Bettina Matthies M A G I S T E R A R B E I T Gender, Körper und Nation in DEFA-Filmen der 1950er und 60er Jahre Abb. 1 „Die Glatzkopfbande“ (1963) | Abb. 2 „Denk bloß nicht, ich heule“ (1965) | Abb. 3 „Heißer Sommer“ (1968) Humboldt-Universität zu Berlin | Philosophische Fakultät III Kulturwissenschaftliches Seminar u. Zentrum für Transdisziplinäre Geschlechterstudien Erstgutachterin: Prof. Dr. Christina von Braun Zweitgutachterin: Prof. Dr. Bettina Mathes 2006 Note: 1,0
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Gender, Körper und Nation in DEFA Filmen der 1950er und 60er Jahre (2006)
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Bettina Matthies
M A G I S T E R A R B E I T
Gender, Körper und Nation in DEFA-Filmen der 1950er
6.3 „Denk bloß nicht, ich heule“ (1965): Aufbruch einer neuen DDR-Generation (83)
6.3.1 Filmhandlung (84-85)
6.3.2 Gender, Körper, Sexualität (85-86)
6.3.3 Jugendliebe ‘65 als Medium des politischen Generationenaufbruchs (86-87)
6.4 „Heißer Sommer“ (1968): Die Symmetrie des volkseigenen Jugendkörperkollektivs (87)
6.4.1 Filmhandlung (88-89)
6.4.2 Gender, Körper, Sexualität (89-90)
6.4.3 Die Konstruktion einer sozialistischen Traumjugend (90-92)
6.4.4 Gender- und sexualpolitische Botschaften in Freund- und Feindbildern (92-94)
Kapitel 7 | Zusammenfassung
7.1 Die 1950er: Gender, Körper, Sexualität in Peacebuilding-, Aufbau- und Zukunftsdiskursen der DDR
(94-96)
7.2 Die 1960er: Gender, Körper, Sexualität in Generationenkonflikten der Modernisierungsphase der DDR
(97-99)
Literatur (100-107)
Bildnachweis (107)
1
Einleitung
Die künstlerisch produzierten Bilder über den Alltag in der DDR unter den Machtverhältnis-
sen der SED-Diktatur haben die heute gängigen Vorstellungen über sie entscheidend geprägt. Gerade
die unverwechselbaren Ästhetiken von DEFA-Spielfilmen trugen zur Distribution einer phänotypi-
schen Bildwelt dessen bei, was man sich einst als Sozialismus dachte. Die vorliegende Arbeit be-
schäftigt sich mit der Frage, wie das Repräsentationssystem DEFA-Kino als (eine staatlich monopoli-
sierte) Technologie des Geschlechts 1 operiert und in den 1950 und 60er Jahren Körper- und Ge-
schlechterbilder produzierte, die ein, sich von westlichen Entwürfen unterscheidendes, Geschlechter-
bildgedächtnis der deutschen Teilung nach 1945 generieren. Sie interessiert sich darüber hinaus für die
in der deutschen Teilung entwickelte kulturelle Ost/West-Alterität und ihre symbolischen Verge-
schlechtlichungen.2 Die Untersuchung geht davon aus, dass im kulturellen Diskurs verschiedener
Identitätspolitiken die Verhandlung von Körper, Sexualität und Geschlecht eine zentrale Rolle ein-
nimmt. Diese fungieren als Territorien, Markierungen und Reproduzenten der Mythen der Nation und
politischer Utopien: Geschlechterbeziehungen stehen sowohl im Zentrum kultureller Bilder gesell-
schaftlicher Identitäten und Gruppen als auch im Mittelpunkt der meisten kulturellen Konflikte und
Auseinandersetzungen.3 Für die Modellierung von nationaler Identität ist der Komplex Körper-
Geschlecht-Generativität gegenüber anderen Symbolsystemen wegen seiner epistemischen Verwandt-
schaft der beiden zentralen Figuren des Nationalcharakters und des Geschlechtscharakters von heraus-
ragender Bedeutung.4 Vor diesem Hintergrund werden die Fiktionalisierungen von Köper und Ge-
schlecht in DEFA-Spielfilmen als Aktanten nationaler Identitätsstiftung unter den politischen Macht-
verhältnissen in der DDR kenntlich gemacht. Dabei befindet sich die Geschlechterperformance des
Neuen Menschen als liminaler Verhandlungsort von nationalkultureller Kontinuität und politischer
Normierungspraxis im Mittelpunkt der Filmanalysen. Das DEFA-Kino wird als kulturelles Repräsen-
tationssystem verstanden, das sexuelle Differenz und die Heteronormativität der symbolischen Ord-
nung (re)produziert. Auf der Folie der Gleichberechtigungspropaganda der Geschlechter in der
1 Lauretis 1987. 2 Der Begriff der kulturellen Alterität meint die, in modernen Kulturtheorien sedimentierten, kulturell vorgegebenen, tiefenstrukturellen
Wahrnehmungs- und Werteparadigmen, die Differenzen motivieren. Nünning (2005). S.1-2. 3 Yuval-Davis (2001). S.68. 4 Loster-Schneider (2003). S.11.
2
SBZ/DDR ergeben sich dabei jedoch Irritationen des traditionell dichotomen Geschlechterverhältnis-
ses, die den prozessualen Inszenierungscharakter von Geschlechtergrenzen deutlich sichtbar werden
lassen und auf die kulturelle Verfasstheit von Geschlechterrollen verweisen. Die sozialistische
Bildsprache setzte auf Geschlechterbilder, die sich von der bürgerlichen Ästhetik und Norm unter-
schieden und in der Frauen nicht mehr unbedingt das andere Geschlecht repräsentierten, sondern dem
männlichen Ideal anverwandelt werden sollten. Gleichzeitig reproduzierte das System eine binäre
Geschlechterordnung und bediente sich traditioneller Ausschlussmechanismen gegenüber Frauen.5 Die
vorliegende Arbeit lehnt an die gendersensible Nationalismusforschung und diskurstheoretische Kon-
zepte von Körper, Sexualität und Geschlecht an.6
5 Scheide/Stegmann (1999). S.11. 6 Der Forschungsdiskurs um die Interferenz (Überschneidung, Überlagerung) von Geschlecht und Nation geht grundlegend davon aus, dass
es sich bei beiden Kategorien um historisch und kulturell variable diskursive Konstruktionen handelt, die aufgrund ihrer gemein-samen identitäs- und alteritätstheoretischen Grundorientierung und Epistemik strukturelle und funktionale Äquivalenzen sowie gegenseitige Instrumentalisierungen aufweisen. Loster-Schneider (2003). S.9-17.
3
Kapitel 1 | Gender, Körper und Nation
1.1 Gender im Alteritätsdiskurs der deutschen Teilung
Untersuchungsmaterial für westliche Projektionen einer ostdeutschen Kultur liefert die Bild-
publizistik der deutschen Wiedervereinigung. Dort werden kulturelle Distinktionen und Leitdifferen-
zen zwischen Ost und West ganz selbstverständlich über Körper- und Geschlechterbilder ausgetragen:
within the discourse of unification the German Democratic Republic (GDR) was often caricatured
with female images, characterized by naiveté, dependency, and weakness, whereas the Federal Re-
public of Germany (FRG) was depicted as strong, male, and aggressive.7 In den Bildern eines wilden
und natürlichen Ostens nährte der Westen sein Selbstbild einer überlegenen Zivilisation: In der Zone
hatten sich die Menschen eine unverdorbene Natürlichkeit bewahrt und eine ungebrochene Beziehung
zur Körperlichkeit 8 gepflegt, die angeblich keine sexuellen Tabus gekannt hatte.9 Im Zentrum der
westlichen Phantasien fand sich die Ost-Frau mit einem ihr zugeschriebenen natürlichen und exoti-
schen Sexualcharakter 10: Als die DDR-Frau sich nach 1990 rasch zur Ostfrau wandelte, glich ihr Bild
einer postfeministischen Männerphantasie: In der Freikörperkultur hatte sie den unbefangenen Um-
gang mit dem eigenen Körper und im reizarmen DDR-Alltag die vollen Genüsse des Sex erlernt.11 Die
sexuelle Semantik setzte sich auch in der Bildpublizistik der Wiedervereinigung als Ehelichung eines
heterosexuellen Paares durch, die jene Mischung aus Andersartigkeit und Einigkeit, aus Fremdheit
und Zusammengehörigkeit, aus heftigem Begehren und alltäglicher Gemeinsamkeit, die auch auf den
nationalen Vereinigungsprozess zwischen Euphorie, Ernüchterung und Selbstverständlichkeit zutrafen
12, symbolisierte. Die Paarmetaphorik verweise auf eine Vergeschlechtlichung in den Deutungen der
deutsch-deutschen Einheit, so Ina Dietzsch.13 Im Ehebild bekam die DDR (Osten) stets den weiblichen
Part zugewiesen, die BRD (Westen) den männlichen. Während die Bildpublizistik in der frühen Nach-
kriegsgeschichte beiden Teilstaaten noch als Brüder 14 darstellte, gingen alle Analogien des Vereini-
minisierung der symbolischen Selbstrepräsentation.59 Dennoch gibt es auch kritische Stimmen: Das
einleuchtendste Merkmal der DEFA scheint gewesen zu sein, Frauenfiguren zur Darstellung ihrer
männlichen Gedanken und Gefühlswelt benutzt zu haben.60 Es existieren nur wenige Untersuchungen,
die Geschlechtersemantiken in nationalen Narrativen untersuchen. Oder sich mit Geschlechterdiffe-
renz in der symbolischen Selbstrepräsentation beschäftigen. Oder filmische Körperinszenierungen als
Praxis von Körper- und Geschlechternormen aufarbeiten. Zu erwähnen sind hier insbesondere die
Arbeiten von Irene Dölling 61, Ina Merkel 62 und Kerstin Stüssel 63. Daneben sollen in diesem Zusam-
menhang die geschlechterhistorischen Analysen von Dorothee Wierling 64, Gunilla-Friederike Budde
65 und Ina Dietzsch 66 genannt sein, die zur o.g. Feminisierung der politischen Selbstrepräsentation
der DDR, Bildpolitiken des Geschlechts in DDR-Medien und über die Geschlechterkodierungen der
deutschen Wiedervereinigung publiziert haben. Zudem sind die gedächtnistheoretisch operierenden
Filmanalysen von Stefan Zahlmann zu nennen, der die Körperdarstellungen in DEFA-Spielfilmen als
Medien eines kollektiven (Geschlechter)Gedächtnisses beschreibt und auf die Spuren ihrer Normali-
sierung/subversiven Performanz innerhalb von Konfliktarrangements und Männlichkeitsentwürfen
untersucht.67 Nicht zuletzt haben die Arbeiten des Forschungsseminars Sexualität und Erotik in
DEFA-Filmen am Kulturwissenschaflichen Seminar/Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstu-
dien der Humboldt-Universität zu Berlin und die Film- und Vortragsreihe Frauen machen Staat. Sexu-
alität und Nation im Film aus Ost- und West-Deutschland an der Humboldt-Universität zu Berlin zur
Erweiterung der Genderforschung im DEFA-Film beigetragen.68
2.2 Operationalisierung und Erkenntnisinteresse
Das Filmkunstwerk als Ganzes entwirft ein Menschen’bild‘ im allgemeinen, übertragenden
Sinne. Sein Gehalt basiert auf einer weltanschaulichen Konzeption vom Menschen in unserer Welt.
59 Blazejewski (1990). S.183-195. 60 Waterkamp (1997). Bd.2a. S. 7-8. 61 Dölling (1997). S.3-77; Dies 1991; Dies. (1993). S.23-52; Dies. (1992). S.125-138. 62 Merkel (1995). S.80-108; Dies. (1994). S. 359-382; Dies. 1990. 63 Stüssel 2002; Dies. 2003. 64 Wierling 1999a, 1999b, 1999c. 65 Budde 1997a, 1997b, 1999, 2000. 66 Dietzsch 2005. 67 Zahlmann 1998, 2000, 1998. 68 Forschungsseminar „Sexualität und Erotik in Filmen der DDR“. Kulturwissenschaftliches Seminar der Humboldt-Universität zu Berlin
(WS 2003/04); Film- und Vortragsreihe „Frauen machen Staat“ (SS 2004) Humboldt-Universität zu Berlin.
9
Diese erscheint als mehr oder weniger bewusste und gelungene filmische Realisierung der Erfahrun-
gen und Überzeugungen, die die Filmschaffenden selbst in der Wirklichkeit gewonnen haben. Die
weltanschauliche Einstellung liegt den filmischen ‚Einstellungen’ zugrunde. Das Menschen‚bild’, das
der Film vermittelt, entspricht dem Menschenbild seiner Schöpfer.69
Die vorliegende Arbeit geht davon aus, dass sich der historische Quellenwert von DEFA-
Spielfilmen aus ihrer Funktion als Generatoren und Speichermedien eines kulturellen und kollektiven
Bildgedächtnisses der ostdeutschen Teilgesellschaft nach 1945 ableitet. Dieses Bildgedächtnis ist in
einer dauerhaften Legitimationsarbeit der eigenen Existenz in Abgrenzung zum westlichen Teil
Deutschlands entstanden und blieb in seinen Selbstdarstellungen stets auf den Westen bezogen. Her-
stellungs- und Darstellungsprozesse von Identität 70 sind immer an einen anderen gebunden: Sowohl
der dialogische Charakter als auch der somatische Erfahrungsspielraum individueller wie kollektiver
Selbstdeutung bzw. -darstellung legt nahe, dass immer ein Alter notwendig ist, damit sich ein Ego in
Abgrenzung dazu als ein Gleiches oder Anderes erleben und (...) anerkannt werden kann.71 DEFA-
Spielfilme sind ein mediales Archiv von Narrationen einer politischen und sozialen Utopie, die durch
das kunstpolitische Dogma des sozialistischen Realismus 72 ästhetisiert sind und sich im Spannungs-
feld aus Projektion, Propaganda und nachempfundener Realitätsnähe bewegen.73 Der Quellenwert von
DEFA-Spielfilmen besteht in ihrer besonderen Inszenierungsleistung, das Phantasma der sozialisti-
schen Utopie in der DDR entworfen und Entwicklungswidersprüche zwischen Utopie und Realität
thematisiert zu haben. Die filmischen Bilder der sozialistischen Zielgesellschaft, die das zur Erschei-
nung bringen, was seiner Natur nach nicht gegenständlich zu werden vermag 74 sind dabei staatlich
kanonisierte Bilder. Weshalb sie als Kunstprodukte begriffen werden, die im öffentlichen Diskursraum
zugelassene Ansichten transportierten. Es handelt sich um erwünschte Bilder, die Vor-Bilder für die
69 Meyer (1970). S.11-12. 70 Kimmich (2003). S.VIII. 71 Ebd. S.IX. 72 Der Begriff des sozialistischen Realismus wurde zu Beginn der 1930er Jahre unter Mitwirkung Stalins in der Sowjetunion geprägt: Der
sozialistische Realismus als Grundmethode der sowjetischen schönen Literatur und der Literaturkritik fordert vom Künstler eine wahrheitsgetreue, geschichtlich konkrete Darstellung der Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung. Hierbei muss die Wahrheitstreue und die geschichtliche Konkretheit der künstlerischen Darstellung der Wirklichkeit Hand in Hand gehen mit der Zielsetzung einer ideologischen Umformung und Erziehung der Werktätigen im Geiste des Sozialismus. Zit. nach Schittly (2002). S.43. Die stalinistisch ausgerichtete SED-Kunstdoktrin: Unser Ideal sehen wir in einer Kunst, die ihrem Inhalt nach sozialistisch, ihrer Form nach realistisch ist ( zit. nach Judt (1998). S. 316/317) sah Form und Inhalt (...) der Kunst als durch die gesellschaftli-chen Zustände definiert an und oktroyierte der Kunst die Aufgabe (...) diese Bewegung nicht wider zu spiegeln, sondern entwi-ckelnd oder hemmend auf sie einzuwirken. Zit. nach Schittly (2002). S.41.
73 Merkel (1999). S.336. 74 Iser (1991) S.493.
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individuelle Sinngebung, für die Normierung individueller Wünsche 75 bereithalten sollten. Gleichwohl
sind in den Fiktionalisierungen auch gewünschte Bilder des Publikums sedimentiert, die Erwartungen
und Gewohnheiten bestätigen und sich als Versinnbildlichungen individueller Sehnsüchte und Phanta-
sien bewährt haben76. Die auf eine sozialistische Identitätsstiftung abzielende Wirkung der Filme
wurde über die sinnlich-anschauliche Verknüpfung von erwünschten und gewünschten Bildern und
ihrem Spannungsverhältnis prozessiert.77 Der pädagogische Anspruch und die auf Erziehungs- und
Bildungseffekte abzielenden Story-Konstruktionen sind allgegenwärtig. In seiner Funktion als Mas-
senmedium entwarf der DEFA-Film programmatische Selbstbilder der DDR-Gesellschaft und war
exponierter Ort der Fiktionalisierung und Verhandlung von Köper- und Geschlechteridentitäten.78 Als
kulturelles Repräsentationssystem führte er normative und von der Norm abweichende Bilder von
Körper, Sexualität und Geschlechterrolle auf, die in den filmischen Diskurs des Eigenen und des
Fremden eingebettet waren. Ihr performatives Potential entfalten diese Interdiskurse in einer Koprä-
senz traditioneller und moderner Kodes. Eine interessante Zwischenposition entwickelt die zwischen
den Blöcken stehende DDR, die im Zuge einer Abstoßung der nationalsozialistischen Elemente und
einer Orientierung am Ideal des ‚Sowjetmenschen‘ eine neue hybride deutsche Identität zu schaffen
versuchte.79 Die Inszenierungen geben Aufschluss über den Wandel geschlechter-, körper- und sexu-
alpolitischer Diskurse in der DDR. Daneben ist ein Wandel in der Art und Weise der Repräsentation
zu konstatieren: Während die kulturrevolutionäre Phase der 1940er und 50er Jahre auf sowjetische
Vorbilder und Propagandafiguren setzte. Zeichnen die 1960er Jahre synthetische Bilder einer künstli-
chen Hyperidentität in der sozialistischen Moderne. Und tauchen in den 1970er und 80er Jahren zu-
nehmend Problemfiguren auf, die eine krisenhafte, hybride DDR-Identität im Zeichen politischer
Agonie und gesellschaftlicher Krise zur Diskussion stellen.
legt waren. Schuld an der Spaltung der Nation, so hieß es in der SBZ/DDR, trügen die imperialisti-
schen Westmächte und ihre Helfershelfer in Westdeutschland“173. Damit wurde die Gründung der
DDR als die Schaffung einer Bastion des Friedens und des Kampfes für die nationale Wiedergeburt
und als Akt der nationalen Selbsthilfe des deutschen Volkes 174 legitimiert. Für das politische Selbst-
bild war die Herausbildung einer eigenen Erinnerungskultur von besonderer Bedeutung.175 Der Neu-
beginn in der SBZ/DDR wurde vom antifaschistischen Gründungsmythos getragen, der die Kriegsnie-
derlage als Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus durch die Rote Armee unter Mithil-
fe des deutschen kommunistischen Widerstandes deutete. Neben der Errichtung einer antifaschistisch-
demokratischen Ordnung (ADO) spielte die Betonung der antikapitalistischen Grundlagen der staatli-
chen Neugründung für die Identitätsbildung als sozialistischer Staat deutscher Nation 176 eine zentrale
Rolle. In ihrer sozialistisch definierten nationalen Identität knüpfte die DDR an Imaginationen des
Deutschen an: Die offizielle Rhetorik bediente sich einerseits der Kategorie des Volkes und anderer-
seits verstand sich die DDR als Hüterin der deutschen Kultur und verwandte antimodernistische, zivi-
lisations- und kulturkritische Abgrenzungsmotive.177
4.1.2 Arbeiter- und Bauernstaat und das DDR-Staatsvolk
Im Grundsatzdokument zum planmäßigen Aufbau des Sozialismus von 1952 hieß es: Dieser
Staat der Werktätigen hat zwei Klassen zur Grundlage: die Arbeiterklasse und die Klasse der werktä-
tigen Bauernschaft. Außerdem gibt es bei uns die der Arbeiterklasse nahestehende Schicht der Intelli-
genz.178 1956 begann die DDR mit der Wiederbewaffnung. Bereits 1952 war die Schaffung bewaffne-
ter Streitkräfte zur Verteidigung der Heimat gegen die äußeren Feinde 179 angekündigt worden. Die
DDR verstand sich als einziger deutscher Friedensstaat 180, als Bastion des Friedens und des Kampfes
für die nationale Wiedergeburt.181 Im Januar 1967 konkretisierte Walter Ulbricht in einer Rede vor der
173 Zit. nach Kreusel (1971). S.38. 174 Zit. nach Ebd. S.55. 175 Fulbrook 1999; Assmann/Frevert 1999; Herf 2002. 176 Zit. nach Weidinger (2002). S.84. 177 Bialas (2002). S.9f. 178 Zit. nach Judt (1998). S.53. 179 Ebd. 180 Zit. nach Kreusel (1971). S.43. 181 Zit. nach Ebd. S.55.
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Volkskammer den Unterschied: Heute besteht die deutsche Nation im wesentlichen aus den deutschen
Staatsvölkern zweier voneinander unabhängiger deutscher Staaten, der sozialistischen Deutschen
Demokratischen Republik und der imperialistischen und militaristischen westdeutschen Bundesrepub-
lik 182. 1968 gab Artikel 1 der neuen Verfassung bekannt: Die Deutsche Demokratische Republik ist
ein sozialistischer Staat deutscher Nation 183 1970 sprach Ulbricht von einem Prozeß der Herausbil-
dung einer sozialistischen Nation 184 in der DDR und 1974 wurde die Präambel der DDR-Verfassung
den Verhältnissen angepasst: Die Verantwortung für die deutsche Nation wurde nun durch die Ver-
antwortung für die Sozialistische Staatengemeinschaft, treu den Prinzipien des sozialistischen Interna-
tionalismus 185 ersetzt. Seit den 1980er Jahren versuchte die Partei- und Staatsführung mit dem Kon-
zept eines Sozialismus in den Farben der DDR das Deutsche als nationale Habitusform des Sozialis-
mus 186 durch kulturelle Traditionspflege zu integrieren.
4.1.3 Die DDR als Kulturnation und Traditionshüterin
Neben der Sozialismus- und Friedenspropaganda grenzte sich die DDR durch den Gebrauch
zivilisations- und kulturkritischer Motive von der Bundesrepublik ab. Ministerpräsident Otto Grote-
wohl sprach sich 1950 vehement gegen eine kulturelle Westernisierung, gegen den Kulturverrat in
Westdeutschland aus, der das nationale Bewusstsein und die nationale Widerstandkraft gegen eine
Kolonisierung und Überfremdung (...) von innen her zu untergraben drohte und machte deutlich: Des-
halb unsere entschiedene Abwehr gegen den Amerikanismus und seine hervorstechendste Ideologie,
den Kosmopolitismus.187 Anfang der 1960er Jahre vermischte sich das Konzept der Nationalkultur mit
dem Leitbild einer Volkskultur. Im Gefolge der Kulturrevolution wurde deutsch durch sozialistisch
ersetzt. In der DDR bilde sich, so hieß es, auf der Grundlage der geschichtlich überlieferten, eine neue
humanistische, eine sozialistische deutsche Kultur heraus, die sich der Pflege der demokratischen,
humanistischen, friedlichen und sozialistischen Traditionen 188 des deutschen Volkes verschrieben
182 Zit. nach Weidinger (2002). S.84. 183 Zit. nach Motschmann (1979). S.250. 184 Zit. nach Naumann/Trümpler (1991). S.71. 185 Zit. nach Motschmann (1979). S.255. 186 Bialas (2002). S.11. 187 Zit. nach Judt (1998). S.334. 188 Zit. nach Kreusel (1971). S.39.
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hatte. Diese Kultur wurde als frei von den antihumanistischen Einflüssen des deutschen Militarismus,
des Klerikalismus und der Unkultur des amerikanischen Imperialismus 189 charakterisiert. Mit Hilfe
einer gezielten sozialistischen Traditionspflege sollte die Überwindung bürgerlicher Bewusstseinsgeh-
alte und die Ausprägung eines neuen kulturellen Gedächtnisses vorangetrieben werden: Die sozialisti-
sche Traditionspflege ist Teil des vor sich gehenden erbitterten ideologischen Klassenkampfes und
muß ihrem Wesen nach stets auf die Überwindung der bürgerlichen Ideologie und Moral gerichtet
sein.190 Dieser Prozess der sozialistischen Nationswerdung wurde auch als Nation im sozialen Typen-
wandel 191 bezeichnet. Nach dem Mauerbau 1961 wurden die Gegensätze der Systeme immer stärker
hervorgehoben. Beide deutsche Staaten verkörperten, so hieß es im Nationalen Programm von 1962
ein grundsätzlich anderes Deutschland, grundsätzlich verschiedene deutsche Traditionen.192 1967
verkündete Walter Ulbricht die Existenz von zwei Staatsvölkern, deren Kulturen einander unversöhn-
lich gegenüber stünden. Mit der entwickelten sozialistischen Gesellschaft schaffen wir systematisch
und planmäßig die unserer Ordnung gemäße sozialistische Kultur, die frei sein muß von allen Einflüs-
sen imperialistischer Ideologie und Unkultur. Jene geistlosen und dekadenten Produkte der Unterhal-
tungskunst, wie sie zur Verdummung und Manipulierung der Menschen von den die kulturellen Berei-
che beherrschenden Monopolen in Westdeutschland produziert werden, sind mit der sozialistischen
Kultur ebenso unvereinbar wie die philosophischen oder ästhetischen Auffassungen der spätbürgerli-
chen Kultur.193 1980 sprach Kurt Hager dann von einer eigenständigen sozialistischen Nationalkultur
der DDR, die er als Teil der sich entwickelnden sozialistischen Weltkultur 194 verstanden wissen woll-
te.
4.2 Sozialistische Persönlichkeitstheorie und Geschlechterkonstruktionen
4.2.1 Persönlichkeitstheorie in der DDR und die Grundsätze der sozialistischen Ethik und Moral
189 Zit. nach Ebd. S.43. 190 Zit. nach Ebd. S.117. 191 Zit. nach Ebd. S.97. 192 Zit. nach Ebd. S.39. 193 Zit. nach Judt (1998). S.334-335. 194 Zit. nach Ebd. S.335.
26
Der Entwicklung der DDR zu einem sozialistischen Staat korrespondierte die Idee einer kon-
fliktfreien Gesellschaft, die in der Terminologie der politisch-moralischen Einheit des Volkes 195 postu-
liert wurde. Zentrales Anliegen war der Neuentwurf der Vergemeinschaftung: Es galt bewusst jene
Züge der Persönlichkeit zu entwickeln, die durch die sozialistischen Ideale vom Menschen und von
den menschlichen Beziehungen bestimmt werden, und jene zu überwinden, die diesen Idealen wider-
sprechen.196 In der DDR wurde die persönlichkeitstheoretische Konzeption der sogenannten sozialis-
tischen Persönlichkeit 197 als ideologisches Leitbild entworfen. Diese verstand man als koevolutionä-
res Produkt historischer Gesetzmäßigkeiten, das planmäßig mit dem Aufbau des Sozialismus Gestalt
annehmen sollte. Der sozialistische Idealcharakter war insbesondere durch Erziehung hervorzubrin-
gen, wobei das (Arbeits-)Kollektiv, neben Familie, Schule und sozialer Mikrogruppe als die Basis für
diesen Erziehungsprozess angesehen wurde, denn es stellt die Grundlage des gesellschaftlichen Le-
bens, aller gesellschaftlichen Verhältnisse dar, die sich in der Gesellschaft entwickeln.198 Das Kollek-
tiv galt als entscheidendes Verbindungsglied zwischen Individuum und Gesellschaft, (es) ist das wich-
tigste Element bei der Herausbildung der Persönlichkei“.199 Der Neue Mensch im Sozialismus war
als ein ganzheitlicher, allseitig entwickelter, vor allem gebildeter, erzogener und geschulter, partizipa-
tiver Typus konzipiert 200: Die sozialistische Persönlichkeit ist ein gesellschaftlich aktiver Mensch, der
bewusst seine persönliche Beziehungen zur Gruppe, zum Kollektiv und zur Gesellschaft als Ganzes
gestaltet und auf die gesellschaftliche Entwicklung einwirkt.201 Unter sozialistischen Eigentums-,
Macht- und Arbeitsverhältnissen sollte dieser Idealtypus den Beweis für die Entstehung einer völlig
neuartigen Moral und Geschlechterbeziehungen antreten und den Erfolg der marxistischen Soziogene-
se verkörpern. Der theoretischen Grundüberzeugung einer evolutionären Höherentwicklung der gesell-
schaftlichen Verhältnisse, wie sie der historische Materialismus postulierte, korrespondierte die Vor-
stellung der Herausbildung und Entwicklung idealer Eigenschaften einer sozialistischen Persönlich-
keit.202 1958 wurden die normativen Vorstellungen der Erziehung zum Neuen Menschen um die mora-
195 Meuschel (1992). S.164. 196 Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie (1969). Zit. nach Müller (1997). S.26. 197 Dengel (2005). S.84f.; Hanke (1976). S.492-515. 198 Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie (1969). Zit. nach Müller (1997). Ebd. 199 Ebd. 200 Dengel (2005). S.83. 201 Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie (1969). Zit. nach Müller (1997). Ebd. 202 1. Das Streben nach umfassender Allgemeinbildung und ständiger Vervollkommnung des fachlichen Wissens und Könnens 2. die Fähig-
keit zur selbständigen Arbeit und zur praktischen Anwendung neuer Erkenntnisse 3. fester sozialistischer Klassenstandpunkt und aktive Parteinahem für den sozialistischen Staat 4. hohe menschliche Qualitäten und Verhaltensweisen. 5. Typisch für die sozia-
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lisch-imperativen Konnotationen in Form von zehn säkularen Grundsätze(n) der sozialistischen Moral
und Ethik 203 ergänzt, die eine stalinistische Ableitung der leninistischen Moralvorstellungen darstel-
len. Dieser, im Dienste der nationalen Wiedergeburt Deutschlands 204 von Staatschef Walter Ulbricht
vorgetragene profane Katechismus sprach auch die körperliche Affektkontrolle an: Das moralische
Gesicht des neuen Menschen, der sich in diesem edlen Kampf um den Sieg des Sozialismus entwickelt,
wird bestimmt durch die Einhaltung grundlegender Moralgesetze: 7. Du sollst stets nach Verbesse-
rung Deiner Leistungen streben, sparsam sein und die sozialistische Arbeitsdisziplin festigen. 8. Du
sollst Deine Kinder im Geiste des Friedens und des Sozialismus zu allseitig gebildeten, charakterfes-
ten und körperlich gestählten Menschen erziehen. 9. Du sollst sauber und anständig leben und Deine
Familie achten.205 Ein sittliches Handeln außerhalb der sozialistischen Moralnormen war nicht denk-
bar: Nur der handelt sittlich und wahrhaft menschlich, der sich aktiv für den Sieg des Sozialismus
einsetzt 206, hieß es pathetisch.
Eine neue sozialistische Moral, die nicht nur Askese, sondern Lebensfreude, Lebenskraft auch
durch erfülltes Liebesleben 207 bedeutete, sollte zur Grundlage der Geschlechterbeziehungen, insbe-
sondere in Ehe und Familie, werden. Größere sexuelle Freizügigkeit und die Forderung (der Frau)
nach Freiheit der Liebe 208 standen allerdings nicht auf dem Programm. Stattdessen galt die proletari-
schen Zivilehe mit Liebe 209 als kommunistische Idealvorstellung und bedeutete keineswegs die Auf-
hebung des Ernst in der Liebe, die Befreiung vom Kinderkriegen oder die Freiheit des Ehebruches.210
Die Liste der sozialistischen Tugenden und Wertorientierungen entlehnte nicht nur Rhetorik und Tra-
ditionselemente der kommunistischen Arbeiterbewegung, sondern orientierte auch auf konservative,
traditionelle nationale deutsche Moral- und Wertvorstellungen. Insgesamt präsentierte sich auch das
offizielle Leitbild der DDR durch die Anknüpfung und Verwertung preußisch-lutherischer Traditio-
nen, die herausragende Bedeutung des Faktor Geschichte für die Legitimierung des politischen Sys-
listische Persönlichkeit sind deshalb die Denk- und Verhaltensweisen, mit denen der einzelne seine individuelle Tätigkeit bewusst in den Zusammenhang gesellschaftlicher Erfordernisse des Sozialismus als Gesamtsystem stellt. Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie (1969). Zit. nach Müller (1997). Ebd.
203 Dengel (2005). S.92. 204 Ulbricht 11.07.1958. S.3-11. 205 Zit. nach Dengel (2005). Ebd. 206 Ebd. 207 Zit. nach Schubert (1980). S.25. 208 Zit. nach Ebd. S.29. 209 Zit. nach Ebd. 210 Zit. nach Ebd.
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tems und die konstante Bezugnahme auf die Bundesrepublik als Referenzgesellschaft mit genuin deut-
schen Zügen.211
Der Entwurf einer sozialistischen Moral und Ethik gegen Ende der 1950er Jahre lieferte weite-
re Grundlagen zur Ausgrenzung, sozialen Diskriminierung und politischen Verfolgung anderer. Hier
wird ein Motiv evident, dass bis dato noch wenig systematisch erforscht wurde: Mit der Sozialpäda-
gogik des Neuen Menschen geht sehr häufig ein Anspruch auf dessen körperliche, moralische und
ideologische Reinheit einher.212 Dieser Anspruch wird in den dauerhaft wiederkehrenden rituellen
Säuberungen des sozialistischen Kollektivkörpers durch die Diskriminierung und den Ausschluss von
Andersdenkenden, -lebenden, -glaubenden, -liebenden sowie die kulturkritische und antimodernisti-
sche Propaganda gegen westliche Einflüsse zur Legitimation der monokulturellen Ausrichtung des
Systems sichtbar.
4.2.2 Die Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit in der DDR - Homo curativus und Homo faber
Die persönlichkeits- und kulturtheoretischen Diskurse in der DDR waren nur scheinbar ge-
schlechtsneutral, denn der männliche Proletarier wurde als gesellschaftliche Norm gesetzt. Zum ideo-
logischen Überbau des sozialistischen Gesellschaftssystems gehörte die sozialistische Frauenemanzi-
pationstheorie mit ihrer Forderung der Gleichberechtigung der Geschlechter, die neben der ökonomi-
schen Unabhängigkeit der Frau auch ihre Stellung in Ehe und Familie neu definierte. Trotz 40-jähriger
Proklamation verhinderte der Androzentrismus der marxistisch-leninistischen Kulturkonzeption je-
doch einen tatsächlichen Paradigmenwechsel in der Geschlechterpolitik. In der DDR-Öffentlichkeit
wurde Geschlechtergleichberechtigung primär als ökonomische Gleichstellungspolitik, als das gleiche
Recht auf Arbeit 213 popularisiert und umgesetzt. Dem politisch gesteuerten Integrationsprozess von
Frauen in traditionell männliche Berufssphären in den 1950er und 60er Jahren korrespondierte eine
wettbewerbsorientierte Anpassungsleitung an das männliche, proletarische (Arbeits)Ideal: Frauen
standen ihren Mann im Produktionsprozess.214
211 Dengel (2005). S.84. 212 Zum Motiv der Reinheit in sozialistischen Kulturzusammenhängen Ölke (2005). S.205-221. 213 Hauser (1994). S.18. 214 Merkel (1990). S. 359-382; Budde (2000).S.603-628.
29
Zwischen 1950 und 1960 vollzogen Frauen in der DDR den Übergang von der unkontinuierli-
chen Erwerbsarbeit zur lebenslangen, qualifizierten Berufsarbeit.215 Insbesondere diese, moralisch
und materiell vom Staat und von der Gesellschaft unterstütze und akzeptierte, Frauenerwerbstätigkeit
zeitigte nachhaltige Auswirkungen auch auf die Lebensweise und das Selbstverständnis ostdeutscher
Frauen. Im Zuge der formal egalisierenden Geschlechterpolitik des DDR-Sozialismus und ihrer leit-
kulturellen Propagierung der Vereinbarkeit von Frauenerwerbstätigkeit und Mutterschaft wurde lang-
fristig eine gesellschaftliche Norm von Frausein propagiert, die bis in die 1960er Jahre zunächst noch
mit anderen Praxen und Vorstellungen konkurrierte. Neben ihrer Werktätigkeit wurden Frauen dane-
ben in erster Linie als potentielle Mütter, als Gattungsreproduzentinnen betrachtet. Dieser funktionalen
und naturalisierten Betrachtung von Frauen korrespondierte eine, ihre biologischen Nachteile kompen-
sierende, paternalistische Sozialpolitik, die sie formal egalisierte. Die auf diesem Weg hergestellte
Gleichheit, die mit einer temporären geschlechtlichen Entkörperung 216 der Frau im Modus des Iden-
tisch-Machens von Ungleichartigem 217 im öffentlichen Raum verbunden war, galt seit den 1970er
Jahren in der DDR als verwirklicht. Mit der Reduktion der Gleichberechtigungspolitik auf die soziale
Frage wurden kulturell-symbolische Aspekte der Geschlechterasymmetrie in der DDR systematisch
ausgeblendet. Das Leitbild einer maskulinen Leistungsfähigkeit in der Arbeitswelt, intensivierte, so
Cornelia Hauser, traditionelle Weiblichkeitsvorstellungen, die von den Frauen im Privatbereich der
Familie selbsttätig hergestellt wurden: ’Zu Hause’ galt es nicht, ‚keine Frau’ zu sein, sondern immer
bessere Frauen.218 Die Familie blieb das traditionelle Reproduktionsrefugium von hierarchischen Ge-
schlechterdifferenzen und wurde für Frauen zum Ort des Ausgleichs von gesellschaftlicher Ausge-
schlossenheit 219, denn auch in der DDR besetzten nur wenige Frauen Führungspositionen. Die Staats-
und Parteiführung war und blieb ganz traditionell ein Herrenklub.
Mit der Behauptung einer geschlechtsneutralen Kultur und der Neutralität symbolischer Sinn-
systeme sowie der Beschränkung des Kulturbegriffs auf die aktive und produktive Arbeit war Kultur
in der DDR männlich konnotiert. Auch das kommunistische Bewusstsein und die sozialistische Per-
sönlichkeit, vermeintlich neutral konzipiert, wurden mit männlichem Fortschritt und Stärke identifi-
Musik: Hanns Eisler. Darsteller: Sonja Sutter (Renate Ludwig), Lotte Loebinger (Hertha Scholz), Anneliese Book (Barbara Berg), Susanne Düllmann (Anni Neumann), Ursula Burg (Isa von Trautwald), Gertrud Meyen (Betty Vogt), Hanns Groth (Conny Lohmüller) u.a. 105 min. Premiere 13.06.1952.
231 Vorankündigung zu Frauenschicksale. Strauss (1996). S.44 Anm.4. 232 Werkentin 2002. 233 Die Formalismusdebatte (1948-1953) war zunächst ein kunstpolitischer Diskurs der SED um die formalästhetische und inhaltliche Aus-
richtung und Parteilichkeit der Kunst in der SBZ/DDR. Danach hatte der Inhalt der Kunst parteilich mit festem Klassenstandpunkt und die Form realistisch zu sein. Künstlerische Abstraktion wurde als bürgerlich-dekadent und formalistisch abgetan. Die Debatte knüpfte an den 1947/48 von Andrej Schdanow in der Sowjetunion geführten Kampf gegen den Formalismus. Formalismus und Kosmopolitismus gehörten zu den Feindbildern der frühen DDR. Spätestens seit 1951 wurde dieser Diskurs zu einer vehementen Kritikerbewegung, die alle Abweichungen vom Kanon realistischer Kunst in der DDR verurteilte und 1954 in der Gründung des
32
geforderten neuen sozialistischen Realismus 234 und wurde als Exportartikel ins nicht-sozialistische
Ausland gehandelt.235 Die DDR-Presse schätze den Film als Kunstwerk ein, das zu neuen Taten unse-
res friedlichen Aufbaus beflügelt 236 und das seine wichtige Funktion als ein bedeutendes Instrument
der politischen Erziehung 237 erfüllte.
Wirkungsästhetisch scheint der DEFA-Spielfilm Frauenschicksale die Realismusprobe be-
standen zu haben: Er wurde für den Realitätssinn seines Regisseurs gelobt, der in der prägnanten
Schilderung eines Schicksals und in der Treue des Details den Film in seinen besten Teilen zu einem
Zeitdokument qualifiziere.238 Gleichzeitig gab es eine breite öffentliche Kontroverse, denn kein ande-
rer DEFA-Film hatte bis dato die Widersprüche zwischen parteipolitischen Zielvorgaben, kulturpoliti-
schem Auftrag, gelebter Wirklichkeit und künstlerischer Reflexion so offenbart wie dieser.239
5.1.1 Filmhandlung
Die Filmhandlung beginnt mit dem Ende der Affäre zwischen der Jurastudentin Barbara Berg
(Anneliese Book) und Conny Lohmüller (Hanns Groth), einem Frauenhelden, der seine bürgerliche
Lebensfassade mit Schwarzmarktgeschäften aufrecht erhält. Lohmüller, als negativer Held satirisch
überzeichnet, agiert nach dem Motto Man lebt ja nur einmal! und stürzt sich mit oberflächlichem
Charme von einem Abenteuer ins nächste. Im Laufe des Films wird seine zwielichtige Identität als
Schwarzmarkthändler mit einem lockeren Lebenswandel verknüpft und dieser zunehmend als gewis-
senlose Partizipation an den Nachkriegssehnsüchten von Frauen geschildert.
Ministeriums für Kultur gipfelte. Die Formalismusdebatte endete 1956/57 mit Schauprozessen gegen SED-Funktionäre aus Berli-ner Kultureinrichtungen. Judt (1998). S.297f.
234 In der 1950 erlassenen Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes hieß es: Die neue deutsche fortschrittliche deutsche Kultur ist getragen von einem kämpferischen Humanismus. Sie beruht auf einer tiefen Volks-verbundenheit und auf der weitergehenden Förderung der schöpferischen Selbsttätigkeit des Volkes. Die Werke der Wissenschaft-ler, Schriftsteller und Künstler müssen die gesellschaftliche Realität widerspiegeln, sie müssen dem Volke verständlich sein und seine friedliche Aufbaumoral festigen. In ästhetischer Hinsicht galt für die Kunstproduktion: Das Ringen um diese Kultur erfor-dert entschiedene Abwehr all jener kosmopolitischen Tendenzen, mit denen der amerikanische Imperialismus unser nationales Kulturbewusstsein und damit die Widerstandskraft des deutschen Volkes untergraben will (...). Die künstlerischen Methode des sozialistischen Realismus sollte Kunstwerke generieren, die das Wesen der sozialistischen Gesellschaft und den historisch-fortschrittlichen Prozess der Umgestaltung darstellten. Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz. GBl. I, Nr.28, S.185. Zit. nach Schittly (2002). S.42.
235 Werbebroschüre für Frauenschicksale des VEB DEFA Außenhandel. Strauss (1996). S.45 Anm.9. 236 Tribüne vom 14.06.1952. Zit. nach Ebd. Anm.11. 237 Freiheit vom 21.06.1952. Zit. nach Ebd. Anm.12. 238 Herlinghaus (1965). S.36. 239 Wolf (1997). S.97f.
33
Abb.3 Conny Lohmüller (Hanns Groth) verkündet Barbara Berg (Anneliese Book) das Ende der Affäre / Abb.4 Tanz-auf- dem-Vulkan-Szene mit Conny Lohmüller im karierten Smoking und Isa von Trautwald (Ursula Burg).
Während sein bürgerlicher Habitus durch Kleidung unterstrichen ist, werden die windigen
Elemente dieser Männlichkeitskonstruktion durch seine Arbeitsmobilität, eine unverbindliche Promis-
kuität, den Hang zum Amüsement und Konsum von Zigaretten und Alkohol bedeutet. Lohmüllers
geschäftliche Mobilität deckt sich mit der Fluktuation seiner Partnerinnen. Die Figur des Conny
Lohmüller ist als moderner Don Juan angelegt und wird als zentrales, die Filmhandlung dominieren-
des und dynamisierendes, Männlichkeitsnarrativ entworfen. Lohmüller verkörpert dabei das Leitmotiv
als indifferente Variante eines heimatlosen, zwischen Ost- und West pendelnden, Opportunisten und
alternden Casanovas. Die destruktiv-morbiden Qualitäten des Männerbildes werden indessen durch
das selbstzerstörerische Verhalten der Frauen (Liebeskummer, Autounfall, Unfalltod des kleinen Bru-
ders) medialisiert: Verführung entfaltet hier wahre Gewalt.240 Die Figur wird im Laufe des Films mit
anderen Männlichkeitsentwürfen, wie dem Juristen Dr. Gebhard (Albert Doerner), dem Lumpenprole-
tarier Karl Neumann (Friedrich Gnaß) und dem Stahlgießer Helmut Kinzel (Paul Pfingst) kontrastiert.
Wobei letzterer das maskulin-heroische Körperideal des Proletariers im Sozialismus verkörpert. Bar-
bara kommt dank der Hilfe ihrer mütterlichen Freundin Hertha Scholz (Lotte Loebinger) schnell über
ihren Kummer hinweg. Als Richterin wird sie jedoch auch später immer wieder mit dem Frauenhelden
Lohmüller und dem Schicksal von Leidensgenossinnen konfrontiert und versucht positiven Einfluss
240 Lessing, J.G.E. (1772): Emilia Galotti. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen (V-7). Zit. nach Bohnen (2000). S.369.
34
auf durch ihn zu Fall gekommene Mädchen zu nehmen. Am Ende des Films ist sie mit ihrem Arbeits-
kollegen Dr. Gebhard verheiratet.
Nach der Affäre mit Barbara bändelt Lohmüller kurz mit der West-Berlinerin Betty Voigt
(Gertrud Meyen) an, in deren Modesalon er die blutjunge Schneiderin Anni Neumann (Susanne Düll-
mann) kennenlernt. Dieser Figur wird in der Spielfilmhandlung fortan zentrale Aufmerksamkeit ge-
widmet. Anni verliert, schwanger von Lohmüller, ihre Arbeit im Modeatelier. Und siedelt später mit
ihrem Sohn nach Ost-Berlin über, weil sie dort trotz ihrer ledigen Mutterschaft eine feste Anstellung
findet. Die weitere Handlung schildert Annis beruflichen Aufstieg in einem volkseigenen Textilbetrieb
(VEB) und ihren Reifeprozess vom naiven Mädchen zur verantwortungs- und selbstbewussten Arbei-
terin und glücklichen Mutter. In die Szenen ihres betrieblichen Karriereweges ist auch die Figur der
Hertha Scholz integriert, die als Funktionärin des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB)
über Frauenrechte in der DDR, die Notwendigkeit weiblicher Erwerbsarbeit und sozialpolitische Be-
gleitmaßnahmen für erwerbstätige Mütter aufklärt.
Kurz nachdem Lohmüller Anni wegen ihrer Schwangerschaft sitzen gelassen hat, beginnt er
eine Affäre mit der ebenso jungen, lebenshungrigen Angestelltentochter Renate Ludwig, die er auf
dem Rummelplatz kennenlernt. Doch das Glück ist nur von sehr kurzer Dauer: Als Renate erfährt,
dass Lohmüller mit der todschicken, reichen West-Berlinerin Isa von Trautwald (Ursula Burg) anbän-
delt, will sie ihn mit einem neuen Kleid beeindrucken. Für den Kauf eines besonders eleganten und
teuren Modellkleides im Westen der Stadt stiehlt Renate das mühsam Ersparte ihrer Mutter (Maly
Delschaft) und verursacht unbeabsichtigt den Unfalltod ihren kleinen Bruders. Während Lohmüller
mit Isa von Trautwald in ein dekadentes Partyleben (Nach uns die Sintflut!) abgetaucht ist, wird Rena-
te wegen Totschlags angeklagt und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Dank der Fürsprache der Richterin
Barbara Berg darf sie durch produktive Arbeit im Stahl- und Walzwerk ihre Rehabilitierung beschleu-
nigen. Dort qualifiziert sie sich zur Lokführerin und lernt den Stahlgießer Helmut Kinzel (Paul
Pfingst) kennen.
Zum Ende des Films gerät Conny Lohmüller immer mehr in eine soziale Schieflage: Er lässt
sich inzwischen von der Baronin aushalten. Die restaurativen und genussorientierten Lebensentwürfe
der Postkriegsgesellschaft des Westens werden als kulturelle Degenerierung in der propagandistischen
35
Bildfindung der Tanz-auf-dem-Vulkan-Szene 241 satirisch überzeichnet. Lohmüller und die Baronin
tanzen hier inmitten einer kostümierten, hysterischen Meute nach amerikanischer Jazzmusik, wobei
die eingeblendeten Bilder von Zigarre rauchenden, Anzüge und Zylinder tragenden Affen den Boogie-
Woogie- Sumpf amerikanischer Affenkultur 242 symbolisieren sollen. Hier vermischen sich antiameri-
kanische Ressentiments dieser Zeit mit Kalter-Kriegs-Propaganda.
Auf die neue Frauengeneration in der DDR, verkörpert durch die junge FDJlerin Ursel Krenz
(Angela Brunner), hat Lohmüller als Männertyp inzwischen jegliche Anziehungskraft verloren. In
seiner letzten Szene zieht er mit einer Prostituierten in West-Berlin von dannen.
Der Film endet mit der Entlassung Renates aus dem Gefängnis: Direkt aus der Zelle wird sie
von ihrem Freund Helmut in die Damenkonfektionsabteilung der staatlichen Handelsorganisation
(HO) geführt, um dort ein schönes Kleid zu kaufen. Das von Renate ausgewählte Modell ist jenem,
wegen dem sie einst zur Diebin und ungewollten Mörderin wurde, zum Verwechseln ähnlich. Es wur-
de von der Leidensgefährtin und jetzigen Aktivistin Anni Neumann im volkseigenen Textilkombinat
gefertigt. Im Gegensatz zu dem einst so teuren Modellkleid aus dem Westen kostet es jedoch nur noch
die Hälfte und ist damit auch für Arbeiterinnen, wie Renate inzwischen eine geworden ist, erschwing-
lich. Mit dem neuen Kleid und Helmut an der Seite reiht sie sich in die Feierlichkeiten der 1. Internati-
onalen Jugendweltfestspiele 1951 in Ost-Berlin ein und staunt ihrer glücklichen Zukunft in der DDR
entgegen.
5.2 Gender im antifaschistischen Gründungsdiskurs der SBZ/DDR
5.2.1 Barbara Berg: Die Frau im Männerberuf und Justitia der neuen Zeit
Am Anfang des Films ist die Jurastudentin Barbara Berg noch dem Herzensbrecher Lohmüller
verfallen und übt sich in Liebeskummer. Sie teilt sich in Ost-Berlin eine Wohnung mit der Sozialfür-
sorgerin Hertha Scholz und deren 6-jähriger Adoptivtochter Christel. Beide Frauen verbindet ihre ge-
meinsame Haftzeit in einem KZ. Aufgrund ihrer politischen Verfolgung im NS engagieren sie sich
aktiv beim Aufbau der neuen Gesellschaftsordnung in der SBZ/DDR. Hertha Scholz sieht Barbaras
241 Strauss (1996). S.76 f. 242 Ebd. S.77 Anm.140.
36
Zukunft durch den Liebeskummer gefährdet und insistiert: Ich muss dir den Vorwurf machen, dass es
geradezu verantwortungslos ist, wie du dich jetzt gehen lässt. So kenn ich dich überhaupt nicht. Im KZ
hast du dich ganz anders verhalten, da warst du Vorbild für die anderen. Bei einem anderen Mann
könnte man es noch verstehen, aber dieser Conny?! Als kurz darauf die Trennung von ihm erfolgt
wird Barbara in einen Autounfall verwickelt und gerettet. Die Bedrohlichkeit der Liebesaffäre erfährt
hier ihren dramatischen Höhepunkt. Wobei der Verkehrsunfall als Filmmotiv zugleich eine katharti-
sche Funktion hat und den Neuanfang symbolisiert.
Abb. 5 Hertha (Lotte Loebinger) ermahnt Barbara (Anneliese Book) / Abb. 6 Barbara spendet Hertha Trost als diese ihre Adoptivtochter Christel an deren leibliche Mutter zurückgeben muss Parallel zur Lohmüller-Episode wird Barbaras Berufseinstieg als Richterin am Amtsgericht
Berlin-Mitte und die Konfrontation mit ihren männlichen Arbeitskollegen in Szene gesetzt. Diesem
Umfeld entstammt der Jurist Dr. Gebhard (Albert Doerner), der als höflicher Kavalier vorgestellt wird
und sich auch privat für Barbara interessiert: Apartes Mädchen, das muss ich sagen, aber etwas kom-
pliziert, wie alle intelligenten Frauen, noch dazu wenn sie hübsch sind. Mit diesem Satz kolportiert die
Figur traditionelle Vorurteile gegenüber gebildeten/unabhängigen Frauen. Als Barbara im Amtsgericht
Berlin-Mitte eine Stelle als Richterin antritt, wird sie von Gebhard zwar als Frau Kollegin empfangen,
dennoch ist seine Standardfloskel: Ich bin bei Gott der letzte, der den Frauen ihre Rechte abspricht.
Nichts gegen die Frauen, aber... Barbara kontert: Aber sie meinen die Frauen sind noch nicht so weit,
dass man ihnen alle Rechte geben könnte?! Gebhard differenziert: Nein, meine verehrte Kollegin, das
stimmt nicht. Wenn alle Frauen so begabt wären, wie sie zum Beispiel…In dieser Sentenz wird die
Gleichstellung und Inklusion von Frauen anhand hierarchischer Geschlechterkodes diskursiviert: Die
Inbesitznahme aller Staatsbürgerinnenrechte durch Frauen erscheint in den Augen des männlichen
37
Systemvertreters nur legitim, wenn Frauen als körperfixierte Natur den Beweis antreten, dass sie das
männliche Kulturprinzip inhibieren können. In der Rede des Dr. Gebhard bedürfen Frauen dazu einer
außergewöhnlichen Begabung, die seiner Ansicht nach aber nur wenigen eignet. Barbaras berufliche
Karriere wird dadurch als solitäre Ausnahmeerscheinung konstruiert, die die Regel bestätigt und
gleichzeitig auch die korrekte Ausübung des hohen Amtes durch Frauen generell anzweifelt. Barbara
beendet den Satz von Gebhard spöttisch: Aber da nicht alle Frauen so begabt sind...!? Dieser fühlt
sich durch die Widerrede nun persönlich angegriffen: Kollegin Berg, ich fürchte, sie entwickeln sich zu
einer ausgesprochenen Männerfeindin?! Die Kritik Barbaras am konservativen Schubladendenken
ihres männlichen Gegenüber wird nun in einen, wenn auch ironisch gemeinten, Angriff gegen ihre
sexuelle Identität gewendet.
Über Barbara wurde aus Dr. Gebhards Rede bereits bekannt, dass sie intelligent, sehr begabt,
dafür aber mit dem Makel des Kompliziert-Seins ausgestattet ist. Mit der Betitelung als Männerfeindin
wird das Kompliziert-Sein hier nun mit einer sexuellen Disposition verknüpft. Der Begriff steht in der
Tradition der abwertenden Klischierung von (zumeist gebildeten) Frauen, die sich für Gleichberechti-
gung einsetzten und im 20.Jahrhundert auch als Blaustrümpfe, Suffragetten, Feministinnen oder
Emanzen diskreditiert wurden. Der pejorative Diskurs verbindet dabei die intellektuelle Tätigkeit von
Frauen kausal mit der Degenerierung ihres biologischen Körpers und dem Verlust der Reproduktions-
fähigkeit und arbeitet mit der Zuschreibung von Homosexualität. Im Film wird die weitere Entwick-
lung Barbaras zu einer männerfeindlichen Emanze praktischerweise durch ihre Heirat mit Dr. Gebhard
verhindert. Damit werden die Reproduktionsoption ihres Frauenkörpers in einer heterosexuellen
Paarbeziehung abgesichert und die Heteronormativität der symbolischen Ordnung stabilisiert.
38
Abb.7 Dr.Gebhard (Albert Doerner) und Barbara (Anneliese Book) in einer zensierten Pose / Abb.8 Barbara besucht Renate Ludwig (Sonja Sutter) im Gefängnis.
Der verbale Schlagabtausch beider Protagonisten um die Legitimität beruflicher Partizipati-
onschancen von Frauen, der mit der Trotzköpfigkeit Barbaras auch das erotische Modell eines zu do-
mestizierenden weiblichen Eigensinns modelliert, wird schließlich in einer sozialistischen Ehe befrie-
det. Zugleich wird diese wiederum als ein gänzlich von erotischen Gesten befreites, neues sozialisti-
sches Partnerschaftsideal bebildert, das aus einer beruflichen Verbindung eine private wachsen lässt,
deren gemeinsamer Mittelpunkt die Arbeit an der neuen Gesellschaftsordnung ist. Doch bevor die
Heirat thematisch wird, steht zunächst Barbaras berufliche Karriere im Mittelpunkt der Spielfilmhand-
lung.
Mit dem Eintritt in das (traditionell männlich besetzte) staatliche Amt der Richterin verändert
sich auch die Körperästhetik und der Habitus der Filmfrau: Sie ist mit ihrer äußeren Erscheinung und
ihrem Bildungsabschluss (traditionell männliches Fachgebiet) bereits androgyn konnotiert. Dies wird
unterstrichen, indem sie gelegentlich zur Zigarette greift. Dass sie eine Frau ist, hat sie bis dato durch
ihre Liebes- und Leidensfähigkeit in der Lohmüller-Affäre, durch ihre weibliche Seele, betont. Mit
ihrer beruflichen Initiation als Richterin, die gleichermaßen die Eheschließung mit dem Arbeiter- und
Bauernstaat symbolisiert, schreitet ihre Entfeminisierung voran. Barbaras Geschlechterperformance
als Frau im Männerberuf wird dabei über ihre Kleidung in Szene gesetzt: Sie wird fortan in der
Dienstkleidung, einem schwarzen Talar, gezeigt, der ihre Anpassung an die männliche Norm 243 au-
genfällig macht und ihre geschlechtliche Neutralisierung bewirkt. Sie hat ihr dunkles, vormals locki-
ges, halblanges Haar streng aus dem Gesicht gekämmt, wodurch ihre Gesichtszüge maskuliner wirken.
Auch außerhalb des Gerichtes trägt Barbara fortan in beruflicher Mission graue, uniformähnliche,
hochgeschlossene Kostüme, die die Inkorporierung männlich-hybrider Wesenszüge als Staatsdienerin
unterstreichen. Manchmal werden unter der Berufskleidung auch farbige Kleider sichtbar, die ihre
private Identität als Frau aktualisieren.
Dennoch bleibt Barbaras Positionierung im männlichen Berufssystem durch die Vermischung
von Privat- und Berufsleben erschütterbar und ambivalent. Als sie aus Befangenheit den Vorsitz im
243 Diemer (1994). S.52 f.
39
Prozess gegen Renate Ludwig ablehnt: Wie soll ich über das Mädchen zu Gericht sitzen, wo ich selbst
beinahe an diesem Mann gescheitert wäre?! werden weibliche Seele und Moral aktualisiert. Zugleich
wird die Rechtssprechung im Arbeiter- und Bauernstaat auf symbolischer Ebene als integer und vom
Makel der Vergangenheit gereinigt dargestellt, wenn Barbara sagt: Ich will dem Mädchen ja helfen,
aber ich darf nichts tun, was ihr Vertrauen zu dem Urteil untergräbt. Die filmische Inszenierung pro-
zessiert hier ein widersprüchliches Frauenbild, das durch die unbewusste Grammatik der Weiblichkeit,
in der Leistungen von Frauen geringer geschätzt werden 244 gebrochen wird. Die bereits verjährte
Lohmüller-Affäre beeinträchtigt Barbaras fachliches Urteilsvermögen. Das emanzipatorische Moment,
das zwangsläufig in jedem Bild steckt, das Frauen bei ihrem Eindringen in Männerbereiche zeigt, so
deutet Ina Merkel, musste in den Darstellungsformen selbst möglichst marginalisiert werden.245 Die
tiefgreifenden Veränderungen im Leben der Frauen in dieser Zeit waren bildpolitisch nur kommuni-
zierbar, wenn ein Mindestmaß an weiblicher Identität gesichert blieb.246 Auch Gunilla-Friederike
Budde hat in ihren Untersuchungen über Bildpolitiken des Geschlechts in der SBZ/DDR festgestellt,
dass immer dann besondere Differenzierungsanstrengungen der Geschlechter zu beobachten sind,
wenn Männerdomänen zur Disposition 247 stehen. Sehr deutlich wird dies in einer Szene, in der Barba-
ra mit einer Alimentenklage gegen Lohmüller konfrontiert wird: Sehen sie sich doch mal diese Akten
an, Kollegin, was würden sie als Frau dazu sagen, wenn sie den Prozess zu führen hätten?! Wer ist
eigentlich der Schuldige? Conny oder das Mädchen? Hier wird eine Erwartungshaltung an Barbaras
Urteil als Frau geäußert, das sich (so wird unterstellt) von dem der Männer unterscheide. Auch in Be-
zug auf die zu klärende Schuldfrage werden differente Moralansichten nahe gelegt.
Die Filmfrau Barbara wird durch ihr besonderes Verantwortungsgefühl und ihr moralisches
Verhalten dennoch als eine positive Identifikationsfigur aufgebaut. Überdeutlich qualifiziert ihr Opfer-
status (KZ-Vergangenheit) sie zu einer Instanz im antifaschistischen Erneuerungsdiskurs. Darüber
hinaus unterstreichen die ihr als Frau zugeschriebenen symbolischen Repräsentationsfunktionen als
Moral-/Kulturträgerin und Erzieherin die Erneuerung des Rechtssystems der antifaschistisch-
demokratischen Ordnung in der SBZ/DDR. Als sie sich für die Resozialisierung von Renate Ludwig
mit Barbara. Durch ihre selbstlose Liebe und freiwillige Übernahme der Mutterrolle konnten drei nicht
blutsverwandte Menschen den Nachkriegsalltag überleben.
Die Mutterschaft der Hertha Scholz wird auf mehreren Ebenen als mythisches, ahistorisches
Agens von Weiblichkeit und Frausein inszeniert. Als nicht-leibliche Mutterschaft wird sie als anthro-
pologisches weibliches Wesensmerkmal der Mütterlichkeit 251 insinuiert. Diese wird als Gegenbild zur
(männlich) destruktiven, morbiden Kraft des Krieges aufgerufen und als, außerhalb von Gesellschaft
und Politik bestehendes, natürliches Gesetz, als weiblicher Reproduktionstrieb 252 verankert. Als
Hertha ihre stellvertretende Mutterschaft für das Mädchen Christel aufgeben muss, weil sich die leibli-
che Mutter meldet, werden die Eigenschaften der Figur auf ihre Tätigkeit als Sozialfürsorgerin trans-
poniert. Damit wird zunächst der Mythos der geistigen Mütterlichkeit 253 aufgerufen und an die Grün-
dungszeit der Sozialen Arbeit als bürgerlichem Frauenberuf im 19.Jahrhundert erinnert. Doch geht es
hier nicht um bürgerliche Wohlfahrt, sondern sozialistische Sozialpolitik: Gewiss hat sich bei uns seit
1945 im Gegensatz zu Westdeutschland Entscheidendes geändert. Wir bauen uns eine neue Gesell-
schaftsordnung. Doch es gibt noch viele wichtige Probleme, die gelöst werden müssen. Es muss ein
Gesetz geschaffen werden, das die Rechte der Frau garantiert. Ein Gesetz zum Schutze der Mütter und
damit ein Gesetz zum Schutze der Kinder. Ihre mütterlich-erzieherischen und beratenden Fähigkeiten
entfaltet die Filmfigur wenn sie etwa Betriebskindergärten inspiziert, Jugendliche aus dem Waisen-
haus betreut, Resozialisierungsmaßnahmen anregt oder als Frauenrechtlerin beim FDGB. Neben ihrer
identitätsstiftenden Funktion als Überlebensorganisatorin, Trümmerfrau und Aufbauhelferin der
Nachkriegszeit wird diese Figur auch im Zusammenhang des antifaschistischen Gründungsmythos
inszeniert.
Über Hertha wird bekannt, dass sie sich bereits vor 1933 als Mitglied der Kommunistischen
Partei für die Rechte der Arbeiterinnen engagiert und aktiv gegen den Nationalsozialismus gekämpft
hat. 1941 wurde sie wegen Beteiligung an einer Antikriegsaktion der KPD von der Gestapo verhaftet
und musste im KZ bis 1945 schwere persönliche Opfer bringen. Sie verlor ihren Mann, der das Straf-
bataillon nicht überlebte. Ihre Herkunft als gebildete Proletarierin und Antifaschistin legitimiert ihren
Einsatz beim Aufbau des sozialistischen Staates auf zweifache Weise: Sie symbolisiert Vergangenheit
251 zur Nieden (1991). S.86 f. 252 Ebd. S.87 253 Sandkühler/Schmidt (1991). S.239 f.
42
und Zukunft der DDR. In diesem Zusammenhang ist die Filmszene, in der Textilarbeiterinnen mit
Hertha in den Dialog über die Mitschuld der Frauen am 2.Weltkrieg treten, von Interesse. Ihr kommt
hier als Kommunistin die Rolle der aktiven Kriegsgegnerin und KZ-Insassin zu, die frei von Mitschuld
ist. Während andere Frauen sich fragen lassen müssen: Was hast Du denn im Krieg gemacht?! Grana-
ten gedreht! Und jetzt schreit ihr nach Männern! Oder sich sagen lassen müssen: Geht doch auf die
Schlachtfelder und buddelt euch die Männer aus, die Hitler in den Tod getrieben hat. Da liegen sie zu
Millionen. Die Kriegsniederlage des Deutschen Reiches wurde in der SBZ/DDR als Befreiung des
deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus durch die Rote Armee unter Mithilfe des kommunistischen
Widerstandes gedeutete. Der antifaschistische Gründungsmythos konstruierte dabei im Laufe der Zeit
das deutsche Volk als Opfer des Hitlerfaschismus und diesen als eine von der Monopolbourgeoisie
verschuldete Katastrophe.254 Die DDR wurde als Ort des Neuanfangs markiert, wo das deutsche Volk
nach 1945 unter Führung der Arbeiterklasse in schonungsloser nationaler Selbstkritik die historischen
Lehren aus der Vergangenheit gezogen hatte.255 Ihre Gründung wurde auch als Schaffung einer Basti-
on des Friedens und des Kampfes für die nationale Wiedergeburt interpretiert.256 Die moralische Re-
putation der Kommunistin Hertha macht sie gleichzeitig zum überzeugenden Medium der Friedens-
propaganda der SED, die die DDR als ersten deutschen Friedensstaat 257 aufrief. Im Film fordert
Hertha angesichts der Gefahr des Koreakrieges (1950-53) denn auch: Richtig, liebe Kolleginnen. Und
wenn wir aus dem Elend, in dem die deutsche Frau heute noch steckt wieder herauskommen wollen,
dürfen wir nicht vergessen, wer uns dieses Elend gebracht hat. Wenn wir jetzt nicht darum kämpfen,
dass ein neuer Krieg verhindert wird, dann kommen nicht nur die Männer unter die Erde, sondern ihr
selbst und eure Kinder dazu.
Daneben wird der Habitus der Figur im zweiten Teil des Films zunehmend in Körperästhetik
und -haltung historischen Vorkämpferinnen anverwandelt, z.B. wenn sie auf Versammlungen vor Ar-
beiterinnen spricht und über die neuen Rechte der Frauen aufklärt. In dieser Bildpose wird auf die
Rolle der historischen Frauenbewegung(en) verwiesen, wobei die Geschichte der Emanzipation hier
als Bestandteil des politischen Befreiungskampfes der Arbeiterklasse erzählt wird. Hertha zitiert dabei
254 Zit. nach Diemer (1994). S.47. 255 Zit. nach Kreusel (1971). S.37. 256 Ebd. 257 Eifler (2005). S.205.
43
den Sozialdemokraten August Bebel: Wir leben im Zeitalter einer großen sozialen Umwälzung, die mit
jedem Tag weitere Fortschritte macht. August Bebel schreibt in seinem Buch ‚Die Frau und der Sozia-
lismus‘: Es gibt keine Befreiung der Menschheit ohne die soziale Unabhängigkeit der Frau. Gemäß
der Parole Die Sklavinnen von gestern, die Kämpferinnen von heute werden die Siegerinnen von mor-
gen sein 258 ist die wichtigste Aufgabe der Filmfrau, die Grundlagen des Marxismus und die Frauen-
erwerbs- und Sozialpolitik der SED eindringlich zu kommunizieren: An den Universitäten und Hoch-
schulen der DDR lernen junge Studentinnen aus allen Schichten der Bevölkerung die Wissenschaft zu
meistern. Unzählige Frauen erfüllen als Lehrer, Ärzte, Wissenschaftler und Künstler ihre Pflicht. In
den VEB helfen die Frauen als Aktivistinnen das Leben unseres Volkes ständig zu verbessern. Wäh-
rend Hertha im ersten Teil des Filmes bei einer Versammlung von Textilarbeiterinnen noch auf die
Notwendigkeit der Durchsetzung von sozialpolitischen Maßnahmen für erwerbstätige Mütter hinweist,
kann sie am Ende des Films bereits erste Ergebnisse der staatlichen Bemühungen um die Frauen ver-
künden: Und auch für die Zukunft eurer Kinder wird gesorgt. Das sind die ersten Früchte des Geset-
zes über die Rechte der Frau und zum Schutze von Mutter und Kind. Hier wird auf das Gesetz über
den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27.09.1950 angespielt, welches die
Durchsetzung des verfassungsrechtlichen Prinzips der vollen Gleichberechtigung von Mann und Frau
vorsah.
Abb.9 Hertha Scholz (Lotte Loebinger) spricht auf einer Versammlung des FDGB / Abb.10 1.Bundeskongress des Demokra- tischen Frauenbundes Deutschlands (DFD) 1948 in Ost-Berlin.
258 Walter Ulbricht 1954. Zit. nach Merkel (1994). S.380 Anm.9.
44
Im Unterschied zu den weiblichen Bildikonen der Nachkriegszeit die ihren Mann stehen wird
Hertha als Frau erkennbar, als geistige Mutter der neuen Nation inszeniert. Während die anderen
Hauptprotagonistinnen des Filmes durch ihre Liebesbeziehungen zu Lohmüller mit einer sexuellen
Identität ausgestattet sind, die wiederum zum Ausgangspunkt einer Krise oder eines Wandlungspro-
zesses wird, erscheint die Figur der Herta Scholz als Fels in der Brandung, als charakterfeste, asexuel-
le Übermutter. Ihr körperlicher Habitus ist durch reiferes Alter, Leibesfülle sowie mittels wadenlanger
Kleider und einer altmodischen Frisur tugendhaft und mütterlich konnotiert. Ihre Weiblichkeit wird
auch durch ihre politische Funktionärinnentätigkeit nicht in Frage gestellt, im Gegenteil, ihr Habitus
verstärkt die Glaubwürdigkeit ihres politischen Anliegens. Dies wird besonders in der Szene deutlich,
in der sie als Multiplikatorin einer urwesentlich mütterlichen Friedensbotschaft vor dem Hintergrund
des Koreakrieges im Radio spricht: Millionen Frauenhände waren es vor allen Dingen, die in den
ersten Jahren nach dem Krieg unsere Stadt Stein für Stein aufgeräumt haben. Noch sind unsere Städte
nicht aufgebaut und schon droht ein neuer Weltkrieg und es sind immer die gleichen, die dieses
furchtbare Völkerunrecht zu ertragen haben. Ich kenne den Krieg. Ich habe, wie viele andere Frauen
auch, meinen Mann verloren. Diese Erfahrungen zwingen uns Frauen mit aller Macht den Frieden zu
verteidigen. Erst 1918 hatte man begriffen, was 1914 geschah. Erst 1945 hatte man begriffen, was
1933 geschah. Muss man denn wieder so lange warten, bis es zu spät ist?! Die Heroisierung der müt-
terlichen Qualitäten der Figur in ihrer Rolle als staatliche Sozialfürsorgerin und Frauenrechtlerin, ihr
Opferstatus als ehemalige KZ-Insassin und ihre Funktion als Mahnerin des Friedens verbinden tu-
gendhafte Weiblichkeit/Mütterlichkeit mit der Zukunft der Nation. Die Biografie der Filmfrau Hertha
Scholz stellt das charakteristische Muster der Vergangenheitsbewältigung in der Form eines allegori-
schen Dreischritts bereit: aus dem dunklen Gestern geht es durch das schwere Heute bis in das lichte
Morgen.259 Mit ihr wird die Stunde Null und der gesellschaftliche Neuanfang in der SBZ/DDR als
Kraftakt einer zupackenden, friedliebenden weiblichen Solidargemeinschaft inszeniert. Sie repräsen-
tiert auf symbolischer Ebene eine, ihre Kinder beschützende und beschützenswerte nationale Heimat
DDR als Ort einer neuen geschlechterpolitischen Zeitrechnung und des Friedens.
5.3 Gender im sozialistischen Aufbaudiskurs der SBZ/DDR
Gleich nach der Affäre mit Barbara hat sich Lohmüller mit Betty Voigt, einer Westberlinerin,
zusammen getan. Diese pflegt einen verschwenderischen Lebensstil und wird nach durchzechter Nacht
telefonierend im Bett oder später bei einer Kleideranprobe gezeigt. Das käufliche Lebensglück des
Westens verkörpert sie mit einem aufgeputzten Äußeren und bürgerlichen Statussymbolen. In einem
weißen, spitzenverzierten Kleid ruft diese Figur weibliche Sehnsüchte nach einem männlichen Partner
259 Merkel (1990). S.44.
45
und Ehe als größter Wunschprojektion der Nachkriegszeit auf. Während Lohmüller noch Komplimen-
te macht (Wundervolles Kleid. Ein sehr elegantes Kleid. Darling, du siehst großartig darin aus. So
schön habe ich dich noch nie gesehen.) hat er sich bereits die blutjunge, naive Schneiderin Anni
Neumann als nächstes Opfer auserkoren.
5.3.1 Anni Neumann: Die sozialistischen Frauenpersönlichkeit als Arbeiterin und Mutter
Anni ist ein schüchternes, sittsames, liebes Mädchen, dessen jugendliche Unschuld und Fri-
sche im Kontrast zur verlebten, künstlichen Weiblichkeit der Betty Voigt aufscheinen. Sie trägt kein
feines Kleid, sondern die Dienstkleidung des Modeateliers. Während einer Verabredung macht
Lohmüller auch ihr Komplimente: Reizend sehen sie aus, Fräulein Anni. Ich hätte sie beinahe nicht
wiedererkannt. Und das bezaubernde Hütchen steht ihnen ganz besonders gut. Doch Anni insistiert
wegen Betty Voigt: Und die Dame mit dem schönen Kleid? Doch Lohmüller lenkt ab: Ich bin nicht
verheiratet. Fanden sie das Kleid wirklich so schön? Ihnen würde ein lindgrünes Kleid sehr gut ste-
hen. Während der Szene wechselt die jazzige Musik parallel zur fortschreitenden Verführung in einen
melancholischen ¾ Takt, der die beiden tanzenden Hauptprotagonisten kurzzeitig mit einer romanti-
sierten Aura umgibt. In der nächsten Szene, einer Bootsfahrt in den lauen Sommerabend, unterstreicht
die Musik die Schicksalhaftigkeit der Begegnung für Anni, die sich wehrlos und ängstlich Lohmüllers
Absichten ergibt.
5.3.1.1 Exkurs: Frauenerwerbsarbeit und sozialpolitische Maßnahmen für erwerbstätige Mütter
Die nächste Szene zeigt Anni an ihrem Arbeitsplatz in einem Westberliner Modeatelier, wo
ihre Schwangerschaft durch einen Schwächeanfall publik wird. Anni wird kurz darauf wegen ihres
Zustandes gekündigt. Die, gegen den seit 1927 geltenden Kündigungsschutz für Schwangere versto-
ßende, Entlassung Annis plakatiert hier die Rechtlosigkeit von Arbeitnehmerinnen im Westteil der
Stadt.260 Daneben wird die uneheliche Schwangerschaft als gravierender moralischer Makel herausge-
260 Strauss (1996). S.50.
46
stellt, der als Entlassungsgrund ausreicht. Auch später kann Anni, nun als ledige Mutter, im Westen
keine Arbeit finden, um ihre eigene und die Zukunft des Kindes zu sichern. Auf dem Arbeitsamt wird
ihr wütend empfohlen: Dann gehen sie doch hin nach dem Osten, wenn sie glauben, dass sie dort Ar-
beit finden. Anni überquert, in einer symbolischen Sequenz mit dem Kind auf dem Arm, die Brücke
nach Ost-Berlin: Sie findet dort Arbeit als Näherin in einem Volkseigenen Betrieb (VEB) und kann
ihren Sohn tagsüber in einem Betriebskindergarten unterbringen. Ihre uneheliche Mutterschaft spielt
für die Anstellung keine Rolle. In ihrer neuen Arbeitsumgebung im VEB, die als kameradschaftliches
Arbeiterinnenkollektiv geschildert wird, erringt Anni ob ihres Fleißes und ihrer herausragenden fachli-
chen Fähigkeiten schnell Anerkennung. Der Makel ihrer unehelichen Mutterschaft, den lediglich eine
Kollegin moniert, wird durch ihre Qualitäten als Facharbeiterin überlagert und durch den sozialpoliti-
schen Vorteil der Kinderbetreuung für ledige Mütter im Osten sogar positiv aufgewertet. In diesen, die
arbeitspolitischen Kontexte in Ost- und Westberlin schwarz-weiß überzeichnenden Szenen, scheinen
die antiwestlichen Ressentiments des Films als Produkt des Kalten Krieges durch.
Abb.11 Anni Neumann (Susanne Düllmann) und Conny Lohmüller (Hanns Groth) / Abb.12 und 13 Filmplakate.
Gleichzeitig wirbt der Film für die umfassende Integration von Frauen in die Arbeitswelt und
klärt über die dazu nötigen sozialpolitischen Maßnahmen auf, deren Umsetzung in der DDR seit 1950
voran schreitet. Im Film wird weibliche Berufstätigkeit im Dienste des Aufbaus der sozialistischen
Gesellschaft denn auch zum Dreh- und Angelpunkt weiblichen Lebensglücks. Der Film greift die
Qualitätsbewegung in der Textilindustrie 261 auf und schildert Annis Aufstieg zur Abteilungsleiterin
einer Fließbandbrigade. Dort überzeugt sie durch politische Statements und innovative Vorschläge:
261 Strauss (1996). S.75 f.
47
Ich stehe auf dem Standpunkt, wenn eine das Recht hat, ein schönes Kleid zu tragen, dann ist es die
Arbeiterin. Sie übernimmt mit ihrer Brigade den Probelauf für die neue Kollektion und sichert sich
nicht nur die Anerkennung des Arbeitskollektivs, sondern zum Schluss gar eine überbetriebliche Aus-
zeichnung als Aktivistin durch den FDGB.
5.3.1.2 Exkurs: Gleichberechtigung und Arbeitspolitiken mit dem Frauenkörper
Zum Sozialismus gehörte die Frauenemanzipationstheorie mit ihrer Forderung der Gleichbe-
rechtigung der Geschlechter, die neben der ökonomischen Unabhängigkeit der Frau auch ihre Stellung
in Ehe und Familie neu definierte. Die Gleichstellung der Frau wurde in den Visionen der kommunis-
tischen Theoretiker/innen als Bestandteil des Klassenkampfes verstanden, wobei die Arbeiterklasse als
männliches Subjekt für die Befreiung der Frau verantwortlich zeichnete. Als wichtigstes Element der
Realisierung der sozialistischen Gesellschaftsordnung wurde die Arbeitsproduktivität betrachtet: Die
Arbeitsproduktivität ist das allerwichtigste, das ausschlaggebende für den Sieg der neuen Gesell-
schaftsordnung. Der Kapitalismus wird dadurch endgültig besiegt werden, daß der Sozialismus eine
neue, weit höhere Arbeitsproduktivität schafft.262 Diese Kausalität ließ die Erwerbstätigkeit von Frau-
en neben der tatsächlichen ökonomischen Notwendigkeit zu einem bevorzugten Repräsentationsobjekt
der sozialistischen Modernisierung werden. Die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft war mit
der Entwicklung der sozialistischen Frauenpersönlichkeit durch Berufsarbeit untrennbar verbunden.
Frauen verkörperten aufgrund dieser spezifischen Kausalität die Entwicklungsfähigkeit und damit die
Zukunft des Systems.
Bereits kurz nach Kriegsende waren in den Direktiven der Sowjetischen Militäradministration
(SMAD) die Weichen für eine fast uneingeschränkte Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt ge-
stellt worden: Der Befehl Nr.253 der SMAD vom 17.08.1946 verankerte den sozialistischen Grund-
satz: Gleiche Entlohnung für Arbeiter und Angestellte für die gleiche Arbeitsleistung unabhängig von
Geschlecht und Alter.263 Die dergestalt auf das weibliche Arbeitskräftepotential abzielende Gesetzge-
bung verlangte zudem die Schaffung günstigerer Bedingungen für die Arbeit von Frauen und Jugend-
262 Lenin 1919. Zit. nach Schubert (1980). S.157. 263 Befehl Nr. 253 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland über gleiche Entlohnung von Arbeitern und
Angestellten für gleiche Arbeitsleistung, unabhängig von Geschlecht und Alter, 17.August 1946. Zit. nach Ebd. S.167.
48
lichen und eine Revision der Berufsnomenklatur mit Ausnahme der Berufe, die für Frauen als gesund-
heitsschädigend galten.264 Auch die SED hatte 1946 auf ihrem Parteitag programmatisch die systema-
tische Ausbildung befähigter Werktätiger als Beamte der Selbstverwaltungsorgane, als Lehrer, Volks-
richter und Betriebsleiter unter besonderer Förderung der Frauen gefordert. Daneben stellte sie die
Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ohne Unterschied von Rasse und Geschlecht in Aussicht und
kündigte die Gleichberechtigung der Frau im öffentlichen Leben und im Beruf als wichtiges politi-
sches Ziel an. Umgesetzt und begleitet werden sollten diese Pläne durch den Ausbau des gesetzlichen
Arbeitsschutzes, besonders für Frauen und Jugendliche, den Ausbau einer einheitlichen Sozialversi-
cherung unter Einbeziehung aller Werktätigen, und die Neuordnung der Sozialfürsorge sowie des
Mutter- und Kinder- und Jugendschutzes.265 Neben diesen politischen Zielsetzungen war die Mobili-
sierung der Frauen auch aus wirtschaftlichen Gründen geboten. Ohne ihre Arbeitskraft, die sie schon
in der Kriegswirtschaft des Nationalsozialismus eingesetzt hatten, konnte der Wiederaufbau nicht ge-
lingen. Nachdem 1947 die männlichen Arbeitskraftreserven erschöpft waren, sollten die Frauen nicht
nur vermehrt in den Arbeitsprozess eingebunden, sondern zunehmend in männliche Tätigkeitsfelder
integriert werden. In einer Resolution des II. Parteitages zur Frauenfrage vom 24.09.1947 forderte die
SED alle Frauen und Mädchen auf, an der Gestaltung der deutschen Zukunft entscheidend mitzuwir-
ken, alle Vorurteile, die eine Folge Jahrhunderte langer Zurücksetzung sind, (zu) überwinden und
selber die entschiedensten Kämpferinnen für ihre Gleichberechtigung (zu) werden.266
Anknüpfend an die Vorbildsituation in der Sowjetunion erhielt die Gleichberechtigung der
Frau aber auch der Schutz von Ehe und Familie in der DDR Verfassungsrang. Im Gesetz über die Ver-
fassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 07.10.1949 wurde die Gleichberechtigung der
Geschlechter gesetzlich fixiert. In Artikel 7 Absatz 1 hieß es: Mann und Frau sind gleichberechtigt
und Abs. 2 legte fest: Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegen-
stehen, sind aufgehoben.267 Abs. 5 fixierte: Die Frau genießt besonderen Schutz im Arbeitsverhältnis.
Durch Gesetze der Republik werden Einrichtungen geschaffen, die es gewährleisten, daß die Frau
ihre Aufgabe als Bürgerin und Schaffende mit ihren Pflichten als Frau und Mutter vereinbaren
264 Ebd. S.156. 265 Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 1959. Zit. nach Ebd. S.32. 266 Resolution des II. Parteitages der SED zur Frauenfrage. Dokumente der SED. Bd.1. Berlin. S.231. 267 Art. 7 Abs. 1 u. 2 der Verfassung der DDR 1949.
49
kann.268 Den Frauen wurde das Recht eingeräumt, jederzeit einen Beruf auszuüben: Durch die Ehe-
schließung darf die Frau nicht gehindert werden, einen Beruf auszuüben oder einer beruflichen Aus-
bildung und ihrer gesellschaftlichen und politischen Fortbildung nachzugehen; auch wenn hierdurch
eine zeitweilige örtliche Trennung der Eheleute bedingt wird.269 Ehe und Familie standen dennoch
unter besonderem Schutz des Staates. Artikel 30 Abs. 1 der Verfassung definierte Ehe und Familie als
Grundlage des Gemeinschaftslebens.270 Abs. 2 erklärte: Gesetze und Bestimmungen, die die Gleichbe-
rechtigung von Mann und Frau in der Familie beeinträchtigen, sind aufgehoben. Der Generativität
widmete Artikel 31 besondere Aufmerksamkeit, Abs. 1 besagte: Die Frau hat während der Mutter-
schaft Anspruch auf besonderen Schutz und Fürsorge des Staates. In Abs. 2 wurde festgelegt: Die
Republik erläßt ein Mutterschaftsgesetz. Einrichtungen zum Schutz für Mutter und Kind sind zu schaf-
fen.271 In Artikel 33 Abs.1 wurde die Diskriminierung unehelicher Mutterschaft und illegitimer Kind-
schaft aufgehoben: Außereheliche Geburt darf weder dem Kinde noch seinen Eltern zum Nachteil
gereichen.272
5.3.1.3 Exkurs: Das Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau (1950)
Kurz vor den Wahlen am 15.10.1950 verabschiedete die Volkskammer das Gesetz über den
Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau 273, das wesentliche Regelungen für die Umsetzung
der Gleichstellungspolitik enthielt. In ihm lässt sich die Amalgamierung gesellschaftlicher Vorstellun-
gen über die Rolle der Frau im Sozialismus mit den gesundheits- und biopolitischen Zielsetzungen des
Staates nachvollziehen. Das Gesetz argumentierte die verstärkte Eingliederung von Frauen in die Pro-
duktion und die Förderung weiblicher Erwerbsarbeit in nicht traditionellen Frauenberufen und ver-
knüpfte diese Forderung mit einem Gesundheitsschutzmodell, das insbesondere auf die Sicherung und
Wahrung des biologischen Reproduktionsvermögen insistierte: Die DDR misst dem Gesundheitsschutz
der Kinder und der Mütter außerordentliche Bedeutung bei.274 In § 19 Abs. 2 wurde festgelegt: Die
268 Art. 18 Abs. 4 u. 5. Ebd. 269 Absatz II § 15 Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27.09.1950 (GBl. 1950, Nr. 111, S.1037). 270 Art. 30 Abs. 1 u. 2 der Verfassung der DDR 1949. 271 Art. 31 Abs. 1 u. 2. Ebd. 272 Art. 33 Abs. 1. Ebd. 273 Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27.09.1950 (GBl. 1950, Nr.111, S.1073). 274 Abschnitt I § 9. Ebd.
50
Arbeitsbedingungen sind den physischen Besonderheiten der Frau anzupassen. Daneben traf das Ge-
setz wichtige Grundlagenentscheidungen einer zukünftigen Familienpolitik. § 12 legte fest: Eine ge-
sunde Familie ist einer der Grundpfeiler der demokratischen Gesellschaft. Ihre Festigung ist eine der
wichtigsten Aufgaben der Regierung der DDR.275 Es stärkte die familienrechtliche Position von Frau-
en und legitimierte das gemeinsame Entscheidungsrecht beider Ehepartner über die Wahl des Wohn-
sitzes und der Wohnung, über grundsätzliche Fragen der Haushaltsführung und über die Erziehung der
Kinder. Die elterliche Sorge stand beiden Eheleuten gemeinschaftlich zu und unverheiratete Mütter
übten die vollen elterlichen Rechte aus.276
Zu Beginn der Nachkriegperiode wurde eine gesundheits- und bevölkerungspolitische Prob-
lemorientierung zum Anliegen staatlicher Regulierungspolitik in der SBZ/DDR. Neben dem eklatan-
ten Frauenüberschuss in den Generationen der 25-35jährigen wurden eine überdurchschnittlich hohe
Scheidungsrate, ein hoher Anteil unehelich geborener Kinder (19,3 Prozent) 277 und eine hohe (illega-
le) Abtreibungsrate in den Jahren 1946-1950 278 verzeichnet. Daneben gab es massive sexualpädagogi-
sche Aufklärungskampagnen gegen Geschlechtskrankheiten. Gleich nach Kriegsende wurde in der
SBZ eine temporäre Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs vorgenommen, die bis 1950 zu
einem rasanten Anstieg nicht nur der legalen, sondern auch der illegalen Aborte führte. Karl-Heinz
Mehlan, Leiter des Institutes für Sozialhygiene der Universität Rostock, prägte den Begriff von einer
sich entwickelnden gefährlichen Abortmentalität 279 der Schwangeren, an anderer Stelle sprach er gar
von Abortsucht.280 Mehlan ging davon aus, dass die kaum durchgeführte strafrechtliche Verfolgung
des kriminellen Abortes die illegale Beseitigung der Leibesfrucht fördere.281 Es entwickelte sich eine
mangelnde Verantwortung vor dem keimenden Leben. Es liegt die Vermutung nahe, daß die meist
ohne Schwierigkeiten erreichten Schwangerschaftsunterbrechungen und die Nachsicht bei der Bestra-
fung des kriminellen Abortes zu einer verminderten Schwangerschaftsverhütung auf der einen Seite
275 Abschnitt II §12. Ebd. 276 Ebd. 277 Mehlan (1957) zit. nach Hahn (2000). S.195. 278 1946 standen einer absoluten Geburtenzahl von 194.000 etwa 100.000 legale (stationäre u. ambulante) und 54.000 geschätzte illegale
Abtreibungen, also insgesamt 154.000, gegenüber. Mehlan (1961). S.59. 279Mehlan (1961). S.63. 280 Die höchsten Genehmigungsquoten erfolgten demnach 1949, wo von 35.000 Anträgen 75 Prozent genehmigt wurden und 1950, als von
32.000 Anträgen 82,4 Prozent positiv beschieden wurden. Der durch diese Maßnahmen erwartete Rückgang risikoreicher, nicht indizierter Abbrüche trat jedoch nicht ein. Im Gegenteil, diese stiegen ebenfalls an. 1949 kamen auf 281.000 Geburten rund 26.250 legale Abtreibungen und ca.76.000 geschätzte illegale Abtreibungen. Mehlan (1961). S.56,59,63.
281 Ebd. S.56.
51
und zu einer Erweiterung des Geschlechtsverkehrs auf der anderen Seite führte.282 Um die unbefriedi-
gende Situation zu beenden, wurde die Gesetzgebung 1950 geändert. Mit dem Gesetz über den Mut-
ter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau wurde die biologische Reproduktion wieder unter staat-
liche Kontrolle gestellt. Die Einführung des Gesetzes sollte der stagnierenden Reproduktionsrate zu
neuen Impulsen verhelfen, um die Zukunft der DDR generativ abzusichern.283
Im DEFA-Spielfilm Frauenschicksale wird das Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz
und die Rechte der Frau mehrfach durch die FDGB-Funktionärin Hertha Scholz namentlich als erste
große sozialpolitische Errungenschaft der DDR propagiert. Seine positiven Wirkungen werden indes-
sen in der Entwicklung der Frauenfigur Anni inszeniert, als sozialpolitische Aspekte der Gleichstel-
lungspolitik mit biopolitischen Intentionen verbindender Komplex. Die neue gesetzliche Regelung
zum Schwangerschaftsabbruch wird in einer Szene kommuniziert, in der Anni über ihre Schwanger-
schaft unterrichtet. Während Lohmüller abwehrt: Aber doch nicht von mir! Und jetzt sollen wir wohl
heiraten, was? benötigt Anni seine Hilfe: Ein guter Arzt kostet natürlich viel Geld. Doch Lohmüller
reagiert ablehnend: Aber Kind, ich kann dir doch nicht mit Geld helfen. Kennst wohl die Gesetze nicht.
Wenn das rauskommt häng ich drin wegen Beihilfe. Nein, nein, ich gebe mein Hände nicht für eine
Sache her, die gegen das Gesetz verstößt. Diese Filmszene weist auf das geltende Abtreibungsverbot
hin. Auch die darauffolgende positive Entwicklung der Filmfigur Anni transportiert die bevölkerungs-
politische Botschaft des Gesetzes ebenfalls überdeutlich: Die Gesellschaftsordnung der DDR sichert
glückliche Mutterschaft und staatliche Hilfe bei der Erziehung (der) Kinder im Geiste des Friedens,
des Fortschritts und der Demokratie, denn die Kinder sind die Zukunft der Nation (…) deshalb ist die
Sorge um die Kinder, die Festigung der Familie und die Förderung des Kinderreichtums eine der
vornehmsten Aufgaben unseres demokratischen Staates.284 Die erneute Strafbarkeit des Schwanger-
schaftsabbruches wurde bevölkerungspolitisch begründet. Es wurde die Meinung vertreten, dass der
Staat im Interesse des Fortbestandes der Gesellschaft befugt sei, das Recht auf Sicherung ihres Nach-
wuchses durchzusetzen, weil dieses als Recht der Gesellschaft, der Klasse oder Recht des Volkes 285
282 Ebd. 283 Infolge des Gesetzes sank die Zahl der Antragstellungen für einen Schwangerschaftsabbruch zwischen 1950-1955 um 94 Prozent; auch
die Zahl der Genehmigungen verringerte sich. Zwischen 1959 und 1962 wurden nur noch 0,5 Prozent von 10.000 Anträgen bei konstanter Entwicklung der Antragstellungen genehmigt. Mehlan (1961). S.64f.
284 Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau zit. nach Herzog (2005). S.233. 285 Hilde Benjamin 1947. Zit. nach Ebd. S.232.
52
gelten könne. Während das christliche Abtreibungsverbot als Eingriff in die persönliche Freiheit 286
abgelehnt wurde, habe das faschistische Abtreibungsverbot dem Kriege und dem Untergang gedient
und im Unterschied zu beiden sei die DDR-Gesetzgebung ausschließlich dem Frieden und dem Wohl-
stand 287 verpflichtet. Es würden Bedingungen geschaffen, die es allen Frauen erlauben, Kinder mit
der festen Zuversicht zu gebären, dass diese eine glückliche Kindheit und eine gesicherte Zukunft ha-
ben werden.288 In Frauenschicksale wird die Mutterschaft der Anni Neumann mit einer heiligen Aura
aufgeladen. Anni wird nicht als Eva, sondern Maria in Szene gesetzt und als zukünftige Mutter des
Neuen Menschen und Garantin der sozialistischen Schöpfung 289 markiert.
5.3.2 Renate Ludwig: Frauenkörper zwischen Leistungskraft und Schönheitspflege
Entsprechend der politischen Forderung, dass die Arbeit der Frauen in der Produktion nicht
auf die traditionellen Frauenberufe 290 beschränkt bleiben sollte, musste die Textilarbeiterin Anni
ergänzt werden. Diese Aufgabe fällt im Film der 16-jährigen Mädchenfigur Renate Ludwig zu, die
durch produktive Arbeit im Stahl- und Walzwerk zur sozialistischen Frauenpersönlichkeit erzogen
wird. Nachdem Lohmüller Anni in eine ungewisse Zukunft als Mutter verabschiedet hat, ist in der
nächsten Szene ein junges Mädchen zu sehen, das sich vor dem Spiegel die Lippen rot anmalt. Der
Szenenwechsel wird durch eine Leierkastenmusik begleitet, wie sie für Jahrmärkte oder Rummelplätze
typisch ist. Das Motiv des Lippenschminkens markiert die Attraktivitätssteigerung des weiblichen
Körpers, während die Leierkastenmusik das Temporäre des Amüsements unterstreicht und dem ge-
samten Arrangement den Charakter einer zeitlosen, schicksalhaften Moritat verleiht. Die Affäre zwi-
schen Lohmüller und Renate beginnt, symbolisch bereits ihren illusionären Charakter und ihre Ver-
gänglichkeit andeutend, auf dem Rummelplatz, als exponiertem Ort der spielerischen Illuminationen
und temporären magischen Verzauberungen.
Später wird Renate in ihrem Betrieb gezeigt, als sie wegen eines Besuches bei Lohmüller kei-
ne Zeit für eine Versammlung hat, auf der Hertha Scholz über das Recht der Frau im neuen Staat
286 Otto Grotewohl 1950. Zit. nach Ebd. 287 Ebd. 288 Ebd. S.218 289 Eifler (20005). S.213. 290 Abschnitt III § 19 Abs. 1 Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27.09.1950 (GBl. 1950, Nr.111,
S.1073).
53
spricht. Renates Argumente klingen gänzlich apolitisch: Was gehen mich die anderen Frauen an?
Sollen sie sehen, wie sie mit ihren Sorgen allein fertig werden. Ich muss das ja auch! Bildlich werden
die individuellen Glücksansprüche Renates dadurch inszeniert, dass sie als einzige den Weg zum
Werksausgang nimmt, während die Frauenmasse, das Lied vom Glück 291 singend, in die entgegenge-
setzte Richtung strebt. Renate hat für Lohmüller ein Portraitfoto von sich anfertigen lassen, das sie
ihm in seiner Wohnung überreicht. Dort bemerkt sie die wandfüllende Portraitsammlung unzähliger
Vorgängerinnen. Lohmüller lenkt schnell ab: Reizend siehst Du aus. Was für ein entzückendes Kleid
du an hast. Kenne ich noch gar nicht. Neu? Dir müsste ein hellblaues Kleid ganz besonders gut ste-
hen.
Abb. 14 Renate Ludwig (Sonja Sutter) und Conny Lohmüller (Hanns Groth) / Abb. 15 Begegnung auf dem Rummelplatz
Ebenso wie dieser viel zitierte Satz Lohmüllers, der das äußere Erscheinungsbild der Frauen
fixiert und Verbesserungsvorschläge für eine noch vorteilhaftere Inszenierung ihres Körpers nach sei-
nen Idealvorstellungen bereithält, wird Renates Portrait zum Abbild einer stereotypen, massenhaft für
den wohlwollenden männlichen Blick inszenierten, Weiblichkeitsgeste. Als Renate von ihren Freun-
dinnen erfährt, dass Lohmüller eine andere hat (Du, wir haben deinen Conny gesehen. Der hat ne’
andere. Ne’ todschicke Frau. Und ein Kleid hatte die an, ein Kleid…) kann sie es zuerst nicht glauben.
Doch die Mädchen berichten weiter: Ja, eine ganz elegante, vornehme Frau. Und das Kleid! Prima
hat sie ausgesehen in dem Kleid, das saß wie angegossen. Auf der Straße haben sich alle Leute nach
ihr umgedreht wegen dem Kleid. Also ein Kleid, Renate, da kommst du gar nicht mit! Kurz darauf
macht sich Renate im Westen auf die Suche nach einem vergleichbar nobilitierenden Kleid, um
hatte sich mit der Planungsoffensive Chemie gibt Brot, Wohlstand und Schönheit ein weiblicher Kör-
perpflegediskurs in der DDR etabliert.308 Auch die zeitgenössische Enzyklopädie Die Frau nahm die
Forderungen weiblicher Körperpflege auf: Die Frau unserer Zeit hat nicht nur das Recht, sondern
auch die Pflicht, gut und gepflegt auszusehen. Sie präsentiert mit ihrer Erscheinung den Staat, dessen
Bürgerin sie ist.309 Es wurde darauf hingewiesen, dass von Frauen verlangt werden könne, daß ihr
Äußeres dieser neuen gesellschaftlichen Stellung in jeder Weise entspricht. Dazu gehörten neben den
richtigen Formen des Auftretens und gutgewählte(r) Kleidung eine gründliche und regelmäßige Kör-
perpflege. Sie ist kein Luxus.310
Das sozialistische Weiblichkeitsideal lehnte nicht nur an proletarische Vorbilder an, sondern
auch an nationale Werte- und Kulturtraditionen. Die Vorstellung vom deutschen Wesen, so Charlotte
Tacke, war fest verknüpft mit dem Bild von der deutschen Frau als Verteidigerin der deutschen Kul-
tur, die mit ihren weiblichen Tugenden einen Schutzwall gegen welschen Flittertand und Fremdlände-
rei 311 bildete. Während die deutschen Mädchen und Frauen Keuschheit, an Prüderie grenzende Sitt-
lichkeit, Sauberkeit, Familie, Traditionen, Ehre und Treue versinnbildlichten, wurden andere Nationen
(andere Frauen) mit konträren undeutschen Eigenschaften bedacht: Sinnlichkeit, Verführungskunst,
Koketterie, Vergnügungssucht und Wechselhaftigkeit waren französische weibliche Untugenden. 312
Auch in Frauenschicksale wird der nationale weibliche Tugendkatalog über Kleiderordnung und Mo-
ral in den Systemvergleich DDR/BRD eingeflochten.
5.4 Der DEFA-Spielfilm Vergeßt mir meine Traudel nicht (1957)
Der DEFA-Spielfilm Vergeßt mir meine Traudel nicht 313 kam 1957 in die DDR-Kinos und
war eine der wenigen erfolgreichen DEFA-Komödien. Seine Entstehung datiert in einer kulturpoliti-
schen Tauwetter-Ära, die nach der Geheimrede Chruschtschows auf dem XX. Parteitag der KPdSU im
308 Budde (2000). S.613. 309 Ebd. 310 Ebd. S.614. 311 Tacke (1996). S.42. 312 Ebd. S.43. 313 Vergeßt mir meine Traudel nicht (1957). 35 mm. s/w. 86 min. Regie: Kurt Maetzig. Drehbuch: Kurt Barthel, Kurt Maetzig. Dramaturgie:
Willi Brückner. Kamera: Erwin Anders. Szenenbild: Alfred Hirschmeier. Musik: Hans Hendrik Wehding. Schnitt: Ilse Peters. Produktion: DEFA. Darsteller: Eva Maria Hagen (Gertraud Gerber, Traudel), Horst Kube (Hannes Wunderlich), Günter Haack (Wolfgang Auer), Erna Sellmer (Frau Palotta), Günter Simon (VP-Kommissar), Fred Delmare (Jugendlicher), Manfred Krug (Rock’n Roll-Bandleader) u.a.. Premiere 15.11.1957.
59
Februar 1956 von einer beginnenden Entstalinisierung gekennzeichnet war: Das Erstaunliche an die-
sem Film ist ja, dass ein Polizist einem Mädchen, einem asozialen Element, einen Personalausweis
beschaffen konnte. Ein paar Jahre später wäre der Film gar nicht mehr möglich gewesen oder gleich
in der Versenkung verschwunden.314 Da Gegenwartskomödien bei der DEFA misstrauisch behandelt
wurden, schrieben Drehbuchautor Kurt Barthel und Regisseur Kurt Maetzig, beide anerkannte Künst-
ler und überzeugte SED-Genossen, aus der Originalvorlage eine Tragikkomödie: So eine Geschichte
zwischen ein bißchen sentimental und ein bißchen komisch.315 Maetzig betont rückwirkend, dass die
Tabubrüche, wie z.B. die sogenannte Nacktszene und das Marilyn Monroe-Zitat der Hauptdarstellerin
oder der milde bestrafte Amtsmissbrauch des Polizisten, ohne das künstlerische und politische Prestige
beider Autoren nicht durchsetzbar gewesen wären.316 Von der Filmkritik wurde positiv hervorgehoben,
dass sich der Film vom seichten Lustspielschmarren deutscher Provenienz abhebe und an besseren
Traditionen und Vorbildern partizipiere und viele von jenen wertvollen Wesenszügen zeige, die italie-
nischen Lustspielen eigen seine. Hier wie dort ein glücklicher Griff ins Leben, Volkstümlichkeit, Ge-
genwartsnähe, genaue Menschenbeobachtung - hier wie dort Ernstes und Heiteres dicht beieinan-
der.317 Empörung und Kritik dagegen handelte sich der Film für die sogenannte Nacktszene ein, die
auch international skandalisiert wurde: Der russische Filmemacher Michail Romm sah die Grenze zur
Pornographie überschritten und warf Kurt Maetzig vor, den sozialistischen Realismus verraten zu
haben.318 Karl Eduard von Schnitzler erregte sich im Filmspiegel: Warum so viel Schminke, soviel
Bein und Busen bei diesem armen Mädchen? Warum diese Dauerauftritte in ein Badetuch gehüllt?
Das kann man bei Gina Lollobridgida und den Rollen, die sie verkörpert, machen, aber doch nicht bei
dieser Traudel, die im tiefsten Grunde keusch und sauber ist – würde sie sich sonst für den Hannes
entscheiden? Würde man sonst an ihre positive Zukunft glauben? So aber spielt sie mehr Luder als
Herz; bei manchen Situationen entstehen statt Mitleid oder wohlwollendem Entsetzen über das, was
sie nun schon wieder anstellt, Unbehagen und Unwillen darüber, daß sie den guten Hannes derart in
die Nesseln reitet.319 Ina Merkel stellt fest, dass die Kritik nicht unbedingt den Bruch des Nacktheits-
tabus im Blick hatte, stattdessen der Sexappeal der Hauptprotagonistin als anrüchig empfunden wurde.
314 Eva-Maria Hagen zit. nach Poss (1996). S.16. 315 Kurt Maetzig zit. nach Ebd. S.10. 316 Poss/Warnecke (2006). S.124. 317 Junge (1970). S.158. 318 Poss (2006). Ebd. 319 von Schnitzler (1957) zit. nach Merkel (1995). S.84.
60
Das Dekorieren des Körpers und weibliche Verführungskünste gehörten nicht zum Weiblichkeitsent-
wurf eines deutschen Proletariermädels und wurden in der Nähe zur Prostitution assoziiert.320
5.4.1 Filmhandlung
Der Film beginnt mit einer nächtlichen Fluchtszene aus einem Erziehungsheim, in deren Ver-
lauf die minderjährige Hauptprotagonistin Gertraud Gerber alias Traudel (Eva-Maria Hagen) in einen
Unfall mit dem Motorradfahrer Wolfgang Auer alias Kiepe (Günther Haack) verwickelt wird. Als
dieser Personalien austauschen will, weicht das Mädchen aus.
Abb. 16, 17, 18 Kiepe (Günther Haack) und Traudel (Eva-Maria Hagen) lernen sich durch einen Unfall auf der Landstraße kennen.
Sie erzählt, dass sie sich auf der Flucht vor ihrem zudringlichen Pflegevater befindet. Kiepe
schlägt vor, das Mädchen mit nach Berlin zu nehmen, weil sie dort angeblich Bekannte hat. Doch dazu
kommt es nicht, denn nachdem Traudel den ahnungslosen Lehrer zu einem Kleiderdiebstahl angestif-
tet hat, lässt dieser sie wütend am Straßenrand zurück. Trotzdem findet sie sich abends bei Kiepes
Berliner Adresse ein. Dort wird sie von dessen Mitbewohner, dem Polizisten Hannes Wunderlich
(Horst Kube), in die Wohnung gelassen. Dieser, im festen Glauben es handele sich bei dem Mädchen
um die neue Freundin von Kiepe, empfängt die Unbekannte sehr zuvorkommend. Er bietet ihr freund-
licherweise ein Bad an und bereitet ein Essen zu. Als Traudel ihre Anstaltswäsche im Badeofen zu
verbrennen versucht, kommt es zu einer heftigen Rauchentwicklung und das Mädchen flüchtet ins
Zimmer zurück. Mit einem Handtuch um ihren Körper drapiert bringt sie Hannes in Verlegenheit. Die
320 Ebd.
61
Vermieterin Frau Palotta (Erna Sellmer) geht der Ursache des Qualms nach und zieht die Stofffetzen
aus dem Ofen. Dabei entdeckt sie eine Lederbörse mit einem Brief aus dem KZ Ravensbrück, der mit
den Worten Vergesst mir meine Traudel nicht endet. Daraufhin beginnt sie Nachforschungen über das
fremde Mädchen anzustellen.
Hannes und Kiepe überlegen derweil, wie sie die leichtbekleidete, freche Lügnerin wieder
loswerden können. Da Traudel keine Papiere hat, fühlen sich die Männer für sie verantwortlich und
beschließen ihr zu einer amtlich beglaubigten Identität zu verhelfen. Der Wirtin wird sie offiziell als
Kiepes Cousine vorgestellt, die den beiden Männern zukünftig den Haushalt führen soll. Auf der Poli-
zeiwache stellt Hannes dem Mädchen einen provisorischen Personalausweis mit erfundenen Daten
aus. Später dann fällt ihm der Steckbrief der Gertraud Gerber in die Hände, den er heimlich an sich
nimmt: Wahrscheinlich geboren in Neusalz an der Oder. 1945 auf dem Hauptbahnhof in Dresden
aufgegriffen. Danach Kinderheim, im Anschluss Pflegeeltern. Wegen unsittlichen Verhaltens erneut in
Heimerziehung. Aus drei Erziehungsanstalten ausgebrochen und wieder eingefangen. Zuletzt aus der
festen Erziehungsanstalt Bahnsdorf flüchtig. Während Kiepe in seinem Lehrerkollegium den Fall des
Mädchens als erzieherisches Experiment nach den Maximen der sozialistischen Pädagogik ausbreitet:
Vertrauensbasis herstellen! Makarenko! Ich drück ihr also einen Hundertmarkschein in die Hand und
die Hausschlüssel und sag zu ihr: So, kauf dir ein Kleid! unterrichtet ihn Hannes über die neue Sach-
lage. Beiden Männern ist klar, dass sie Gesetzesgrenzen überschritten und als Staatsbedienstete ihre
berufliche Karriere gefährdet haben. Während Hannes die Sache offiziell anzeigen möchte, will Kiepe
das Problem pädagogisch lösen: Überlass das Mädel mir, als erzieherisches Problem, man muss ihr
auf der Vertrauensbasis, auf der Basis der Liebe begegnen. Zwischenzeitlich warnt Frau Palotta: Herr
Wunderlich, nehmen sie sich bloß vor dieser Cousine in acht. Die kommt ja aus ganz undurchsichtigen
Verhältnissen. Mutter im KZ Ravensbrück. Sagt ihnen das was? Daraufhin beschließt nun auch Han-
nes dem Mädchen zu helfen.
62
Abb. 19, 20, 21 Die skandalträchtige sogenannte Nacktszene.
Traudel kauft derweil zum ersten Mal in ihrem Leben ein eigenes Kleid: Ein tiefdekolletiertes,
schwarzes Abendkleid aus Perlontüll und hochhackige Schuhe haben es ihr angetan. Während sich die
Verkäuferinnen insgeheim über sie lustig machen, empört sich eine ältere Frau: Mein Gott, sagt denn
keiner dem Mädel, wie sie aussieht?! Derartig ausstaffiert überquert das Mädchen bei rot die Straße
und richtet ein Verkehrschaos an. Autofahrer rufen ihr zu: Tritt dir man nicht auf den Tüll, Kleine!
Und machen anzügliche Bemerkungen: Nachts ist die bestimmt kein Verkehrshindernis. Als ein Poli-
zist sie von der Fahrbahn pfeift, verheddert sie sich mit ihren Stöckelschuhen im Gitter eines U-Bahn
Lüftungsschachtes: Mehrere Männer stützen sie, während ihre Röcke in Anlehnung an die berühmte
Marilyn Monroe-Vorlage fliegen und ihr Schuhabsatz abbricht. Als sie barfuß in die Wohnung zu-
rückkehrt, ist Kiepe fassungslos: Wie du aussiehst! Das ist wirklich das letzte? Er stellt sie zur Rede:
Aus der Erziehungsanstalt bist du ausgebrochen. Du wirst von der Polizei gesucht. Du wirst Hannes
und mich noch um die Arbeit bringen, vielleicht sogar ins Gefängnis! Und warum? Weil Du kein Ge-
wissen hast. Traudel schluchzt und antwortet trotzig: Na und? Was kann ich dafür? Als Hannes die
Szene betritt nehmen beide an, dass er Traudel nun abführen wird, doch er repariert ihren kaputten
Schuh, gibt ihr Geld für Essen und Kino und erklärt Kiepe: Ich habe etwas sehr wichtiges über das
Mädchen erfahren.
Traudel zieht los und lässt sich von der Musik aus dem Tanzcafé Lila verführen. Dort über-
nimmt sie sich finanziell mit exotischen Salaten und Mixgetränken und wird von einem jungen Mann
am Nebentisch eingeladen. Dieser und seine Freunde, äußerlich als Rock’n Roller kenntlich, füllen das
63
Mädchen mit Alkohol ab. Während Traudel betrunken ihren Gönner verhöhnt: Du armes Würstchen!
Und so wat will mir vernaschen? wird die Rock’n Roll-Musik immer lauter. Als die Tanzenden richtig
loslegen, kocht die Luft und einer der Jungen nimmt Traudel ihre Geldbörse weg: Das bekommt du
nicht wieder, bevor wir uns nicht ganz genau kennen gelernt haben. Umsonst ist der Tod! In den fol-
genden Szenen wird das barfüßige Mädchen von den Jungen unsanft über den Tanzboden geschubst.
Die zunehmende Brutalität der Szene wird durch, im Rhythmus der Musik klatschende und pfeifende,
Jugendliche begleitet.
Abb.22 Traudel sorgt in der Öffentlichkeit für Aufregung. / Abb.23 Traudel wird im „Tanzcafe Lila“ von Rock’n Roll-Fans zum Alkohol verführt. / Abb. 24 Traudel hat sich das falsche Kleid gekauft. Andere Gäste mischen sich ein: Unerhört! Lasst doch das Mädel in Ruh. Doch die Rock’n
Roll-Fans verstehen die kleine Einlage eher sportlich und die Szene geht in kollektives Tanzen über.
Der Polizist Hannes Wunderlich beendet das Ganze, wird von den Jugendlichen attackiert und in eine
Schlägerei verwickelt. Hannes macht Traudel keine Vorwürfe, sondern versucht ihr Vertrauen zu ge-
winnen und mehr über ihr Leben zu erfahren. Während sie über Heim, Ausbruchsversuche, den zu-
dringlichen Pflegevater und die Etikettierung als sittlich Gefährdete durch die Jugendfürsorge erzählt,
nimmt der gelernte Schneider Hannes ihre Körpermaße. Er fertigt in Kürze ein schönes Sommerkleid
und muntert das elternlose, traurige Mädchen auf. Derweil lästern schon die Hausbewohner: Eine ganz
unverschämte Person, diese Wirtschafterin. Erst dacht ich bloß der Motorradfahrer hätte es mit ihr.
Aber die scheint es ja mit allen beiden zu haben. Wo ist denn das Flittchen abgeblieben nach dem
Radau heute Nacht? Die Vermieterin Frau Palotta gerät in Zugzwang: Weg muss sie, diese verdammte
Göre, die bringt mich ins Gerede, Herr Wunderlich, und sie auch. Die Leute sagen ja schon ich bin
ein Puff. Doch sie hat auch noch Neuigkeiten: Ich weiß jetzt auch was dem Herrn Auer seine Cousine
64
ist! Mutter dreimal eingesperrt wegen Umgang mit einem Ausländer. Und diese Cousine ist die Frucht
davon. Im Gefängnis geboren wird auch im Gefängnis enden. Hannes sieht eine Chance, Traudels
Herkunft aufzuklären und bittet die Vermieterin Zeugen beizubringen. Als Hannes das Mädchen dar-
über unterrichten will, findet er es auf dem Rummel, wo es mit naiver Begeisterung ein Karussell aus-
probiert. Während sich Traudel mit kindlicher Freude amüsiert, schenkt ihr der inzwischen verliebte
Hannes einen großen Blumenstrauß. Später bittet er sie, sich an Details aus ihrer Kindheit zu erinnern.
Abb.25 Traudel erzählt aus ihrer Kindheit / Abb.26 Traudel und Hannes werden ein Paar / Abb.27 Traudels Herkunft klärt sich auf
Traudel erzählt, dass sie in einem christlichen Kinderheim von der Inhaftierung ihrer Mutter
erfahren und von einer der Ordensschwestern ganz besonderen Beistand erhalten hat. An ihre frühe
Kindheit hat sie nur sehr vage Erinnerungen, die sie in Traumbildern formuliert: Da ist ein Mann, der
ist sehr gut und sehr schön. Der sitzt ganz oben im Himmel, wie der liebe Gott. Und Autos fliegen
durch die Luft. Und dann macht der liebe Gott den Mund auf und hat keine Zähne. Am Ende der Sze-
ne nimmt Hannes das Mädchen tröstend in den Arm.
In der letzten Szene des Films wird die Herkunft der Traudel Gerber endgültig aufgeklärt: Die
drei auf das Volkspolizei Kommissariat geladenen Zeugen aus Neusalz an der Oder bestätigen, dass
Traudels Mutter Hannah aufgrund einer Liebesbeziehung zu einem osteuropäischen Zwangsarbeiter
im KZ Ravensbrück inhaftiert war: Es durfte eben damals nicht sein mit den Tschechen und Polen.
Und wenn sie es noch heimlich getan hätten, aber nein, davon wollte Hannah nichts wissen. Offen und
vor aller Welt. Auch Traudels frühe Kindheitserinnerungen decken sich mit dem Vaterbild der Zeu-
gen: Wer hätte den blonden Kranführer nicht gekannt? Die haben doch damals wochenlang Wehr-
machtsautos auf der Oder verladen. Er war ein Bild von einem Mann. Das Kind war dem Vater wie
65
aus dem Gesicht geschnitten. Auch die Demütigungen und Qualen, die die Eltern erleiden mussten,
sind den Zeugen nicht entgangen: Keinen Zahn mehr hatte der Mann im Mund und die Haare:
schlohweiß. Und Hannah: Sie trug ein Kopftuch, denn sie hatten ihr die Haare geschoren. Alle drei
bestätigen: Es war eine große Liebe. Und an der Gemeinheit der Menschen ist sie zugrunde gegangen.
Über den weiteren Verbleib der Eltern wird nichts bekannt. Nachdem das Geburtsdatum der Traudel
Gerber amtlich beglaubigt ist und diese just genau am gleichen Tag ihren 18.Geburtstag feiern kann,
überreicht ihr der VP-Kommissar einen neuen Personalausweis und gratuliert zur Volljährigkeit: Die
Vormundschaft des Staates über sie ist ab heute erloschen. Während Traudel zur Verkehrserziehung
zitiert wird, muss sich der Polizist Hannes wegen Amtsmissbrauch verantworten. Er wird mit 14 Ta-
gen Haft bestraft, muss den Dienst quittieren und kehrt in seinem alten Beruf als Schneider zurück. Er
verspricht seinem Vorgesetzten aus dem Mädchen etwas Ordentliches zu machen. Traudel teilt er
scherzhaft mit, dass er den Sonderauftrag bekommen hat, sie ein Leben lang streng zu bewachen.
5.4.2 Die nationale Wiedergeburt zwischen weiblicher Victimisierung und männlicher Zivilisierung
In Vergeßt mir meine Traudel nicht wird die Schöpfung der nationalen Gemeinschaft in der
DDR als Sozialdisziplinierungsgeschichte des sexualisierten Körpers der fremden Frau erzählt. Die
moralische Deformation der identitäts- und heimatlosen Waise ist mit ihrem Herkunftsgeheimnis in
der NS-Vergangenheit verwurzelt. Im Laufe der Filmhandlung wird sie als Opfer politischer Verfol-
gung im Nationalsozialismus kenntlich gemacht. In diesem Zusammenhang relativiert sich das ihr
angeheftete Stigma der sittlich Gefährdeten und dreht sich der Plot darum, weibliche Sexualität in die
richtigen Bahnen zu lenken. Am Anfang der Filmhandlung wird das Mädchen auf der Flucht, mittellos
und als Unfallopfer eingeführt. Dadurch gerät sie unter die Verantwortung männlicher Vertreter des
Staates (Lehrer, Polizist). Ihre Markierung als Heimatlose, die aus der ländlichen Peripherie kommend
in der Hauptstadt Ost-Berlin auf zwei urbane Protagonisten trifft, wird durch ihre Identitätslosigkeit
unterstrichen. Das Geheimnis um ihre Herkunft wird zunächst als Diskurs des weiblich konnotierten
schönen Fremden bebildert, der mit Naturhaftigkeit, Sexualität und Animalität für Faszination und
Schrecken gleichermaßen steht. Das Eintreten des fremden Mädchens in den Bannkreis der männli-
66
chen Zivilisation ist durch ihre sexuelle Natur dominiert. Die attestierte sittliche Gefährdung wird über
das Motiv der Verführung durch weibliche Reize in Szene gesetzt. So u.a. mit der klassischen Film-
szene des nackten Körpers im Bad oder unter einem knappen Handtuch, dem hochfliegenden Rock
über dem Lüftungsschacht, durch den Kauf des unangemessenen Kleides. Doch nicht nur die Scham-
grenzen verletzende Körperinszenierung des Mädchens und ihre frechen, ordinären Ausdrucksweisen,
sondern auch die Weiblichkeitsmaskerade der schönen Lügnerin konstituieren das Bild ihres Anderss-
eins. Im Verlauf der Handlung erscheint sie jedoch mehr und mehr als schutzbedürftige Infantile, die
die Folgen ihres impulsiven und unkontrollierten Verhaltens nicht einzuschätzen vermag. Die Weib-
lichkeitsmaskerade des gerissenen Luders, die sie in den Status einer persona non grata versetzt, tritt
mit den Attributen des anlehnungs-, liebes- und hilfsbedürftigen Kindes in den Hintergrund. Ihr pro-
vozierender Sexappeal erscheint nunmehr als Geste jugendlicher Unbedachtheit und mangelnder Er-
ziehung, bleibt dabei aber Projektionsfläche männlichen Begehrens. Vor allem die Rock’n Roll-Fans
werden im Film zu Exponenten patriarchaler Objekt- und Sexualphantasien des Mädchenkörpers.
4.2.3 Antifaschistischer Opferdiskurs und Bruch mit der NS-Vergangenheit
Jugendverwahrlosung und Jugendkriminalität waren viel diskutierte Probleme der Nach-
kriegszeit. Ab Mitte der 1950er Jahre wurde Teilen der Jugend in der DDR unterstellt, dass sie durch
rudimentäres, bürgerliches Gedankengut und den kapitalistischen Klassenfeind beeinflussbar und in
ihrer sozialistischen Persönlichkeitsbildung entwicklungsgefährdet seien. Jugendkriminalität wurde
den Einflüssen westlicher Schund- und Schmutzliteratur, der amerikanischen Musikkultur, dem Alko-
holkonsum und Fehlerziehung zugeschrieben. Mit der traditionell zwischen den Geschlechtern diffe-
renzierenden Beurteilung abweichenden Verhaltens kamen Mädchen besonders häufig wegen sittli-
cher Gefährdung unter staatliche Aufsicht. Ein großer Teil der verwahrlosten und gefährdeten Jugend-
lichen der Nachkriegszeit waren Waisen, stammten aus zerrütteten Familien, oft handelte es sich um
Stief- oder Pflegekinder.321 Die besondere Gefährdung der Mädchen leitete sich aus ihrer stärker im
321 Redlich (1965). S.255 f. Zit. nach Strauss (1996). S.96.
67
familialen Raum verorteten sozialen Entwicklung ab.322 Sexuelle Gefährdung, Hemmungslosigkeit und
Herumtreiberei 323 wurden als häufigste Einweisungsgründe genannt und galten bei Mädchen als die
natürlichsten.324 Die Doppelmoral machte für das Fehlverhalten der Jungen die Mädchen selbst ver-
antwortlich: Es ist eine jahrhundertealte Erfahrung, daß es auf die Frauen und Mädchen ankommt, in
welcher Weise ihnen die Männer begegnen.325 Im rigiden Umgang mit solchermaßen in der stationären
Fürsorge internierten Mädchen und jungen Frauen hat es zwischen BRD und DDR in dieser Zeit kaum
Unterschiede gegeben.326 Die diskriminierende Behandlung von Geschlechtskranken hatte Traditi-
on.327 Auch in der SBZ/DDR wurde hinsichtlich der Verfolgung von sittlicher Gefährdung unhinter-
fragt an Stereotype der späten Weimarer Wohlfahrtspolitik 328 und des NS angeknüpft.329
Im NS war die Verfolgung von Asozialen 330 in der rassenbiologischen Vernichtungspolitik
kulminiert.331 Mit dem Erlass über die vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei vom
14.10.1937 hatte die Nomenklatur festgelegt: Als asozial gilt, wer durch gemeinschaftswidriges, wenn
auch nicht verbrecherisches Verhalten zeigt, dass er sich nicht in die Gemeinschaft einfügen, sich der
in einem nationalsozialistischen Staate selbstverständlichen Ordnung nicht fügen will.332 Der Diskurs
des Gemeinschaftsfremden stempelte Mädchen, die nicht dem Leitbild des deutschen Mädels entspra-
chen oder Ehefrauen, die nicht die deutsche Mutterrolle einnehmen wollten, bereits als gefährdet ab.333
Der Besuch von Tanzveranstaltungen, Alkohol- und Zigarettenkonsum, Schminken und auffälliges
Kleiden, Männerbekanntschaften, Selbstbewusstsein und Ungehorsam fügten sich schnell zum Ge-
samteindruck der sexuellen Haltlosigkeit und (Gelegenheits-)Prostitution.334 Eine außerhalb der Fort-
pflanzungsgemeinschaft Ehe gelebte weibliche Sexualität gefährde, so hieß es, die Volksgesundheit,
die Sexualmoral der Volksgemeinschaft und später dann der Heimatfront. Seit 1937 wurden als asozi-
al, minderwertig, sittlich verwahrlost eingestufte Mädchen und Frauen nicht nur in Anstalten, Lager
für geschlossene Fürsorge und Arbeitserziehungslager eingewiesen und entmündigt. Sondern auch in
Konzentrationslagern und Jugendschutzlagern interniert. Viele der Betroffenen wurden zwangsterili-
siert oder in KZ’s zwangsprostituiert. Ab 1935 stand auch die sogenannte Rassenschande unter Strafe.
Sexuelle Beziehungen zwischen Deutschblütigen und Zwangsarbeitern galten als Gefahr für das deut-
sche Volkstum und wurden hart bestraft. Die anfängliche Zuchthausstrafe wurde nach Kriegsbeginn
mit der Verordnung gegen Volksschädlinge vom 05.09.1939 durch die Androhung der Todesstrafe
erheblich verschärft. Frauen, die wegen dieses Delikts interniert waren, wurden als sogenannte Bettpo-
litische bezeichnet und ab 1943 von der SS vielfach in KZ- oder Gefängnisbordelle abkommandiert.335
Der DEFA-Film Vergeßt mir meine Traudel nicht vollzieht den Bruch mit der NS Vergangen-
heit, indem er das Mädchen zum Produkt einer großen Liebe umdeutet. Das aus einem widerständi-
schen Akt gegen das NS Unrechtsregime hervorgegangene Kind, so wird dem Zuschauer erklärt, hat
seine spätere nonkonforme Entwicklung nicht selbst verschuldet. Es ist ebenso Opfer wie seine poli-
tisch verfolgten Eltern, wird damit als antifaschistischer Symbolträger semantisiert und von morali-
scher Zweifelhaftigkeit gereinigt. Die vormals sexuelle Pathologie des Mädchens wird auf äußere Um-
stände zurückgeführt und als Erziehungsproblem sichtbar. Neben der Aufarbeitung der Hinterlassen-
schaften des NS transportiert der Film auch eine sexualpolitische Botschaft für die Zukunft: Im Sozia-
lismus gibt es für Frauen, die sich als Sexualobjekte zur Schau stellen und für Männer, die Frauen als
solche betrachten, gleichermaßen keinen Platz.
4.2.4 Frauenkörper als männliche Projektion: Die Adaption des Pygmalion-Mythos
In seiner mehrfachen Opferrolle wird das wilde Mädchen im Film zum Zivilisierungsprojekt
und Liebesobjekt einer sozialistischen Männlichkeit/Menschlichkeit. Die Resozialisierung der Traudel
durch den männlichen Systemvertreter ist dabei als Kreation einer idealen Weiblichkeit zu lesen. Im
männlichen Schöpfungsakt der idealen Weiblichkeit stehen die Körperästhetik und Geschlechterrolle
im Zentrum: Im Verlauf der Handlung wird Traudel von beiden männlichen Protagonisten angehalten,
sich anständig einzukleiden. Gleich zu Beginn des Films stiehlt Kiepe ein kariertes Kleid, später gibt
er ihr Geld, um ein neues zu kaufen. Beide Versuche Kiepes, die Protagonistin auszustatten und ihr die
335 Amesberger u.a. 2004.
69
Verantwortung für ihre soziale Sichtbarkeit selbst zu überlassen, führen nicht zum gewünschten Er-
gebnis. Das erste Kleid ist geklaut, das zweite ein tiefdekolletiertes schwarzes Abendkleid. Als junger
Partner, der seine Verantwortung über pädagogische Konzepte motiviert, tritt er im Verlauf der Hand-
lung in den Hintergrund. Erst der reifere Hannes ist in der Lage für das Mädchen ein passendes Kleid
zu kreieren. Hannes verkörpert das Ideal einer sozialistischen Männlichkeit, die in beschützenden Ei-
genschaften und Liebesfähigkeit exponiert ist. Als Staatsvertreter agiert er als Gestalter der neuen
Gesellschaft und repräsentiert den Aufbau der Ordnungs-, Rechts- und Moralnormen des Sozialismus.
Seine Tätigkeit besteht aus praktischer disziplinierender Arbeit bei der Erziehung und Formung des
Neuen Menschen. Daneben ist er gelernter Schneider, wobei diese Profession als formende Arbeit am
weiblichen Körper und am Bild des Weiblichen gelesen werden kann. Indem er Traudel durch seine
handwerklichen Fähigkeiten das Weiblichkeitskonzept des Sozialismus passgenau auf den Körper
schneidert, wird er zum Kreateur ihres Körper und gleichsam neuen sozialistischen Genderidentität.
Die sich allerdings vom christlich-konservativen Rollenmodell als Ehefrau und Mutter kaum unter-
scheidet.
Die Formung einer weiblichen Figur durch einen männlichen (Künstler-)Schöpfer kann hier
als Variante des Pygmalion-Mythos gelesen werden. Während Pygmalion sein Bild eines idealen
weiblichen Körpers in Stein meißelt, der zu dem lebendigen Geschöpf Galatea erweckt wird, erfolgt
die Konstruktion der idealen Weiblichkeit im Film über das durch den Mann geschneiderte Kleid.
Dieses verhilft dem Mädchen zu einer konsensfähigen sozialen Sichtbarkeit im Rahmen der weibli-
chen Geschlechterrolle. Mit der illegalen Ausstellung des Personalausweises wird das Mädchen zudem
von Hannes mit einer staatsbürgerlichen Identität ausgestattet. Ihr neues Leben erscheint damit in
zweierlei Hinsicht als männlicher Schöpfungsakt. Da Traudel die neuen gesellschaftlichen Normen
noch nicht inhibiert hat, bleibt ihr der Weg, sich in den Mann zu verlieben, der diese verkörpert. Aus
der Vormundschaft des Staates wechselt sie in die Obhut eines Ehemannes. Wie Pygmalions künstlich
geschaffene Galatea wird sie in der Beziehung mit dem Erbauer des Sozialismus zum Ausgangspunkt
eines neuen Menschengeschlechts. Im Film wird die nationale Geschichte dabei als binäre Geschlech-
terperformance erzählt: Eine weibliche, vergangenheitsverhaftete und indifferente Projektionsfläche
wird durch einen männlichen Zivilisierungsakt geformt. Im Unterschied zu Frauenschicksale zitiert
70
der Film traditionelle Genderkodes sowohl auf diskursiver als auch politsymbolischer Ebene. Die sei-
nerzeit skandalisierte sogenannte Nacktszene verliert hinter dem transportierten infantil-naiven Frau-
enbild und konservativen Rollenverständnis fast an Bedeutung.
Kapitel 6 | 1960er Jahre: Gender und Körper in Generationenkonflikten der Modernisierungs- phase der DDR
6.1 Jugendkultur als politisch-ideologische Diversion
Mitte der 1950er Jahre kam es in Europa zu sogenannten Halbstarkenkrawallen, die die Öf-
fentlichkeit verunsicherten und eine große Medienresonanz erfuhren.336 In der zeitgenössischen Wahr-
nehmung trat die jugendliche Gewalt meist im Zusammenhang mit einer neuen Jugendkultur auf. De-
ren Leitbilder orientierten an amerikanischen Juvenile Delinquency-Filmen337 und Rock’n Roll-Musik.
Trotz aller Unterschiede in den nationalen Erklärungsansätzen des Phänomens ähnelte sich die Verfah-
renspraxis mit ihm: Tendenziell wurde deviantes Verhalten als potentielle Delinquenz klassifiziert und
Ost und West reagierten gleichermaßen rigide auf die jugendliche Selbstdarstellungspraxis. Der Habi-
tus der Rock’n Roll- und Beat-Generation wurde in einer Flut von juridischen, soziologischen, päda-
gogischen und gesundheitspolitischen Debatten skandalisiert. Die sogenannten Eckensteher der 1950er
Jahre, die mit ihrer Freizeit nichts anzufangen wissen, sich langweilen und dadurch unzufrieden mit
sich selbst und der Umwelt werden 338 und den öffentlichen Raum durch eine Verherrlichung der ame-
rikanischen Lebensweise in Form der auffälligen Kleidung und des entsprechenden Benehmens 339
provozierten, wurden als anfällig für Rowdytum 340 eingestuft. Darunter verstand man Jugendgruppen-
kriminalität, die als Zusammenrottung von Jugendlichen in den Abendstunden, undiszipliniertes Be-
nehmen (teilweise unter Alkoholgenuss), Belästigung von Erwachsenen und jungen Mädchen, leichter
oder schwerer Unfug, nächtliche Ruhestörungen (Straße, Kino, Veranstaltungen) usw. beschrieben
und polizeilich geahndet wurde.341 Während die Kommerzialisierung der Jugendkultur im Westen
336 Zur Halbstarken-Jugendkultur vgl. Grotum 1994; Maase 2001. 337 Zur Entwicklung der amerikanischen „teenpic“-Kultur und ihren Einflüssen auf die DEFA-Spielfilmproduktion vgl. Lindenberger (2004).
S.200 f. 338 Maßnahmeplan der Jugendhilfe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität und des Rowdytums ca. 1950. Zimmermann (2004). S.83. 339 FDJ-Bezirksleitung Gera: Sekretariatsvorlage zur Jugendkriminalität vom 07.01.1960. Ebd. S.84. 340 In der DDR gebräuchliche Bezeichnung für Halbstarken – Gruppenkriminalität. Ebd. S.79. 341 Kampf gegen Jugendgefährdung und Jugendkriminalität (Entwurf) ca. 1957. Ebd. S.84.
71
nach und nach zu ihrer Normalisierung beitrug, konterkarierte sie im Osten das Kultur- und Erzie-
hungsmonopol der SED. Neben der (auch im Westen präsenten) Blockadehaltung gegen die kulturelle
Amerikanisierung war die Bekämpfung von abweichendem Verhalten in der DDR in die ideologi-
schen Argumentationsmuster des Kalten Krieges eingebettet.342 Teilöffentlichkeiten mussten verhin-
dert werden und Jugendkultur wurde als gezielte politisch-ideologische Diversion 343 abgelehnt und
von der SED gar als Unterwanderungsinstrument 344 des Klassengegners qualifiziert.
6.1.1 Jugendkultur und neue Körperbilder im Diskurs des Fremden/Anderen
In den 1950er Jahren befand sich zunächst die neue Präsentationsweise des Körpers im Zent-
rum der Kritik. Diese wurde in einer neuen Tanzkultur, der Betonung des Körpers durch modisches
Styling und neue Umgangsformen zwischen Mädchen und Jungen präsent. Der Rock’n Roll-Tanzstil
demonstriere die Lockerung der Geschlechterverhältnisse und grenze an sexuelle Perversion monier-
ten Kritiker/innen.345 Die Halbstarken seien keine typischen Jugendlichen, sondern typische Fehlent-
wicklungen, bedingt durch vorzeitige Konzentration des Bewusstseins auf geschlechtliche Dinge. 346
Eine Renaissance des Körperlichen im Partnerwahlverhalten der Jugendlichen wurde konstatiert: In
der Verwilderung der letzten zwanzig Jahre sind die Feinheiten körperlichen Ausdrucks für innere
menschliche Beziehungen vergessen worden.347 Sexualhygieniker bemängelten, daß unter jungen
Menschen heute die körperliche Vereinigung, die letzte Hingabe viel zu leicht genommen, viel zu rasch
und bedenkenlos gewährt wird.348 Die erotischen Elemente des Rock’ n Roll, Twist und Rumba, die
nervenaufpeitschenden Rhythmen und die teils verlogen-romantischen, teils brutalen, fast immer aber
die Triebhaftigkeit aufreizenden Texte349 der neuen Musik wurden von Gesundheitsexperten als ge-
fährlich eingestuft. Die Gefahr der Enthemmung durch den getanzten Jazz 350 deute sich in veitstanz-
ähnlichen Verrenkungen an, in denen sogar medizinische Laien Andeutungen und Übergänge zu
krankhaften Äußerungen 351 erkennen konnten. Von der musikalischen Massensuggestion, die die see-
lisch-körperliche Selbstbeherrschung und -kontrolle von Jugendlichen ausschalte, gehe eine gesell-
schaftlich destruierende Wirkung aus, die sich durch Leistungsschwächen in Schule und Lehre 352 an-
kündige. Insbesondere bei den unter der Einwirkung ‚heißer Musik’ exstatisierten Jugendlichen be-
stünde eine innere Bereitschaft für abnorme Zustände, die sie nicht zu unrecht als Präkriminelle ein-
stufen ließ, denn für sie ist der Weg zum Verbrechen oft nicht mehr weit.353 Die durch ihre abnorme
Hinwendung zur ‚hot music’ in ihrer sozialen Unangepasstheit oft gefährlichen Außenseiter wurden
dem Kreis der bereits geistig Verwahrlosten354 zugerechnet.
Der seit 1958 durch wirtschaftliche Stagnation und Massenflucht ausgelösten Systemkrise der
DDR wurde durch den Mauerbau 1961 ein Ende bereitet. Die Propaganda deutete die Ereignisse als
durch den westlichen Feind initiiertes Zerstörungswerk um, gegen das man sich wehren und schützen
müsste. Für die Krisensymptome in der Gesellschaft wurde seitdem der innere Feind 355 verantwort-
lich gemacht. Auch die Jugendmusikkulturen fielen einer radikalen Politisierung anheim und wurden
zum erklärten Feindbild. Dem in Banden, Meuten oder Cliquen organisierten Rowdytum wurden 1960
inzwischen folgende Taten zugeordnet: Widerstand, Angriffe auf Funktionäre, Notzucht, Einbruch,
Schlägereien, Körperverletzung und Sachbeschädigung.356 Den Gruppen wurde eine unmittelbar
staatsgefährdende Bedeutung beigemessen 357 und die Gefahr einer schweren gegen die Staats- und
Gesellschaftsordnung der DDR gerichteten Kriminalität 358 unterstellt. Die starke negative Beeinflus-
sung durch die imperialistische Ideologie und Unkultur war in den Augen des MfS an eine demonstra-
tive Ablehnung der staatlichen und öffentlichen Ordnung gekoppelt, die eine geistige und moralische
Entwicklung zu einer sozialistischen Persönlichkeit verhindere und zu einer moralischen Versumpfung
und Verrohung 359 führe. Als Protagonisten amerikanischer Unkultur gerieten in den 1960er Jahren
vor allem die Beatmusikfans ins Visier der Behörden. Mit ihren langen, zotteligen, teilweise vor
Schmutz starrenden Haaren gebärdeten sie sich bei ihren ‚Darbietungen’ wie Affen, stießen unartiku-
351 Ebd. S.5. 352 Ebd. 353 Ebd. 354 Ebd. 355 Wierling (1994). S.404f. 356 Zimmermann (2004). S.81. 357 Bernhardt/ Kuhn (1998): S.17. 358 Zimmermann (2004). S.85. 359 Bericht über das Rowdytum als eine Form der Untergrundtätigkeit gegen die DDR und über die Ausnutzung der Rowdygruppen durch die
imperialistischen Geheimdienste zu Verbrechen gegen die DDR vom 16.05.1960. Zit. nach: Ebd. S.84.
73
lierte Laute aus, hockten auf dem Boden oder wälzten sich auf ihm herum, verrenkten die Gliedmaßen
auf unsittliche Art.360 In Stellungnahmen wurden sie durch Zuschreibungen, wie Zügellosigkeit, Anar-
niedrigste Instinkte, rowdyhaftes Auftreten und Körperverrenkungen 361 charakterisiert. Insbesondere
eine ihnen nachgesagte mangelhafte Arbeitsmoral wurde zum Kennzeichen ihrer Dissozialität. Mit der
Rhetorik der feindlich-dekadenten Lebensweise 362, die sich auf das gesamte Spektrum alternativer
Lebensstile anwenden ließ, wurde eine Bedrohung für die sozialistische Gemeinschaft konstruiert.
Dabei konnte das Inkriminierungsprogramm auf die Unterstützung der konservativen Elterngeneration
bauen: Der repressive Umgang mit den ‚Asozialen’ und ‚Rowdies’ stelle eine der wenigen ‚Brücken’
zwischen SED und Bevölkerung dar, die die Kommunikation gemeinsamer Wertvorstellungen ermög-
lichte, so der Historiker Thomas Lindenberger.363 Die propagandistische Bildsprache in DEFA-Filmen
der 1950er und 60er Jahre bediente sich dabei phänotypischer und sexueller Diskriminierungsmuster
des Fremden/Anderen, die an den traditionellen nationalen Tugendkatalog anlehnten.364
6.1.2 Jugendkörperbilder im Film
Für eine Auseinandersetzung mit Gender, Körper und Sexualität im DEFA-Film sind jugend-
liche Körperbilder vielschichtige Untersuchungsobjekte. Ihre Inszenierungen verhandeln sowohl poli-
tische Konfliktlagen als auch intergenerationelle Konfliktlagen an den Schnittstellen von alten und
neuen Identitätsentwürfen. Der bis zuletzt andauernde Verhandlungsmarathon zwischen staatlichen
Jugendleitbildern und jugendlicher Selbstverwirklichung durchzieht als Diskurs das gesamte Film-
schaffen. Anhand der DEFA-Spielfilme Die Glatzkopfbande (1963)365, Denk bloß nicht, ich heule
(1965)366 und Heißer Sommer (1968)367 soll analysiert werden, welchen Stellenwert Sexualität und
360 Dem Missbrauch der Jugend keinen Raum. Leipziger Volkszeitung vom 20.10.1965. Zit. nach: Wierling (1997). S.228. 361 Wierling (1997). S.227. 362 Lindenberger 2003. 363 Lindenberger (2003). S.443. Zit. nach Maase (2003). S.13. 364 Zu rassistischen Tendenzen und nationalsozialistischen Kontinuitäten in der Konstruktion gesellschaftlicher Feindbilder in offiziellen
Texten der DDR der 1960er Jahre vgl. Wierling (1997). S.228 f. Zu antisemitischen Tendenzen im literarischen Konstruktions-prozess der sozialistischen Gemeinschaft vgl. Ölke (2005). S.205f.
365 Die Glatzkopfbande. 1962/63. Regie: Richard Groschopp. Drehbuch: Lothar Creutz/ Richard Groschopp. Produktion: DEFA. VHS-Edition Icestorm Inc.
366 Denk bloß nicht, ich heule. 1964/65. Regie: Frank Vogel. Drehbuch: Manfred Freitag/Joachim Nestler. Produktion: DEFA. VHS-Edition Icestorm Inc.
74
Erotik im filmischen Produktionsprozess legitimer und illegitimer Jugendbilder und bei der Inklusion
und Exklusion sozialer Körper spielen. Es wird untersucht, wie Geschlechterrolle, Sexualität und Mo-
ral im Körperbild von Filmfiguren angelegt sind und wie sie dramaturgisch funktionieren. Darüber
hinaus wird geschaut, wie sexual- und körperpolitische Normative in die Ästhetik und Narration sozia-
listischer Paarbeziehungen eingeflossen sind.
6.2 Die Glatzkopfbande (1962/63): Rock’n Roll-Rowdies als Feinde des Sozialismus 368
Parallel zur Propagandasprache der Texte wurde auch in Bild und Film ein Zusammenhang
zwischen Jugendmusikkultur, Delinquenz und Staatsgefährdung konstruiert. Während 1956/57 im
DEFA-Film Berlin-Ecke Schönhauser 369 noch eine tendenziell um Verständnis bemühte Inszenierung
jugendlicher Alltagswelt 370 zu beobachten ist, kam es Anfang der 1960er Jahre zu einer visuellen
Inkriminierung westlicher Jugendmusikkultur. Als Beispiel für die virtuelle Konstruktion einer ju-
gendlichen Gegenwelt 371 gilt der DEFA-Spielfilm Die Glatzkopfbande (Regie: Richard Groschopp,
1962/63). Er stellt angeblich reale Ereignisse nach, die sich im Sommer 1961 auf einem Zeltplatz der
Insel Usedom zwischen Ückeritz und Bansin zugetragen haben sollen. Heute weiß man, dass es sich
um eine filmische Re-Inszenierung der Ereignisse aus Propagandazwecken im unmittelbaren Kontext
des Mauerbaus gehandelt hat.372 Ursprünglich führte eine Rockn- Roll-Performance von Jugendlichen
zur Personenkontrolle durch die herbeigerufene VP, denn die SED hatte diesen Tanz zur Waffe der
NATO-Politik erklärt.373 Hunderte Schaulustige verfolgten das Spektakel und umzingelten die Polizei-
baracke, wodurch sich die Beamten bedroht fühlen. Der angeforderte Grenzschutz prügelte auf die
Menschen ein, Jugendliche wurden durch Mithilfe der FDJ-Ordnungsgruppen verhaftet. An anderer
Stelle ist überliefert, dass eine spontane Protesthandlung von Urlauber/innen gegen die schlechte Ver-
sorgungslage auf dem Zeltplatz Anlass für das weitere Geschehen gewesen sein soll. Am 11.08.1961,
367 „Heißer Sommer“. 1967/68. Regie: Joachim Hasler. Drehbuch: Maurycy Janowski/Joachim Hasler. Produktion: DEFA. VHS-Edition Icestorm Inc.
Edition Icestorm Inc. 370 Zur Koinzidenz von Rockmusik und Jugenddelinquenz im DEFA-Spielfilm „Berlin – Ecke Schönhauser“ vgl. Lindenberger (2004). S.
201 ff. 371 Lindenberger 2003. 372 Den Mythos und den realen Hintergrund dieses DEFA-Spielfilms haben Jürgen Ast und Inge Bennewitz in einem Dokumentarfilm aufge-
arbeitet: „Revolte am Ostseestrand. Die wahre Geschichte der „Glatzkopfbande“ (2000). 373 Werkenthin (2001). S.64f.
75
zwei Tage vor dem Mauerbau, wurden die ersten Jugendlichen vom Kreisgericht Wolgast zu Haftstra-
fen zwischen 6 und 18 Monaten verurteilt. Gegen vier weitere Jugendliche, denen nach dem Mauerbau
der Prozess gemacht wurde, verhängte das Bezirksgericht Rostock Zuchthausstrafen zwischen 4 und 8
Jahren. Die beiden öffentlichen Schauprozesse wurden von einer Propagandakampagne in den Medien
begleitet, die die Rock’n Roller als von West-Berliner Diversantenzentralen gelenkte Verbrecherbande
dargestellte. Sie seien in US-Killermethoden ausgebildet und hätten mit Totschlägern, Dolchen und
Messern ausgestattet mehrere Tage lang die Urlauber auf den Ostseezeltplätzen terrorisiert, hieß es. 374
Die Filmhandlung re-inszeniert die ursprünglichen Ereignisse als komplexes Bedrohungsszenario der
öffentlichen Sicherheit durch eine motorisierte Jugendclique und verfestigte damit die Legende einer
Ostseebande. Deren Mythos geistert noch heute durch das kollektive Gedächtnis, ist jedoch ein Pro-
dukt des Kalten Krieges, zu dem der Film die Bilder schuf. Alle damals Verurteilten sind nach 1990
gemäß StrRehaG
rehabilitiert worden.
Abb. 28 Cover Video/DVD-Edition / Abb. 29 Die Glatzkopfbande im Bierzelt / Abb. 30 DEFA-Filmplakat.
Im Februar 1963 kam der Spielfilm in die DDR-Kinos. Der ostdeutsche Filmspiegel kündigte
ihn mit dem Foto eines Strafprozesses und der Behauptung an: Am 11. August 1961 vor dem Kreisge-
richt Wolgast: Aburteilung der ‚Bande der Glatzköpfigen’ wegen Landfriedensbruch. Von Westberli-
ner Diversantenzentralen gelenkt, terrorisierte sie Urlauber auf verschiedenen Zeltplätzen Bansins.
Diese authentischen Ereignisse dienten dem DEFA-Film ‚Die Glatzkopfbande’ als Vorlage.375
374 Ebd. 375 Inge Bennewitz im Gespräch: „Die Glatzkopfbande“ – Legitimierung des Mauerbaus durch einen Schauprozess und seine filmische Verarbeitung“. Vortrag 13.09.2000. Landesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.
76
6.1 Filmhandlung
Die Glatzkopfbande ist ein Krimi: Erzählt wird die Geschichte der polizeilichen Aufklärung
des Unfalltodes zweier Menschen auf einer Großbaustelle, der durch eine Jugendbaubrigade, die in
ihrer Freizeit als Motorradbande die öffentliche Sicherheit gefährdet, verschuldet worden ist. Bereits
zu Beginn des Films wird die Rezeptionsperspektive auf eine Opfer-Täter-Ermittler-Narration gelenkt.
In einer parallelen Handlungsdramaturgie werden pflichtbewusste, arbeitsame Repräsentanten der
Staatsmacht und einer Baubrigade mit dem skandalösen Freizeitverhalten einer jugendlichen Motor-
radgang auf einem Zeltplatz kontrastiert. Die Mitglieder der Motorradbande sind mit Yul-Brunner-
Glatzen, Rock’n Roll-Musik und -tanz als westliche Medienkonsumenten markiert. Ihr provozierendes
Benehmen wird zusammen mit ihrer fahrlässigen, schlampigen Arbeitsweise auf der Baustelle zum
Symbol einer ursächlich gefährlichen und kriminellen Gesinnung, deren Sanktionierung zu einem
öffentlichen Anliegen wird. Die Dynamisierung der Motorradclique zur kriminellen Bande steht im
Mittelpunkt der Filmhandlung.
Die Motorradbande taucht bereits in der ersten Szene des Filmes als Bedrohung auf: Sie kon-
stituiert sich durch schnelle, laute Motorräder, Lederjacken, Rockmusik und kahlgeschorene Köpfe.
Ihre interne Rede besteht aus Jargon und Zoten, ihre äußere ist respektlos gegen Erwachsene. Die Ju-
gendlichen tragen Namen wie Stinker, Wildschwein, Warze. Sie lungern vor ihren Zelten um ein Radio
mit lauter Musik herum, trinken Alkohol, pöbeln sich gegenseitig an und belästigen und bedrohen die
harmonische Zeltplatzgemeinschaft.
Abb. 31 Die Clique gruppiert sich um das Radio mit lauter Musik / Abb. 32 Rock’n Roll-Performance auf dem Zeltplatz.
77
Ihr ordinäres Verhalten zeigt sich daneben auch durch den erotisch-sportlichen Tanzstil in der
Schlüsselszene im Bierzelt, in deren weiteren Verlauf sie gegen die herbeigerufene Polizisten hand-
greiflich werden und den Zeltplatz fluchtartig verlassen. Neben dem Treiben der Clique werden auch
einzelne Mitglieder näher vorgestellt. Anführer King, der ehemalige Fremdenlegionär, verkörpert ein
autoritäres, brutales, machistisches Männlichkeitskonzept, das Jüngere aus der Gruppe bewundern.
Die spätere Mittäterschaft dieser Jugendlichen wird auf deren Sozialisationserfahrungen (autoritäres
Elternhaus, Waise) zurückgeführt und im weiteren Verlauf der Handlung als jugendliche Verblendung
interpretiert. Im Gegensatz dazu treten als positive Antipoden die Mitglieder das sozialistischen Ur-
laubs- und Campingkollektivs auf, das durch einzelne Figuren wie den Schriftsteller und die Journalis-
tin sowie die Mädchengruppe am Strand und die Jungen der FDJ-Ordnungsgruppe verkörpert wird.
4.2 Sozialistische Arbeitsethik und jugendkulturelles Freizeitprimat als konträre Motivlagen
Im Hinblick auf die Metanarration des Films wird insbesondere die Arbeitsethik zu einem
besonderen politischen Medium. Während die Arbeiter der sozialistischen Baubrigade in ihrer Ar-
beitsumgebung gezeigt werden, sind die Jugendlichen primär als Freizeitkollektiv dargestellt. Diese
Kontrastierung wird durch das Verhaltens der positiven Protagonisten im Freizeitraum noch verstärkt:
Während die Jungen der FDJ-Ordnungsgruppe und die redeführenden Figuren des Camperkollektivs
(Schriftsteller, Journalistin) ihren Ferienaufenthalt mit einem beruflichen bzw. ehrenamtlichen Interes-
se verknüpfen (Buch, Bäderreprotage, Ordnungsdienst), vertreibt sich die Glatzkopfbande ihre Zeit mit
Musik, Alkohol, Provokationen. Die Systemkrise der DDR Anfang der 1960er Jahre und der Einfluss
westlicher Jugendmusikkultur werden in evidenten Erklärungsmustern zusammengebunden: Der ein-
stürzende Rohbau (!) auf der sozialistischen Großbaustelle steht symbolisch für die Folgen der Sabo-
tagemanier des inneren Feindes, der als Agent des westlichen Imperialismus in der gesellschaftlichen
Mitte unerkannt am Werk ist.
78
6.2.3 Gender, Körper, Sexualität
Die heterosexuelle Kommunikation im Film wird dramaturgisch dazu eingesetzt, die sozial-
moralischen Handlungshorizonte der westlich korrumpierten Bandenmitglieder und der sie umgeben-
den sozialistischen Gemeinschaft zu kontrastieren. Die wichtigste weibliche Protagonistin, die im
Kreis der Motorradclique Aufmerksamkeit erregt und Konkurrenzverhalten auslöst, ist das blonde
Playmate Jacki. Nachdem sie mit einem Mitglied der Gruppe angebändelt hat, wird sie diesem von
Anführer King ausgespannt: Guck mal ‚Opa’, ‚King’ schraubt dir deinen ‚Zahn’ ab. Man, den ‚Pullo-
ver’ hast du dir doch organisiert. Von mir aus soll sie doch umsteigen, die Schramme. In der Schlüs-
selszene im Bierzelt legt sie zusammen mit einem männlichen Partner eine gewagte Tanzfigur hin,
worauf der Protest am Nebentisch lauter wird: Noch ordinärer geht’s wohl nicht mehr?! Als die Mo-
torradclique von der Fahndung wegen des Bauunglücks erfährt und fluchtartig den Zeltplatz verlässt,
wird Jacki von King grob abserviert: Hau ab Schwester, penn alleine. Verduften sollst Du, Du Lusche.
Parallel zu dieser rohen Form der Geschlechterkommunikation wird die ideale Paardramaturgie durch
die Figuren des ermittelnden Leutnant Czernik und des Mädchens Marianne transportiert. Die Figur
Marianne verkörpert das unschuldige, saubere Mädchen, das nicht außerhalb des Privatraums, sondern
nur durch das geöffnete Fenster oder per Telefon kommuniziert. In der Position des, an das Haus ge-
bundenen, wartenden Mädchens repräsentiert sie den bürgerlichen Typus der virginen zukünftigen
Ehefrau und Mutter. Die keusche Beziehung wird dabei durch Czernik angebahnt. Erst nach seiner
Aufforderung tritt Marianne in der Schlussszene vor die Tür und damit in eine direkte Interaktion mit
dem männlichen Gegenüber.
6.2.4 Westliche Jugendmusikkultur als Fremdkörper und Feindbild
Der Film Die Glatzkopfbande kann als Beispiel für die Konstruktion von Feindbildern in den
Massenmedien der DDR im Kalten Krieg betrachtet werden. Neben der sinnentstellenden Interpretati-
on der realen Vorkommnisse und ihrer Re-Formulierung als kriminelle Handlung zielt der Film darauf
ab, westliche Jugendmusikkultur zu diskriminieren und die sozialistische Gemeinschaft gegen innere
79
Feinde zu sensibilisieren. Der Film legt nahe, dass der provokante männliche Imponierhabitus der
Jugendclique mit einem aggressiven, rücksichtslosen Sozialverhalten korrespondiert, das sich im Lau-
fe des Filmes zu einem kriminellen Verhalten steigert. Die jugendlichen Mitglieder der Bande werden
zum Teil als verblendete Mittäter gezeichnet, die die kriminellen Grenzüberschreitungen ihres Anfüh-
rers nicht als solche zu interpretieren in der Lage sind. Der Handlungsstrang der polizeilichen Ermitt-
lungsarbeit auf der Baustelle ist als Appell an alle Mitglieder der sozialistischen Gemeinschaft zu wer-
ten, durch erhöhte Wachsamkeit und Kontrolle das sozialistische Aufbauwerk vor Sabotageakten zu
schützen.
Für die kriminelle Dynamisierung der Motorradclique ist die Figur des ehemaligen Fremden-
legionärs King ausschlaggebend. Seine politische und nationale Identität wird durch eine Inschrift in
seinem Spind plakatiert: legio patria nostra. Er verkörpert die Bandbreite inhumaner Werte und die
Kontinuität eines Militarismus, der im Kalten Krieg der westlichen Aggressorpolitik zugeschrieben
wurde. In der diskursiven Filmsprache der Glatzkopfbande entsteht damit kriminelle Energie nicht
ursächlich im Zentrum der Gesellschaft, sondern wird durch äußere Einflüsse in sie hineingetragen.
Diese Erklärungsweise rekurriert auf die Kriminalitätstheorie der DDR, die bis Mitte der 1960er Jahre
jedes Verbrechen als Erscheinung des Klassenkampfes qualifizierte.376
Die kinematographische Inszenierung westlicher Jugendmusikkultur als potentiell delinquente
Vergemeinschaftungsform hat jedoch auch unbeabsichtigt zu ihrer Aufwertung beigetragen. Einerseits
verlangte die pädagogisierende Wirkungsabsicht des Filmes eine möglichst originalgetreue Abbildung
des jugendkulturellen Milieus, um die kriminelle Eigendynamik als Gruppenstilelement glaubwürdig
zu implementieren. Andererseits wurde dadurch zum ersten Mal subkulturelle Peerkultur als relativ
autonomes Subsystem vorgeführt. Trotz seines großen Erfolges bei jugendlichem Publikum wurde der
Film bald wieder abgesetzt: Es wird vermutet, dass sich die jugendlichen Kinobesucher zu sehr an der
Coolness der Motorradbande begeisterten und die Wirkungsabsicht der Macher auf der Strecke blieb.
Bis zum Mauerbau konnte die Jugend in der DDR, allerdings unter dem omnipräsenten Ein-
fluss staatlicher Propaganda über die feindliche Wirkung der westlichen Kulturindustrie, noch direkt
an deren Leitbildern partizipieren. Nach dem 13.August 1961 sagte die SED der geistigen Republik-
flucht 377 von Jugendlichen den Kampf an. Parallel dazu entwickelte die FDJ eigene jugendkulturpoli-
tische Initiativen, um ihre Akzeptanzkrise zu überwinden.378 Im Zusammenhang mit dem seit Anfang
1963 veränderten Wirtschaftskurs des Neuen Ökonomischen System der Planung und Leitung
(NÖSPL) bewegte sich der Staat mit Jugendkommuniqué (1963)379, Jugendgesetz (1964) 380 und Ju-
gendradio DT 64 auf die Jugend zu. Im Jugendkommuniqué hieß es: Die Jugend hat ein Recht auf
geselliges Beisammensein, auf Tanz und Musik, auf Film und Theater, auf sportliche Betätigung, auf
Wandern und Touristik. Natürlich hat sich in unserer Zeit ein anderer Geschmack gebildet, andere
Tänze, andere Formen der Freizeitbeschäftigung, als das bei früheren Generationen der Fall war,
sind entstanden.381 Dennoch blieb der Aktionsrahmen der Jugendkultur streng reglementiert: Wir
grenzen uns entschieden von der sogenannten westlichen Lebensweise ab, die die Jugendlichen mora-
lisch verseucht und das Ziel verfolgt, die menschlichen Gefühle in ihnen abzutöten und willfährige
Werkzeuge der Kriegspolitiker aus ihnen zu machen. Schundliteratur, Horrorfilme, Verstümmelung
377 Wierling (2002). S.215. 378 Dahlke (2004). S.331. 379 Jugend von heute, Hausherren von morgen – Der Jugend Vertrauen und Verantwortung. Kommuniqué des Politbüros des ZK der SED zu
Problemen der Jugend in der DDR. 1963. 380 Zu Inhalten und Zielen des Jugendgesetzes vgl. Borowsky 2002. 381 Jugend von heute, Hausherren von morgen 1963.
81
von Sprache, Musik und Tanz, Rücksichtslosigkeit gegenüber Erwachsenen sowie Rohheit in den Be-
ziehungen zwischen den Geschlechtern zeichnen diese ‚abendländische Kultur’ aus. Unsere Jugend
wächst nicht im Treibhaus und auch nicht im Kloster auf.382 1962 wurde auf der ersten sexualpädago-
gischen Konferenz der DDR hervorgehoben, dass Jugend keine Gefährdungsphase an sich sei. Als
Risikofaktoren für nonkonformes Verhalten wurden die häusliche Erziehung, ungünstige Familienver-
hältnisse, fehlende oder falsche Sexualerziehung, doppelte Moral oder der western way of life, der aus
der kapitalistischen Konsumterror-Gesellschaft in die DDR herüberschwappe 383, ausfindig gemacht.
Im Jugendbild des 1.Jugendgesetzes der DDR (1964) waren auch körpertheoretische Normati-
ve formuliert, die die Grenzen des offiziellen Jugend(körper)bildes festschrieben.384 Dort wird Jugend
als wichtige Phase der gesellschaftlichen, moralischen, psychischen und physischen Entwicklung, d.h.
der Persönlichkeitsentwicklung jedes Menschen beschrieben. Ihr Inhalt, so heißt es weiter, sei jedoch
im wesentlichen von den gesellschaftlichen Verhältnissen 385 abhängig. Dem marxistischen Jugendbe-
griff lag die Auffassung zugrunde, dass nicht das biologische Alter Aufschluss über den körperlichen,
geistigen und gesellschaftlichen Entwicklungsstand der Angehörigen einer bestimmten Altersgruppe
gibt, sondern die Analyse der spezifischen gesellschaftlichen Anforderungen an die junge Generation
im Zusammenhang mit subjektiven Voraussetzungen und Fähigkeiten, die notwendig sind, um diese
Anforderungen zu erfüllen und Neues, Eigenes hinzuzufügen.386 Der psychosexuellen Entwicklung in
der Pubertät wurde kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Man grenzte sich damit von bürgerlichen Auf-
fassungen der Jugend ab, die sich durch das Überschätzen der physischen und psychischen Erschei-
nungen im Jugendalter auszeichneten. Sie leiteten aus diesen Veränderungen sogenannte jugendtypi-
sche Einstellungs- und Verhaltensweisen (starke Stimmungsschwankungen, Kritikempfindlichkeit,
Distanz zur Erwachsenenwelt u.a.) ab.387 Im Sozialismus sollten diese Phänomene fortan nur noch
eine untergeordnete Rolle spielen. Damit wurde der Problemhorizont Pubertätskrise als Konfliktfeld
ausgeblendet. Jugend habe einen sozialen Körper hervorzubringen, so hieß es, der als Resultat des
einheitlichen Erziehungs- und Bildungsprozesses den kollektiv sozialisierten Typus des Neuen Men-
schen repräsentiere. Im 1. Jugendgesetz der DDR wurden Konturen eines funktionalen sozialistischen
382 Ebd. 383 Ergebnisse der Rostocker Tagung zu Fragen der Geschlechtserziehung 1962. Zit. nach Stumpe/ Weller (1995). S.30. 384 Jugend und Gesundheit. Informations- und Argumentationsmaterial zur Gesundheitserziehung. 1977. S.3f. 385 Ebd. S.5. 386 Ebd. 387 Ebd. S.7.
82
Körperkonzeptes entwickelt, das die Koinzidenz von Gesellschafts- und Persönlichkeitsentwicklung
als normativ setzte. Im Rahmen des sexualpolitischen Diskurses wurden körpersinnliche Erfahrungen
unter der Kategorie psycho-physische Gesundheit geführt.388 An anderer Stelle ein glückliches Ehe-
und Familienleben als für die Jugend der DDR sehr erstrebenswertes Lebensziel betont.389 Auch im
Jugendkommuniqué hatte es bereits geheißen: Echte Liebe gehört zur Jugend, wie die Jugend zum
Sozialismus gehört. Jede echte Liebe zweier junger Menschen verdient ehrliche Anerkennung. Wir
wollen echte, tiefe, saubere, menschliche Beziehungen und keine klösterliche Moral.390 Sozialistische
Sexualerziehung besaß für die Formung der sozialistischen Persönlichkeit einen wichtigen Stellen-
wert. Sexualerziehung im Sozialismus wurde als Vorbereitung der heranwachsenden Generation auf
Liebe, Ehe und Familie unter den Bedingungen der Gleichberechtigung der Geschlechter verstanden.
Sie ist stets auf den Aufbau eines moralischen Wertsystems orientiert, das das Sexualverhalten ein-
schließlich der Stellung zu Ehe und Familie im Sinne der sozialistischen Moral und Ethik bestimmt.391
Die sozialistische Sexualpädagogik sollte zu Verhaltens- und Erlebnisweisen einer neuen sozialisti-
schen Geschlechtermoral befähigen. Es ging um ein Bewusstsein, das Verhalten zur eigenen Ge-
schlechtlichkeit und zum anderen Geschlecht zu steuern zu vermögen und erotische und intimsexuelle
Begegnungen im sinnvollen und sittlichen Verhältnis gestalten zu können.392 Sexualität sollte mit fes-
tem Verantwortungsbewusstsein gegenüber sich selbst, dem Partner, dem zukünftigen Leben und der
Gesellschaft sowie der Würde des Menschen praktiziert werden.393 Die richtige Sexualerziehung sollte
helfen, sich aktiv mit überlebten spätbürgerlichen Moralauffassungen, schädlichen Umwelteinflüssen,
unmoralischen Gewohnheiten und Verhaltensweisen auseinander zu setzen und sich offen zu den Auf-
fassungen und Einstellungen in den Geschlechtsbeziehungen, entsprechend der sozialistischen Moral,
zu bekennen.394 Hauptanliegen war die Vorbereitung und Befähigung zur Ehe, zur Gründung und Füh-
rung einer sozialistischen Familie, in der vernünftige Familienplanung realisiert wird.395 Betont wur-
de zudem, dass aufgrund der sozialen Bedingtheit und der gesellschaftlichen Bedeutsamkeit der Ge-
schlechtsbeziehungen die sexuellen Beziehungen zwischen Frau und Mann nicht außerhalb der Ver-
omnipräsente geistige Mütterlichkeit konstruiert ist, die als stilbildend für eine ganze Frauengeneration
der Nachkriegsgeschichte gelten kann. Sie wird zusammen mit der Richterin Barbara zur Protagonistin
des antifaschistischen Opferdiskurses im Film.
Abschließend lässt sich zusammenfassen: Im Plot des DEFA-Films Frauenschicksale werden
die einzelnen Frauenfiguren im Handlungsverlauf als solidarisches Kollektiv des sozialistischen Auf-
bauwerkes in der SBZ/DDR thematisiert und symbolisieren die frühe DDR als Projekt in weiblicher
Gestalt.427 Die Entwicklung des individuellen Schicksals wird dabei im Zusammenhang mit dem kol-
lektiven Schicksal der Nation entworfen. Zugleich repräsentiert der Film die Wiedergeburt der Nation
als antifaschistischen Gründungsakt und inszeniert Mütterrhetorik im Zusammenhang mit einer post-
faschistischen Friedensbotschaft.
Fünf Jahre später ist in Vergeßt mir meine Traudel nicht eine gänzlich andere Geschlechter-
performance entwickelt worden: Hier wird die Bildung einer neuen nationalen Identität als Sozialdis-
ziplinierung des sexualisierten Körpers der fremden Frau erzählt. Devianz und seelische Deformation
sind hier Hinterlassenschaften des NS und der Kriegs- und Nachkriegszeit. Als Kind politisch verfolg-
ter Eltern wird die Hauptfigur Traudel im Laufe der Filmhandlung als antifaschistischer Symbolträger
semantisiert. Die Victimisierung der heimat- und identitätslosen Waise geht einher mit ihrer Rehabili-
tierung als sittlich Gefährdete. In der Programmierung seiner mehrfachen Opferrolle wird das unge-
zähmte Mädchen schließlich zum Liebesobjekt und Zivilisierungsprojekt einer sozialistischen Männ-
lichkeit/Menschlichkeit. Die körperliche und soziale Identitätsstiftung des Mädchens erfolgt hier durch
eine männliche Figur, die qua Funktion auch den Staat repräsentiert. Auf der Ebene der symbolischen
Repräsentation kann gelesen werden, dass eine weibliche, vergangenheitsverhaftete Projektionsfläche
(Nation) durch einen männlichen Kreateur und sein Konzept idealer Weiblichkeit zu neuem Leben
erweckt wird. Hinsichtlich der Geschlechtersymbolik sind zwischen Frauenschicksale (1952) und
Vergeßt mir meine Traudel nicht (1957) Unterschiede zu konstatieren: Während die Aufräumarbeiten
des Krieges, die Überlebensorganisation der Nachkriegszeit und das Aufbauwerk der Anfangsjahre
den Frauen überlassen war, ist die federführende Gestaltung der sozialistischen Nation Ende der
1950er Jahre wieder traditionell ein Projekt von Männern.
427 Wierling (1999). S.168.
97
7.2 1960er Jahre: Körper und Gender in Generationenkonflikten der Modernisierungsphase der DDR
In den 1960er Jahren zeichnet sich ein Wandel in der politischen Selbstrepräsentation der
DDR ab: Im Zentrum befinden sich nun nicht mehr die Mütter der Generation des Neuen Menschen,
sondern diese Generation selbst. Mit ihr verband der Staat seine größten Hoffnungen: Die Sechziger
Jahre sind in der DDR nicht nur eine Phase partieller Liberalisierung, sondern auch die Hoch-Zeit
eines pädagogischen Optimismus, der sich auf die Nachkriegsgeborenen richtete und in der Mitte des
Jahrzehnts umschlug in Enttäuschung und Aggression gegenüber denjenigen, die sich diesem Erzie-
hungsanspruch als widerstrebend und unzugänglich erwiesen.428 Die DEFA-Spielfilme Die Glatz-
kopfbande (1961), Denk bloß nicht, ich heule (1965) und Heißer Sommer (1968) stehen im Zeichen
des Eintritts der DDR in das neue Zeitalter des Sozialismus.429 Der Transformationsprozess wird als
ambivalentes Gebilde aus innenpolitischer Modernisierung und kultureller Modernisierungskrise im
Motiv des Generationenkonfliktes thematisch: Gründer- und Aufbaugeneration stoßen auf den Wider-
stand der Nachkriegsgeneration, die ihr Leben selbst bestimmen und Jugend nach ihren Vorstellungen
ausleben will.
Die Filmanalysen haben gezeigt, dass der Wandel von Jugend(leit)bildern in der DDR zwi-
schen 1962 bis 1968 insbesondere auch an den Inszenierungen jugendlicher Körperidentitäten und
Geschlechterbeziehungen abzulesen ist. Der Verhandlungsmarathon zwischen Staat, Elterngeneration
und Jugend spannt sich in der Gemengelage von normativen Leitbildern und subkulturellen/ individu-
ellen Identitätsentwürfen ab. Die entworfenen Freund-/Feindbilder sind von sexuellen und Genderse-
mantiken durchsetzt, wobei das nationale Selbstbild über sozialistische Moralnarrative kommuniziert
wird. Die Subversivität der Jugendmusikkulturen wird in den 1960er Jahren in einer volkseigenen
Jugendkulturästhetik normalisiert. Auch in der DDR ist dann eine eigene Teenagerkultur erlaubt, die
sich allerdings deutlich von amerikanischen und britischen Vorlagen unterscheidet. Der Rowdytum-
Diskurs knüpfte ungebrochen an antimoderne, zivilisationskritische und antiwestliche Motive an und
habe in seiner Rede von Dekadenz und sexuellen Ausschweifungen dem Entartungsdiskurs der natio-
nalen Rechten erstaunlich nahe gestanden, so Thomas Lindenberger: Mit seinen aggressiven Attribu-
428 Wierling (2002). S.189. 429 Zit. nach Spittmann (1987). S.30.
98
ten (‚parasitär’, ‚niveaulos’, ‚primitiv’) und seiner Fixierung auf die Reproduktion von Rowdytum und
Asozialität durch ein eingrenzbares ‚negatives’ Milieu kann dieser Diskurs durchaus als DDR-
Variante sozialrassistischer Ideologeme angesehen werden, die zum festen Arsenal nazistischer wie
stalinistischer Politiken gegen ‚Gemeinschaftsfremde’ gehörten und in beiden Diktaturen Hunderttau-
sende das Leben gekostet hatte.430 Dieser Diskurs wird im DEFA-Film die Die Glatzkopfbande in
Szene gesetzt, der heute als einer der ersten Beiträge zur Skinhead- und Hooliganszene in der DDR
gilt. Chauvinismus, Sexismus und Zerstörungstrieb der männlichen Mitglieder der Rockerbande und
der attraktive, begehrenswerte und sexuell aktive Frauenkörper sind Attribute der Feindbildprodukti-
on.
Die Filmanalysen haben gezeigt, dass Jugend(leit)bilder in DEFA-Filmen einerseits in Diskur-
sen um Arbeit versus Freizeitkultur verhandelt werden. Auf der anderen Seite steht Sexualmoral als
Medium des sozialistischen Bewusstseins der Figuren zur Diskussion. Über dieses einprägsame, simp-
le Rollenmuster wird kulturelle Differenz zwischen Eigenem und Fremden inszeniert und kulturel-
le/nationale Identität über Gender, Körper und Sexualität prozessiert. Die Inszenierung sexualmorali-
scher (Dis-)Positionen von Mädchen und Frauen ist wiederum in allen drei Filmen entscheidend mit
der Handlungsdynamik verbunden. Der Kampf der Generationen um kulturelle Normen, Mitbestim-
mung und Modernisierung in der DDR wird als Diskurs um die Moral der Frauen (Nation) ausgetra-
gen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in den Filmdiskursen traditionelle biopolitische
Stereotype des Frauenkörpers zitiert werden. Diese zielen auf die Einbindung der weiblichen Sexuali-
tät in eine triebkontrollierte und auf Ehe und Familie ausgerichtete Liebesbeziehung ab. Junge Frauen
symbolisieren auch in den Filmen der 1960er Jahre Fortbestand und Zukunft der Gemeinschaft und
repräsentieren die Nation, während Männern die Rolle von Gestaltern, Erziehern und Beschützern
zukommt. Negativ überzeichnete bürgerliche Männer- und Frauenbilder und Geschlechterklischees
konkurrieren mit neuen, modifizierten sozialistischen Varianten. Mit der beruflichen Gleichstellung
der Frauen, der Etablierung einer modernen Sexualpädagogik und einer neuen sexuellen Verhand-
lungsmoral rückte die Propagierung des sozialistischen Liebesideals dann Ende der 1960er Jahre ver-
430 Lindenberger (2003). S.447.
99
stärkt ins Zentrum der Moralkommunikation beider Geschlechter. Das heterosexuelle Paarglück war
dann gleichzeitig auch eine Botschaft über die Romanze der Jugend mit dem Sozialismus und die Zu-
kunft der DDR.
100
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