-
Hintergrund: Griechenland Nr. 42 / Juli 2015 | 1
Schleichender Totalitarismus
von Michael Iakovidis, Mitbegrnder des Greek Liberal
Monitors1
1 Das Nachrichtenportal www.liberalmonitor.gr beleuchtet die
politische Lage in Griechenland aus einer explizit liberalen
Perspektive. Es ist ein Start-Up-Unternehmen zweier liberaler
Aktivisten, die sich mitten in der Krise dazu entschlossen,
sich selbststndig zu machen.
Hintergrund:
Griechenland
Nr. 42 / 13. Juli 2015
Zusammenfassung
Sehenden Auges scheint Griechenland in die Katastrophe zu
taumeln. Die grie-
chische Regierung zeigte sich in den vergangenen Wochen gegenber
den euro-
pischen Partnern nur minimal kompromissbereit und setzte damit
die Zukunft
ihres ganzen Landes aufs Spiel. Und die griechische Bevlkerung?
Mit ihrem kla-
ren Nein! beim Referendum am vergangenen Wochenende untersttzte
sie den Regierungskurs vorbehaltlos. Die Fehler werden im Ausland,
und nicht etwa bei
sich selbst gesucht. Wie konnte es soweit kommen, dass ein Volk
vor dem Offen-
sichtlichen die Augen verschliet? Michael Iakovidis, Mitbegrnder
der Website
LiberalMonitor.gr, mit dem Versuch einer Erklrung.
-
Hintergrund: Griechenland Nr. 42 / Juli 2015 | 2
Dass sich Griechenland in einer schwierigen wirtschaftlichen
Situation befindet, ist nichts Neues. Dass
in Griechenland am 5. Juli ein Referendum abgehalten wurde, das
die griechische Regierung in den
Verhandlungen verwendet hat, die in letzter Konsequenz zu einem
Austritt Griechenlands aus der Eu-
ropischen Union (EU) fhren knnten was sich aus vielerlei Grnden
kein Grieche wnscht , ist
ebenfalls bekannt. Die griechische Regierung erhielt fr ihren
Kurs von ihren Brgerinnen und Brgern
massive Rckendeckung, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen von
austerittsbedingten Einschnit-
ten der vergangenen Jahre, die ohne tatschliche Strukturreformen
verpufften und lediglich ein Ge-
fhl der Ohnmacht und Wut hinterlieen. Soweit ist alles ganz
einfach, oder?
Die Antwort ist ein inbrnstiges Ochi! (das Wortspiel ist
beabsichtigt). Was momentan in Griechen-
land geschieht, wird zwar von Politik und Presse in
wirtschaftliche Fachtermini gepresst, zeigt aber
Merkmale von etwas, das weitaus gefhrlicher ist. Zur besseren
Verstndnis der aktuellen Situation
fasse ich die Ereignisse, die zu der selbigen gefhrt haben, kurz
zusammen:
Griechenlands Euro-Beitritt
Griechenland trat der Europischen Wirtschafts- und Whrungsunion
bei und begann umgehend, oh-
ne Sinn und Verstand Geld aus dem Fenster zu werfen. Damals
schien das noch in Ordnung, weil die
wirtschaftsstarken EU-Staaten des Nordens Sdeuropa als
Verbraucher fr ihre Produkte benutzten,
und alle waren glcklich, denn die Zeiten waren noch rosig.
Folglich wurden bei der schon damals
weit verbreiteten Korruption und dem Missbrauch von Geldern
beide Augen zugedrckt. Konsum an-
statt Infrastruktur- oder Wirtschaftsfrderung lautete die
Devise. Es gab keinen Bedarf an freien
Mrkten, da Geld reichlich vorhanden und leicht zu haben war und
vom Staat unter wohlwollender
Billigung der EU grozgig verteilt wurde bis die mageren Zeiten
anbrachen.
Pltzlich wurde das Geld knapp, aber es gestaltete sich als
schwierig, sich von seinem Ausgabeverhal-
ten und dem Etatismus, der durch dreiig Jahre lang flieende
EU-Zuschsse und Staatsausgaben
entstanden war, zu verabschieden. Die EU versuchte das Problem
anzugehen, aber da man gewohnt
war, beide Augen vor der Realitt in Griechenland zu verschlieen,
wurde eine wirkungslose Vorge-
hensweise angewendet: man schuf ein Hilfspaket zur Lsung des
Schlamassels, das anfangs aus einem
ausgewogenen Mix aus Spar- und Reformvorhaben bestand, dann
jedoch letztlich (und zwar auf Be-
treiben der griechischen Regierung) mit kolportierten vier
Prozent an umgesetzten Reformen und ca.
96% Steuererhhungen abgeschlossen wurde.
Als Resultat stellten sich drei Probleme ein, die die Grundlage
fr alles Weitere schufen:
Das gut gemeinte Programm war ein kolossaler Fehlschlag, da die
Sparmanahmen ohne beglei-tende strukturelle Reformen keine Wirkung
entfalteten.
Das griechische Volk setzte Strukturreformen mit Sparmanahmen
und Steuererhhungen gleich, und Wut und Verzweiflung wuchsen.
Die EU wollte das Scheitern ihrer Strategie nicht eingestehen
und hoffte auf eine Erholung der Wirtschaft bis 2015, ohne jegliche
Garantie, dass diese Erholung nachhaltig sein wrde, da sie le-
diglich auf bermiger Besteuerung und der Abschpfung der
Liquiditt der Privatwirtschaft ba-
-
Hintergrund: Griechenland Nr. 42 / Juli 2015 | 3
sierte. Nachdem die EU der damaligen konservativen Regierung
zunchst jegliche politische und
finanzielle Untersttzung verweigert hatte, versuchte sie dann
vielleicht berhastet , das Hilfs-
programm und die damit erzielten uerst migen Ergebnisse zu
untersttzen.
Das Ergebnis des sowohl von den griechischen Konservativen als
auch von den Europern eingeschla-
genen Kurses war eine griechische Bevlkerung, die grtenteils
wtend auf und verrgert ber die EU
war und ist. Besonders stark verbreitet ist die Wut bei den
unter 30-Jhrigen, bei denen die Arbeitslo-
sigkeit im Zeitraum der Hilfsmanahmen auf 60 Prozent
hochschnellte.
Der Auftritt von SYRIZA und den Unabhngigen Griechen
Es berraschte kaum, dass die neosozialistische SYRIZA von der
bis dato herrschenden konservati-
ven Regierung und ihrem Premierminister Antonis
Samaras fahrlssig unterschtzt bei der Parla-
mentswahl im Januar 2015 einen grandiosen Wahl-
sieg einfuhr. Denn whrend die Konservativen sich
auf ihren vermeintlichen Lorbeeren ausruhten, trieb
ihr politischer Gegner seine Arbeit voran. SYRIZA
nutzte die Zeit in der Opposition, um einen effizien-
ten politischen Apparat aufzubauen, sorgte fr ge-
ngend Personal und Finanzmittel und fhrte einen
groartigen Wahlkampf.
Die des Regierens mde Nea Dimokratia, deren Poli-
tiker sowohl mit den Sparmanahmen als auch allen
anderen beln dieser Welt in Verbindung gebracht
wurden, und die niemals zuvor moderne Wahl-
kampfmethoden hatte anwenden mssen, berlie
es ihrem Vorsitzenden und Premierminister Antonis
Samaras, eine PR-Kampagne zu schmieden. Das
Ergebnis war katastrophal. Der Rechtspopulist Panos
Kammenos von dem lange Zeit angenommen wur-
de, dass seine Partei der Unabhngigen Griechen gar nicht im
Parlament vertreten sein wrde hin-
gegen fhrte einen ausgezeichneten Wahlkampf, in dem er sich als
das notwendige Korrektiv zur Nai-
vitt eines Alexis Tsipras darstellte.
SYRIZA, vor ein paar Jahren noch ein Sammelbecken verschiedener
linker Gruppen mit ca. drei Prozent
der Whlerstimmen, kam schlagartig an die Macht, indem ihre gut
durchdachte Wahlkampagne die
ineffiziente Arbeit der EU thematisierte, den Wunsch des Volkes
nach Vernderung aufgriff und die
Unterschiede von SYRIZA zu frheren Regierungen hervorhob. Der
von ihr geprgte Slogan Das erste Mal links! erscheint in Anbetracht
der nationalistischen Untertne nicht nur ihres heutigen
Koaliti-
onspartners als hochgradig ironisch. Noch bezeichnender ist
jedoch die Tatsache, dass trotz einer fa-
cettenreicheren Whlerbasis der harte Kern des Parteiapparates
gleich blieb: er besteht grtenteils
Wahlplakat von SYRIZA: "Das erste Mal links"
-
Hintergrund: Griechenland Nr. 42 / Juli 2015 | 4
aus SYRIZA-Veteranen, die den gleichen dogmatischen Kurs
vertreten, den sie bereits als Drei-
Prozent-Partei vertraten. Das Spektrum reicht von einem
Parteiflgel, der eine Rckkehr zur Drachme
propagiert, ber einen Bildungsminister, der nicht an eine auf
den Verdiensten des Einzelnen aufbau-
ende Gesellschaft glaubt, bis zu einem Auenminister, der denkt,
dass enge Beziehungen zu dem Re-
gime in Moskau eine Lsung smtlicher Probleme seien. Und natrlich
gibt es den charismatischen
und politisch klugen Premierminister, der als die gemigte Stimme
der Vernunft auftritt.
Die rechtspopulistischen Unabhngigen Griechen, die sich im Jahr
2012 aus Protest gegen den Spar-kurs von der Nea Demokratia
abgespalten hatten, spielen die Rolle der vernunftgetriebenen,
unter-
nehmerfreundlichen rechten Patrioten gewissermaen das Yin zu
SYRIZAs Yang. Mit seiner pro-
militrischen, pro-polizeilichen und generell pro-vaterlndischen
Einstellung fhrte Parteifhrer Panos Kammenos die wohl beste
Medienkampagne: in einem Wahlwerbespot spricht er in einem
Spielwarengeschft mit Klein-Alexis und zeigt ihm vterlich, wie
man die Spielzeugeisenbahn in der Spur hlt.
2 Als Koalitionspartner sicherte er sich fr seine Klientel
wichtige Einflussbereiche und Mini-
sterien, begngte sich ansonsten aber mit der Rolle eines stillen
Partners um die Aussage, dass es sich zum ersten Mal um eine
wahrhaft linke Regierung handele, nicht zu konterkarieren. Er
schaltet
sich lediglich in den Diskurs mit ein, wenn er bestimmte
Prioritten seiner Partei gefhrdet sieht und
nutzt ansonsten seine Zeit an der Macht ganz der berechnende
Populist und erfahrene politische
Fhrer, der er ist um seine Whlerbasis zu festigen.
Die alteingesessene Nea Demokratia machte zunchst weiter, als ob
nichts geschehen wre. Dass der
frhere Premierminister Antonis Samaras zunchst Oppositionsfhrer
wurde, verhalf SYRIZA nur zu
weiterer Popularitt. Jegliche Stellungnahme des Ex-Premiers
erinnerte die griechische ffentlichkeit
an die Skandale und Entbehrungen der vergangenen Jahre, machte
sie noch wtender und erweckte
einzig den Eindruck, dass das zuvor fest verwurzelte politische
System versuche, die neue bodenstn-
dige SYRIZA-Partei, die sich erstmals fr die Belange des
einfaches Volkes einsetze, zu diskreditieren.
Mit der Koalition aus SYRIZA und den Unabhngigen Griechen beruht
die zurzeit wichtigste politi-sche Plattform, die die griechischen
Whlerinnen und Whler berzeugen konnte, auf folgenden Pfei-
lern:
1. Die EU muss sich ndern und wir als Griechen mssen dafr
sorgen.
2. Alle bel sind uns von herzlosen Bnkern aus dem Ausland
oktroyiert worden. 3. Es gibt traditionelle Verbndete des
griechischen Volkes, die im Zweifelsfall bereit sind, uns zu
helfen (z. B. Russland).
4. Eine Stimme fr uns ist eine Stimme gegen die Korruption und
das frhere Regime, das im
Hinterzimmer heimlich mit der EU und den Banken
zusammenarbeitete.
5. Das griechische Volk hat seine Wrde verloren. Es ist daher
eine historische Notwendigkeit ge-
genber unseren stolzen Vorfahren, sich zu erheben. Wenn wir dies
nun tun, wie wir es schon
in Vergangenheit getan haben, wird die Welt unsere
Rechtschaffenheit erkennen.
2 https://youtu.be/aPDo5MnwhOI
-
Hintergrund: Griechenland Nr. 42 / Juli 2015 | 5
Letztlich herrschte und herrscht noch immer eine Mischung aus
nationalem Hochgefhl, sozialis-tischem Sendungsbewusstsein und
populistischem Zorn und gegen die unmenschlichen, von auen
auferlegten Sparmanahmen vor. Diese Gemengelage lsst im Grunde
keinerlei Widerspruch zu, da
smtliche Gegenargumente als Kollaboration mit dem Feind
ausgelegt werden.
Das Nein!-Referendum
Die Bhne war bereitet. Die neue Regierung war vereidigt, die
Unabhngigen Griechen in den Hin-tergrund getreten, und die
Regierung begann mit zwei symbolischen Manahmen:
der Weiterbeschftigung von vierzig zuvor entlassenen
Reinigungskrften des Finanzministeri-ums (ein symbolischer Hieb
gegen die Austerittsmanahmen, mit einem Akzent auf den f-
fentlichen Sektor statt auf den 1,5 Millionen Arbeitslosen in
der Privatwirtschaft)
der Wiedereinstellung aller im Zuge der Schlieung des Nationalen
Rundfunks ERT gefeuerten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
staatlichen Fernseh- und Radiosender (bei gleichzeitiger
Schaffung eines regierungsfreundlichen Fernsehkanals und dem
erneuten Aufbau eines Ge-
gengewichts zu den von Oligarchen beherrschten privaten Medien,
die hauptschlich mit den
alten Parteien verbunden sind)
Diese Manahmen bestimmten den Grundtenor des Erffnungsaktes, der
durch die Auswahl des Medi-
enlieblings Yanis Varoufakis als Finanzminister gekrnt wurde.
Varoufakis schaffte es, zunchst die
Medien und auslndische Wrdentrger zu blenden, diese dann soweit
verrckt zu machen, dass
selbst erfahrene Politiker an einem Punkt angelangten, wo sie
bewusst oder unbewusst ausfallend wurden und dadurch weiteres l ins
Feuer gossen. Der Erffnungsakt wurde begleitet von einer
sechsmonatigen Tatsachenverdrehung, whrend der das griechische
Volk in dauerhafter Angst und
Ungewissheit gelassen wurde. Auch wenn SYRIZA durchaus
berechtigte Bedenken gegenber ver-
schiedenen, auf europischer Ebene getroffenen Fehlentscheidungen
vorbrachte, berspannte die Re-
gierung den Bogen malos und mischte ihre Kritik ganz in
sozialistischer Tradition stets mit einer gehrigen Portion linker
Propaganda. Die griechische Regierung sei eine demokratische Stimme
der
Vernunft, die den von Plutokraten unterdrckten Vlkern Europas
die Augen ffnen wird. Dass die Staatsschuldenkrise einherging mit
einer Flchtlingskrise schien dabei wie geschaffen fr die Unab-
hngigen Griechen, die die Uneinigkeit und Tatenlosigkeit der
europischen Partner geschickt fr sich auszunutzen wusste.
Der Hauptakt des Dramas war dann die in Griechenland schon heute
als historisch anzusehende Be-
kanntgabe des Referendums durch den Premierminister am 26. Juni,
vier Tage vor dem Auslaufen des
2. Rettungsprogramms. Anstatt diesen ungleichen Kampf von
vornherein abzulehnen, wurde die Situa-
tion von den pro-europischen Akteuren in Griechenland und dem
Ausland erneut falsch eingeschtzt.
Die miserable, rckwrtsgewandte Kampagne der
Referendumsbefrworter, die die Whlerinnen und
Whler eher noch strker in die Arme des Nein-Lagers trieb, und
der berwltigende Sieg der Ochi-Fraktion setzten dem Schauspiel ein
vorlufiges Ende.
-
Hintergrund: Griechenland Nr. 42 / Juli 2015 | 6
Hier werden die Dinge jedoch gefhrlich: die meisterhaft gefhrte
Kampagne beruhte auf Hass, auf
der Schaffung eines gemeinsamen Feindes (der EU) und einer
offenkundigen Bestimmung fr das
griechische Volk, den gerechten Kampf fortzusetzen. Jeder, der
sich in der jetzigen Situation gegen
den Kurs der Regierung stelle, sei ein Verrter und
Kollaborateur. Die europischen Plutokraten, die
offen ber dem Gesetz stnden, mssten daher vom Volk gerichtet
werden. Dass die schwerwiegenden
Probleme Griechenlands hauptschlich in der neosozialistischen
und nationalistischen Vetternwirt-
schaft einiger griechischer Oligarchen begrndet sind,
verschweigt SYRIZA dabei geflissentlich.
Fr diejenigen, die es sehen wollen, fllt lang-
sam die Maske der Zum ersten Mal links-
Regierung: der Vorsitzende der Unabhngigen Griechen Panos
Kammenos versichert als Ver-
teidigungsminister kurz vor dem Referendum,
dass die Armee der Garant fr innere Stabili-tt sei. Gleichzeitig
wird Ilias Kasidiaris, der
inhaftierte 34-jhrige Fraktionsvorsitzende der
rechtsradikalen und dem Nein!-Lager zu-
gehrigen Goldenen Morgenrte, in der Vorwoche des Referendums
urpltzlich aus
dem Gefngnis entlassen. Die Rechtsradikalen
immerhin drittstrkste Kraft im griechischen
Parlament hatten die Nein-Initiative zuvor vorbehaltlos
untersttzt, nicht zuletzt um
sicherzustellen, dass die Regierungskoalition
nicht einknickt und weiter Wasser auf die
Mhlen ihres nationalistischen und anti-
europischen Kurses giet.
Der finale Akt?
Als Resultat des Referendums ist die Regie-
rung aus SYRIZA und den Unabhngigen Griechen auf absehbare Zeit
in Griechenland
politisch unantastbar. Sie waren der klare Sie-
ger der Wahl im Januar 2015 und haben diesen Sieg mit dem
Referendum erneut untermauert. Die
Opposition ist in einem desolaten Zustand und die Hoffnung aller
Griechen liegt auf ihrem Premiermi-
nister.
Alles, was zuknftig passiert, ist die Schuld der Auslnder,
whrend die Regierung dem griechischen
Volk und der von ihm vor Jahrtausenden entwickelten Demokratie
mit Stolz dient. Die Stimmung rich-
tig einschtzend und ihres Sieges sicher zeigten sich Tsipras und
Kammenos geradezu gromtig ge-
genber den Vertretern des pro-europischen Ja!-Lagers, ohne
jedoch den geringsten Zweifel an
ihrer eigenen berzeugung zu lassen.
Propaganda ist jedoch eine launische Geliebte und Hass kann nur
schwer unter Verschluss gehalten
werden. Die gegenwrtige Links-Rechts-Regierung vermeidet es
genau wie im brigen die konserva-
"Selfie" von Alexis Tsipras und Panos Kammenos im Zuge der
"Nein!"-
Kampagne vor zwei Wochen
-
Hintergrund: Griechenland Nr. 42 / Juli 2015 | 7
tive Vorgngerregierung , das eigentliche Problem Griechenlands
anzusprechen: eine im hohen Mae staatlich dirigierte Wirtschaft,
die wenig produziert und eine zutiefst geldgierige und dem
freien
Markt ablehnend gegenberstehende Gesellschaft hervorgebracht
hat. Diese Bestie muss regelmig
gefttert werden. Anstatt dass jemand versuchen wrde, sie auf Dit
zu setzen, wird sie kontinuierlich
gefttert mit allem, was nicht ins eigene Weltbild passt. Das
Problem ist nur, dass einem frher oder
spter die Opfer ausgehen, die man der Bestie zum Fra vorwerfen
kann. Dann bernimmt entweder
der nchste Staatsausbeuter das Ruder (die rechtsradikale Goldene
Morgenrte beispielsweise) und
verfttert die zurzeit herrschende Ideologie an die Bestie oder
aber und das wre wohlgemerkt der
schlimmste aller denkbaren Ausgnge die Bestie befreit sich von
ihren Fesseln, randaliert und reit alle mit in den Abgrund.
Kann dieser Gang der Dinge noch rckgngig gemacht werden?
Vielleicht, wenn Griechenland die
totale Finanzkatastrophe noch abwenden und unzweifelhaft
notwendige Strukturreformen durchfh-
ren kann, notfalls sogar mit einer seit langem berflligen
internen Deflation. Falls nicht, dann stehen
Griechenland noch hrtere Zeiten bevor. Eines ist jedoch sicher:
Griechenland wird nie wieder so sein,
wie es einmal war. Damit es floriert, werden dringend Stimmen
gebraucht, die besonnen, verstndlich
und unaufhrlich auf die Notwendigkeit von Reformen und einer
freien Marktwirtschaft hinweisen
und zwar so, dass es die Menschen auf der Strae verstehen. Ob
das ausreichen wird? Die Zeit wird es
zeigen.
Aus dem Englischen bersetzt von Markus Kaiser, Project Manager
Griechenland der Friedrich-
Naumann-Stiftung fr die Freiheit.
Bildmaterial: Michael Iakovidis
Impressum
Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit (FNF)
Bereich Internationale Politik
Referat fr Querschnittsaufgaben
Karl-Marx-Strae 2
D-14482 Potsdam