Wahrnehmungen zu erweitern und Wertvorstellungen zu hinterfragen, sind stets die Ziele von Kommunikations- und Mediationsprozessen. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Reflexion sind Vertrauen und der richtige Zeitpunkt. FEEDBACK UND KOMMUNIKATION ZUR STÄRKUNG DER SELBSTKOMPETENZ Von Ingo Diehl 36 Moderiertes Feedback und Reflexion sind seit einigen Jahren Teil von choreographischen Arbeitsprozessen und zeitgenössischer Tanz- ausbildung. Im Master of Contemporary Dance Education (MA CoDE) arbeiten wir seit 2013 mit Adaptionen von gängigen und eigenen, für die jeweilige Situation ange- passten bzw. entwickelten Feedback-Ver- fahren, um Lernprozesse produktiv und motivierend zu begleiten. Die Komplexität aktueller ästhetischer Handschriften und Arbeitsweisen sowie die Individualisierung innerhalb der künstlerischen Ausbildung verlangen nach einem geschützten Raum, um Vertrauen und Distanz in sensiblen Situationen zu stärken. Die Vorlagen von DASArts 1 und der Critical Response Process der kanadischen Choreografin Liz Lerman 2 sind in unserem Masterprogramm dafür wichtige und hilfreiche Referenzen. Neben einer Reihe von Publikationen wurde das Thema im Rahmen von Tagungen und Stu- diengängen in den Darstellenden Künsten reflektiert und beständig weiterentwickelt 3 , was einen produktiven Kontext für die An- wendung und Fortentwicklung in der Lehr- praxis bietet. Insbesondere im Anschluss an Lehrproben oder Präsentationen der Studierenden zeigt sich im MA CoDE ein hohes Maß an Verletz- lichkeit. Klare Verabredungen in der Kommu- nikation sind notwendig, um den verschie- denen Sichtweisen einen produktiven Raum zu bieten. Für persönliche und unter Um- ständen harsche Kritik eines fachlichen Aus- Probe für das szenische Vordiplom „Hysterikon“ mit Simon Schwan, Annedore Antrie und Eike Hackmann. Frankfurt in Takt 19/1 – Feedback und Kritik
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Frankfurt in Takt 19/1 – Feedback und Kritik und Eike ... · Feedback gibt oder erhält, als auch in der Rolle des Moderators oder Vermittlers. Den unterschiedlichen Verfahren liegt
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Wahrnehmungen zu erweitern und Wertvorstellungen zu hinterfragen, sind stets die Ziele von Kommunikations- und Mediationsprozessen. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Reflexion sind Vertrauen und der richtige Zeitpunkt.
FEEDBACK UND KOMMUNIKATION ZUR STÄRKUNG DER SELBSTKOMPETENZVon Ingo Diehl
36
Moderiertes Feedback und Reflexion sind seit
einigen Jahren Teil von choreographischen
Arbeitsprozessen und zeitgenössischer Tanz-
ausbildung. Im Master of Contemporary
Dance Education (MA CoDE) arbeiten wir
seit 2013 mit Adaptionen von gängigen und
eigenen, für die jeweilige Situation ange-
passten bzw. entwickelten Feedback-Ver-
fahren, um Lernprozesse produktiv und
motivierend zu begleiten. Die Komplexität
aktueller ästhetischer Handschriften und
Arbeitsweisen sowie die Individualisierung
innerhalb der künstlerischen Ausbildung
verlangen nach einem geschützten Raum,
um Vertrauen und Distanz in sensiblen
Situationen zu stärken. Die Vorlagen von
DASArts1 und der Critical Response Process
der kanadischen Choreografin Liz Lerman2
sind in unserem Masterprogramm dafür
wichtige und hilfreiche Referenzen. Neben
einer Reihe von Publikationen wurde das
Thema im Rahmen von Tagungen und Stu-
diengängen in den Darstellenden Künsten
reflektiert und beständig weiterentwickelt3,
was einen produktiven Kontext für die An-
wendung und Fortentwicklung in der Lehr-
praxis bietet.
Insbesondere im Anschluss an Lehrproben
oder Präsentationen der Studierenden zeigt
sich im MA CoDE ein hohes Maß an Verletz-
lichkeit. Klare Verabredungen in der Kommu-
nikation sind notwendig, um den verschie-
denen Sichtweisen einen produktiven Raum
zu bieten. Für persönliche und unter Um-
ständen harsche Kritik eines fachlichen Aus-
Probe für das szenische
Vordiplom „Hysterikon“ mit
Simon Schwan, Annedore Antrie
und Eike Hackmann.
Frankfurt in Takt 19/1 – Feedback und Kritik
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Feedback und Kommunikation zur Stärkung der Selbstkompetenz
3: bspw. Tanzplattform Deutschland in 2014, Laboratory on Feedback HZT Berlin in 2014, der Deutsche Tanzkongress in 2016, Biennale Tanzausbildung 2018.
4: siehe Handreichung der Kultusministerkonferenz S.15: www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2011/2011_09_23_GEP-Handreichung.pdf
5: damit ist die Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Studierenden und oder Künstlerinnen und Künstlern gemeint. 6: motionbank.org/de/ Motion Bank
war ein auf vier Jahre angelegtes Projekt der Forsythe Company, in dem die choreographische Praxis in einem breiten Kontext erforscht wurde. Diese Arbeit
wird heute in Kooperation mit verschiedenen Partnern an der Uni Mainz fortgeführt. 7: motionbank.org/de/content/ausbildung-piecemaker.html