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Gesundheitsberichterstattung des BundesHeft 7
Chronische Schmerzen
Fast jeder leidet zumindest gelegentlich unterSchmerzen. Von den
1998 im Bundes-Gesundheits-survey befragten Bundesbrgern gaben nur
12 % derMnner und 6 % der Frauen an, im vergangenenJahr keine
Schmerzen gehabt zu haben. Im vorlie-genden Bericht werden
Schmerzerscheinungs-formen von hoher Public-Health-Relevanz und
besonderen Konsequenzen fr die Betroffenen dar-gestellt: chronische
Kopf- und Rckenschmerzenund der Schmerz, der durch Krebsleiden
hervorge-rufen wird. Knapp 70 % der Frauen und ber 50 %der Mnner
werden im Verlauf eines Jahres vonKopfschmerzen geplagt; neben
Kopfschmerzenvom Spannungstyp, Migrne und Clusterkopf-schmerz
stellt der medikamenteninduzierte Dauer-kopfschmerz ein
versorgungsrelevantes Problemdar; dieses kann als Folge von
nicht-adquater Therapie oder Selbstmedikation bei der Behand-lung
von akuten Kopfschmerzen entstehen.Rckenschmerzen betreffen im
Verlauf eines Jahres62 % der Frauen und 56 % der Mnner. Frauen
leiden nicht nur hufiger als Mnner an Rcken-schmerzen, sondern auch
hufiger an starkenRckenschmerzen. Einem Groteil der Rcken-schmerzen
liegt keine geklrte organische Ursachezu Grunde, sie bilden sich
bei Beibehaltung der tglichen Aktivitten meist wieder zurck. Durch
Rckenleiden werden rund 15 % aller Arbeits-unfhigkeitstage
verursacht.Auch Tumorschmerzen knnen wirksam behandeltwerden. Neben
der Organisationsform der Palliativ-medizin in Deutschland und der
jetzigen Versor-gungssituation werden erfolgreiche Behandlungs-und
Betreuungsmodelle beschrieben.Um eine Chronifizierung aller
Schmerzarten zurverhindern und die Gesamtlast durch Schmerzenzu
reduzieren, erscheint eine interdisziplinre Versorgung durch rzte
mit entsprechender Fortbildung sinnvoll.
Robert Koch-Institut
ISBN 3-89606-128-3ISSN 1437-5478
R O B E R T K O C H I N S T I T U TStat is t isches
Bundesamt
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Gesundheitsberichterstattung des BundesHeft 7
Chronische Schmerzen Kopf- und Rckenschmerzen,
Tumorschmerzen
Autoren: Dr. med. Wolf Diemer und Prof. Dr. rer. pol. Heiko
Burchert
Herausgeber: Robert Koch-Institut
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Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 3
Gesundheitsberichterstattungdes Bundes
Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBEdes Bundes)
beschreibt den Gesundheitszustandder Bevlkerung, das
Gesundheitsverhalten, dieVerbreitung von Risikofaktoren, die
Inanspruch-nahme von Leistungen sowie die Kosten undRessourcen des
Gesundheitswesens. Sie basiert aufvorhandenen Daten, die in den
Berichten zu-sammengefhrt und bewertet werden. Ihre Aussa-gen
beziehen sich auf die nationale, bundesweiteEbene und haben eine
Referenzfunktion fr dieGesundheitsberichterstattung der Lnder. Die
GBE des Bundes stellt eine fachliche Grundlage fr politische
Entscheidungen bereit. Darber hinaus dient sie der Erfolgskontrolle
durchgefhr-ter Manahmen und trgt zur Entwicklung und Evaluierung
von Gesundheitszielen bei. Nicht zu-letzt bietet sie allen
Interessierten eine daten-gesttzte Informationsgrundlage.
Nach dem Erscheinen des ersten komplettenGesundheitsberichts fr
Deutschland1 wird die Ge-sundheitsberichterstattung durch die
regelmigeHerausgabe von Themenheften aktuell gehaltenund weiter
ausgestaltet. Dies gewhrleistet:
aktuelle Berichte, ein flexibles Themenspektrum, die
Bercksichtigung des Leserinteresses.
Schwerpunktberichte und Beitrge zur
Gesund-heitsberichterstattung ergnzen und vertiefen dieregelmig
erscheinenden Hefte.
Die Gesundheitsberichterstattung des Bundesumfasst alle Bereiche
des Gesundheitswesens:
Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens Gesundheitliche Lage
Gesundheitsverhalten und Gesundheitsgefhr-
dungen Krankheiten/Gesundheitsprobleme
Chronische Schmerzen (Heft 7) Ressourcen der
Gesundheitsversorgung
Leistungen und Inanspruchnahme des Gesund-heitswesens
Ausgaben, Kosten und Finanzierung des Ge-sundheitswesens.
Dieser Aufbau liegt dem 1998 erschienenen Gesundheitsbericht fr
Deutschland mit ber 100 verschiedenen gesundheitsbezogenen Themen
zugrunde und ist kompatibel mit dem Aufbau derGBE in den
Bundeslndern. In diese Struktur integrieren sich auch die bereits
erschienenen Themenhefte.
Der Gesundheitsbericht fr Deutschland ist berdas
Informationssystem der Gesundheitsbericht-erstattung des Bundes
www.gbe-bund.de abrufbar.Darber hinaus bietet das
Informationssystemeine Vielzahl gesundheitsrelevanter
Informa-tionen und Kennziffern zum Gesundheitszustandder deutschen
Bevlkerung. Die Zusammenarbeitdes Robert Koch-Instituts mit dem
Informations- und Dokumentationszentrum Gesundheitsdaten am
Statistischen Bundesamt gewhrleistet die Ein-beziehung valider und
aktueller Daten in dieGesundheitsberichterstattung des Bundes.
In dieser Reihe sind bisher erschienen*:
Heft 01/00 Schutzimpfungen (Heft 1)Heft 01/01 Sterbebegleitung
(Heft 2)Heft 02/01 Gesundheitsprobleme bei Fern-
reisen (Heft 3)Heft 03/01 Armut bei Kindern und Jugend-
lichen (Heft 4)Heft 04/01 Medizinische Behandlungsfehler
(Heft 5)Heft 01/02 Lebensmittelbedingte Erkrankun-
gen in Deutschland (Heft 6)
Die Berichte knnen ber das Robert Koch-Institutbezogen werden
und stehen auerdem unterwww.rki.de zur Verfgung.
1 Statistisches Bundesamt (Hg.): Gesundheitsbericht
frDeutschland. Stuttgart (Metzler-Poeschel) 1998
* Zur besseren bersichtlichkeit werden ab Heft 7 Chronische
Schmerzen die Themenhefte der GBEfortlaufend nummeriert.
http:// www.gbe-bund.dehttp:// www.rki.de
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Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 5
Einleitung
Schmerzen sind eine weit verbreitete Gesundheits-strung: Fast
jeder leidet zumindest gelegentlich unter Schmerzen. Von den 1998
im Bundes-gesundheits-Survey befragten Bundesbrgern ga-ben nur 9 %
(12 % der Mnner, 6 % der Frauen)an, im vergangenen Jahr keine
Schmerzen gehabtzu haben. Schmerzen knnen als Warnsignal aufeine
Gesundheitsgefhrdung oder Gesundheitsst-rung aufmerksam machen, als
lnger andauerndeSchmerzzustnde das Wohlbefinden und die
Le-bensqualitt beeintrchtigen oder sich zu eigen-stndigen
Krankheitsbildern oder Schmerzsyndro-men entwickeln. Sie bedeuten
fr die BetroffenenLeid und Behinderung und stellen einen der gr-ten
Kostenfaktoren im Gesundheitswesen und beiden Renten- und
Unfallversicherern dar. Zur Be-handlung chronischer Schmerzen mssen
inDeutschland jhrlich medizinische Leistungen inder ambulanten und
stationren Versorgung inMilliardenhhe erbracht werden.
Arbeitsausflleund vorzeitige Berentung tragen zu den
indirektenfinanziellen Konsequenzen von Schmerzleiden bei.
Im folgenden werden Schmerzerscheinungs-formen von hoher Public
Health-Relevanz und besonderen Konsequenzen fr die Betroffenen
dargestellt: die chronischen Kopf- und Rcken-schmerzen und der
Schmerz, der durch Krebslei-den hervorgerufen wird.
Als chronisch werden Schmerzen bezeich-net, wenn sie lnger als
ein halbes Jahr andauernund unabhngig von der Ursache eine wichtige
Be-deutung im Alltag eines Menschen haben. Sie kn-nen sich zu einer
eigenstndigen Schmerzkrank-heit manifestieren, bei der neben
physiologischenEffekten psychosomatische und
verhaltenspsycho-logische Mechanismen eine besondere Rolle
spie-len. Chronische Schmerzen sind zu unterscheidenvon neu
aufgetretenen Schmerzen (Akutschmer-zen). Im Gegensatz zu
chronischen Schmerzenstellen Akutschmerzen keine eigenstndige
Er-krankung dar. Ihr Auftreten ist stets ein Warnsig-nal, das dem
Schutz des Individuums vor ueren(z.B. Wunde, Verbrennung) oder
inneren Schden
(z.B. Magengeschwr, Herzinfarkt) dient. DieseAkutschmerzen knnen
in der Regel durch die Be-handlung der Schmerzursache therapiert
werden.Bei der Behandlung von Schmerzen ohne akuteUrsache (z. B.
unspezifischer Rckenschmerz)sollte von Anfang an versucht werden,
eine Chro-nifizierung zu vermeiden. Die Behandlung chro-nischer
Schmerzen erfordert ein besonderes Vor-gehen, welches als spezielle
Schmerztherapiebezeichnet wird und eine interdisziplinre
Heran-gehensweise erforderlich macht.
In die Gruppe der chronischen Schmerzen ge-hren immer
wiederkehrende oder stndig vor-handene Kopf-, Nacken-, Rcken- oder
auch Ner-venschmerzen. Sie knnen nach der Ausbildungeines
Schmerzgedchtnisses (Chronifizierungs-prozess) zur eigenstndigen
Schmerzkrankheitfhren, bei der neben krperlichen Strungen
auchVernderungen im psychosozialen Bereich eineRolle spielen. Im
ungnstigen Fall hat der Schmerzmassiven Einfluss auf die soziale
Situation der Patienten und dominiert ihr Leben. Starke Schmer-zen
ber lngere Zeit knnen einen Lernprozessin Gang setzen und das
Nervensystem frSchmerzreize sensibilisieren. Schlielich knnenschon
geringste Reize Schmerzen auslsen und so-gar dann empfunden werden,
wenn deren Ursa-chen keine Rolle mehr spielen; eine
Chronifizie-rung ist eingetreten.
Da chronische Schmerzen als bio-psycho-so-ziale Erkrankung
anzusehen sind, sind Behand-lungen, die sich nur den krperlichen
Symptomenwidmen, nicht ausreichend. Hufig begleitet diePatienten
auch eine unntige und kostenaufwen-dige apparative Diagnostik,
whrend die psycho-therapeutische Behandlung vernachlssigt wird.Eine
Befragung von 900 Patienten in Facharztpra-xen ergab, dass von den
Patienten mit chronischenSchmerzen nur 5 % eine Psychotherapie
erhaltenhatten und weniger als 1 % der Patienten mit chronischen
Schmerzen in eine Schmerzklinikberwiesen worden waren. Bis
Patienten mit chro-nischen Schmerzen den Weg in eine Schmerz-
Chronische Schmerzen Kopf- und Rckenschmerzen,
Tumorschmerzen
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Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 7
Nach den Empfehlungen der Deutschen Migrne-und
Kopfschmerzgesellschaft knnen bei gele-gentlich auftretenden,
akuten Spannungskopf-schmerzen Analgetika (Schmerzmittel)
eingesetztwerden. Der chronische Spannungskopfschmerzsollte dagegen
wegen der Gefahr einer weiterenChronifizierung nicht mit Analgetika
behandeltwerden. Zur Langzeitprophylaxe haben sich ne-ben
medikamentser Behandlung Entspan-nungs- und
Stressbewltigungstraining sowie ent-spannende Physiotherapie und
krftigendeKrankengymnastik bewhrt.
Da die berwiegende Anzahl der Patientenmit
Spannungskopfschmerzen keine rztliche Behandlung in Anspruch nimmt,
sondern denKopfschmerz mit frei verkuflichen Analgetikaselbst
behandelt, besteht eine nicht unbetrchtli-che Gefahr der
Chronifizierung. Daneben kanndie langfristige Einnahme hherer
Dosierungenvon Kopfschmerzmitteln zu gefhrlichen Folgeer-krankungen
fhren, wie Magen-Darm-Blutungenund Nierenversagen.
Zur Hufigkeit des Auftretens des Span-nungskopfschmerzes geben
lediglich einzelneStudien Hinweise. Danach leiden ber 38 %
derBevlkerung an episodischen Spannungskopf-
schmerz und fast 3 % an chronischem Span-nungskopfschmerz. Nach
diesen Daten bestandder Kopfschmerz vom Spannungstyp bei allen
Be-troffenen im Durchschnitt bereits seit ber 10 Jah-ren vor der
Befragung, wobei der episodischeSpannungskopfschmerz an
durchschnittlich fastdrei Tagen im Monat auftrat.
Migrne
Migrne ist ein Attackenkopfschmerz, der in derRegel einseitig
und pulsierend oder pochend auf-tritt. Er geht fast immer mit
Begleitsymptomenwie belkeit, Erbrechen, Lichtscheu und Lrm-scheu
einher. Bei etwa 1015 % der Betroffenentritt vor dem eigentlichen
Kopfschmerz eine soge-nannte Migrneaura auf, die aus
vorbergehen-den neurologischen Ausfllen (Gesichtsfeldausfalloder
Flimmersehen, Gefhlsstrungen, Lhmun-gen, Sprachstrung) besteht. Bei
einigen Patien-tinnen tritt die Migrne immer nur regelbeglei-tend
auf (menstruelle Migrne).
Die Migrne ist eine komplexe Funktionsst-rung des Gehirns, das
bei den Betroffenen auf in-nere und uere Reize besonders
empfindlich rea-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 76
ambulanz oder eine Schmerzpraxis finden, ver-gehen oft viele
Jahre, in denen sie eine Vielzahl,meist erfolgloser Behandlungen,
erhalten. Es wirdgeschtzt, dass in Deutschland derzeit etwa 5 bis
8Millionen Patienten an behandlungsbedrftigenchronischen Schmerzen
erkrankt sind; bis zu 20 % dieser Patienten bentigen eine spezielle
qua-lifizierte Schmerztherapie. Bislang sind allerdingsdie
Versorgungsstrukturen fr Patienten mit chro-nischem Schmerz
unzureichend, wobei vor allemProbleme durch Fehlversorgung und
mangelndeQualittskontrolle zu konstatieren sind.
Kopfschmerzen
Klassifikation der Kopfschmerzen
Entsprechend der Klassifikation der InternationalHeadache
Society (IHS) von 1988 lassen sich pri-mre und sekundre
Kopfschmerzerkrankungensowie Kopf- und Gesichtsneuralgien und nicht
klas-sifizierbarer Kopfschmerz unterscheiden.
Primre Kopfschmerzerkrankungen stellenein eigenstndiges
chronisches bzw. chronischwiederkehrendes Leiden dar, dem keine
andere organische Erkrankung zu Grunde liegt. Bei
dieserKopfschmerzform lassen sich typischerweise
keinepathologischen Befunde nachweisen. Dazu zhlenMigrne,
Kopfschmerz vom Spannungstyp undClusterkopfschmerz. Zu den
sekundren Kopf-schmerzen, die das Symptom einer organischenStrung
sind, werden Schmerzen nach Verletzun-gen, bei Geferkrankungen und
anderen Erkran-kungen gerechnet. Dazu gehren auch die
Kopf-schmerzen durch Einwirkungen von Substanzenoder deren Entzug,
z. B. der medikamentenin-duzierte Dauerkopfschmerz.
Fr jede dieser Kopf- und Gesichtsschmerz-erkrankungen werden
Haupt- und Nebenkriterienangegeben. Die Definitionen der IHS haben
auchEingang in die ICD-10 gefunden. Zu den jeweili-gen Diagnosen
hat die Deutschen Migrne- undKopfschmerzgesellschaft (DMKG)
Therapieleit-linien verffentlicht. Die klaren Diagnosekriteriender
IHS tragen sowohl zu einer gezielteren und effizienteren Therapie
als auch zu einer Verbesse-rung der Beschreibung von Verteilung und
Hu-
figkeit des Kopfschmerzes in der Bevlkerung bei.Eine der
seltenen aber mglichen spezifischenKopfschmerzursachen (vom
Hirntumor ber Ge-ferkrankungen bis hin zu Hirnblutungen
oderEntzndungen) muss immer durch die Anamnese,die
allgemein-krperliche und klinisch-neurologi-sche Untersuchung
ausgeschlossen werden.
Auftreten der Kopfschmerzen
36,2 % der Frauen und 21,5 % der Mnner, die
imBundesgesundheits-Survey 1998 befragt wurden,gaben an, in den
letzten sieben Tagen an Kopf-schmerzen gelitten zu haben; in den
vergangenen12 Monaten ertrugen 67,4 % der Frauen und51,9 % der
Mnner Kopfschmerzen. Die Prvalenz1
der Kopfschmerzen nimmt bei den Befragten so-wohl bei Mnnern als
auch bei Frauen mit dem lterwerden ab. Kopfschmerzen traten als
einzigeSchmerzlokalisation in der Oberschicht hufigerals in der
Unter- und Mittelschicht auf (Abb. 1).
In einer Reihe von Studien wird ebenfalls einePrvalenzrate fr
Kopfschmerz von etwa 70 % an-gegeben. Im Mittel litten die
Befragten seit ber 10Jahren an Kopfschmerzen. Die Angaben
variierenabhngig von den eingesetzten Erhebungsmetho-den, dem
betrachteten Prvalenzzeitraum, den ver-wendeten Schmerzdefinitionen
und den Schwere-gradeinteilungen.
Kopfschmerz vom Spannungstyp
Spannungskopfschmerz ist die hufigste Formwiederholt
auftretender Kopfschmerzen. Er tritt inder Regel beidseitig und
dumpf-drckend, nichtpulsierend auf. Wahrscheinlich wird der
Span-nungskopfschmerz durch eine Herabsetzung derSchmerzschwelle
des zentralen Schmerzwahr-nehmungssystems bedingt. Unterschieden
werdender episodische Spannungskopfschmerz (wenigerals 15
Kopfschmerztage im Monat) und der chroni-sche Spannungskopfschmerz
(mehr als 15 Kopf-schmerztage im Monat).
Altermnnliche Bevlkerung weibliche Bevlkerung
7079
6069
5059
4049
3039
unter 30
00 1010 2020 3030 4040 5050 6060 7070 80
Prozent
im letzten Jahr in den letzten 7 Tagen
Abbildung 1 Auftreten von Kopfschmerzen innerhalb der letzten
siebenTage und im letzten Jahr Auftretenshufigkeit in Prozent nach
Altersklassen in JahrenQuelle: Bundes-Gesundheitssurvey 1998
1 Die Prvalenz (oder Prvalenzrate) beschreibt den
AnteilErkrankter an der betrachteten Bevlkerung in einem
be-stimmten Zeitraum (z. B. Punktprvalenz, Jahresprva-lenz,
Lebenszeitprvalenz).
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Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 9
auf unterschiedlich harter Anwendung der IHS-Kriterien zur
Klassifikation der Migrne oder aufder Angabe unterschiedlicher
Prvalenzzeitrume.17 % der 1998 im Bundesgesundheitssurvey
Be-fragten (15,3 % Ost, 17,4 % West) gaben an, jemalsin ihrem Leben
an Migrne gelitten zu haben.bereinstimmend wird berichtet, dass
Migrne bei Frauen bis zu dreimal hufiger als bei Mnnernauftritt und
mit zunehmendem Alter abnimmt. Im Alter zwischen 40 und 49 Jahren
ist die Prva-lenz am hchsten. Nach einigen Studien habenauch
Personen mit hherer Schulbildung eine erhhte Prvalenzrate fr
Migrne. Die Betroffe-nen leiden oft ber 10 Jahre an den
wiederkehren-den Attacken. Nach Hochrechnungen sind inDeutschland
mindestens 2 Millionen Menschen2
von rezidivierenden Migrneattacken betroffen.Das Leben der
Betroffenen ist im Durchschnitt anmehr als 14 Tagen im Jahr negativ
von ihrer Krank-heit beeinflusst.
Auch die Krankenhausstatistik belegt die hufigere Erkrankung von
Frauen an Migrne. In stationrer Behandlung wegen Migrne befan-den
sich fast doppelt so viel Frauen wie Mnner. BeiMnnern weist die
Altersgruppe der 5 bis 14-Jhri-gen die hchste Zahl stationrer
Behandlungen frdiese Diagnose auf, bei Frauen sind es die
Alters-gruppen 15 bis 24 Jahre und 45 bis 54 Jahre (vgl.Abb 2).
1999 fielen fr Mnner und Frauen 92.390Pflegetage in Krankenhusern
mit der DiagnoseMigrne an. Dadurch entstanden Behandlungs-kosten in
Hhe von rund 54 Millionen DM.
Clusterkopfschmerz
Eine weitere Form primren Kopfschmerzes ist
derClusterkopfschmerz, dessen Attacken in aktivenPerioden
(Clustern) von zwei Wochen bis zu zweiMonaten auftreten und jeweils
15180 Minutendauern. Dabei tritt ein stechender
Vernichtungs-schmerz streng einseitig hinter und um ein Augeherum
auf. Der Clusterkopfschmerz beruht wahr-scheinlich ebenfalls auf
einer nichtbakteriellenneurogenen Entzndung und ist mit einer
Prva-lenz von 0,1 % uerst selten. Mnner sind etwaachtmal hufiger
als Frauen betroffen, das typischeErkrankungsalter liegt zwischen
dem 20. und 40.
Lebensjahr. Akute Attacken des Clusterkopf-schmerzes knnen u. a.
durch die Inhalation vonreinem Sauerstoff behandelt werden. Bei der
me-dikamentsen Prophylaxe des Clusterkopfschmer-zes muss zwischen
episodischem und chroni-schem Clusterkopfschmerz unterschieden
werden(vgl. Therapieempfehlungen der Deutschen Mi-grne- und
Kopfschmerzgesellschaft 1998).
Medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz
Bei nicht adquater Kopfschmerzbehandlung oderSelbstmedikation
kann der medikamentenindu-zierte Dauerkopfschmerz entstehen.
Hauptsymp-tom ist die zunehmende Hufigkeit und Schwereder
Kopfschmerzen trotz zunehmender Einnahmevon Schmerzmitteln.
Anfnglich besteht bei denPatienten zum Beispiel ein episodischer
Kopf-schmerz (Migrne oder Spannungskopfschmerz),durch den
Arzneimittelmissbrauch entwickelt sichdann ein tglicher
Dauerkopfschmerz (>20 Tageim Monat). Er besteht hufig bereits
morgens beim Aufwachen und nimmt im Tagesverlauf trotzEinnahme von
Schmerzmitteln weiter zu. WeitereFolgen des
Arzneimittelmissbrauches sind Magen-und Darmblutungen oder
dialysepflichtiges Nie-renversagen. Alle zur
Kopfschmerz-Akutbehand-lung eingesetzten Medikamente knnen zum
medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerzfhren, wenn sie in einer
Einnahmefrequenz vonmehr als 10 Tagen pro Monat eingenommen
werden(Nicht-opioide Analgetika, Ergotamine und Triptane,ebenso
aber auch Opioide). Kombinationsanalge-tika (mit mehreren
Analgetika und/oder Coffein)gelten als besonders gefhrlich fr die
Entwicklungeiner Arzneimittelgewhnung verbunden mit
medikamenteninduziertem Dauerkopfschmerz.
Zur Behandlung muss eine Entgiftung erfol-gen, die ambulant in
darauf spezialisierten Praxenoder stationr in Kliniken durchgefhrt
werdenkann. Wichtig ist, dass die Patienten ausfhrlichber ihr
Krankheitsbild aufgeklrt werden und sichnicht der Therapie
entziehen. Eine verhaltensthe-rapeutische Begleittherapie kann die
Complianceder Patienten verbessern. Nach der Entgiftung ist es
meistens mglich, die ursprngliche Kopf-schmerzerkrankung (Migrne
oder Spannungs-kopfschmerz) zu diagnostizieren und adquat
zubehandeln.
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 78
giert. Als Folge dieser Strung kann es zu einernichtbakteriellen
neurogenen Entzndung an denBlutgefen von Gehirn und harter Hirnhaut
kom-men, durch welche der Schmerz ausgelst wird.
Da Migrne bis heute nicht heilbar ist, mussentweder eine
Akutbehandlung der in der Attackeauftretenden Symptome durchgefhrt
oder demAuftreten von Attacken vorgebeugt werden. Eben-so wie bei
dem Spannungskopfschmerz besteht beieiner Selbstmedikation mit
Schmerzmitteln dieGefahr der Chronifizierung. Die Deutsche
Migr-
ne- und Kopfschmerzgesellschaft hat Empfehlun-gen zur Behandlung
akuter Migrneattacken undzur Vorbeugung der Migrne publiziert.
Neben der medikamentsen Behandlung knnen regel-mige sportliche
Bettigung, Techniken der Mus-kelentspannung,
Reizverarbeitungstraining und an-dere verhaltenstherapeutische
Methoden, wie z. B. das Erlernen eines geregelten
gleichmigenTagesablaufes das Leiden der Patienten lindern.
Zur Prvalenz der Migrne gibt es bislang nurdifferierende
Angaben. Diese beruhen zum Teil
Abbildung 2 Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationre
Patienten je100.000 EinwohnerFallzahlen nach ICD 9: Migrne
(346)Quelle: Krankenhausstatistik Diagnosedaten der
Kranken-hauspatienten, Statistisches Bundesamt
Anzahl der Flle je 100.000 Einwohner
2 Ensink et al. (1994): Migrneprvalenz in Deutschland
Altermnnliche Bevlkerung weibliche Bevlkerung
ber 75
6574
5564
4554
3544
2534
1524
514
14
unter 1
00 55 1010 1515 2020 25 30
1994
1995
1996
1997
1998
1999
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Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 11
alten Bundeslndern (0,47 % der Gesamtausfall-tage der Frauen;
0,14 % der Gesamtausfalltage derMnner) und 0,29 % in den neuen
Bundeslndern(0,52 % der Gesamtausfalltage der Frauen; 0,11 %der
Gesamtausfalltage der Mnner). Im Durch-schnitt fehlten die
Krankgeschriebenen zwischen 5 und 6 Tagen an ihrem Arbeitsplatz.
Bei diesenAngaben ist zu bercksichtigen, dass Arbeitsaus-fallzeiten
wegen Migrne nur einen Teil der Ausfallzeiten durch Kopfschmerzen
reprsentie-ren (vgl. Abb 5).
Weitere Arbeitsausfallzeiten ergeben sich
ausRehabilitationsmanahmen und dem Zeitpunktdes Eintritts in die
vorzeitige Rente wegen vermin-derter Erwerbsfhigkeit.
Die Gesamtkosten fr Behandlung, Rehabilitationund vorzeitige
Berentung bei Kopfschmerzen wer-den auf 5 Milliarden DM pro Jahr
geschtzt.
Versorgung von Kopfschmerzpatienten
Obwohl seit ber zehn Jahren die IHS Klassifika-tion fr
Kopfschmerz vorliegt und Therapieleitli-nien der DGMK entwickelt
wurden, scheint ein Teilder Patienten auch weiterhin nicht
leitliniengerechtversorgt zu werden. Auch der
medikamenten-induzierte Kopfschmerz scheint nicht
ausreichendbekannt zu sein. Weitere Versorgungsdefizite be-stehen
dadurch, dass fast die Hlfte aller Kopf-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 710
Zum Gebrauch von Schmerzmitteln und Migr-nemitteln in der
Bevlkerung geben die Ergebnissedes Bundesgesundheits-Surveys 1998
Aufschluss:ber die Hlfte der Bundesbrger verwenden ge-legentlich
oder regelmig Schmerzmittel. Migr-nemittel werden dagegen relativ
selten eingenom-men, die Einnahme korrespondiert mit
denPrvalenzraten fr Migrne (vgl. Abb. 3). Nach Er-gebnissen der
MONICA-Augsburg-Surveys betrgtdie Prvalenz derjenigen, die regelmig
schwachbis mittelstarke Analgetika einnehmen, fr Mn-ner 8,9 %, fr
Frauen 12,7 % (Survey 1994/95).
Nach Schtzungen der Deutsche Migrne- undKopfschmerzgesellschaft
leiden 510 % der Pa-tienten, die in spezialisierten Praxen oder
Klinikenum Rat nachsuchen, unter medikamentenindu-ziertem
Kopfschmerz. Der medikamentenindu-zierte Dauerkopfschmerz tritt
hufig zwischendem 40. und 50. Lebensjahr auf. Im
Allgemeinenvergehen fnf bis zehn Jahre, bis im Rahmen
derursprnglichen Kopfschmerzerkrankung die Me-dikamente immer
hufiger eingenommen werdenund dann weitere fnf bis zehn Jahre bis
zur Aus-bildung des medikaments nicht mehr beeinfluss-baren
Dauerkopfschmerzes.
Behandlungsprozess von chronischen Kopf-schmerzen
Die Struktur der Behandlung von Kopfschmerzenund die daraus
resultierenden Effekte sind in Ab-bildung 4 zusammengefasst
dargestellt. Deutlichwird dabei, dass Fehlverhalten der Patienten
undWissensdefizite auf Seiten der rzte ineffizienteStrukturen zur
Folge haben knnen, die oft mit betrchtlichen direkten und
indirekten Folgekostenverbunden sind.
Kosten der Kopfschmerzen
Zu den direkten Kosten der Behandlung von Kopf-schmerzen gehren
die Ausgaben fr Arzneimit-tel, die Ausgaben fr die ambulante
Versorgungund die stationre Versorgung in Krankenhusernund in
Einrichtungen der Rehabilitation sowie dieBehandlungskosten bei
Auftreten von Folgeer-krankungen. ber die Ausgaben fr ambulanteund
stationre Behandlungen von Kopfschmerz-patienten liegen, bezogen
auf die BundesrepublikDeutschland, keine gesicherten Daten vor.
Indirekte Kosten entstehen der Gesellschaftdurch
Arbeitsunfhigkeit und vorzeitige Berentung.Der Anteil an
Arbeitsausfalltagen wegen Migrnean der Gesamtzahl der
Arbeitsausfalltage betrugnach Daten der AOK im Jahr 1998 0,26 % in
den
Abbildung 3 Einnahme von Schmerz- und Migrnemitteln Angaben in
ProzentQuelle: Bundes-Gesundheitssurvey 1998
00 55 1010 1515 2020 2525 3030
Prozent
Migrnemittel Schmerzmittel Leitlinien-gerechte
Behandlung
Kopfschmerzen
SpannungskopfschmerzMigrne
Clusterkopfschmerz
Vermeidung der Chroni-fizierung des Schmerzes
kein bergang zum me-dikamenteninduzierten
Dauerkopfschmerz
Vermeidung von Folgeerkrankungen
behandlungsintensive Folgeerkrankungen
erheblicher therapeu-tischer Aufwand fr den
Medikamentenentzug
Arbeitsausfallzeiten
vorzeitige Berentungen
nichtadquateSelbstmedikation
medikamenteninduzierterDauerkopfschmerz
Arzt-besuch? Nein
Ja
Nein
Ja
Abbildung 4Struktur und Effekte der Behandlung primrer
Kopfschmerzen
Chronifizierung desSchmerzes
Einnahmehufigkeitmnnliche Bevlkerung weibliche Bevlkerung
selten
1-3mal monatlich
1-2mal wchentlich
mehrmals wchentlich
tglich
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Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 13
Rckenschmerzen
Klassifikation und Diagnostik von Rcken-schmerzen
Schon die Definition von Rckenschmerzen berei-tet im deutschen
Sprach- und SchriftgebrauchSchwierigkeiten, da der Begriff
Rckenschmer-zen hufig als Synonym fr Kreuzschmerzen,manchmal aber
auch als Sammelbegriff fr Kreuz-schmerzen (low back pain),
Nackenschmerzenoder Schmerzen im Brustwirbelsulenbereich ver-wendet
wird3.
Zur grundlegenden Unterscheidung (hin-sichtlich ihrer Ursachen)
hat sich die Trennungzwischen spezifischen und nichtspezifischen
Rcken-schmerzen bewhrt. Im Gegensatz zu nichtspezi-fischen
Rckenschmerzen haben spezifischeRckenschmerzen eine eindeutig
feststellbare Ur-sache, z.B. Bandscheibenvorfall (insbesondere
mitbegleitender Wurzelkompression),
Wirbelgleiten,Spinalkanalverengung, Instabilitt einzelner
Wir-belsulensegmente, Wirbelkrperbrche, Tumore,Infektionen und
entzndliche Erkrankungen.
Es gibt eine Reihe sehr einfacher klinischerHinweise auf
spezifische und eventuell abwendba-re, gefhrliche Ursachen von
Rckenschmerzen:
erstmalig auftretende und anhaltende oder zu-nehmende
Rckenschmerzen, besonders bei lteren Personen oder unter
18-Jhrigen,
gefhrliche Vorerkrankungen (Tumor, Infek-tion, Osteoporose,
Trauma),
allgemeines Krankheitsgefhl, Gewichtsverlust,Eingeweide- oder
neurologische Symptome,
Fieber, Blsse, Entzndungszeichen oder Blut-bildvernderungen.
Etwa 15 % aller Rckenschmerzpatienten leidenunter spezifischen
Rckenschmerzen; bei etwa 85 % der Patienten mit Rckenschmerzen
liegt da-gegen ein nichtspezifischer Rckenschmerz vor.Trotz des
Zuwachses an schmerztherapeutischemWissen stiegen die
Arbeitsunfhigkeitstage wegen
Krankheiten der Wirbelsule und des Rckens inden letzten 20
Jahren kontinuierlich an.
Verlauf von Rckenschmerzen
Etwa 80 % aller Rckenschmerz-Patienten sindnach zwei Monaten
bereits wieder beschwerdefrei, d. h. Rckenschmerzen haben eine sehr
gute spon-tane Rckbildungstendenz. Allerdings kommt esbei einem
Teil der Patienten zu episodischemWiederauftreten und bei einem
kleineren Teil zu einer Chronifizierung. Bei einigen Patienten
wei-ten sich die Schmerzen auf andere Krperregionenaus. Im
folgenden wird auf die Therapie und dieKosten der Behandlung von
nichtspezifischenRckenschmerzen fokussiert.
Therapie nichtspezifischer Rckenschmerzen(NSRS)
Patienten mit Rckenschmerzen werden in Deutsch-land primr vom
Hausarzt, bei ausstrahlenden oder besonders starken Schmerzen,
gleichzeitig bestehenden Lhmungen oder Gefhlsstrungen von
Orthopden, Neurologen, Neurochirurgen undSchmerztherapeuten
behandelt.
Bei den unterschiedlichen Fachvertretern undihren
Fachgesellschaften bestehen bislang nochkeine einheitlichen
diagnostischen und therapeu-tischen Vorgehensweisen und
Empfehlungen, die-se werden jedoch angestrebt. Ebenso fehlen
allge-mein anerkannte Richtlinien fr den Zeitpunktund das Ausma der
Diagnostik beim Verdacht aufNSRS. Angesichts zunehmend knapperer
Res-sourcen im Gesundheitswesen ist die Entwicklungevidenzbasierter
Leitlinien erforderlich. Die The-rapieempfehlungen der
Arzneimittelkommissionder Deutschen rzteschaft zu Kreuzschmerzen
(2. Auflage 2000) wurden im fachgebietsbergrei-fenden Konsens
erstellt und markieren einenSchritt in diese Richtung. Von der
Deutschen Ge-sellschaft fr Allgemeinmedizin (DEGAM) wirdderzeit ein
Entwurf fr Leitlinien zu akutenRckenschmerzen und ihrem Management
erar-beitet; mit einer Autorisierung der Leitlinien istEnde 2002 zu
rechnen.
Vor einer Behandlung nichtspezifischer R-ckenschmerzen mssen die
im folgenden genann-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 712
schmerzpatienten nie einen Arzt wegen ihrer Kopf-schmerzen
aufsucht. Gerade fr diesen Perso-nenkreis besteht die Gefahr, dass
sich durch Selbstmedikation ein
medikamenteninduzierterDauerkopfschmerz entwickelt.
Zur stationren Versorgung von Patienten mitchronischen
Kopfschmerzen gibt es bislang inDeutschland nur wenige
spezialisierte Kliniken. Inzwei Reha-Kliniken mit dem Schwerpunkt
Migr-netherapie werden etwa 1.000 Patienten im Jahrbehandelt. Etwa
40 Schwerpunktpraxen sind aufdie Behandlung von Kopfschmerz
spezialisiert undhaben rund 60.000 Patienten im Jahr.
Die European Federation of Neurological Societies hlt dagegen
folgenden Bedarf fr not-wendig:
Kopfschmerzzentren an Universitten1 pro 2 Millionen
Einwohner,
Vollstationre Betten50 Betten pro 2 Millionen Einwohner,
Kopfschmerzambulanzen/Kopfschmerzpraxen1 pro 250.000
Einwohner.
Von der Deutschen Gesellschaft zum Studium desSchmerzes (DGSS)
wird fr die BundesrepublikDeutschland ein Bettenbedarf zur
Behandlung von Patienten mit problematischen chronischenSchmerzen
(alle Schmerzarten) von rund 2.700insgesamt bzw. 3,6 pro 100.000
Einwohner ge-nannt.
Neben der Verbesserung der ambulanten undstationren
Versorgungsdichte bedarf es einer in-tensiven Aufklrung aller
Beteiligten rzte, Apo-theker und Patienten sowie der Einfhrung
eineseffektiven Qualittsmanagements, das die Anwen-dung des
verfgbaren Expertenwissens in der Re-gelversorgung der Patienten
sicherstellt. Nur durchdiese Verbesserung der Versorgung
chronischerKopfschmerzpatienten ergnzt um Programmezur Prvention
kann es nachhaltig gelingen, diebisherigen Kosten fr die Behandlung
chronischerKopfschmerzen deutlich zu reduzieren.
Abbildung 5 Arbeitsunfhigkeitsflle je 10.000
VersicherteFallzahlen nach ICD 9: Migrne (346)Quelle: AOK,
Krankheitsartenstatistik
1994 1995 1996 1997 1998
0
25
50
75
100
125
150
175
200
3 vgl. Gutachten des Sachverstndigenrates fr die Kon-zertierte
Aktion im Gesundheitswesen, Bedarfsgerech-tigkeit und
Wirtschaftlichkeit, Band III.3 (Gutachten2000/2001): Ausgewhlte
Erkrankungen: Rckenlei-den, Krebserkrankungen und depressive
Strungen, 24
Frauen alte Bundeslnder
Frauen neue Bundeslnder
Mnner alte Bundeslnder
Mnner neue Bundeslnder
-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 15
Nur etwa 15 % aller Rckenschmerzen sind, wiebereits dargestellt,
spezifische (z. B. radikulre, ent-zndliche bzw. tumorbedingte)
Rckenschmerzen,deren Ursache behandelt werden muss.
Leistungen und Kosten des Gesundheitswesenszur Behandlung des
Rckenschmerzes
Im Mittelpunkt der gesundheitskonomischen Betrachtung der
chronischen Rckenschmerzen ste-hen vor allem die etwa 85 % der
Patienten mit unspezifischen Beschwerden. Bei 80 % dieser
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 714
ten gefhrlichen spezifischen Ursachen durch Anamnese, krperliche
Untersuchung oder Labor-befunde ausgeschlossen werden:
eine Wirbelkrperfraktur (bei
entsprechenderVerletzungs-Vorgeschichte oder lteren
Patien-ten),
eine Tumorerkrankung oder Infektion (bei Patienten unter 20 oder
ber 50 Jahren, oderbei Patienten mit Tumor-Vorgeschichte oder
mitFieber/Gewichtsverlust oder mit vorangegange-ner Infektion oder
mit Immunsuppression) und
eine rasch zunehmende Gefhlsstrung/Lh-mung oder ein Kaudasyndrom
(aufsteigendeschlaffe Lhmung mit Schmerzen und
Sensibi-littsstrungen an den unteren Extremitten, oftmit Blasen-
und Mastdarmstrung).
Analog sollten auch psychosoziale Warnzeichen frdie Gefahr der
Chronifizierung von Rcken-schmerzen frhzeitig identifiziert
werden.
Nach Ausschluss der Warnzeichen fr gefhr-liche spezifische
Rckenschmerz-Ursachen solltedie Aktivierung der Patienten im
Mittelpunkt derBehandlung stehen. Es besteht mittlerweile
breiterKonsens ber die Wichtigkeit von aktiven, trai-nings- und
verhaltensorientierten Interventionenunter Einschluss edukativer
Elemente. Im Vorder-grund steht die Behandlung gestrter
krperlicher,psychischer und sozialer Funktionen. Mit berck-sichtigt
wird bei multimodalen Konzepten auch die Arbeitsplatzsituation.
Patienten mit Rcken-schmerzen sollte zu normaler Bewegung und
Be-lastung geraten werden. Eine analgetische Versor-gung in den
ersten Tagen kann dieses Prinzipuntersttzen.
Die North American Spine Society und dieDeutsche Gesellschaft
zum Studium des Schmer-zes geben folgende Empfehlungen zur
Behand-lung nichtspezifischer Rckenschmerzen; dieseentsprechen auch
weitestgehend den Therapie-empfehlungen der Arzneimittelkommission
derDeutschen rzteschaft:
Hchstens 12 Tage Bettruhe bei nichtspezifi-schem
Rckenschmerz;
Information ber wirbelsulengerechte Bewe-gungen und
Haltungen;
so bald wie mglich Mobilisierung und Aktivie-rung;
ergnzende krankengymnastische und psycho-soziale Diagnostik,
wenn Hinweise fr eine be-ginnende Chronifizierung erkennbar
sind(Schmerzdauer ber 3 Monate, Krankschrei-bung ber 4 Wochen, mehr
als 2 Rezidive imJahr);
in diesem Fall interdisziplinre Therapie unterEinschluss physio-
und psychotherapeutischerMethoden.
Hufigkeit von Rckenschmerzen
Aussagen ber die Hufigkeit von Rckenschmer-zen in der deutschen
Bevlkerung lassen sich berden Bundesgesundheits-Survey 1998
treffen. Aufdie Fragen Hatten Sie in den vergangenen 12 Monaten
Rckenschmerzen? und Hatten Siediese Schmerzen whrend der
vergangenen 7 Tage? entfielen die in Abb. 6 dargestellten
Antworthufigkeiten. Frauen litten nicht nur hu-figer als die Mnner
an Kreuz- und Rcken-schmerzen, sondern auch hufiger an
starkenRckenschmerzen (Abb. 7).
Behandlungsprozess des chronischen Rcken-schmerzes
Die Struktur der Behandlung des chronischenRckenschmerzes
unterscheidet sich von der Behandlung des chronischen Kopfschmerzes
(siehe Abb. 8). Etwa 85 % aller Rckenschmerz-patienten weisen kein
medizinisch kausal zu behandelndes Krankheitsbild auf, da sie an
nicht-spezifischen Rckenschmerzen leiden. Zudemkann davon
ausgegangen werden, dass 80 % von ihnen nach kurzer Zeit zur
Selbstheilung tendieren; in Folge von Schonung und
Inaktivittbesteht aber die Gefahr der Chronifizierung desSchmerzes.
Die Aufklrung der Patienten ber die Art und das
Selbstheilungspotential ihresSchmerzes sowie die Mglichkeiten der
Linderungbei Aufrechterhaltung bisheriger Aktivitten ist
oftwichtiger als die rztliche Verordnung von Schmerz-mitteln. Bei
dem Anteil der Patienten (20 %), bei denen keine Selbstheilung
auftritt, mssen dieRckenschmerzen durch differentielle
Therapie-programme behandelt, die Arbeitsfhigkeit
wieder-hergestellt und Rezidive verhindert werden.
Abbildung 6 Hufigkeiten von Rckenschmerzen Auftretenshufigkeit
in Prozent nach Altersklassen in Jahren Quelle:
Bundes-Gesundheitssurvey 1998
Altermnnliche Bevlkerung weibliche Bevlkerung
7079
6069
5059
4049
3039
unter 30
00 1010 2020 3030 4040 5050 6060
Prozent
im letzten Jahr in den letzten 7 Tagen
Abbildung 7 Hufigkeit miger und starker Kreuz- oder
RckenschmerzenAuftretenshufigkeit in Prozent nach Altersklassen in
Jahren Quelle: Bundes-Gesundheitssurvey 1998
Altermnnliche Bevlkerung weibliche Bevlkerung
7079
6069
5059
4049
3039
2029
00 1010 2020 3030 4040 5050 6060
Prozent
mige Schmerzenstarke Schmerzen
-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 17
Behandlung von Rckenerkrankungen (ICD 9720724) betrugen 1999 2,5
Milliarden DM. ImZusammenhang mit Dorsopathien wurden im Jahr1999
rund 107.390 Mnner und 83.000 Frauen einer stationren
Rehabilitation unterzogen; beirund 13.000 Frauen und 18.000 Mnnern
wurdenAnschlussheilbehandlungen durchgefhrt. EineSchtzung von
krankheitsbezogenen direkten Kos-ten kommt auf 20,2 Milliarden DM,
die 1994 frLeistungen wegen Krankheiten der Wirbelsuleund des
Rckens ausgegeben wurden4. Aktuali-sierte Berechnungen zu den
Kosten des chroni-schen Rckenschmerzes werden im
Schwer-punktbericht Muskel- und Skeletterkrankungen,der Ende 2002
erscheinen soll, verffentlicht.
Indirekte Kosten des chronischen Rckenschmerzes
Zu den indirekten Kosten des chronischen Rcken-schmerzes gehren
die Produktionsausflle durchArbeitsunfhigkeitstage und durch
vorzeitige Be-rentung.
Seit 1996 ist in den alten und neuen Bundes-lndern eine Abnahme
des Anteils der Arbeitsunf-
higkeitstage wegen Krankheiten der Wirbelsuleund des Rckens
(ICD-9 720-724) an der Gesamt-zahl der Arbeitsunfhigkeitstage zu
beobachten; le-diglich fr die Mnner aus den neuen Bundes-lndern ist
weiterhin ein steigender Trend sichtbar.
Im internationalen Vergleich zeigt sich, dassdie
Arbeitsunfhigkeitstage (AU-Tage) in Gro-britannien von 1968 bis
1978 und weiter bis 1990jeweils auf das Zweieinhalbfache
zugenommenhatten. Allein im letzten Dezennium dieser Peri-ode stieg
in einer US-Studie der Anteil der AU-Tage wegen Rckenschmerzen von
ca. 29 % auffast 32 % aller AU-Tage, d. h. die AU-Tage selbst haben
sich in 10 Jahren mehr als verdoppelt undder Anteil der
Rckenschmerzpatienten ist sogarberproportional gewachsen. Eine
Zunahme derArbeitsunfhigkeitstage wie in diesen Lndern istfr
Deutschland nicht zu verzeichnen.
Wegen verminderter Erwerbsfhigkeit wurden im Jahre 1999 rund
11.000 Frauen und 23.000Mnnern mit einem Durchschnittsalter von 54
und 55 Jahren Renten gewhrt.
Insgesamt werden als Kosten fr die Behand-lung, Rehabilitation
und vorzeitige Berentung vonPatienten mit Rckenschmerzen ber 30
Milliar-den DM jhrlich geschtzt; die direkten und indi-rekten
Krankheitskosten werden in Deutschlandauf etwa 50 Milliarden DM
veranschlagt.
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 716
Patienten kann eine nicht ausreichend aktivierendeBehandlung
auch aus gesundheitskonomischerSicht kontraproduktiv wirken, da
hierdurch ver-meidbare Folgeaufwendungen fr die
Behandlungchronifizierter Schmerzen hervorgerufen werdenknnen. Um
die Kosten des chronischen Rcken-schmerzes zu reduzieren, wird in
vielen Studien eineeffiziente Betreuung von
Rckenschmerzpatientendiskutiert, welche auch im betrieblichen
Arbeitsum-feld im Sinne einer gezielten Sekundrprvention(also einer
vorbeugenden Beratung und Betreuung
von Patienten, die in der letzten Zeit schon Rcken-beschwerden
hatten) wirksam werden sollte.
Direkte Kosten des chronischen Rckenschmerzes
Die direkten Kosten umfassen die Kosten der Arz-neimittel sowie
der ambulanten und stationrenkurativen und rehabilitativen
Behandlung von Patienten mit chronischen Rckenschmerzen. Die
Ausgaben fr stationre Leistungen bei der
Rckenschmerz
SpezifischerRckenschmerz
Fachspezifische Behandlung
der speziellen Ursache
Gefahr derChronofizierungdes Schmerzes
Behandlungsbedrftig
Spezielle Therapieformenund Behandlungspro-
gramme (z. B. Gttinger-Rcken-Intensiv-
Programm)Untersttzung der Selbst-
heilung durchAufforderung zum
Erhalt der Aktivitten
NichtspezifischerRckenschmerz
Abbildung 8Formen des Rckenschmerzes und seine
Behandlungvereinfachte Darstellung
15 % 85 %
Ja
Tendenz zur Selbstheilunginnerhalb von 2 Monaten;
Untersttzung der Tendenzdurch Verordnung von
Analgetika oderPhysio/Chirotherapie
FortdauerndeBehandlung?Nein
80 % 20 %
Abbildung 9 Arbeitsunfhigkeitstage wegen Krankheiten der
Wirbelsuleund des Rckens Fallzahlen in Prozent der gesamten
Arbeitsunfhigkeitstagenach ICD 9: 720724 Quelle: AOK,
Krankheitsartenstatistik
4 Gesundheitsbericht fr Deutschland (1998), 203
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 19981982 1983 1984 1985 1986
1987 1988 1989 1990
0
5
10
15
20
Frauen neue BundeslnderMnner neue Bundeslnder
Frauen alte BundeslnderMnner alte Bundeslnder
-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 19
Tumorschmerzen
Definitionen: Tumorschmerz, Palliativmedizin
Im Verlauf von Tumorerkrankungen treten hufigSchmerzen auf.
Diese Schmerzen knnen durchfolgende Ursachen bedingt sein:
direkt durch den Tumor selbst (verdrngendesWachstum,
Infiltration oder Metastasen),
tumor-assoziiert (durch tumortypische Begleit-erkrankungen, z.
B. Grtelrose),
behandlungsbedingt (z. B. Nebenwirkungenvon Bestrahlung oder
Chemotherapie; Opera-tionsschmerzen), oder auch
tumor-unabhngig (z. B. Kopf- oder Gesichts-schmerzen, fallen
dann nicht unter Tumor-schmerz).
Neben einer Einteilung nach den Ursachen desSchmerzes sind
Differenzierungen nach demSchmerztyp (nozizeptiv, neuropathisch6)
bzw. nach bio-psycho-sozialen Aspekten (krperlicherSchmerz,
seelischer Schmerz, sozialer Schmerz)gebruchlich. Fr die meisten
dieser Schmerzengibt es wirksame Behandlungsmethoden. Wenneine
urschliche Behandlung der Tumorerkran-kung oder der Tumorschmerzen
nicht erfolgreichdurchgefhrt werden kann, stehen bei der Thera-pie
von Schmerzpatienten mit fortgeschrittenenTumorerkrankungen
leidensmindernde und dieLebensqualitt verbessernde Manahmen
imVordergrund. Die dafr notwendige ganzheitlicheBehandlung und
Versorgung der Patienten leistenPalliativtherapie und
Palliativmedizin.
Palliativtherapie wird heute berwiegend alsdie Behandlung von
Patienten mit einer nicht ku-rativ behandelbaren Erkrankung
angesehen. Dabeizielen die therapeutischen Strategien durch
Ein-flussnahme auf das Tumorgeschehen (mittels Operation,
Chemotherapie, Hormon- oder Strah-lentherapie) auf eine
Symptomlinderung, Verbes-serung der Lebensqualitt und, wenn mglich,
aufLebensverlngerung ab.
Palliativmedizin ist die Behandlung von Pa-tienten mit einer
nicht heilbaren, weit fortge-schrittenen Erkrankung und begrenzter
Lebenser-wartung, fr die das Hauptziel Lebensqualitt ist.Die
Palliativmedizin zielt auf die Linderung von
Leiden im Endstadium einer Erkrankung ab, wennsich das Augenmerk
der Behandlung ganz auf dieVerbesserung und Erhaltung von
Lebensqualittrichtet und nicht auf Lebensverlngerung. Die
Pal-liativmedizin schliet die erwhnten palliativthe-rapeutischen
Interventionen nicht aus, Vorausset-zung ist aber, dass fr die
Betroffenen die Vorteiledurch Einsatz dieser Manahmen grer sind
alsderen potentielle Nachteile.
Die beschriebenen Unterschiede spiegeln sichauch in den
Begriffen tumororientierte Behandlungfr die Palliativtherapie und
symptomorientierte Be-handlung fr die Palliativmedizin wider.
Nach der Definition der WHO ist unter Palli-ativmedizin die
aktive Gesamtbehandlung vonKranken, deren Leiden auf kurative
Behandlungnicht anspricht, zu verstehen. Bei der
palliativ-medizinischen Behandlung werden die krper-lichen,
psychischen, sozialen und spirituellen Bedrfnisse von schwerkranken
und sterbenden Patienten bercksichtigt (vgl. Heft 01/01
Gesund-heitsberichterstattung des Bundes Sterbebe-gleitung, 89).
Die palliativmedizinische Betreu-ung beginnt nicht erst mit der
Sterbephase,sondern sie soll schon mglichst frhzeitig
imKrankheitsverlauf einsetzen, wenn die Lebensqua-litt des
Patienten durch Krankheitssymptomedeutlich eingeschrnkt ist.
Folglich kann der Patient auch in Phasen einer
palliativtherapeuti-schen Behandlung bereits
palliativmedizinischbetreut werden.
Hufigkeit von Tumorschmerzen
Von den in der Bundesrepublik Deutschland jhrlich rund 340.000
neu an Krebs erkranktenMenschen (im Alter zwischen 15 und ber 75
Jahren) werden durchschnittlich 37 % der Mnnerund 49 % der Frauen
geheilt7. Die Entwicklung derberlebensaussichten von Krebspatienten
wird inberlebensraten (in Jahren) nach Diagnosestellung
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 718
Ansatzpunkte der Prvention beim chronischenRckenschmerz
Anstze zur Prvention chronischer Rcken-schmerzen sind vor allem
im Bereich der Arbeits-bedingungen und Arbeitszufriedenheit sowie
imHinblick auf psychosoziale Risikofaktoren denk-bar. Biologische
Risikomerkmale sind fr chroni-sche, nichtspezifische Rckenschmerzen
zu ver-nachlssigen.
Arbeitsbedingungen und Arbeitszufriedenheit
Ausgangspunkt einer Vielzahl von Gesundheits-beeintrchtigungen
ist die berufliche Arbeitswelt.Vom Arbeitsplatz gehen Gefahren fr
die Ge-sundheit der Beschftigten aus. Verletzungen,Schmerzen und
andere Gesundheitsschdigun-gen knnen am Arbeitsplatz entstehen.
Darausknnen Arbeitsausflle auf Grund einer am Arbeitsplatz
erworbenen Arbeits- oder Erwerbs-unfhigkeit resultieren, die fr den
Betrieb mitder Zahlung von Krankengeld, Produktions-ausfllen oder
einem erhhten Aufwand zumAusgleich dieser Produktionsausflle
einher-gehen. Ein betriebliches Arbeitsunfhigkeits-
undErwerbsunfhigkeits-Management ist daher ins-besondere beim
chronischen Rckenschmerz ein entscheidender Ansatzpunkt. Es
verfolgt dieZiele:
durch eine Erhhung der Arbeitssicherheit dieGefahr von
Verletzungen am Arbeitsplatz ein-zudmmen;
nach Arbeits- oder Erwerbsunfhigkeit dieRckkehr zum Arbeitsplatz
zu erleichtern;
die Bereitschaft der Beschftigten zu frdern,bei unspezifischen
Beschwerden trotz derSchmerzen aktiv zu bleiben;
gezielte Manahmen zur Steigerung der Ar-beitsplatzzufriedenheit
zu initiieren.
Eine wesentliche Sule fr ein solches Konzept isteine den
Betriebsarzt einschlieende betrieblicheGesundheitspolitik. Eine
vergleichende Untersu-chung der Bedeutung von Betriebsrzten und
ini-tiierter Manahmen im Arbeits- und Gesund-heitsschutz hat
ergeben, dass in Betrieben, diesolche Manahmen umsetzen, das
Aufkommen
an Arbeitsunfhigkeitszeiten um 25 % reduziertwerden konnte,
hingegen in anderen Betriebendoppelt so viele Verletzte und viermal
so hohe Kos-ten auf Grund von Arbeitsausfllen zu verzeich-nen
waren. Selbst in einer Beurteilung der Wirt-schaftlichkeit der
Durchfhrung eines solchenProgramms von Manahmen des Arbeits- und
Ge-sundheitsschutzes konnte ein Nutzen ermitteltwerden, der die
Kosten dafr um das Zweifachebersteigt. Diese betrieblichen
Wirkungen sindnoch um die Effekte zu ergnzen, die dann auf
dergesellschaftlichen Ebene eintreten werden.
Als Manahme einer gezielten Sekundrpr-vention knnen
zielgruppenorientierte aktiveRckenschulprogramme dazu beitragen,
Folge-kosten einzusparen, somit die Inanspruchnahmemedizinischer
Leistungen zu begrenzen und dieArbeitsfhigkeit der Patienten zu
strken. Einekontrollierte Studie zeigte, dass ein Jahr nach
Kurs-ende die Interventionsgruppe etwa 14 Arbeitsun-fhigkeitstage
weniger aufwies als die beiden Kon-trollgruppen5.
Psychosoziale Risikofaktoren
Psychosoziale Belastungen wie beruflicher oder familirer Stress,
seelische Gleichgewichtsstrun-gen und Depressivitt knnen Einfluss
auf Rcken-schmerzen haben. Auf der anderen Seite ziehenchronische
Schmerzen auch immer psychosozialeFolgen nach sich.
Bei einer Behandlung und fr die Prventionvon Rezidiven sind das
subjektive Krankheitsver-stndnis der Patienten, das soziale Umfeld,
frhe-re Erfahrungen mit chronischem Schmerz sowieein eventueller
sekundrer Krankheitsgewinn (z. B.Wunsch nach Berentung) zu
bercksichtigen.
5 Krauth et al. (2000): Kosten und Einsparpotentiale
einesRckenschulprogramms. Public Health Forum 28
6 nozizeptiver Schmerz wird durch eine Schdigung desKrpers
auerhalb des Nervensystems verursacht; neu-ropathischer Schmerz
wird durch eine Schdigung desNervengewebes ausgelst.
7 Prozentualer Anteil der geheilten Patienten, Saarland;geschtzt
mit Hilfe eines Weibull-Modells. Aus: Schn Det al. (1999):
Entwicklung der berlebensraten vonKrebspatienten in Deutschland,
16
-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 21
Diagnostik von Tumorschmerzen
Da Tumorschmerzen sehr hufig im fortgeschrit-tenen Stadium der
Erkrankung nach Auftreten ei-nes Rezidivs oder von Metastasen der
Tumor-erkrankung auftreten, muss immer nach derUrsache der
Schmerzentstehung gesucht werden,um eine mglichst ursachennahe und
nebenwir-kungsarme Schmerztherapie einleiten zu knnen.Zu einer
Schmerzanalyse gehren eine allgemei-ne und onkologische
Befunderhebung, eine spe-zifische Schmerzanalyse, eine
orientierende neu-rologische Untersuchung und die Erhebung
vonpsychosozialen Einflussfaktoren.
Bei jedem neuen Auftreten eines Tumor-schmerzes oder eines
Schmerzes mit einem ver-nderten Schmerzcharakter muss eine
erneuteSchmerzdiagnostik erfolgen. Die Standards derSchmerztherapie
bei Tumorschmerzpatientenbeinhalten den Einsatz aller kausalen und
pallia-tivmedizinischen Therapiemglichkeiten.
Mglichkeiten der Tumorschmerztherapie
Die Wahl der jeweils adquaten Schmerztherapie-methode wird von
der Prognose der Tumorerkran-kung und der Tumorart beeinflusst. Bei
der Be-handlung kann nach kausalen, symptomatischenund
psychologischen Manahmen unterschiedenwerden.
Zur kausalen Schmerzbehandlung (Eindm-mung und Verkleinerung des
Tumors oder der Toch-tergeschwlste) zhlen die folgenden
Therapien:
Chemo- bzw. Hormontherapie, operative Manahmen,
Strahlentherapie.
Die symptomatische Schmerzbehandlung umfasstdie Gabe von
Nicht-Opioid-Analgetika, Opioiden,adjuvanten (helfenden)
Medikamenten (nach Stu-fenplan) sowie Manahmen zur Behandlung
vonBegleitsymptomen und spezielle analgetischeManahmen.
Bei den psychologischen Manahmen knnenGesprchtherapie,
Entspannungstraining oderSuggestionsverfahren zur Anwendung
kommen.Im Rahmen dieses Berichts wird vor allem auf
diesymptomatische Schmerzbehandlung, psychologi-sche Manahmen sowie
Manahmen zur Verbes-serung der Lebensqualitt eingegangen.
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 720
angegeben. Dabei unterscheiden sich die berle-bensraten fnf
Jahre nach Diagnosestellung beiMnnern und Frauen, abhngig von der
Art derKrebserkrankung, erheblich (Tabellen 1 und 2).Trotz aller
Verbesserungen in der onkologischenTherapie kann nur ein Teil der
Patienten, bei deneneine Tumorerkrankung diagnostiziert wurde,
ge-heilt werden. Kommt es zu einem Fortschreiten
derTumorerkrankung, werden die Patienten mit demZiel der
Lebensverlngerung palliativtherapeutischbehandelt. 1999 verstarben
in Deutschland rund210.000 Menschen an bsartigen Neubildungen.
Bei der Erstdiagnose einer Tumorerkrankungweisen bereits 28 %
aller Krebspatienten Schmer-zen auf 8, in fortgeschrittenen
Tumorstadien sind je nach Art der Tumorerkrankung 40 % bis 100
%aller Krebspatienten betroffen. Im Durchschnitt bentigen 74 % der
Patienten mit fortgeschritte-ner Tumorerkrankung eine
Schmerzbehandlung(Bonica 1990). Die Schmerzen unterscheiden
sichnach Art und Ausdehnung des Tumors. berwie-gend treten sie in
den letzten drei Jahren der Erkrankung auf, wenn es zu einem
Rezidiv (Rck-fall) oder in fortgeschrittenen Stadien zu
einerMetastasierung (Tochtergeschwlste) der Tumor-erkrankung
kommt.
Tabelle 2Relative 5-Jahres-berlebensraten der Frauen, Saarland
19851988Quelle: Robert Koch-Institut, 1999
Lokalisation Relative 5-Jahres-berlebensratenSaarland
19851988
Malignes Melanom der Haut 80%
Schilddrse 77 %
Brust 73 %
Weibliche Geschlechtsorgane 60%
Darm 51 %
Leukmien 47 %
Magen 28 %
Lunge 17 %
Speiserhre 4%
Bauchspeicheldrse 3%
9 defined daily doses
Tabelle 1Relative 5-Jahres-berlebensraten der Mnner, Saarland
19851988Quelle: Robert Koch-Institut, 1999
Lokalisation Relative 5-Jahres-berlebensratenSaarland
19851988
Hoden 93 %
Harnblase 78 %
Prostata 70 %
Malignes Melanom der Haut 69 %
Darm 48 %
Leukmie 49 %
Magen 27 %
Lunge 9 %
Speiserhre 7 %
Bauchspeicheldrse 6 %
Zur symptomatischen Schmerzbehandlung wur-den 1986 von der WHO
Therapieempfehlungenherausgegeben. Nach diesem Stufenplan fr
einemedikamentse Schmerzbehandlung werden in der 1. Stufe
Schmerzmedikamente, die nicht am Opioidrezeptor ansetzen,
empfohlen, in der 2. Stufe schwach wirksame Opioide und in der 3.
Stufe stark wirksame Opioide.
Bei Dauerschmerzen sollen diese Medika-mente dem Patienten nicht
nach Bedarf, sondernnach einem festen Zeitplan verordnet werden,
da-mit es nicht zwischenzeitlich immer wieder zuneuen
Schmerzdurchbrchen kommt. Ein weitererzentraler Gesichtspunkt der
WHO-Empfehlungenist der absolute Vorrang von oralen bzw. nicht
in-vasiv (also ohne Injektionsverfahren) anwendba-ren Medikamenten
vor invasiven Manahmen. Beider nicht invasiven Behandlung haben die
seit 1985auf dem deutschen Markt erhltlichen
retardiertenMorphintabletten und die seit 1995
erhltlichenFentanylpflaster einen zentralen Stellenwert. Frdie
medikamentse Tumorschmerztherapie sinddiese neuen
Medikamentenentwicklungen in Ver-bindung mit den WHO-Empfehlungen
uerst effektiv und werden zunehmend eingesetzt. DieZahl der
Verordnungen von Opioid-Analgetika(Monoprparate) stieg von 82 Mio.
DDD9 (1998)
8 Vuorinen E (1993): Pain an as Early Symptom in Cancer.Clinical
Journal of Pain 9: 2728
-
auf 99 Mio. DDD (1999). Dies entspricht einemAnstieg von 21,3 %
und ist offenbar Folge der zum1. Februar 1998 erfolgten
Vereinfachung der be-tubungsmittelrechtlichen
Verordnungsvorschrif-ten (Arzneimittelverordnungs-Report 2000).
Im Jahr 2000 hat die Deutsche Krebsgesell-schaft zusammen mit
der Deutschen Gesellschaftfr Palliativmedizin, der Deutschen
Gesellschaftzum Studium des Schmerzes und der
DeutschenInterdisziplinren Vereinigung fr Schmerzthe-rapie
interdisziplinre, kurzgefasste Leitlinien zurTumorschmerztherapie
herausgegeben, die dasWHO-Stufenschema einbeziehen und auf
beson-dere Therapiesituationen eingehen.
Folgen der Krebserkrankung und der damit ver-bundenen
Schmerzen
Schmerzen sind eines der schwerwiegendstenund hufigsten Symptome
der fortgeschrittenenKrebserkrankungen. Sie gehen mit einer
Vielzahlstark die Lebensqualitt einschrnkender Folgenfr die
einzelnen Patienten einher. Unzureichendbehandelte Schmerzen
schlieen eine gute Lebensqualitt der Patienten aus: Sie stellen im
tglichen Leben eine Behinderung dar, be-eintrchtigen die
krperlichen Funktionen, sozi-ale Kontakte und sind stark mit
erhhtem psy-chischen Stress verbunden; Dauerschmerzbeeintrchtigt
die Mglichkeiten zu essen, zuschlafen, zu denken, zur
Kontaktaufnahme mitanderen und begnstigt Fatigue (Mdigkeit und
Schwche) bei Krebspatienten. Infolge der Tumorschmerz-Spirale kann
der nicht adquat behandelte Tumorschmerz zu einer
weiterenSchmerzzunahme, zur Zunahme der Depressi-vitt, der
Inaktivitt und zum sozialen Rckzugder betroffenen Patienten fhren
(Abb. 10).
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 23
Versorgung von Tumorschmerzpatienten
Bei in fortgeschrittenem Stadium an Krebs er-krankten Patienten,
die nicht kurativ geheilt, sondern mit dem Ziel der Verbesserung
der Lebensqualitt und wenn mglich der Lebens-verlngerung behandelt
werden, kann es teilweisezu langandauernden Krankheitsverlufen
kom-men, die mit dem Auftreten von Schmerzen ver-bunden sein knnen
(s. Tab. 3).
Ein Teil dieser Patienten wird ambulant be-handelt, doch gerade
Schmerzzunahmen und Ver-schlechterungen in der Lebensqualitt fhren
indieser Patientengruppe immer wieder zu Kran-kenhauseinweisungen,
obwohl sich damit wederdie Behandlung noch die Prognose dieser
Patien-ten wesentlich verbessert. Eine adquate ambulan-te Betreuung
macht in dieser Patientengruppe einestationre Behandlung zumeist
berflssig undtrifft zudem den Wunsch der Mehrzahl der Patien-ten,
die in ihrer vertrauten Umgebung weiter be-handelt werden
mchten.
Palliativmedizin erfordert die Vernetzung aller,die an der
Behandlung von Patienten mit fortge-schrittener Tumorerkrankung
beteiligt sind. ImZentrum der Bemhungen steht der Patient und
dieWiedererlangung seiner Lebensqualitt (Abb. 11).
Organisationsformen der Palliativmedizin
In der Bundesrepublik Deutschland haben sich die folgenden
spezialisierten Organisationsformenfr die Betreuung
schwersterkrankter Patientenherausgebildet: Stationre Dienste
(Hospize, Pal-liativstationen), teilstationre Dienste
(Tageshos-pize) und ambulante Dienste. Bei den ambulantenDiensten
umfasst das Spektrum der Angebote am-bulante Hospizarbeit
(ambulante Hospizinitiativenoder -gruppen, ambulante Hospizdienste,
ambu-lante Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienste, am-bulante
Hospiz- und Palliativ-Pflegedienste) undambulante Palliativdienste,
z. B. Palliative-Care-Teams.
Ambulante Dienste
Im Jahr 2001 gab es etwa 950 ambulante Hospiz-oder
Palliativdienste in Deutschland. Nur etwa 20dieser Dienste erfllten
die Kriterien eines ambu-lanten Palliativdienstes.
Ambulante Palliativdienste
Da die konventionelle Betreuung durch die Haus-rzte immer wieder
zu unntigen Krankenhaus-einweisungen der betroffenen Patienten
fhrt, ha-ben sich an verschiedenen Standorten modellhaftStrukturen
herausgebildet, die durch Spezialisie-rung in der Palliativmedizin
und vor allem durchdie Mglichkeit zur Krisenintervention rund umdie
Uhr erreichen, dass die berwiegende Anzahlder Tumorpatienten selbst
im Endstadium durchambulante Palliativdienste betreut werden
kann.Diese bestehen zum Beispiel aus Palliative-Care-Teams
(Brckenarzt und Brckenschwester) wiebei dem sdniederschsischen
Modellprojekt SUPPORT und der Krebsschmerz-Initiative
Meck-lenburg-Vorpommern. Hier sind ambulante Palli-ativdienste
entstanden, die bei entsprechender Per-sonalausstattung eine
Patientenbetreuung aufhchstem Qualittsniveau gewhrleisten und
zu-dem kostengnstiger als die konventionelle Ver-sorgung
arbeiten.
Neben den beiden vom Bundesministeriumfr Gesundheit gefrderten
Modellprojekten (SUPPORT und Krebsschmerzinitiative Mecklen-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 722
Lokalisation Mediane berlebenszeit nach Metastasendiagnose bzw.
Rezidiv
Lunge 6 Monate
Brust 36 Monate
Darm 15 Monate
Prostata 7 Monate
Leukmien 3 Monate
Lymphome 48 Monate
Magen 7 Monate
Tabelle 3Mediane berlebenszeiten nach Diagnose von
Metastasenoder nicht heilbaren Rezidiv bei hufigen
Krebserkrankungennach: Heidemann E (1999): Tumorpatienten in
Deutschland:Was wissen wir ber Schmerzprvalenzen? Der Schmerz
13:249252
Mit einer effektiven Schmerztherapie kann dieserTeufelskreis
durchbrochen werden.
Depressionund Isolation
Hoffnungs-losigkeit
Schmerz
gestrte Funktion
Angst/Einsamkeit
Abbildung 10Teufelskreis der Schmerzzunahme bei
Tumorerkrankungen
Neben Schmerzen knnen Tumorpatien-ten an weiteren, belastenden
Symptomenleiden. Dazu gehren: Schwche, Mdigkeit,belkeit, Erbrechen,
Luftnot, Verstopfung,Angst, Unruhe, Appetitlosigkeit, Husten sowie
psychosoziale Beeintrchtigungen.Um eine mglichst hohe Lebensqualitt
zugewhrleisten, mssen im Rahmen der pal-liativmedizinischen
Behandlung nebenden Tumorschmerzen eine Vielzahl ande-rer
Begleitsymptome der Tumorerkrankungsowie Behandlungsnebenwirkungen
gelin-dert werden. Bei Bedarf sollten dem Patien-ten und seinen
Angehrigen eine psycho-soziale und spirituelle Begleitung
angebotenwerden.
-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 25
lungsgrundstze eine kurzfristige Stabilisierungder Situation zu
erreichen. Anschlieend sollte an-gestrebt werden, den Patienten
wieder in der am-bulanten Behandlung weiter zu betreuen. Nebender
herkmmlichen stationren Behandlung leis-ten vor allem
Palliativstationen und Hospize dienotwendige ganzheitliche
Betreuung und Behand-lung der Patienten.
Palliativstationen
Palliativstationen sind als Teil des
medizinischenVersorgungssystems in Krankenhuser integriertoder
diesen angegliedert. In den Palliativstationensollen die Ziele und
Strukturen des Hospizgedan-kens in Akutkrankenhusern realisiert
werden.Durch die Zusammenarbeit von rzten, Kranken-pflegern,
Physiotherapeuten, Sozialarbeitern,Psychologen, Seelsorgern,
untersttzt von ehren-amtlichen Helfern und Angehrigen, ist die
ganz-heitliche Betreuung der Patienten gewhrleistet.Sie umfasst
sowohl die kompetente Schmerzthe-rapie und Symptomkontrolle als
auch die psycho-soziale Untersttzung von Patient und Familie un-ter
Bereitstellung notwendiger diagnostischer undtherapeutischer
Mglichkeiten. Im Jahr 2001 exis-tierten bundesweit 70
Palliativstationen, teilweiseist den Stationen ein ambulanter
Palliativdienstoder eine Home-Care-Betreuung angeschlossen.
Hospize
Hospize machen es sich zur Aufgabe, Menschenin der letzten Phase
einer unheilbaren Erkrankungzu untersttzen und zu pflegen, damit
sie in dieserZeit so bewusst und zufrieden wie mglich lebenknnen10.
Im Gegensatz zu den Hospizen inGrobritannien (z. B. St.
Christophers Hospice inLondon), Irland oder Polen verfgen deutsche
Hos-pize nicht ber rzte innerhalb des Behandlungs-teams; die
rztliche Einbindung erfolgt ber dieHausrzte der Patienten oder
durch einen nieder-gelassenen Arzt, der bei Bedarf zu den
Patientendes Hospizes gerufen wird. Die Finanzierung derHospize
erfolgt in der Bundesrepublik durch diegesetzliche
Sozialversicherung ( 39a SGB V),durch private Spenden und
ehrenamtliche Ttig-keit sowie durch Eigenbeteiligung der
Patienten.
Da in den Hospizen schwerstkranke Patienten imEndstadium ihrer
Erkrankung gepflegt werden,wre die stndige Einbindung
qualifizierter rztezu berlegen. Bundesweit gibt es inzwischen
gut100 stationre Hospize.
Als ausreichende Versorgung sehen die Deut-sche Hospiz Stiftung
und die Deutsche Gesell-schaft fr Palliativmedizin eine Kapazitt
von 50Hospiz- und Palliativbetten pro 1 Million Einwoh-ner. Im
Abschlubericht des Bundesministeriumsfr Gesundheit zum
Modellprogramm Palliativ-einheiten (1997) wurden sogar 50 bis 75
Bettenauf Palliativstationen fr 1 Million Einwohner
alsMindestbedarf errechnet.
Regionale Unterschiede
Die bisher existierenden speziellen ambulanten
Betreuungsangebote befinden sich berwiegend in Nordrhein-Westfalen,
Baden-Wrttemberg, Bayern, Niedersachsen und Hessen, es handelt
sichzumeist um ehrenamtliche Hospiz-Dienste undnur einige wenige
professionelle Palliativ-Dienste.Von den bisher existierenden etwa
170 speziellenstationren Betreuungsangeboten (circa 70
Pallia-tivstationen und knapp 100 Hospize) arbeiten 58
inNordrhein-Westfalen, der Rest ist ber die Bundes-lnder verstreut.
Die hchste Bettendichte (Pallia-tiv- und Hospizbetten/1 Million
Einwohner) hatHamburg mit 36,3 Betten/1 Million Einwohner, gefolgt
von Nordrhein-Westfalen (27,4), Saarland(27,13) und Berlin (23,05).
Die geringste Dichte anPalliativ- und Hospizbetten/1 Million
Einwohner)wies Thringen mit 4,1 Betten/1 Million Einwoh-ner auf
11.
Qualittssicherung
ber die Kerndokumentation fr Palliativeinhei-ten unter
Federfhrung des Informationszen-trums fr Standards in der Onkologie
(ISTO) wur-den im Jahr 2000 von 54 Palliativeinheiten
nebenKerndaten auch Daten zum stationren Behand-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 724
burg-Vorpommern) gibt es ermchtigte rzte oderArztpraxen, die,
wie Home-Care Berlin, eine reinrztliche palliativmedizinische
Betreuung (ohneBrckenschwestern) anbieten oder die Begleitungund
Betreuung der Patienten ausschlielich durchBrckenschwestern.
Zustzlich zur palliativmedizinischen ambu-lanten Betreuung durch
Palliative-Care-Teams (mitBrckenschwester zur Anleitung der Pflege
undder Angehrigen) ist zur ambulanten Betreuungdie professionelle
Pflege durch einen auf Tumor-patienten spezialisierten Pflegedienst
bzw. eine So-zialstation erforderlich.
Ambulante Hospizarbeit
Ambulante Hospizarbeit beruht berwiegend aufder Arbeit
ehrenamtlicher Helfer, welche dieSchwerstkranken und ihre
Angehrigen begleitenund betreuen. Die
BundesarbeitsgemeinschaftHospiz unterscheidet vier Stufen
ambulanter Hos-pizarbeit. Das Aufgabenspektrum reicht von
Bil-dungs- und ffentlichkeitsarbeit und/oder psycho-sozialer
Begleitung durch geschulte ehrenamtlicheHospizhelfer und
-helferinnen (Stufe 1) bis zu am-bulanten Hospiz- und
Palliativ-Pflegediensten (Stu-fe 4), welche die
palliativ-pflegerische Versorgungin enger Abstimmung mit
behandelnden rztenbernehmen und 24 Stunden
Einsatzbereitschafthaben. Nach der nderung des 39a SGB V vom
1. Januar 2002 wird die Arbeit der ambulantenHospize nunmehr von
den Krankenkassen finan-ziell untersttzt. Derzeit gibt es ber 900
Dienstein Deutschland, die ein sehr unterschiedliches
Be-treuungsspektrum anbieten.
Teilstationre Dienste
In Deutschland gab es nach Angaben der Deut-schen Hospizstiftung
im Jahr 2001 sechs Tages-hospize. Zwei unterschiedliche Modelle mit
unterschiedlichen Aufgabenbereichen knnenunterschieden werden:
Tageshospize, die sichmehr an der Erfllung psychosozialer
Aufgabenorientieren und diejenigen, die zustzlich medizi-nische
Leistungen (Schmerztherapie, Symptom-kontrolle, Physiotherapie)
anbieten. Die letztge-nannten Tageshospize sind in der Regel Teil
einesstationren Hospizes, einer Palliativstation oder eines
Hausbetreuungsdienstes. Sie stellen ein Bindeglied zwischen
ambulanten und stationrenHospizdiensten dar.
Stationre Einrichtungen
Wenn im Einzelfall die ambulante Betreuung einesPatienten zu
scheitern droht, ist eine zeitweise sta-tionre Aufnahme des
Patienten die geeigneteMglichkeit, unter Beibehaltung gleicher
Behand-
10 Klaschik E, Huseb S (1997): Palliativmadizin. Aneas-thesist
46: 177185; zur Entstehung des Hospizgedan-kens vgl. Abschnitt
Hospizbewegung GBE-Heft Ster-bebegleitung, 9.
11 Sabatowski R et al. (2001): Hospiz- und Palliativfhrer2002.
Neu-Ilsenburg
Abbildung 11Netzwerk der Palliativmedizin
HospizPflegedienst
Hospiz-DienstSelbsthilfegruppen
Palliative-Care-TeamSchmerzambulanz
KlinikumPalliativstation
HausarztFacharzt
Patient
AngehrigeFamilie
-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 27
Perspektiven und Ziele zur Verbesserung der Behandlung
deschronischen Schmerzes
Wie eingangs ausgefhrt, sind chronische Schmer-zen als
bio-psycho-soziale Erkrankung anzusehen;eine Behandlung, die nur an
den krperlichenSymptomen ansetzt, ist oft nicht ausreichend.
Sinnvoll erscheint daher eine kooperative und inter-disziplinre
Versorgung durch verschiedene Fach-rzte oder die Behandlung durch
rzte mit ent-sprechender Fortbildung, um eine Chronifizierungder
Schmerzen zu verhindern. Da fr die Versor-gung chronischer
Schmerzpatienten aber bislangkeine klaren Strukturen im
Gesundheitswesen be-stehen, sollten die Versorgungswege klar
definiertwerden. In vielen Fllen wechseln Patienten jahre-lang die
rzte und unterziehen sich immer neuenTherapien, ohne dass ihre
Beschwerden wirksamgelindert werden. Derzeit ist davon
auszugehen,dass zumindest jede Universittsklinik einSchmerzzentrum
bzw. eine Schmerzambulanz be-treibt; die zustzliche Einrichtung
interdisziplin-rer Schmerzzentren wre wnschenswert.
Weiterhin ist die Verankerung des Themen-komplexes chronischer
Schmerz in der rzt-lichen Ausbildung notwendig. Es besteht
mittler-weile auf Fachebene Konsens zwischen demBundesministerium
fr Gesundheit und den Ge-sundheits- und Kultusministerien der
Bundesln-der, dass knftig der Punkt Schmerzbehandlungund
Palliativmedizin in den Prfungsstoffkatalogder
Approbationsverordnung der rzte aufgenom-men werden soll. Wenn der
Bundesrat dem zu-stimmt, bedeutet dies, dass Schmerzbehandlungund
Palliativmedizin als Pflichtstoff fr alle Stu-dierenden gelehrt und
geprft wird.
Die Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerz-therapie wurde bisher in
der BundesrepublikDeutschland etwa 1.000 rzten fr ihre
Weiterbil-dung auf dem Gebiet des chronischen Schmerzeszuerkannt.
Eine verbesserte Versorgung ist somitauch von der
Weiterbildungsbereitschaft der rzteabhngig.
Darber hinaus sollte die Qualittssicherungim Rahmen der
Schmerztherapie in Deutschland z.B. durch die Einfhrung
einheitlicher Dokumen-tationssysteme und eines
Qualittsmanagements
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 726
lungsverlauf und Daten zur Versorgungsstrukturerhoben. Fr das
Jahr 2001 haben 61 Einheitenihre Teilnahme an dem Projekt zugesagt.
Fr am-bulante Einrichtungen existiert bislang kein ent-sprechendes
Qualittssicherungsprogramm.
Hemmfaktoren fr eine optimale Behandlungvon
Tumorschmerzpatienten
In der Behandlung von Tumorschmerzpatientenbestehen teilweise
noch Wissensdefizite bei denrzten. Diese sind bedingt durch
folgende Fakto-ren:
fehlende Kenntnisse der WHO-Therapieemp-fehlungen zur
Tumorschmerztherapie;
fehlende Kenntnis der Leitlinien der DeutschenKrebsgesellschaft
zur Tumorschmerztherapie(Deutsche Krebsgesellschaft 2000);
Bedenken, stark wirksame Opioide zu verord-nen (aus Furcht vor
einer unbegrndeten Sucht-gefahr oder Unkenntnis ber das seit 1998
ver-einfachte Verfahren zur Ausfertigung einesBTM-Rezeptes);
geringe Erfahrung der Hausrzte bei der Be-handlung von
Tumorpatienten (hoher Zeitauf-wand);
Aus- und Weiterbildungsdefizite bei der rzt-lichen Ausbildung
(nur vereinzelt Lehrsthlefr Palliativmedizin eingerichtet).
Zudem sind weitere Verbesserungen der Finan-zierungsmodalitten
fr die ambulant-stationreBetreuung von Tumorschmerzpatienten
wn-schenswert.
verbessert werden. Praxen oder Ambulanzen, dieSpezielle
Schmerztherapie durchfhren undabrechnen, sollten eine offene
Schmerzkonfe-renz wenigstens einmal im Monat abhalten.
Zur Verbesserung der Situation der Tumor-schmerzpatienten und
anderer Patienten, dieeine palliativmedizinische Behandlung
benti-gen, knnten durch Einwirkungen auf mehrerenEbenen adquate
Versorgungsstrukturen ge-schaffen werden:
Die weitere Betreuung der in den Kliniken undKrankenhusern
behandelten Patienten mitfortgeschrittener Tumorerkrankung ist
inner-halb der gngigen Strukturen einer weit-gehenden Trennung der
stationren und derambulanten Versorgung oftmals nur unzurei-chend
mglich. Daher sollten neue Strukturenzur verbesserten ambulanten
bzw. ambulant-stationr vernetzten palliativmedizinischen Behandlung
und Krisenintervention durch Palliative-Care-Teams aus
Brckenschwesternund Brckenrzten in Verbindung mit am-bulanten
Hospizdiensten zur psychosozialenBetreuung entwickelt werden. Durch
die nderung des 39a SGB V, die am 1. Januar2002 in Kraft trat, wird
die Ttigkeit ambulan-ter Hospizdienste durch die Krankenkassen
finanziert. Die Rahmenvereinbarungen zu In-halt, Qualitt und Umfang
der Hospizarbeitwerden derzeit noch verhandelt.
Im Rahmen eines abgestuften Konzeptes sindfr Patienten, die
(wegen akuter palliativme-dizinischer Probleme) zeitweise
ambulantnicht ausreichend betreut werden knnen, zurstationren
Behandlung und StabilisierungPalliativstationen wenigstens an allen
gre-ren Krankenhusern vorzusehen, die Tumor-patienten behandeln.
Pro 1 Million Einwohnerwerden etwa 50 Betten fr ausreichend
er-achtet. In diesen Stationen knnen die Pa-tienten nach
international anerkannten The-rapieempfehlungen betreut und auf
eine ambulante Weiterbehandlung vorbereitetwerden.
Fr diejenigen Betroffenen, die im Rahmen derFamilie (auch mit
der erforderlichen pflegeri-schen und palliativmedizinischen
Unterstt-zung) nicht betreut werden knnen, mssenwohnortnah Hospize
zur Verfgung stehen.
-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 7 29
Weiterfhrende Literatur
Bellach B-M, Ellert U, Radoschweski M (2000) Epi-demiologie des
Schmerzes Ergebnisse desBundes-Gesundheitssurveys 1998.
Bundesge-sundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheits-schutz 43:
424431
Bonica JJ (1990) The Management of Pain. 2nd ed.Lea &
Febiger: Philadelphia, London
Bundesministerium fr Gesundheit (Hg.) (1997)Palliativeinheiten
im Modellprogramm zur Ver-besserung der Versorgung Krebskranker,
Bd. 95der Schriftenreihe des BMG, Baden-Baden (Nomos)
Ensink FBM, Bautz M, Brggenjrgen B, Hane-kop GG (1994)
Migrneprvalenz in Deutsch-land. Der Schmerz 8: 155161
Gbel H (1996) Die Kopfschmerzen. Ursachen,Mechanismen,
Diagnostik und Therapie in derPraxis. Berlin, Heidelberg
(Springer)
Huseb S, Klaschik E (2000) Palliativmedizin. 2.Aufl. Springer:
Berlin, Heidelberg
Pfingsten M, Hildebrandt J (Hg.) (1998) Chroni-scher
Rckenschmerz, Wege aus dem Dilem-ma. Bern (Huber)
Schwartz, FW et al (1999) Gesundheitsausgabenfr chronische
Krankheit in Deutschland Krankheitskostenlast und
Reduktionspotentialedurch verhaltensbezogene
Risikomodifikation.Lengerich (u.a.) Pabst
Wall PD, Melzack R (Eds.) (1999) Textbook of Pain.London
(Churchill Livingstone)
Zenz M, Jurna I (Hg.) (2001) Lehrbuch derSchmerztherapie. 2.
Aufl. WVG: Stuttgart
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 728
Fr die Gruppe schwerst kranker und sterbenderTumorpatienten
knnen spezialisierte Behand-lungsangebote (ambulanter
Palliativdienst, am-bulanter Hospizdienst und Palliativstation) in
en-ger Verzahnung die Betreuung zu Hause in derFamilie ermglichen.
Die Aufnahme von Betrof-fenen in ein Hospiz wird nur dann
erforderlich,
wenn die Familie des Patienten die Betreuungnicht oder nur
teilweise leisten kann. Ein fl-chendeckendes, qualittsgesichertes
Betreuungs-angebot gewhrleistet nicht nur die wohnortnaheVersorgung
der Patienten, sondern ermglichtauch wirtschaftliches Arbeiten auf
hohem Quali-ttsniveau.
-
Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 730
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HerausgeberRobert Koch-Institut
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RedaktionRobert Koch-Institut
GesundheitsberichterstattungDr. Thomas Ziese (v.i.S.d.P.)
Postfach 65 02 8013302 Berlin
AutorenDr. med. Wolf Diemer
Schmerzambulanz der Ernst-Moritz-Arndt-Universitt Greifswald
Prof. Dr. rer. pol. Heiko Burchert Fachhochschule Bielefeld
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DruckPaul Fieck KG, Berlin
ISBN 3-89606-128-3
ISSN 1437-5478
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-
Die politische und finanzielle Verantwortung frdie
Gesundheitsberichterstattung des Bundes liegtbeim Bundesministerium
fr Gesundheit.
Gesundheitsberichterstattung des Bundes
Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit demStatistischen
Bundesamt
Heft 7
Chronische Schmerzen
Berlin: Verlag Robert Koch-InstitutISBN 3-89606-128-3ISSN
1437-5478
Pain is one of the major public health problems inGermany. Only
12 % of men and 6 % of womenwho participated in the German National
HealthInterview and Examination Survey were free ofpain during the
last twelve months. This reportdepicts the prevalence of chronic
headaches, chronic back pain, and cancer pain as well as
theindividual, social, and economic consequences ofchronic
pain.Almost 70 % of women and more than 50 % ofmen reported
headaches in the course of one year.Tension headache, cluster
headache and migraineare the most frequent headache syndromes.
Analgesics-induced headache is a particular problem for health care
since it is caused by inadequate treatment or self-medication. For
lower back pain, a one-year-prevalence of 62 %for women and 56 %
for men has been reported.Women not only suffered more frequently
fromback pain but also reported a higher pain intensity.Most back
pain syndromes are not caused by aspecific organic disorder and
often improve if daily activities are maintained. About 15 % of
theoverall loss of working days by disease-related absenteeism from
work are due to lower back pain. Pain associated with cancer can be
treated effectively. The report provides an overview on thecurrent
system of palliative care in Germany anddescribes successful
approaches in managementof chronic pain disorders.An
interdisciplinary approach for preventing chronic pain disorders
involving medical profes-sionals with special training has been
generallyshown to be effective.
-
Abbildung 1, seite 7Auftreten von Kopfschmerzen innerhalb der
letzten sieben Tage und im letzten Jahr Auftretenshufigkeit in
Prozent nach Altersklassen in JahrenQuelle:
Bundes-Gesundheitssurvey 1998
Gesundheitsberichterstattung des Bundes
Themenheft 7 Chronische SchmerzenErgnzende Wertetabellen zu den
AbbildungenStand: 2002
mnnliche Bevlkerung weibliche BevlkerungAlter
in den letzten 7 Tagen im letzten Jahr in den letzten 7 Tagen im
letzten Jahr
27,5 71,7 48,5 83,1
25,2 64,7 43,5 82,8
20,7 52,5 41,2 80,6
22,2 46,6 36,8 68,7
12,4 33,3 23,2 50,0
13,7 23,8 14,3 35,1
21,5 53,0 36,2 69,3
Abbildung 3, Seite 10Einnahme von Schmerz- und Migrnemitteln
Angaben in ProzentQuelle: Bundes-Gesundheitssurvey 1998
Abbildung 2 , Seite 8Aus dem Krankenhaus entlassene
vollstationre Patienten je 100.000 EinwohnerFallzahlen nach ICD-9:
Migrne (346)Quelle: Krankenhausstatistik Diagnosedaten der
Krankenhauspatienten,Statistisches Bundesamt
mnnliche BevlkerungAlter
1994 1995 1996 1997 1998 1999
lter als 75 4,1 4,2 3,8 6,2 5,0 4,1
1994 1995 1996 1997 1998 1999
6574 4,6 4,9 4,6 5,2 5,2 6,3
5564 5,8 6,4 6,5 6,6 8,0 7,5
4554 7,8 8,7 9,0 9,1 10,2 11,0
3544 8,6 8,8 9,6 10,1 11,2 11,8
2534 10,0 11,0 11,2 11,6 13,7 14,5
1524 11,4 11,0 11,8 12,9 15,1 14,7
514 16,4 16,4 17,6 20,0 20,0 21,2
14 2,5 2,2 3,1 1,5 1,8 2,2
unter 1 0,7 0,8 0,7 0,2 1,0 1,8
gesamt 8,8 9,2 9,6 10,3 11,3 11,7
weibliche Bevlkerung
5,9 5,2 4,8 4,9 5,5 5,7
6,9 7,1 7,1 7,8 9,5 8,7
13,5 15,9 16,0 15,3 18,3 18,1
25,1 24,9 25,1 24,7 27,3 27,2
21,6 24,0 24,5 23,0 25,0 25,9
21,4 21,7 21,8 22,8 24,9 25,9
23,1 25,5 24,9 26,4 28,7 32,2
21,2 19,2 20,4 22,4 24,0 23,9
2,8 2,9 1,3 1,0 1,2 1,8
0,3 1,3 0,5 0,5 0,3 0,3
17,2 17,9 18,0 18,2 20,2 20,7
Einnahmehufigkeit mnnliche Bevlkerung weibliche Bevlkerung
Schmerzmittel Migrnemittel Schmerzmittel Migrnemittel
selten 33,6 0,7 33,2 2,6
1-3mal monatlich 10,2 0,8 18,3 3,1
1-2mal wchentlich 2,5 0,2 4,8 1,0
mehrmals wchentlich 1,0 0,2 1,9 0,3
tglich 1,5 0,1 2,0 0,2
7079
6069
5059
4049
3039
unter 30
gesamt
-
Abbildung 5, Seite 12 Arbeitsunfhigkeitsflle je 10.000
VersicherteFallzahlen nach ICD-9: Migrne (346)Quelle: AOK,
Krankheitsartenstatistik
Abbildung 6, Seite 15Hufigkeiten von Rckenschmerzen
Auftretenshufigkeit in Prozent nach Altersklassen in Jahren Quelle:
Bundes-Gesundheitssurvey 1998
Gesundheitsberichterstattung des Bundes
Themenheft 7 Chronische SchmerzenErgnzende Wertetabellen zu den
AbbildungenStand: 2002
Jahr Mnner-ABL Mnner-NBL Frauen-ABL Frauen-NBL
1994 43,33 25,29 141,86 141,64
1995 45,89 28,64 169,14 143,85
1996 43,77 34,69 187,28 137,74
1997 44,19 34,71 165,78 140,50
1998 48,47 37,69 187,12 154,30
Alter mnnliche Bevlkerung weibliche Bevlkerung
in den letzten 7 Tagen im letzten Jahr in den letzten 7 Tagen im
letzten Jahr
7079 34,1 46,6 42,8 61,1
6069 37,3 56,4 42,7 60,8
5059 38,8 60,1 43,9 64,1
4049 31,2 56,9 37,0 61,9
3039 26,2 56,4 36,8 62,8
unter 30 25,7 55,4 35,5 61,3
gesamt 31,4 56,2 39,4 62,1
Abbildung 7 , Seite 15Hufigkeit miger und starker Kreuz- oder
RckenschmerzenAuftretenshufigkeit in Prozent nach Altersklassen in
Jahren Quelle: Bundes-Gesundheitssurvey 1998
7079
6069
5059
4049
3039
2029
Alter mnnliche Bevlkerung weibliche Bevlkerung
starke Schmerzen mige Schmerzen starke Schmerzen mige
Schmerzen
17,6 33,2 28,1 32,8
18,7 38,0 23,3 39,3
18,5 41,6 23,5 41,3
11,6 39,8 16,6 41,2
9,0 30,3 12,4 36,0
7,4 30,2 6,7 38,1
-
Abbildung 9, Seite 17Arbeitsunfhigkeitstage wegen Krankheiten
der Wirbelsule und des Rckens Fallzahlen in Prozent der gesamten
Arbeitsunfhigkeitstage nach ICD 9: 720724 Quelle: AOK,
Krankheitsartenstatistik
Gesundheitsberichterstattung des Bundes
Themenheft 7 Chronische SchmerzenErgnzende Wertetabellen zu den
AbbildungenStand: 2002
Jahr Mnner-ABL Frauen-ABL Mnner-NBL Frauen-NBL
1982 11,58 10,03
1983 12,51 10,70
1984 14,21 12,78
1985 14,87 13,25
1986 15,05 13,27
1987 15,88 14,09
1988 16,68 14,91
1989 16,51 14,45
1990 16,99 14,63
1991 18,12 15,45 10,01 8,91
1992 18,46 15,85 10,01 9,70
1993 17,93 15,50 10,54 11,10
1994 19,08 16,61 11,23 12,31
1995 19,03 16,30 12,35 13,52
1996 18,93 16,30 13,73 14,96
1997 18,99 16,13 14,02 14,42
1998 18,74 15,51 14,11 13,85
Heft 7 - Chronische SchmerzenGesundheitsberichterstattung des
BundesEinleitungKopfschmerzenKlassifikation der
KopfschmerzenAuftreten der KopfschmerzenKopfschmerz vom
SpannungstypMigrneClusterkopfschmerzMedikamenteninduzierter
DauerkopfschmerzBehandlungsprozess von chronischen
KopfschmerzenKosten der KopfschmerzenVersorgung von
Kopfschmerzpatienten
RckenschmerzenKlassifikation und Diagnostik von
RckenschmerzenVerlauf von RckenschmerzenTherapie nichtspezifischer
Rckenschmerzen (NSRS)Hufigkeit von RckenschmerzenBehandlungsprozess
des chronischen RckenschmerzesDirekte Kosten des chronischen
RckenschmerzesIndirekte Kosten des chronischen Rckenschmerzes
Ansatzpunkte der Prvention beim chronischen
RckenschmerzArbeitsbedingungen und Arbeitszufriedenheit
Psychosoziale Risikofaktoren
TumorschmerzenDefinitionen: Tumorschmerz,
PalliativmedizinHufigkeit von TumorschmerzenDiagnostik von
TumorschmerzenMglichkeiten der TumorschmerztherapieFolgen der
Krebserkrankung und der damit verbundenen SchmerzenVersorgung von
TumorschmerzpatientenOrganisationsformen der
PalliativmedizinAmbulante DiensteAmbulante
PalliativdiensteAmbulante Hospizarbeit
Teilstationre DiensteStationre
EinrichtungenPalliativstationenHospize
Regionale UnterschiedeQualittssicherung
Hemmfaktoren fr eine optimale Behandlung von
Tumorschmerzpatienten
Perspektiven und Ziele zur Verbesserung der Behandlung des
chronischen SchmerzesWeiterfhrende
LiteraturImpressumAbstraktDeutsch-AbstraktEnglish-Abstract
TabellenTabelle 1 - Relative 5-Jahres-berlebensraten der Mnner,
Saarland 19851988Tabelle 2 - Relative 5-Jahres-berlebensraten der
Frauen, Saarland 19851988Tabelle 3 - Mediane berlebenszeiten nach
Diagnose von Metastasen oder nicht heilbaren Rezidiv bei hufigen
Krebserkrankungen
Abbildungen und ergnzende Wertetabellen zu den
AbbildungenAbbildung 1 - Auftreten von Kopfschmerzen innerhalb der
letzten sieben Tage und im letzten JahrWertetabelle von Abbildung
1
Abbildung 2 - Aus dem Krankenhaus entlassene vollstationre
Patienten je 100.000 EinwohnerWertetabelle von Abbildung 2
Abbildung 3 - Einnahme von Schmerz- und
MigrnemittelnWertetabelle von Abbildung 3
Abbildung 4 - Struktur und Effekte der Behandlung primrer
KopfschmerzenAbbildung 5 - Arbeitsunfhigkeitsflle je 10.000
VersicherteWertetabelle von Abbildung 5
Abbildung 6 - Hufigkeiten von RckenschmerzenWertetabelle von
Abbildung 6
Abbildung 7 - Hufigkeit miger und starker Kreuz- oder
RckenschmerzenWertetabelle von Abbildung 7
Abbildung 8 - Formen des Rckenschmerzes und seine Behandlung
vereinfachte DarstellungAbbildung 9 - Arbeitsunfhigkeitstage wegen
Krankheiten der Wirbelsule und des RckensWertetabelle von Abbildung
9
Abbildung 10 - Teufelskreis der Schmerzzunahme bei
TumorerkrankungenAbbildung 11 - Netzwerk der Palliativmedizin