandteil der Show entwickelte. Dem amerikanischen Original Letterman stehen sieben
Sidekicks zur Verfügung. Andrack sieht in diesen Ansprechpartnern ein wichtiges
Element für die Sendung und bedauert die Verringerung der Anzahl an Sidekicks, die
sich durch den Senderwechsel vollzogen hat. Anstelle von Helmut Zerlett sitzt jetzt die
Französin Licard als Sängerin der Band. Auch der Wasserträger Sven ist nicht mehr
Bestandteil von Harald Schmidt (Andrack, 2006, S. 8, Z. 8).
Trotz der personellen Einsparung ist die Late-Night Show erfolgreich. Ursachen für
diesen Erfolg sieht Schmidts Adlatus Manuel Andrack in der Person Harald Schmidt,
welche das Konzept grundlegend geprägt hat. In seinen Augen steht das Konzept in
einem engen Zusammenhang zu der Person Schmidt. Wobei er einwirft, dass ein guter
Moderator nicht jedes Format zu moderieren in der Lage ist und auch das Konzept Late-
Night nicht von jedem übernommen werden kann (Andrack, 2006, S. 8, Z. 31f).
Verdeutlicht wird dies auch durch den gescheiterten Versuch, das Format auf Anke
Engelke zu übertragen. Hürdler, die auch Producerin von Engelkes Late-Night-Show
"Anke Late Night" war, weist auf den Fehler hin, dass Engelke kurze Zeit nach Schmidts
Verlassen von Sat.1 auf dem gleichen Sendeplatz dieses Format moderieren sollte, ohne
dass es auf eine Frau zugeschnitten wurde (vgl. Hürdler, 2006, S. 17, Z. 31).
Die Sendezeit von "Harald Schmidt" beläuft sich auf 28:30 Minuten und wirkt sich auf die
inhaltliche Vielfalt sowie moderatorische Gestaltung der Themen aus. Durch die
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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begrenzte Zeit ist es notwendig, sich auf wesentliche Aspekte zu konzentrieren und
Überziehungen der Sendezeit zu vermeiden, um alle geplanten Inhalte senden zu
können. Die Sendung wird Live-On-Tape aufgenommen. Darunter ist eine
ungeschnittene oder nur unwesentlich geschnittene Aufzeichnung einer Live-Sendung zu
verstehen, die zeitversetzt ausgestrahlt wird. Die durch die Kameras aufgenommen
Bilder werden direkt digital auf Band aufgezeichnet und mit den auf der MAZ
gespeicherten Einspielern zusammengefügt. Zum Einfügen von Übergängen sowie der
vorproduzierten Einspieler wird ein Bildmischer verwendet.
Der aufgenommene Ton entspricht den Originaltönen aus der Sendung. Über dem
Publikumsraum sind Mikrofone angebracht, die die Atmosphäre des Publikums
aufnehmen. Über das Tonmischpult werden die einzelnen Tonaufnahmen koordiniert und
zusammen mit dem Bild auf das Band gespielt (Hürdler, 2006, S. 11, Z. 1ff.). Das
Publikum ist hauptsächlich nur als Tonkulisse zu hören, denn es wurde festgelegt, dass
man nur die in besondere Aktionen eingebundenen Zuschauer zeigt (Andrack, 2006, S.
11, Z. 11).
3.3. Die Postproduktion
In diesem Abschnitt widmen wir uns, repräsentativ für die Phase der Postproduktion, den
Ausprägungen der Materialbearbeitung und des Postproduktionssystems. Vordergründig
waren die Beweggründe, die Zuständigkeiten und die Kriterien des Schnitts,
weiterführend deren technische Realisierung von Interesse. Aufgrund der Live-On-Tape
Produktion der Sendung ist die Postproduktion allerdings in ihrem Wesensgehalt
eingegrenzt. Der Aufgabenbereich der Postproduktion umfasst generell den Schnitt, die
grafische und technische Nachbereitung, aber auch die Mehrfachverwertung des
akquirierten Materials aus der Produktionsphase für kommende Distributionsaufgaben
(vgl. Pagel, 2003, S. 69). Im konkreten Fall „Harald Schmidt“ erfährt sie ihre Bedeutung
im Zuge des Produktionsprozesses, vor allem aus Überschreitungen des zeitlichen
Spielraums, aus zum Teil inhaltlicher Sicht, zur Archivierung und zur Vorbereitung der
Distribution und Vermarktung. Es ist folglich zu untersuchen inwieweit der Sender, aber
auch der technische Workflow den Content beeinflussen.
Materialbearbeitung
In erster Linie wirkt sich die organisationale Rahmenbedingung des Senders bei der
Sendezeit aus. Die Ausstrahlungsdauer ist auf derzeit 28 Minuten und 30 Sekunden
gesetzt (vgl. Hürdler, 2006, S. 12, Z. 14). Ein zeitlicher Puffer, für eine eventuelle
Überlänge, muss immer im konkreten Fall mit der Sendeleitung abgesprochen werden.
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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Andererseits bedarf es bei wesentlichen Überschreitungen der Sendezeit eines Schnittes
(vgl. Andrack, 2006, S. 12, Z. 25ff.). Insgesamt bleibt das Material in etwa 90 Prozent der
Fälle unbearbeitet. Die übrigen zehn Prozent sind nach Andrack ausschließlich auf den
zeitlichen Verschnitt anzurechnen (vgl. Andrack, 2006, S. 13, Z. 22ff.). Daraus resultiert
postwendend der verschwindend kleine Anteil an inhaltlichen Eingriffen von
organisatorischer Seite des Senders. Die Zuständigkeit für die inhaltliche Abnahme und
die endgültige Entscheidung liegt zumeist in den Händen von Manuel Andrack, als Chef
Dramaturg der Show, sowie in denen von Klaus Michael Heinz, als Verantwortlicher
Redakteur des WDR. In wenigen Ausnahmefällen kann dieser aber auch redaktionell
vertreten werden (vgl. Andrack, 2006, S. 13, Z. 12). Die Zusammenarbeit zwischen der
Produktionsfirma, den Redakteuren und des WDR lässt sich bisher aber als stets
harmonisch beschreiben (vgl. Heinz, 2007, S. 22, Z. 29f.). Nach Angaben von Heinz
wurde im Verlauf der letzten zwei Jahre nur zwei Mal inhaltlich geschnitten. Hier sind es
vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Werte der Gesellschaft, welche
dem Content die Grenzen setzten. Zum einen war es durch versehentliche Werbung,
zum anderen durch einen vermeidlichen Nazivergleich (vgl. Heinz, 2007, S. 22, Z. 31ff.).
Die wenigen inhaltlichen Schnitte liegen aber auch nicht zuletzt daran, dass Harald
Schmidt kleineren Versprechern, verunglückten Witze oder ungeplanten Einlagen, eine
witzige Wendung verleihen kann (vgl. Zirziris, 2006, S. 10, Z. 13). Entscheidende
inhaltliche Kriterien des Schnittes lassen sich dabei nicht klar herausstellen. Herr Andrack
ist der Meinung: „Eine Mischung aus, da kann man am ehesten drauf verzichten und das
ist überhaupt rausnehmbar.“ (Andrack, 2006, S. 13, Z. 2f.) Zu berücksichtigen sind
jedoch die filmische Kontinuität und die technische Qualität des aufgezeichneten
Materials (vgl. Zirziris, Andrack, 2006, S. 13, Z. 4). Dies beschreibt vor allem das
Auftreten von technischen Störungen während der Produktionsphase. Dabei handelt es
sich um einen Bildausfall oder eine erkennbare Bildschwäche, dessen Ursache oder
Herkunft der Zuschauer aber nicht ohne weiteres ausmachen kann. In der bisherigen
Geschichte der Show sind diese allerdings noch nicht gravierend aufgetreten. (vgl.
Andrack, Zirziris, 2006, S. 10, Z. 19ff.).
Mittels der Verknüpfung von Text und Bild kann die Postproduktion als besonders
medienspezifisch angesehen werden (vgl. Pagel, 2003, S.77). Bildeffekte während des
Schnitts lassen sich nach Ordolff in die Blende, klassische Bildeffekte, Split Screen,
Shutter-Effekt oder Strobe-Motion, Zeitraffer, Bluebox, Key und Stanze, Spill, Collage,
Formatwandlung, oder in Farbkorrekturen, einteilen (vgl. Deißler, 2005, S. 53-64).
Weiterhin impliziert diese Medienspezifika die Tonbearbeitung. Diese umfasst mit unter
die Bearbeitung des Originaltons, Sprachsynchronisation und Synchrongeräusche,
Atmosphären und Effekte, sowie eine musikalische Untermalung (vgl. Dosch, 2002, S.
282-289). Nicht selten dienen diese Elemente vor allem als emotionale Unterstützung,
aber auch zur Strukturierung des Contents. Im Rahmen der Nachbearbeitung einer
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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regulären On-Tape-Aufzeichnung bei Harald Schmidt sind diese Elemente jedoch nur
bedingt anzutreffen. Die Aufmerksamkeitslenkung seitens der Zuschauer durch gezielte
Schnittrhythmen und einer harmonischen Aneinanderreihung von Einstellung, im Sinne
einer klassischen Postproduktion, findet nicht statt. Lediglich die Möglichkeit von
Farbkorrekturen und diversen Einblendung von Schriftgeneratoren werden durch einen
linearen Schnitt, unter Kombination mehrerer Zuspieler, ermöglicht (vgl. Sandig, 2002, S.
118). Die Aufnahme der Zuschauer als Tonkulisse und ihre atmosphärische Wirkung
findet sich ausschließlich in der Phase der Produktion. Ähnlich verhält es sich mit
bildlichen Einschnitten von Zuschauergelächter. Diese werden während der Sendung nur
durch die Einbindung in diverse Aktionen und Handlungen, sprich durch das
Aufzeichnungssystem im Verlauf der Produktion, ins Bild integriert (vgl. Andrack, 2006, S.
11, Z. 8ff.).
Einen bedeutenden Stellenwert innerhalb der Nachbearbeitungen sind den
Vorbereitungen zur anschließenden Distribution und der Vermarktung einzuräumen.
Dementsprechend erfolgt im Anschluss der Sendung der Schnitt eines Best-Of (vgl.
Hürdler, 2006, S. 14, Z. 23ff.). Dieses besteht aus einer Auswahl der besten Szenen aus
den aktuellen Aufnahmen. Es ist in erster Linie für die anderthalb Minuten
Werbefernsehen der ARD angedacht. Stellenweise kommt der Zusammenschnitt auch im
Hörfunk, oder im Internet zur Anwendung (vgl. Andrack/Hürdler, 2006, S. 14, Z. 31ff.).
Weiterhin trifft die Produktionsfirma Bonito TV auch die redaktionelle Entscheidung für die
Inhalte einer späteren DVD und fertigt im selbigen Zuge deren Grobschnitt, wobei die
Verarbeitung der DVD und die Erstellung der jeweiligen Menüs extern erfolgen (vgl.
Hürdler, 2006, S. 16, Z. 28ff.). Diese zielgerichtete Aufbereitung für die jeweiligen
Distributionskanäle entspricht dem Fall einer Transformation des Content durch die
verfügbaren technischen Möglichkeiten. Auch im Hinblick auf die Mehrfachverwertung
des Content in den beschriebenen Zielmedien ist die technische und inhaltliche
Aufbereitung von großem Interesse (vgl. Pagel, 2003, S. 69-70). Dieser Ablauf kann auch
mit dem treffenden Begriff „Crossmedia“ umschrieben werden. Darunter versteht sich ein
medialer Kommunikationsmix, der verschiedene Medienausgabeformen nutzt, allerdings
nur auf einen Rückkanal, d.h. weitgehend endmedienneutrale Datenstrukturen, verweist
(vgl. Treichel/Bachem/Rose, 2005, S. 413).
Die Archivierung der Sendung erfolgt bereits während der Produktionsphase. Dies wird
durch die parallele Erstellung von drei Sicherheitskopien ermöglicht. Ein Mitschnitt dient
dabei zur Aufbewahrung im Archiv, die anderen beiden Mitschnitte sind für die
anschließende Distribution seitens des WDR vorgesehen. (vgl. Zirziris, 2006, S. 14, Z.
19f.). Die Archivierung dient zumeist auch der redaktionellen Grundlage für zukünftige
Produktionsphasen (vgl. Pagel, 2003, S. 78).
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
18
Postproduktionssystem
Die technische Realisierung in der Postproduktion erfolgt grundsätzlich durch zwei
Bearbeitungsweisen. Zum Einen durch lineare Schnittsysteme, zum Anderen durch
digitale, rechnerbasierte Systeme. Zusätzlich gilt es anhand der in der Nachbearbeitung
verwendeten Bildqualität, in so genannte On- und Offline Verfahren, zu differenzieren
(vgl. Maas, 2002, S. 293). In Betrachtung von der Sendung ist es notwendig sich mit
beiden Bearbeitungsweisen auseinander zu setzen. Durch die Live-On-Tape
Aufzeichnung erfolgt bedingt ein linearer Schnitt aus sendezeitlichen Gründen. Hingegen
im Zuge der Vorproduktion, sowie für die Aufbereitung des Materials für die weiteren
Distributionskanäle bedient man sich des non- linearen Schnitts (vgl. Zirziris, S. 14, Z.
7ff.). So besitzt das Studio 449, der Aufzeichnungsort der Show, zwei Schnittplätze. Eine
digitale 4- Maschinen Editsuite und einen AVID Online Mediacomposer. Hinzu kommen
mehrere Sichtplätze und Kopierstationen. Mit Hilfe des digitalen Formates ist es jedoch
mit beiden Verfahren und technischen Systemen möglich, verlustfrei und in einem
qualitativen Standard zu kopieren oder zu kürzen (vgl. Zirziris, S. 9, Z. 18ff.).
Beim linearen Schnitt findet eine herkömmliche Bearbeitung mit Bändern als Datenträger
statt. Die aufgezeichneten Takes werden in Realzeit, nacheinander und in ihrer
vorgesehenen Reihenfolge auf das Masterband eingespielt (vgl. Maas, 2002, S. 293).
Dabei entsteht das endgültige Sendeband der Show durch die Überspielung der Video-
und Audiosignale mit Hilfe eines Bild- und eines Tonmischers (vgl. Sandig, 2005, S. 118).
Dieses Zusammenspiel steuert bei Harald Schmidt eine digitale 4- Maschinen Editsuite.
Der Content im Late Night Rahmen gestattet an dieser Stelle allerdings wenig Spielraum
für aufwändige Effekte und bedient sich zumeist harten Schnitten (vgl. Andrack, 2006, S.
11, Z. 22ff.). Veränderungen nach dem fertigen Schnitt (in Form einer Kürzung, einer
Verlängerungen, oder durch Hinzufügen einzelner Szenen) sind nur durch eine weitere
Bearbeitungsgeneration oder eine vollständige Neubearbeitung möglich (vgl. Sandig,
2005, S.118). Parallel zum Sendeband wird eine zusätzliche spezielle Kopie für
Korrekturzwecke erstellt, ein sogenanntes Cleanfeed. Mit ihrer Hilfe ist es möglich Fehler
innerhalb der Schriftgeneratoreinblendung zu berichtigen, indem diese bestimmte
Elemente (Grafiken oder Einblendungen) während der Aufzeichnung ausklammert.
Dieses ist jedoch in seltensten Fällen zum Einsatz gekommen (vgl. Zirziris, 2006, S. 14,
Z. 13ff.). Trotz allem ist durchaus der Einfluss von technischer Seite auf den Content
erkennbar.
Durch den Einsatz von rechnergestützten Bearbeitungssystemen wurde ein wesentlich
höherer technischer Workflow in der Postproduktionsphase ermöglicht. Spezifische
Medientypen (Bild, Ton, Text, etc.) werden auf einem Festplattensystem gespeichert und
erleichtern die Bearbeitung mit Hilfe einer grafischen Nutzeroberfläche. Wesentliche
Vorteile ergeben sich zum einen durch die Verringerung des Zeitverlusts beim gezielten
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
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Aufsuchen von Szenen, zum anderen durch den Wegfall des Materialverschnitts, da am
Originalband selbst keine Veränderungen vorgenommen werden (vgl. Sandig, 2005, S.
121). Bewusst eingesetzte Manipulationen oder Effekte können auf das digitalisierte
Material anhand diverser Schnittlisten und Einstellungsmöglichkeiten ohne
Qualitätsverlust angewendet werden (vgl. Maas, 2002, S. 295). Die Anwendung des
nicht-linearen Schnittes erfolgt bei Harald Schmidt in der Vorbereitungsphase der
Aufzeichnung (Materialrecherche), sowie in der Aufbereitung des Contents für die
jeweiligen Distributionskanäle. Seine Ausprägung findet er in Form eines AVID-Online-
Media Composers im Zuge eines Offline-Schnitts (vgl. Zirziris, 2006, S. 13, Z. 30ff.). Die
Sendung wird bei diesem Verfahren, in Form einer identischen Arbeitskopie, in Realzeit
auf das rechnergestützte System überspielt und erlaubt ein intuitives Tauschen der
Szenen. So wird ein direkter Zugriff auf das Material ohne zeitaufwändiges Umspulen der
Bänder ermöglicht, indem ich innerhalb der Szenen die jeweiligen Marken setze. Die
Orientierung am kennzeichnenden Timecode des Bandes ist dabei gar nicht notwendig
(vgl. Zirziris, 2006, S. 14, Z. 4ff.). Das Verfahren selbst erfolgt in minderer Qualität und
dient lediglich der Erstellung einer detaillierten Schnittliste für die nachfolgenden
Prozesse (vgl. Millerson, 1990, S. 338). Die Organisation in Verbindung mit dem
technischen Systems ermöglicht somit eine redaktionelle Qualitätskontrolle, die
Erstellung von Arbeitskopien, eine bildgenaue Schnittausführung und eine
kostengünstige Umsetzung ohne Materialverschnitt (vgl. Maas, 2002, S. 297).
Nachfolgend wird die vorbereitete Zusammenstellung der ausgewählten Szenen der
Sendung auf Band ausgespielt und steht für weitere Bearbeitungsmöglichkeiten, oder
aber zur Distribution zur Verfügung (vgl. Zirziris, 2006, S. 15, Z. 10ff.).
3.4. Die Distribution
Das Ende des Produktionsprozesses beschreibt die Distribution. In dieser Phase liegt
das Hauptaugenmerk maßgeblich auf der Untersuchung der verschiedenen
Distributionskanäle und deren dafür notwendige Formatanpassung des Contents.
Weiterhin wird die Vermarktung, die Möglichkeit der Live-Ausstrahlung und generell die
technische Realisierung betrachtet. Nach Maas ist die Distribution im Allgemeinen durch
das Versenden der Sende- und Ansichtskopien an die Sendeanstalten oder durch eine
unmittelbare Überspielung durch das Leitungsnetz gekennzeichnet (vgl. Maas, 2002, S.
303). Ergänzend können die vorhergehende Vermarktung, die fertige Ausarbeitung der
Verträge, die Sicherstellung der technischen Möglichkeiten und die ausreichende Anzahl
an Sendekopien angeführt werden (vgl. Holland, 2000, S. 49).
Aus der Postproduktion erreichen jeweils zwei vom Masterband kopierte Sendebänder
den Westdeutschen Rundfunk. Dies ist hauptsächlich auf Sicherheitsgründe
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
20
zurückzuführen, damit im Bedarfsfall das jeweils andere Band beansprucht werden kann
(vgl. Zirziris, 2006, S. 14, Z. 19ff.). Der Transfer der Bänder vom Produktionshaus von
Bonito TV zur Sendeleitung erfolgt traditionell mit dem Auto (vgl. Andrack, 2006, S. 15, Z.
22). Herr Zirziris dazu: „Alles andere wäre unsinnig. Also das zu überspielen würde
Kosten verursachen, das würde aber auch Qualität mindern. Der beste Weg ist einfach
das Band so wie es digital, original bandgeschnitten fertig gemacht worden ist, dann
einfach zum WDR zu bringen.“ (Zirziris, 2006, S. 15, Z. 24ff.). Nachdem das Material
bereits im Aufnahmestudio redaktionell geprüft wurde, wird es in der Sendezentrale des
WDR technisch geprüft. Hierfür wird die gesamte Sendung auf Festplatte eingespielt und
gesichtet. Die Ausstrahlung erfolgt anhand einer organisierten Sendeliste durch den
Westdeutschen Rundfunk. (Zirziris, 2006, S. 15, Z. 30ff.).
Harald Schmidt geht zweimal wöchentlich auf Sendung. Die Sendezeit ist Mittwoch und
Donnerstag, jeweils um 22.45 Uhr in der ARD, im Anschluss der Tagesthemen. Die
Sendezeit ist auf derzeit 28 Minuten und 30 Sekunden von Senderseite eingegrenzt (vgl.
Hürdler, 2006, S. 12, Z. 14f.). Die Wiederholungen der Sendung finden jeweils zu teils
unterschiedlichen Zeiten in den dritten Programmen statt. Vergleichsweise zur ARD
betrug die Dauer der Sendung unter den Verträgen von Sat.1 eine Stunde und wurde
zusätzlich viermal wöchentlich ausgestrahlt. In der Einschränkung der Sendezeit sieht
Herr Andrack keinerlei Vorteile. Allerdings ist hierbei anzumerken, dass der Werbeanteil
innerhalb der Show unter Sat.1 einen weiteren Teil der Zeit beanspruchte (vgl. Andrack,
2006, S. 19, Z. 2ff.). Die Möglichkeit einer häufigeren Ausstrahlung wird allerdings durch
weitere Programme der ARD ausgeschlossen. Die Einigung über den Sendeplatz traf
Harald Schmidt gemeinsam mit dem Sender (vgl. Andrack, 2006, S. 19, Z. 15).
Neben der üblichen Verfahrensweise besteht die Möglichkeit, gelegentlich Live-
Sendungen auszustrahlen. Dem Produktionsstudio sind generell die technischen
Bedingungen gegeben (vgl. Hürdler, 2006, S. 16, Z. 5f.). So könnten die Aufzeichnung
auf dem AVID Media Composer auch direkt digital zum Sender übertragen werden, ohne
diese zuvor auf Band zu spielen (vgl. Zirziris, 2006, S. 16, Z. 9f.). Das heißt, es ist
möglich, die bearbeiteten Sequenzen direkt als Datei und ohne einen physischen
Datenträger zu transferieren (vgl. Pagel, 2003, S. 97-98). Anlässe gab es aus inhaltlichen
Gründen, zumeist bei Fußballübertragungen im Ersten, die dann zum Thema der
Sendung wurden. Die Ereignisse mussten schließlich aktualitätsbezogen aufbereitet
werden (vgl. Andrack, 2006, S. 16, Z. 15ff.).
Die technische Umsetzung beim Westdeutschen Rundfunk erfolgt mit Hilfe digitaler
Sendeabwicklungssysteme. Die Übertragung vollzieht sich unter normalen Umständen
durch Ausspielung des Sendebandes, im Bedarfsfall kann auch von Festplatte
ausgestrahlt werden (vgl. Zirziris, 2006, S. 15, Z. 29ff.). Die Signalaufbereitung für eine
digitale Übertragung durchläuft nach Pagel genauer die Schritte Quellenkodierung,
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3. Ergebnisse - Der Produktionsprozess |
21
Multiplexing, Modulation und Kanalcodierung (vgl. Pagel, 2003, S. 99). Das
Sendeabwicklungssystem übernimmt ferner die Aufgabe, die fertigen Beiträge
gleichzeitig und in unterschiedlichen Datenformaten anhand der Sendeliste auszuspielen
(vgl. Sandig, 2005, S. 123). Der Content wird so für die jeweiligen Distributionskanäle und
Übertragungswege technisch aufbereitet.
Unabhängig vom Sendeabwicklungssystem wird die Distributionsvorbereitung bereits in
der Postproduktion vollzogen. Eine Rolle spielt die Zusammenstellung ausgewählter
Sendungen und Sequenzen für den DVD-Verkauf. Ein weiterer Distributionskanal ist das
Internet. Die inhaltliche Verantwortlichkeit für den Internetauftritt liegt in den Händen von
Bonito TV. Ferner erfolgt im Schnitt die Vorbereitung für die On-Air-Promotion (vgl.
Andrack, 2006, S. 14, Z. 31f.). Blum beschreibt On-Air-Promotion wie folgt: „On-Air-
Promotion ist die Sendezeit, die Sender nutzen, um unabhängig von redaktionellen
Programminhalten auf sich und ihr Programm aufmerksam zu machen, Zuschauer an das
Programm zu führen [und] zu binden.“ (Blum, 2002, S. 312). In diesem Sinne entsteht der
Zusammenschnitt eines kurzen Spots für die ARD, welcher den Zuschauern als
Erinnerungsstütze für das Format "Harald Schmidt" dient (vgl. Andrack, 2006, S. 14, Z.
31f.). Ein solches Element wird auch für den Hörfunkkanal verwendet (vgl. Hürdler, 2006,
S. 15, Z. 1f.). Ferner pflegt die ARD eine intensive Zuschauerführung, indem diese
beispielsweise innerhalb der Tagesthemen auf "Harald Schmidt" verweist. Nicht zuletzt ist
es aber die Persönlichkeit Harald Schmidt, der durch seine unverwechselbare Art und
Weise und seine Zusammenarbeit mit Journalisten auf die Sendung aufmerksam macht.
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4. Zusammenfassung und Fazit |
22
4. Zusammenfassung und Fazit Ausgehend von der Ergebnisdarstellung in Kapitel 4 „Der Produktionsprozess“ folgt in
den nun folgenden Ausführungen eine abschließende Betrachtung des Wechselspiels
von Content, Organisation und Technik unter dem Sendeeinfluss der ARD. Grundlage
unserer kritischen Auseinandersetzung stellen wiederum die theoretischen Überlegungen
von Klimsa (2005) dar. Ihm zufolge lässt sich der Prozess der Medienproduktion im
Wesentlichen durch das folgende Modell illustrieren.
Abbildung 2: Modell Content, Technik, Organisation (vgl. Klimsa, 2005, Foliensatz 2)
Wechselspiel
Ein wesentlicher Bestandteil dieses Wechselspiels stellt die organisierte Kommunikation
unter den Mitwirkenden der Produktion dar. So lebt auch der Produktionsprozess der
Sendung von einem fließenden Informationsaustausch zwischen einerseits der
Produzentin, die vordergründig eine dispositive Funktion inne hat, den Redakteuren und
Autoren, die für die Bereitstellung der Inhalte (des Contents) verantwortlich sind und den
Technikern zur visuellen und technischen Umsetzung. Der Ablauf- und Drehplan als
grundlegendes organisatorisches Instrument, diverse technische Geräte und Systeme
(Content-Management- und Browsingsysteme, fünf Kameras, digitale 4-Maschinen-
Editsuite, AVID Online Media Composer), welche sowohl als Kommunikations- und
Netzwerkmittel, als auch zur technischen Umsetzung und inhaltlichen Aufbereitung in
Form von der Themen- und Materialrecherche dienen, sind innerhalb der Produktion
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unmittelbar miteinander verzahnt. Doch inwieweit sind diese offenkundigen Beziehungen
durch eine spezifische Einflussnahme des Senders gekennzeichnet?
Sendereinfluss?
Um die Betrachtung des Zusammenspiels von Content, Organisation und Technik zu
komplettieren, spielt die Rolle des Senders ARD und dessen Einflussnahme, gerade im
Hinblick auf das Forschungsinteresse der Untersuchung eine entscheidende Rolle. Doch
welche Rolle kann dem Sender anhand der bisherigen Ergebnisgrundlage beigemessen
werden?
Generell ist der Einfluss, der von Seiten des Senders kommt, auf das Medienprodukt
„Harald Schmidt“ als vergleichbar geringfügig einzustufen. Dieser wird ebenso an den
minimalen Veränderungen zu den früheren Bedingungen bei Sat.1 deutlich: So änderte
sich an den festen Bestandteilen der Sendung relativ wenig. Ein weiterer wesentlicher
Aspekt stellt in diesem Zusammenhang die Kooperation zwischen
Sendeverantwortlichem und Mitarbeitern der Produktion dar.
Auch wenn der zuständige WDR-Redakteur Heinz von einer „gleichberechtigten
Zusammenarbeit“ spricht, heißt es seitens der Produktionsfirma, dass sich der Sender
aus dem Bereich der Themensuche in der Vorproduktion grundsätzlich heraushält (vgl.
Andrack, 2006, S. 4, Z. 5f.) - auch wenn das Team der Produktionsfirma weiß, „dass aber
gerade [die] ARD über Themen, die [...] den Kunst-, Kultur- oder Bildungsbereich
abdecken“, glücklich ist (vgl. ebd.). Und auch in der Auswahl der Gäste ist Harald
Schmidt sehr frei: Die Selektion seiner Showgäste hat sich verändert, sowie der
werbliche Charakter derer durch den Senderwechsel deutlich abgenommen (vgl. Heinz,
2007, S. 22, Z. 22). Das Erste räumt seinem Wiederkehrer und neuem Aushängeschild
Schmidt bisher nicht da gewesene Freiheiten ein, mit der Hoffnung, durch ihn einen
Imagewechsel zu erfahren und neue Zielgruppen anzusprechen (vgl. Struwe, zit. nach
Heinz, 2007, S. 23, Z. 21f.). Auch die Orientierung an den Einschaltquoten spielt laut
Heinz im Zusammenhang mit „Harald Schmidt“ keine herausragende Rolle. Schmidt als
„Unikat" (vgl. Heinz, 2007, S. 23, Z. 11) ist daher durch seine unverwechselbare
Einzigartigkeit, seinen Wortwitz und seine Spontaneität nur schwer von organisatorischen
Zwängen zu beeinflussen. Der wesentliche organisatorische Rahmen, den die ARD dem
Late-Night-Talker jedoch setzt, äußert sich in der Limitierung von Sendezeit und
Sendeplatz. Die Vermutung, dass aus der Verknappung der Sendezeit und dem damit
verbundenen Zwang zur Konzentration auf das Wesentliche, Unstimmigkeiten zwischen
Sender und Produktionsfirma entstehen, verneint Heinz entschieden: „Also Harald
Schmidt weiß genau [...], was er will und was die ARD möchte und da gibt es keine
Auseinandersetzungen“. (Heinz, 2007, S. 22, Z. 29f)
Eine ausschlaggebende Bedeutung kommt dem WDR-Redakteur in seiner Rolle als
"verlängerter Arm des Senders" bezüglich der Sendeverantwortlichkeit zu:
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„Die Sendeverantwortung liegt beim Westdeutschen Rundfunk und da gibt’s nur einen -
und das bin ich“ (Heinz, 2007, S. 21, Z. 26f.).
Doch in welcher Form macht sich diese Verantwortung und die mit der ARD unmittelbar
verbundenen Leitprinzipien wie der Bildungsauftrag bei der Gestaltung und Umsetzung
der „Harald Schmidt“-Sendung bemerkbar?
Die Tatsache, dass „Harald Schmidt“ als „Grundversorgung“ bezeichnet wird, kann trotz
aller Scherzhaftigkeit der Aussage insofern auf das Konzept der Sendung übertragen
werden, als dass man versucht, „[…] auf satirisch-kabarettistische oder eben auf einmalig
Harald Schmidt'sche Art, das [zu] reflektieren und in der Woche wieder[zu]geben, was in
den Schlagzeilen ist, was die Nachrichten bestimmt, was im Gespräch ist" (Heinz, 2007,
S. 22, Z. 13f.).
Wesenskern der Ergebnisse der Betrachtungen vom Medienprodukt „Harald Schmidt“
war die Erkenntnis, dass das Format Late-Night Show nur schwer inhaltlichen,
organisationalen und technischen Restriktionen anzupassen ist. Genau Gegenteiliges ist
der Fall: Das Format steht, und die Elemente der Medienproduktion Content, Technik und
Organisation sind daran anzugleichen. Bedingt durch die formatimmanente
Tagesaktualität der Sendung wird der Content vorher oft immer nur kurzfristig entwickelt,
sodass eine ausgiebige technische Aufbereitung nur in seltenen Fällen noch möglich ist,
dies aber auch ganz und gar nicht notwendigerweise zum Wesen der Late Night Show
gehört (vgl. Andrack, 2006, S. 11, Z. 22f.).
Produktionsprozess
Ein weiteres Element des durch Klimsa zu Grunde gelegten Modells stellt die
Unterteilung des Produktionsprozesses in die Phasen Preproduktion, Produktion,
Postproduktion und Distribution dar. Grundsätzlich finden diese Kategorien zur
Strukturierung des Prozesses auch bei „Harald Schmidt“ Anwendung. In Einzelfällen ist
eine eindeutige Zuordnung jedoch mit etwaigen Unsicherheiten und Problemen
verbunden. Der Übergang zwischen der Produktions- und Postproduktionsphase erfolgt
fließend und lässt sich im Zuge der On-Tape-Aufzeichnung nicht eindeutig abgrenzen.
Ein Versuch, den Übergang an das Modell anzupassen ist schwierig. So könnte die
Produktion darin bestehen, dass die vorproduzierten Bildelemente, die jeweiligen
akustischen Atmosphären und Stimmen, sowie die Kameratakes aufgezeichnet werden.
Diese erreichen die Bild- und Tonmischer und werden folglich zeitlich versetzt und neu,
im Sinne einer Nachbereitung durch einen linearen Schnittes, auf Band
zusammengestellt. Eine klassische Postproduktion könnte ebenso erst nach der
endgültigen Bandaufzeichnung angesiedelt werden. Die Problematik könnte auch auf
Live Sendungen der Show ausgebreitet werden, sodass in diesem Fall streng genommen
Produktion, Postproduktion und Distribution, ohne vorherige Ausspielung des Materials
auf ein Festplattensystem, zusammen betrachtet werden könnten. In diesen Fällen sind
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4. Zusammenfassung und Fazit |
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Streitpunkte anzutreffen. Ferner kann streng genommen ein genauer Zeitpunkt der
Distribution der Sendung nicht eingeordnet werden. Endet hierbei der
Produktionsprozess im Produktionsstudio von Bonito TV, mit einer Auslieferung des
Bandes per Automobil, oder ist die Distribution erst durch die Ausstrahlung durch den
WDR anzusetzen? Man könnte auch von einer "doppelten Distribution" sprechen.
Hingegen können die Prozesse Preproduktion und Produktion zeitlich von einander
unterschieden werden. So endet die Preproduktion mit Erstellung des Ablaufplans, die
Produktion wiederum beginnt durch die Themenrecherche und die Generalprobe.
Zusammenfassend kommt es jeweilig auf die Strenge und Genauigkeit der Sichtweise,
aber auch auf die Perspektive der Begründung an, wo die jeweiligen Schritte beginnen
bzw. enden. Neben einer zeitlichen Abgrenzung wäre beispielweise eine räumliche
Abgrenzung denkbar.
Modellkritik
Das von Klimsa durch eine Spirale implizierte Wechselspiel zwischen den
Produktionselementen Content, Organisation und Technik ist in dem zugrunde gelegten
Modell weder durch eine Richtung möglicher Einflussbeziehungen, noch durch eine
Intensität gekennzeichnet. Somit bietet die Aussage Klimsas bezüglich des Verhältnisses
der Teilbereiche durch seine unspezifische Darlegung recht viel Interpretationsspielraum.
Bezüge zu den Überlegungen von Klimsa können also insofern bestätigt werden, als
dass auch das Verhältnis von Content, Organisation und Technik im Rahmen des
Produktionsprozesses der Sendung „Harald Schmidt“ von einer wechselseitigen
Abhängigkeit und Einflussmacht geprägt ist. So eignet sich das Medienproduktionsmodell
hervorragend für einen Zugang in Prozesse der Medienproduktion, da dieses durch das
hohe Abstraktionsniveau jeweils die Prozessschritte, aber auch die Faktoren der
Medienproduktion untersucht. Zum Teil ist es aber genau diese Komplexität, welche
einen gezielten Blickwinkel oder einen konkreten Gegenstand schon im Vorfeld der
Untersuchung ausklammert. Dies macht es schwierig, genaue Sachverhalte und
Vorgänge zu erfassen, ermöglicht jedoch einen umfassenden, zum Teil vereinfachten
Überblick im Sinne einer explorativen Forschung. Für eine weiterführende Erforschung ist
der Sinngehalt einer komplexen Betrachtung der sich beeinflussenden
Wechselwirkungen zu hinterfragen, da ein gezieltes Vorgehen und die konkrete
Auseinandersetzung von spezifischen Vorgängen (beispielsweise die Erstellung eines
Drehplans, die Schnittsysteme, die Realisierung der Ausstrahlung etc.) zu tiefgründiger
Informationen führen kann.
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Literatur- und Abbildungsverzeichnis |
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Literatur- und Abbildungsverzeichnis I. Literatur
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II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Produktionsprozess Fernsehen
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Abbildung 2: Modell Content, Technik, Organisation (CTO)
Klimsa, Paul (2005): Vorlesungssatz 2, Produktforschung. URL: http://141.24.190.248/systems/moodle/mod/resource/view.php?id=349 [17.02.2007,
10:17 Uhr.]