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DOKUMENTATION
Hans von Mller
NIETZSCHES VORFAHREN
Herausgegeben vonEvelyn und Richard Krummel
Herausgegeben nach der handschriftlichen Vorlage. Wir mchten
Frau Dr. Jutta Weber undHerrn Dr. H. G. Klein fr sachkundliches und
freundliches Entgegenkommen bei der Suchenach der Handschrift
danken und ganz besonders Frau Dr. Regina Mahlke fr die
langjhrigeUntersttzung bei unserer umfnglichen Nietzscheforschung
sowohl in Haus 1 und Haus 2 derStaatsbibliothek Berlin.
Hans von Mller (Kiel 1875-1944 beim Luftangriff auf Berlin), der
zeitweilig auch in derPreuischen Staatsbibliothek gearbeitet hat,
ist vor allem wegen seiner herausgeberischen Ver-dienste um E. T.
A. Hoffmann bekannt. Fast vergessen sind die zeitlich bedeutend
lngerenBemhungen um Nietzsche, die schon bei der Zusammenarbeit mit
dessen Schwester und derenHerausgabe der ersten Gedichtsammlung
sowie bei der Korrekturlesung der ersten Bnde dervon Fritz Koegel
besorgten Werkausgabe angefangen haben, alles noch vor der
Jahrhundert-wende. Er verffentlichte zu der Zeit noch eine kleinere
Arbeit zur Abstammung Nietzsches,von deren Wirkung er dann auch
unten recht ausfhrlich und ansprechend erzhlt. Wie ausdem Erzhlten
zunchst hervorgeht, hatte man allen Grund anzunehmen, er habe sich
dannsowohl von der Schwester des Denkers als auch von diesem
abgekehrt. Im heute im PreuischenKulturbesitz liegenden Nachla
findet man aber die hier wiedergegebene Arbeit, die recht deut-lich
zeigt, da ihm Nietzsche, hchstwahrscheinlich bis zu seinem Tode,
garnicht gleichgltiggeblieben ist und da er fr die Schwester, meine
alte mtterliche Freundin [] bis zuletztkindliche Liebe und
Dankbarkeit bewahrt habe, und zwar bis ber das Grab hinaus.
DieSchrift gewhrt neben der Schilderung des Verhltnisses zur
Schwester auch einige, wenige,nicht ganz unwesentliche Einblicke in
das Leben in und um das Archiv vor und unmittelbarnach der
Jahrhundertwende. Unbercksichtigt blieb die Arbeit, obwohl sie in
einer Autobiblio-graphie von 1937 erwhnt worden war. Von frher oder
spter erschienen Arbeiten zu Nietz-sches Abstammung enthlt einzig
die Arbeit von Max Oehler (Friedrich Nietzsches Ahnentafel.(M. e.
Einl. v. M. O. R. Wagner. Weimar). o. J. (= 1939. Als Beigabe zu
Bericht ber die 13.ordentliche Mitgliederversammlung d. Ges. d.
Freunde d. N-Archivs)) einiges Zustzliche, nm-lich folgende
Angaben, jedoch ohne jegliche Quellenangabe noch
Verwandtschaftsverhltnis:
Nietzsche, wohl zu Burkau um 1570Elias Nietzsche, Einwohner in
Burkau (Ob. Lausitz) um 1600, erwhnt 1649Hans Nietzsche, Richter
(Ortsvorsteher) in Burkau um 1620/30, erwhnt 1649.
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Hans von Mller254
Geschichte einer Familientradition:
ihre verschiedenen historischen Elemente, ihre mndliche
Fortbildung, ihrEinflu auf Nietzsches Denken, ihre schriftliche
Verflschung durch einenSchwindler, endlich das Wechselspiel ihrer
Bekmpfung und ihrer Verteidigung.
Ein Schulbeispiel fr angehende Genealogen
Amicus Nietzsche, amica soror ejus,sed magis amica veritas.
a) Nietzsches eigene Meinung von seiner Abkunft
Im Jahre 1883 schreibt Nietzsche1:
Man hat mich gelehrt, die Herkunft meines Blutes und Namens auf
polnische Edel-leute zurckzufhren, welche Nietzky hieen und vor
mehr als hundert Jahren ihreHeimath und ihren Adel aufgaben,
unertrglichen religisen Bedrckungen endlichweichend; es waren
nmlich Protestanten.
Diese in frher Kindheit eingesogenen Vorstellungen haben ihn
sein ganzesLeben hindurch richtungsweisend begleitet. In der Regel
ist es der polnischeEdelmann, als dessen krperlicher und geistiger
Erbe er sich empfindet; gele-gentlich aber auch der Protestant, der
lieber Adel und Besitz aufgiebt, als zudulden, da zwischen sein
Gewissen und Gott sich ein Priester einschiebt.
Fr das erstere seien zwei Beispiele aus der Zeit des Zarathustra
und dreiaus dem letzten Jahre, 1888, angefhrt, und zwar
1) die Fortsetzung der oben citierten Stelle, die grtenteils die
Wirkungjener Vorstellung in Nietzsches Knabenzeit schildert:
Ich will nicht leugnen, da ich als Knabe keinen geringen Stolz
auf diese meinepolnische Abkunft hatte: was von deutschem Blute in
mir ist, rhrt einzig von meinerMutter, aus der Familie Oehler, und
von der Mutter meines Vaters, aus der Familie Krauseher, und es
wollte mir scheinen, als sei ich in allem Wesentlichen trotzdem
Polegeblieben Ein kleines Heft Mazurken, welche ich als Knabe
componirte, trug dieAufschrift Unserer Altvordern eingedenk! - und
ich war ihrer eingedenk, in man-chen Urtheilen und Vorurtheilen Es
that mir wohl, an das Recht des polnischenEdelmannes zu denken, mit
seinem einfachen Veto den Beschlu einer Versammlungumzuwerfen; und
der [angebliche!] Pole Copernikus schien mir von diesem Rechtgegen
den Beschlu und den Augenschein aller andern Menschen eben nur den
gr-ten und wrdigsten Gebrauch gemacht zu haben. Die politische
Unbndigkeit und
1 Zuerst 1895 verffentlicht in: Das Leben Friedrich Nietzsches.
Von Elisabeth Frster-Nietz-sche. (Leipzig, Naumann). Band I, S. 10.
[siehe: KGW V 2, S. 579; Anm. d. Red.]
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Nietzsches Vorfahren 255
Schwche des Polen, ebenso wie ihre Ausschweifung, waren mir eher
Zeugnisse frihre Begabung als gegen dieselbe. [siehe: KGW V 2, S.
579 f.; Anm. d. Red.]
An derselben Stelle fhrt Nietzsche zahlreiche Flle aus seinem
spteren Le-ben an, in denen Fremde ihn seines Aussehens [vor allem
wohl der Barttrachtwegen!] fr einen Polen gehalten haben.
2) Vorher schon, Anfang December 1882, whrend der Arbeit am
erstenTeil des Zarathustra, hatte Nietzsches an Heinrich von Stein
geschrieben2:
Wagner sagte einmal von mir, ich schriebe lateinisch und nicht
deutsch: was einmalwahr ist und sodann - auch [[meinen Ohren]]
wohlklingt. Ich kann nun einmal anallem deutschen Wesen nur einen
Antheil haben und nicht mehr. Betrachten Sie mei-nen Namen: meine
Vorfahren waren polnische Edelleute, noch die Mutter meines
Grovaters warPolin. Nun, ich mache mir aus meinem Halbdeutschthum
eine Tugend zurecht undnehme in Anspruch, mehr von der Kunst der
Sprache zu verstehen als es Deutschenmglich ist.
3) Am 10. April 1888 sandte Nietzsche an Georg Brandes als Beleg
zu einemBrief eine kleine vita3; darin heit es:
Meine Vorfahren waren polnische Edelleute (Niezky); es scheint,
da der Typus guterhalten ist, trotz dreier deutschen Mtter [d. h.
seine Mutter und seine beidenGromtter?] Im Ausland gelte ich
gewhnlich als Pole
4) Im Frhherbst desselben Jahres schreibt Nietzsche im Ecce
homo4:
Schon meiner Abkunft nach ist mir ein Blick erlaubt jenseits
aller blo lokal, blonational bedingten Perspektiven; es kostet mich
keine Mhe, ein guter Europer zusein. Andrerseits bin ich vielleicht
mehr deutsch, als jetzige Deutsche, bloe Reichs-deutsche, es noch
zu sein vermchten, - ich, der letzte antipolitische Deutsche.
Unddoch waren meine Vorfahren polnische Edelleute: ich habe von
daher viel Rassen-Instinkte im Leibe, wer wei? vielleicht gar noch
das liberum veto. Denke ich daran,wie oft ich unterwegs als Pole
angeredet werde und von Polen selbst, wie seltenman mich fr einen
Deutschen nimmt, so knnte es scheinen, da ich nur zu
denangesprenkelten Deutschen gehre. Aber meine Mutter ist
jedenfalls etwas sehrDeutsches; insgleichen meine Gromutter
vterlicher Seits
5) Mitte November desselben Jahres schreibt er an
Strindberg5:
Ich wage zu sagen, da meine Vorfahren vterlicher Herkunft
polnische Edelleutewaren; da meine Gromutter mtterlicherseits in
die Goethesche Zeit Weimars ge-
2 Zuerst 1904 verffentlicht in: Friedrich Nietzsches Gesammelte
Briefe (Berlin und Leipzig,Schuster & Loeffler), Bd. 3. (1.
Hlfte) S. 224 f. [siehe: Nietzsche an Heinrich von Stein,
AnfangDezember 1882, KGB III 1, Nr. 342, S. 287; Anm. d. Red.]
3 Zuerst 1894 verffentlicht in: Menschen und Werke. Essays von
Georg Brandes. (Frankfurt amMain: Rtten & Loening.) S. 138.
[siehe: Nietzsche an Georg Brandes, 10. April 1888, KGB III 5,Nr.
1014, S. 288; Anm. d. Red.]
4 Zuerst in 1 verffentlicht ( [siehe: EH, Warum ich so weise bin
3, SA II, S. 1073; Anm. d. Red.]5 Zuerst 1921 verffentlicht in:
Karl Strecker: Nietzsche und Strindberg. Mit ihrem
Briefwechsel.
(Mnchen, Georg Mller.) S. 31.
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Hans von Mller256
hrt6: Grund genug, um in einem kaum denkbaren Grade heute der
einsamste Deutschezu sein.
Sympathischer als dieser Stolz auf die polnische Nationalitt und
den Adelseiner Vorfahren wird manchem Nietzsches Genugtuung ber
deren unbedingte,opfermutige berzeugungstreue sein, wie der 264.
Aphorismus der Sammlung ,Jen-seits von Gut und Bse (1885 oder 1886)
ihn schn zeigt:
Es ist aus der Seele eines Menschen nicht wegzuwischen, was
seine Vorfahren amliebsten und bestndigsten gethan haben ob sie
etwa emsige Sparer waren; oder obsie ans Befehlen gewhnt lebten ;
oder ob sie endlich alle Vorrechte der Geburtund des Besitzes
irgendwann einmal geopfert haben, um ganz ihrem Glauben -
ihremGotte - zu leben, als die Menschen eines unerbittlichen und
zarten Gewissens, wel-ches vor jeder Vermittlung [durch einen
Priester] errthet. Es ist garnicht mglich,da ein Mensch nicht die
Eigenschaften und Vorlieben seiner Eltern und Altvordernim Leibe
habe: was auch der Augenschein dagegen sagen mag. Dies ist das
Problem derRasse. [siehe: JGB 264; Anm. d. Red.]
Es braucht nicht nher dargelegt zu werden, da Nietzsche hier
Rasse nichtin dem zoologisch-ethnographischen Sinne meint, in dem
man etwa Windhunde,Pudel und Mpse oder Neger, Malaien und Mongolen
unterscheidet, sondernin dem psychologischen, in dem z. B.
Friedrich der Groe den ostelbischen Adelfr eine race erklrte, die
meritire, conserviret zu werden. Rasse dieser Art wirdnicht durch
den animalischen Act der Zeugung vererbt, sondern erst durch
dieTradition, die auf das empfngliche Gemt des Knaben und Jnglings
einwirkt; Nietzscheselbst ist daher eins der grten Beispiele.
Bezglich ihrer familiengeschichtlichen Voraussetzungen aber, die
wir im folgen-den zu prfen haben, lassen die citierten sechs
uerungen Nietzsches sichdahin zusammenfassen:
da ein polnischer Edelmann mit dem dreisilbigen Namen Niecki
(den Nietzsche inwesteuropischer Art bald Nietzky, bald Niezky
schreibt, aber immer mit Trema)mehr als hundert Jahre vor 1883,
also etwa in der Mitte des 18 Jahrhunderts, nachdem Vorbilde der
Hugenotten und der lutherischen Salzburger Heimat und
Standaufgegeben habe, weil er als Protestant unertrglichen
Bedrckungen ausgesetzt war.
6 Da Nietzsche auch in den beiden unter 3 und 4 citierten
Niederschriften aus dem Jahre 1888diese Gromutter als Reprsentantin
des Weimarischen Geistes erwhnt, so sei kurz bemerkt,da sie in der
Tat um die Jahrhundertwende einige Jahre lang mit einem
Hofadvokaten Krgerin Weimar verheiratet war, da aber weder sie noch
ihr Gatte in Goethes Werken, Tagebchernund Briefen erwhnt werden.
Als junge Witwe heiratete sie 1809 den gleich zu
erwhnenden,ebenfalls verwitweten Superintendenten Nietzsche in
Eilenburg. Ihr Bruder, Johann FriedrichKrause, [1770-1820], bei dem
sie 1808/09 in Naumburg gelebt hatte, war zehn Jahre sptervom 4.
Mai 1819 bis an seinen Tod am 31. Mrz 1820, also knappe elf Monate
lang, alsschwerkranker Mann Generalsuperintendent in Weimar;
Goethe, der ihn nur ein einziges Malgesehn hat, lehnt ihn in seinen
,Tages- und Jahresheften [Weimarer Ausgabe 36, 150/51] scharfab,
und wenn Nietzsche ihn als den Nachfolger des [1803 verstorbenen]
Herder bezeichnet, soist das genau so, wie wenn jemand Michaelis
rhmend den Nachfolger Bismarcks nennen wrde.
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Nietzsches Vorfahren 257
Seine gleichfalls polnische Ehefrau habe ihm [1756] in der neuen
Heimat einen Sohngeboren, den spteren Eilenburger Superintendenten
D. Ludwig Nietzsche, der derGrovater des Philosophen wurde und ber
dessen Lebensgang dieser gut unterrich-tet war7.
b) Die Darstellung der Tanten
Nietzsches Vater ist bekanntlich nach Nietzsches eigenen
Angaben8 imHerbst 1848 also in der Zeit, als sein Sohn vier Jahr
alt wurde, an Gehirnerwei-chung erkrankt, durch die er erst das
Gedchtnis und dann das Sehvermgenverlor, und im Juli 1849
gestorben. Die Tradition, auf der Nietzsche fute, istihm mithin
nicht von einer akademisch gebildeten Seite zugekommen,
sonderndurch Damen, nmlich der Schwestern und Halbschwestern seines
Vaters.Nietzsches Schwester und Biographin (Frau Dr. phil. h.c.
Elisabeth Frster-Nietz-sche, die ich im folgenden - nicht aus
Mangel an Piett, sondern der Krzewegen - nach alter
Archiv-Gewohnheit Frau Frster nennen mchte) er-whnt zunchst9
allgemein unsere Tanten, die uns am meisten von alten
Zeitenerzhlten. Dann10 folgen im speciellen die Angaben dieser
Tanten ber dieHerkunft der Familie. In der That erzhlten unsere
Tanten, heit es, daunsere Vorfahren religiser Bedrckung wegen
geflchtet seien: diese wichtige Vor-stellung verdankt also
Nietzsche ihnen, und jedenfalls auch die, da die Flcht-linge adlige
Polen waren. Nicht von Nietzsche verwertet ist ein anderer
Umstand,den die Tanten gleichfalls erzhlt haben sollen.
Danach lge die Flucht aus Polen eine Generation weiter zurck.
Whrend Nietzschedie Eltern seines mehrfach erwhnten Grovaters, des
Eilenburger SuperintendentenD. Ludwig Nietzsche, fr die Einwanderer
hielt, sind nach dem Bericht von Nietz-sches Tanten, wie Frau
Frster ihn wiedergiebt, schon die Groeltern dieses
Grovaterseingewandert, und zwar habe die Reise von Polen nach
Sachsen drei volle Jahre inAnspruch genommen. Whrend dieser drei
Jahre aber habe die junge Frau ihr einzi-ges, noch in Polen
geborenes Kind, also den knftigen Urgrovater Nietzsches,
selbstgenhrt; und dieser habe seine Rstigkeit - er sei 92 Jahre alt
geworden und habenoch mit 90 Jahren nicht nur geritten, sondern
sogar galopp geritten - dieser ausge-zeichneten Ernhrung
zugeschrieben.
Anscheinend ist Nietzschen dieser Bericht, namentlich die
Zigeunerromantikdes dreijhrigen Aufenthalts auf der Landstrae mit
der sugenden Mutter weder
7 Vgl. den Brief vom an Overbeck, verffentlicht 1916 in: [Vgl.
Nietzsche an Franz Overbeck, 6.Juli 1887, KGB III 5, Nr. 873; Anm.
d. Red.]
8 In der von Nietzsches Schwester unterdrckten, aber zum Glck
wenigstens nicht vernichtetenersten Autobiographie, die
dankenswerterweise als Jahresgabe fr den GdFrJ NA 1936 in
Facsi-mile vervielfltigt ist.
9 S. 9 der in Note 1 genannten Biographie.10 S. 12 Abs. 2.
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Hans von Mller258
ruhmvoll noch glaubwrdig erschienen; und Frau Frster htte besser
getan,wenn sie auch ihrerseits diesen Mythus, wie sie die Erzhlung
ihrer Tantenzutreffend nennt, auf sich htte beruhen lassen.
c) Nietzsches polnischer Sachverstndiger
Unmittelbar vorher berichtet Frau Frster, im Winter von 1883 auf
1884habe Nietzsche an der Riviera einen Polen kennen gelernt, der
sich erbotenhabe, Nachforschungen ber den Ursprung von dessen
Familie anzustellen.ber das Ergebnis berichtet sie11:
Im Herbst 1884, als ich mit Fritz in Zrich zusammentraf,
prsentirte er mir einumfangreiches Schriftstck in polnischer
Sprache mit der franzsischen Ueberschrift:,LOrigine de la famille
seigneuriale de Nietzky. Einige Abschnitte des polnischen
Textesbesa mein Bruder in franzsischer Uebersetzung; daraus ging
hervor, da ein schsi-scher Kurfrst oder Knig die Familie in den
Grafenstand erhoben und da jeder der Familie,der Handel oder
Gewerbe trieb, fr sich und seine Nachkommen des Adels
verlustigging. Weiter hie es, da im Jahre 1716 ein Mitglied der
Familie (also unser Ururgro-vater) wegen religis-politischer
Verschwrung zum Tode verurteilt gewesen sei, mit Frauund Kind aber
geflohen wre.
Das Schriftstck habe, berichtet die Biographin, viele Stempel
und Siegelgetragen, sei ihr aber nicht durchaus glaubwrdig
erschienen. Nach NietzschesErkrankung habe es sich nicht
wiedergefunden.
Das hatte wohl seinen guten Grund: aller Wahrscheinlichkeit nach
hat Nietz-sche selbst sich berzeugt, da das Manuskript mitsamt
seinen Stempeln undSiegeln eine freche Flschung war, und hat es
demgem vernichtet. Niemals,weder vorher noch nachher, hat Nietzsche
behauptet oder auch nur angedeutet,da seine Familie grflichen
Standes und in eine politische Verschwrung verwickeltgewesen sei.
Stets, auch bei der abnormen Steigerung seines Selbstgefhls imJahre
1888, handelt es sich bei ihm um einfache Edelleute, die
auswandern, umreligiser Bedrckung zu entfliehen - ganz, wie er in
der Jugend von seinen Tantengehrt hatte. Es ist also zu bedauern,
da Nietzsches Biographin diese plumpeFlschung berhaupt erwhnt und
damit als Quelle zur Familiengeschichte zurDiscussion gestellt
hat.
d) Beginn der Kirchenbuchforschung; ,Nietzsches Vorfahren
Da ich die Zweifel der Biographin an diesem Document und
berhaupt andem Mythus von der Herkunft des Urgrovaters teilte,
wandte ich mich un-term 1. Februar 1898 an den gelehrten Pastor von
Bibra, Herrn Dr. phil. Fried-
11 S. 11/12.
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Nietzsches Vorfahren 259
rich Wilhelm Hermann Schulze. Nach mhevoller Durchsicht der
registerlosenKirchenbcher teilte dieser mir unterm 12. des selben
Monats die Daten von18 Taufen, 7 Trauungen und 6 Todesfllen
innerhalb der Familie Nietzsche mit;darunter befand sich alles
Wnschenswerte ber den in der Biographie genann-ten rstigen
Urgrovater, dessen Vater, Geschwister, Gatten und Kinder. Esergab
sich, da dieser Urgrovater, der nach Nietzsches eigener Meinung
imMannesalter mit seiner polnischen Frau aus Polen eingewandert,
nach der An-gabe von Nietzsches Tanten aber als dreijhriger Sugling
nach Deutschlandgebracht worden war, in Wirklichkeit am 26. Februar
1714 morgens 8 Uhr zuBibra geboren und am 2. Mrz auf die durchaus
deutschen Namen GotthelfEngelbert getauft ist; daher das zweite von
zehn Kindern des Accise-InspectorsChristoph Nietzsche war (der seit
1709 in Bibra nachweisbar ist und dem 1710 alserstes Kind eine
Tochter geboren war); da er am 19. Juli 1740 demgem keinePolin,
sondern Johanne Amalie, des Pastors Herold in Reinsdorf
hinterlasseneTochter, geheiratet; da er aber in der Tat das 90.
Lebensjahr berschritten hat,denn er ist erst am 21. September 1804
gestorben im Alter von 90 Jahren, 6Monaten und 26 Tagen.
Auf Grund dieser Nachrichten entwarf ich am 14. Februar einen
kleinenAufsatz; in den einleitenden Worten wurde nicht eine
Berichtigung, sonderneine an sich unwichtige Ergnzung der
Biographie angehngt und im brigendieser wrmstes Lob gespendet.
Bevor ich die Arbeit aber ins reine brachte,richtete ich noch am
selben Tage an meinen liebenswrdigen Gewhrsmannnoch zwei Fragen,
deren Beantwortung dann die endgltige Fassung meines Auf-satzes
bestimmt hat und ber die ich hier einzeln berichten mchte.
Die erste Frage ging dahin, ob Christoph Nietzsches Gattin
nirgend im Kirchen-buch mit Namen genannt sei, als Mutter eigener
oder Patin fremder Kinder. Dr.Schulze erwiderte darauf unterm 16.,
da die Gattin des Christoph Nietzschein den Geburtsnachrichten nur
als Eheliebste ohne Vornamen bezeichnet werde[wie es ja leider in
vielen lteren Kirchenbchern geschieht], da er, Dr.Schulze, aber
unter den Paten eine Tochter des Past[ors] Bege gefundenhabe:
,Herrn Christoph Nietzschens, Anis-Duste. allh[ier], Eheliebste Fr.
Marga-rethe Elisabethe. Daraufhin nderte ich im Concept meines
Aufsatzes die WorteIhm sind in Bibra folgende zehn Kinder geboren
um in: Von seiner FrauMargarethe Elisabeth - der Familienname ist
leider im Kirchenbuch nirgendsangegeben - wurden ihm in Bibra
folgende zehn Kinder geboren. Das war,wie ich hier zu Nutz und
Frommen junger Genealogen reumtig erklre, erstenseine grobe
bereilung: denn wenn Christoph Nietzsche 1720 oder 1730 mit
einerMargarethe Elisabeth verheiratet war, dann folgt daraus
keineswegs, da er esauch 1710 oder 1714 schon war und da diese
Margarethe Elisabeth die Mutterdes 1714 geborenen Gotthelf
Engelbert war; zweitens habe ich durch die Fas-sung meiner Angabe,
wie der Erfolg lehrt, bei Frau Frster und den von ihr
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Hans von Mller260
Unterrichteten die falsche Vorstellung erweckt, da in den
Eintrgen ber dieTaufe der Kinder des Christoph Nietzsche zwar die
Vornamen der Mutter stetsgenannt, der Mdchenname aber in aufflliger
Weise verschwiegen werde.
Meine zweite Frage bezog sich auf die Paten der Kinder des
Christoph Nietz-sche: ich bat um Auskunft, ob einige von diesen als
Verwandte der Eheleuteerkennbar seien, sei es durch den
Familiennamen Nietzsche oder durch Bezeich-nungen wie des Kindes
Grovater. Dr. Schulze verneinte das. Ich schlo also(am 21. Februar)
meinen Aufsatz mit den Worten:
Fr die Zeit vor 1709 sind keine Angaben im Kirchenbuch zu
finden; auch unter denPathen der ersten Geschwisterehe sind
Mitglieder der Familie [Nietzsche] nicht ge-nannt. Christoph
Nietzsche wird also erst 1709 sein Amt in Bibra angetreten
undvorher anderswo gelebt haben; fr eine Abstammung der Familie aus
Polen, wie sienach des Philosophen Vorgang Peter Gast, Leo Berg,
Georg Brandes und unter Vorbe-halt auch Frau Frster-Nietzsche
annehmen, ergiebt jedoch das Kirchenbuch keineAnhaltspunkte.
Von dem vermeintlichen Adel (oder gar Grafenstand) der Familie
sagte ichkein Wort, da ich jede Polemik und jede Herabsetzung
Nietzsches und seinerBiographin vermeiden wollte. Andrerseits hob
ich die von Frau Frster geuer-ten Zweifel an der Glaubwrdigkeit der
Tradition ausdrcklich hervor, um ihrden Entschlu zu erleichtern,
die Annahme der Herkunft aus Polen fallen zulassen.
Der Aufsatz erschien in der ,Zukunft vom 28. Mai12.
e) Der offene Brief der Frau Frster an Harden
Vielleicht htte Frau Frster die goldene Brcke zum Rckzug
benutzt, wennnicht Dritte sie dazu verleitet htten, die
hoffnungslose Position um jeden Preiszu verteidigen. Eine Woche
nach dem Erscheinen meines Artikels fand in Wei-mar die
Generalversammlung der Goethe-Gesellschaft statt. Wilamowitz,
Nietz-sches Urfeind, sprach ber Goethes ,Pandora: er fuhr, was Kurt
Hildebrandtinteressieren wird, an Frau Frster und mir vorber, ohne
jener den von ihrerwarteten Gru zuteil werden zu lassen. Als ich
die Rede auf meinen Artikelbrachte, berichtete Frau Frster in
bekmmertem Ton, sie habe mehrere Briefeerhalten, die Emprung ber
meine Verffentlichung ausdrckten; als besondersentrstet nannte sie
mir den Grafen Keler13.
12 Band 23, Seite 403 f. - Auerdem in privatem Sonderdruck.13
Der eigene, 1881 von Reu j. L. verliehene Grafenstand des
anderthalb Jahre vorher in Preuen
geadelten Harry Keler wurde bekanntlich in Preuen nicht
anerkannt (s. Janeckis Handbuchdes Preuischen Adels I 261; nheres
in einer der amsantesten Stellen der Jugenderinnerungendes Frsten
von Blow, Denkwrdigkeiten IV 497 f.) und so empfand er den Schmerz
derehrgeizigen Biographin wie einen eigenen.
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Nietzsches Vorfahren 261
Auer ein paar Intimen des Archivs hatte wahrscheinlich kaum Ein
Lesermeinen absichtlich trocken-sachlich gehaltenen Artikel fr mehr
als einebelanglose Zusammenstellung familiengeschichtlicher Daten
gehalten; die Brief-schreiber frchteten jedoch, da Nietzsches
Ansehn dadurch geschdigt werdenknne, und Frau Frster fhlte nunmehr
als die literarische Vormnderin deskranken Bruders die heilige
Verpflichtung, dessen gefhrdete Autoritt zu scht-zen. Die von mir
nur zart angedeuteten negativen Schlufolgerungen aus denBibraer
Kirchenbuch-Auszgen lieen sich auf wissenschaftlichem Wege
nichtentkrften. Wollte man sie noch auf ein Menschenalter zum
Schweigen bringen,so mute das hinten herum geschehen. Darin soll
durchaus kein moralischer Vor-wurf liegen. Das Bedingungslose
Eintreten fr Nietzsche galt Frau Frster als derSchwester und Peter
Gast als dem Erzapostel fr die heiligste Pflicht, der allesandere
unterzuordnen war. So hielt es bekanntlich Peter Gast, der nach
ber-windung der durch Koegels undiplomatisches Dreinschlagen14
herbeigefhrtenEntfremdung der treueste, willfhrigste und zweifellos
auch geeignetste Mitar-beiter der Frau Frster wurde, fr durch aus
erlaubt, ja von einem hherenStandpunkt aus gesehen fr geboten, da,
wo er sich bewut war, in NietzschesGeist zu reden, eine
Aufzeichnung Nietzsches zu fingieren: ein Verfahren, das imAltertum
und im Orient (bei heiligen Bchern auch sonst allzeit und
berall)gang und gbe gewesen ist. In dieser Auffassung begegnete er
sich durchausmit Frau Frster, nach deren nicht durch die
asketischen Ideale des Gelehrtengehemmten Gefhl eine fruchtbare
Fiction sittlich wertvoller war als eine sterile,ja vielleicht
schdliche Wahrheit. Mit einem gewissen Recht, zum mindesten
miteinem starken Schein des Rechtes konnte sie sich dabei auf
Aussprche ihresBruders berufen, zum Beispiel auf einige der 23
Stellen, die beiden Neffe Ri-chard Oehler oder vielmehr dessen
Gattin unter der Marke Irrtum zum Lebennotwendig im Sachregister
zur Musarion-Ausgabe verzeichnet hat, und aufmanche der 58 Stellen,
die ebenda ber die Lge zusammengestellt sind (darun-ter aus der
zeit der ,Morgenrte, 1880/81: Das, was gegen die Lge gesagtwird,
sind Naivitten eines Schulmeisters, und zumal das Gebot ,Du sollst
nichtlgen! [siehe: KGW V 1, 6[332], S. 611; Anm. d. Red.]) - Doch
nun zurck zuunserm Bericht.
Auf die mir gemachten sanften Vorhaltungen erwiderte ich, da
sich diebehauptete Flucht des jungen Paares aus Polen nach Sachsen
whrend der Jahre1716-1719 doch leider durchaus nicht mit der
urkundlich nachgewiesenen Tat-sache vereinigen lasse, da das
Ehepaar seit 1709 in Bibra seinen Wohnsitz hatte.Nicht ohne einen
Anflug von Schadenfreude, den man vielleicht angesichts deran mich
weitergegebenen Vorwrfe begreift, setzte ich hinzu, die Tradition
htte
14 Er hat mir ein Loch in den Bauch gestoen constatierte Peter
Gast mir gegenber mit seinemtrockenen Galgenhumor.
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Hans von Mller262
sich eher bis auf weiteres aufrecht erhalten lassen, wenn die
dreijhrige Fluchtgenau zehn Jahre frher, in die Jahre 1706-1709
verlegt worden wre: denneinerseits tauche das junge Paar erst 1709
in Bibra auf, und es sei bisher nichtnachzuweisen, wo es vorher
gelebt habe; andrerseits wre die Flucht eines vor-nehmen Polen
gerade nach Sachsen fr das Jahr 1706 an sich garnicht
unwahr-scheinlich, da der Sachse August der Starke in diesem Jahre
zu Gunsten desgeborenen Polen Stanislaw Leszczynski aus Polen hatte
verzichten mssen. Ichwarf diese uerung hin, ohne die Umstnde nher
zu prfen: denn tatschlichist ja August der Starke schon 1709 von
den Russen wieder eingesetzt worden,und er htte natrlich damals
seinen treuen Parteignger, den Grafen Niecki, imTriumph wieder nach
Polen gefhrt und ihm dort ein hohes Amt gegeben, stattihn in einer
Lage zu lassen, in der er Name und Stand abzulegen und in
einerthringischen Kleinstadt als ein gewisser Nietzsche aus
Nirgendheim, der Ein-gnge aus der Mahl- und Schlachtsteuer zu
beaufsichtigen hatte.
Aber Frau Frster ergriff den ihr im Scherz hingehaltenen
Strohhalm inErmangelung einer besseren Sttze fr den Familienmythus.
Als Fundament frden quasi-historischen Teil ihrer Entgegnung
fingierte sie zwei Stellen der - leiderverlorenen - Origine de la
famille seigneuriale de Nietzky. Erstens sei darin, wie sieeben aus
einem alten Taschenbuch ersehe, als Jahr der Flucht nicht, wie sie
in derBiographie irrtmlich angegeben habe, 1716, sondern 1706
genannt, und daswrde auch viel wahrscheinlicher sein, da gerade in
den Jahren von 1705 bis1709 in Folge der Wiederwahl des Stanislaus
Leszcynski zum polnischen Knigin Polen viel Unruhe herrschte und
reichlich Anla zu Verschwrungen gegebenwaren; zweitens trage darin
ihre Ur-Urgromutter Margarethe Elisabeth [die inWirklichkeit, wie
ich bereits angedeutet habe und nachher positiv zeigen werde,ganz
anders hie] einen uerst zungenbrecherischen vornehmen
polnischenFamilien-Namen, den ein deutsches Ohr schlecht verstehen
und eine deutscheHand nicht gut nachschreiben kann. Ich konnte mir
deshalb auch vorstellen,da bei den Eintragungen in das Kirchenbuch
der Geistliche auf die Wiedergabedieses Namens verzichtete. So
erklre es sich, da der Vatersname der Frauso beharrlich
verschwiegen bleibt.
Mit diesem glcklichen Kunstgriff, sich auf ein verlorenes
Document zu be-rufen, verband die geschickte kleine Frau noch einen
anderen, der ihr in jedemFalle den Rckzug sichern sollte. Sie hielt
ihre Behauptungen durch kleine Ein-schaltungen und Beiworte
vorsichtig etwas im Zwielicht, wie etwa der alte Stormden (leider
dadurch schwer geschdigten) herrlichen Mythus vom Schimmelrei-ter.
Sie beruft sich zwar, wie wir eben sahen, in den wichtigsten
Einzelheitenmit Entschiedenheit auf das nicht mehr nachprfbare
Elaborat des polnischenSchwindlers, nennt es aber im selben Atem
etwas zweifelhaft; sie malt dasuere und vor allem das innere Leben
des geflchteten Grafen Nietzky aus-fhrlich in ganz neuen,
berraschenden Farben aus, setzt aber ein vielleicht
-
Nietzsches Vorfahren 263
dazu und erklrt seine Erlebnisse fr etwas mythisch; sie
unterbricht ihreFolgerungen (man mchte sagen: unter Augenzwinkern)
mit den Parenthesenfalls die Tradition auf Wahrheit beruht, immer
vorausgesetzt, da die Fami-lientradition auf Wahrheit beruht. So
war sie immer gedeckt fr den uner-wnschten Fall, da ein anderes
Kirchenbuch die deutsche und nichtadlige Her-kunft des Christoph
Nietzsche und seiner Ehefrau enthllen sollte.
In der Sache lie sie zwar Gotthelf Engelberts Suglingsreife
notgedrungenfallen (in Bezug darauf sagt sie resigniert mit einer
hbsch personificierendenWendung: es scheint, als ob die Tradition
sich etwas geirrt hat); sie blieb aberdabei, da die
Szlachzizenfamilie Nietzky Ende des 17. Jahrhunderts in
denGrafenstand erhoben und da dann eins ihrer Mitglieder wegen
religis-politi-scher Verschwrung zum Tode verurtheilt worden, mit
Frau und Kindern abergeflohen sei. In ihrem bereifer kmpft sie also
gerade fr die offenbar vonNietzsche selbst verworfenen Thesen vom
Grafenstand und von der Verschw-rung. Sie erklrt dann nicht nur im
eigenen Namen, sondern auch in dem deskranken Bruders: Dieses
Mitglied der Familie, das bei seiner Flucht den NamenNietzky in
Nietzsche umwandelte, reklamiren wir als den vorhin erwhnten
Chri-stoph Nietzsche, unseren Urgrovater. brigens seien - und diese
Behauptungist wohl die unvorsichtigste - die Angaben des Bibraer
Kirchenbuchs ihremBruder seit 1866 genau bekannt gewesen, und sie
htten ihn lebhaft interessiert [solebhaft, da er 1882 und 1883
erklrte, sein Grovater Ludwig Nietzsche inEilenburg habe eine Polin
zur Mutter gehabt!]; leider [!] bewiesen sie aber gar-nichts fr
seine deutsche Abkunft, denn der Wechsel des Landes und Namensliegt
vor dem Jahre 1709, wo jener Christoph Nietzsche zuerst in Bibra
auftauch-te.
Soviel von dem historischen Teil des Aufsatzes. Die zweite,
psychologischeHlfte versucht zu begrnden, warum Nietzsche stets
einen solchen Accentauf die polnische Abkunft gelegt hat. Ganz
correct ist diese Fragestellung nicht.Nietzsche bezeichnet seine
Vorfahren nie schlechthin als Polen, sondern stets alspolnische
Edelleute. Aber das Geltungsbedrfnis, die Wurzel aller
Familientraditionen,kommt natrlich fr die Schwester nicht von fern
in Frage. Sie ist vielmehrzu folgender Vermutung gekommen. Ihrem
Bruder seien zwar - es ist dasbekanntlich ihr ceterum censeo - die
hchsten Anforderungen der christlichen Mo-ral zur zweiten Natur
geworden, und er habe infolge dessen keine Kmpfemit dem schwachen
Fleisch zu bestehen gehabt; praktisch habe er also - wie zumberflu
mit einem Zeugnis aus dem Jahre 1868 belegt wird - vollkommenden
drei Pastoren geglichen, deren Sohn und Enkel er war. Aber
theoretischstand es bekanntlich anders; da kamen ihm Zweifel an so
manchen Idealen, diesein ehrfrchtiges Herz so dringend zu lieben
und zu verehren wnschte. Nunhabe er eifrig geforscht, ob einer
seiner Vorfahren auch so in sich mit Gedankengegen Gedanken zu
kmpfen gehabt habe. Und hier kam ihm die Familientra-
-
Hans von Mller264
dition zu Hilfe. Dieser polnischer Graf Nietzky: vielleicht
hatte auch er gezweifeltund schlielich in der Leidenschaft sich zu
einer schlimmen That hinreien lassen.Also eine Renaissancegestalt,
ein Skeptiker und Gewaltmensch, ein kleiner Ce-sare Borgia. Dieser
Vorfahr schien ihm die Erklrung fr seine innerenKmpfe zu geben, und
deshalb liebte er ihn und glaubte an ihn. Wer den vonuns citierten
Aphorismus 264 aus ,Jenseits von Gut und Bse vor Augen hat,wird
zugeben, da Nietzsches Bild von diesem Vorfahren als einem
glaubens-starken und opferfreudigem Manne nicht vollkommener auf
den Kopf gestelltwerden kann.
Nicht die Taktik der Frau Frster soll hier beanstandet werden -
a` la guerre,cest a` la guerre -, sondern ihre Strategie; nicht
ihre Art der Beweisfhrung, son-dern das Ziel ihrer Ausfhrungen,
offenkundige Albernheiten alter Tantenaufrechtzuerhalten, statt sie
stillschweigend fallen zu lassen, wie ihr das am Schlumeines
Aufsatzes auf das schonendste nahegelegt worden war.
Die Darlegungen, die sprunghaft von einem Punkt auf einen
anderen ber-gehn und, wie schon gezeigt, zwischen bestimmten
detaillierten Einzelbehaup-tungen und vagen Vorbehalten abwechseln,
wurden in die dafr in der Tat alleinmgliche Form eines plaudernden
Briefes an den Herausgeber der ,Zukunft gebracht;sie waren fr das
,Notizbuch am Ende des Heftes bestimmt, in dem
derartigeErwiderungen zu erscheinen pflegten. Der Text beginnt
demgem: Sehr ge-ehrter Herr Harden, und schliet: Mit vorzglicher
Hochachtung Ihre Elisa-beth Frster-Nietzsche.
Harden war zweifellos zu klug, um an die corrigierte Tradition
zu glauben;er war aber gentigt den Brief zu verffentlichen, wenn er
den Wunsch hatte,weiterhin von Zeit zu Zeit fr seine Zeitschrift
mit Fetzen aus Nietzsches Nach-la versehen zu werden. Er brachte
die Entgegnung vier Wochen nach meinemArtikel, am 25. Juni 1898,
und zwar nicht in der anspruchslosen Notizbuch-Ecke,sondern als
Gegenstck zu meinem Artikel, unmittelbar vor einem solchen
desGrafen Nicolaus Bethlen gegen den Grafen Agenor Goluchowski, die
sich somitmit dem Grafen Christoph Nietzky ein Stelldichein
gaben15. In pikantem Ge-gensatz zu dem schlichten Titel ,Nietzsches
Vorfahren gab er [[,]] der witzigeHerausgeber, der feudalen
Entgegnung die berschrift ,Nietzsches Ahnen.
f) Mein polnischer Sachverstndiger
Als ich aus der ,Zukunft von der erstaunlichen Verwertung meiner
scherz-haften Berichtigung von Christoph Nietzkys Wanderjahren
Kenntnis erhielt,dachte ich bei mir: Wahrlich, denen, die Nietzsche
lieben, mssen alle Dinge
15 Band 23, Seite 576/78.
-
Nietzsches Vorfahren 265
zum besten dienen: auch den Essig einer kleinen Bosheit, den man
ihnen reicht,wissen sie in sen Wein zu verwandeln. Aber ich gnnte
der charmanten Frau,vor der ich trotz einigen Einwnden doch
heimlich auf den Knieen lag, diesenPyrrhussieg; ich glaube mich
sogar zu erinnern, da ich sie (ich war 23 Jahrealt und bisweilen
sentimental), wegen der rauhen Strung ihrer neunzackigenIllusionen
hchst zerknirscht um Verzeihung gebeten und ihr versprochen
habe,ihr nicht noch einmal einen solchen Kummer zuzufgen. In der
Tat habe ichdann bis zum Tode der liebenswrdigen Frau nichts ber
die Nietzky-Frage mehrverffentlicht.
Ein wenig hoffte ich zunchst noch mit meiner nunmehr wieder
ausgeshn-ten mtterlichen Freundin, da sich doch einmal in irgend
einem polnischenDocument ein Graf Nietzky oder vielmehr Niecki
werde auftreiben lassen, denman dann allenfalls mit den Nietzsches
in Bibra in Verbindung bringen knne.
Nach zwei Jahren ergab sich unerwartet eine ausgezeichnete
Gelegenheit,darber endgltig ins reine zu kommen. Im Mai 1900
erhielt ich von einerHamburger Verlagsfirma einen Prospect, aus dem
hervorging, da Herr Emilianvon Zernicki-Szeliga in Pankow bei
Berlin, gleich mir Mitglied des Vereins ,He-rold, im Laufe von
vielen Jahren ein auf zehn bis zwlf starke Bnde geschtztesWerk ber
den polnischen Adel zusammengetragen habe, das bei dem Verlegerdes
,Jahrbuches des deutschen Adels, W. T. Bruer in Berlin, auf
Subscriptionerscheinen sollte. Da sich nicht gengend zahlungsfhige
Liebhaber gemeldethtten, habe der Verfasser beschlossen, den Stoff
auf den Umfang von zweistarken Bnden zusammenzudrngen, die nunmehr,
da der Verleger Bruer inzwi-schen gestorben sei, in Krze in dem
unterzeichneten Verlage erscheinen wr-den.
In der Tat erschien das Werk16, verzeichnete aber weder einfache
Edelleutenoch gar Grafen namen Niecki.
Anfang August fragte ich in der Sache brieflich bei dem
Verfasser an underhielt umgehend einen Bescheid vom 6., der den
verwegensten Ansprchen anEntschiedenheit gengt. Es hie darin
wrtlich:
1. Eine Familie Niecki, oder hnlich lautend, ist mir bei meinen
Forschungen, dieziemlich umfangreich waren, nicht vorgekommen.
2. In Polen gab es keinen Grafentitel. Wohl verliehen die
Monarchen von Polen mitun-ter den Grafentitel, aber nur an
Auslnder, niemals an Inlnder, weil dies letztereverboten und
ungesetzlich war, auch die Grafentitelverleihungen fr Polen keine
Gltigkeithatten. Wenn also einem Niecki der Grafentitel verliehen
worden ist, so mu dieserNiecki ein Auslnder gewesen sein, was ein
umgekehrtes Bild der Tradition ergebenwrde.
16 Der polnische Adel und die demselben hinzugetretenen
anderslndischen Adelsfamilien. Ham-burg, Grand.
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Hans von Mller266
g) Neue Formen des Mythus im zwanzigsten Jahrhundert
a) Der polnische Sachverstndige der Frau Frster
Um das Jahr 1905 begann ein nationalpolnischer Schriftsteller
namens Ber-nard Scharlitt sich mit der Frage von Nietzsches
Herkunft zu beschftigen. Erwandte sich an Frau Frster und erfuhr
von ihr, wie er berichtet17, da Nietz-sches Ur-Urgrovater Christoph
Nietzsche im Jahre 1706 [!] pltzlich in Bibraaufgetaucht sei, da
jedoch kein Lied, kein Wanderbuch [!] meldet, woher erkam der
Fahrt, und da sein geheimnisvolles pltzliches Auftauchen in
Bibraein durch die auffallende Tatsache in ein noch greres Dunkel
gehllt werde,da von den seine zahlreichen Kinder betreffenden
Eintragungen im Kirchen-buche zu Bibra der Familienname der Mutter
Namens Margarethe Elisa-bethe konstant verschwiegen bleibt. Man
sieht, wie die einfachsten Vorgngeknstlich immer mehr in eine
mythische Beleuchtung a` la Lohengrin gercktwerden, um den Leser in
eine Stimmung zu versetzen, die ihm das Unwahr-scheinlichste
glaubhaft macht.
Scharlitt machte sich nun auf die Suche in den zahlreichen
genealogischenWerken der polnischen Literatur, mute aber in
Zernicki erkennen, da inkeinem derselben eine Familie mit dem
dreisilbigen Namen Niecki verzeichnetsei, ebenso wie er mit
Zernicki ehrlich erklrt, da es im ehemaligen Polenberhaupt keine
Grafen gegeben habe. Nun lag ihm persnlich natrlich gar-nichts
daran, irgend etwas von der dramatischen Nietzscheschen Tradition,
ins-besondere an Flucht nach Sachsen aus religisen oder aus
politischen Grnden,aufrecht zu erhalten; ihm lag nur daran,
Nietzsche fr die polnische Nation zureclamieren. Zu seiner Freude
fand er in dem polnischen Wappenbuch, das JohannNepomuk Bobrowicz
aus dem Nachla des Jesuiten Kaspar Niesiecki in polni-scher Sprache
herausgegeben hat18 eine kurze Notiz ber eine adlige Familiemit dem
zweisilbigen Namen Nicki aus der Wappengemeinschaft ,Radwan, diein
der 1793-1806 preuisch[?] gewesenen Wojewodschaft Plock gesessen
hatte;in einem Manuscript ber preuische Familien (d. h. Familien in
ehemals preui-schen Teilen Polens), auf das Niesiecki sich beruft,
wird unter dem Jahr 1632ein Gotard Nicki genannt. Daraus machte nun
Scharlitt, da dieser Gotard Nicki1632 aus Polen nach Preuen
ausgewandert, da Christoph Nietzsche ein Nach-komme von ihm und
1706 aus Preuen nach Sachsen gekommen sei.
Diese Neuigkeit teilte der Entdecker der Frau Frster mit und
legte eineCopie des Wappens Radwan bei. Frau Frster sah nunmehr
fast alles schwinden,was sie 1898 in der ,Zukunft noch verteidigt
hatte: dem Dauersugling GotthelfEngelbert folgte dessen Vater, der
Graf Nietzky, nach, und es war von keiner
17 Politisch-Anthropologische Revue, Jg. 5 (Nr. 1 = April 1906),
S. 39.18 Herbarz polski Kaspra Nisieckiego S. J., i wydany przez
Jana Nep. Bobrowicza (w Lipsku: nahl.
i. dr. Breitkopfa i Haertela), Tom. VI. (1841), S. 532
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Nietzsches Vorfahren 267
Flucht aus Polen, von keinen religisen und politischen Kmpfen
mehr dieRede, sondern lediglich von der Vertauschung des preuischen
Landesherrn mitdem schsischen. Aber mit der jugendfrischen
Elasticitt, die ihre Freunde, auchwenn sie selbst
wissenschaftlichen Hemmungen unterlagen, immer wieder anihr
bewundern muten, pate sie sich sofort der vllig vernderten Lage
an.Wie sie 1898 bezglich der Zeit der Einwanderung selbstlos die
Schuld aufsich genommen hatte, so schrieb sie Scharlitt jetzt
(wrtlich nach dessen Be-richt19):
da sie alle die polnische Herkunft der Nietzsches betreffenden
Aufzeichnungen ihresBruders, der Jahre hindurch mit der diese
Abstammung besagenden Familientraditionsich beschftigt hatte und
alle nheren Details genau kannte, noch einmal grndlich
durchforschtund zu ihrem nicht geringen Erstaunen konstatiert habe,
da Friedrich Nietzscheimmer ausdrcklich von einem polnischen
Adelsgeschlechte Namens Nicki spricht,wodurch die in der Biographie
angewandte Schreibweise Nietzky sich einzig undallein als ihr (der
Schwester Nietzsches) Verschulden darstelle.
(Mit Recht rechnete Frau Frster bei dieser Erklrung damit, da
kaum EinLeser sich noch der von Brandes 1894 verffentlichten Vita
erinnern wrde, in derNietzsche den Namen seiner Ahnen Niezky
schreibt, also ebenfalls mit einemTrema ber dem e.) Damit nicht
genug, machte sie dem neuen Freunde auchnoch die freudige
Mitteilung, im Nachla ihres Vaters habe sich ein Petschaftgefunden,
das genau dem ihr in Copie bersandten Wappen ,Radwan entspre-che.
(Man erinnert sich, da 1898 in Nietzsches Papieren ebenso umgehend
eineAufzeichnung mit dem von mir im Scherz genannten Wanderjahr
1706 gefundenwurde.)
Kein Wunder, da Scharlitt jubelnd erklrte, Nietzsches polnische
Abkunftin einer jeden Zweifel ausschlieenden Weise festgestellt zu
haben (wovonselbst dann der bis dahin skeptische Brandes ihm
beistimmte), und auf Grunddieser Entdeckung in einer Abhandlung
dartat, da sowohl die PersnlichkeitFriedrich Nietzsches, als auch
seine Weltanschauung im letzten Grunde unver-kennbar polnisches
Geprge zeigen und daher erst unter Bezugnahme auf diese Tatsa-che
richtig erfat werden knnen.
b) Resignation der Frau Frster im ,Jungen Nietzsche
Einige Leser dieses hurrapatriotischen Aufsatzes scheinen der
selbstlosenHilfsstellerin Zweifel daran geuert zu haben, ob es
Nietzsches Beliebtheit inDeutschland - und deren Frderung war doch
Lebensbedingung und Zweckihres Unternehmens - erhhe, wenn er mit
solchem Nachdruck als Pole anLeib und Seele proclamiert werde. Wir
sahen schon oben, wie solche Vorstellun-gen Dritter auf Frau Frster
wirkten. Sie wurde zum ersten Male unsicher. Als
19 a. a. O. S. 40.
-
Hans von Mller268
sie nun um 1911 daran ging, von neuem das Leben ihres Bruders zu
schreibenund zunchst den Jungen Nietzsche darzustellen, drckte sie
sich weit wenigerbestimmt aus20. Von Scharlitts gesamten
Errungenschaften bernahm sie nurdie Namensform Nicki, dementierte
sie aber sogleich durch den Zusatz, derName sei Nietzky [also
dreisilbig!] auszusprechen. Das Petschaft aus dem Nach-la des
Vaters verschwindet; das Taschenbuch mit dem Wanderjahre 1706
ver-schwindet; die vielen genealogischen Aufzeichnungen des
Bruders, die sie 1906durchgesehen haben wollten, verschwinden: sie
erklrt im Gegenteil, von dessenForschungsergebnissen nichts
Bestimmtes zu wissen, weil Papiere verlorengegan-gen seien.
(Vielleicht hatten Neugierige das Petschaft, das Taschenbuch und
dasgenealogische Convolut sehen wollen, und die Verwalterin des
Archivs wolltesich solchen Unbequemlichkeiten nicht weiter
aussetzen.) Sie begngt sich da-mit, den Mythus von 1895 zu
wiederholen, mit dem einzigen neuen Detail,da der Grafenstand von
August dem Starken stamme [wodurch es nun vollendsunbegreiflich
wird, da der neugebackene Graf unter demselben Herrscher inSachsen
seinen Stand nicht aufrecht erhalten konnte!] Sie schliet ihren
Berichtaber in zugegebener Ratlosigkeit mit den Worten: Leider
scheinen die Datennicht ganz zu stimmen; jedenfalls ist nichts
Bestimmtes zu sagen, da das erstesichere Datum ber den Urgrovater
[gemeint ist: Ur-Urgrovater] Nietzscheund seine Familie erst aus
dem Jahre 1709 stammt.
Von den beiden in diesem Abschnitt erwhnten Gestalten, die der
Mythusim zwanzigsten Jahrhundert angenommen hat, also der vllig
neuen 1906 vonScharlitt geschaffenen und der stark verblaten im
Jungen Nietzsche von 1911,habe ich erst jetzt Kenntnis erhalten.
Die Weiterentwicklung des Mythus hattemich bisher nicht
interessiert. Seit dem Bescheide des Herrn von Zernicki ausdem
Jahre 1900 war mir klar, da sachlich neu noch festzustellen
war,
1) wer Christoph Nietzsches deutsche Eltern und Schwiegereltern
waren,2) wie jener Mythus entstehen konnte.
ber beides kann ich jetzt offen reden, ohne meine alte
mtterliche Freundinin Weimar zu betrben, der ich trotz einigen
Miverstndnissen und Einwndenauf beiden Seiten bis zuletzt kindliche
Liebe und Dankbarkeit bewahrt habe undber das Grab hinaus
bewahre.
h) Kirchenbuchforschungen im zwanzigsten Jahrhundert
a) nach Christoph Nietzsches Ehefrauen und Schwiegereltern in
Thringen
Obgleich Herr Dr. Schulze mir unterm 16. Februar 1898 mitgeteilt
hatte,da von den Paten der Kinder des Christoph Nietzsche keiner
als Verwandter
20 Stuttgart, Krner, 1912 (Vorwort vom Januar 1912).
-
Nietzsches Vorfahren 269
bezeichnet sei, so lag mir doch daran, zu wissen, ob eine
Familie wiederholt unterden Paten erscheine, da als dann zu
vermuten war, da es sich um die Familieder Frau handle. Ich bat
Herrn Dr. Schulze also am 8. Dezember 1900, mirsmtliche Paten der
zehn Kinder zu nennen.
Der Brief blieb in Bibra whrend der Advents- und Festzeit
liegen. Am 15.Jan. 1901 sandte mir jedoch Dr. Schulze die
vollstndige Liste der Paten; beideren Aussuchung hatte sich ein
1898 bersehenes elftes Kind, dem Alter nachdas fnfte, gefunden. Im
brigen bemerkt Dr. Schulze jedoch: Die Patennamengewhren, wie Sie
sehen werden, nicht den von Ihnen gewnschten Anhalt.
Ich war anderer Meinung: es ergab sich, da bei den beiden
ltesten KindernTchter des Amtsschssers Bttner in Eckartsberga Pate
gestanden haben, wh-rend bei drei jngeren Kindern der
Hofbuchdrucker Schnermark in Sondershausenund die Seinigen als
Paten auftraten. Zu einer der beiden Familien gehrte alsovermutlich
Christoph Nietzsches Frau Margarete Elisabeth.
Da Bttners Tchter gleich bei den beiden ersten Kindern als Paten
auftreten,so war ich geneigt, in ihm den Schwiegervater Christoph
Nietzsches zu sehen;ich bat also Herrn Dr. Schulze, mir die Adresse
des Pfarrers zu Eckartsbergazu nennen, um diesen um den Traueintrag
Nietzsche-Bttner zu bitten. Dr.Schulze nannte mir den Pfarrer
unterm 17. Januar 1901, aber mit dem verhng-nisvollen Zusatz: Ich
glaube indes, da der p. Bttner nur in freundschaftlichenBeziehungen
zu Nietzsche gestanden hat. Eher fhren die Spuren nach
Sonders-hausen. Einen Grund fr diese Vermutung gab er nicht. Ein
Mitrauischer knnteannehmen, da das Nietzsche-Archiv sich nach dem
Erscheinen meines Artikels,in dem Dr. Schulze als Gewhrsmann
genannt war, an ihn gewendet und ihnbeschworen habe, mich von der
richtigen Spur abzulenken; doch traue ich demberaus liebenswrdigen
und dienstbereiten Manne eine beabsichtigte Irrefh-rung nicht
zu.
Wie dem nun sei, ich lie mich ins Bockshorn jagen, verzichtete
auf dieAnfrage in Eckartsberga und lie in dem registerlosen
Sondershuser Traubuchvon 1692-1709 die Verbindung
Nietzsche-Schnermark suchen: die Antwort,vom 4. Februar, war
negativ. (Ich beichte das hier wiederum, um angehendeGenealogen vor
den Fehlern zu warnen, die ich begangen habe.)
Etwa im folgenden Jahre (1902) erhielt ich von dem
ausgezeichneten Genea-logen Dr. Walther Grbner, einem persnlichen
Schler von Ottokar Lorenz,den ich im Winterhalbjahr 1899/1900 im
Verein ,Herold kennen gelernt hatteund mit dem ich seitdem eng
befreundet war, einen Auszug aus dem selbenTrauregister von
Eckartsberga, von dem Dr. Schulze mich ferngehalten hatte.Grbners
Auszug betraf die Doppelhochzeit, die der Amtsschsser Bttner am22.
November 1707 seinen beiden lteren Tchtern ausgerichtet hat. Der
Eintragber die zweite Trauung lautet:
-
Hans von Mller270
1707 am 20. u. 21. u. 22. [Sonntage] p[ost] Trin[itatis, d.i. am
6., 13. und 20. Novem-ber] sind proclamiret u. am Dienstag nach
[dem] 22. [Sonntage] p[ost] Trin[itatis, alsoam 22. November]
getraut:
Tit. Herr Christoph Nitzsche, N. P. C. und Jur. Practicus,
Christoph Nietzschens,Brger u. Fleischhauer in Burckau in der
Oberlausitz, eh[eleiblicher] Sohn, juvenis [d.i.Junggesell],
u. J[ungfer] Johanna Christiana, abgedachten Herrn Johann
Dietrich Bttnereh[eleibliche] lteste Tochter.
(Nitzsche wird der Name auch noch 1739 in den Acten der
Acciseverwal-tung geschrieben.) Ich wute damals die Notiz nicht
gengend zu wrdigen, daich in dem Vorurteil befangen war, da
Gotthelf Engelbert Nietzsches MutterMargarete Elisabeth geheien
habe. Da ich auerdem entschlossen war, in abseh-barer Zeit nichts
mehr in der Sache zu verffentlichen, sah ich von weiterenSchritten
ab.
Ein Menschenalter spter ist der Eintrag, unabhngig von Grbner,
nocheinmal von Herrn Erich Wasmansdorff gefunden worden; doch hat
dieser resp.sein Gewhrsmann die abgekrzten Standesbezeichnungen fr
Christoph Nietz-sche falsch gelesen (P. C. u. d. M. Practicus) und
daher ganz abwegig vermu-tungsweise ergnzt in Publicus Chirurgus
und den Medizin Practicus. Als ich vonseiner Verffentlichung21
Kenntnis erhielt, berichtigte ich am 2. April 1934brieflich seine
Angabe dahin, da im Kirchenbuch von Eckartsberga nicht d.M.
Practicus, sondern Jur. Practicus zu lesen sei, was ja fr einen
Accisebeamtenvortrefflich passen wrde; mit Unrecht setzte ich aber
hinzu, da Gotthelf En-gelberts Mutter Margarethe Elisabeth heie, da
also der in Eckartsberga miteiner Johanna Christiana getraute
Christoph Nietzsche aus Burkau nicht mitChristoph Nietzsche in
Bibra identisch sein knne.
Das wunderliche Zusammentreffen zweier Juristen Christoph
Nietzsche imBannkreis der Familie Bttner zu Eckartsberga lie mir
aber auf die Dauer keineRuhe; und ehe zwlf Monate vergangen waren,
wute ich, da Grbner undWasmansdorff doch Recht hatten. Ich sah mir
die elf Bibraer Taufeintrge ausden Jahren 1710-1734 noch einmal
genauer an, und dabei ergab sich einescharfe Teilung dieser 25
Jahre in drei Perioden:
I. In den ersten fnf Bibraer Jahren sind dem Christoph Nietzsche
nur zweiKinder geboren. Damals stand ihm und seiner Gattin die
Familie des AmtsschssersJohann Dietrich Bttner zu Eckartsberga am
nchsten; denn beim ersten Kind (1710)erscheint dessen dritte
Tochter, beim zweiten Kinde, Nietzsches UrgrovaterGotthelf
Engelbert, (1714) die jngste Tochter als Patin.
II. In den fnf Jahren zwischen Februar 1714 und Februar 1719 ist
dem Chri-stoph Nietzsche kein Kind geboren.
21 in einer Ahnentafel Nietzsches, die er seiner kleinen Schrift
,Die Ahnentafel. Wege zu ihrerAufstellung (Grlitz, Starke, 1933)
auf S. 8/9 einverleibt hat.
-
Nietzsches Vorfahren 271
III. Vom Februar 1719 bis zum Mai 1734 entfaltet dagegen das
Haus Nietzscheeine erstaunliche Fruchtbarkeit: in diesen 1514
Jahren werden neun Kinder gebo-ren, durchschnittlich alle zwanzig
Monate eines. Und diesem radicalen Um-schwung im Tempo der
Fortpflanzung entspricht ein ebenso radicaler Wechselim Personal
der Paten. An die Stelle der Familie des Amtsschssers Bttner
inEckartsberga tritt die des Hofbuchdruckers Ludwig Heinrich
Schnermark zu Sonders-hausen: gleich bei Christophs drittem Kind
(1719) steht Schnermark selbst,beim vierten Kinde (1721) dessen
Gattin Paten beim siebenten (1726) der Buch-drucker Wolf Heinrich
Schnermark in Leipzig.
Daraus war mit hchster Wahrscheinlichkeit Folgendes zu
schlieen:
1) Christoph Nietzsches Kinder stammen aus zwei Ehen;2) die
Mutter der beiden ltesten Kinder war eine Tochter (und zwar eine
der
beiden lteren Tchter) des Amtsschssers Bttner in Eckartsberga;3)
die Mutter der neun jngeren Kinder war eine Tochter des
Hofbuchdruckers
Schnermark in Sondershausen.Am 29. Mrz 1935 fragte ich also in
Sondershausen an, ob im Trauregister
(nicht der vor 34 Jahren vergeblich durchgesehenen Jahre
1692-1709, sondern)der Jahre 1714-1718 die Trauung einer Margarete
Elisabeth Schnermark mitChristoph Nietzsche in Bibra verzeichnet
sei. Schon am folgenden Tage copierteder Pfarrer Zahn in
Sondershausen buchstabengetreu den folgenden Eintrag ausdem Jahre
1717, der zugleich die im Trauregister in Eckartsberga
abgekrztenStandesbezeichnungen ergnzt:
16. Novemb. zu Biebra copuliret:[Herr Christoph Nietzsch [/e],
ein Wittber, Juris Practicus und Notarius Publicus Caesa-
reus, wie auch Knigl. Pohlnischer und Chur- auch Hochfrstl.
Schs. Weienfelsischerwohlbestallter Accis-Inspector zu Biebra,
und Jungfer Margretha Elisabetha Schnermarckin, Herrn Ludwig
Heinrich Schner-marcks, Hochfrstl. Schwartzburg, wohlbestallten
Hofbuchdruckers alhier Eheleib-liche Tochter.
Christoph Nietzsche ist eine zweite Ehe also fast auf den Tag
genau zehnJahre nach der ersten eingegangen.
Der Pfarrer Zahn teilte mir bei dieser Gelegenheit freundlichst
unaufgefor-dert mit, da die lebenskrftige zweite Frau des Christoph
Nietzsche am 3. Mai1693 in Sondershausen getauft ist. Lange vor
diesen Ermittlungen, im April1901, hatte ich bei einem Aufenthalt
in Bibra aus dem dortigen Trauregisterpersnlich festgestellt, da
sie vier Jahre nach dem Tode ihres Gatten, am 3.Febr. 1743, zu
einer zweiten Ehe geschritten ist, indem sie einen anderen
Chri-stoph in Bibra, den Rector Zimmermann, heiratete; sie stand
damals also im fnf-zigsten, ihr jngstes Kind erst im neunten
Lebensjahre. Ihr neuer Mann war jaaber berufsmig an den Umgang mit
Kindern gewhnt.
-
Hans von Mller272
b) nach Christoph Nietzsches Eltern und Grovtern in der
Lausitz
Der Sondershuser Auszug beseitigt allerdings die letzten
etwaigen leisenZweifel an der Identitt des Accise-Inspectors zu
Bibra mit dem Sohne desBurkauer Fleischhauers. brigens griff man
wohl immer noch etwas zu hoch,als man dem Pfarrer zu Eckartsberga
die Personalien des abwesenden VatersNietzsche angab. Da dieser
Fleischhauer war, ist nicht zu bezweifeln - umso weniger, als eine
ganze Reihe seiner Bibraer Nachkommen genau das selbeHandwerk
betrieb, whrend andere, mehr kaufmnnische veranlagte, sich wiedie
Eltern von Goethes Vater dem Gasthofsgewerbe zuwandten. (Ich
stellte dasbei dem eben erwhnten Aufenthalt in Bibra im April 1901
fest; natrlichwohnte ich damals im Gasthof zum weien Ro, der ein
halbes Jahrhundert hin-durch im Besitz der Familie Nietzsche
gewesen war.) Ob Christoph I aber auchMeister und gar Brger war, mu
auf das strkste bezweifelt werden: Denn Bur-kau ist ein Dorf.
(Seine drei Teile, Ober-, Mittel- und Nieder-Burkau, ziehensich von
Westen nach Osten lang hin zu beiden Seiten der Schwarzen
Elster,die in unmittelbarer Nhe am Sibyllenstein entspringt. Der
Ort gehrt zur Amts-hauptmannschaft Bautzen, hat jetzt gut
zweitausend Einwohner und ist auf derKarte leicht zu finden an der
Eisenbahnlinie Kamenz-Bischofswerda.)
Grbner hat sich brigens seinerzeit nicht mit dem Trau-Eintrag
aus Eckarts-berga begngt, sondern auch in Burkau angefragt. Er
erhielt den Bescheid, dadas dortige Taufbuch sehr unregelmig gefhrt
ist und da es unter den Ge-tauften mit vielen anderen auch
Christoph II. Nietzsche nicht verzeichnet. Da-gegen finden sich die
Taufen seines Vaters, Christophs I., und zweier Schwestern;die
Eintrge lauten (unter Weglassung der Paten):
Den 15. May 1662 ist Matthe Niezschen ein Sohn getaufft und
Christoph genennetworden
Den 14. July 1686 ist Christoph [I.] Niezschen eine Tochter
getaufft und Annagenennet worden; die Mutter ist Anna, Han Grners
eheleibliche Tochter
Den 17. February 1692 ist Christoph [I.] Nietzschen, Hulern,
eine Tochter ge-taufft und Regina genennet worden; die Mutter ist
Anna, Han Grners, gewes(enen)Leinwebers, ehl. Tochter
Als Husler (Ktner, Bdner, Kosst), wird zum Unterschied vom
Hufner,Doppelhufner usw. ein Dorfbewohner bezeichnet, der ein Haus,
aber keinenAcker besitzt und somit darauf angewiesen ist, fr seinen
Lebensunterhalt einGewerbe zu betreiben oder gegen Tagelohn zu
arbeiten.
Mit Matthe Nietzsche zu Burkau und dem Leinweber Hans Grner
ebendasind die beiden Grovter Christophs II. Nietzsche ermittelt,
also zwei Urgrov-ter von Friedrich Nietzsches Urgrovater Gotthelf
Engelbert, beide whrend desDreiigjhrigen Krieges geboren: damit
drfte billigen Anforderungen an dieGenealogie gengt sein. Friedrich
Nietzsches Familie stammt wie die des ihmgeistesverwandten Lessing
von Lausitzer Wenden (Sorben) ab: Nyc (gesprochen
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Nietzsches Vorfahren 273
Nitsch) ist die wendische Kurzform des Namens Nicolaus, im
Genitiv undAccusativ lautet sie Nyca (gesprochen Nitscha)22: daher
der Wechsel zwischenNitzsch (Nietzsche, Niez(ch) und Nitzsche
(Nietzsche, Niezsche). Die Familiehat sich aber frh germanisiert
und dauernd mit deutschen Familien versippt:zu den Oehler und
Krause, die dem Philosophen 1882 und 1883 nach dessenbestimmter
Versicherung allein als deutsche Ahnen bekannt waren, kommen,wie
wir sahen, mindestens noch die Herold, Bttner und Grner. Tatsache
istNietzsche also so gut wie rein deutschen Blutes.
i) Die Entstehung des Mythus
An der Nietzscheschen Familientradition ist, wie wir gesehen
haben, dasrichtig, da Christoph Nietzsche weit von Osten her aus
halbslavischen LandesteilenAugusts des Starken als Fremdling ins
Thringische gekommen ist. Die Verhltnisse derengeren und der
weiteren Familie Nietzsche in Burkau waren, wie hier nurangedeutet
werden mag, von der Art, da es dem jungen Manne nur zur
Ehregereicht, wenn er so frh wie mglich die Heimat verlie; ebenso
wie es ihmnicht zu verdenken ist, wenn er sich ber seine Verwandten
anderen Leuten alsdem Pfarrer gegenber in Stillschweigen hllte. Das
hat mglicherweise schonzu seinen Lebzeiten zu schmeichelhaften
Vermutungen a` la Lohengrin Anlagegeben, die dann nach seinem Tode
und namentlich nach dem seines langlebi-gen Sohnes Gotthelf
Engelbert (1894) ppig fortwucherten. Offenbar hat mandiesen
confundiert mit zwei bekannten Altersgenossen. Der eine ist der
nicht allzu-weit von Bibra, nmlich in Halle, wirkende ordentliche
Professor der Medicin,Adam Nietzki (1714-1780) aus einer noch heute
in Ostpreuen blhenden undangesehenen, ursprnglich polnischen
Familie, der andere der Oberste Landesrich-ter des Knigreichs
Ungarn, Christoph Niczky, dessen dem magyarischen Uradelangehrende
Familie nach dem Gute Niczk im Comitat Eisenberg heit und1765 von
der Kaiserin Maria Theresia in den Grafenstand erhoben wurde.
Jenergab den Namen Nietzki, dieser den Adel an die allmhlich
verdmmernde Ge-stalt des uralten Gotthelf Engelbert ab. Dagegen
drfte die wilde Geschichte vondem dreijhrigen Herumzigeuneren von
dessen Eltern und der ditetischen Ur-sache seines langen Lebens
erst von den Schwestern oder Halbschwestern vonNietzsches Vater
ausgeheckt sein: nach mndlicher Mitteilung von Peter Gast,der sich
bekanntlich privatim gern von seinem Apostelpathos erholte,
warendiese bejahrten Jungfrauen in dem Mae wunderlich, da schon
daraus auf einegewisse erbliche Belastung bei Nietzsche zu schlieen
sei.
22 S. Ernst Muckes Wrterbuch der nieder-wendischen Sprache und
ihrer Dialekte (Prag), III(Namen; 1928), S. 79.
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Hans von Mller274
Wunderlicher als die Entstehung dieser Tantenphantasien und ihre
bertra-gung auf die kindlichen Gemter des Neffen und der Nichte mag
es erscheinen,da ein so erbarmungslos kritischer Geist wie
Nietzsche bis zuletzt mit Begeiste-rung an ihnen festgehalten hat.
Jedem Genealogen ist es jedoch bekannt, da dieSkepsis auch des
kritischsten deutschen Philosophen halt zu machen pflegt voreiner
Familientradition, die ihm eine Abkunft aus romantischer Ferne (und
dieFerne ist immer romantisch) vorgaukelt: Kant wollte von
Schotten, Schopen-hauer von Hollndern und Dhring von Schweden
abstammen. Warum solltees da Nietzsche nicht mit der bisher nicht
in Anspruch genommenen tapferenund begabten polnischen Nation
versuchen?
Das Ergebnis Hans von Mllers
MATTHESZ NIEZSCHE
CHRISTOPH NITZSCHE [I.] (Taufe am 15. 5. 1662), Huler, Brger u.
Fleisch-hauer in Bur(c)kau in der Oberlausitz + ANNA GRNER Tochter
Han Grners,Leinweber zu Burkau.
CHRISTOPH NITZSCHE [II.] (seit 30. 10. 1709 in Bibra
nachweisbar, gest. am5. 1. 1739 zu Bibra), Juris Practicus und
Notarius Publicus Caesareus, wie auchKnigl. Pohlnischer und Chur-
auch Hochfrstl. Schs. Weienfelsischer wohl-bestallter
Accis-Inspector zu Biebra.
Anna (Taufe am 14. 7. 1686)Regina (Taufe am 17. 2. 1692)
in erster Ehe + Johanna Christiana Bttner, Tochter des
Amtsschssers JohannDietrich Bttner zu Eckartsberga (Trauung am 22.
11. 1707 zu Eckartsberga).
Christiane Friederike (26. 1. 1710-17. 4. 1782), Trauung mit
Michael Hein-rich Fressel, dem Rektor der Thomasschule in Erfurt
1740.
GOTTHELF ENGELBERT (Bibra 26. 2. 1714 - ebd. 21. 9. 1804), 1739
Nachfolgerseines Vaters als Accise-Inspector.
in zweiter Ehe + Margretha Elisabetha Schnermarckin (Taufe am 3.
5.1693 zu Sondershausen, gest. am 3. 2. 1743), Herrn Ludwig
Heinrich Schner-marcks, Hochfrstl. Schwartzburg, wohlbestallten
Hofbuchdruckers
Dorothea Maria Katharina geb. 22. 2. 1719Sabina Juliana geb. 5.
1. 1721Johann Christoph geb. 24. 11. 1724Christoph Friedrich geb.
7. 4. 1726
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Nietzsches Vorfahren 275
Johann August geb. 23. 10. 1728Charlotte Wilhelmine geb. 8. 6.
1730Sabine Luise geb. 1. 8. 1732Johann Friedrich geb. 24. 5.
1734
in erster Ehe + Johanne Amalie Herold, Tochter des verstorbenen
Pa-stors Herold zu Reinsdorf b. Artern (Reinsdorf 10. 11.
1717-Bibra17. 9. 1770, Trauung am 19. 7. 1740)
Johanne Christiane Karoline geb. 22. 6. 1741August Konstantin
geb. 14. 10. 1743, frh gestorbenLuise Juliane Augustine geb. 27. 3.
1746Christoph Gotthelf Lebrecht geb. 6. 1. 1748Luise Ernestine
Wilhelmine geb. 6. 12. 1750Karl Christian Sigismund geb. 20. 8.
1753
FRIEDRICH AUGUST LUDWIG (Bibra 29. 1. 1756-Eilenburg 16. 3.
1826), Super-intendent zu Eilenburg.
Konstans Gotthold Engelbert geb. 15. 1. 1759, frh gestorben
in erster Ehe + Johanne Friederike Richter, Trauung am 6. 7.
1784 zu Bibra, diejngste Tochter des verstorbenen Gerichts-Aktuars
Gottfried Salomon Richterzu Gosak.
in zweiter Ehe + ERDMUTHE DOROTHEE KRAUSE (Reichenbach 11.
12.1778-Naumburg a. d. Saale 3. 4. 1865, Trauung 9. 10. 1809 zu
Naumburg),Tochter des Archdiakonus zu Reichenbach Christian
Friedrich Krau(/se)
KARL AUGUST NIETZSCHE (Eilenburg 10. 10. 1813-Rcken b. Ltzen 28.
7.1849), Prinzessinerzieher zu Altenburg, Pfarrer in Rcken. +
FRANZISKA ERNE-STINE ROSAURA OEHLER (Pobles 2. 2. 1826-Naumburg 20.
4. 1897, Trauung zuPobles am 10. 10. 1843), Tochter des Pfarrers zu
Pobles b. Weienfels DavidErnst Oehler.
FRIEDRICH WILHELM NIETZSCHE (Rcken b. Ltzen 15. 10.
1844-Weimar25. 8. 1900)THERESE ELISABETH ALEXANDRA (Rcken b. Ltzen
10. 7. 1846-Weimar 8. 11.1935)JOSEPH NIETZSCHE (Rcken 27. 2.
1848-4. 1. 1850).