FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz - Ursachen, Folgen, Bewältigungsmöglichkeiten - 2013
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
- Ursachen, Folgen, Bewältigungsmöglichkeiten -
2013
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 2
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Inhalte • Ursachen von Stress und psychischer Belastung • Mögliche Folgen von Stress und psychischer Belastung
• Selbstschutz und Psychohygiene - Bewältigungsmöglichkeiten
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 3
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
"Nicht die Dinge an sich beunruhigen den Menschen, sondern seine Sicht der Dinge."
(Epiktet, griechischer Philosoph, ca. 50-138 n. Chr.)
Ursachen von Stress und psychischer Belastung
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 4
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Begrifflichkeiten • Psychische Belastung ist die Gesamtheit aller erfassbaren
Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und objektiv psychisch auf ihn einwirken. Eine psychische Belastung, die Stress auslöst, wird Stressor genannt.
• Stress ist
> die unspezifische Reaktion auf Belastungen / Anforderungen > die Auswirkung der Belastungen auf den Menschen
> eine Anpassung des Körpers an Stressoren.
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 5
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Stressoren & Belastungen Belastungen & Stressoren im Einsatz sind Anforderungen und Einflüsse • die von außen auf die Einsatzkräfte zukommen
• psychisch und physisch auf sie einwirken
• die eine Anpassungsreaktion der Einsatzkräfte erfordern.
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 6
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Stressoren zu jeder Phase des Einsatzes • Stressoren und Belastungen gibt es zu jeder Phase des Einsatzes: • beim Einsatzalarm & auf dem Weg zum Einsatzort • am Einsatzort • zum Einsatzende
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 7
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Erleben & Empfinden von Stress & Belastung Ob Einsatzkräfte sich tatsächlich durch einen Einsatz gestresst und belastet fühlen, steht in Abhängigkeit zur Bewertung oder Beurteilung der jeweiligen Einsatzsituation.
Dies ergibt sich auf Basis
• ihrer persönlichen Konstitution und Umstände
• ihrem organisatorischen Umfeld und den Arbeitsbedingungen.
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 8
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Transaktionales Stressmodell (Lazarus)
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 9
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Empfinden von Stress & Belastung Somit gilt: Das Erleben von Stress und Belastung ist individuell. • Menschen haben eine unterschiedliche Stressresistenz. (Schädlicher) Stress entsteht v.a. dann, wenn eine individuelle • Diskrepanz zwischen den Anforderungen des Einsatzes und • dem subjektiven Bewältigungsverhalten vorhanden ist oder /
und empfunden wird.
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 10
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Einsätze, die eher belasten können • Tod / Suizid / schwere Verletzung eines Kollegen / Kameraden • Todesangst / Angst vor eigener Gefährdung • Große Anzahl von Verletzten und Toten • Persönlich bekannte Opfer • Starkes Medieninteresse • Schusswaffengebrauch • Tod von Kindern
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 11
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Mögliche Folgen
von Stress und psychischer Belastung
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 12
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
12
Folgen von Stress und Belastungsreaktionen • Als Folge von Stress und psychischer Belastung können auftreten:
• die Akute Belastungsreaktion (ABR)
• die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
• weitere Traumafolgestörungen wie z.B. Depressionen
• Chronifizierte Stress- und Belastungsphänomene wie Burnout
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 13
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
13
Akute Belastungsreaktion (ABR) • Normale und natürliche Reaktion auf eine
außergewöhnliche psychische Belastung
• die in der Regel nach wenigen Tagen, spätestens nach vier Wochen nachlässt
• die in DSM V und ICD 11 wahrscheinlich keine eigene Behandlungsdiagnose mehr darstellen wird (sondern Z-Code)
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 14
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Akute Belastungsreaktion Akutphase
Betroffene Personen
• scheinen wie betäubt
• haben eine reduzierte Aufmerksamkeit
• haben dissoziative Symptome wie das Gefühl, nicht sie selbst zu sein oder alles wie durch einen Filter zu erleben
• unterliegen starken emotionalen Schwankungen haben vegetative Reaktionen wie Schwitzen, Herzrasen oder Übelkeit.
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 15
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Akute Belastungsreaktion Verarbeitungsphase Intrusionen / Einbrüche von Traumamaterial in den Alltag: Albträume & Flashbacks, d.h. wiederkehrende Sinneseindrücke wie Bilder, Geräusche & Gerüche Reizvermeidung: Vermeidung von Gedanken, Gefühle, Gespräche, Orte und Personen, die irgendwie an das Ereignis erinnern Hyperarousal: Angst & Überregung, d.h. motorische Unruhe, Schreck- haftigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsmängel, Erinnerungslücken bzgl. Ereignis, Gereiztheit, autodestruktives Verhalten, körperliche Symptome
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 16
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Eine Posttraumatische Belastungsstörung setzt ein potentiell traumatisches
Ereignis voraus, das wie folg definiert ist:
„Kurz- oder langanhaltendes Ereignis … von außergewöhnlicher Bedrohung
mit katastrophalem Ausmaß, das nahezu bei jedem tiefgreifende
Verzweiflung auslösen würde.“
(WHO-Definition, 1994)
„Potentielle oder reale Todesbedrohung, ernsthafte Verletzung oder eine
Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit bei sich oder bei anderen, auf
die mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder Schrecken reagiert wird.“
(DSM IV)
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 17
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
17
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Eine PTBS entsteht durch die Kombination von
• potentiell traumatischem Ereignis
• subjektivem Empfinden (Furcht, Hilflosigkeit)
• Reaktionen (Intrusionen / Vermeidung /
Hyperarousal) > 4 Wochen.
Falls die betroffene Person nach einem belastenden Ereignis ohne potentiell traumatischen Charakter entsprechende Reaktionen entwickelt, wird von einer Anpassungsstörung gesprochen.
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 18
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
18
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Akute PTBS: Symptome wie Intrusionen (v.a. Flashbacks), Vermeidung &
Übererregung > 4 Wochen, einhergehend mit starker Beeinträchtigung der
Lebensqualität. Diagnose ist frühestens 1 Monat nach Trauma zu stellen.
Chronische PTBS : Diagnose ist 6 Monate nach dem Trauma zu stellen.
Verzögerte PTBS: Möglicherweise nach Trauma (wenige) Einzelsymptome
vorhanden. Diagnose erst nach einem oder mehreren Jahren zu stellen, z.B.
ausgelöst nach lebensgeschichtlichen Wendeereignissen (Pensionierung,
Tod eines nahen Menschen…)
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 19
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
19
Traumafolgestörungen Weitere Trauma-Folgestörungen
• Depressionen
• Angst- und Panikstörungen
• Suchterkrankungen
• Sexuelle Dysfunktion
Alle Trauma-Folgestörungen incl. PTBS sind therapiebedürftig!
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 20
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Chronischer Stress Stress kann schädlich und belastend sein,
• wenn er im Übermaß vorhanden ist
• nicht mehr abgebaut werden kann
• Einsätze unverarbeitet bleiben
• das "Fass irgendwann überläuft".
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 21
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Chronischer Stress Stresshafte Momente (z.B. private Probleme, Druck am Arbeitsplatz) und belastende Einsätze, die unverarbeitet bleiben, können zu einem „Burnout-Syndrom“ führen.
Betroffene fühlen sich leer und ausgebrannt und zeigen vielfältige Formen der Stress- und Belastungsreaktionen,
• sozialer Rückzug, Gleichgültigkeit
• Gereiztheit, Niedergeschlagenheit
• Selbstwertprobleme, evtl. (gesteigerter) Drogenkonsum
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 22
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Weiterführende Hilfen & Therapiebedarf Bei folgenden Einsatzkräften sollte unbedingt an weiterführende externe Hilfen gedacht werden! Einsatzkräfte,
• die eine Vielzahl an genannten Stress- und Belastungsreaktionen über einen längeren Zeitraum (> vier Wochen) zeigen
• bei denen im kollegialen Gespräch und der Nutzung der eigenen personellen und sozialen Ressourcen keine Erleichterung oder Besserung eintritt
• bei denen stattdessen eine starke Beeinträchtigung ihres Lebens und Verhaltens beobachtet wird (z.B. sozialer Rückzug, vernachlässigte Körperhygiene)
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 23
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Selbstschutz und Psychohygiene
(Bewältigungsmöglichkeiten)
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 24
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Elemente Psychosozialer Unterstützung
5 Elemente der PSNV Psychosoziale Unterstützung durch Dritte
Förderung von Sicherheit • Für klares Einsatzende sorgen
• Geschützten Rahmen anbieten
Beruhigung und Orientierung • Normalisierung der akuten Reaktionen
Förderung der Selbstwirksamkeit und
kollektiver Wirksamkeit
• Bestärken der Einsatzkraft in bewährten
Copingstrategien
• Angebot von (gemeinsamen) Nachbesprechungen
Förderung von Kontakt/Verbundenheit • Fördern kollegialer Gespräche
Vermittlung von Hoffnung • Angebot weiterer Psychosozialer Unterstützung
• Vermittlung weiterführender Hilfen bei Bedarf
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 25
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Persönliche Bewältigungsstrategien
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 26
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Persönliche Bewältigungsstrategien Schützende Bewältigungsstrategien helfen Einsatzkräften, eine Distanz
zum Erlebten herzustellen (z.B. Fokussieren auf den medizinischen
Auftrag, Mentale positive Selbstinstruktion, Kontrolle der Atmung)
Stabilisierende Bewältigungsstrategien helfen Einsatzkräften, in die
Normalität des Alltags zurückzufinden (z.B. Alltagsstruktur, Tagesrituale,
körperliche Betätigung, Entspannung) Öffnende Bewältigungsstrategien helfen Einsatzkräften, das Erlebte in
ihr Leben zu integrieren (z.B. „Sich von der Seele reden“, Eindrücke
ausdrücken, das Erlebte aufschreiben)
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 27
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Bewältigung = Ablenkung + Verarbeitung
Ablenkung
Verarbeitung
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 28
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Psychosoziale Schutzfaktoren • Selbstfürsorge – Was tut mir gut? Förderung angenehmen, genussvollen
Erlebens im Alltag auf Basis einer gesundheitsförderlichen Grundhaltung.
• Soziale Beziehungen – Wer tut mir gut? Aufbau und Pflege eines
sozialen Netzes und das Erleben hilfreicher, „nährender“ sozialer Beziehungen.
• Selbstwirksamkeit – Worin bin ich gut? Vertrauen in die eigenen
Stärken und in das eigene Können.
• Sinnerleben – Wozu / wofür mache ich das, was ich mache? Die
Auseinandersetzung mit den eigenen Werten, Zielen und Zukunftsvorstellungen.
FRRP Fortbildung Rettungsdienst Rheinland Pfalz schnell – kompetent - mitmenschlich
07.02.13 Michael Steil 29
Psychischer Stress & Belastung im Notfalleinsatz
Schutzfaktoren im Arbeitskontext • Organisationskultur (Wertschätzung, „Dankeschön-Kultur,…)
• Wachekultur (Kollegialität, Wertschätzung, Fehlerkultur…)
• Führungskräfte (Fach-, Führungs- und Sozialkompetenz, …)
• Einsatzausstattung (Bedarfsgerecht, Beteiligung d. Mitarbeiter…)
• Aus-, Fort- und Weiterbildung (Belastungen Thema?, gewissenhaft…)