Gutachten zur Qualitätssicherung der von der Fraport AG im Jahr 2014 vorgelegten Verkehrsprognosen Gutachten im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Wiesbaden Gutachter: Prof. Dr. Ulrich Desel Prof. Dr. Karsten Leibold Endfassung Vertraulich Bad Honnef, im Februar 2015
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Gutachten zur Qualitätssicherung
der von der Fraport AG
im Jahr 2014 vorgelegten
Verkehrsprognosen
Gutachten im Auftrag des Hessischen Ministeriums für
Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Wiesbaden
Gutachter:
Prof. Dr. Ulrich Desel
Prof. Dr. Karsten Leibold
Endfassung
Vertraulich
Bad Honnef, im Februar 2015
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Abbildung 2.4: Veränderung der weltweiten Passagierkilometer versus globalen BIP [13]
Man kann sogar feststellen, dass die Anzahl der weltweit transportierten Passagiere
tendenziell stärker wächst, als das weltweite Bruttoinlandsprodukt. Allerdings gilt
dieser Zusammenhang auch durchaus in umgekehrter Richtung. Im Fall von
wirtschaftlichen Krisen schlägt die negative Entwicklung deutlich schneller auf den
Luftverkehr durch.
Aufgrund der sich öffnenden Volkswirtschaften im Bereich Asien/Pazifik, dem
stattfindenden Wachstum in den dortigen Schwellenländern, der Entwicklung der
globalen Bevölkerung, als auch den zunehmenden internationalen
Wirtschaftsbeziehungen spricht alles für ein anhaltendes Wachstum der Weltwirtschaft
und damit einhergehend ein weiterer Anstieg nach benötigten Transportleistungen im
Luftverkehr. Ein Anstieg der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führt in den
Schwellenländern noch zusätzlich zu dem Effekt, dass begleitend mit
Einkommenszuwächsen auch die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung steigen
werden. Prognosen von Boeing und Airbus bestätigen diesen Trend und sehen ein
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überproportionalen Wachstum des Luftverkehrs vor allem in den Regionen
Lateinamerika, Asien-Pazifik, Afrika und Naher Osten.
Abbildung 2.5: Jährliche Wachstumsraten der Passagierströme [14]
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Passagierströme
Insgesamt verteilt sich das aus einer steigenden Nachfrage resultierende
Passagieraufkommen zum einen auf Originäreinsteigerverkehre, zum anderen auf
Umsteigeverkehre1. Gerade die Gruppe der Umsteigepassagiere ist eine wesentliche
Zielgruppe des wirtschaftlichen Erfolgs des Frankfurter Flughafens. Im Jahr 2012
beispielsweise betrug der Anteil, der in Frankfurt umsteigenden Passagiere 55% des
gesamten Passagieraufkommens2, womit der Frankfurter Flughafen zu den
leistungsstärksten Umsteigeflughäfen Europas gehört.
Dabei ist diese Rolle Frankfurts keinesfalls zufällig und die Fokussierung auf
Umsteigeverkehre ist ein wesentlicher wie auch notwendiger Bestandteil der
Standortpolitik. Der Grund hierfür ist das vergleichsweise kleine Einzugsgebiet des
Frankfurter Flughafens aus dem heraus die Menge der Originäreinsteiger nicht groß
genug ist, um speziell Langstreckenflüge mit einer hohen Auslastung regelmäßig
anzubieten. Um dennoch der lokalen Bevölkerung nonstop
Langstreckenverbindungen anbieten zu können, müssen zusätzlich
Umsteigepassagiere attrahiert werden, die auf der Reise von ihrem Start- zu ihrem
Zielort den Frankfurter Flughafen als Umsteigepunkt wählen. Auf diese Art und Weise
ist durch das Zusammenspiel der Fraport AG als auch der Lufthansa AG ein
hochgradig synergetisches Drehkreuz entstanden, das nicht nur den Anforderungen
der lokalen Bevölkerung nach Mobilität Rechnung trägt. Durch die polyzentrale
Wirtschafts- und Siedlungsstruktur verfügt Deutschland generell über eine breit
aufgestellte Luftverkehrsinfrastruktur mit vielen internationalen Flughäfen. Aufgrund
1 Originäreinsteiger sind diejenigen Passagiere, die am betrachteten Flughafen ihre Reise beginnen. Während des Reiseverlaufs dieser Passagiere können sie zu Umsteigern werden, wenn sie nicht nonstop zwischen ihrem Start- und Zielort reisen, sondern an mindestens einen weiteren Flughafen umsteigen. 2 In den Statistiken von Flughäfen werden umsteigende Passagiere doppelt gezählt, das erste Mal bei ihrer Ankunft und das zweite Mal beim Abflug.
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fehlender Langstreckenverbindungen an den meisten dieser Flughäfen erfordert diese
Struktur aber eine Bündelung der Umsteigeverkehre an Hub-Flughäfen, um
internationale Verkehre anbieten zu können. Somit erfüllen die Flughäfen in Frankfurt
und München eine wichtige Funktion, um die Fläche Deutschlands an den Rest der
Welt anzubinden [21].
Abbildung 2.6: Einwohnerzahl (in Mio.) ausgewählter Ballungsräume im Jahr 2012 [14]
Die Bündelung von Passagieren an Umsteigedrehkreuzen ist ein Phänomen, das sich
weltweit beobachten lässt. Im Jahr 2013 nutzten mehr als ein Fünftel aller Fluggäste
einen der 25 größten Flughäfen der Welt [15]. Im internationalen Vergleich belegt
Frankfurt, gemessen an der Passagierzahl, im Jahr 2013 den 12. Platz und ist somit
nach London Heathrow und Paris Charles de Gaulle der drittgrößte europäische
Flughafen.
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Abbildung 2.7: Passagiere (Mio.) an internationalen Flughäfen 2013 [15]
Es ist wenig überraschend, dass an jedem der großen Hub-Standorte mindestens eine
große Fluggesellschaft beheimatet ist. Betrachtet man die weltweit größten
Fluggesellschaften, gemessen an verkauften Passagierkilometern, so finden sich im
Jahr 2013 unter den Top 10 insgesamt 4 amerikanische, 3 europäische, 2 asiatische
und eine Fluggesellschaft aus dem Nahen Osten. Lufthansa belegt in dieser Rangfolge
den 6. Platz.
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Abbildung 2.8: Top 10 Fluggesellschaft im Jahr 2013 nach verkauften Passagier-kilometern [16]
Die beiden letzten Schaubilder demonstrieren für den Standort Frankfurt, wie stark die
Symbiose zwischen Flughafen und Fluggesellschaften sein kann, wenn das Angebot
der Fluggesellschaften auf genügend Kapazität von Seiten des Flughafens trifft. Die
hohe Leistungsfähigkeit der Standortes Frankfurt, gerade bei der Generierung von
Umsteigeverkehren, macht ihn aber auch gleichzeitig sehr leicht verwundbar. Gerade
Umsteigeverkehre können international sehr einfach andere Wege nehmen, wenn die
für deren Abwicklung benötigen operative, regulative und infrastrukturelle
Voraussetzungen nicht mehr vorhanden sind. Bei fehlender Kapazität leidet darunter
zwangsläufig die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes, weshalb Investitionsvorhaben
so geplant werden sollten, dass sie ohne das Entstehen von Kapazitätsengpässen
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umgesetzt werden können. Da in Deutschland Planungs- und Genehmigungsprozesse
oft langwieriger und komplexer sind als zum Beispiel in Ländern Asiens und des Nahen
Ostens, ist es von entscheidender Wichtigkeit, dass die Notwendigkeit für den Ausbau
der Infrastruktur rechtzeitig erkannt wird, um den zeit- und bedarfsgerechten Ausbau
sicherzustellen. Der Infrastrukturpolitik kommt somit eine hohe Verantwortung für die
Kapazitätsentwicklung der Luftverkehrsinfrastruktur zu.
Marktentwicklung
Trotz des insgesamt kontinuierlichen Wachstums ist die Luftverkehrsindustrie eine
sehr zyklische Branche mit wiederkehrenden Krisen im Zeitverlauf. Diese
konjunkturellen, teilweise heftigen, Abkühlungen werden häufig durch das Preisniveau
des Ölpreises verstärkt, der zu einer schwer kalkulierbaren Einflussgröße auf die
Gesamtkosten geworden ist. Aufgrund der Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen
sind Nachfrageeinbrüche auch nicht mehr alleine regional beschränkt, sondern treten
simultan global auf. Einem solchen globalen Nachfrageeinbruch steht dann auch noch
häufig der so genannte Schweinezyklus bei der Bestellung neuer Flugzeuge
gegenüber. Flugzeuge werden häufig während konjunktureller Boom-Zeiten bestellt,
wobei die Auslieferung oft zu Zeiten erfolgt, wenn die Konjunktur am Boden ist und die
konjunkturelle Abwärtsbewegung auf Seiten der Fluggesellschaft aufgrund
vorhandener Überkapazität noch einmal beschleunigt wird.
Aufgrund der gerade seit der Jahrtausendwende sehr hohen Frequenz von Krisen
reagieren viele Fluggesellschaften mittlerweile wesentlich deutlicher und energischer
auf sich abzeichnende wirtschaftliche Abkühlungen und nehmen Kapazität aus dem
Markt. Viele Fluggesellschaften sind seit der Jahrtausendwende aber auch schon vom
Markt verschwunden oder wurden übernommen. Obwohl das Thema Konsolidierung
aufgrund der Regelungen für Verkehrsrechte im Luftverkehr nicht so einfach
umzusetzen ist, wie in anderen Industrien, bleibt der Handlungsdruck, gerade für
europäische Fluggesellschaften, entsprechend hoch, um sich aus einer
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wettbewerblich aktuell eher misslichen Lage im Vergleich zu Fluggesellschaften aus
den USA und dem Nahen Osten zu befreien. Die Gründe hierfür sind zahlreich:
Der europäische Luftverkehrsmarkt ist nach wie vor sehr fragmentiert. Aufgrund
von Fusionen sind zum Beispiel auf dem US amerikanischen Markt nur noch
drei große Fluggesellschaften übrig geblieben, die zudem alle ein
Insolvenzverfahren nach Chapter 11 zur internen Sanierung genutzt haben.
Die standortspezifischen Kosten der etablierten und über die letzten Jahrzehnte
gewachsenen europäischen Fluggesellschaften sind im internationalen
Vergleich tendenziell zu hoch.
Die Fluggesellschaften aus der Golf Region verfolgen einen expansiven
Wachstumskurs und werden vielfach als eine strategische Schlüsselindustrie
für wirtschaftliches Wachstum eingesetzt.
Steuern und Abgaben in Europa belasten die europäischen Fluggesellschaften
überproportional.
Die Nachfrage in Europa wächst tendenziell langsamer als im Rest der Welt.
An den meisten europäischen Hubs gibt es Nachtflugbeschränkungen, die in
Deutschland sogar besonders restriktiv sind.
Während der Ausbau von Luftverkehrsinfrastruktur in Europa nur sehr langsam
erfolgt, werden Planungs- und Genehmigungsverfahren im Bereich des Nahen
Ostens, Asiens und der Türkei deutlich schneller und kostengünstiger realisiert.
Trotz dieser nicht unerheblichen Herausforderungen für europäische
Fluggesellschaften ist speziell das deutsche Luftverkehrssystem aus heutiger Sicht
immer noch wettbewerbsfähig aufgestellt. Die beiden großen deutschen
Fluggesellschaften durchlaufen gerade Spar- bzw. Sanierungsprogramme, um sich
den Herausforderungen des Wettbewerbs zu stellen und die beiden Hubs in Frankfurt
und München gehören immer noch zu den leistungsfähigsten Drehkreuzen in Europa.
Aufgrund der globalen Bedrohungen sollte speziell den deutschen Standorten durch
eine wegweisende Wettbewerbs- und Standortpolitik die Chance gegeben werden,
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sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Aufgrund der Größe des
Originärmarktes, als auch aufgrund des voraussichtlich unterproportionalen
Wachstums der Originärverkehre, muss der Standort Frankfurt als zweite wichtige
Säule des Wachstums auch zukünftig auf die Attrahierung von Umsteigeverkehren
setzen, wenn die Angebotsvielfalt und damit die Angebotsqualität für den
Wirtschaftstandort Rhein-Main aufrechterhalten werden soll.
Der Wettbewerb um Umsteigepassagiere wird maßgeblich durch zwei Dinge
charakterisiert:
Der Wettbewerb für Umsteigepassagiere ist deutlich intensiver als für
Originärpassagiere und lässt sich als Wettbewerb um Zeitvorteile
charakterisieren.
Die Zahlungsbereitschaft für eine Umsteigeverbindung ist aus Passagiersicht
typischerweise geringer als für Nonstop-Flüge und erhöht somit den
Bei der Delphi Methode werden für das vorherzusagende Ereignis die
Meinungen unterschiedlicher Experten eingeholt. Die Ergebnisse werden
ausgewertet und den Experten zur erneuten Beurteilung vorgelegt. Dieser
Prozess wird mehrfach iterativ durchlaufen, bis entweder ein Konsens
hergestellt ist oder alternativ der Prozess für beendet erklärt wird.
Jury of Executive Opinion
Bei dieser Methode entscheidet eine Gruppe von Top-Managern oder
Vorstandsmitgliedern über die Entwicklung des Ereignisses, das
vorherzusagen ist.
Sales Force Composite
Bei einem Sales Force Composite werden Vertriebsleiter gebeten,
Abschätzungen über die Entwicklung ihrer Vertriebsregion abzugeben. Diese
individuellen Abschätzungen werden aggregiert und zu einer
Gesamtvorhersage zusammengefasst.
Szenario-Prognosen
Bei einer Szenario-Prognose werden zuerst unterschiedliche Faktoren
identifiziert, die Einfluss auf das vorher zusagende Ereignis haben.
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Anschließend werden Annahmen über die Ausprägungsmöglichkeiten dieser
Faktoren getroffen und daraus die relevanten Szenarioverläufe abgeleitet.
Markt-/Kundenbefragungen
Eine Markt-/Kundenbefragung ist ein klassisches Instrument der
Marktforschung. Durch Befragung der relevanten Zielgruppe wird versucht,
Informationen über das Kaufverhalten oder die Akzeptanz neuer Produkte zu
erlangen.
3.2.2. Quantitative Prognoseverfahren
Quantitative Prognoseverfahren verwenden mathematische Heuristiken und
Algorithmen und können grundsätzlich in univariate Zeitreihenanalysen und
multivariate Kausalmodelle unterschieden werden.
Zeitreihenanalysen verwenden historische Daten und basieren auf der Annahme, dass
sich die zukünftige Entwicklung als eine mathematische Funktion der Vergangenheit
erstellen lässt. Das Verlaufsmuster von Zeitreihen wird durch vier Komponenten
beeinflusst bzw. charakterisiert:
Trend-Komponente
Unter Trend versteht man die allgemeine Entwicklungstendenz der Zeitreihe.
Saisonalitäts-Komponente
Saisonalität bezeichnet konstante saisonale Schwankungen im Jahresverlauf.
Zyklus-Komponente
Unter Zyklus versteht man ebenfalls Schwankungen im Verlauf der Zeitreihe,
die sich allerdings nicht im Jahresrhythmus, sondern in längeren Intervallen und
nach nicht vorhersagbaren Mustern wiederholen.
Irreguläre Komponente
Die Irreguläre Komponente beschreibt Ausreißer oder Strukturbrüche, die
erratisch auftreten.
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Abbildung 3.2: Komponenten einer Zeitreihe
Speziell die Trend- und die Saisonalitätskomponente lassen sich in einem
Prognosemodell sehr gut abbilden. Deutlich schwieriger wird bereits die Abbildung der
Zykluskomponente innerhalb eines Modells, einer Komponente, die speziell bei
Prognosen im Bereich des Luftverkehrs mit einer hohen Verlässlichkeit immer wieder
vorkommt. Gänzlich unmöglich ist die korrekte Abbildung der irregulären Komponente,
da diese durch Ausreißer, Störterme oder Strukturbrüche verursacht wird. Häufig
verwendete Verfahren der Zeitreihenanalyse sind gleitende Durchschnitte,
exponentielle Glättung und Trendextrapolation.
Kausalmodelle versuchen im Gegensatz zu Zeitreihenmodellen das zu
prognostizierende Ereignis bzw. die abhängige Variable anhand einer
Kausalbeziehung mit einem anderen Ereignis, der sogenannten unabhängigen
Variablen, abzuleiten; beispielsweise kann versucht werden, die Menge der zu
erwartenden Passagieren anhand des Bruttoinlandsproduktes zu bestimmen.
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Beurteilung der Prognosegenauigkeit
Prognosen unterliegen per se einem Prognosefehler, wobei die Genauigkeit einer
Prognose, d.h. die Differenz zwischen Prognose und dem tatsächlich eintretendem
Ereignis mit Verkürzung des Prognosezeitraumes tendenziell zunimmt, und
umgekehrt, ein Phänomen, das sich zum Beispiel tagtäglich bei Wettervorhersagen
beobachten lässt. Die Gründe für Prognosefehler können vielfältig sein:
Das für die Erstellung der Prognose gewählte Prognosemodell bzw.
Prognoseverfahren ist ungeeignet.
Im Rahmen der Modellierung wurden falsche Annahmen getroffen.
Das Prognosemodell wurde nicht hinreichend kalibriert.
Die verwendeten Daten sind inkonsistent, falsch oder ungeeignet.
Im Prognosezeitraum sind exogene Störungen, wie zum Beispiel Finanzkrise,
Ölpreisschock, etc. aufgetreten.
Die Beurteilung der Prognosegenauigkeit kann sowohl im Voraus als auch im
Nachhinein erfolgen. Bei einer Bewertung im Voraus kann die Eignung des
Modellierungsansatzes, des Prognosemodells und die Güte der verwendeten Daten
und Annahmen überprüft werden. Ferner kann anhand historischer Daten überprüft
werden, wie gut die Prognose wäre, wenn man sie für den aktuellen Zeitpunkt erstellen
würde. Nach Ablauf des Prognosezeitraumes kann man bei einer Beurteilung im
Nachhinein das Prognoseergebnis mit dem eingetretenen Ergebnis vergleichen.
Allerdings hilft einem diese ex post Betrachtung nicht wirklich weiter, wenn man zum
Zeitpunkt der Prognoseerstellung dessen Eignung beurteilen muss.
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Verkehrsprognosen im Luftverkehr
Verkehrsprognosen im Luftverkehr bedienen sich typischerweise eines
Verkehrsmodells. Hierfür bedarf es eines zweistufigen Vorgehens: Als erstes muss für
alle relevanten Städtepaare, die sogenannten O&D’s3, die Passagiernachfrage
bekannt sein oder bestimmt werden. Anschließend werden für alle relevanten
Städtepaare die möglichen Reiseverläufe bestimmt und die Passagierströme auf das
verfügbare Angebot aufgeteilt.
Wie so häufig liegen bei diesem Vorgehen die Tücken im Detail. Die erste
Herausforderung liegt in der Bestimmung der Passagiernachfrage auf
Städtepaarebene. Hierfür existiert keine statistische Quelle, anhand derer sich die
exakte O&D-Nachfrage bestimmen lässt. Da O&D Nachfragezahlen seit jeher eine
wichtige Informationsquelle für Fluggesellschaften und Flughäfen sind, wurden in der
Vergangenheit vorrangig MIDT-Zahlen4 zur Abschätzung der Passagierzahlen
benutzt. MIDT-Zahlen sind Buchungszahlen aus den weltweiten
Computerreservierungssystemen (CRS) und geben somit Auskunft über die
Reiseströme der Passagiere, die ihre Reise über ein CRS gebucht haben. Dieses
Vorgehen war bis etwa Ende der neunziger Jahre valide, da bis dahin ein Großteil der
Flugreisen über Computerreservierungssysteme gebucht wurde; lediglich ein geringer
Anteil von Flugtickets, in der Größenordnung von etwa 20%, wurden direkt am
Flughafen oder bei Fluggesellschaften gekauft. Da jede Fluggesellschaft den Anteil
ihrer direkt verkauften Tickets genau kannte, konnten die MIDT-Zahlen
dementsprechend um diesen Anteil korrigiert werden, um somit verlässliche
Informationen über die Gesamtpassagiernachfrage auf Städtepaarebene zu erhalten.
3 O&D ist die Abkürzung für Origin and Destination und beschreibt den Start- und Endpunkt eines Passagiers auf Städtepaarebene. 4 MIDT ist die Abkürzung für Marketing Information Data Tapes und bezeichnet Buchungszahlen, die aus Computerreservierungssystemen stammen.
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Mit der zunehmenden Relevanz elektronischer Vertriebskanäle, als auch dem
verstärkten Auftreten von Low-Cost-Carriern (LCC), änderte sich die Zuverlässigkeit
von MIDT-Zahlen als Grundlage einer O&D-Nachfrageschätzung seit Beginn des
neuen Jahrtausends grundlegend: weder die online gekauften Tickets noch die Tickets
von Low-Cost-Carriern sind in den MIDT-Daten enthalten und der Anteil der über diese
Vertriebskanäle verkauften Tickets lässt sich auch nicht so ohne weiteres abschätzen.
Alternative Datenquellen, wie zum Beispiel die IATA BSP-Zahlen5, sind von dem
gleichen Problem betroffen, so dass unter Verwendung traditioneller statistischer
Datenquellen die Passagiernachfrage tendenziell unterschätzt wird. Das IATA Produkt
PaxIS Plus versucht dieses Problem zu lösen, indem es basierend auf BSP Daten die
zur Gesamtnachfrage fehlenden Passagiere unter Verwendung ökonomischer
Methoden schätzt. Das bedeutet, dass bereits die aktuelle O&D Passagiernachfrage
einem gewissen Schätzfehler unterliegt, der sich schnell verstärkt, wenn man die
Nachfrage für eine Langfristprognose hochrechnet.
Die zweite Herausforderung liegt in der korrekten Abbildung der Angebotsseite im
Rahmen eines Marktmodells, um die Marktanteile realistisch abschätzen zu können.
Die Nachfrage auf Städtepaarebene wird angebotsseitig nicht nur durch Nonstopflüge,
sondern auch durch Transferflüge über einen Hub-Flughafen bedient. Um die
Marktanteile unterschiedlicher Anbieter auf einem O&D abzuschätzen, muss man als
erstes das gesamte relevante Angebot identifizieren und anschließend über eine
Nutzenfunktion unter Berücksichtigung relevanter Passagierprofile bewerten.
Typische Kriterien, die die Attraktivität eines Nonstop- oder Transferfluges
beeinflussen, sind zum Beispiel die Gesamtreisezeit, die Anzahl der Zwischenstopps,
die lokale Abflugs- bzw. Ankunftszeit oder der Ticketpreis, um nur ein paar Beispiele
zu nennen. Da die Wichtigkeit der einzelnen Einflussfaktoren in Abhängigkeit von der
5 BSP ist die Abkürzung für Billing Settlement Plan und bezeichnet das von der IATA koordinierte System zur weltweiten Abwicklung der Ticketverkäufe.
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Kundengruppe variiert, sollten unterschiedliche Zielgruppen, zum Beispiel Privat- und
Geschäftsreisende, unterschieden werden. Anschließend muss ein solches
Marktmodell, unter Verwendung bekannter Passagierströme und Marktanteile,
kalibriert werden, um für einen Flugplan im Rahmen einer Prognose realistische
Marktanteile zu liefern.
Abbildung 3.3: Angebotsseite der O&D Passagiernachfrage
Für die Erstellung von Prognosen für die nächsten zwei bis drei Flugplanperioden wird
hierfür typischerweise mit Szenario-Flugplänen gearbeitet, die die Entwicklung der
Angebotsseite simulieren und über die anschließend die Effekte auf die Marktanteile
abgeschätzt werden. Bei einer Langfristprognose lässt sich hingegen nicht mehr
sinnvoll mit Szenario-Flugplänen arbeiten, so dass für die Angebotsseite plausible
Annahmen getroffen werden müssen, damit das Marktmodell Marktanteile extrahieren
kann.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 41
Darstellung der angewandten Methoden
3.5.1. MKmetric Gesellschaft für Systemplanung mbH
Im zweiten, recht kurz gehalten Kapitel des MKmetric Gutachtens wird die gewählte
Vorgehensweise vorgestellt und es wird dargelegt, dass für die Erstellung des
Gutachtens lediglich die Faktoren berücksichtigt werden, die aus Sicht der Gutachter
maßgeblich die langfristige Nachfragebestimmung beeinflussen. Als maßgebliche
Einflussfaktoren für die Langfristprognosen werden die folgenden fünf Faktoren
definiert [1]:
Sozioökonomie
Sozioökonomische Kenngrößen, wie zum Beispiel Bevölkerung und
Wirtschaftsproduktion, werden als maßgeblicher Treiber des Verkehrs
betrachtet.
Kosten
die Gutachter legen dar, dass sie die folgenden fünf Kostenbereiche betrachtet
haben, deren Entwicklung maßgelblichen Einfluss auf die Produktionskosten
eines Flugangebotes hat: Ölpreis, Sicherheit, Technik, Prozesse sowie Steuern
und Gebühren. Ferner wird dargelegt, dass Annahmen zur Kostenentwicklung
für die Verkehrsträger Schiene und Straße getroffen wurden, um multimodale
sowie intermodale Effekte in der Prognose zu berücksichtigen.
Infrastruktur
Unter der Komponente Infrastruktur werden von den Gutachtern Annahmen
hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Kapazität an konkurrierenden
Hubstandorten verstanden. Des Weiteren wird unter dieser Komponente die
Erschließung des Flughafens Frankfurt mit bodengebundenen Verkehrsmitteln
betrachtet.
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Luftverkehrsbranche
Unter Luftverkehrsbranche subsumieren die Gutachter die Entwicklung der
Deutschen Lufthansa AG sowie deren Wettbewerber im Prognosezeitraum.
Politische Rahmenbedingungen
Für die Komponente „Politische Rahmenbedingungen“ findet man im zweiten
Kapitel des Gutachtens lediglich die relativ vage Beschreibung, dass
„allgemeine für die Prognose relevante politische Rahmenbedingungen
aufzuführen sind“.
Hinsichtlich des gewählten Prognoseverfahrens findet man in dem MKmetric
Gutachten so gut wie keine Hinweise bezüglich der gewählten Methodik. Auf Seite 8
des Gutachtens wird zwar auf die MKmetric Firmen-Webseite verwiesen, die Auskunft
über die Vorgehensweise geben soll. Betrachtet man allerdings die dort abrufbaren
Informationen, so handelt es sich mehr um eine Marketingbroschüre, anstelle einer
fundierten Beschreibung des Prognoseverfahrens. Den Autoren dieses Gutachtens
war es leider nicht möglich, die Wirkungsweise der Einflussfaktoren sowie der
Modellkomponenten anhand des auf der Firmen-Webseite genannten Dokumentes
nachzuvollziehen.
An einer anderen Stelle des Gutachtens [1] findet man den Verweis auf eine weitere
Webseite, auf der ein „Discussion Paper“ heruntergeladen werden kann, dass von
MKmetric im April 2014 im Rahmen des OECD International Transport Forum
eingereicht wurde. In diesem Dokument findet man eine detailliertere Beschreibung
der von MKmetric verwendeten Methoden. Allerdings ist nicht unmittelbar ersichtlich,
ob das dort beschriebene Vorgehen auch im Rahmen der Langfristprognose für den
Flughafen Frankfurt angewandt wurde. Das in dem OECD Beitrag vorgestellte Modell
entspricht im Grundsatz dem in Kapitel 3.4 vorgestelltem Verkehrsmodell, mit dem
einzigen Unterschied, dass in dem MKmetric Modell noch explizit die Modellierung von
Szenarien genannt wird.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 43
Abbildung 3.4: MKmetric Verkehrsmodell [17]
Etwas verwunderlich ist allerdings, dass man in dem gesamten MKmetric Gutachten
keinen Hinweis auf Annahmen bezüglich der Ausgestaltung unterschiedlicher
Szenarien findet.
Eine Bewertung der Prognosegenauigkeit durch Überprüfung des
Modellierungsansatzes und Wahl des Prognosemodells ist auf alleiniger Grundlage
der in dem Gutachten aufgeführten Details nicht möglich. Von daher wird für die
weitere Begutachtung und Bewertung des MKmetric Ansatzes unterstellt, dass das
gewählte Modell dem Ansatz entspricht, welcher in dem OECD „Discussion Paper“
vorgestellt wird.
3.5.2. ITP Intraplan Consult GmbH
Das zweite Kapitel des Intraplan Gutachtens widmet sich der Beschreibung der
gewählten Vorgehensweise und Methodik. Das gewählte Prognoseverfahren
entspricht einem Verkehrsmodell, wie es konzeptionell in Kapitel 3.4 dieses
Gutachtens vorgestellt wurde.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 44
In dem Intraplan Gutachten werden als erstes die benutzten Daten beschrieben. Vier
Datengruppen werden verwendet:
Statistische Daten der Fraport AG, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Verkehrsflughäfen (ADV), des Airport Council International (ACI) und des
statistischen Bundesamtes zum Verkehrsaufkommen.
Daten der Fluggastbefragung für den Flughafen Frankfurt für die Jahre 1995-
2013.
Flugbewegungsdaten des Flughafens Frankfurt für die Jahre 2012 und 2013.
Interne Daten des Gutachters.
Für die Entwicklung des Prognosemodells wird von zwei Haupteinflussfaktoren auf die
Luftverkehrsentwicklung ausgegangen, die sich in einem Nachfragemodell und einem
Flughafen-Wahlmodell niederschlagen:
Es wird eine rein nachfragegetriebene Marktentwicklung unterstellt, die alleine
durch soziodemographische und sozioökonomische Entwicklungen der Quell-
und Zielgebiete beeinflusst wird. Die Modellierung der Marktentwicklung ist
Gegenstand des Nachfragemodells.
Die Marktaufteilung, die im Flughafen-Wahlmodell abgebildet wird, wird durch
das verfügbare Angebot determiniert, das nicht nur das Flugangebot umfasst,
sondern auch bodengebundene Verkehre.
Für die Modellierung und Validierung des Nachfragemodells werden Nachfragedaten,
Angebotsdaten und sozio-ökonomische Daten verwendet, die im Rahmen des
Nachfragemodells für Zeitreihenanalysen und Kausalmodelle verwendet werden
Für die Erstellung des Flughafen-Wahlmodells wurde, laut Gutachter, ein Netzmodell
erstellt, das anhand der aktuell verfügbaren Passagier-Marktaufteilung für den
Flughafen Frankfurt kalibriert wurde. Mittels dieses Modells wird anschließend der
Marktanteil des Flughafens Frankfurt abgeleitet, indem für die Prognosejahre die
vorhergesagte Marktentwicklung verwendet wird. Die Entwicklung der Angebotsseite
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 45
wurde anhand verfügbarer Informationen bezüglich geplanter bzw. bekannter
Kapazitätserweiterungen abgeleitet oder basiert auf getroffenen Annahmen.
Begutachtung und Bewertung der gewählten Methodiken
3.6.1. Grundsätzliche Beurteilung der gewählten Methodiken
Die Entwicklung eines leistungsfähigen und aussagekräftigen Verkehrsmodells stellt
einen hohen intellektuellen und wirtschaftlichen Wert für ein Unternehmen dar, das
sich auf die Erstellung von Prognosen spezialisiert hat. Von daher ist es wenig
überraschend, dass sowohl MKmetric als auch Intraplan keine Details über die exakte
Implementierung des Prognosemodells veröffentlichen, sondern das Modell als
Betriebsgeheimnis deklarieren. Umso mehr muss die Beurteilung der gewählten
Methodik darauf fokussieren, den Modellierungsansatz, die Art und den Umfang der
verwendeten Daten, die getroffenen Annahmen als auch die Modellkalibrierung zu
bewerten. Diesbezüglich weisen die beiden Gutachten allerdings signifikante
Unterschiede auf.
Vergleicht man die beiden Gutachten hinsichtlich der angewandten Methodik und des
gewählten Prognoseverfahrens, so muss man feststellen, dass lediglich das Intraplan
Gutachten den Leser umfassend über die Prognosemethodik informiert. In dem
MKmetric Gutachten findet man lediglich allgemeingültige Aussagen, wie zum
Beispiel, dass die Veröffentlichungen dem internationalen wissenschaftlichen
Standard entsprechen. Eine Beschreibung der gewählten Prognosemethodik bleibt
das MKmetric Gutachten hingegen schuldig und man kann lediglich anhand einer
externen Quelle erahnen, mit welchen Modellen MKmetric arbeitet. Ebenso wenig
findet man in dem MKmetric Gutachten eine Beschreibung und Auflistung der
zugrunde liegenden angebotsseitigen Datenquellen, die für die Prognose verwendet
wurden. Für die Bewertung des MKmetric Modellierungsansatzes wird unterstellt, dass
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 46
die Methodik mit der in dem beim OECD International Transport Forum eingereichten
„Discussion Paper“[17] übereinstimmt.
Dem Intraplan Gutachten kann man bescheinigen, dass die gewählte Vorgehensweise
stimmig und für die vorliegende Problemstellung angemessen ist. Die Daten, die für
die Modellentwicklung herangezogen wurden, sind umfassend und decken die für eine
Langfristprognose erforderlichen Datenquellen ab. Der Ansatz, über ein
Nachfragemodell die Passagiernachfrage für den Prognosezeitraum zu bestimmen
und anschließend über ein Flughafen-Wahlmodell die Menge der Passagiere am
Frankfurter Flughafen zu bestimmen, ist stringent und für die Aufgabenstellung
plausibel und angemessen.
3.6.2. Stärken und Schwächen der gewählten Methodiken
In beiden Modellen werden adäquate Verkehrsmodelle verwendet, die sowohl
exogene als auch endogene Einflussfaktoren berücksichtigen. Beide Modelle
verwenden den in Kapitel 3.4 beschriebenen Modellierungsansatz. In beiden
Gutachten werden keine Details über den Aufbau und die verwendeten Algorithmen
bzw. Heuristiken innerhalb der verwendeten Modelle genannt, da diese zum
Betriebsgeheimnis der beiden Prognostiker gehören. Von daher muss man hinsichtlich
der Modellierung auf das nötige Hintergrundwissen und den Erfahrungsschatz der
beiden Unternehmen vertrauen. Diese Annahme erscheint aber durchaus valide, da
sowohl MKmetric als auch Intraplan seit Jahren Verkehrsprognosen für
unterschiedliche Auftraggeber erstellen.
Die Beschreibung der verwendeten Datenquellen erfolgt in dem Intraplan-Gutachten
deutlich ausführlicher und umfassender im Vergleich zum MKmetric Gutachten. Die für
eine Langfristprognose relevanten Datenquellen werden in dem Intraplan-Gutachten
aufgeführt. Bei MKmetric muss man sich hingegen darauf verlassen, dass die
Gutachter aufgrund ihrer Erfahrungen mit Verkehrsprognosen automatisch die
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 47
relevanten angebotsseitigen Datenquellen benutzt haben, ohne diese explizit im
Rahmen des Gutachtens zu benennen.
Vergleicht man die in beiden Gutachten genannten Modellprämissen mit den
Determinanten des Luftverkehrs, die in Kapitel 2 dieses Gutachtens aufgeführt
werden, dann kann man beiden Gutachten bescheinigen, dass die relevanten
Prämissen für eine Langfristprognose berücksichtigt wurden.
Trotz der grundsätzlichen Eignung beider Modelle für die Erstellung einer
Langfristprognose weisen beide Modelle aber auch Schwächen auf:
Aufgrund des beschriebenen Modellierungsansatzes wäre es für beide
Prognostiker relativ einfach gewesen, unterschiedliche Szenarien hinsichtlich
wirtschaftlicher Entwicklungen oder Wettbewerbsstrategien zu modellieren und
zu bewerten, um so zum Beispiel ein „Best Case“ bzw. „Worst Case“ Szenario
zu vergleichen. Leider wird in beiden Fällen davon kein Gebrauch gemacht. Die
Nutzung von Szenarien wäre speziell für die Modellierungen hinsichtlich der
Annahmen zur Entwicklung der Angebotsseite von Interesse, da hier die
Bandbreite unterschiedlicher Entwicklungsmöglichkeiten deutlich breiter ist, als
zum Beispiel hinsichtlich der Entwicklung der Nachfrageseite.
Trotz der nachvollziehbaren Beweggründe der beiden Prognostiker, nicht zu
viele Details über den Aufbau des Prognosemodells zu verraten, wäre es im
Sinne von vertrauensbildenden Maßnahmen trotzdem hilfreich gewesen, den
Leser mit mehr Details bezüglich der beiden Modelle zu versorgen. Hierzu
gehören zum Beispiel Informationen zur Kalibrierung der beiden Modelle, als
auch ein Vergleich der Ist- und Prognosewerten für das Referenzjahr, um die
Verlässlichkeit der beiden Modelle abschätzen zu können.
Ein grundsätzliches Problem eines jeden Prognosemodells im Luftverkehr ist die
extreme Volatilität dieser Branche. Alleine die zahlreichen Krisen seit der
Jahrtausendwende, die extremen Entwicklungen beim Ölpreis während der letzten
Jahre, als auch die in Kapitel 2.4 genannten strukturellen Herausforderungen, mit
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 48
denen speziell die etablierten europäischen Fluggesellschaften konfrontiert sind,
führen zwangsläufig zu gewissen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten innerhalb eines
Prognosemodells. Dies ist allerdings keine Schwäche der beiden vorgestellten
Modelle, sondern ist ein grundsätzliches Phänomen, mit dem Verkehrsmodelle –
speziell im Luftverkehr – konfrontiert sind.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 49
4. Begutachtung der Ist-Analyse
Vollständigkeit
Insbesondere quantitative Verfahren der Verkehrsprognose bauen auf der
Verkehrsentwicklung der Vergangenheit auf [18]. Damit bedarf es auch einer
tiefergehenden Analyse der Ist-Daten.
In der Darlegung und Analyse der Verkehrsentwicklung in der Vergangenheit
unterscheiden sich die beiden vorgelegten Gutachten. In dem Gutachten von
MKmetric sucht man ein Analysekapitel vergebens. Während die Einflussgrößen auch
kurz in ihrer Ist-Entwicklung dargestellt werden, findet dieses für die Verkehrsgrößen
nicht statt. Es wird lediglich im Abschnitt 4 -„Prognosen“- der jeweilige Zahlenwert für
das Referenzjahr 2013 angegeben.
Dahingegen verwendet das Gutachten von Intraplan fast 25 Seiten (Abschnitt 3 -
„Analyse der Verkehrsentwicklung und der Luftverkehrssituation des Flughafens
Frankfurt Main“) auf die Darstellung und Analyse der Verkehrsentwicklung in der
Vergangenheit. Der Analysezeitraum ist stets von 1995 bis 2013 und geht damit über
18 Jahre, was als ausreichend anzusehen ist, um Entwicklungstrends in Verbindung
mit der Auswirkung von Einflussgrößen erkennen und darstellen zu können.
Grafisch dargestellt und analysiert werden sämtliche auch zur Prognose anstehenden
Verkehrsgrößen wie
Passagiermenge und jährliche Wachstumsrate
Umsteigeranteil
Frachtmenge in Tonnen und jährliche Wachstumsrate
Anzahl Flugbewegungen und jährliche Wachstumsrate
MTOM Entwicklung
Entwicklung der Passagiermenge pro Pax-Flugbewegung
Entwicklung Verkehrseinheiten pro Flugbewegung
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 50
Darüber hinaus wird ein Teil dieser Verkehrsgrößen in seiner Entwicklung über die
letzten 12 Jahre in indexierter Form mit anderen Flughäfen verglichen. Hierüber
konnten Vergleiche mit anderen Hub-Flughäfen, anderen Star Alliance Flughäfen und
anderen europäischen Netzwerkcarriern durchgeführt werden.
Alles in allem muss die Analyse der Verkehrsentwicklung des Flughafens Frankfurt
Main in dem Gutachten von Intraplan als sehr umfassend bezeichnet werden, im
Gegensatz zu dem Gutachten von MKmetric, das ohne Analyse versucht
auszukommen.
Aus der Analyse abgeleitete Schlüsse
Die im Folgenden dargestellten Erkenntnisse aus der Analyse beziehen sich
ausschließlich auf das Gutachten von Intraplan. Hier wurden folgende
prognoserelevante Schlüsse herausgearbeitet:
Der Hub München konnte stärker wachsen als die Lufthansa insgesamt und
wesentlich stärker als der Flughafen Frankfurt.
Das Passagiervolumen des Flughafens München ist gegenüber Frankfurt in den
letzten zehn Jahren überproportional gewachsen. Gleichwohl ist im
Passagierverkehr mit Außereuropa Frankfurt mit einem dreieinhalbfach so
hohen Passagiervolumen, im Vergleich zu München, weiterhin der weitaus
bedeutendere Interkontinentalflughafen.
Frankfurt hat sich besser entwickelt als der wichtigste europäische Hub-
Flughafen London-Heathrow, bei dem sich die Kapazitätsengpässe wie auch
die unterdurchschnittliche Entwicklung von British Airways negativ auswirken.
Frankfurt Main hat sich im Vergleich zu vielen anderen europäischen Hub-
Flughäfen leicht ungünstiger entwickelt, obwohl die Deutsche Lufthansa, für die
Frankfurt Main die Hauptbasis darstellt, sich bis zum Jahr 2013 in der
Passagiermenge besser als viele andere europäische Hubcarrier entwickelt hat.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 51
Die Abkühlung der Weltkonjunktur und das Nachtflugverbot haben den Cargo-
Verkehr nach dem Jahr 2010 empfindlich getroffen. Ferner gibt es im
Analysezeitraum die beiden negativen Sondereffekte der Verlagerung von
Integratordiensten wie zum Beispiel FedEx nach Köln/Bonn und die Aufgabe
der Nachtluftpostflüge ab dem Jahr 2009.
Die großen Passagier-Hubflughäfen haben im Beobachtungszeitraum im
Cargo-Bereich Marktanteile gegenüber den Integrator-Hubflughäfen verloren.
Bei der Entwicklung der Flugbewegungszahlen machen sich – nicht nur auf dem
Flughafen Frankfurt Main – seit dem Jahr 2012 die
Konsolidierungsbemühungen der Airlines deutlich negativ bemerkbar.
Bei der Anzahl der Passagiere pro Passagierflugbewegung machen sich seit
dem Jahr 2009 die gesteigerten Sitzladefaktoren, der Einsatz größerer
Flugzeuge sowie eine engere Bestuhlung (zum Beispiel Europakabine der
Deutschen Lufthansa) bemerkbar.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Flughafen Frankfurt in den letzten zehn
Jahren sich trotz einiger benachteiligender Rahmenbedingungen, wie
Kapazitätsengpässe bis zum Jahr 2011, Nachtflugverbot, schwankender Konjunktur
etc. alles in allem positiv in seiner Verkehrsmenge entwickelt hat. Im direkten Vergleich
haben allerdings andere europäische Drehscheiben einen noch positiveren Verlauf
genommen. Die diesbezüglichen prognoserelevanten Schlüsse von Intraplan sind
daher plausibel und vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung gut
nachvollziehbar.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 52
Vergleich zwischen den Gutachten
Ein Vergleich zwischen den Gutachten ist im Grunde durch die fehlende Analyse im
Gutachten von MKmetric nicht möglich. Es können lediglich die Ist-Zahlen des Jahres
2013 miteinander verglichen werden. Bereits hier zeigen sich bei einigen Kenngrößen
Unterschiede:
Der Umsteigeranteil des Jahres 2013 wird in dem Gutachten von Intraplan auf
55% festgelegt, basierend auf Fraport-Fluggastbefragungen (Bezug: Ein- und
Aussteiger ohne Transit und General Aviation, aber mit Umsteigern, die eine
notwendige Übernachtung zwischen den Flügen haben sowie
Selbstumsteiger). MKmetric geht im Jahr 2013 von einem Umsteigeranteil von
51,4% aus (Quelle: Eigene Darstellung MKmetric 2014, ohne Transitverkehr,
Abgrenzung entsprechend der Entgeltdefinition).
In der Kenngröße Passagiere pro Passagierflug geht MKmetric im Jahr 2013
von 131,5 Passagieren aus, während Intraplan 130 Passagieren ermittelt hat.
Auch die Frachtmenge unterscheidet sich im Analysejahr 2013 zwischen den
beiden Gutachten. Intraplan hat 2,095 Mio. Tonnen in ihrer Analyse verwendet,
während MKmetric für ihr Referenzjahr 2013 von 2,13 Mio. Tonnen ausgeht.
Die Differenz sind 35.000 Tonnen Fracht. Da beide Gutachten nur die geflogene
Fracht berücksichtigen, lässt sich der Grund für die Differenz nicht ermitteln.
Ein über diese Erkenntnisse hinausgehender Vergleich ist wie bereits zuvor
dargestellt, wegen der fehlenden Analyse im MKmetric Gutachten nicht möglich.
Als Zwischenfazit ist somit festzuhalten, dass in dem Gutachten von Intraplan eine
detaillierte Analyse der Ist-Entwicklung erfolgt ist und ein Vergleich mit dem MKmetric
Gutachten nur auf Basis des Jahres 2013 möglich war. Bei drei Kenngrößen haben
sich dabei Differenzen gezeigt, wobei letztlich wirklich auffällig der Unterschied in dem
Umsteigeranteil ist.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 53
5. Begutachtung der Prognoseprämissen
Nachfragebezogene Prämissen
5.1.1. Benutzte Quellen und Vergleich zwischen den Gutachten
Da es sich bei Verkehrsprognosen um „Wenn-Dann Prognosen“ handelt, ist die
Ermittlung der Prognosewerte der Einflussgrößen - den „Wenns“ - von großer
Wichtigkeit. In der folgenden Tabelle 5.1 werden die von den beiden Gutachtern
verwendeten Steigerungsraten gegenübergestellt.
Tabelle 5.1: Entwicklung der verwendeten Einflussparameter auf die Nachfrage
ITP Intraplan Mkmetric
Entwicklung Wirtschaftswachstum in % p.a.
BRD EU Welt BRD Europa Welt
2014 1,9 1,5 3,4 1,44 2,25 4,78
2015 2,1 2,0 3,8 1,44 2,25 4,78
2016-2020 1,6 1,8 3,7 1,44 2,25 4,78
2021-2025 1,4 1,6 3,6 1,49 1,78 3,22
2026-2030 1,1 1,5 3,5 1,49 1,78 3,22
ITP und MKmetric BIP zu konstanten Preisen
Einwohnerentwicklung 2013 bis 2030 in % p.a. Zeitraum 2010 bis 2030 in % p.a.
BRD Europa
BRD Einwohner -2,4 -1,7 5,1
Rhein-Main Gebiet 2,5
65+ 31,2
Erwerbstätige -2,0
Rhein-Main Gebiet 0,20
Ölpreisprognose - indexiert
2013 100 im Jahr 2010 100
2020 120 132
2030 130 163
Entwicklung realer Ticketpreise in %
bis 2020 -0,5 p.a. 0,5
2020-2030 0 real konstant 0,5
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 54
Hierbei wurden in dem Gutachten von Intraplan mehrere Quellen verwendet, um
einen ausgewogenen Prognoseansatz zu erreichen.
Die zu erwartende Entwicklung des Wirtschaftswachstums basiert auf
o der Prognose des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut HWWI aus
dem Oktober 2013, die im Durchschnitt ein jährliches Wachstum für
Deutschland von 1,3%, für die EU von 1,6% und für die Weltwirtschaft
von 3,1% erwartet.
o der Prognose des ifo Institut für Wirtschaftsforschung und Helmut-
Schmidt-Universität Hamburg aus dem Jahr 2012, die im Mittel ein
jährliches Wachstum für Deutschland von 1,14% (Zeitraum 2010 bis
2030) vorhersagt. Ausschließlich dieser Wert ist in die
Verkehrsverflechtungsprognose 2030 im Rahmen der Aktualisierung des
Bundesverkehrswegeplanes eingeflossen.
o Prognos Deutschlandbericht aus dem Juli 2014, in dem für den Zeitraum
2020 bis 2030 ein jährliches Wachstum von 1,5% prognostiziert wird.
o OECD Economic Outlook 5/2014, in dem für Deutschland im Mittel ein
Wachstum von 1,2% p.a., für die EU von 2,1% p.a. und für die Welt von
3,4% p.a. erwartet wird.
o aktuellen Konjunkturprognosen bis zum Sommer 2014 wie der
Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute, der
Frühjahrsprojektion der Bundesregierung aus 4/2014 und dem OECD
Economic Outlook Nr. 95
Die zu erwartende Bevölkerungsentwicklung basiert auf der regionalisierten
Strukturdatenprognose des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und
Raumforschung
Luftverkehrspreise: hier wird auf die Ist-Entwicklung der Yields wie sie von der
AEA erhoben wird, zurückgegriffen. Ferner werden Yield-Betrachtungen der
Lufthansa sowie ausgewählter Low-Cost-Carrier analysiert. Im Weiteren
werden aus verschiedenen Quellen aktuelle Ölpreisprognosen berücksichtigt.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 55
Bei den erwarteten, im Mittel nur moderaten, Anstiegen des Ölpreises, selbst
bis zum Jahr 2030, wird davon ausgegangen, dass durch technologische
Fortschritte in der Flugzeug- und Triebwerktechnologie sowie durch
Produktivitätssteigerungen ein Ausgleich möglich sein wird. Der
Wettbewerbseinfluss der Low-Cost-Carrier und der Fluggesellschaften aus dem
Mittleren Osten auf die Ticketpreise wird zukünftig abnehmen, so dass bis zum
Jahr 2020 inflationsbereinigt nur noch von einem Sinken der Ticketpreise in
Höhe von -0,5% p.a. ausgegangen wird. Danach werden durch fortschreitende
Konsolidierung der Branche real konstante Flugpreise erwartet.
Insgesamt basiert die Prognose der Einflussparameter der Verkehrsnachfrage in dem
Gutachten von Intraplan auf einem breiten Set an aktuellen Quellen für die Prognose
dieser Faktoren. Mit der Berücksichtigung der Wirtschaftskraft der Quell- wie auch
Zielregionen, der Bevölkerungsentwicklung und des mittleren Ticketpreises werden die
wichtigsten Einflussgrößen von der Nachfrageseite berücksichtigt.
In dem Gutachten von MKmetric wurden folgende Quellen benutzt:
Mit Bezug auf die Entwicklung der Wirtschaftskenngrößen wurde als Quelle
verwendet:
o EUROSTAT und DG ECFIN sowie für die außereuropäischen Länder
Daten des Internationalen Währungsfonds IWF für die Analyse der
Ausgangssituation.
o Für die Prognose des Wirtschaftswachstums wurden Daten des Instituts
für Wirtschaftsforschung Halle IWH (Entwicklung Deutschland) und für
den internationalen Kontext Prognosen des IWF und der HSBC
(Hongkong and Shanghai Banking Cooperation, London) verwendet.
o Diese Prognosen weichen leicht von den Werten des Intraplan
Gutachtens, basierend auf den Prognosen vom Hamburgischen
WeltWirtschaftsInstitut HWWI bzw. von der OECD, ab (vgl. Tabelle 5.1).
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 56
Für die Prognose der Bevölkerungsentwicklung wurde auf Prognosen von
EUROSTAT – mittlere Prognose für die Europäische Union und EFTA Länder
sowie auf Prognosen der UN für die anderen Länder der Welt zurückgegriffen.
Die Prognose der Flugpreise basiert auch hier wieder auf der prognostizierten
Entwicklung der Treibstoff-, also der Rohölpreise. Die Prognose der
inflationsbereinigten Rohölpreisentwicklung basiert auch in dieser Studie auf
dem mittleren Bereich verschiedener vorhandener Prognosen, die kein
Krisenszenario oder Versorgungslücke unterstellen.
Bei andere Kostenkomponenten werden zum Teil positive Entwicklungen
gesehen wie zum Beispiel bei den Flugsicherungsgebühren oder beim
Treibstoffverbrauch der Flugzeuge, zum Teil aber auch negative Entwicklungen
wie bei den Kosten für Sicherheit.
Insgesamt führen die prognostizierten Kostensteigerungen zu einem leichten
Anstieg der Ticketpreise von 0,5% p.a.
Der Vergleich der nachfragebezogenen Einflussparameter zwischen den beiden
Studien zeigt folgendes:
Insbesondere bei der Prognose der Entwicklung des Wirtschaftswachstums
greifen beide Studien auf unterschiedliche Quellen zurück und kommen auf
Quelle Prognosegröße Verkehrsgebiet Zeitraum Jährl. Wachstumsrate
Airbus Group, Global Market Forecast PKm Gesamteuropa 2013-2023 4,3%
Anstieg des BSP um 1,8% p.a. 2023-2033 3,5%
(real für Europa) Innereuropäisch 2014-2033 3,2%
Europa-Asien/Pazifik 4,4%
Europa-Nordamerika 3,0%
Europa-Mittlerer Osten 4,7%
Innerhalb Westeuropa 2,9%
Domestik Westeuropa 1,9%
Boeing Market Outlook 2014 PKm Innereuropäisch 2013-2033 3,5%
Europa-Nordamerika 3,1%
Europa-Südostasien 4,8%
Europa-Nordostasien 2,9%
Europa-Mittlerer Osten 5,4%
ICAO Medium Term Passenger PKm Europäische Airlines 2013-2014 5,4%
Traffic forecast 2014-2015 5,7%
2015-2016 5,9%
FTk Europäische Airlines 2013-2014 2,7%
2014-2015 3,1%
2015-2016 3,2%
STATISTA Data Preparation Passagiere UK Flughäfen 2008-2020 1,2%
UK Department for Transportartion 2020-2030 2,2%
UK Department for Transportation Passagiere Flughäfen London 2011-2020 2,3%
(unconstrained "central" forecast) 2020-2030 2,0%
London Heathrow 2011-2020 2,5%
2020-2030 2,4%
Passagiere Total UK Flughäfen 2011-2020 2,1%
International 2020-2030 2,1%
BRD Bundesverkehrswegeplan Passagiere Deutsche Flughäfen 2010-2030 2,3%
Gutachten Intraplan, Basis BSP +1,1% p.a.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 87
Abgleich der Prognosewerte mit der historischen Entwicklung in
Bezug auf Plausibilität
Für die bei der gegebenen Problemstellung wesentlichen Verkehrsgrößen
Passagiermenge
Frachtmenge
Umsteigeranteil
wird im Folgenden für beide vorgelegten Gutachten ein Abgleich mit der historischen
Entwicklung der jeweiligen Verkehrsgröße seit dem Jahr 1995 vorgenommen, um
darüber ebenfalls auf das Vorhandensein von plausiblen Prognosewerten schließen
zu können.
6.3.1. Passagiermenge
Beiden Gutachtern stand die Passagierentwicklung des Flughafens Frankfurt seit dem
Jahr 1995 zur Verfügung. In dem Analysezeitraum 1995 bis zum Jahr 2014 hat sich
die Passagiermange im Durchschnitt jährlich um 2,35% erhöht. Vergleicht man nun
die historische Entwicklung mit der für den Zeitraum 2014 bis 2030 prognostizierten
Passagiermenge, so stellt man in dem Gutachten von Intraplan Consult fest, dass im
Durchschnitt über den gesamten Prognosezeitraum die gleiche mittlere jährliche
Steigerungsrate ermittelt wurde (vgl. Abbildung 6.7).
Aus der Prognose von MKmetric ergibt sich für den Prognosezeitraum ein mittleres
jährliches Wachstum der Passagiermenge von 2,62%, was für das Jahr 2030 zu einer
Passagiermenge von 90,1 Mio. Passagieren führt, während Intraplan von 86,1 Mio.
Passagieren ausgeht.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 88
Abbildung 6.7: Vergleich der Passagiermengenentwicklung des Flughafens Frankfurt über den Analyse- und Prognosezeitraum auf Basis der Intraplan Prognose
Bei der reinen Betrachtung der Steigerungsraten im Prognosezeitraum im Vergleich
zum Analysezeitraum unter Berücksichtigung der im Luftverkehr typischen Zyklizität
der Nachfrage, sind eindeutige Gründe für ein leicht höheres mittleres Wachstum im
Zeitraum 2014 bis 2030 im Vergleich zum Analysezeitraum in dem MKmetric
Gutachten nicht auszumachen. Selbst das Beibehalten des historischen
Entwicklungstrends, auch in der Zukunft, bedarf – wie in der Intraplan Prognose
unterstellt – einer entsprechenden positiven Entwicklung der Einflussfaktoren, auf die
alle bekannten verfügbaren Quellen mit nachvollziehbarer Eintrittswahrscheinlichkeit
hindeuten.
6.3.2. Umsteigeranteil
Ein wesentlicher Teil der Passagiermenge auf dem Flughafen Frankfurt sind
Umsteiger (Transferverkehre). Dieser Anteil war im Analysezeitraum vergleichsweise
kontinuierlich von 48% auf inzwischen 55% angestiegen (vgl. Abbildung 6.8).
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 89
Abbildung 6.8: Entwicklung Umsteigeranteil – Analysezeitraum und Prognose Intraplan
Intraplan geht davon aus, dass durch die zunehmende Konkurrenzsituation durch
Drehscheiben im Mittleren Osten sowie in Istanbul, der Umsteigeranteil wieder leicht
sinken wird und im Jahr 2030 nur noch 52% statt den heutigen 55% betragen wird.
Unter Berücksichtigung der Faktoren zunehmender Punkt-zu-Punkt Verbindungen im
Europaverkehr durch Low-Cost-Carrier sowie nach derzeitiger Einschätzung eine
steigende Marktpräsenz von Emirates, Qatar Airways, Etihad und Turkish Airlines im
europäischen Markt, lässt diese Einschätzung plausibel erscheinen.
MKmetric hingegen kommt zu anderen Schlüssen (vgl. Abbildung 6.9). MKmetric geht
im Analysejahr 2013 von einem Umsteigeranteil von 51,4% aus (vgl. S. 27) während
Intraplan von 55% ausgeht. Ferner nennt MKmetric nicht die Daten in den davor
liegenden Jahren. In der Abbildung 6.9 wurde daher auf die Umsteigeranteile der Jahre
1995 bis 2012 aus dem Intraplan Gutachten zurückgegriffen. Damit gibt es zumindest
für das Jahr 2013 einen Widerspruch der Ist-Zahl zu dem Gutachten von Intraplan.
Aufbauend auf dem Umsteigeranteil des Jahres 2013 von 51,4% geht MKmetric von
einem zukünftigen Anstieg der Transferanteile auf 55,6% im Jahr 2030 aus. Gründe
für diese Entwicklung werden nicht im Detail angeführt.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 90
Abbildung 6.9: Entwicklung Umsteigeranteil – Analysezeitraum und Prognose MKmetric
6.3.3. Entwicklung Frachtaufkommen
Auch im Bereich des Frachtaufkommens werden im Gegensatz zum Intraplan
Gutachten die historischen Werte in dem Gutachten von MKmetric nicht genannt.
Lediglich für das Jahr 2013 werden 2,13 Mio. Tonnen genannt, was leicht von dem
Zahlenwert aus dem Gutachten von Intraplan mit 2,095 Mio. Tonnen abweicht. Die
prognostizierte Entwicklung aus dem Gutachten von Intraplan ist in der Abbildung 6.10
dargestellt.
Während in dem Analysezeitraum ein durchschnittlicher jährlicher Anstieg von etwas
über 2% erreicht wurde, geht die Intraplan Prognose von einer durchschnittlichen
jährlichen Wachstumsrate von rund 3% aus. Berücksichtigt man noch den kaum mehr
vorhandenen Anstieg der Frachtmenge zwischen den Jahren 2005 und 2013 müssen
diese Prognosewerte als kritisch eingeschätzt werden, zumal das seit dem Jahr 2011
existierende Nachtflugverbot insbesondere diesen Verkehrsbereich eher behindert als
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 91
fördert. Zunehmende Marktanteile der Integrator, die auf dem Flughafen Frankfurt
nicht mehr in nennenswertem Umfang agieren, lassen das klassische
Frachtgeschäftsmodell mittelfristig bis langfristig noch weiter als kritisch zu bewerten.
Abbildung 6.10: Entwicklung Frachtmenge – Analysezeitraum und Prognose Intraplan
Auch die Frachtprognose von MKmetric kommt zu nennenswerten Steigerungsraten
der Tonnage im Prognosezeitraum. Hier wurde eine mittlere Steigerungsrate im
Zeitraum von 2014 bis 2030 von 2,7% ermittelt, was im Jahr 2030 zu 3,36 Mio. Tonnen
Fracht führt (Intraplan Prognose: 3,48 Mio. Tonnen). Beide Prognosen lassen sich aus
der historischen Entwicklung der Frachtmengen, insbesondere in den letzten acht
Jahren, kaum begründen.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 92
7. Fehlende Untersuchungen
Sensitivitätsanalysen
Methodisch sind Verkehrsprognosen sogenannte „Wenn-Dann“ Prognosen.
Entwickeln sich die Einflussfaktoren, also die „Wenns“ anders als prognostiziert,
werden auch die Verkehrsgrößen, also die „Danns“, höher oder niedriger sein als
prognostiziert. Wie im Weiteren erläutert, können durchaus nicht erwartbare
kurzzeitige Veränderungen der Einflussfaktoren nicht vorhersehbare Auswirkungen
auf die Verkehrsgrößen haben.
Wie bereits zuvor dargelegt, ist das Passagieraufkommen einer Region nach wie vor
insbesondere von der volkswirtschaftlichen Entwicklung, ausgedrückt durch das
Bruttosozialprodukt bzw. Bruttoinlandsprodukt, beeinflusst. Insbesondere in dem
Zeitraum bis 1990 war dies auch für die Bundesrepublik Deutschland deutlich
ablesbar [7]. In dem Zeitraum danach kamen andere Einflussfaktoren hinzu: bis zum
Jahr 2000 hat die Liberalisierung des Luftverkehrs das Passagiervolumen stärker
steigen lassen, als es ausschließlich durch den Anstieg des Bruttoinlandsproduktes
getrieben worden wäre. Danach waren insbesondere Angebotseffekte - Ausbau der
Netze bei stark sinkenden Tarifen - die Treiber (vgl. Abbildung 7.1).
Im Rahmen von Sensitivitätsanalysen stellt sich beispielsweise die Frage nach
Auswirkungen von einem zurückgehenden Wirtschaftswachstum gekoppelt mit
Veränderungen bei den Rohölpreisen auf das Verkehrswachstum im Luftverkehr.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 93
Abbildung 7.1: Zusammenhang zwischen dem Passagieraufkommen in Deutschland und dem Bruttoinlandsprodukt [6]
Untersuchungen der ADV [6] haben gezeigt, dass die historischen Zusammenhänge
der bekannten Wirkungsketten manchmal nicht oder nur zum Teil zum Tragen
kommen. Ein Beispiel: die Folgen der Ölpreisverteuerung waren bereits ab 2007
spürbar, hatten aber kaum Auswirkungen auf die Luftverkehrsnachfrage. Danach war
der Rohölpreis wieder drastisch gesunken auf das Niveau von Anfang 2005. Die
inflationsdämpfende und kaufkraftsteigernde Wirkung hatte allerdings auch wiederum
keine positiven Effekte auf die Nachfrage. Das weltweit sinkende Bruttoinlandsprodukt
jedoch trieb die Nachfrage nach unten.
Im Privatreisesegment haben analog zum Geschäftsreiseaufkommen nicht nur
negative volkswirtschaftliche Entwicklungen, sondern vielmehr auch ein stagnierendes
verfügbares Einkommen negative Auswirkungen auf das Reiseverhalten der
Passagiere. Bei einer Beurteilung dieses Sachverhaltes helfen Aussagen zu
Einkommenselastizitäten weiter.
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 94
In einer Sensitivitätsanalyse könnte die Reagibilität beziehungsweise Sensitivität der
Verkehrsmodelle auf Veränderungen der Einflussparameter (z.B. Änderung der
wirtschaftlichen Entwicklung oder des Ticketpreises) dargestellt werden, was aber in
beiden Gutachten nicht erfolgt ist. Eine Darstellung der möglichen Ergebnisbandbreite
der Prognosewerte wäre hier hilfreich gewesen.
Betrachtung der Prognosegenauigkeit
Eine Betrachtung der Prognosegenauigkeit kann nicht ausschließlich retrospektiv über
einen Vergleich der prognostizierten Verkehrsgrößen mit den Ist-Größen erfolgen. Wie
bereits zuvor erläutert sind Verkehrsprognosen „Wenn-Dann“ Prognosen. Das
bedeutet, dass bei einem retrospektiven Vergleich zur Feststellung der
Prognosegenauigkeit als auch der grundsätzlichen Prognosemodelltauglichkeit auch
ein Vergleich zwischen der unterstellten zukünftigen Entwicklung der Einflussgrößen
mit der tatsächlichen Entwicklung stattfinden muss. Erst wenn die Einflussgrößen sich
„ungefähr“ so entwickelt haben, wie prognostiziert, aber die Verkehrsgrößen
abweichend eingetreten sind, kann man von einer mangelnden Prognosegenauigkeit
sprechen.
Ein einfacher Vergleich der prognostizierten Verkehrsgrößen mit den tatsächlichen
Verkehrsvolumina reicht zur Beurteilung der Prognosegenauigkeit eines gewählten
methodischen Ansatzes kaum aus.
Szenarienbildung und Ergebnisbandbreite
Beide Gutachten sind als Punktprognosen aufgebaut, in denen für die Prognosejahre
bei den zu prognostizierenden Verkehrsgrößen jeweils ein Prognosewert geliefert wird.
Dieser basiert auf einem mittleren Szenario der Einflussgrößen. Über die plausible
Beschreibung unterschiedlicher Entwicklungsszenarien der Einflussgrößen, lassen
Qualitätssicherung Verkehrsprognosen der Fraport AG Seite 95
sich verkehrliche Prognosewerte für ein „Best Case“ Szenario sowie ein „Worst Case“
Szenario ermitteln. Sowohl das „Best“ wie auch das „Worst Case“ Szenario haben eine
realistische Eintrittswahrscheinlichkeit und sind keine positiven Wunschvorstellungen
oder Krisenszenarien mit unwahrscheinlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten.
Insbesondere die Einflussgröße des Bruttoinlandsproduktes unterliegt gerade in der
Kurzfristprognose gewissen Schwankungen und in der Langfristprognose ebenfalls gut
begründbaren Unterschieden zwischen den prognostizierenden Institutionen. Dies in
Kombination mit unterschiedlichen Einschätzungen zur strategischen Entwicklung des
Angebotes der Fluggesellschaften führt zu unterschiedlichen denkbaren
Entwicklungsszenarien der Einflussgrößen.
Die daraus ableitbaren „Best und Worst Case“ Szenarien führen zu einer denkbaren
Entwicklungsbandbreite der Verkehrsgrößen, wobei diese Bandbreite aus den
Berechnungen der Prognosemodelle nicht zwingend groß sein muss.
Zyklizität und Sättigung der Nachfrage
Die historische Entwicklung der Luftverkehrsnachfrage hat die starke Abhängigkeit von