Inhaltsverzeichnis: 1. Einführung:……………………………………………………...2 2. Zur Problematik über die Anfänge polnischer Städte:……….2 3. Von der Burg zur Stadt:………………………………………...4 3.1. Frühstädtische Entwicklung in Großpolen: …………………..5 3.1.1. Entwicklung großpolnischer Zentren am Beispiel von Posen:…………………………………………………………….10 3.2. Frühstädtische Entwicklung in Kleinpolen:…………………13 3.2.1. Entwicklung kleinpolnischer Zentren am Beispiel von Krakau: …………………………………………………………...15 4. Schlussbetrachtung:…………………………………………….17 5. Literaturverzeichnis:……………………………………………19 1
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Groß- und Kleinpolen im Hochmittelalter. Frühstädtische Entwicklung in Groß- und Kleinpolen im 10. – 13. Jahrhundert
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Inhaltsverzeichnis:
1. Einführung:……………………………………………………...2
2. Zur Problematik über die Anfänge polnischer
Städte:……….2
3. Von der Burg zur Stadt:………………………………………...4
3.1. Frühstädtische Entwicklung in Großpolen:
…………………..5
3.1.1. Entwicklung großpolnischer Zentren am
Beispiel von Posen:…………………………………………………………….10
3.2. Frühstädtische Entwicklung in
Kleinpolen:…………………13
3.2.1. Entwicklung kleinpolnischer Zentren am
Beispiel von Krakau:
…………………………………………………………...15
4. Schlussbetrachtung:…………………………………………….17
5. Literaturverzeichnis:……………………………………………19
1
1. Einführung:
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf
die dynamische Entwicklung polnischer
frühstädtischen Zentren der Piasten. In der
modernen Forschung gibt es verschiedene
Standpunkte und oft wird spekuliert. Um an
Antworten zu gelangen, habe ich mich mit
mehreren Arbeiten auseinandergesetzt. Und um
nicht einseitig an das Thema einzugehen, habe
ich Literatur von deutschen wie polnischen
Wissenschaftler beigezogen. Die historischen
Ereignisse spiegeln sich in den verschieden
Gesichtspunkten der Forscher. Dabei habe ich
auch mit Aufsätzen und Monographien gearbeitet,
die den aktuellen Forschungsstand
repräsentieren. Im Rahmen meiner Hausarbeit
lässt sich nicht die Literatur vollständig
aufführen. Ich habe versucht die wichtigste und
die meist verwendete Werke herauszufinden und
zu erforschen.
Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt in der
Frage nach der Entstehungsgeschichte polnischer
Vorstädte und deren Entwicklung zur Städten.
Dabei bemühe ich mich die Bedeutung der
Burgsiedlung im Prozess der Städtewerdung
herauszuheben. Angesichts der Grundterritorien
Polens, nämlich Großpolen und Kleinpolen,2
versuche ich jenen Faktoren herauszufinden, die
die frühstädtische Entwicklung bestimmten.
2. Zur Problematik über die Anfänge
polnischer Städte:
Die Frage nach der Anfänge und der Entwicklung
der Städte in Polen ist sehr komplex. Die
sogenannte Kolonialtheorie, die durch deutsche
Historiker formuliert wurde besagt, dass die
Anfänge der Städte in Polen im 13. Jahrhundert
liegen1. Demnach kann man von einem Städtewesen
in der Zeit vor der deutschen Lokation nicht
reden, sondern eher von einer Art vorstädtische
Siedlungen. Nach dem Ersten Weltkrieg wandte
sich die Interesse der polnischen
Geschichtsschreibung der vorkolonialen
Entwicklungsphase Zentren städtischer
Charakter. Kaziekierz Tymieniecki schreibt,
dass die Entstehung einer Stadt nicht nur im
rechtlichen, sondern auch im wirtschaftlichen
und topographischen Sinne als Erscheinung zu
behandeln ist. Daher bezeichnet die Lokation
1 Szaja, R.: Bilanz und Perspektiven der polnische
Städteforschung; in: Duchhard, H. u.a. (Hrsg.):Städteforschung, Stadt und Region, Köln1 2005, Reihe A, Bd. 65,S. 15-16 Elektronisch zugänglich unter:(http://books.google.de/ ) Letzter Zugriff (14.08.2012)
2 Schich, W.: Wirtschaft und Kulturlandschaft, Gesammelte
Beiträge 1977 bis 1999 zur Geschichte des Zisterzienser und der „Germanica Slavica“, Bd. 12, Berlin1 2007, S. 224-237 Elektronisch zugänglich unter: (http://books.google.de/) Letzter Zugriff (12.08.2012)3 Gawlas, S.: Die lokationswende in der Geschichtemitteleuropäischer Städte; in: Mühle, E.: Städteforschung,Rechtsstadtgründungen im mittelalterlichen Polen, Köln u.a.2011, Reihe A, Bd. 81, S. 78
als Städte bezeichnet werden, denn „nicht nur durch
ihr Recht wird die Stadt zur Stadt, sondern auch durch
Bevölkerungszahl, Siedlungsform, Wirtschaftsweise und
Zentralität“. Zufolge hat sich nicht die Stadt
nach Osten ausgebreitet, sondern die ausgebaute
im Westen „städtische Gemeindeverfassung“5.
Die moderne Forschung unterscheidet drei Phasen
der Verstädterung in der Vorlokationsperiode.
Die erste Phase umfasst die Entwicklung des
sogenannten „Keim der Stadt“ vor der Entstehung
des polnischen Staates unter den Piasten. Die
zweite Phase behandelt die Zeit der
frühpiastischen Monarchie bis zum Anfang des
11. Jahrhunderts. Und die letzte Phase
4 Szaja, R.: Bilanz und Perspektiven der polnischeStädteforschung, S. 16-305 Schich, W.: Wirtschaft und Kulturlandschaft, S. 231-233
5
entspricht die Entwicklung des Stadtwesens als
Vorgänger der Lokation6.
3. Von der Burg zur Stadt:
Heute ist uns über die Zeit der sogenannten
„Stadtkeime“ nur wenig bekannt. Die Forschung
stützt sich vor allem an archäologische
Erkenntnisse. Die Zeit der frühpiastischen
Monarchie ist dank schriftlicher Quellen etwas
eindeutiger. Bei dem Erforschen der
Anfangsphase der Städteentstehung unterscheidet
man zwei Typen von städtischen Siedlungen,
nämlich Stadtkeime und Städte mit Lokalrecht7.
Die Stadtkeime stellen Zentren dar, in denen im
Rahmen einer Burg eines Feudalherrn, Kaufleute
und Handwerker siedelten. Dabei erledigte die
Bevölkerung weiterhin bäuerliche Arbeiten. Bei
den Städten mit Lokalrecht handelt es sich um
typisch mittelalterliche Städte, die aber über
die volle Rechtsautonomie nicht verfügten8. Die
sogenannten Burgstädte bezeichnen eine Art6 Andrzej, W.: Die polnische mediävistische Forschung zu Fragender Genese und Entwicklung der Stadtformen in derVorlokationszeit (eine Forschungsbilanz); in: Brachmann, H.(Hrsg.): Burg-Burgstadt-Stadt, Zur Genese mittelalterlichernichtagrarischer Zentren in Ostmitteleuropa, Berlin 1995, S.28-297 Hensel, W.: Anfänge der Städte bei den Ost- und Westslawen,Bautzen 1967, S. 298 Hensel, W.: Anfänge der Städte, S. 30
6
stadturbane Siedlungen. Diese Siedlungskomplexe
bestanden meist aus einem Burgwall mit
zugehöriger nichtagrarischen Suburbien
(Handwerkersiedlung) und einer offenen
Siedlung. Wahrscheinlich wurde die piastische
Herrschaft durch Statthalter in den abhängigen
Burgwällen gesichert. In den schriftlichen
Quellen seit dem 11. Jahrhundert ist auch die
Rede von spezialisierten Handwerkern als
fürstliche Dienstleute9. Die zentralen
Burgwälle besaßen neben den Gefolgschaften der
weltlichen Macht auch kirchliche Gemeinden als
Vertreter der geistlichen Macht. Diese
Siedlungskomplexe stellten nicht nur politisch-
kirchliche Zentren dar. Sie durften überwiegend
an gewerbliche und kaufmännische
Beschäftigungen orientiert gewesen sein10.
Archäologische Zeugnisse datieren die
Entstehung einiger der wichtigsten piastischen
Burganlagen wie Posen, Gnesen und Kruszwica, im
Sinne der multifunktionalen
Siedlungsagglomeration, erst im 10.
Jahrhundert. Was zu bedeuten hat, dass sie
keine Jahrhundertlangen Geschichte haben,9 Brather, S.: Archäologie der Westlichen Slawen, in: Beck, H.u.a. (Hrsg.): Ergänzungsbände zum Reallexikon der germanischenAltertumskunde, Bd. 61, Berlin2 u.a. 2008, S. 146-14910 Evamaria, E.: Wege zur mittelalterlichen Stadt; in:Brachmann, H. (Hrsg.): Burg-Burgstadt-Stadt, Zur Genesemittelalterlicher nichtagrarischer Zentren in Ostmitteleuropa,Berlin 1995, S. 13-19
7
sondern sind sie das Ergebnis einer rasanten
und dynamischen Entwicklung. Andere wiederum
entstanden als direkte Folge einer
Herrscherinitiative11.
3.1. Frühstädtische Entwicklung in Großpolen:
Großpolen stand nicht unter dem großen Einfluss
des Fernhandels, denn das Land befand sich weit
von den damaligen Handelsstraßen. Daher verlief
auch die Städteentwicklung anders als in
Kleinpolen12.
Bereits vor der Entstehung des polnischen
Staates traten große Veränderungen des
Burgnetzes. Viele Burgen im Südwesten
Großpolens verschwanden oder sanken auf die
Stufe eines Dorfes. Dafür kam es aber zu einer
Verdichtung des Burgnetzes im Zentrum
Großpolens13.
Anhand aufgefundenen Waffen und Reiterrüstungen
wird die oben erwähnte Präsenz lokaler Fürsten
und bewaffnete Gefolgschaften belegt. Dies wird
als der Anfang militärischer Kräfte angesehen,
11 Brather, S.: Archäologie der Westlichen Slawen, S. 149-15312 Hensel, W.: Anfänge der Städte, S. 50-5713 Zofia, K.: Frühstädtische Entwicklung an den Zentren derPiasten in Großpolen; in: Brachmann, H. (Hrsg.): Burg-Burgstadt-Stadt, Zur Genese mittelalterlicher nichtagrarischerZentren in Ostmitteleuropa, Berlin 1995, S. 133-135
8
was für die Herausbildung des polnischen
Staates eine Grundlage war. Die hohe
Konzentration des Burgnetzes in Großpolen
bedeutete eine starke Konzentration der fast
gesamten militärischen und sozialen Kräfte im
Zentrum Großpolens. In diesen Burgen gibt es
keine eindeutigen Belege für einen
Großfernhandel14. Umso bemerkenswerter ist der
Aufschwung handwerklicher Produktion in den
folgenden Jahren.
Zwischen den 10. und 11. Jahrhundert macht sich
eine hierarchische Herausbildung der
frühpiastischen Burgen bemerkbar. Die Anlagen
Gnesen, Posen, Ostrow Lednicki, Giecz und
Grzybowo sondern sich als Hauptburgen der
frühpiastischen Monarchie aus. Sie wurden dicht
aneinander gebaut und zeichneten sich durch
eine beträchtliche Größe aus. Die Burgen ersten
Ranges wurden stark befestigt und hatten eine
hohe Zahl an Bewohner. In der Umgebung der
Burgen ist eine intensive agrarische
Kolonisation zu beobachten.
Die Burgen zweiten Ranges wurden eher an
strategischen Stellen gebaut. Meist baute man
aber kleine gut befestigte Burgen im Hinterland
der Hauptburgen oder auch in Knotenpunkte der
Siedlungszonen. Insgesamt hat sich die Zahl der
14 Zofia, K.: Frühstädtische Entwicklung…, S. 132-1339
neuen Siedlungen und der kleinen Burgen bis zum
Anfang des 11. Jahrhunderts verdreifacht 15.
Die Entstehung neuer Siedlungen und
Burgkomplexe unter den Piasten war das Ergebnis
planvoller Umsiedlung der Bevölkerung aus
anderen Teilen Großpolens. Besonders die neuen
Siedlungskammern im Zentrum Großpolens
bestimmten die Siedlungsstruktur des Raumes im
Hochmittelalter16.
Die erstrangigen Burgen Großpolens waren alle
durch das Wassersystem von Warthe verbunden.
Die strategische Raumeinteilung des Burgnetzes
an Flüsse ermöglichte direkte
Verkehrsverbindungen zu Westpommern,
Ostpommern, Mittelpolen, sowie zu den
russischen Ländern. Durch planmäßige Besiedlung
schaffte der neue Staat nach und nach ein Netz
von Land- und Wasserstraßen17.
Abgesehen von dem Rechtsstatus, besaßen die
erstrangigen Burgstädte der frühpiastischen
Monarchie alle Merkmale, die für eine
mittelalterliche Stadt typisch waren. Die
Burgwällen dienten der Demonstration und der
Repräsentation der piastischen Macht. Die
Konzentration der fast gesamten militärischen
Kräfte im Centrum Großpolens spiegelte sich in
15 Ebd., S. 13516 Ebd., S. 138-13917 Ebd., S. 139-140
10
der ständigen Vergrößerung und Verbesserung der
Burgkomplexe wieder18. Die Tatsache, dass diese
Burgen nur selten einen fremden Angriff nicht
überstehen konnten, zeugt von der hohen
Verteidigungswert dieser Befestigungsanlagen19.
Wie schon erwähnt stellten die Burgwälle nicht
nur politische, sondern auch wirtschaftliche
und sakrale Standorte dar. Als
Herrschaftsresidenzen zeugen sie von
bemerkenswerter Architektur. Gleichzeitig
erfüllten sie die Funktion von Verwaltungs- und
Gerichtszentren. Die hochrangigen Burgen waren
die ersten polnischen Zentren des Christentums,
der Kunst, der westlichen Kultur usw. Die
Burgen dieser Gruppe stellten die Anfänge des
Schulwesens und die Entwicklung des Schrifttums
dar20.
Die wirtschaftlichen Funktionen der
frühpiastischen Burgen verlagerten sich in die
Suburbien. Deren Aufgaben waren vor allem die
Bedürfnisse der Herrschaftselite zu
befriedigen. Also kurz gesagt, stellten die
Burgen eher Konsumzentren dar21. Die kleineren
Burgen erfüllten zum größten Teil
Abgabepflichten zu den erstrangigen Burgen. Im
Bereich der Dienstleistungs- und der18 Brather, S.: Archäologie der Westlichen Slawen, S. 121-12619 Archäologie der Westlichen Slawen, S. 14120 Ebd., S. 141-14221 Schich, W.: Wirtschaft und Kulturlandschaft, S. 239-249
11
Produktionsverhältnisse waren sie also
überwiegend nicht autark.
Von größerer Bedeutung für den wirtschaftlichen
Aufschwung des Burgnetzes waren die
Handelskontakte Großpolens. Archäologische
Funde von Waagen und Gewichten, von Importwagen
sowie eine hohe Menge an aufgefundene
Silberschätze aus dem 10. und 11. Jh. in den
Machtzentren und ihrem Hinterland, bezeugen die
offensichtlich schwerwiegende Rolle des
Fernhandels für die Wirtschaft des Staates.
Großpolen nahm aktiv an den Ostseefernhandel
teil22. Das hohe Niveau der frühstädtischen
Töpferproduktion im 12.Jh. deckte nicht nur den
lokalen bedarf, sondern forderte es die
Umgestaltung der Keramikproduktion benachbarter
Länder heraus. Dabei ist es den Zustrom fremder
Erzeugnisse zu erwähnen. Gefässe aus
Edelmetall, Glas und Keramik waren begehrte
Handelsware. Empfänger importierter Erzeugnisse
waren vor allem geistliche und weltliche
Repräsentanten. Der Zufluss von Luxuswaren ist
nicht selten durch Schenkungen zu erklären. Bei
Besuchen von Monarchen, wie z.B. das Treffen in
Gnesen, wurden Geschenke verschiedenster Art
überbracht - von Edelmetallgefässe bis zu
unfreien Menschen. Die Zufuhr verschiedener
22 Zofia, K.: Frühstädtische Entwicklung…, S. 142-14312
Güter sowie auch neuer Ideen und Methoden,
bewirkten auch die Besuche geistlicher
Missionare, Hofrepräsentanten, Krieger und
dienstliche Handwerker23. Diese Wanderungen
haben zum multikulturellen Charakter der Burgen
beigetragen.
Die Krise Polens in der zweiten Hälfte des 11.
Jahrhunderts entzog die führende politische
Rolle Großpolens. Die politische Herrschaft
verlegte sich nach Kleinpolen. Im südöstlichen
Großpolen spiegelte sich die Krise in den
Besiedlungsrückgang wieder. Die zerstörten
Großburgen in Gnesen, Posen, Ostrow Lednicki
und Giecz wurden wiederaufgebaut und wie
anderen Kleinburgen zu Kastellaneiburgen
verwandelt. Nur Gnesen und Posen behielten ihre
politische Stellung24.
Trotz veränderter geopolitischer Stellung kann
man in der Periode zwischen den 11. und 12. Jh.
von einen Entwicklungsprozess der Vorstädte zu
Städte mit Lokalrecht ausgehen. Die
Kastellaneiburgen konnten sich weiterhin als
Militärzentren und Besiedlungs- sowie
Verkehrsknotenorte behaupten. Die23 Dzieduszycki, W.: Zum Studium weitreichender Kontaktefrühstädtischer Zentren am Beispiel der Diffusion keramischerImporte nach Polen im 10.-13. Jh.; in: Hensel, W. (Hrsg.):Archaeologia Polona, Journal of Archaeology, Vol. XIX, 1980,S.79-83 Elektronisch zugänglich unter:(http://www.iaepan.edu.pl/archaeologia-polona/) LetzterZugriff (14.08.2012)24 Zofia, K.: Frühstädtische Entwicklung…, S. 144-145
wichtigste und im allgemeinen einzige Ziel der Herrscher-denen die
Adelige folgten-war […], also eine bessere Bewirtschaftung von Teilen
des Landes durch eine Erhöhung der Bevölkerungsdichte, eine
Verbesserung der landwirtschaftlichen Anbaumethoden, eine
Ordnung der Beziehungen zwischen Herren und Untertanen auf
neuer Grundlage, eine Belebung des städtischen Lebens, des Handels
usw.“26. Die Einzelheiten dieses Prozesses werde25 Ebd., S. 144-14526 Gawlas, S.: Fürstenherrschaft, Geldwirtschaft undLandesausbau. Zum mittelalterlichen Modernisierungsprozess impiastischen Polen; in: Mühle, E.: Städteforschung,Rechtsstadtgründungen im mittelalterlichen Polen, Köln u.a.
14
ich am Beispiel von Posen und Krakau in den
folgenden Kapiteln deutlicher machen.
Im Allgemeinen löste die Siedlungswelle die
traditionellen Strukturen Großpolens durch
Lokationen ab. Die ältere Burgzentren wurden
durch neue Städte ersetzt. Im Großen und Ganzen
behielt sich aber die alte Raumplanung. Also
die Lokationsstädte wurden in unmittelbarer
Nähe der älteren Burgen gebaut27. Die ehemaligen
Burgen kamen oft in kirchliches Eigentum oder
wurden verlassen. Das alte Landstraßennetz
wurde durch neue Verkehrsstraßen ergänzt.
3.1.1. Entwicklung großpolnischer Zentren am
Beispiel von Posen:
Als deutlich ausgeprägtes Beispiel
Stadtkeimanlagen heben sich die stark
befestigten Burgen von Gnesen und Posen ab.
Die hohe Zahl an Tongefäßen deutet auf breiten
landwirtschaftlichen Tätigkeiten. Andererseits
weisen Bodenfunde auf Handwerksarbeiten und
Handelstätigkeiten hin. Die Erscheinung der
befestigten Suburbia während des 9. Jh. und zu
2011, Reihe A, Bd. 81, S. 14-1527 Heyde, J.: Geschichte Polens, München 2006, S. 16-18
15
Anfang des 10. Jh. zeugt von verstärkte
Tendenzen einer Urbanisierung28.
Posen ist eine der ältesten Städte Polens und
gehört zu den Hauptzentren der piastischen
Monarchie. Zwar ist das Posener Land bereits
seit 10 000 Jahren besiedelt, aber von
polnischen Siedlern entlang der Fluss Warthe
und ihrer Nebenflüsse wissen wir erst seit dem
9. Jahrhundert29. Die Stadt Posen entstand auf
der heutigen Dominsel, genannt auch „Ostrow
Tumski“, unter Mieszko als ein hölzernes
Bollwerk. Spätestens gegen Ende des 10.
Jahrhunderts zeichnete sich die Stadt durch
eine stark befestigte Burg und Suburbia,
umgeben von Holz-Erde- bzw. Stein-Wallanlagen30.
Schon im 11. Jahrhundert war die Stadt so dicht
besiedelt, dass ständige Vergrößerungen
benötigt wurden. Die günstige Lage an den
uralten Handelspfaden zwischen West- und
Osteuropa ermöglichte die rasche Entwicklung
des Siedlungskomplexes. Im Raum des Suburbiums
des Posener Landes lassen sich die lebhafte
politische und kulturelle Beziehungen u.a.
durch die Überreste von zwei Kirchen belegen,28 Hensel, W.: Anfänge der Städte, S. 50-5829 Schulze, H.: Das Posener Land (Warthe- und Neßegau),Bevölkerung, Siedlungen, Verkehr und Wirtschaft; in: Deutschewissenschaftliche Zeitschrift für Polen, Sonderheft 5, TeilIII, Posen 1925, S. 235-24130 Ludat, H.: Deutsch-slawische Frühzeit und modernespolnisches Geschichtsbewusstsein, Ausgewählte Aufsätze, Köln1969, S. 74-75
16
die die Merkmale romanischer und vorromanischer
Kultur vorweisen31. Posen wuchs zu einen der
wichtigsten politischen, wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Zentren Polens32. Neben
der Residenz des polnischen Herrschers, wurde
auf der Dominsel die erste Kathedrale Polens
„St. Peter und Paul“ gebaut. Als erstes
polnisches Bistum spiegelte sich die große
sakrale Rolle Posens in der Innenausstattung
der Burg wieder. Die geistlichen Präsenter
wurden von den weltlichen deutlich durch einen
Wall getrennt. Mit der hohen
Siedlungskonzentration bei der Burg,
entwickelten sich auch mehrere Siedlungen mit
einem Marktplatz entlang der Warthe auf beiden
Seiten33. Es ist anzunehmen, dass die erhöhte
Besiedlung im Hinterland Posens durch
Herrscherinitiative hervorgebracht wurde. Man
zielte die Stabilisierung des Landverkehrs34.
Durch den Bau von Straßen und Brücken wurde
Posen einen Teil von dem großen Netz von Land-
und Wasserstraßen in Großpolen.
Die mächtige Befestigung der Posener Burg hielt
mehrmals fremde Angriffe auf. Zwischen den 11.
und 12. Jh. verwandelte sich die Stadt zum
Zentrum eines Kastellaneibezirkes. Die Epoche31 Ebd., 7632 Hensel, W.: Anfänge der Städte, S. 240-24133 Zofia, K.: Frühstädtische Entwicklung…, S. 13634 Ebd., S. 140-141
17
der Teilfürstentümer Polens war die Zeit
wirtschaftlicher Entfaltung der Stadt. Die
Ausbreitung der Hofhaltungen, die Ausdehnung
der inneren Verwaltung, sowie der Landesausbau
trugen zu einer Belebung des Verkehrs und
folglich zu große Handelstätigkeiten bei. Als
Knotenpunkt zwischen den Westen und Osten wurde
Posen Heimat zahlreicher fremder Siedler35.
Wie schon vermerkt öffneten die großpolnischen
Fürsten ihr Land den wachsenden westlichen
Unternehmerkräften und förderten damit den
geopolitischen Anstieg Polens. Schon Anfangs
des 12. Jahrhunderts rief Mieszko der Alte den
Johanniterorden ins Posener Land und schenkte
ihm auf dem östlichen Ufer der Warthe ein Stück
Land. Im Jahr 1187 wurde hier die
Johanneskirche gebaut. Die Anwesenheit des
Johanniterordens bewirkte auch den Bau des
ersten Krankenhaus Posens. Unter dem deutschem
Einfluss begann im 12. Jh. in Posener Land die
Errichtung von Bauten aus Stein. Am Anfang des
13. Jh. entstand zwischen dem „alten Posen“ auf
der Dominsel und der Johannitersiedlung ein
Gemeinwesen, bekannt mit dem Namen „Srodka“36.
Spätestens im 1242 bewirkte der damaligen
Bischof Boguchwal die Verlegung der Dominikaner
35 Ludat, H.: Deutsch-slawische Frühzeit und …, S. 7836 Ludat, H.: Posen vor der Lokation; in: Rhode, G. (Hrsg.):Geschichte der Stadt Posen, Neuendettesau 1953, S. 7-8
18
von „Srodka“ auf dem westlichen Ufer der
Warthe, womit sich die Agglomeration von der
alten Burg auf der Dominsel auf eine
Lokationsstadt verschob. Die Stadt wurde im
Schachbrettmuster um den Marktplatz angelegt37.
So überließ die einst hochrangige Burg Posens
ihren Platz der neuen Burgstadt, die der neuen
wirtschaftlichen und militärischen
Konstellation gewachsen war. Der Fürst Przemysl
begann ab dem Jahr 1247/1249 überwiegend in der
neuen Stadt zu residieren. Ab diesem Zeitpunkt
begann sich Posen als unangefochtenen
Machtzentrum von Großpolen zu etablieren38. Dank
ihrer günstigen Lage an der Kreuzung wichtiger
Handelswege kam die deutsche Neustadt zu
wirtschaftlicher und kultureller Blüte nach
westeuropäischem Vorbild. Im Jahr 1253 verlieh
der großpolnische Herzog Przemysl der neuen
Stadt das Magdeburger Stadtrecht. In den
folgenden Jahren entstanden bemerkenswerte
städtische Bauwerke, u. a. das Rathaus, die
Stadtwaage, die Pfarrkirche.
37 Jurek, T.: Derposener Lokationsprozess; in: Mühle, E.:Städteforschung, Rechtsstadtgründungen im mittelalterlichenPolen, Köln u.a. 2011, Reihe A, Bd. 81, S. 230-23138 Ebd., S. 228-230
19
3.2. Frühstädtische Entwicklung in Kleinpolen: Leider ist der Stand der Forschung der
Burgsiedlungen auf dem Gebiet Kleinpolens im
Vergleich mit Großpolen sehr dürftig und bietet
keine Möglichkeit eine umfassende
Auseinandersetzung mit der Entwicklung
vorstädtischer Zentren vorzunehmen. Viele neue
Erkenntnisse durch weitere Ausgrabungen stehen
vor39.
Insgesamt sind etwa 315 frühmittelalterliche
Burgen in Kleinpolen registriert. Am besten
sind u.a. die Burgwälle von Krakau, Stradow,
Chrodik und Sasiadka erforscht. Die
Burgsiedlungen sind vor allem im nördlichen
Teil Kleinpolens konzentriert. Im Vergleich mit
Großpolen ist deren Anzahl relativ niedrig.
Also kurz gesagt ähnelt sich die Verbreitung
vorstädtischer Siedlungen in Kleinpolen der
Situation in Böhmen und Mähren40.
Die Versuche kleinpolnischer Stadtkeime
zeitlich einzuordnen sind dank Zaki`s
kritischer Bearbeitung der Funde in Chrodik
etwas eindeutiger. Die Anfänge kleinpolnischer
39 Poleski, J.: Frühmittelalterliche Burgen in Kleinpolen; in:Henning, J. – Ruttkay, A. (Hrsg.): FrühmittelalterlicherBurgenbau in Mittel- und Osteuropa, Bonn 1998, S. 29240 Zaki, A.: Die frühmittelalterlichen Burgwälle in Kleinpolen;in: Aubin, H. u.a. (Hrsg.): Zeitschrift für Ostforschung,Syntagma Friburgense, Festschrift für Hermann Aubin, Jahrgang10, Marburg 1961, S. 370
20
Vorstädte liegen im 8./9. Jahrhundert41. Also
der Ursprung Stadtkeime Kleinpolens liegt
zeitlich deutlich früher wie in Großpolen.
Deren Existenz dauerte aber etwa bis zum
spätestens 12. Jh. nach der Eingliederung
Kleinpolens in den Piastenstaat. Und zwar
existierten sie nicht mehr als Wehranlagen,
sondern eher als ländlichen offenen Siedlungen.
Als wahrscheinlicher Grund für den Untergang
der großen Burgen in Kleinpolen wird die
Gründung der Staaten Böhmen und Polen mit
Zentrum in Großpolen angenommen. Von den
Stammesburgen besteht sicherlich nur Krakow
weiter fort42. Demnach erscheinen wahrscheinlich
auch die ersten Städte mit Lokalrecht in
Kleinpolen einen Jahrhundert früher wie in
Großpolen43.
Zum Anfang des 11. Jh. entstanden neue
Burgkomplexe als einen Teil des staatlichen
Burgnetzes Polens. Die Zahl der neuen
Siedlungen war deutlich niedriger als vor dem
10. Jh. Da Kleinpolen der Kulturzone von Mähren
und Böhmen zugerechnet wird, sind auch diverse
lokale Unterschiede im sozialen, politischen
und kulturellen Leben zu Großpolen
festzustellen. Kleinpolen charakterisiert sich41 Hensel, W.: Anfänge der Städte, S. 5742 Poleski, J.: Frühmittelalterliche Burgen in Kleinpolen, S.294-29543 Hensel, W.: Anfänge der Städte, S. 84
21
durch ein dünneres Verbreitungsgrad der
vorstädtischen Siedlungen44. Die Fläche dieser
Komplexe variierte von 1 ha – in Chodlik bis
25 ha in den größten Burgkomplex Polens von
Stradow. Die meisten von den hatten
mehrgliedrige Struktur und besaßen mehrere
Vorburgen45.
Die sogenannten „Volksburgen“ Kleinpolens waren
vor allem ovale Wehranlagen, die sich den
mährischen sehr ähnelten. Vermutlich stellten
sie Verwaltungs- und Militärzentren dar.
Gleichzeitig besaßen sie Handwerkerstätten und
funktionierten als Standorte des lokalen
Handels und Fernhandels. Die Außenbeziehungen
belegen importierte spätawarische,
großmährische und altmagyarische Denkmäler46.
Aus dem 11. bis Mitte des 13. Jh. sind 60
staatlichen Burgen bekannt. Mit Ausnahme von
Krakow wurden alle nach der Eingliederung
Kleinpolens in den Piastenstaat gegründet.
Leider wurde bisher nur die Krakauer Burg
ausreichend erforscht47. Hier ist eine klare
Grenze zwischen den Stammesburgen und den
staatlichen Burgen zu erkennen. Ein Viertel der
neuen Burgkomplexe erfüllte die Funktion der
neugegründeten im 12.Jh. in Polen44 Ebd., S. 372-37945 Poleski, J., Ebd., S. 295, S. 30146 Ebd., S. 295-29647 Ebd., S. 297
22
Kastellaneiburgen. Einige Anlagen wiederrum
fungierten als Militär- und Kultzentren. Im
Hinterland der neuen Burgen wurden
hauptsächlich steinernen Kirchen gebaut48.
Im Großen und Ganzen entsprachen die
Ausstattung und die Funktion der
kleinpolnischen Siedlungsburgen ab dem 12. Jh.
die der großpolnischen. Ein ähnliches Bild
vermittelt auch die Beschreibung des arabischen
Geographen al-Idrisi über die großen Städte
Polens49.
In der zweiten Hälfte des 11. Jh. verlegte sich
das politische Zentrum Polens nach Kleinpolen.
Die neue politische Stellung Krakaus
begünstigte die rasche Entwicklung der ganzen
Region. Am Beispiel der Krakauer Burg, als
besterforschte, versuche ich im folgenden
Kapitel mehr Klarheit über den Prozess der
städtischen Entwicklung in Kleinpolen zu
schaffen.
3.2.1. Entwicklung kleinpolnischer Zentren am
Beispiel von Krakau:
48 Zaki, A.: Die frühmittelalterlichen Burgwälle in Kleinpolen,S. 38049 Hensel, W.: Anfänge der Städte, S. 116-117
23
Auf der europäischen Szene erscheint Krakau
erstmals im Jahr 965. Der Handelsmann Ibrahim
ibn Jaqub beschreibt Krakau in seinem
Kontenbuch als wichtiges Handelszentrum50.
Die ersten Hinweise auf die Existenz slawischer
Krakau stammen aus dem 6. und der ersten Hälfte
des 7. Jh. In den folgenden Jahrhunderten
stellte Krakau die staatliche
Befestigungsanlage der Wislanen auf dem
Wawelhügel dar51.
Bereits im 9.-10. Jh. war Krakau einen
beträchtlich großen Siedlungskomplex, umgeben
von kleineren Siedlungen. Eine Gemeinde, die
schon damals die Funktionen einer Stadt
erfüllte. Deren Bewohner betrieben
Landwirtschaft, Viehzucht, Handwerk und Handel.
Das Handwerk äußerte sich vor allem in
Töpferei, Weberei, Gießerei, Hornbearbeitung
und wahrscheinlich auch in Goldschmiedekunst52.
Die Entwicklung der Stadt zum wichtigen
Handelszentrum verdankt Krakau wahrscheinlich
seiner günstigen Lage an fünf zentralen
Handelsstraßen53.
50 Jone, K. – Rahn, C. (Hrsg.): Warschau, Krakau,Bielefeld/Brackwede4 1999, S. 21151 Lebmann, P.: Andere heimat, Krakow, Leipzig1 1988, S. 14752 Czopek, B.: Das frühmittelalterliche Krakow als städtischesZentrum der Fürstenmacht – im Lichte der Ortsnamen; in:Brachmann, H. (Hrsg.): Burg-Burgstadt-Stadt, Zur Genesemittelalterlicher nichtagrarischer Zentren in Ostmitteleuropa,Berlin 1995, S. 17653 Jone, K. – Rahn, C. (Hrsg.): Warschau, Krakau, S. 211
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Mit der Eingliederung Kleinpolens zum
Piastenstaat am Ende des 10.Jh. erfolgte
unverzüglich die Christianisierung der
Krakauer. Dies wurde besiegelt durch die
Errichtung des Krakauer Bistums im Jahr 1000
und mit ihm entstand die romanische Kathedrale
auf dem Wawelhügel54. Norman Davies schrieb in
Bezug auf der neuen Position der Stadt: „Krakow
is without parallel in Europe as a city which, from its origin, has
been dominated by the royal Court and the Cathedral”55. Die
Kathedrale und das Schloss auf dem Wawelhügel
wurden zum Markenzeichen Krakaus.
In der zweiten Hälfte des 11. Jh. veränderte
sich die geopolitische Stellung Kleinpolens und
im Jahr 1038 verlegte Kasimierz der Erneuer die
Hauptstadt Polens nach Krakau. Damit
konzentrierten sich die wichtigsten
politischen, militärischen, rechtlichen und
administrativen Funktionen Polens in der neuen
Hauptstadt. Dies führte zur raschen
Entwicklung der Region. Um der Stadt formierten
sich mehrere Ansiedlungen, die in der
Dienststruktur Krakaus herangezogen wurden. Es
entstanden zahlreiche Bauten im romanischen
Stil, u.a. die berühmte Wawelrotunde, die
Kirchen der Heiligen Dreifaltigkeit, St.54 Rozek, M.: Krakau, übers. von Hirszenberg, B., Warszawa1991, S. 1355 Davies, N.: Heart of Europe: a Short History of Poland,Oxford u.a. 1986, S. 306
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Andreas, St. Florian u.a., das Kloster Tyniec56,
sowie der Stadtteil Okol57. Mit den umliegenden
Siedlungen stieg die Zahl der Bewohner Krakaus
auf 14 00058. „Der Hof wurde zu einem Brennpunkt
internationaler Verbindungen und eines regen
Ideeaustauschs“59.
In der Zeit der Partikularismus behielt die
Stadt Krakau ihre Stellung als Hauptstadt des
Seniorats Polen. Im Rahmen der
Senioratsverfassung war der Krakauer Fürst –
Senior den übrigen polnischen Fürsten
übergeordnet. So verwandelte sich Krakau in
einer Metropole nach europäischer Muster. Die
Stadt wurde zum bedeutenden intellektuellen
Zentrum. Hier entstand eine lateinische Schule
mit beachtlicher Bibliothek60.
Kurzzeitig wurde die rasche Entwicklung Krakaus
von den Tatarenüberfällen in den Jahren
1241/1242 angehalten. Die Stadt wurde schwer
verwüstet. Nur die Wawelburg und der Stadtteil
Okol überstanden die Angriffe. Die Krise wurde
schnell überwunden und die Stadt neu aufgebaut.
Im Jahr 1257 verlieh der Großfürst Boleslaw der
Schamhafte der Stadt das Magdeburger56 Rozek, M.: Krakau, S. 12-1357 Czopek, B.: Das frühmittelalterliche Krakow als städtischesZentrum der Fürstenmacht – im Lichte der Ortsnamen, S. 17658 Jone, K. – Rahn, C. (Hrsg.): Warschau, Krakau, S. 21159 Kozinska-Witt, H.: Krakau in Warschaus langem Schatten,Konkurrenzkämpfe in der polnischen Städtelandschaft 1900-1939,Stuttgart 2008, S. 2260 Rozek, M.: Krakau, S. 13-14
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Stadtrecht. Zum Anlass ordnete er eine große
Bebauung des Stadtgebietes. Es wurde einen
200x200m großen Marktplatz angelegt, verbunden
mit schachbrettigem Straßennetz. „Die
mittelalterliche Gestalt der Stadt gehört zu den urbanistischen
Phänomenen Europas“61.
4. Schlussbetrachtung:
Angesichts der Literatur, die ich behandelt
habe, ist es abzuschließen, dass die Entstehung
städtischer Siedlungen in Polen grundsätzlich
auf einer Herrscherinitiative zurückzuführen
ist. Damit kann man kein Äquivalent zur
Westeuropa finden.
Es ist auch offensichtlich, dass die polnischen
Vorstädte einer raschen und dynamischen
Entwicklung unterstanden und sich zu Städten
herausbildeten. Still stimme ich der
Evolutionstheorie zu, denn eigentlich besaßen
die polnischen Agglomerationen bereits im 12.
Jahrhudert alle Merkmale einer typischen
mittelalterlichen Stadt. Man könnte sogar
behaupten, dass die fertigausgebaute westliche
Modell auf eigener Weise die natürliche
einheimische Entwicklung unterbrach. Nicht61 Ebd., S. 14
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destotrotz hatte die Lokation eine
bahnbrechende Bedeutung für die weitere
Entwicklung der polnischen Städte.
Aufgrund mehrerer Faktoren verlief die
Entwicklung an den Zentren der Piasten in Groß-
und Kleinpolen bis zum 12. Jahrhundert
unterschiedlich. Die Hauptgründe liegen in der
geographischen Lage beider Grundterritorien
Polens. Groß- und Kleinpolen gehörten
verschiedenen Kulturzonen. Und wie schon
erwähnt, im Sinne der Wirtschaftsmöglichkeiten,
befand sich Kleinpolen in wesentlich günstiger
Position. Denn das Land lag in unmittelbarer
Nähe von der alten Bernsteinstraße. Im Gegenzug
mussten neue Handelswege in Großpolen erst
entwickelt werden. Die kleinpolnischen
Burgstädte entstanden fast ein Jahrhundert
früher wie die in Großpolen.
Ab dem 12. Jahrhundert verlief der
Entwicklungsprozess der städtischen Zentren in
Groß- und Kleinpolen relativ proportional. In
dem nächsten Jahrhundert war die Struktur
zumindest der Großstädten Groß- und Kleinpolens
sehr ähnlich. In den Augen fremder Reisenden,
wie der arabische Geograph al-Idrisi, waren sie
beinahe identisch.
Im 13.Jahrhundert stellten die polnischen
Städte „Zentren, in denen der Überfluss verschiedener Länder
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zusammengetragen ist. Außerdem genießen sie Achtung, da in
ihnen Gelehrte (sich aufhalten), die in den
Wissenschaftszweigen und der rumischen Religion gebildet