Ein historischer Diskurs über Idee, Herrschaft, Niedergang und Erneuerung Vorträge auf der Tagung in Vechelde am 13. Sept. 2013 G ärten und P arks im B raunschweiger L and www.gaerten-parks.de www.braunschweigischelandschaft.de www.natur.bsl-ag.de Löwenwall 16 38100 Braunschweig Tel.: 0531-28 019 750 Fax: 0531-28 019 755 [email protected]Braunschweigische Landschaft e.V. AG Natur und Umwelt Projektgruppe Gärten und Parks
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Gärtenund Parksim Braunschweiger Land · Dr. Hans-Henning Grote Von Armillarsphären, Obelisken und Initiationsräumen: Freimaurergärten in Hannover-Marienwerder, Vechelde und Hedwigsburg
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Gärten und Parks spiegeln die Ideen- und Herrschaftsgeschichte der jeweiligen Zeit wieder. Sie sind
ein Schmelztiegel für Moden, Sehnsüchte und Hoffnungen. Die Entwicklungen fanden im europäi-
schen Rahmen statt und in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung in den einzelnen Ländern.
Jedoch niemals losgelöst von den Nachbarn, es war ein ständiger Prozess des Kopierens, Verfei-
nerns und Weiterentwickelns.
Auch das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel war in diesen Fluss der Geschichte eingebettet;
Herrschaft, Adel und Bürgertum eiferten miteinander. Hessen, Antoinettenruh und Salzdahlum
waren Beispiele für eine auch im europäischen Maßstab große Gartenkunst. Sehr viele Gärten und
Parks im Braunschweiger Land sind verschwunden. Die heute noch existierenden Anlagen wie
Vechelde, Wendhausen oder Hedwigsburg lassen von ihrer einstigen Pracht nicht mehr viel er-
kennen.
Die Tagung “Gärten und Parks im Braunschweiger Land” arbeitet an der Geschichte einzelner
Anlagen den Werdegang der regionalen Gartenkultur heraus, sie zeigt eine Einordnung in den
großen europäischen Rahmen auf und gibt Anreiz und Ansporn zur Weiterentwicklung oder auch
Rekonstruktion von historischen Anlagen. Zeitlich bewegt sich die Tagung zwischen dem Barock
und dem 19. Jahrhundert; thematisch ist der Raum weit gespannt. Neben der Herrschafts- und
Baugeschichte werden Aspekte der historischen Gehölzverwendung und der gesellschaftlichen
Wirkungen und Ansprüche an die Entwicklung und Nutzung der Gärten und Parks erörtert.
Die Projektgruppe Gärten und Parks bedankt sich bei allen Referenten für die fundierten und
anregenden Beiträge und bei allen Teilnehmern für das rege Interesse.
Einleitung
Tagung in Vechelde am 13.09.2014
Gärten und Parks im Braunschweiger Land
Prof. Dr.h.c. Gerd BiegelGeschichte ohne Politik - Stationen der braunschweigischen Landesgeschichte und die Freimaurerei
Das Tagungsthema betrifft entscheidende Entwicklungen der Geschichte des Fürsten-
tums Braunschweig-Wolfenbüttel seit dem 18. Jahrhundert. Die historische Epoche wird
an zentralen Stationen der Landesgeschichte kurz dargestellt und dabei besonderes
Augenmerk auf die Freimaurerei im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel gerichtet.
Die Freimaurerei ist ein Kind des 18. Jahrhunderts, entstanden aus bürgerlichen Ideen
der Emanzipation. Ihr Ziel war, eine moralische Welt außerhalb von Staat und Kirche zu
realisieren und zwar »nach innen«, weshalb der Schutz des freimaurerischen Geheimnis-
ses notwendig schien. Man wollte unabhängig von Standesgrenzen im Freimaurerbund
Menschen und Staatsbürger heranbilden, die im Geiste der Aufklärung denken und
handeln sollten, d.h. den Geboten aufgeklärter Vernunft entsprechend moralisch und
vernünftig ihr Leben gestalten.
Es waren in erster Linie Mitglieder der Oberschicht in den Städten, die an Hof und
Verwaltung gebunden waren, die den Gesellschaften der Freimaurer angehörten. Wie
sehr die Freimaurerei im Ideal der bürgerlichen Gesellschaft verwurzelt war – ohne
diesem auch nur annähernd zu entsprechen – wird in »Ernst und Falk« von G.E. Lessing
deutlich erkennbar: »Ihrem Wesen nach ist die Freimäurerei ebenso alt als die bürgerli-
che Gesellschaft. Beide konnten nicht anders als miteinander entstehen. Wenn nicht gar
die bürgerliche Gesellschaft nur ein Sproß der Freimäurerei ist.« Gewidmet war diese
Schrift dem braunschweigischen Herzog Ferdinand.
Elmar ArnholdDie Braunschweigischen Schlösser und ihre Gärten
Der Vortrag gab einen Überblick über die vielfältige Schlösserlandschaft im ehemaligen
Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel bzw. im Herzogtum Braunschweig. Betrachtet
wurden die Epochen seit der frühen Neuzeit (16. Jahrhundert) bis zum Ende der Monar-
chie nach dem Ersten Weltkrieg. Im Mittelpunkt standen die Architekturen der Schloss-
bauwerke und ihre Beziehung zu den Gartenanlagen. Selbstverständlich wurde auch das
Schicksal der zahlreichen, nicht mehr existierenden Schlösser und Gärten im Braun-
schweiger Land beleuchtet und eine ernüchternde Bilanz gezogen.
Prof. Dr. Marcus KöhlerDas Herzogtum Braunschweig als Keimzelle des Landschaftsgartens
In der Zeit um den Siebenjährigen Krieg (1754-1763) bildet sich im Raum zwischen
Weser und Elbe der deutsche Landschaftsgarten heraus. Einen wesentlichen Einfluss
haben die Anlagen in Schwöbber (v. Münchhausen), Harbke (v. Veltheim), Marienwerder
(v. Hinüber) aber auch die herzoglichen Anlagen in Antionettenruh und Richmond
ausgeübt. Ausschlaggebend waren dabei häufig Lieferungen nordamerikanischer
Pflanzen und Samen, die nach einem neuen Gartenstil verlangten. Verbindungen lassen
sich aus dieser Region nach Russland, Italien und England nachweisen.
Tagung in Vechelde am 13.09.2014
Gärten und Parks im Braunschweiger Land
Tagung in Vechelde am 13.09.2014
Gärten und Parks im Braunschweiger Land
Dr. Hans-Henning GroteVon Armillarsphären, Obelisken und Initiationsräumen: Freimaurergärten in Hannover-Marienwerder, Vechelde und Hedwigsburg
Der nach seinem Ursprungsland benannte „Englische Landschaftspark“ entstand etwa
gleichzeitig mit den Anfangsjahren der modernen Freimaurerei um 1717. Dieser neue
Gartenstil kann als Reaktion auf den „Französischen Garten“ u. a. des Andre Le Notre
und seiner Nachfolger sowie der Staatsform des Absolutismus angesehen werden.
Neben italienischen, palladianischen und römisch-antiken Anregungen sind auch
freimaurerische Bedeutungsinhalte in diesen Gärten verarbeitet. Obwohl die erste
deutsche Freimaurer-loge bereits 1737 in Hamburg gegründet wurde, lassen sich
Wirkungen des englischen Landschaftsparks und „Freimaurergärten“ in Deutschland erst
nach dem Siebenjährigen Krieg, also nach der Jahrhundertmitte, nachweisen.
Ein frühes Beispiel bildet der in Resten erhaltene „Englische Landschaftspark“ von
Hannover-Marienweder, der ab 1767 von dem Meister vom Stuhl der Hannoverschen
Johannis-loge „Friedrich zum weißen Pferd“, Jobst Anton von Hinüber, angelegt wurde.
Reste eines Freimaurergarten sind auch in Vechelde zu finden. Sie gehen auf Herzog
Ferdinand zu Braunschweig und Lüneburg zurück, der 1740 Freimaurer und 1772
Großmeister der sogenannten „Strikten Observanz“ wurde. Nur aus zeitgenössischen
Beschreibungen und wenigen erhaltenen Resten kann auch der im englischen Land-
schaftstil ab 1769 angelegte Gutspark von Hedwigsburg bei Wolfenbüttel als Werk des
Freimaurers Albrecht Edmund von Münchhausen erkannt werden. Anhand von einigen
Parkbauten, sogenannten Staffageobjekten und Figuren sollen die freimaurerischen
Symbole und ihre Bedeutung dargestellt werden.
Prof. Dr.h.c. Gerd BiegelFürstlicher Glanz – Investorruine – BürgerengagementDas Welfenschloß in Blankenburg und der Kampf um die Geschichte
Bei dem Welfenschloß in Blankenburg geht es um ein großartiges Bauzeugnis der
braunschweigischen und welfischen Geschichte, das bis auf eine mittelalterliche Burgan-
lage aus dem 11. Jahrhundert zurückgeht. Nach urkundlicher Überlieferung aus dem
Jahre 1123 war das »castrum blankenburch« im Besitz von Herzog Lothar von Sachsen,
dem Süpplingenburger, der 1125 König und Kaiser wurde (Lothar III.) und eine bedeuten-
de Rolle als »Friedensfürst« in der deutschen Reichsgeschichte spielte. Er hatte seinen
Verwandten, den Grafen Poppo mit Burg und Grafschaft Blankenburg belehnt. Das
Geschlecht der Grafen von Blankenburg-Regenstein starb 1599 aus und der braun-
schweigische Herzog Heinrich Julius fügte das erloschene Lehen wieder in das Fürsten-
tum Braunschweig-Wolfenbüttel ein.
Die Glanzzeit Blankenburgs folgte in der Zeit von Herzog Ludwig Rudolph im 18. Jahr-
hundert. Im familiären Netz der Höfe von Wien und St. Petersburg glänzte auch die
barocke Residenz hoch über der Stadt Blankenburg und damit der Ort Blankenburg
selbst. Als Ludwig Rudolph schließlich regierender Herzog des Fürstentums Braun-
schweig-Wolfenbüttel wurde und in das Schloß von Wolfenbüttel umzog, blieb Schloß
Blankenburg Sommerresidenz der braunschweigischen Herzöge. Herzog Ernst August
und Herzogin Victoria Luise nutzten nach der Thronbesteigung in Braunschweig das
beeindruckende Schloß am nördlichen Harzrand. Die wechselvolle Geschichte des
Großen Schlosses in Blankenburg als »Volkseigentum« in der Zeit der DDR bedeutete
weiterhin Nutzung und Schutz vor jenem barbarischen Verfall durch investorbedingten
Leerstand wie dies ab 1992 geschah und das Gebäude ernsthaft bedrohte. Seit 2004
finden durch den Verein »Rettung Schloß Blankenburg«, mit Unterstützung des Landes
Sachsen-Anhalt, der Denkmalpflege, zahlreicher Stiftungen - auch aus Braunschweig -
und engagierter Privatpersonen Sicherungsarbeiten und die langwierige Sanierung statt.
Dr. Michael NiedermeyerÜber die 'Lesbarkeit' von Gartenprogrammen im 18. Jh.: Repräsentation, Politik und Geheimbünde"
Die Frage nach der ikonographischen "Lesbarkeit" herrschaftlicher Gärten,
insbesondere von adligen Landschaftsgärten ist in den letzten fünfzig Jahren verstärkt
in den Fokus gartenhistorischer Forschungen gerückt. Die jeweilige Herkunft der
einzelnen Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen leitet oft genug das
methodische Herangehen beim Identifizieren von Bedeutungsabsichten der
Gartengestalter. Der Vortrag möchte mit einem, die geschichtlichen Hintergründe
einbeziehenden Ansatz prominente Gärten des 18. Jahrhunderts in Deutschland und
Europa daraufhin befragen, ob die wiederholt vorgenommen Deutungen der Gärten
als Programmräume freimaurerischer Initiationen, freiheitlich-utopischer
Alternativentwürfe oder politischer Selbstinszenierungen vor dem historischen
Hintergrund tatsächlich plausibel erscheinen.
Simone RubyDer Umgang mit den herrschaftlichen Parkanlagen in Sachsen- Verwaltung, Pflege und Erhaltung -
Der Vortrag führt in die Entstehung, Geschichte und jetzige Bedeutung der
Sächsischen Parkverwaltung ein und soll beispielhaft den Umgang mit einer größeren
Anzahl historischer Gärten skizzieren sowie den Umfang, die Tätigkeit, den
Personalaufwand (Pflege u. Planung) sowie die Finanzierung von Parkpflege
verdeutlichen.
Dr. Angela KleinCampes Garten in Braunschweig: “Das Ganze soll eine sinnbildliche Darstellung des menschlichen Lebens sein”.
Joachim Heinrich Campe (1746 - 1818) schuf in Braunschweig eine Gartenanlage. Bereits
1792 hatte er einen ersten, noch relativ kleinen Garten erworben. 1797 kaufte er dann
von dem Reichsgrafen Christian Friedrich Toene von Lüttichau 48 braunschweigische
Morgen Grund und Boden, von denen rund 30 braunschweigische Morgen den eigentli-
chen Garten ausmachten. Hier errichtete er später auch sein Gartenhaus, ein Treffpunkt
für seine Familie und viele Gäste. Restflächen dieses Gartens sind noch heute unter der
Bezeichnung Viewegs Garten vorhanden.
Campe, der sich um seinen Garten selbst intensiv kümmerte, hat nach den Vorstellungen
der Zeit einen Nutz- und Lustgarten geschaffen und auf dem Gelände nach eigenen
Aussagen 33.000 Bäume angepflanzt.
Als großer Gartenfreund hatte er zuvor auf seinen Reisen zahlreiche Gärten besucht.
Besonders schätzte er dabei den Garten beim Schloss Weißenstein (heute Kassel
Wilhelmshöhe) und die Gärten in Wörlitz. Auf seinen Reisen lernte Campe aber auch die
Gärten in Blackheath, Richmond und Kew sowie die in Versailles und Ermenonville
kennen.
Besucher seines Braunschweiger Gartens beeindruckte vor allem der von ihm angelegte
Lebenspfad, dessen Nähe zur Freimaurerbewegung betrachtet werden soll.
Tagung in Vechelde am 13.09.2014
Gärten und Parks im Braunschweiger Land
Dr. Eckhard GarveHistorische Gärten und Parks und ihre Bedeutung für den Pflanzenartenschutz
Historische Gärten und Parkanlagen sind nicht nur ein Anziehungspunkt für
Erholungssuchende, sondern gleichzeitig ein Rückzugsort für viele Tier- und
Pflanzenarten, die in unserer oft intensiv genutzten Kulturlandschaft selten geworden
sind. Insofern verwundert es nicht, dass in dem am 1. März 2010 in Kraft getretenen
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) gleich an mehreren Stellen derartige Anlagen
direkt oder indirekt angesprochen werden: In §1 (1) wird darauf verwiesen, dass Natur
und Landschaft im besiedelten und unbesiedelten Bereich zu schützen sind, in §1 (4)
werden speziell historisch gewachsene Kulturlandschaften erwähnt, die mit ihren Kultur-,
Bau- und Bodendenkmälern zu bewahren sind und in §1 (6) werden Freiräume im
besiedelten und siedlungsnahen Bereich wie Parkanlagen, großflächige Grünanlagen,
Bäume und Gehölzstrukturen explizit genannt, die nicht nur zu erhalten, sondern dort,
wo sie in nicht ausreichendem Maße vorhanden sind, neu zu schaffen sind.
An ausgewählten Beispielen wird dargestellt, wie mit einfachen Maßnahmen
geschichtsträchtige Anlagen zum Erhalt der historisch gewachsenen Artenvielfalt
beitragen können. Dazu gehören auch “Stinsenpflanzen”, zu Deutsch “Parkpflanzen” als
Zeigerpflanzen alter Gartenkultur.
Susanne RichterGartenkunst und Gehölzvielfalt – Herausforderungen für die Gartendenkmalpflege. Das dendrologische Erbe in den Gärten Eduard Petzold's - ein Projekt zur Revitalisierung
Das Referat basiert auf Ergebnissen eines 3jährigen Forschungsprojektes mit der
Thematik „Biodiversität und historische Gehölzvielfalt im 19. Jahrhundert", bearbeitet in
der Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau" in Bad Muskau. Mit großzügiger finanziel-
ler Unterstützung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück konnten
Untersuchungen zur Gehölzvielfalt in historischen Gärten Eduard Petzolds in den
Projektländern Polen, Tschechien, den Niederlanden und Deutschland erfolgen. Mit
Forschungen zur Umsetzung der tradierten Planungen Petzold's, im Bezug auf Aussagen
über eine bis heute erhaltene, vitale dendrologische Vielfalt, beschäftigte sich das Projekt
mit den Möglichkeiten einer Nachzucht von historischer Gehölzsubstanz.
Petra Schoellkopf.Gärten und Parks der Öffentlichkeit präsentieren – in den klassischen und neuen Medien
Auf der Grundlage von Ergebnissen der Potenzialanalyse Gartenhorizonte 2012 wurde
den Fragen nachgegangen warum und mit welchen Medien die Öffentlichkeitsarbeit
sinnvoll ist: Was nutzen und wünschen Gartenbesucher zur Vorbereitung ihres Gartenbe-
suches - klassische oder neue Medien? Welche Gärten können sich der Öffentlichkeit in
Hinblick auf die hohe Zufriedenheit der Besucher von Gärten und Parks in Niedersachsen
präsentieren? Daraus lassen sich Trends und Möglichkeiten für die eigene online-
Kommunikation ableiten und Mehrwerte durch Vernetzung erzielen. Eine andere
Möglichkeit ist die Nutzung von bestehenden Portalen für die Öffentlichkeitsarbeit, z.B.