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Seite 1 Fremde, Fremdsein und Flüchtlinge in der Bibel (2015) von Michael Holze Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung .................................................................................................................................................. 2 2. Eigene Erfahrungen von Fremdsein in der Bibel ...................................................................... 2 2.1. Kain auf der Flucht ........................................................................................................................ 3 2.2. Die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob ................................................................................ 3 2.3. Mose und das Volk Israel als Fremde ..................................................................................... 4 2.4. Fremdsein und Fluchterfahrungen von Josua bis zum babylonischen Exil ............ 5 2.5. Erfahrungen von Flucht und Verfolgung im Neuen Testament ................................... 7 3. Die theologische Bedeutung der Fremden und des Fremdseins in der Bibel ............... 7 3.1. Bei der Schöpfung waren alle Menschen gleich vor Gott ............................................... 7 3.2. Verschiedene Gruppen von Fremden im Alten Testament............................................ 8 3.2.1. Die fremden Völker werden auch von Gott gesegnet .............................................. 8 3.2.2. Die Fremden im eigenen Land ...................................................................................... 11 3.2.3. Die metaphorische Selbstbezeichnung des Volkes Israel als Fremde vor Gott 12 3.3 Fremdsein im Neuen Testament in theologischer Hinsicht............................................. 13 3.3.1. In den Evangelien .................................................................................................................... 13 3.3.2. Die theologische Deutung des Fremdseins der Christen im Neuen Testament .................................................................................................................................................................... 14 4. Der Umgang mit Fremden – die ethische Dimension ........................................................... 16 4.1. Der Umgang mit Fremden und Flüchtlingen in den Rechtstexten des Pentateuch 16 4.3. Abgrenzungen gegenüber Fremden .................................................................................... 19 4.3. Umgang mit Fremden im Neuen Testament..................................................................... 20 4.3.1. Die Ethik Jesu als Ethik der Liebe und Barmherzigkeit ........................................... 20 4.3.2. Die Ethik der Gastfreundschaft in den neutestamentlichen Briefen .................. 21 4.3.3. Die Situation im ersten Jahrhundert ............................................................................... 22 5. Zusammenfassung und Ausblick .................................................................................................. 23 5.1. Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................................................... 23 5.2. Ausblick auf die heutigen Verhältnisse ................................................................................... 24 6. Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 25
26

Fremde, Fremdsein und Flüchtlinge in der Bibel (2015)

Mar 29, 2023

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Page 1: Fremde, Fremdsein und Flüchtlinge in der Bibel (2015)

Seite 1

Fremde, Fremdsein und Flüchtlinge in der Bibel (2015)

von Michael Holze

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung .................................................................................................................................................. 2

2. Eigene Erfahrungen von Fremdsein in der Bibel ...................................................................... 2

2.1. Kain auf der Flucht ........................................................................................................................ 3

2.2. Die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob ................................................................................ 3

2.3. Mose und das Volk Israel als Fremde ..................................................................................... 4

2.4. Fremdsein und Fluchterfahrungen von Josua bis zum babylonischen Exil ............ 5

2.5. Erfahrungen von Flucht und Verfolgung im Neuen Testament ................................... 7

3. Die theologische Bedeutung der Fremden und des Fremdseins in der Bibel ............... 7

3.1. Bei der Schöpfung waren alle Menschen gleich vor Gott ............................................... 7

3.2. Verschiedene Gruppen von Fremden im Alten Testament............................................ 8

3.2.1. Die fremden Völker werden auch von Gott gesegnet .............................................. 8

3.2.2. Die Fremden im eigenen Land ...................................................................................... 11

3.2.3. Die metaphorische Selbstbezeichnung des Volkes Israel als Fremde vor Gott 12

3.3 Fremdsein im Neuen Testament in theologischer Hinsicht............................................. 13

3.3.1. In den Evangelien .................................................................................................................... 13

3.3.2. Die theologische Deutung des Fremdseins der Christen im Neuen Testament .................................................................................................................................................................... 14

4. Der Umgang mit Fremden – die ethische Dimension ........................................................... 16

4.1. Der Umgang mit Fremden und Flüchtlingen in den Rechtstexten des Pentateuch 16

4.3. Abgrenzungen gegenüber Fremden .................................................................................... 19

4.3. Umgang mit Fremden im Neuen Testament..................................................................... 20

4.3.1. Die Ethik Jesu als Ethik der Liebe und Barmherzigkeit ........................................... 20

4.3.2. Die Ethik der Gastfreundschaft in den neutestamentlichen Briefen .................. 21

4.3.3. Die Situation im ersten Jahrhundert ............................................................................... 22

5. Zusammenfassung und Ausblick .................................................................................................. 23

5.1. Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................................................... 23

5.2. Ausblick auf die heutigen Verhältnisse ................................................................................... 24

6. Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 25

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1. Einleitung

Fremde und Flüchtlinge sind für die Bibel ein wichtiges Thema. Denn zum einen haben

viele biblische Personen Flucht und Fremdsein selber erlebt und zum anderen ist es

auch für Theologie und Ethik wichtig. Gott wird im Alten Testament als Retter in der

Fremde beschrieben. In der Sozialgesetzgebung wird die Fürsorge für Fremde geregelt.

Und Gastfreundschaft für Fremde gilt in der Bibel wie im gesamten Orient als hohes Gut.

In diesem Beitrag wird daher nun zunächst auf die Erfahrungen von Flucht und

Fremdsein eingegangen. Auch die Gründe für Flucht und Fremdsein sind dabei

interessant. Danach werden die theologischen und ethischen Aussagen zum Thema

untersucht.

2. Eigene Erfahrungen von Fremdsein in der Bibel

Die hebräische Bibel (das Alte Testament) unterscheidet zwei Begriffe von Fremden:

erstens den Begriff ger (hebr.: rg) )) und zweitens den Begriff nachri (hebr. Yrkn) )). Der

Begriff ger wird in der Regel für Leute benutzt, die nicht mehr an ihrem Heimatort

wohnen, aber keine Ausländer sind1. Mit dem Begriff „ger“ für Fremder werden viele

Personen in der Geschichte Israels beschrieben. Das Fremdsein hat dabei besonders die

Bedeutung „schutzbefohlen zu sein“. „Als ‚Fremde’ (ger) werden Menschen bezeichnet,

die an einem Ort dauerhaft leben, wo sie von Haus aus nicht hingehören, wo sie keine

Verwandten und keinen Grundbesitz haben.“2

„Nachri“ steht (fast) immer in einem negativen Bedeutungszusammenhang: es ist, so

könnte man übersetzen: der Fremde, der Israel und seinen Prinzipien feindlich und

ablehnend gegenübersteht. ... Der Fremde als nachri ist also durchaus jemand, der von

Israel abgelehnt und ausgeschlossen wird. Dies aber nicht wegen seines Fremdseins als

1 C. Bultmann stellte in seiner Dissertation die Grundthese auf, dass ger nur Leute bezeichnet, die zwar an ihrem

Aufenthaltsort fremd sind, aber doch alle israelitischer Herkunft sind (C: Bultmann, Der Fremde im antiken Juda, FRLANT 153, Göttingen 1992, passim). 2 F: Crüsemann, Die Tora, 3. Auflage Gütersloh 2005, 214.

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solchem, sondern weil er in götzendienerischer und auch unsozialer Absicht Israel

gegenübersteht.“3

Zwei Beispiele aus der Geschichte Israels bezeugen allerdings, dass es auch Fremde als

„Nachri“ gab, die sich doch als Anhänger des Gottes Israels herausstellen: erstens ist das

Moabiterin Rut, die nach Rut 2,10 als nachrijah (Fremde) gilt und sich trotzdem nach

Rut 1,16 zum Gott ihrer Schwiegermutter bekennt. Zweitens bekennt sich der Philister

Ittai zu dem König David (2. Sam 15,18f.) und zu dem Gott Israels.

2.1. Kain auf der Flucht

Nach dem Brudermord wird Kain zum ersten Flüchtling in der Bibel. Das besondere

dabei ist, dass der Fluch Gottes der Grund dafür ist, dass Kain zum unsteten Flüchtling

wurde. „Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden“ (Gen 4,12). Kain hatte die Strafe

verdient, nachdem er seinen Bruder erschlagen hatte.

Kain ist damit ein Symbol für die schuldige Menschheit. Aber selbst der schuldige Kain

bekommt von Gott ein Zeichen des Erbarmens. Das Kainszeichen ist ein Schutzzeichen,

das dem flüchtigen Kain Schutz vor Totschlag gewährleisten sollte (Gen 4,15). „Das

letzte Wort in dieser Geschichte hat nicht Kain, sondern Gott, der nun das verwirkte

Leben Kains unter strengen Schutz stellt. … Auch dieses Leben gehört noch Gott und ist

von ihm nicht preisgegeben.“4.

2.2. Die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob

Abram bekam von Gott den Auftrag (Gen 12,1-3), sein Vaterland zu verlassen und in

ein fremdes Land zu ziehen. Später musste Abraham wegen einer Hungersnot als

Fremder in das reichere Ägypten ziehen (Gen 12,10-20). Weitere Jahre später zog

Abraham erneut ins Südland und wohnte als Fremdling in Gerar, im Land der

Philister (vgl. Gen 20,1 und Gen 21,23.34). Bei Saras Tod zeigte sich, dass Abraham

sich auch in Kanaan immer noch als Fremdling fühlte (vgl. Gen 23,4).

3 F. Wessel, Asyl – ein demokratisches Grundrecht und seine Begründung in der Bibel, Vortrag vom 10.09.1989 in Aachen, http://www.arjeh.de/bibel/AT/fremder.html (Homepage von Friedrich Wessel, Stand 11.11.2013). 4 G. v. Rad, Das erste Buch Mose, ATD 2/4, Göttingen 1953, 87.

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Auch Isaak musste wegen einer Hungersnot nach Gerar ins Land der Philister ziehen

(vgl. Gen 26,1 und 35,27 zu Abraham und Isaak)). Im Rahmen der Verheißung Gottes

wurde Isaak allerdings gesagt, nicht nach Ägypten zu ziehen, sondern als Fremdling

in Gerar zu bleiben (Gen 26,2f.)

In der Bibel gab es das also öfter, dass man aus materieller Not in ein anderes reicheres

Land umzieht. Ägypten und Gerar werden dabei zunächst als rein materialistisch

orientierte Länder beschrieben, die in ihrem Reichtum gefangen sind, insofern sie nur an

dem interessiert sind, was Abraham bzw. Isaak mitbringen, nämlich ihre begehrens-

werten Frauen5.

Jakob wurde zunächst von seiner Mutter geraten vor seinem Bruder Esau nach

Haran zu fliehen (Gen 27,41-43), weil Esau ihn umbringen wollte. Danach wurde

Jakob von seinem Vater beauftragt, nach Mesopotamien zu seinem Onkel Laban zu

reisen, um dort eine von Labans Töchtern zu heiraten (Gen 28,1-4). Jakob blieb lange

in der Fremde (Gen 32,5).Allerdings wird Jakob von Laban viele Jahre lang

ausgenutzt (Gen 29,15-30) und dazu auch noch betrogen (Gen 29,23-26).

Das zeigt die Rechtlosigkeit, der man in der Fremde oft ausgesetzt war.

Joseph wurde als Sklave nach Ägypten verkauft (Gen 37,28) und lebte dort als

Fremder.

2.3. Mose und das Volk Israel als Fremde

Nach einer weiteren Hungersnot kamen auch die Brüder von Joseph nach Ägypten,

um dort als Fremde zu wohnen (Gen 47,4). Daraus ergibt sich die Fremdlingsschaft

des ganzen Volkes Israel, das nach Ex 1 auch Unterdrückung in der Fremde erlebt.

Mose floh vor dem Pharao nach Midian, wurde dort aber gut aufgenommen (Ex

2,15ff.). Das Gefühl des Fremdseins beschreibt die Namensgebung von Gershom, des

Sohnes von Mose, denn Mose hatte gesagt: „Ich bin ein Gast geworden in fremdem

Land (Ex 18,3).Schließlich zieht Mose mit dem ganzen Volk Israel aus Ägypten aus

5 F. Wessel deutet den Text so, dass auch Deutschland heute sich ähnlich wie Ägypten und Gerar verhält: „Unser Land,

die Bundesrepublik, ist heute die Fremde, d.h. ein Land, in dessen Schutz sich viele Flüchtende begeben. Die Parallelen zu

Ägypten und Gerar sind unübersehbar: es geht auch bei uns um nackte Zahlen und Statistiken, hinter denen die menschlichen

Schicksale verschwinden. Die Forderung nach Einsicht ist noch unerfüllt - noch herrscht die Krämerseele. Die Geschichte

von Abraham und Isaak könnte uns lehren, daß es jenseits davon bessere Möglichkeiten gibt, den Fremden zu akzeptieren

und ihm zum Leben zu verhelfen.“

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(Ex 12,41). Die folgende Nomadenzeit in der Wüste führte sie danach nicht schnell

ins Heimatland.

In der Erinnerung des Volkes Israel war die Erfahrung des Fremdseins in Ägypten

eine starke prägende Erfahrung, die im sogenannten kleinen geschichtlichen Credo

von den deuteronomistischen Geschichtsschreibern zusammengefasst wurde:

„Mein Vater war ein Aramäer, dem Umkommen nahe und zog nach Ägypten und war dort

ein Fremdling mit wenig Leuten und wurde dort ein großes, starkes und zahlreiches Volk.

Aber die Ägypter behandelten uns schlecht und bedrückten uns und legten uns einen harten

Dienst auf. Da schrien wir zum Herrn, dem Gott unserer Väter. Und der Herr erhörte unser

Schreien und sah unser Elend, unsere Angst und Not, und führte uns aus Ägypten mit

mächtiger Hand und ausgestrecktem Arm und mit großem Schrecken durch Zeichen und

Wunder, und brachte uns an diese Stätte und gab uns dies Land, darin Milch und Honig

fließt“ (Dtn 26, 6-9).

2.4. Fremdsein und Fluchterfahrungen von Josua bis zum babylonischen Exil

Josua führte das Volk Israel nach dem biblischen Bericht im Buch Josua (1-12) in das

für ihn fremde aber verheißene Land Kanaan. So sieht es jedenfalls die

deuteronomistische Geschichtsschreibung, die die Landnahme ca. 500 Jahre später

beschrieb6.

Der Stamm Levi hatte kein eigenes Land zugewiesen bekommen. Einige Leviten

mussten sich daher eine Stelle in der Fremde suchen so wie der Levit aus Bethlehem,

der bei Micha auf dem Gebirge Ephraim eine Anstellung fand (Ri 17,7-12).

Auch bei der Schandtat von Gibea war die Hauptperson ein Levit, der als Fremdling

auf der Durchreise war mit seiner Nebenfrau (Ri 19,1ff.). Der Levit wurde von dem

Hauswirt beschützt, weil ihm das Gastrecht wichtig war. Statt des Leviten wurde

aber seine Nebenfrau an den Mob der ruchlosen Männer herausgegeben (Ri 19,25).

6 Die historisch-kritische Forschung bestreitet die Historizität des Berichtes in Josua 1-12, besonders die Darstellung, dass alle 12 Stämme an der Landnahme gemeinsam beteiligt waren (vgl. H. Donner, Die Geschichte Israels Bd.1, ATD Erg. 4.1, Göttingen 1984). Eine alternative Deutung, die von der historischen Zuverlässigkeit des Josuabuches ausgeht, bietet R. Möckel, Die historische Verlässlichkeit des Buches Josua, (in: ders., Gottes zuverlässige Urkunde, Dillenburg 2011, 71-80). Möckel argumentiert hauptsächlich mit archäologischen Funden, die die Landnahme als möglich erscheinen lassen. Möckel lehnt in seinem Buch auch für die anderen Bücher des Alten Testaments die Quellenscheidung und die Datierungen der historisch-kritischen Forschung ab. Im Folgenden werden allerdings die Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung berücksichtigt.

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Elimelech zog mit seiner Frau Noomi und seinen beiden Söhnen in die Fremde von

Bethlehem nach Moab, weil es zu Hause eine Hungersnot7 gab (Rut 1,2). Er blieb in

der Fremde und starb dort. Seine Söhne nahmen sich moabitische Frauen und

starben irgendwann auch. Nach ihrem Tod ging Noomi wieder in ihre Heimat, ins

Land Juda zurück. Rut, eine ihrer Schwiegertöchter begleitete sie, so dass Rut in Juda

als Fremdling lebte. Rut galt dabei sogar als nachri (s.o.), weil sie ja eigentlich einem

Volk angehörte, das fremde Götter anbetete. Durch die Heirat mit Boas wird die

Ausländerin Rut dann zu einer für Israel wichtigen Gestalt im Stammbaum von

David.

Selbst der spätere König David hat Erfahrungen als Flüchtling, als er vor seinem

Schwiegervater König Saul floh und sich teilweise sogar außerhalb Judas bei den

Philistern versteckte. Nach 1.Sam 21,11ff. und 1.Sam 27f. floh David mehrmals zum

König Achisch von Gat.

Der Prophet Elia flüchtete vor der Königin Isebel in die Wüste und bis zum

Gottesberg Horeb (1.Kön 19,1-18).

Später riet der Prophet Elisa einer Frau, in die Fremde zu ziehen (2. Kön 8,1), weil

eine Hungersnot kommen sollte. Die Frau ging dann tatsächlich für sieben Jahre ins

Land der Philister (1.Kön 8,2).

Nach der Eroberung Jerusalems durch den babylonischen König Nebukadnezar III.

(587 v. Chr.) wurde die Jerusalemer Oberschicht ins babylonische Exil deportiert und

musste in der Fremde wohnen. Auch diese Erfahrungen waren sehr prägend für das

jüdische Volk, wie das Buch der Klagelieder zeigt. Von den Propheten (Jeremia und

Ezechiel) wurde das Exil als gerechtes Gericht Gottes gedeutet aber auch neues Heil

verheißen.

7 So war auch er ein „Wirtschaftsflüchtling,“.

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2.5. Erfahrungen von Flucht und Verfolgung im Neuen Testament

Nach der Legende in Mt 2,13-15 musste die Familie von Jesus aus politischen

Gründen vor dem König Herodes nach Ägypten fliehen8.

Schon Jesus sagte seinen Jüngern voraus, dass auch sie Leidenserfahrungen haben

werden, dass sie ihr „Kreuz auf sich nehmen“ (Mt 10,38 par) und sich die Nachfolge

gut überlegen sollten (Mt 8,21f.). Das wurde von der christlichen Gemeinde jeweils

auch auf ihre Verfolgungssituation bezogen.

Nach der lukanischen Darstellung in Apg 8,1 wird die erste christliche Gemeinde in

Jerusalem nach der Steinigung des Stephanus so sehr verfolgt, dass die Christen sich

in alle Länder9 zerstreuten. Nach neutestamentlichem Verständnis bewirkt diese

Verfolgung allerdings etwas Positives, denn so wurde durch die Zerstreuung der

Christen das Evangelium weiter ausgebreitet und so wurde der Missionsauftrag von

Apg 1,8 bereits teilweise erfüllt.

In der Diaspora fühlten sich die Christen selber als Fremdlinge und werden auch als

solche angesprochen. Das zeigt sich besonders im ersten Petrusbrief (1Petr 1,1, und

2,11) 10.

3. Die theologische Bedeutung der Fremden und des Fremdseins in der Bibel

3.1. Bei der Schöpfung waren alle Menschen gleich vor Gott

Nach biblischem Zeugnis hat Gott die ganze Welt und alle Menschen geschaffen. Von der

Schöpfung her gibt es dabei keinerlei Unterschied zwischen den verschiedenen Völkern

und Rassen der Menschheit11. „Jedem Menschen, unabhängig von seiner Rassen- und

88 Die Historizität der Flucht nach Ägypten ist wie bei allen Kindheitsgeschichten Jesu in der kritischen Forschung

umstritten. U. Luz fragt in seinem Kommentar zur Stelle allerdings, „ob nicht hinter der Überlieferung von einem Ägyptenaufenthalt Jesu ein wahrer Kern steckt“ (Das Evangelium nach Matthäus (Mt 1-7), EKK 1,1, Neukirchen-Vluyn, 3. Auflage 1992, S. 128), da es auch im Judentum Überlieferungen von Jesus in Ägypten gibt. 9 Die Zerstreuten kamen weiter als nur nach Judäa und Samaria. Darauf weist G. Schille in seinem Kommentar zur Stelle hin (Die Apostelgeschichte des Lukas, ThHNT 5, Berlin 1983, S. 197). 10 Vgl. R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, WUNT 64, Tübingen 1992. 11 Vgl. M. Zehnder, Umgang mit Fremden in Israel und Assyrien, Stuttgart 2005, S. 291.

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Volkszugehörigkeit, wird die Gottesebenbildlichkeit zugeschrieben und darum auch ein

Anspruch, als Bild Gottes behandelt zu werden.“12

Auch die Völkertafeln in Gen 10-1113 beschreiben die Völker nur geschichtlich-politisch

„ohne Vorrang und ohne irgendeine Wertung“14

Von daher widerspricht die Bibel im Prinzip jeder Form von Rassismus und

Unterdrückung anderer Völker und Rassen.

3.2. Verschiedene Gruppen von Fremden im Alten Testament

Seit der Erwählung Abrahams und später der Erwählung Israels als Volk Gottes wird in

der Bibel allerdings unterschieden zwischen dem Volk Gottes und den anderen Völkern.

Die menschlichen Autoren der Bibel verstehen sich selber als an Gott Glaubende, als

Angehörige des Volkes Gottes im Unterschied zu den fremden Völkern15.

Aber nicht nur die fremden Völker außerhalb Israels wurden als Fremde verstanden. Es

gab auch die Fremden im eigenen Land, die nicht zum jüdischen Volk gehörten und die

in der Septuaginta „Proselyten“ (griechisch: genannt wurden. Eine weitere

Gruppe sind die Juden, die nicht mehr an ihrem Heimatort lebten und insofern Fremde

in ihrem aktuellen Wohnort waren.

Darüber hinaus hat auch das Volk Israel selber seine Exils-Erfahrungen in Ägypten und

später in Babylonien theologisch gedeutet und sich als Fremde vor Gott verstanden.

3.2.1. Die fremden Völker werden auch von Gott gesegnet

Obwohl mit Gen 12,1-3 in der Verheißung an Abraham mit der Erwählung Einzelner

bzw. eines einzelnen Volkes eine neue Epoche der Heilsgeschichte beginnt, wird der Gott

des Alten Testaments nicht völlig partikularistisch. Denn in der Verheißung an Abraham

sollen (nach Gen12,3) alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. Auch die Psalmen

12 M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a.a.O., S. 292. 13 Die Kapitel Gen 10-11 werden in der Forschung genauso wie die erste Schöpfungsgeschichte in Gen 1 der Priesterschrift P zugeordnet. Die Texte stammen also vermutlich aus der Exilzeit, genauer aus dem letzten Drittel des sechsten Jahrhunderts (530-510 v. Chr.). 14G. von Rad, Theologie des Alten Testaments, Bd.1, München 1987, S. 175. 15 Die Sonderstellung Israels ist nur durch die Erwählung durch Jahwe begründet und nicht durch irgendeine besondere Leistung des Volkes Israel. Zur Erwählung Israels und zum Bund Gottes mit Israel gehörte auch die konsequente Absonderung von den Praktiken der Heiden (vgl. M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a.a.O., S. 296).

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betonen, dass der Gott Israels ein universaler Gott ist, der über alle Völker herrscht (vgl.

Ps 22,29; 47,3.8f.; 66,5-7; 67,5; 77,15; 96,10.13; 98,9; 99,2 und 103,19)16.

Später wurde den Juden das Gesetz; insbesondere der Dekalog offenbart. Seitdem

wurden die Menschen nach dem ersten Gebot danach beurteilt, ob sie den wahren Gott

Israels anbeten oder ob sie andere Götter anbeten. Besonders in der deutero-

nomistischen Theologie im sogenannten deuteronomistischen Geschichtswerk wurden

die Völker – aber auch Juda und Israel selber – danach beurteilt, ob sie sich an das erste

Gebot hielten. Naturgemäß fiel die Beurteilung der nichtjüdischen Völker dann

entsprechend negativ aus17.

Beim Gebet Salomos zur Einweihung des Tempels werden die Ausländer (nachri)

wieder positiv eingebunden: „Auch wenn ein Fremder, der nicht von deinem Volk Israe l

ist, aus fernem Lande kommt um deines Namens willen …, wenn er kommt, um zu

diesem Hause hin zu beten, so wollest du hören im Himmel, an dem Ort, wo du wohnst,

und alles tun, worum der Fremde dich anruft, auf daß alle Völker auf Erden deinen

Namen erkennen.“ (1 Kön 8,41-43). Hier wird deutlich gesagt, dass auch der Gott Israels

die Gebete der Ausländer erhören soll. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass der

Fremde extra „um Jahwes willen und um zu ihm zu beten in das Land kommt“18.

Der Tempel des Gottes Israels sollte also für die Juden und die Fremden da sein, auch

wenn die Ausländer nur in den Vorhof der Heiden durften.

Entsprechend wird in Ps 72,10-11 gesagt, dass alle Könige und Völker dem Gott Israels

Geschenke bringen, vor ihm niederfallen und ihm dienen sollten.

In Jes 2,2ff. und Micha 4,1ff. wird die Völkerwallfahrt zum Zion beschrieben. Nach

dieser eschatologischen Vision werden in der letzten Zeit viele Völker zum Zion

ziehen, zum Hause Gottes, um von dort Zions Weisung und Gottes Wort zu

empfangen. Gott wird die Völker richten und wenn dann die Schwerter zu

Pflugscharen gemacht werden, wird das ewige Friedensreich beginnen (Micha 4,3).

16 Vgl. M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a.a.O., S. 304f. 17 „Vor allem die Propheten – schon Elia (1 Kön 17f: 2 Kön 1; auch 9) und später besonders Hosea (2-4; 13,4), Jeremia

(2-3; 44) und Ezechiel (8; 16; 20; 23) – kämpften für die Geltung des ersten Gebots und erwarteten seine Verwirklichung in der Zukunft (Jes 2,17; 45,6; 23 u. a.). Auch das Deuteronomium (6,14; 7,4ff; 8,19; 13,2 ff; 17,2 ff u.a.) und die sich ihm anschließende Schule, das deuteronomistische Geschichtswerk erhoben es zur Grundforderung (Jos 23,6 ff; Ri 6, 8-10; 1 Kön 11,2.4.; 2 Kön 17,7.16.35f).“ W. H. Schmidt, Alttestamentlicher Glaube in seiner Geschichte, Neukirchen 6. Auflage 1987, 87. 18 E. Würthwein, Die Bücher der Könige 1Könige 1-16, ATD 11,1, Göttingen 1977, 99. Dieser Teil des Gebets passt gut zur deuteronomistischen Theologie. Von daher ist es keineswegs nötig, 1. Kön 8,41-43 als späteren nachexilischen Zusatz einzuschätzen, wie Würthwein es tut.

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Allerdings gibt es auch viele Droh- und Mahnworte der Propheten gegen die fremden

Völker, weil sie sich gegen Gottes Volk gestellt hatten (vgl. Am 1,3-2,16; Jes 13-23; Jer

25,46-51; .Hab 2,6-20; Zeph 2,4-15; Obd 1-18; Ez 25-32).

In der Exilzeit betonte Deuterojesaja, dass Israel erwählt sei, um den Gott Jahwe als

den wahren Heiland vor den anderen Völkern zu bezeugen (Jes 42,4-7; 43,9-12)19.

Nach Jes 49,6 gilt der zukünftige Gottesknecht als „Licht der Heiden“, als „Heil bis an

die Enden der Erde“.

In nachexilischer Zeit mahnte Jesaja (der seit 1892 von B. Duhm sogenannte

„Tritojesaja“), dass auch die Fremden Zugang zu Gott und zu seinem Tempel haben

sollten (Jes 56,3-7): „Die Fremden, die sich dem Herrn zugewandt haben, ihm

dienen, …., die will ich zu meinem heiligen Berge bringen und will sie erfreuen in

meinem Bethaus, … denn mein Haus wird ein Bethaus heißen für alle Völker“

(V. 6f.)20.

In den späteren Kapiteln von Tritojesaja (60,3f.9f.; 61,9 und 66,12.18-20) wird dann

noch besonders betont, dass die fremden Völker in das künftige Heil einbezogen

werden21.

In einer weiteren Vision (vermutlich aus dem dritten Jahrhundert vor Christus) wird

in Sacharja 14 beschrieben, wie die heidnischen Völker zunächst gegen Israel und die

Stadt Jerusalem anstürmen (V.2-15) und dann werden die Übriggebliebenen der

Heiden jährlich nach Jerusalem ziehen um Gott anzubeten (V. 16).

Fazit: Natürlich wird im Alten Testament hauptsächlich über das jüdische Volk, über die

Staaten Juda und Israel berichtet. Die anderen Völker werden nur am Rande und da

meistens als Feinde Israels erwähnt.

Es konnte aber gezeigt werden, dass die fremden Völker vom Anfang bis zum Ende des

Alten Testaments an verschiedenen Stellen auch positiv erwähnt werden und dass sie in

den Segen und das Heil Gottes eingeschlossen werden, auch wenn es zwischendurch

auch viele Gerichts- und Strafworte gegen die Völker gab.

19 Vgl. M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a.a.O., S.298. 20 Auf dieses Jesajawort bezog sich später Jesus bei der Tempelreinigung (vgl. Mt 20,13 par).

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3.2.2. Die Fremden im eigenen Land

Neben den fremden Ausländern, die nur auf der Durchreise waren und sonst in anderen

Ländern wohnten, gab es auch die nichtjüdischen Fremden (ger), die im Lande Israel

bzw. Juda wohnten. Sie standen unter Gottes besonderem Schutz, denn nach Dtn 10,18

hat Gott „die Fremden lieb, dass er ihnen Speise und Kleider gibt“. Der Fremde hatte

ursprünglich einen untergeordneten rechtlichen und sozialen Schutz. Das änderte sich

jedoch mit der Zeit durch die Gesetze zum Schutz der Fremden, Witwen und Waisen.

Gleichzeitig wurde von den Fremden verlangt, dass sie am religiösen Leben Israels

teilnahmen und die Gebote einhielten.22 Durch die Übernahme der Rechte und Pflichten

im Judentum traten diese heidnischen Fremden praktisch zum Judentum über als

Proselyten.

Die andere Gruppe von Fremden (ger) im eigenen Land waren die Israeliten23, die nicht

mehr in ihrer Heimat wohnten und deshalb auch kein Land besaßen. Diese Gruppe

vergrößerte sich schlagartig nach dem Untergang des Nordreiches Israel im Jahr 722 v.

Chr. Die Israeliten flohen aus dem Nordreich nach Jerusalem und in den ganzen Staat

Juda und wohnten dort als Fremde. Sie verursachten einen großen Bevölkerungs-

zuwachs, besonders in Jerusalem. Sie waren zwar jüdischer Herkunft, aber sie brachten

auch ihre theologischen Traditionen aus dem Nordreich mit24. Das Anbeten fremder

Götter führte zur Verstärkung des Synkretismus in Juda. Dem traten dann die Autoren

des deuteronomistischen Geschichtswerk mit ihrer Betonung des ersten Gebots

entgegen.

Selbst Hiob fühlte sich als Fremder im eigenen Land, weil er sich in seiner eigenen

Hausgemeinschaft als Fremder vorkam: „Als Fremder gelte ich meinen Mägden, von

anderem Stamm bin ich in ihren Augen“ (Hiob 19,15).

22 Vgl. R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a.a.O., S. 41. 23 Diese Gruppe hat C. Bultmann in seiner Dissertation ausführlich untersucht und beschrieben (C: Bultmann, Der

Fremde im antiken Juda, FRLANT 153, Göttingen 1992). 24 Vgl. J. Schreiner, Menschliches Zusammenleben in der Sicht des Alten Testaments, in: ders. und. R. Kampling,, Der Nächste – der Fremde – der Feind, Die Neue Echter Bibel, Themen Bd. 3, Würzburg 2000, (9-53) 26.

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3.2.3. Die metaphorische Selbstbezeichnung des Volkes Israel als Fremde vor Gott

In Kapitel 2 hatte ich aufgelistet, wann die Erzväter und andere Personen in der Bibel

tatsächliche Erfahrungen in der Fremde hatten. Darüber hatte man im Volk Israel

besonders während und nach dem babylonischen Exil auch nachgedacht, um zu einem

neuen Selbstverständnis zu finden. Das wurde ein wichtiges Thema in der

priesterschriftlichen Theologie25. Dabei wurden den Erfahrungen der Erzväter in der

Fremde auch immer wieder die Verheißungen Gottes (besonders die Landverheißung,

vgl. Gen 17,8; 28,4 und Ex 6,4 ) gegenübergestellt. So konnte das oft mühsame Leben in

der Fremde des Exils als ein Leben unter Gottes Verheißungen gedeutet werden26.

Nach Feldmeier stammt auch der Satz „Ihr seid Fremdlinge und Beisassen bei mir“ (Lev

25,23) aus der Exilszeit. Denn so solle die alleinige Abhängigkeit von Gott betont

werden, bei der der Landbesitz nicht mehr als alleinige Existenzgrundlage angesehen

wird27. So werden die Israeliten selber als Fremdlinge vor Gott bezeichnet.

In Psalm 39,13 sieht sich der Beter selber als Gast und Fremdling vor Gott an28. Weil

Gäste und Fremdlinge unter dem besonderen Schutz Gottes stehen, hofft der Beter des

Psalms besonders auf die Hilfe Gottes.

Auch in Psalm 119,19 sieht sich der Psalmbeter als ein Fremdling an: „Ich bin ein Gast

auf Erden“, der die Hilfe Gottes braucht, um die Gebote zu verstehen.

Dieses theologische Selbstverständnis kommt ganz ähnlich im Dankgebet Davids in 1

Chronik 29,15 erneut vor. Da heißt es: „Wir sind Fremdlinge und Gäste vor dir wie

unsere Väter alle. Unser Leben auf Erden ist wie ein Schatten und bleibet nicht.“

In dem ganzen Dankgebet wird betont, dass Israel alles von Gott empfangen hat (V. 14)

und nichts aus eigener Kraft alleine geschaffen hat. Selbst der Landbesitz erscheint dem

Beter als vergänglich, da das Land auch ein Geschenk Gottes ist und das Volk nur wie

Fremdlinge in dem Land wohnen kann.29 Die theologische Pointe dabei ist, dass es dabei

um das Fremdling sein „vor dir“, also vor Gott geht, Damit betont der Beter das eigene

25 Vgl. R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a.a.O., S.43. 26 „Die Erzväter werden so gewissermaßen zum Gleichnis gläubiger Existenz, der auch und gerade in der Fremde Gottes Verheißungen gelten“ (R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a.a.O., S.44). 27 Vgl. R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a.a.O., S. 46. Der Satz steht bei Lev 25 im Zusammenhang der

Bestimmungen für das Erlassjahr. 28 „Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen; denn ich bin ein Gast bei dir und ein Fremdling, wie alle meine Väter.“ (Ps 29,13) 29 In der neueren Forschung werden die Chronikbücher in das vierte Jahrhundert v. Chr. datiert. Bei dem Dankgebet in 1 Chr 29 wird auch vermutet, dass damit der Herrscherkult unter Alexander dem Großen zurückgewiesen werden sollte (vgl. H. P. Mathys, Die Ketubim, in: W. Dietrich u.a., Die Entstehung des Alten Testaments, Theologische Wissenschaft Bd. 1, Stuttgart 2014, [481-594] 592).

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Unvermögen im Vergleich zur Allmacht Gottes. Die eigenen Fremdlings-Erfahrungen in

der Welt werden theologisch gedeutet als Fremdsein vor Gott30

3.3 Fremdsein im Neuen Testament in theologischer Hinsicht

3.3.1. In den Evangelien Im Neuen Testament gilt zunächst weiter der Unterschied zwischen dem Volk Israel als

erwähltem Volk Gottes und den Heiden als den Fremden. Auch die Samaritaner gehörten

zur Zeit Jesu nicht mehr zu den anerkannten rechtgläubigen Juden, sondern als Fremde.

Jesus sagt in den Evangelien zwar, er sei „nur gesandt zu den verlorenen Schafen des

Hauses Israel“ (Mt 15,24), aber trotzdem gibt es einige Nichtjuden, die an Jesus glauben.

Ihr Glaube wird z. T. als besonders vorbildlich beschrieben:

Die kanaanäische Frau, die Jesus um Hilfe für ihre Tochter bittet. Ihr Glaube wird

von Jesus anerkennend als „groß“ bezeichnet (Mt 15,28, vgl. Mk 7,24-30).

Nach Joh 4 spricht Jesus mit einer Samariterin, der er bekennt, der Christus zu

sein (V. 26), woraufhin sie das in der ganzen Stadt verkündet (V. 29).

In Kapernaum bittet ein römischer Hauptmann Jesus um Hilfe für seinen

todkranken Knecht (Mt 8,5-13; Lk 7,1-10; Joh 4,46-53. Bei Joh 4 ist es der Sohn).

Bei ihm betont Jesus: „Solchen Glauben habe ich in ganz Israel bei keinem

gefunden“ (Mt 8,10 par).

Nach Jesu Tod bekennt ein römischer Hauptmann: „Wahrlich, dieser ist Gottes

Sohn gewesen“ (Mt 27,54; par. Mk 15,39; Lk 23,47).

Jesus selber ist durch seine Gottesbeziehungen aus seiner Heimat entfremdet31.

Die Geburtsgeschichte in Lukas 2 zeigt, dass nicht Nazareth, sondern Bethlehem

seine Vater- bzw. Heimatstadt ist.

Jesus ist seiner eigenen Familie entfremdet. Er stößt seine leiblichen Verwandten vor

den Kopf (Mk 3,33) und bezeichnet stattdessen im theologischen Sinne diejenigen als

seine wahren Verwandten, die „den Willen Gottes tun“ (Mk 3,34f.)

30 Vgl. R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a.a.O., S. 48. 31 Vgl. R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a. a. O., 76.

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Bei seinen Verwandten (Mk 3,21) und in seiner Vaterstadt Nazareth stieß er auf

heftiges Unverständnis und Ablehnung (Mk 6,1-6a par).

Jesus beschrieb seine Heimatlosigkeit in einem Vergleich mit Füchsen und Vögeln,

die ihre Nester haben, während der Menschensohn nichts habe „wohin er sein Haupt

hinlege“ (Mt 8,20 par Lk 9,58).

Im Gleichnis von den bösen Weingärtnern (Mk 12,1-9) wird die Geschichte Israels

theologisch gedeutet als Ablehnung Gottes, die darin gipfelt, dass der Sohn des

Weinbergbesitzers gleichfalls abgelehnt und getötet wird.

Im Johannesevangelium wird Jesu Fremdheit und die Ablehnung durch die Welt noch

deutlicher theologisch gedeutet:

Im Johannesprolog heißt es, dass Jesus „in sein Eigentum kam und die Seinen ihn

aber nicht aufnahmen“ (Joh 1,11).

Die ‚Welt‘ erkannte Jesus nicht und hasste ihn (vgl. Joh 1,10; 7,7; 15,18).

Im Verhör vor Pilatus betont Jesus schließlich, dass „sein Reich nicht von dieser Welt

sei“ (Joh 18,36).

So wird deutlich, dass der Jude Jesus von Nazareth einerseits zwar in Israel zu Hause

war, sich aber andererseits dort fremd vorkam, weil seine Heimat bei Gott war.

Umgekehrt war (und ist) Jesus den eigenen Leuten im Volk Israel – aber auch der ganzen

Welt – fremd, sofern man nicht an ihn glaubt und ihn als den Sohn Gottes anerkennen

kann.

3.3.2. Die theologische Deutung des Fremdseins der Christen im Neuen Testament

Die Aufhebung der Feindschaft zwischen Juden und Heiden in Jesus nach Eph 2

Im Glauben an den auferstandenen Jesus gab es in der christlichen Gemeinde eine neue

Einheit aus Juden und Heiden. Das wird besonders in Eph 2,11-22 beschrieben. Die

Heiden, die früher „Fremde außerhalb des Bundes der Verheißung“ waren (V. 12), sind

nun „Nahe“ (V.13) geworden, denn der „Zaun der Feindschaft“ zwischen Juden und

Heiden ist abgebrochen (V.14). Im Verhältnis zu den Juden sind die Heidenchristen „nun

nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes

Hausgenossen“ (V.19).

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Die Christen als Bürger des Himmels sind Fremdlinge in der Welt

In Phil 3,20 schreibt Paulus davon, dass das Bürgerrecht der Christen im Himmel sei32.

Damit beschreibt Paulus den Gegensatz zu den Leuten, die er in 3,18f. als „Feinde des

Kreuzes Christi“ beschreibt, die nur „irdisch gesinnt“ sind. „Im Gegensatz zur irdisch-

fleischlichen Gesinnung der Kreuzesgegner soll die Gesinnung der Gemeinde auf das

Himmlische ausgerichtet sein“.33

In Gal 4,26, bezeichnet Paulus das himmlische Jerusalem als „unsere Mutter“. So wird

auch hier der Blick der Christen auf die himmlische Zukunft gerichtet. Beide Stellen

beschreiben zwar inhaltlich das Fremdsein auf der Erde und die Heimat der Christen im

Himmel, aber der Begriff des Fremdseins kommt im Philipperbrief und im Galaterbrief

nicht vor. Hebr 11,13-16 spricht auch von dem himmlischen Jerusalem. Diese Verse stehen in Hebr

11 inmitten der Aufzählung von alttestamentlichen Zeugen des Glaubens. Schon in Hebr

11,9 wird gesagt, dass Abraham „durch den Glauben ein Fremdling“ gewesen sei.

In Vers 13 wird von allen Glaubenszeugen gesagt, sie seien „Gäste und Fremdlinge auf

Erden“34. Nach Vers 16 sehnten sie sich nach dem himmlischen Vaterland. „Im Rückblick

auf deren Leben … wird es geradezu zum Wesensmerkmal jener Zeugen, daß sie durch

ihren Glauben Fremde in der Welt waren“35.

Im ersten Petrusbrief36 werden die Christen an ganz zentralen Stellen als „Fremdlinge“

angesprochen. Gleich in der Briefanrede in 1,1 spricht der Autor die Empfänger als

„auserwählte Fremdlinge“ an. Im ersten Hauptteil (1 Petr 1,3-2,10), in dem das Heil, die

Heiligkeit und die Heiligung der Christen angesprochen wird, wird auch erwähnt, dass

die Christen ihr Leben, solange sie „hier in der Fremde“ leben, in Gottesfurcht führen

sollen (1Petr 1,17). Der zweite Hauptteil mit den Ermahnungen über das Verhalten in

der Welt beginnt in 2,11 erneut mit einer Anrede der Christen als „Fremdlinge“.

Der erste Petrusbrief wendet sich besonders an Christen, die unter Ausgrenzung,

Diffamierung und Verfolgung leiden. Diese Erfahrung deutet der 1. Petrusbrief

32 Vgl. R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a. a. O., 80f. 33 U. B. Müller, Der Brief des Paulus an die Philipper, THNT 11/1, Leipzig 1993, 179. Müller erwähnt auch, dass der

Begriff (Bürgerrecht) aus dem staatsrechtlichen Bereich stammt und von Paulus nur hier im NT auf den religiösen Bereich übertragen wurde. 34 Vgl. Gen 23,4 und Ps 39,13. 35 R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a. a. O., 90. 36 Vgl. R. Feldmeier, Die Christen als Fremde, a. a. O., S. 105-192, für den der erste Petrusbrief der Hauptteil seiner Untersuchung über das Fremdsein der Christen bildet.

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theologisch als Fremdsein in der Welt. So will der Brief die Christen in ihrer schwierigen

Situation zu einem christlichen Leben ermutigen und ihnen neue Hoffnung geben.

4. Der Umgang mit Fremden – die ethische Dimension

Die biblischen Aussagen zum Verhalten gegenüber Fremden wird immer wieder mit der

eigenen Erfahrung des Fremdseins begründet, das an verschiedenen Stellen auch weiter

theologisch gedeutet wurde. Dazu sollen nun die ethischen Anweisungen zum Umgang

mit Fremden zusammenfassend dargestellt werden.

4.1. Der Umgang mit Fremden und Flüchtlingen in den Rechtstexten des Pentateuch

Kriege und Hungersnöte waren damals die beiden Hauptgründe, um ein Fremder zu

werden. Fremde waren in alttestamentlicher Zeit Menschen ohne Grundbesitz und ohne

Verwandte in ihrer Nähe37. Darum waren sie in der Regel rechtlos und arm. Sie

brauchten besonderen Schutz38.

Nach Wellhausen gibt es im Pentateuch drei Haupt-Epochen von Rechtstexten:

4.2. 1. Das Bundesbuch (Ex 22-23), 2. Die deuteronomistischen Gebote (Dtn 5-27)

und 3. Die priesterschriftlichen Rechtstexte im Heiligkeitsgesetz (Lev 17-26) und

im Buch Numeri39. Die ältesten Texte zum Umgang mit Fremden stehen demnach

im Bundesbuch. Die sozialethischen Bestimmungen des Bundesbuchs werden

durch das Fremdenthema eingerahmt 40

„Einen Fremden sollst du nicht bedrücken und ihn nicht bedrängen,

37 Vgl. F. Crüsemann, Die Tora, Gütersloh, 3. Auflage 2005, 214. 38

„ In der Selbstoffenbarung Gottes im 1. Gebot stellt er sein befreiendes Handeln vor: "Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben." (2. Mose/Ex 20,2.3) Dieses 1. Gebot macht die Befreiung von Sklaverei und Unterdrückung zum unvergeßlichen und unablösbaren Attribut Gottes. Darum rücken Fremde, also Menschen, die von Gleichgültigkeit, Mißachtung und Unterdrückung bedroht sind, in die Mitte der Schutzbestimmungen Gottes. Das Schutzgebot gegenüber Fremden durchzieht wie ein roter Faden die Sammlung der Gebote des Alten Testamentes“ (Absatz 99 aus den Texten zum konziliaren Prozeß Frieden Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung: http://oikoumene.net/regional/bonnhannover/bonnhannover.teil1/bonnhannover.4.2/index.html (Stand 11.11.2013). 39 Vgl. J.Chr. Gertz, Hg., Grundinformation Altes Testament, Göttingen 4. Auflage 2010, 223. 40 Das betont F. Crüsemann, Die Tora, 3. Auflage Gütersloh 2005, S. 213f. Crüsemann datiert von dem Thema Fremde her die Hauptredaktion des ganzen Bundesbuchs relativ spät, weil es erst nach dem Zusammenbruch des Nordreiches Samaria im Jahr 722 einen großen Flüchtlingsstrom gab.

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denn ihr seid Fremde gewesen im Land Ägypten.“ (Ex 22,20)

„Die Fremdlinge sollt ihr nicht unterdrücken, denn ihr wisset um der Fremdlinge Herz,

weil ihr auch Fremdlinge in Ägypten gewesen seid.“ (Ex 23,9)

„Der Begründungszusammenhang liegt in den Erfahrungen, die Israel in der Fremde

gemacht hat: … Israel kann sich in die Situation, in das innerste Fühlen von Fremden

hineinversetzen; darum ist ihm zuzumuten und von ihm zu erwarten, daß es mit

Fremden so umgeht, wie es recht ist und wie es Gott will“41.

Im Bundesbuch stehen die ganzen Sozialgesetze, die Gebote, die die Witwen, Waisen

und Armen beschützen sollten und die den sozial Schwachen zu ihrem Recht verhelfen

sollten. „Der Sinn der Umrahmung all dieser Themen durch die Schutzgebote für Fremde

liegt offenkundig darin, dass sie so zum Maßstab für Sozialverhalten überhaupt werden.

Da es bei den Fremden alle diese Probleme ja auch gibt, … werden sie durch die

literarische Rahmenstellung zum inhaltlichen Maßstab, an dem Recht und Gerechtigkeit

einer Gesellschaft überhaupt gemessen werden können.“42

Was wurde bei diesen Geboten im Bundesbuch inhaltlich gesagt? Es wurde nicht gesagt,

dass man die Fremden nach ihrem wirtschaftlichen oder politischen Hintergrund

sortieren und entsprechend unterschiedlich zu behandeln habe. Es wurde auch nicht

gesagt, dass man die Fremden aus dem Lande ausweisen sollte. Das wäre in der Antike

auch nicht so einfach gewesen. Tatsächlich steht in den Schutzgeboten, dass die

Fremden nicht unterdrückt und bedrängt werden sollten. Das bedeutet zum einen, dass

die Fremden in juristischer Hinsicht nicht benachteiligt werden sollten. Zum anderen

gehörte dazu – wie bei den Armen, Witwen und Waisen – die soziale Unterstützung der

Fremden43.

In späteren Rechtstexten wird der Schutz der Fremden stärker betont. Die Fremden

werden in den deuteronomistischen Geboten des 5. Buch Mose immer wieder neben

Witwen, Waisen und Leviten in der Sozialgesetzgebung erwähnt. (5. Mose 16,11.14;

24,17.19.21; 27,19).44 Eine besonders wichtige Formulierung bietet 5. Mose 10,17ff.:

41 Aus den Texten zum konziliaren Prozeß Frieden Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung: http://oikoumene.net/regional/bonnhannover/bonnhannover.teil1/bonnhannover.4.2/index.html (Stand 11.11.2013), Absatz 98. 42 F. Crüsemann, Das Gottesvolk als Schutzraum für Fremde und Flüchtlinge, in: Kirchenasyl – Ein Handbuch, hg. von W. D. Just und B. Sträter, Karlsruhe 2003, , (31-49) 43. 43 M. Zehnder schreibt, das Verbot der Bedrückung sei „wohl ganz allgemein gemeint. Zentrale Bedeutung kommen

dabei dem wirtschaftlichen und dem rechtlichen Bereich zu“ (M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a. a. O., 317). 44 Vgl. F. Crüsemann, Die Tora, Gütersloh 2005, 216.

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„17 Denn der HERR, euer Gott, ist der Gott aller Götter und der Herr über alle Herren,

der große Gott, der Mächtige und der Schreckliche, der die Person nicht ansieht und kein

Geschenk nimmt. 18 und schafft Recht den Waisen und Witwen und hat die Fremdlinge

lieb, dass er ihnen Speise und Kleider gibt. 19 Darum sollt ihr auch die Fremdlinge

lieben; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland.“

Gott liebt die Fremdlinge, darum soll man auch die Fremdlinge lieben.

Das Gebot, die Fremden zu lieben, wird also schon in der deuteronomistischen

Theologie ausdrücklich genannt.

Materielle Unterstützung bekamen die Fremden nach 5. Mose 14,28f. durch den Zehnten

des dritten Jahres (Drittjahreszehnt). Alle drei Jahre sollte der Zehnte vor den Toren der

Ortschaft niedergelegt werden, damit Leviten, Witwen und Waise aber eben auch

Fremde versorgt werden. Diese Regelung wird in 5. Mose 26,12ff. noch einmal bestätigt.

So bekamen die genannten Gruppen eine „gesicherte ökonomische Grundlage“45.

Zusätzlich wird nach 5. Mose 24,19-22 zugunsten der Fremden, Witwen und Waisen die

Nachlese auf dem Acker und im Weinberg verboten46.

Auch die Sabbatruhe im Dekalog galt nach 5. Mose 5,14 bzw. 2. Mose 20,10 explizit auch

für die Fremdlinge47. Damit waren sie in diesem Punkt den Israeliten gleichgestellt.

Nach verschiedenen priesterschriftlichen Rechtstexten48 gilt für die Fremden in vielen

Beziehungen auch das gleiche Recht wie für die Israeliten.49 Anders als im 5. Buch Mose

gelten nun auch die Speisegebote sowie Kult-, Opfer- und Sexualgesetze für Israeliten

und Fremde gleichermaßen. „Deutlich ist bei der Priesterschrift eine Öffnung für die

Fremden und das Anliegen, sie in das Volk des Herrn zu integrieren, zu beobachten“50.

45 F. Crüsemann, Die Tora, a.a.O., S. 254; vgl. M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a. a. O., 361. 46 Das Verbot der Nachlese wird im Heiligkeitsgesetz in 3. Mose 19,9-10 wiederholt. 47 Vgl. M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a. a. O., 313f. Zehnder diskutiert dort, ob die Sabbatruhe eher eine Berechtigung oder eine Verpflichtung war. Als Gründe für die Pflicht zur Sabbatruhe meint er, dass die Israeliten nicht in ihrer Ruhe gestört werden sollten und dass sie keinen wirtschaftlichen Vorteil haben sollten. 48 Vgl. 4. Mose 15,14ff.: „Für die ganze Gemeinde gelte nur eine Satzung, für euch wie auch für die Fremdlinge.“ (V. 15) mit 4. Mose 9,14;15,26 und 29; 19,10; 35,15. 49 Vgl. F. Crüsemann, Die Tora, a. a. O., S. 216-217. 50 J. Schreiner, Menschliches Zusammenleben in der Sicht des Alten Testaments, in: ders. und R. Kampling, Der Nächste – der Fremde – der Feind, Die Neue Echter Bibel, Themen Bd. 3, Würzburg 2000, (9-53) 32. Schreiner unterscheidet dabei nicht zwischen dem Heiligkeitsgesetz und früheren priesterschriftlichen Texten.

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Im priesterschriftlichen Heiligkeitsgesetz51 (3. Mose 19ff.) wird das Gebot zur

Nächstenliebe ((3. Mose 19,18) durch das Gebot der Fremdenliebe (3. Mose 19,33f.)

ergänzt: „Ein Fremdling soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer und du sollst ihn

lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland“ (V.34).

Das Gebot der Fremdenliebe wird hier wieder mit der Fremdlingsschaft in Ägypten

begründet. Inhaltlich wird der Fremdling den einheimischen Israeliten gleichgestellt.

Nach 3. Mose 24,10-1652 sind die Fremden auch der israelitischen Gerichtsbarkeit

unterstellt.

„Der theologische Rang dieser Gebote im Alten Testament ist eindeutig. Schutz der

Fremden, Liebe zu den Fremden und Gastrechte sind in der Mitte alttestamentlicher

Theologie verwurzelt. Die Befreiung aus Ägypten und der Bund Gottes mit seinem Volk

begründen die Identität Israels, die den Schutz der Fremden und die Achtung ihrer

Rechte einschließt.“ 53

4.3. Abgrenzungen gegenüber Fremden

Hier soll nicht unterschlagen werden, dass es auch Abgrenzungen gegenüber fremden

Völkern gab. So gab es kriegerische Auseinandersetzungen mit den fremden Völkern, die

nach 5. Mose 20 auch rechtlich geregelt waren.

Bei der Landverheißung wurde den Israeliten zugesagt, dass die früheren Bewohner

Kanaans vertrieben oder sogar vernichtet würden oder es wurde – nach atl. Darstellung

– den Israeliten von Gott angeordnet54 . Gleichzeitig wurden die Israeliten bei diesen

Völkern vor Mischehen mit deren Söhnen und Töchtern gewarnt (5. Mose 7,3f.). Das

Banngebot und die Warnungen vor den kanaanitischen Völkern wurden theologisch

51 In der neueren Forschung wird das Heiligkeitsgesetz „als eine die priesterliche und die deuteronomische Gesetzgebung voraussetzende Ergänzung zur Priesterschrift angesehen“ (T. Römer, Der Pentateuch, , in: W. Dietrich u.a., Die Entstehung des Alten Testaments, Theologische Wissenschaft Bd. 1, Stuttgart 2014, [53-166] 129). Für die Entstehung des Heiligkeitsgesetzes werden dann die letzten Jahrzehnte des 5. Jahrhunderts vor Christus vorgeschlagen (ebd.). F. Crüsemann argumentiert dagegen mit verschiedenen gewichtigen Gründen gegen eine Selbständigkeit des Heiligkeitsgesetzes und dafür, das Heiligkeitsgesetz als integralen Teil der Priesterschrift anzusehen (vgl. F. Crüsemann, Die Tora, a. a. O., 323-326). Nach Crüsemann stammt die Priesterschrift von Priestergruppen aus exilisch-nachexilischer Zeit im 6. Jahrhundert vor Chr. ( vgl. ebd., 331). 52 „Ob Fremdling oder Einheimischer, wer den Namen lästert, soll sterben.“ (3. Mose 24,16b). 53 Absatz 101 aus den Texten zum konziliaren Prozeß Frieden Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung:

http://oikoumene.net/regional/bonnhannover/bonnhannover.teil1/bonnhannover.4.2/index.html (Stand 11.11.2013) 54 2. Mose 23,23-33; 34,11-16; 4. Mose 33,55; 5. Mose 7,1-5 und Jos 23,7-13; vgl. dazu die Einzeluntersuchung bei M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a. a. O., 385-401.

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begründet mit der Warnung vor den fremden Göttern der Kanaaniter. Die Vertreibungs-

oder Vernichtungsgebote sind aber „auf bestimmte Völkerschaften und auf eine

bestimmte historische Situation beschränkt und nicht als allgemeine

Handlungsanweisungen zum Umgang mit Fremden generell zu interpretieren“55.

In theologischer Hinsicht waren der Abfall von Jahwe und die Anbetung der fremden

Götter ja tatsächlich in der ganzen Geschichte Israels eine Gefahr für Israel. Das erste

Gebot war auch das Kriterium für die Beurteilung der Könige im deuteronomistischen

Geschichtswerk. Aber der Abfall von Gott wurde in erster Linie den Israeliten

vorgeworfen. Die Fremden wurden im Verlauf der Geschichte nicht zum Sündenbock für

die Fehler Israels gemacht, auch wenn es bei den Propheten Gerichtsworte gegen die

anderen Völker gab, die Israel geschadet hatten.

4.3. Umgang mit Fremden im Neuen Testament

4.3.1. Die Ethik Jesu als Ethik der Liebe und Barmherzigkeit

Jesus knüpfte in seiner Ethik an das alttestamentliche Liebesgebot an, aber er

akzeptierte nicht die damals übliche Begrenzung des Liebesgebotes, wonach nur das

Volk Israel als Nächster anerkannt war56. So provozierte er die damaligen Zuhörer mit

der Beispielerzählung vom barmherzigen Samaritaner (Lk 10,30-37), indem er

„ausgerechnet einen Samaritaner, d. h. einen Menschen, den das damalige Judentum als

Apostaten des Jahweglaubens ansah, als Modellperson für die von Gott gewollte

Nächstenliebe heraus (stellte)“57 . Die Frage des Schriftgelehrten „Wer ist denn mein

Nächster?“ (Lk 10,29) drehte Jesus am Ende der Geschichte um und fragte: „Wer ist der

Nächste gewesen dem, der unter die Räuber gefallen war?“ (V. 36). So „ergibt sich aus

der Beispielerzählung die Grenzenlosigkeit der Verpflichtung zur Liebe, die ihr Ende

nicht am Zumutbaren und Üblichen findet.“58

55 M. Zehnder, Umgang mit Fremden, a. a. O., 401. Zehnder betont vorher in seiner Zusammenfassung, dass es keine „ethnisch oder rassisch begründete Fremdenfeindlichkeit“ gab. 56 Vgl. W. Schrage, Ethik des Neuen Testaments, NTD Ergänzungsreihe Bd. 4, 5. Auflage, Göttingen 1989, 78f. . 57 P. Stuhlmacher, Biblische Theologie des Neuen Testaments, Bd. 1, Göttingen 1992, 99. 58 W. Schrage, Ethik, des Neuen Testaments, a. a. O., 99.

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Auch die Geschichte vom Weltgericht (Mt 25,31-46) betont, dass es für Jesus ganz auf

die Nächstenliebe ankommt und ist dadurch zu einem „Grundtext der Diakonie“59 und

zu einem ganz wichtigen Text zum Umgang mit Fremden geworden. In der Geschichte

identifizierte sich Jesus mit den „Geringsten“ seiner Brüder, indem er sagte: „Ich bin ein

Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen“ (V. 35) und wenig später:„Was ihr

getan habt einem von diesen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“ (V.40).

So sollen die Nachfolger Jesu dazu ermutigt und aufgefordert werden, auch den

geringsten Menschen, und zwar gerade auch den Fremden Gutes zu tun und somit jedem

Menschen zu helfen, der in Not ist.

In der Bergpredigt hat Jesus das Liebesgebot dann auf die Liebe zu Feinden ausgedehnt

(Mt 5,43-48 und Lk 6,27-36)60.

4.3.2. Die Ethik der Gastfreundschaft in den neutestamentlichen Briefen

„Gastfreundschaft ist ein Sinnbild für das erbarmende Handeln Gottes, seine gnädige

und ungeschuldete Zuwendung den Menschen gegenüber und zugleich für die nach

außen gerichteten Liebe des Menschen seinem Nächsten gegenüber (Mt 10,40;

25,35.40; Lk 9,48; 14,15-24; Joh 13,20; Röm 12,13 u.a.m.). Deshalb ist die Bibel voll

von Bildern und Erzählungen, in denen Gäste und Gastfreundschaft eine wichtige

Rolle spielen.“61

Paulus ruft die Christen in Rom dazu auf, „sich der Nöte der Heiligen anzunehmen“( Röm

12,13). Damit ruft er die Gemeinde auf, anderen Christen gegenüber gastfreundlich zu

sein62. Nach den Pastoralbriefen sollen auch die Gemeindeleiter gastfrei63 sein (1 Tim

3,2 und Tit 1,8). Allerdings war das wohl nicht immer selbstverständlich, so dass im 1.

Petrusbrief dazu aufgefordert wird, „gastfrei zu sein ohne Murren“ (1Petr 4,964).

59 U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 18-25), EKK Bd. 1,3, Neukirchen-Vluyn 1997, 522. 60 Vgl. P. Stuhlmacher, Biblische Theologie des Neuen Testaments, a. a. O., 100. 61 C. Frevel, Die Welt zu Gast – Gastfreundschaft in biblischer Perspektive, http://www.ruhr-uni-bochum.de/at/mam/download/gastfreundschaft.pdf (Stand 16.03.2015)., 1. 62 „Paulus denkt an die Unterstützung notleidender und an die Gastfreundschaft für zureisende Brüder“ meinte schon O. Michel (Der Brief an die Römer, KEK Bd. 4, 14. Auflage, Göttingen 1978, 386). 63 „Sein Haus soll den Boten der Gemeinden ebenso wie den Notleidenden und Hilfesuchenden offenstehen“ (J. Jeremias, Die Briefe an Timotheus und Titus, NTD Bd. 9, Göttingen 1975, 24f.). 64 Hier wird „unterstrichen, dass die Gastfreundschaft „ohne Murren“ erfolgen solle, ohne Verdrossenheit oder Geiz.“

(R. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, ThHK Bd. 15,1, Leipzig 2005, 147).

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Auch im Brief an die Hebräer werden die Christen daran erinnert gastfrei zu sein (Hebr

13,2).

4.3.3. Die Situation im ersten Jahrhundert

In neutestamentlicher Zeit gab es einerseits das große römische Reich als Imperium

Romanum und andererseits viele Provinzen mit verschiedenen Völkern, die

unterschiedliche Religionen hatten und sich einander fremd waren.

Mit Menschen der eigenen Religion fühlte man sich oft enger verbunden als mit anderen

Bewohnern in der Stadt, die zu anderen Religionen gehören. Das zeigt sich z. B. darin,

dass der jüdische Apostel Paulus auf seinen Reisen in der Regel zunächst die Synagogen

aufsuchte und in den fremden Städten von anderen Christen oder Juden aufgenommen

wurde. Es gab jedoch keine großen Flüchtlingsströme, die in das Imperium Romanum

hinein gezogen wären.

Die christlichen Gemeinden wären wohl auch zu klein gewesen, um größere

Flüchtlingsgruppen aufnehmen zu können. Erst recht konnten die Christen, die immer

wieder auch selber kleinen Verfolgungen durch die Römer ausgesetzt waren, nicht die

römische Politik beeinflussen. Aber sie konnten einzelne andere Christen bei sich

aufnehmen und wurden durch die oben genannten Aufrufe zur Gastfreundschaft auch

dazu angehalten. So konnten neben Paulus auch andere Missionare und Missionarinnen,

Boten und Botinnen aufgenommen werden65.

Erst am Anfang des zweiten Jahrhunderts nötigte der Missbrauch der Gastfreundschaft

dazu in der Gemeindeordnung der Didache66 einschränkende Regeln aufzustellen.

Danach wurden die Gäste als „Pseudopropheten“ entlarvt, die länger als zwei Tage

blieben (11,5) oder um Geld baten (11,6). Und wer sich am Ort niederlassenwollte sollte

auch in seinem Handwerk arbeiten (12,1-4). Vor denen, die nicht arbeiten wollten,

wurde gewarnt (12,5).

65 Vgl. R. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus, a. a. O., 146f. 66 Vgl. Didache 11,5f., 12 und 12,5 (in: Die Apostolischen Väter, hg. v. A. Lindemann und H: Paulsen, Tübingen 1992,[4-21] 16f.)

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5. Zusammenfassung und Ausblick

5.1. Zusammenfassung der Ergebnisse Die biblischen Berichte vom Fremdsein und die theologisch-metaphorischen Aussagen

über das Fremdsein Israels, das Fremdsein Jesu und das Fremdsein der Christen im

ersten Jahrhundert bilden den Rahmen und den Hintergrund für die biblischen Gebote

zum Umgang mit den Fremden. Die Einzeluntersuchung ergab folgende Ergebnisse:

1. Schon in der Geschichte von der Flucht Kains wird Kain von Gott auf der Flucht

beschützt durch das Kainszeichen.

2. Die Erzväter machen alle Erfahrungen als Flüchtlinge in der Fremde, meist wegen

Hungersnöten, also aus wirtschaftlichen Gründen.

3. Nach der biblischen Erzählung erlebte das ganze Volk Israel die Unterdrückung als

Fremde in Ägypten. Diese für Israel zentrale Erfahrung wurde im kleinen

geschichtlichen Credo überlieferte.

4. Die Leviten, Propheten und selbst König David waren teilweise auf der Flucht und

haben Erfahrungen in der Fremde gemacht.

5. Auch von Jesus und den Christen im ersten Jahrhundert gab es reale Erfahrungen als

Fremde und Flüchtlinge.

6. In theologischer Hinsicht waren bei der Schöpfung alle Menschen vor Gott gleich.

7. Auch nach der Erwählung Israels als Volk Gottes wurden die fremden Völker von

Gott gesegnet bzw. ihnen wurde in prophetischen Visionen der Segen Gottes

verheißen.

8. Seit der Exilszeit wurde das Volk Israel selber als Fremde vor Gott bezeichnet.

9. In den Evangelien im Neuen Testament wird von einigen Fremden berichtet, die

nach Jesu Aussage einen besonders starken Glauben hatten.

10. Nach Epheser 2 wurde die Grenze zwischen Juden und Heiden in den christlichen

Gemeinden aufgehoben, so dass die Heiden in religiöser Hinsicht nicht mehr Fremde

waren.

11. Jesus selber ist fremd in dieser Welt, denn sein Reich ist nicht von dieser Welt.

12. Auch die Christen sahen sich in theologischer Hinsicht als Bürger des Himmels und

als Fremde in der Welt an.

13. Schon im Bundesbuch wird geboten, die Fremden nicht zu unterdrücken. Das wird

damit begründet, dass Israel selber Fremdlinge gewesen sind in Ägypten.

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14. Der Schutz der Fremden und die soziale Fürsorge für sie wird in den

deuteronomistischen Geboten mit der Liebe Gottes begründet.

15. Im Heiligkeitsgesetz wird dann neben der Nächstenliebe auch die Liebe zu den

Fremden ausdrücklich geboten.

16. In der Ethik Jesu wird das Gebot der Nächstenliebe entgrenzt. Jedem, der Hilfe

braucht, soll geholfen werden. Die Geschichte vom Weltgericht begründet die Hilfe

für Fremde damit, dass Jesus selber sich mit den Fremden identifiziert.

17. Auch im Übrigen Neuen Testament wird an verschiedenen Stellen zur

Gastfreundschaft gegenüber Fremden aufgerufen, wobei in erster Linie an andere

Christen gedacht wurde.

18. Erst am Ende des ersten Jahrhunderts wurde die Gastfreundschaft in der Didache

eingeschränkt, weil sie missbraucht worden war.

5.2. Ausblick auf die heutigen Verhältnisse

Natürlich sind die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Europa heute

anders als in den antiken Königreichen Israel und Juda und auch ganz anders als die

Verhältnisse im römischen Reich des ersten Jahrhunderts.

Es gibt aber auch Parallelen. Relativ vertraut erscheinen uns die Fremden mit ähnlicher

Kultur und mit der gleichen Religion, die wir kennen. Da ist auch die Integration relativ

leicht. Deutlich schwerer fällt den Menschen die Gasfreundschaft gegenüber Menschen

aus einer anderen Religion, aus anderer Kultur und aus ferneren Ländern. Dabei wird es

Zeiten geben, in denen es mehr Fremde und Flüchtlinge gibt, die Hilfe brauchen, und es

wird Zeiten geben, in denen der Flüchtlingsstrom nachlässt. So müssen die Politiker

passende Regeln und politische und ökonomische sinnvolle Lösungen für den Umgang

mit Flüchtlingsströmen finden67.

Die Christen sind allerdings eigentlich selber überall auf der Erde fremd, weil sie ihr

Bürgerrecht im Himmel haben. Christen haben von daher die Möglichkeit, sich mit dem

Fremdsein der Ausländer und Flüchtlinge zu identifizieren. Christen haben jedenfalls

keinen Grund grundsätzlich gegen Ausländer und Fremde zu sein. Die Christen und die

christlichen Kirchen haben im Sinne Jesu den Auftrag, den Notleidenden zu helfen und

sie zu unterstützen.

67 Eine ausführliche Analyse der Situation und Vorschläge für den Umgang mit Asylbewerbern in Politik und Kirche bot schon das Gemeinsame Wort der EKD von 1997 „…und der Fremdling, der in deinen Toren ist“, 42-75.

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