62 I KU Gesundheitsmanagement 7/2017 LOGISTIK Strategischer Erfolgsfaktor durch Digitalisierung Food-Management: Wie der Spagat zwischen steigendem Kostendruck und hohen Qualitätsanforderungen auch zukünftig gelingt Angesichts der teils existenziellen Finanzier- ungsanforderungen an die Kliniklandschaft steht auch das Warenwirtschaftsmanagement im Bereich der Food-Beschaffung derzeit vor gravierenden Veränderungen. Der klassische, rein preisorientierte Einkauf reicht heute nicht mehr aus, um den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Keywords: Logistik, Beschaffung, Einkaufs- verbund, Food-Management, Digitalisierung, Online-Bestellplattform G anzheitliche Beschaffungs- konzepte entlang der ge- samten Wertschöpfungs- kette eines Verpflegungsbetriebes sind gefragt. Lieferanten werden zu strategischen Systempartnern, die nicht mehr „nur“ Produkte verkaufen (und damit austausch- bar werden), sondern als Innova- tionstreiber agieren, konzeptio- nelle und praktische Lösungen anbieten und Wertschöpfung beim Kunden erzeugen. Die digitale Revolution eröffnet in diesem Zusammenhang auch für die Food-Beschaffung völlig neue Möglichkeiten und Potenziale. Am Beispiel des Klinikums Lever- kusen wird deutlich, wie durch die Kooperation mit dem S&F-Ein- kaufsverbund und der Einführung des internetbasierten S&F-Ein- kaufssystems nicht nur die Wa- renkosten signifikant gesenkt, sondern insbesondere die Be- schaffungsprozesse nachhaltig optimiert wurden. Von Oliver Schrock und Tanja Engel Die Klinikum Leverkusen Service GmbH (KLS) als Tochtergesell- schaft des Klinikums Leverkusen hat sich im Jahr 2015 dem S&F- Einkaufsportal angeschlossen, ei- ner Einkaufsgemeinschaften für Food- und Non Food-Produkte in Deutschland. Sämtlichen Ein- kaufskunden wird über die preis- lichen Vorteile einer Einkaufsge- meinschaft hinaus das internet- basierte „S&F-Einkaufssystem“ kostenfrei zur Verfügung gestellt. Damit ist es möglich, regionale und überregionale Lieferanten auf einer Online-Bestellplattform zu hinterlegen. Die angeschlosse- nen Lieferanten übermitteln ihre Artikel- und Preisdaten direkt in das Einkaufssystem, sodass der Kunde tagesaktuell auf diese Da- ten zugreifen kann. In diesem Zu- Foto: thampapon1 – Fotolia
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Foto: thampapon1 – Fotolia Strategischer Erfolgsfaktor durch … · 2017-07-17 · Strategischer Erfolgsfaktor durch Digitalisierung Food-Management: Wie der Spagat zwischen steigendem
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Strategischer Erfolgsfaktordurch DigitalisierungFood-Management:Wie der Spagat zwischen steigendem Kostendruck undhohen Qualitätsanforderungen auch zukünftig gelingt
Angesichts der teils existenziellen Finanzier-ungsanforderungen an die Kliniklandschaftsteht auch das Warenwirtschaftsmanagementim Bereich der Food-Beschaffung derzeit vorgravierenden Veränderungen. Der klassische,rein preisorientierte Einkauf reicht heute nichtmehr aus, um den Anforderungen des Marktesgerecht zu werden.
Ganzheitliche Beschaffungs-konzepte entlang der ge-samten Wertschöpfungs-
kette eines Verpflegungsbetriebessind gefragt. Lieferanten werden
zu strategischen Systempartnern,die nicht mehr „nur“ Produkteverkaufen (und damit austausch-bar werden), sondern als Innova-tionstreiber agieren, konzeptio-nelle und praktische Lösungenanbieten und Wertschöpfungbeim Kunden erzeugen.
Die digitale Revolution eröffnet indiesem Zusammenhang auch fürdie Food-Beschaffung völlig neueMöglichkeiten und Potenziale.Am Beispiel des Klinikums Lever-kusen wird deutlich, wie durchdie Kooperation mit dem S&F-Ein-kaufsverbund und der Einführungdes internetbasierten S&F-Ein-kaufssystems nicht nur die Wa-renkosten signifikant gesenkt,sondern insbesondere die Be-schaffungsprozesse nachhaltigoptimiert wurden.
Von Oliver Schrock und Tanja Engel
Die Klinikum Leverkusen ServiceGmbH (KLS) als Tochtergesell-schaft des Klinikums Leverkusenhat sich im Jahr 2015 dem S&F-Einkaufsportal angeschlossen, ei-ner Einkaufsgemeinschaften fürFood- und Non Food-Produkte inDeutschland. Sämtlichen Ein-kaufskunden wird über die preis-lichen Vorteile einer Einkaufsge-meinschaft hinaus das internet-basierte „S&F-Einkaufssystem“kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Damit ist es möglich, regionaleund überregionale Lieferantenauf einer Online-Bestellplattformzu hinterlegen. Die angeschlosse-nen Lieferanten übermitteln ihreArtikel- und Preisdaten direkt indas Einkaufssystem, sodass derKunde tagesaktuell auf diese Da-ten zugreifen kann. In diesem Zu-
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ge werden von den Lieferantenauch die deklarationspflichtigenAllergene und Zusatzstoffe gemäßden gesetzlichen Vorgaben der Le-bensmittelinformationsverord-nung (LMIV) in das System über-tragen.
Ganzheitliche Optimierung derBeschaffungsprozesse entlangder Supply ChainZiel, das erreicht wurde, war nichtnur, eine signifikante Verbesse-rung der Einkaufskonditionenüber den S&F-Einkaufsverbundzu erreichen. Wichtig war für unsauch eine ganzheitliche Optimie-rung der Beschaffungsprozesseüber die gesamte Prozesskette so-wie die Etablierung eines umfas-senden Berichtswesens mit derentsprechenden Revisionssicher-heit über sämtliche Beschaffungs-und Buchungsvorgänge der KLS.
Um diese Zielsetzung zu errei-chen, nutzt die KLS das kostenfreibereitgestellte Einkaufssystem fürden Food-Einkauf sowie die dorthinterlegten Module zum Lager-management und zur Rechnungs-prüfung. Das System ist zudem di-rekt in die EDV-Landschaft desKonzerns Klinikum eingebunden,das heißt zum einen an die Fi-nanzbuchhaltung zur elektroni-schen Übergabe der geprüftenRechnungen, zum anderen zurÜbermittlung der kennzeich-nungspflichtigen Allergene undZusatzstoffe gemäß LMIV an dasvorhandene Speisenerfassungs-system, so dass diese dort nichtmehr manuell gepflegt werdenmüssen.
Insgesamt wurde sowohl bei deneigentlichen Einstandskonditio-nen als auch hinsichtlich der Pro-zesskosten eine signifikante Kos-tenreduzierung erreicht, obwohldie Einführung solch komplexerEDV-Systeme ansonsten in der Re-gel mit Investitionen verbundenist.
IndividuelleEinkaufsentscheidungenGemäß dem gemeinsam abge-steckten Projektplan wurde zu-nächst die Einkaufsphilosophieder KLS erfasst und 1:1 im Ein-kaufsportal abgebildet. Das heißtfür jedes Warensegment wurdendie bestehenden Lieferanten son-diert sowie gegebenenfalls zu-sätzliche alternative Lieferantender Einkaufsgemeinschaft ange-sprochen.
Vom „Bäcker um die Ecke“ biszum Grossisten wurde so das ge-samte Food- und Non Food-Liefer-antenspektrum der Einrichtungenim Einkaufsportal abgebildet. Sokann zum einen bei den bestehen-den Lieferanten weiter eingekauftwerden, zum anderen neue Liefer-möglichkeiten erschlossen wer-den.
Über einen detaillierten Sach-standbericht wurden der Einrich-tung die Einsparpotenziale desEinkaufsportals je Warensegmentbeziehungsweise Lieferant expli-zit nachgewiesen. Hierzu wurdenim Vorfeld entsprechende Aus-schreibungen je Warensegmentdurchgeführt, die ausschließlichArtikel und Sortimente beinhalte-ten, die seitens der KLS vorgege-ben wurden. Diese kundenspezifi-schen Warenkörbe wurden sei-tens S&F ausgeschrieben, ausge-wertet und dem Kunden zur Ent-scheidungsfindung vorgelegt.
Dabei hält das Krankenhaus wei-terhin „alle Einkaufszügel in derHand“. Wesentliche Einsparun-gen resultierten zudem in hohemMaße aus einer Optimierung dertäglichen Einkaufsprozesse, zumBeispiel konnte der Bestellpro-zess als solches durch die Verwen-dung sogenannter „Einkaufslis-ten“ deutlich vereinfacht und effi-zienter gestaltet werden. Mit derEinführung des Einkaufssystemskonnte die bislang bereits verfolg-
„Über einen detaillierten Sachstandberichtwurden der Einrichtung die Einsparpotenziale
des Einkaufsportals je Warensegmentbeziehungsweise Lieferant explizit
nachgewiesen.“
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te duale Lieferantenstrategie auszwei konkurrierenden Grossistenkonsequent weiterverfolgt wer-den. Viel Zeit und Geld spart indiesem Zuge die automatisiertePreisüberwachung, die den An-wender bei der Bestellung direktzum günstigsten Lieferantenführt.
Wichtig ist, dass das Kranken-haus selbst festlegen kann, wel-che Artikel verglichen werden.Das Portal zeigt dem Nutzer somitdirekt bei der Bestellung an, ob zudem Bestellartikel eine günstigereAlternative besteht. Ergänzendhierzu werden seitens der Gruppesogenannte „Marktpreisberichte“zum Abgleich der Preisentwick-lung im Einkaufsportal mit der ak-tuellen Marktpreisentwicklunglaut Statistischen Bundesamt er-stellt. Für die Kliniken stellt dieseine wesentliche Entlastung undZuarbeit dar.
Revisionssicherheit durchumfassendes ControllingSämtliche Wareneingänge werdendirekt bei der Warenannahme imSystem im Abgleich mit der sys-temseitig hinterlegten Bestellungverbucht. Die Reihenfolge der Ar-tikel auf dem Lieferschein ent-spricht der Reihenfolge im S&F-System. Die Wareneingangsbu-
chungen bilden wiederum die Ba-sis für die weitere Rechnungsprü-fung. Hierzu werden die einge-henden Rechnungen als Rech-nungskopf und -summe im Sys-tem einmalig angelegt.
Anschließend werden die Waren-eingangsbuchungen je Liefer-schein und bei Bedarf Kostenstel-le der Rechnung zugewiesen. So-fern keine Abweichungen des Ist-und Soll-Rechnungsbetrages vor-handen sind, erfolgt die Freigabeund Übergabe der geprüftenRechnung an die Finanzbuchhal-tung. Nur bei farblich sofort er-sichtlichen Rechnungsabwei-chungen müssen somit nochNachprüfungen erfolgen. Insge-samt führt dies nicht nur zu mehrKostentransparenz, sondern zueinem deutlich reduzierten Rech-nungsprüfungsaufwand auf Kun-denseite. Derzeit arbeitet S&F dar-an, dass Lieferscheine und Rech-nungen elektronisch vom Liefe-ranten übermittelt werden undsomit zu weiteren Prozessentlas-tungen beim Kunden führen.
Über das ebenfalls genutzte Ver-triebsmodul im System könnendarüber hinaus zum Beispiel Sta-tionsanforderungen eindeutig alsAuftrag erfasst und einer entspre-chenden Lagerentnahmebuchung
zugeordnet werden. Im Abgleichmit der tatsächlichen Inventur,die ebenfalls elektronisch ge-stützt etwa über Tablets-PCs überdas System erfolgt, werden Ab-weichungen des Soll- und Ist-La-gerbestandes somit sofort sicht-bar. Insgesamt wird somit jede La-gerbewegung revisionssicher er-fasst.
FazitInternetbasierte Einkaufsportale„on demand“ bieten eine Fülle anMöglichkeiten zur nachhaltigenOptimierung der eigenen Beschaf-fungsstruktur – sowohl bezüglichder Einkaufskonditionen als auchder damit einhergehenden Pro-zesspotenziale. Die EDV-seitigenKundenanforderungen werden indiesem Zuge – zu Recht – immerkomplexer im Sinne einer ganz-heitlichen Abbildung der gesam-ten Supply Chain. Entscheidendist und bleibt in diesem Zusam-menhang jedoch, dass die kun-denspezifischen Anforderungenvollständig berücksichtigt wer-den. Nur dann kann die Mitglied-schaft in einem Einkaufsportal zueiner echten „Erfolgsstory“ wer-den. $