Top Banner
Lieber Anzeigenkunde! Zur Erinnerung hier noch einmal unsere Anzeigenschlusstermine für die Ausgabe am Mittwoch: Geschäftsanzeigen Heute, bis 19 Uhr Familien- und Kleinanzeigen Morgen, bis 10 Uhr Rufen Sie uns an! Tel. 0800 - 203 4567 (gebührenfrei) Sie erreichen uns: Montag–Donnerstag 7–19 Uhr Freitag 7–17 Uhr Samstag 8–12 Uhr Sonntag 9.30 –12.30 Uhr oder rund um die Uhr per Fax: 0800 - 203 2193 (gebührenfrei) per E-Mail: [email protected] www.HNA.de Immer dabei. Unser ehemaliger Mitarbeiter Karl Dreher Battenfeld verstarb im Alter von 91 Jahren. Herr Dreher war 36 Jahre bis zu seiner Pensionierung 1986 auf dem Auhammer. In seiner langen Betriebszugehörigkeit war er als Kernlagerverwalter und später als Disponent in der Arbeitsvorbereitung tätig. Wir trauern um ihn und werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten. Geschäftsführung, Betriebsrat und Belegschaft der Firma Eisenwerk Hasenclever & Sohn GmbH 35088 Battenberg-Auhammer Die 19. öffentliche Sitzung des Bau- und Planungsausschusses in der 17. Wahl- zeit der Gemeindevertretung der Ge- meinde Bromskirchen findet am Montag, dem 20. April 2015, 18.00 Uhr, Dorfge- meinschaftshaus Bromskirchen, Kleiner Saal, statt. Die Tagesordnung lautet: 01/19/15 II. Änderung des Bebauungs- planes Nr. 304 der Gemeinde Broms- kirchen für das Gebiet „Im Inkerfeld“ und weitere Geltungsbereiche in den Gemarkungen Somplar und Broms- kirchen – Abwägungs- und Satzungsbe- schluss 02/19/15 Änderung des Flächennut- zungsplanes der Gemeinde Broms- kirchen im Zusammenhang mit der II. Änderung des Bebauungsplanes für das Industriegebiet ante-holz 03/19/15 Bebauungsplan für das Indus- triegebiet „Alter Bahnhof“ Werksgelände der HOPPE AG in Bromskirchen – Auf- stellungs- und Offenlegungsbeschluss 04/19/15 Umsetzung von Unterhal- tungs- und Verschönerungsarbeiten auf dem Friedhof Bromskirchen Bromskirchen, den 08. Apr. 2015 Michael Feige Vorsitzender des Bau- und Planungsausschusses Amtliche Bekanntmachung der Gemeinde Bromskirchen Die 24. öffentliche Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses in der 17. Wahlzeit der Gemeindevertretung der Gemeinde Bromskirchen findet am Montag, dem 20. April 2015, 19.30 Uhr, Dorfgemeinschaftshaus Bromskirchen, kleiner Saal, statt. Die Tagesordnung lautet: 01/24/15 II. Nachtrag zur Abfallsatzung der Gemeinde Bromskirchen 04/34/15 Vierteljahresbericht über die Finanzen der Gemeinde Bromskirchen im Haushaltsjahr 2015 – I. Quartal 03/24/15: Schuldenübersicht der Ge- meinde Bromskirchen zum Ende des Haushaltsjahres 2014 04/24/15 Nachträgliche Beschlussfas- sung über über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen im Haushaltsjahr 2009 05/24/15 Nachträgliche Beschlussfas- sung über über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen im Haushaltsjahr 2010 06/24/15 Anfragen und Anregungen Bromskirchen, den 08. Apr. 2015 Willi Reder Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses Amtliche Bekanntmachung der Gemeinde Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel- deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis, dass es im Einwohnermelde- amt der Gemeinde Bromskirchen auf- grund der Umstellung auf ein neues EDV-System am Freitag, dem 17. April 2015 und in der darauffolgenden Woche – also vom 20.–24. April 2015 zu Ein- schränkungen beim Service kommen könnte. Insbesondere die Beantragung von dringend benötigten Ausweisdokumen- ten sollte möglichst vorher erfolgen. Bromskirchen, den 09.04.2015 gez. Frese, Bürgermeister Amtliche Bekanntmachung der Gemeinde Bromskirchen 24 Stunden Altenpflege zuhause. Wir ver- mitteln erfahrene polnische Pflegekräfte. www.sunacare.de, 0800-30 60 06 389 Gesundheit und Pflege Amtliche Bekanntmachungen Amtliche Bekanntmachungen Begrenzt ist das Leben, doch unendlich die Erinnerung. Zeitung lesen – und mitreden können! LOKAL Ihre Tageszeitung berichtet auch aus Ihrem Ort. Das Beste am Morgen! Immer dabei. Ein HNA- Abonnement, damit können Sie überall mitreden! Jean-Marie Gustave Le Clézio Jubilar J. M. G. Le Clézio 75 „Eine lange Reise“ heißt eines seiner Werke. Es könnte auch für Le Clézios Leben stehen. Denn der Schriftsteller, der heute sei- nen 75. Geburtstag feiert, spürt in seinem Werk, für das er 2008 den Nobelpreis für Literatur er- hielt, seiner Lebensgeschichte nach. Sein Erzählband „Der Yama-Baum“ führt von Frank- reich bis nach Liberia. Er handelt von Frauen und ihren Lebens- kämpfen. Ein Thema, das J. M. G. (Jean-Marie Gustave) Le Clézio auch in „Lied vom Hunger“ auf- greift. Das Buch ist ein Porträt seiner Mutter Ethel, die vor den deutschen Soldaten nach Nizza flüchtete, wo er 1940 geboren wurde. Le Clézio schrieb über 35 Romane und Erzählungen. In „Der Afrikaner“ verarbeitet er die Begegnung mit dem Vater, einem Mediziner, der in Afrika im Auftrag der Briten arbeitete. „Ich habe oft das Gefühl ge- habt, meine Vorfahren wohnten in mir und ich würde durch ihre Augen sehen“, erklärte er. Seine Vorfahren hatten vor zweihun- dert Jahren ihre bretonische Hei- mat verlassen, um sich auf der Insel Mauritius niederzulassen. Le Clézio, der in zweiter Ehe ver- heiratet ist und drei Töchter hat, hat neben der französischen Staatsangehörigkeit auch die von Mauritius. Einem Ort der Sehnsucht, wie er im Roman „Revolutionen“ schreibt. (dpa) BAD HERSFELD. Dieter We- del, neuer Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, legt nach: Für seine Inszenierung von Shakespeares „Komödie der Irrungen“ hat er mit Lu- cas Prisor, Ru- dolph Krause und Lara Man- doki drei wei- tere TV-Stars verpflichtet. So wird Lu- cas Prisor die Hauptrolle des Antipholus übernehmen. Er war unter an- derem in der ARD in „Die Him- melsleiter“ zu sehen. Nicht nur aus der ZDF-Reihe „Unter Ver- dacht“ ist Ru- dolf Krause be- kannt. Er ist in der TV-Produk- tion der Er- mittler neben Senta Berger. In der Stiftsrui- ne spielt er den Goldschmied Balthasar. Lara Mandoki kennt das Pu- blikum aus „Sturm der Liebe“ (ARD). Sie wird die Maisha spielen, eine „Tochter der Freude“. Dieter We- del wird das Stück „Komö- die der Irrun- gen“ in Form einer großen Zirkusvorstel- lung zeigen. Premiere ist am 6. Juni um 21 Uhr. (ks) Wedel holt noch mehr TV-Stars Hersfelder Intendant ergänzt Ensemble Lucas Prisor Rudolf Krause Lara Mandoki „das hohe Gut der Literatur ver- schachert“. Das von der FAZ-Kritikerin kenntnisreich, voller Hochach- tung geführte Gespräch streifte auch die „Dresdner Rede“, für die Lewitscharoff 2014 heftig attackiert wurde. Sie hatte ihre Ablehnung künstlicher Be- fruchtung in Begriffen wie „Halbwesen“ und „zweifelhafte Geschöpfe“ geäußert. Einige Sätze seien „auf dumme Art zu scharf“ und „verleumderisch“ gewesen, räumte die 60-Jährige erneut ein. Als „alte Kämpfer- natur“ wolle sie nicht weiner- lich reagieren. Sie sei jahrelang gut behandelt worden, habe vom Literaturbetrieb profitiert: „Da kann man nicht beleidigte Leberwurst spielen.“ Heute, 19 Uhr, Bad Wildun- gen, Schloss Friedrichstein: Nino Haratischwili. gebe es selbst in der evangeli- schen Kirche nicht mehr – für die Protestantin eine problema- tische Entwicklung: „Erlösung sollte nicht allzu leicht zu ha- ben sein.“ Die Vorstellung, dass die schlimmsten Menschheits- verbrecher straflos davonkom- men, nennt sie „empörend“: „Da führt sich Religion ad ab- surdum.“ Lewitscharoff erhofft ein Leben nach dem Tod und eine irgendwie geartete Form der Abrechnung, „von der wir nicht wissen, wie sie aussieht“. Für Lewitscharoff leistet auch Literatur ein „Erlösungs- bemühen“. Im Hintergrund ei- nes Textes auch über Verfeh- lungen müsse immer aufleuch- ten: „Es müsste eigentlich an- ders sein.“ Wenn jüngere Auto- ren einen „Hang zum Sadisti- schen, Kotigen, Perversen, Schrecklichen“ hätten, werde VON MARK-CHRISTIAN VON BUSSE WALDECK. „Unter dem Büch- nerpreis eröffnet der Literari- sche Frühling schon gar nicht mehr“, begann Felicitas von Lo- venberg (FAZ) ihre Moderation des festlichen Auftakt-Abends beim von drei Hotels veranstal- teten Literaturfestival im Land- kreis Waldeck-Frankenberg. Im vollen Rittersaal des Hotels Schloss Waldeck war Samstag- abend Sibylle Lewitscharoff zu Gast, die neben dem Büchner- preis viele bedeutende Aus- zeichnungen bekommen hat. Lewitscharoff las den Anfang ihres Krimis „Killmousky“. Zwi- schen Büchern über den Philo- sophen Hans Blumenberg und ihrem nächsten Projekt, das vom Dichter Dante handelt, wollte sie etwas „sehr Geerde- tes“ schreiben, wo die Fakten stimmen und der Plot stimmig sein müssen: „Eine sehr gute Übung. Da können Sie mit Himmelssperenzchen nicht an- fangen.“ Einfacher zu schrei- ben sei ein Krimi nicht. Was Le- witscharoff am Genre faszi- niert: „Krimis greifen in das moralische Herz der Gesell- schaft.“ Die sich, wenn etwas Schreckliches passiert sei, da- rüber verständigen müsse. Sie sei „mit Homer und der Bibel“ aufgewachsen, erzählte die Tochter eines bulgarischen Vaters und einer schwäbischen Mutter, die in Berlin lebt. Ohne das bei Kindern lodernde Ge- rechtigkeitsempfinden, ohne einen essentiellen Sinn für Gut und Böse, „gehen wir zugrun- de“, befürchtet die 60-Jährige. Den Glauben, dass alle Men- schen für ihre Sünden zur Re- chenschaft gezogen werden, Erlösung nicht zu billig Sibylle Lewitscharoff eröffnete auf Schloss Waldeck den Literarischen Frühling Angeregtes Gespräch: Felicitas von Lovenberg (FAZ, links) und Sibylle Lewitscharoff. Foto: Jaeger Das Festival Das Gespräch mit Lewitscharoff war Auftakt einer „kulturellen In- tensivwoche“, wie es Mitveran- stalterin Christiane Kohl (Land- haus Bärenmühle) formulierte: „Vergnügen und Erbauung“ in einer Region, die durch Wald, gute Luft, Stille und eine weitge- hend unverbrauchte Landschaft geprägt sei und der das von zahl- reichen Sponsoren unterstützte Festival zusätzliche Identität, At- traktivität und Strahlkraft ver- schaffen wolle. Wenn es sich vollends etablieren wolle, müss- ten allerdings für seinen Verlauf die vielen Blitzer im Kreis ausge- schaltet werden, scherzte von Lovenberg: Die Radarfallen er- fordern hohe Konzentration bei der Anfahrt ins ländliche Idyll. www.literarischer-fruehling.de Montag, 13. April 2015 Kultur FK-KU2
11

FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon...

Feb 28, 2021

Download

Documents

dariahiddleston
Welcome message from author
This document is posted to help you gain knowledge. Please leave a comment to let me know what you think about it! Share it to your friends and learn new things together.
Transcript
Page 1: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

LieberAnzeigenkunde!Zur Erinnerung hier noch einmalunsere Anzeigenschlussterminefür die Ausgabe am Mittwoch:

Geschäftsanzeigen

Heute, bis 19 UhrFamilien- und Kleinanzeigen

Morgen, bis 10 UhrRufen Sie uns an!

Tel. 0800 - 203 4567(gebührenfrei)

Sie erreichen uns:Montag–Donnerstag 7–19 UhrFreitag 7–17 UhrSamstag 8–12 UhrSonntag 9.30 –12.30 Uhr

oder rund um die Uhr

per Fax: 0800 - 203 2193 (gebührenfrei)per E-Mail: [email protected]

Immer dabei.

Unser ehemaliger Mitarbeiter

Karl DreherBattenfeld

verstarb im Alter von 91 Jahren.

Herr Dreher war 36 Jahre bis zu seiner Pensionierung 1986 auf dem Auhammer.

In seiner langen Betriebszugehörigkeit war er als Kernlagerverwalter und späterals Disponent in der Arbeitsvorbereitung tätig.

Wir trauern um ihn und werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten.

Geschäftsführung, Betriebsrat und Belegschaftder Firma

Eisenwerk Hasenclever & Sohn GmbH35088 Battenberg-Auhammer

Die 19. öffentliche Sitzung des Bau- undPlanungsausschusses in der 17. Wahl-zeit der Gemeindevertretung der Ge-meinde Bromskirchen findet amMontag,dem 20. April 2015, 18.00 Uhr, Dorfge-meinschaftshaus Bromskirchen, KleinerSaal, statt.Die Tagesordnung lautet:01/19/15 II. Änderung des Bebauungs-planes Nr. 304 der Gemeinde Broms-kirchen für das Gebiet „Im Inkerfeld“und weitere Geltungsbereiche in denGemarkungen Somplar und Broms-kirchen – Abwägungs- und Satzungsbe-schluss02/19/15 Änderung des Flächennut-zungsplanes der Gemeinde Broms-kirchen im Zusammenhang mit derII. Änderung des Bebauungsplanes fürdas Industriegebiet ante-holz03/19/15 Bebauungsplan für das Indus-triegebiet „Alter Bahnhof“ Werksgeländeder HOPPE AG in Bromskirchen – Auf-stellungs- und Offenlegungsbeschluss04/19/15 Umsetzung von Unterhal-tungs- und Verschönerungsarbeiten aufdem Friedhof BromskirchenBromskirchen, den 08. Apr. 2015

Michael FeigeVorsitzender des

Bau- und Planungsausschusses

AmtlicheBekanntmachungder Gemeinde

Bromskirchen

Die 24. öffentliche Sitzung des Haupt-und Finanzausschusses in der17. Wahlzeit der Gemeindevertretungder Gemeinde Bromskirchen findet amMontag, dem 20. April 2015, 19.30 Uhr,Dorfgemeinschaftshaus Bromskirchen,kleiner Saal, statt.Die Tagesordnung lautet:01/24/15 II. Nachtrag zur Abfallsatzungder Gemeinde Bromskirchen04/34/15 Vierteljahresbericht über dieFinanzen der Gemeinde Bromskirchenim Haushaltsjahr 2015 – I. Quartal03/24/15: Schuldenübersicht der Ge-meinde Bromskirchen zum Ende desHaushaltsjahres 201404/24/15 Nachträgliche Beschlussfas-sung über über- und außerplanmäßigeAufwendungen und Auszahlungen imHaushaltsjahr 200905/24/15 Nachträgliche Beschlussfas-sung über über- und außerplanmäßigeAufwendungen und Auszahlungen imHaushaltsjahr 201006/24/15 Anfragen und AnregungenBromskirchen, den 08. Apr. 2015

Willi RederVorsitzende des

Haupt- und Finanzausschusses

AmtlicheBekanntmachungder Gemeinde

Bromskirchen

Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde BromskirchenWir geben der Bevölkerung davonKenntnis, dass es im Einwohnermelde-amt der Gemeinde Bromskirchen auf-grund der Umstellung auf ein neuesEDV-System am Freitag, dem 17. April2015 und in der darauffolgenden Woche– also vom 20.–24. April 2015 zu Ein-schränkungen beim Service kommenkönnte.Insbesondere die Beantragung vondringend benötigten Ausweisdokumen-ten sollte möglichst vorher erfolgen.Bromskirchen, den 09.04.2015

gez. Frese, Bürgermeister

AmtlicheBekanntmachungder Gemeinde

Bromskirchen

24 Stunden Altenpflege zuhause. Wir ver-mitteln erfahrene polnische Pflegekräfte.www.sunacare.de, 0800-30 60 06 389

Gesundheit und PflegeAmtliche Bekanntmachungen

Amtliche Bekanntmachungen

Begrenzt ist das Leben, doch unendlich die Erinnerung.

Zeitung lesen –und mitreden können!

LOKALIhre

Tageszeitungberichtetauch aus

Ihrem Ort.

Das Beste amMorgen!

Immer dabei.

Ein HNA-Abonnement,damit können

Sie überallmitreden!

Jean-Marie Gustave Le Clézio

JubilarJ. M. G. Le Clézio 75„Eine lange Reise“ heißt einesseinerWerke. Es könnte auch fürLe Clézios Leben stehen. Dennder Schriftsteller, der heute sei-nen 75. Geburtstag feiert, spürtin seinemWerk, für das er 2008den Nobelpreis für Literatur er-hielt, seiner Lebensgeschichtenach. Sein Erzählband „DerYama-Baum“ führt von Frank-reich bis nach Liberia. Er handeltvon Frauen und ihren Lebens-kämpfen. Ein Thema, das J. M. G.(Jean-Marie Gustave) Le Clézioauch in „Lied vomHunger“ auf-greift. Das Buch ist ein Porträtseiner Mutter Ethel, die vor dendeutschen Soldaten nach Nizzaflüchtete, wo er 1940 geborenwurde. Le Clézio schrieb über 35Romane und Erzählungen. In„Der Afrikaner“ verarbeitet erdie Begegnungmit dem Vater,einemMediziner, der in Afrikaim Auftrag der Briten arbeitete.„Ich habe oft das Gefühl ge-

habt, meine Vorfahrenwohntenin mir und ich würde durch ihreAugen sehen“, erklärte er. SeineVorfahren hatten vor zweihun-dert Jahren ihre bretonischeHei-mat verlassen, um sich auf derInsel Mauritius niederzulassen.Le Clézio, der in zweiter Ehe ver-heiratet ist und drei Töchter hat,hat neben der französischenStaatsangehörigkeit auch dievon Mauritius. EinemOrt derSehnsucht, wie er im Roman„Revolutionen“ schreibt. (dpa)

BAD HERSFELD. Dieter We-del, neuer Intendant der BadHersfelder Festspiele, legtnach: Für seine Inszenierungvon Shakespeares „Komödieder Irrungen“hat er mit Lu-cas Prisor, Ru-dolph Krauseund Lara Man-doki drei wei-tere TV-Starsverpflichtet.

So wird Lu-cas Prisor dieHauptrolle des Antipholusübernehmen. Er war unter an-derem in der ARD in „Die Him-melsleiter“ zu sehen.

Nicht nur aus der ZDF-Reihe„Unter Ver-dacht“ ist Ru-dolf Krause be-kannt. Er ist inder TV-Produk-tion der Er-mittler nebenSenta Berger.In der Stiftsrui-ne spielt erden Goldschmied Balthasar.

Lara Mandoki kennt das Pu-blikum aus „Sturm der Liebe“(ARD). Sie wird die Maisha

spielen, eine„Tochter derFreude“.

Dieter We-del wird dasStück „Komö-die der Irrun-gen“ in Formeiner großenZirkusvorstel-

lung zeigen. Premiere ist am 6.Juni um 21 Uhr. (ks)

Wedel holtnoch mehrTV-StarsHersfelder Intendantergänzt Ensemble

LucasPrisor

RudolfKrause

LaraMandoki

„das hohe Gut der Literatur ver-schachert“.

Das von der FAZ-Kritikerinkenntnisreich, voller Hochach-tung geführte Gespräch streifteauch die „Dresdner Rede“, fürdie Lewitscharoff 2014 heftigattackiert wurde. Sie hatte ihreAblehnung künstlicher Be-fruchtung in Begriffen wie„Halbwesen“ und „zweifelhafteGeschöpfe“ geäußert. EinigeSätze seien „auf dumme Art zuscharf“ und „verleumderisch“gewesen, räumte die 60-Jährigeerneut ein. Als „alte Kämpfer-natur“ wolle sie nicht weiner-lich reagieren. Sie sei jahrelanggut behandelt worden, habevom Literaturbetrieb profitiert:„Da kann man nicht beleidigteLeberwurst spielen.“Heute, 19 Uhr, Bad Wildun-

gen, Schloss Friedrichstein: NinoHaratischwili.

gebe es selbst in der evangeli-schen Kirche nicht mehr – fürdie Protestantin eine problema-tische Entwicklung: „Erlösungsollte nicht allzu leicht zu ha-ben sein.“ Die Vorstellung, dassdie schlimmsten Menschheits-verbrecher straflos davonkom-men, nennt sie „empörend“:„Da führt sich Religion ad ab-surdum.“ Lewitscharoff erhofftein Leben nach dem Tod undeine irgendwie geartete Formder Abrechnung, „von der wirnicht wissen, wie sie aussieht“.

Für Lewitscharoff leistetauch Literatur ein „Erlösungs-bemühen“. Im Hintergrund ei-nes Textes auch über Verfeh-lungen müsse immer aufleuch-ten: „Es müsste eigentlich an-ders sein.“ Wenn jüngere Auto-ren einen „Hang zum Sadisti-schen, Kotigen, Perversen,Schrecklichen“ hätten, werde

VON MARK-CHRISTIAN VON BUSSE

WALDECK. „Unter dem Büch-nerpreis eröffnet der Literari-sche Frühling schon gar nichtmehr“, begann Felicitas von Lo-venberg (FAZ) ihre Moderationdes festlichen Auftakt-Abendsbeim von drei Hotels veranstal-teten Literaturfestival im Land-kreis Waldeck-Frankenberg. Imvollen Rittersaal des HotelsSchloss Waldeck war Samstag-abend Sibylle Lewitscharoff zuGast, die neben dem Büchner-preis viele bedeutende Aus-zeichnungen bekommen hat.

Lewitscharoff las den Anfangihres Krimis „Killmousky“. Zwi-schen Büchern über den Philo-sophen Hans Blumenberg undihrem nächsten Projekt, dasvom Dichter Dante handelt,wollte sie etwas „sehr Geerde-tes“ schreiben, wo die Faktenstimmen und der Plot stimmigsein müssen: „Eine sehr guteÜbung. Da können Sie mitHimmelssperenzchen nicht an-fangen.“ Einfacher zu schrei-ben sei ein Krimi nicht. Was Le-witscharoff am Genre faszi-niert: „Krimis greifen in dasmoralische Herz der Gesell-schaft.“ Die sich, wenn etwasSchreckliches passiert sei, da-rüber verständigen müsse.

Sie sei „mit Homer und derBibel“ aufgewachsen, erzähltedie Tochter eines bulgarischenVaters und einer schwäbischenMutter, die in Berlin lebt. Ohnedas bei Kindern lodernde Ge-rechtigkeitsempfinden, ohneeinen essentiellen Sinn für Gutund Böse, „gehen wir zugrun-de“, befürchtet die 60-Jährige.Den Glauben, dass alle Men-schen für ihre Sünden zur Re-chenschaft gezogen werden,

Erlösung nicht zu billigSibylle Lewitscharoff eröffnete auf Schloss Waldeck den Literarischen Frühling

Angeregtes Gespräch: Felicitas von Lovenberg (FAZ, links) und Sibylle Lewitscharoff. Foto: Jaeger

Das FestivalDas Gespräch mit Lewitscharoffwar Auftakt einer „kulturellen In-tensivwoche“, wie es Mitveran-stalterin Christiane Kohl (Land-haus Bärenmühle) formulierte:„Vergnügen und Erbauung“ ineiner Region, die durchWald,gute Luft, Stille und eine weitge-hend unverbrauchte Landschaftgeprägt sei und der das von zahl-reichen Sponsoren unterstützteFestival zusätzliche Identität, At-traktivität und Strahlkraft ver-schaffen wolle. Wenn es sichvollends etablieren wolle, müss-ten allerdings für seinen Verlaufdie vielen Blitzer im Kreis ausge-schaltet werden, scherzte vonLovenberg: Die Radarfallen er-fordern hohe Konzentration beider Anfahrt ins ländliche Idyll.www.literarischer-fruehling.de

Montag, 13. April 2015 KulturFK-KU2

Page 2: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

Kalenderblatt13. April 1955

Impfstoff gegen Poliowird freigegebenSeit dem Jahr 1947 suchte derBakteriologe Jonas Salk (1914 -1995, Foto) nach einemMittelgegen die Erreger der Kinderläh-mung. Fünf Jahre später warenseine ersten Feldversuche er-folgreich, und er veröffentlichtesie in einer Fachzeitschrift. Vor60 Jahren wurde der Impfstoffgegen das Polio-Virus nach ei-nem erfolgreichen Großversuchvon der US-Regierung freigege-ben. Dabei wurde den Proban-den ein Gemisch abgetöteterPolio-Viren injiziert. Innerhalbweniger Jahre nach Freigabe desImpfstoffes ging die Zahl der Po-liokranken um 86 Prozent zu-rück. (lin)

Namen undNachrichtenSteinmeier gegenEinladung von PutinAußenminister Frank-WalterSteinmeier hat die Forderungvon Linksfraktionschef GregorGysi nach einer Einladung desrussischen PräsidentenWladi-mir Putin zum G7-Gipfel nachDeutschlandzurückgewiesen. Esliege nicht in seinem Interesse,Russland dauerhaft zu isolieren,aber er könne auch nicht so tun,als sei nichts gewesen, sagte erder „Welt“. Russland war im ver-gangenen Jahr aus der Gruppeder acht wichtigsten Industrie-nationen ausgeschlossen wor-den.

Özoguz kämpft mitHassbotschaftenDie Flüchtlingsbeauftragte derBundesregierung, Aydan Özo-

guz, kämpftmitDrohungenundHassbotschaf-ten. Sie bekom-meBriefe, Mailssowie Anfein-dungen übersoziale Netz-

werke, sagte die 47-Jährige ges-tern gegenüber der „Welt amSonntag“. Sie empfinde die Brie-fe nicht als Morddrohungen,aber sie beschäftigen sie.

IS postet Video zurZerstörung NimrudsDieTerrormiliz Islamischer Staat(IS) hat ein Video ins Netz ge-stellt, das die Zerstörung vonTeilen der alt-assyrischen Rui-nenstadt Nimrud im Süden vonMossul zeigt. Darin ist zu sehen,wie IS-Dschihadistenmit Bulldo-zern und Presslufthämmernüber die mehr als 3000 Jahre al-ten Reliefs herfallen. Ein IS-Mili-zionär sagte in die Kamera, dasser, wo auch immer der IS einStück Landeingenommenhätte,die Symbole derGötzendienereiauslösche.

Erzieher: Schwesigfordert LehrergehaltBundessozialministerinManuelaSchwesig (SPD) hat deutliche

Verbesserun-gen für Erzieherund Kinderpfle-ger bei den lau-fenden Tarifver-handlungen an-gemahnt. Siefordert, die Löh-

ne langfristig auf das Niveau vonGrundschullehrern anzuheben.Gegenüber demDeutschland-funksagtedie40-Jährige,dassdieKinderbetreuungmehrWert-schätzung erfahrenmüsse.

Deutschland habe sich 1989/90 auf das Selbstbestimmungs-recht berufen, als die Ex-DDRNato-Gebiet geworden sei, sag-te Borodziej. Es sei schwer zuakzeptieren, dass MillionenUkrainer, die zum Westenstrebten, als Pufferzone von au-ßen gesteuert werden sollten.

Kinkel äußerte seine Skep-sis, ob es beim Zusammenhaltaller 28 EU-Mitglieder und ei-ner gemeinsamen Außen- undSicherheitspolitik bleiben wer-de: „Da gibt es gewaltigeSchwierigkeiten. Ich machemir Sorgen um Europa.“ Borod-ziej äußerte eine radikale Idee:im Sommer für ein Vierteljahrdie EU aufzuheben. Dann wer-de den Menschen bewusst, wassie an offenen Grenzen unddem Euro haben: „Es geht unsallen zu gut.“ Dem stimmteKinkel zu: „Es ist alles zu selbst-verständlich geworden.“

die mit Putin zu tun haben, sa-gen, dass man sich auf ihnnicht verlassen kann“, berich-tete Kinkel. Zwar werde es „kei-ne Sicherheit ohne Russlandgeben“. Der Ausweg könneaber nicht darin bestehen, wiees eine Zuhörerin vorschlug,als Verhandlungsbasis die An-nexion der Krim zu akzeptie-ren: „Das war ein massiver,eklatanter, dreister Völker-rechtsbruch.“

Womöglich werde Putin be-greifen, dass die Isolation derWirtschaft schade: „Putinbraucht auch uns.“ Das könneihn langfristig vielleicht zumEinlenken bewegen. Aber eineEuropäisierung der Ukraine,die Hinwendung zum Westen,werde Putin nicht hinnehmen,zeigten sich der Ex-FDP-Vorsit-zende („das war nicht meinebeste Zeit“) und der polnischeHistoriker überzeugt.

chen, wenn nicht zerschlagenwolle – auf sein „imperialesProjekt“ reagiert: „Seine Ver-achtung für den Westen istgrenzenlos.“

Einigkeit bestand darin, dassPutin weiter zündeln wird: Essei ihm daran gelegen, dieUkraine – deren Lage beideübereinstimmend als verhee-rend beschrieben – nicht zurRuhe kommen zu lassen. „Alle,

mütigung durch den Zerfall derSowjetunion umkehren wolle,indem er den Nationalismusschüre, hysterisch von der Be-kämpfung des „Faschismus“spreche und einseitig auf Auf-rüstung setze: „Die russischePropaganda ist ein Meister-werk, dem setzen wir nichtsentgegen.“

Borodziej zufolge testet Pu-tin, wie die EU – die er schwä-

VON MARK -CHR I S T I AN VON BUS S E

FRANKENAU. Was will Putin?Und wie kann ein Ausweg imUkraine-Konflikt aussehen?Antworten suchten gesternbeim Festival LiterarischerFrühling im Landhaus Bären-mühle in Ellershausen (KreisWaldeck-Frankenberg) der ehe-malige BundesaußenministerKlaus Kinkel (FDP, 78) und derrenommierte Historiker Wlod-zimierz Borodziej (58), der inWarschau und Jena lehrt.

Allein, es gab im von HansWerner Kilz, Ex-Chefredakteurvon „Spiegel“ und „Süddeut-scher Zeitung“, souverän mo-derierten Gespräch viele Mut-maßungen, viel Ratlosigkeit,viel Pessimismus. Für Kinkelhat der hoch pokernde russi-sche Präsident überhaupt kei-ne klare Strategie. Er sei „Proto-typ des Beleidigten“, der die De-

„Ich mache mir Sorgen um Europa“Ex-Außenminister Kinkel und der Historiker Borodziej diskutierten über Putin und die Ukraine

Im Gespräch: Klaus Kinkel (links),Wlodzimierz Borodziej. Fotos: Jaeger

dafür ausgesprochen, dass derBund den Kommunen die Kos-ten der Unterbringung dauer-haft abnimmt. Dazu werdedemnächst eine Arbeitsgrup-pe mit Vertretern der Ländereinberufen. Die Grünen kün-digten an, einen Antrag zurÜbernahme von Kosten beider Flüchtlingshilfe in denBundestag einzubringen.

Innen- und Finanzministeri-um hatten sich zurückhaltendzum Vorstoß von SPD-Chef Ga-briel geäußert. Sie verwiesenauf Finanzzusagen des Bundesvon je 500 Millionen Euro für2015 und 2016: Zumindest fürdiese beiden Jahre sei dieseine abschließende Regelung.

Der Landrat des Burgen-landkreises im südlichenSachsen-Anhalt, Götz Ulrich(CDU), sieht in der finanziel-len Belastung durch steigendeFlüchtlingszahlen ein gefun-denes Fressen für die NPD. Inseinem Kreis, zu dem Tröglitzgehört, seien für 2015 elf Mil-lionen Euro für Asylbewerber-leistungen veranschlagt, mehrals dreimal so viel wie 2014,sagte Ulrich der Zeitung Welt.In Tröglitz war am Karsamstagein für Asylbewerber herge-richtetes Mehrfamilienhaus inBrand gesetzt worden.

Die Bundesregierung startetein mit zwölf Millionen Eurofinanziertes Unterstützungs-programm für Städte und Ge-meinden, die junge Asylbe-werber aufnehmen. Das Pro-jekt solle „die Kommunen un-terstützen, die mit Flüchtlin-gen kaum Erfahrungen ha-ben“, sagte Familienministe-rin Manuela Schwesig der Bildam Sonntag. (dpa)

KOMMENTAR

BERLIN. Im Ringen um einestärkere Beteiligung des Bun-des an den Kosten für Flücht-linge fordern Länder undKommunen ein Gipfeltreffenmit der Bundesregierung. Diestark ansteigenden Asylbewer-ber-Zahlen machten ein Spit-zengespräch von Bund undLändern spätestens im Som-mer nötig, sagte Niedersach-sens Regierungschef StephanWeil (SPD) dem Berliner Ta-gesspiegel. Die Finanzzusagendes Bundes für 2015 und 2016vom Dezember reichten nichtmehr aus. Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsiden-tin Malu Dreyer (SPD) ver-langt, den Bund angesichtsder seit Jahresbeginn verän-derten Lage stärker in diePflicht zu nehmen.

Das Bundesamt für Migrati-on und Flüchtlinge schätzt,dass in diesem Jahr 300 000Flüchtlinge nach Deutschlandkommen, die Länder rechnenmit viel mehr. Die Bundeslän-der und die Kommunen sindfür Unterbringung und Ver-sorgung der Asylbewerber zu-ständig. Aufgrund der steigen-den Zahlen fühlen sie sichüberfordert.

In der Unionsfraktion wer-den zugleich Forderungennach einem Entgegenkom-men der Länder laut. Die Bun-desländer müssten sich ver-pflichten, verstärkt Einrich-tungen für die Erstaufnahmezu schaffen und abgelehnteAsylbewerber konsequenterabzuschieben, forderte der in-nenpolitische Sprecher derUnionsfraktion, Stephan May-er, am Samstag in der Passau-er Neuen Presse. SPD-Chef Sig-mar Gabriel hatte sich zuvor

Bund stärker in der PflichtLänder und Kommunen fordern Gipfeltreffen zu den gestiegenen Flüchtlingskosten

Notunterkunft: Kommunen und Ländermüssen für die Unterbrin-gung von Flüchtlingen aufkommen. Aus diesemGrund fordern sieein Gipfeltreffen. Foto: dpa

Kommentar

Keine Willkommenskultur

Kommunen überfordert sindund Flüchtlinge in katastro-phalen Unterkünften kampie-ren, die mit der viel beschwo-renen Willkommenskulturnicht das Geringste zu tun ha-ben. Der Bund kann sich hiernicht mit Almosen aus derVerantwortung stehlen. Esmuss kein Flüchtlingsgipfelsein. Eine rasche Lösung beider Kostenverteilung würdereichen. [email protected]

daran nicht unschuldig. Esnützt wenig, wenn sich Au-ßenminister Frank-WalterSteinmeier ob solcher Exzessebesorgt über den Ruf Deutsch-landsäußert.Ausländerpolitikmuss konkret sein. Und kon-struktiv. Daran hapert es.

Ein Beispiel ist die Finanzie-rung der Flüchtlinge. Bundund Länder streiten darüberwie die Kesselflicker. Wegender zahlreichen Krisenherdein der Welt sind die Flücht-lingszahlen inzwischen explo-diert. So kommt es, dass viele

D ie Mehrheit der Bun-desbürger ist von Aus-länderfeindlichkeit

weit entfernt. Glaubt man ei-ner jüngsten Emnid-Umfrage,dann haben mehr als dreiViertel von ihnen kein Pro-blem, wenn in ihrer Umge-bung ein Flüchtlingsheim ent-stünde. Noch mehr haben sichdie schlimmen Bilder desBrandanschlages auf ein künf-tiges Flüchtlingsheim in Trö-glitz ins Gedächtnis eingegra-ben. Beides passt nicht zusam-men. Die Regierungspolitik ist

Stefan Vetterüber dieFlüchtlings-Debatte

Pauschale fürdie Kommunen• Zum Jahresbeginn wur-de die Pauschale des Lan-des Hessen für die Kom-munen um 15 Prozent er-höht. Bisland zahlte dasLand für ländliche Kom-munen 520,97 Euro proMonat pro Kopf. Im Be-reich des Regierungspräsi-diums Darmstadt und derStadt Kassel waren es599,70 Euro, in anderenGroßstädten 629,51 Euro.• Niedersachsen zahlt der-zeit eine Pauschale von6195 Euro pro Kopf proJahr . (dpa)

HINTERGRUND

VON M I C HA E L F I S CH E R

STOCKHOLM. Polen und diebaltischen Staaten fühlen sichvon Russland bedroht. Dem-entsprechend setzen sie ihreFinanzmittel ein: Die Ein-kaufsliste der polnischenStreitkräfte ist lang: 32 Kampf-und 70 Transporthubschrau-ber, 97 Drohnen, 20 Luftab-wehreinheiten, einige Hun-dert Kampfpanzer und gepan-zerte Fahrzeuge, dazu einigeSchiffe für die Marine undMarschflugkörper für die Luft-waffe. Innerhalb von zehn Jah-ren will Polen 32 MilliardenEuro in die Modernisierungseines Militärs investieren.

Geplant wurde die massiveAufrüstung bereits vor derUkraine-Krise. Die Annexionder Krim und die Kämpfe inder Ost-Ukraine haben dasProjekt in Fahrt gebracht. Imlaufenden Jahr erhöht Polenden Verteidigungsetat um 20Prozent und zählt damit erst-mals zu dem kleinen Kreis derNato-Länder, die das Bündnis-ziel erreichen, mehr als zweiProzent des Bruttoinlandspro-dukts fürs Militär auszugeben.

In den baltischen Nachbar-staaten steigen die Militäraus-gaben nach einer neuen Studiedes Stockholmer Friedensfor-schungsinstituts Sipri eben-falls sprunghaft. Estland gibt2015 etwa 7,3 Prozent mehr alsim Vorjahr aus, Lettland 15Prozent und Litauen sogar 50Prozent - die mit Abstandhöchste Steigerungsrate in derEuropäischen Union. (dpa)

RusslandsNachbarnrüsten aufInstitut: Polen und Baltenerhöhen Militärausgaben

BERLIN. Immer mehr Elternnehmen das Betreuungsgeld inAnspruch. Im vierten Quartaldes Vorjahres bezogen bundes-weit 386 483 Eltern Betreu-ungsgeld. Das geht aus der Er-hebung des Statistischen Bun-desamtes hervor. Die Leistungist umstritten. Das Bundesver-fassungsgericht will morgenklären, ob das BetreuungsgeldBestand haben kann. Seit 2013können Eltern die Familien-leistung beantragen, wenn sieihr Kind unter drei Jahrennicht in eine Kita oder zu einerstaatlich geförderten Tages-mutter geben möchten. (dpa)

400 000 ElternbeziehenBetreuungsgeld

Montag, 13. April 2015 PolitikPO2

Page 3: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

Frankenberg Dienstag, 14. April 2015

FrankenbergTSV FrankenbergFRANKENBERG. Die Gymnas-tik der Abteilung DeutschesSportabzeichen des TSV Fran-kenberg findet dienstags von 19bis 21 Uhr in der kleinen Halleder Ortenbergschule statt.Beginn ist am 21. April.

MGV RöddenauRÖDDENAU. Der Männerchorprobt am heutigen Dienstag,14. April, bereits ab 19.30 Uhrund der Chor „Cantiamo“ imAnschluss ab 20 Uhr.

Geselliger AbendRÖDDENAU. Die RöddenauerLandfrauen sind amMittwoch,15. April, ab 19.30 Uhr zu einemgeselligenAbendzumAbschlussdesWinterprogramms in dasDorfgemeinschafshaus eingela-den. Für das leiblicheWohl wer-den die Teilnehmer gebeten,kleine Snacks mitzubringen.Damit soll ein abwechslungsrei-ches Buffet für alle aufgebautwerden. Bitte auch Gedeck undGlas mitbringen. Anmeldungensind noch bei Silke Naumann,Tel. 06451/ 24661, möglich.

Jahrgang 1938FRANKENBERG. Das nächsteStammtischtreffen des Jahr-gangs 1938 findet am Samstag,18. April, ab 19 Uhr in der Gast-stätte Heini Vöhl statt.

Touring-ClubFRANKENBERG. Der Touring-club Frankenberg im AvD veran-staltet am 17. April ab 20 Uhr inderAlmhütteWalkemühle seineJahreshauptversammlung. Das40-Jährige der Vereinsgründungsteht auf dem Programm. AlleMitglieder sind eingeladen.

JagdgenossenGEISMAR. Die JagdgenossenGeismar fahren am Freitag, 17.April, nach Harsewinkel zu einerWerksbesichtigung mit Rah-menprogramm bei der FirmaClaas. Abfahrt 6.30 Uhr am Feu-erwehrgerätehaus. Es sind nochPlätze frei. Interessierte bei KarlMütze, 06451/4115, melden.

KreisvorstandssitzungFRANKENBERG. Die monatli-che Sitzung des Kreisvorstandesim Schützenkreis Frankenbergfindet amMittwoch, 15. April, ab20 Uhr in der Gaststätte Vöhl inFrankenberg statt. Die Durch-führungderKreissportlerehrungund die Nachbereitung des Hes-sischen Schützentages stehenimMittelpunkt der Sitzung .Des-halb wird um pünktliches undvollzähliges Erscheinen allerVorstandsmitglieder gebeten.

KonfirmandenFRANKENBERG. Pfarrbezirk Iam Sonntag, 19. April, ab10.30 Uhr in der Liebfrauenkir-chezuFrankenberg.AmSonntagwerdenvonPfarrerHolland-Letzkonfirmiert Lukas Bartel, JustinKlose, Nils Berger, KatharinaNar-dyschev, Lukas Breßler, PhilippNöchel, Annabelle Briel, LucasRusinow, Felix Dippel, Andy Sar-tison, Leon Drexhage, Niklas Sei-mann, Vivienne-Chantal Dröss-ler, Anastasia Sentschik, Ina-Victoria Giss, Anna Sentschik,Alessa Hallmann, Rune HenkSchütze, Luis Herguth.

KonfirmationSCHREUFA. Die Konfirmationin Schreufa ist am 19. April ab 9undab11Uhr (in zweiGruppen)in der Kirche zu Schreufa. AmSonntag werden von PfarrerinWeinreich konfirmiert, ChantalBiskoping, Nicolas Müller, JanBuzon, Angelique-LorenePietsch, Moritz Delavier, Domi-nik Rocha Schulz, MaximilianDönges, Malin Sochiera, LouisaGräbe, Dmitri Schens, JohannaKlein,Henrik Schneider, RaphaelKüster, Dominik Thonet (Fran-kenberg), Hannah-Marie Lud-wig, LeonWeber, Marco Miess,Marina Zenker (Greese).

FRANKENBERG. Im Zuge vonzentralen EDV-Systemumstel-lungsarbeiten durch das kom-munale Gebietsrechenzen-trum in Kassel am Freitag, 17.und Samstag, 18. April, kön-nen im Bürgerbüro der StadtFrankenberg an diesen beidenTagen keine Abmeldungen,Anmeldungen oder Ummel-dungen sowie die Erstellungvon Meldebescheinigungenvorgenommen werden.

„Ebenso ist die Beantragungvon Personalausweisen undReisepässen sowie von polizei-lichen Führungszeugnissenund Auskünften aus dem Ge-werbezentralregister an die-sen beiden Tagen nicht mög-lich“, erläuterte Erster Stadt-rat Willi Naumann. „Bürger,die ihren Ausweis oder Reise-pass bereits beantragt habenund schriftlich über die Abho-lung informiert wurden, kön-nen diese jederzeit abholen“,ergänzte der stellvertretendeBürgermeister.

Wartezeiten möglichAuch am Montag, 20. April,

können Störungen im EDV-System nicht ausgeschlossenwerden, sodass Wartezeitenund Verzögerungen bei derBearbeitung von Einwohner-melderechtlichen Angelegen-heiten auftreten können. DieStadtverwaltung und der ErsteStadtrat bitten in diesem Zu-sammenhang die Bürgerinnenund Bürger um Verständnis.

Naumann: „Alle anderenServiceangebote wie beispiels-weise die Ausgabe von Hunde-kotbeuteln, die Aushändigungoder Entgegennahme von Vor-drucken und Anträgen etc.werden auch an den genann-ten Tagen möglich sein.“ (jun)

Einschränkungim Service desBürgerbüros

Aus der vhsSicheres Internetfür KinderFRANKENBERG. Das Internetist ein riesiges Datenmeer mitvielen Seiten und von der gan-zenWelt erreichbar. Gerade fürKinder ist es schwer zu verste-hen, was das Internet eigentlichist. In weiten Teilen ist das Inter-netgarnicht fürKindergeeignet.Es gibt zum Beispiel Informatio-nen, die nicht stimmen oderauch Seitenmit Gewalt und Dar-stellungen, die Angst machen.Über das Internet können auchFremdemit Kindern in Kontakttreten. Dieses Angebot richtetsich an Kinder im Alter von achtbis zwölf Jahren, die alleine oderin kostenfreier Begleitung einesElternteils diesen Kurs besuchenkönnen.DieVeranstaltungunterder Leitung von Haleh Engstfeldfindet am 25. April von 14 bis17 Uhr statt. Der Kurspreisbeträgt 18,70 Euro. Anmeldun-gen nimmt die Kreisvolkshoch-schule noch bis zum 17. Aprilunter 06451 7286-0 entgegen.

Salsa-Workshop fürSingles und PaareFRANKENBERG. Salsa ist ge-tanzte Lebensfreude! Durch diekraftvolle Musik spürt man dieDynamik und das Temperamentin jeder Bewegung und in jedemSchritt. Viele Drehungen undschnelle Schritte sind Bestand-teil dieses Tanzes. In diesemWorkshopmit Kokou Placktorwerden die Grundschritte ge-lernt und geübt, um einen Ein-blick in und ein Gespür für die-sen Tanzstil zu bekommen. Wei-tere Infos unter www.novissi.de.Termine: Samstag und Sonntag,25. und 26. April, jeweils 14 bis17 Uhr. Kursort: Burgwaldschu-le, Fr.-Riesch-Straße 22, Alte Hal-le. Anmeldungen bei der vhs on-line oder unter 06451/ 7286-0bis spätestens 17. April. (nh/jun)

nicht mehr ganz so dicht ge-drängt wie in den Vorjahrenbei den Küchen-Lesungen mitAdriana Altaras. Da schautensie den Köchen noch direkt indie Töpfe.

Etwa die Hälfte sind Stamm-gäste der Küchen-Lesungen imHotel Die Sonne, die immerschnell ausgebucht sind. Des-halb gab es während des dies-jährigen Literatur-Festivalsgleich drei Veranstaltungen,eine am Sonntag und zwei amMontag.

Am Ende spenden die Gästeherzlichen Applaus für dieSchauspielerin – und für dieKünstler in der Küche. „Wiehaben Sie bloß den Meerret-tich-Schaum hinbekom-men?“, fragen Teilnehmerin-nen den Küchenchef, der be-reitwillig Tipps zur Zuberei-tung gibt.

schrieben wer-den. Er hat sie aufseine Weise um-gesetzt. Per Kopf-nicken oder auchmal per Abspra-che stimmen siesich während derLesung ab, wanndie nächste Kost-probe serviertwird.

Alles ist ganzformlos, eine Ga-bel oder ein Löffelreichen als Be-steck. Währenddes Essens können die Zu-schauer mit der Schauspiele-rin und Autorin aus Thürin-gen plaudern. Die rund 20Gäste sitzen auf Barhockern inder neuen, größeren Küchedes Gourmet-Restaurants –

einzelne Gänge nehmen dierund 20 Gäste gerne hin. Dennauch deshalb sind sie gekom-men: Literatur in der Küchedes Gourmet-Restaurans Phi-lipp-Soldan zu genießen.

Was Erik Arnecke und Mit-arbeiter Sören Vöpel zaubern,passt zur Symbolik des Wan-dels: Zum gut-bürgerlichen Ta-felspitz vom Kalb, der im Ro-man ausführlich beschriebenwird, servieren sie nach Artder Nouvelle Cuisine einenKartoffel-Meerrettich-Schaumund ein Rote-Bete-Chutney.Der Strudel vom Lecher Saib-ling liegt auf einem Blattspi-nat-Erdäpfel-Salat mit Radies-chenblätterschaum.

Schauspielerin BarbaraFrank hat dem SternekochAusschnitte aus dem Romankopiert, in denen Menüs be-

VON MART I NA B I E D ENBACH

FRANKENBERG. Topfennudelmit Schattenmorellen undSauerrahmeis – einen himmli-schen Genuss serviert Gour-met-Koch Erik Arnecke zumNachtisch. Die literarischeKost zum Abschluss der Le-sung von Barbara Frank aus Jo-seph Roths Roman „Radetzky-marsch“ ist hingegen eherschwer: Der Held, der OffizierCarl Joseph von Trotta, stirbtim Kugelhagel – und erinnertsich dabei an Kirschknödelund den Radetzkymarsch.

Dass der Nachtisch damit ei-nen Nachgeschmack be-kommt, passt zum Romanvom Untergang der österrei-chischen K-und-K-Monarchie.Mit Ironie und Sentimentali-tät schildert der Autor JosephRoth (1894 bis 1939) im welt-bekannten Klassiker den Un-tergang der alten Welt. Schau-spielerin Barbara Frank ge-lingt es, Ausschnitte des Bu-ches so zusammenzustellen,dass die Zuhörer nicht nur ei-nen guten Einblick bekom-men, sondern auch mit Span-nung die Handlung verfolgen.

Unterbrechungen durch

Alte Welt, neue GerichteMehr zum Thema: Küchenlesung mit Barbara Frank im Gourmet-Restaurant

Zuhörer in der Küche: Schauspielerin Barbara Frank (rechts) liest in der Küche des Restaurants Philipp Soldan imHotel Die Frankenbergaus Joseph Roths Roman „Radetzkymarsch“, während im Hintergrund der nächste Gang vorbereitet wird. Fotos: Katharina Jaeger

LiterarischerFrühling

HNA

Erste Kostprobe: Strudel vom Lecher Saiblingmit Blattspinat-Erdäpfel-Salat und Radies-chenblätterschaum.

Für Delius gibt’s noch KartenWer live beim LiterarischenFrühling dabei sein möchte,hat zum Beispiel bei diesenbeiden Veranstaltungen Ge-legenheit dazu:

Samstag, 18. April, 15Uhr, Landhaus Bärenmühle,Ellershausen: Lesung undGe-spräch von SchauspielerinBarbara Frank und AutorinRuth Lewinsky. Die beidenAutorinnen präsentieren

neueste Arbeiten aus ihrerTextwerkstatt.

Sonntag, 19. April, 11Uhr, SchlossWaldeck: Le-sung, Gespräch und Brunchmit Friedrich Christian DeliusundDenis Scheck. Delius, dereinst in Korbach gelebt hat,feiert sein 50-jähriges Schrift-stellerjubiläum.

Infos und Karten:www.li-terarischer-fruehling.de

SERVICE

heitlicher Probleme musste eraber vor einigen Wochen absa-gen.“

Die Veranstalter hätten inden vergangenen Monaten

M it Bestürzung habendie Organisatoren desLiterarischen Früh-

lings auf die Nachricht vomTode des Schriftstellers Gün-ter Grass reagiert. „Dieser Todmacht uns sehr betroffen,denn wir haben uns diesemgroßen Autor wegen seines be-sonderen Interesses für dieBrüder Grimm und ihr Werksehr verbunden gefühlt“, er-klärte Christiane Kohl vomLandhaus Bärenmühle im Na-men der Veranstalter.

„Günter Grass hat an unse-ren Aktivitäten Anteil genom-men, und es war mit ihm ei-gentlich eine Veranstaltungam vergangenen Samstag inBad Wildungen geplant“, be-richtete Christiane Kohl. „Erhatte uns mitgeteilt, dass esihm wichtig sei, sein Buch,Grimms Wörter’ selbst in derRegion zu lesen, in der dieGrimms einst wirkten“, soKohl weiter. „Wegen gesund-

Grass sollte in Wildungen lesenSchriftsteller hatte für Literarischen Frühling abgesagt – Trauer über seinen Tod

mehrfach Kontakt mit demBüro des verstorbenen Litera-turnobelpreisträgers gehabtund die Einladung zu einemAuftritt beim Literarischen

Frühling erneuert, die schonbei der ersten Ausgabe des Fes-tivals im Jahr 2012 ausgespro-chen worden war. Damals hat-te Grass bereits zugesagt, vorgroßem Publikum aus seinem2010 erschienen Roman„Grimms Wörter“ zu lesen.Aus Gesundheitsgründenkonnte er dies aber schon da-mals nicht wahrmachen. Erhatte dann seine Tochter, dieSchauspielerin Helene Grass,gebeten, ihn zu vertreten. Siehatte zusammen mit demSchauspieler Mario Adorf aus„Grimms Wörter“ gelesen.

Wie die Festival-Leitungweiter mitteilte, soll bei dennächsten Veranstaltungen desLiterarischen Frühlings, dernoch bis zum 19. April dauert,zu Ehren von Günter Grasseine Schweigeminute einge-legt und eine kurze Passageaus seinem Werk „GrimmsWörter“ vorgetragen werden.(nh/jpa)

War dem Literarischen Frühling inWaldeck-Frankenberg eng ver-bunden: Der Schriftsteller Günter Grass ist amMontagmit 87 Jah-ren gestorben. Archivfoto: dpa

Page 4: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

Kellerwald • Edersee Mittwoch, 15. April 2015

FrankenauSeniorenFRANKENAU. Die FrankenauerSenioren treffen sich amMon-tag, 4.Mai, um14.30Uhr imHes-sischen Hof zum Seniorennach-mittag. Alle Senioren sind herz-lich eingeladen. Die Senioren-Gymnastikgruppe trifft sich amDienstag, 21. April, um15Uhr inCaspars Kaffeestube zu einemGesprächsnachmittag.

LiederabendFRANKENAU. Die Sängerverei-nigung Frankenau veranstaltetam Samstag, 25. April, in der Kel-lerwaldhalleeinenLiederabend/Frühjahrskonzert. Die Veranstal-tung beginnt um 19 Uhr. ZumLiederabend / Frühjahrskonzerthaben zehn namhafte Chöre ihrKommen zugesagt.

JagdgenossenFRANKENAU. Die geplantenJahreshauptversammlungenderJagdgenossenschaft Frankenauund der Angliederungsgenos-senschaften werden von Sams-tag, 18. April, auf Samstag,23. Mai, verschoben.

Haina-KlosterKonfirmationMOHNHAUSEN. Im Gemein-debezirk Mohnhausen werdenfolgende Mädchen und Jungenvon Pfarrer Hilmar Jung im Got-tesdienst am Sonntag, 19. April,ab 13 Uhr konfirmiert: MarieBornmanna aus Halgehausen,Eva Schlidt aus Halgehausen,Maximilian Hesse aus Oberhaus-hausen, Philipp Sack aus Ober-holzhausen, Andreas Neuhoffaus Mohnhausen, Thomas Neu-hoff aus Mohnhausen, CelineKönig aus Haina.

Unterwegs imKellerwaldEichhörnchen inden BaumkronenSonntag, 19. April, 15 bis 16.30Uhr. Eine kleineWanderung fürTagesgäste - spontan vor Ort -rund um und auf dem Baumkro-nenweg Edersee. Mit schönenAusblicken auf den Edersee undbesonderen Einblicken in dieKronen der Bäume. Leitung: Na-turparkführer Hans-JürgenMatznohr. Anmeldung erforder-lich bis zwei Stunden vor derVeranstaltung - 05623 9737977oder [email protected]: Edertal-Hemfurth,Baumkronenweg Edersee, Brühl-feld 3, am Kassenhaus. Kosten:bis 17 Jahre frei / Erwachsenezehn Euro / inklusive Eintritt zumBaumkronenweg

chen kam. „Ich habe selbst malin den Stück mitgespielt undbin in der Rolle der Berta vonBruneck auf einem Pferd gerit-ten“, verriet Barbara Frank.Auch Passagen des Originaltex-tes las sie den Erst- bis Viert-klässlern vor. (bs) Foto: Battefeld

Literatur nahezubringen. „Ichwill euch heute was von Hel-den erzählen“, kündigte dieauch als Autorin arbeitendeSchauspieldozentin an, bevorsie auch auf die legendäre „Ap-fel-Schuss-Szene“ des Schwei-zer Freiheitskämpfers zu spre-

verstand es die gebürtige Ei-senacherin, mit ihrer sowohlunterhaltsamen wie auchspannenden Erzählweise, die54 Grundschüler der Franke-nauer Kellerwaldschule in ih-ren Bann zu ziehen und ihnenauf spielerische Art klassische

Eine lebendige und kindge-rechte szenische Lesung desSchiller-Dramas Wilhelm Tellpräsentierte SchauspielerinBarbara Frank (Foto) im Land-haus Bärenmühle bei Ellers-hausen. Es war ein Beitrag zumLiterarischen Frühling. Dabei

Barbara Frank stellte Tell-Drama kindgerecht vor

LiterarischerFrühling

HNA

wicklung von der Antike überKarten mit multifunktionalenVisualisierungen des Raumesbis zur Erweiterung des euro-zentrischen Weltbildes im 15.Jahrhundert anschaulichnachvollzog.

Ob Europa-Landkarte desBenediktiners Lambert vonSaint-Omer (um 1115), dieOna-Beatus-Weltkarte mitApostelportraits oder die 3,50mal 3,50 Meter große Weltkar-te des Klosters Ebstorf, in derChristus die ganze Welt trägt

VON KAR L -H E RMANN VÖLK ER

ELLERSHAUSEN. Christus um-fängt die Welt auf einer Land-karte des Klosters Ebstorf beiLüneburg um 1300, die Klos-terkirche von Haina kannauch als ein dreidimensiona-les Abbild des Kosmos be-trachtet werden - höchst ein-drucksvolle Weltsichten undWertvorstellungen des Mittel-alters begegneten sich unterdem Titel „Der Himmel überHaina“ beim LiterarischenFrühling im Landhaus Bären-mühle.

Referenten waren Prof. Dr.Ingrid Baumgärtner von derUniversität Kassel sowie derHistoriker Dr. Arnd Friedrich(Dodenhausen).

Welches Weltbild hattendie Menschen, die damals leb-ten? Moderator Klaus Brill bet-tete die Fragestellung in regio-nale Bezüge wie 800 JahreGrundsteinlegung von KlosterHaina oder 1000 Jahre Erster-wähnung des Dorfes Ellers-hausen ein, öffnete dann denBlick auf die Studien und Bü-cher der WissenschaftlerinBaumgärtner zu Karten des10. bis 15. Jahrhunderts alshistorische Quellen mit demdamit verbundenen Weltwis-sen.

Wertmaßstäbe„Unsere heutigen Karten

bilden das ab, was wir als Rea-lität ansehen. Im Mittelalterstanden hinter ihnen immerauch bestimmte Fragestellun-gen, kulturelles Wissen undWertmaßstäbe“, berichtetedie Professorin. Dazu hatte sieeine Fülle von Bildern histori-scher Landkarten mitge-bracht, an denen sie die Ent-

Weltsichten inaltenKartenProf. Dr. Ingrid Baumgärtner schilderte kulturelles Wissen des Mittelalters

mit Jerusalem in der Mitte - anihnen machte die Mittelalter-Expertin deutlich, wie sehrsich insbesondere monasti-sche Kultur in kartografischenWerken niederschlug. „Hierwurden die Wohlgeordnetheitgöttlicher Schöpfung und ihreVielschichtigkeit sichtbar“, er-klärte Prof. Baumgärtner.

HeilsgeschichteÜberrascht zeigte sich der

Theologe Arnd Friedrich beider anschließenden Diskussi-on mit den Zuhörern, „wiedeutlich in diesen KartenHeilsgeschichte dargestelltwird“. Er beschrieb das archi-tektonische Konzept der nachOsten ausgerichteten Kloster-kirche von Haina mit dem im

Chor angesiedelten Allerhei-ligsten, dem „weltlichen“Westbereich und dem Ster-nenhimmel in den gotischenGewölben.

Typisch gewesen sei für dieZisterzienser-Mönche, so Dr.Friedrich, aus der Welt herausin die Einöde zu gehen, inihrem kleinen Klosterbezirkzu leben, „den eine Mauer um-schloss und der für sie die gan-ze Welt umspannte“. Getreuihrem Wahlspruch „Bete undarbeite“ hätten die Mönche inerster Linie von ihrer HändeArbeit gelebt. Eine großeBibliothek habe es nicht gege-ben. „Der erste Konvent, dernach Haina zog, hatte nur fünfBücher dabei“, berichteteArnd Friedrich.

GroßeWeltkarten, kleiner KosmosKlosterkirche: Bei einemVortragsnachmittag imLandhaus Bären-mühle schilderten Prof. Dr. Ingrid Baumgärtner und Arnd Friedrich mittelalterliches Denken unterdemMotto „Der Himmel über Haina“. Foto: Völker

VÖHL. Der GeschichtsvereinItter-Hessenstein lädt zu einerHalbtagesfahrt ein. Es gehtum Fachwerkkirchen in derRegion.

Der Landkreis Waldeck-Frankenberg weist eine außer-ordentliche Dichte an Fach-werkkirchen auf. Ihre histori-schen Besonderheiten undarchitektonische Vielfalt sinddabei besonders beachtens-wert. Meist passen sich dieFachwerkkonstruktionen demländlich geprägten Baustil desjeweiligen Ortes an undstechen nicht sofort ins Auge.

Besondere KonstruktionAndere Fachwerkkirchen,

wie zum Beispiel in Mohnhau-sen fallen durch ihre besonde-re Fachwerkkonstruktion undbesondere Lage sofort insAuge. Einige dieser Kirchenim Bereich Bad Wildungen,Gemünden und Frankenbergwerden bei der Halbtagesfahrtbesucht.

Auch Nicht-Mitglieder desGeschichtsvereins Itter-Hes-senstein sind eingeladen. DieFahrt findet am Sonntag,3. Mai, statt. Abfahrt mit demBus ist um 13 Uhr am Bürger-haus Alte Schule in Herz-hausen. Die Kosten betragen15 Euro pro Person.Anmeldung bis zum Freitag,

27. April, bei Volker König,06454/799594 oder 0171-2866883. (nh/jun)

GeschichtsvereinbesichtigtFachwerkkirchen

VÖHL/LICHTENFELS. DieGemeinde Vöhl und die StadtLichtenfels erhalten für die In-terkommunale Zusammen-arbeit eine Zuwendung von

50 000 Euro aus dem Landes-ausgleichsstock. Dies teilte dieCDU-LandtagsabgeordneteClaudia Ravensburg mit: „Mitdieser Zuwendung wird die

Zusammenarbeit beider Kom-munen honoriert“. Künftigwerden die Bauämter durcheinen gemeinsamen Bauamts-leiter geführt, dessen Fach-

kompetenz beiden Kommu-nen zugutekomme. Damit seigleichzeitig ein effizienterEinsatz der Haushaltsmittelmöglich. (nh/jun)

Vöhl undLichtenfels erhalten 50 000EuroCDU-Abgeordnete Ravensburg: Zusammenarbeit wird honoriert – Gemeinsamer Bauamtsleiter

HNA.de

MusikbranchesiehtZukunft imStreamingErst waren es Vinylplatten,dann CDs, dann digitaleDownloads. Nun sieht dieMusikbranche ihre Zukunftim Streaming - Lieder undAlben werden gegen Bezah-lung nur noch entliehen.Einer der Anbieter ist Spotify,bei demman über seinSmartphone eine Vielzahl anMusiktiteln anhören kann.Wer keineWerbung hörenwill, zahlt einen Monatsbei-trag. Mehr zu den Plänen derMusikindustrie lesen Sie aufhttp://zu.hna.de/musik1504

Meistgelesen• Edersee: 16-Jähriger stirbtbei Unfall am Edersee• Rosenthal: Leiche in Feld-scheune entdeckt• Edersee: Viesehon weistSchminkes Kritik zurück• Lichtenfels: Unfallzwischen Fürstenberg undImmighausen• Frankenberg: Zahl derjugendlichen Komasäufersteigt - Krankenhäusermelden leichte Zunahme• facebook.com/HNA• twitter.com/HNA_online• zu.hna.de/googleplushna• youtube.com/hnaonline• Kontakt: [email protected]

Musik über Spotify: Branchesetzt auf das Hören überStreamingdienste. Foto: dpa

FRANKENBERG. Wegen desgroßen Andrangs für die Ma-rio-Adorf-Show am Samstag,18. April, wird in der Franken-berger Kulturhalle die Galerieeröffnet. Damit sind noch eini-ge Karten zu haben, teilt dieOrganisatorin des Festivals Li-terarischer Frühling, Christi-ne Kohl, mit.

In seiner Show entführt Ma-rio Adorf die Zuschauer in dieWelt des Films und des Thea-ters, er liest und erzähltGeschichten aus seinemSchauspielerleben. Beginn istum 19 Uhr.

Es gibt zudem noch einigeKarten für das Lese-Dinner mitThomas Hettche am Freitag,17. April, ab 20 Uhr im HotelDie Sonne Frankenberg.

Einzelne wenige Restkartenseien auch bei anderen Veran-staltungen noch zu haben –außer bei der Lesung mit UdoSamel in Ellershausen und derKinovorstellung mit Schau-spielerin Iris Berben am Sonn-tag. (nh/mab)Karten und Infos: www.lite-

rarischer-fruehling.de

Noch Kartenfür ShowmitMario Adorf

Page 5: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

THURN: Das muss man regio-nal tun. Die Entwicklungslän-der sollten sich vom Welt-markt abkoppeln und sichwieder selbst ernähren kön-nen. Das ist keine Tirade ge-gen den Welthandel. Aberdass wir Essen als normalesHandelsgut betrachten, ist eingroßer Fehler. Wenn man dieGrundversorgung aus denFreihandelsverträgen aus-klammerte, hätten wir viel ge-wonnen. Wir ärgern uns in Eu-ropa über TTIP, aber wir ma-chen das Gleiche mit Afrika.Wir zwingen Afrika, die Gren-zen aufzumachen für unserehochsubventionierten Agrar-produkte: Wenn ihr was anuns verkaufen wollt, dannmüsst ihr auch unser Milch-pulver bei euch reinlassen.Das macht dort Bauern kaputtund erzeugt Hunger.

THURN: Für die entwickeltenLänder haben die schon Lösun-gen. Aber unsere Marktwirt-schaft hat eine Schieflagedurch die billigen Preise. Diekommen daher, dass die Schä-den durch die industrielleLandwirtschaft nicht einge-preist sind. In den Entwick-lungsländern geht es nicht umneue Technologien, sondernum Verteilung. Das Denken,wir müssten hier Lebensmittelerzeugen, die die Welt versor-gen, ist Wahnsinn. Die Bauernweltweit müssen vielmehrselbst ertüchtigt werden.

Wie schafft man es, Men-schen hier für das ThemaWelt-ernährung zu interessieren?

THURN: Man müsste vielmehr vernetzt denken. Dasschaffen selbst Wissenschaft-ler oft nicht. Es reicht nicht,nur den Ertrag einer Pflanzezu steigern. Man muss dieWirkung von Dünger auf denBoden betrachten, das Pro-blem der Preise und Vertei-lung lösen. Die Bauern müs-sen ihre Produkte vor Ort er-zeugen, nicht mit Dünger, deraus Übersee kommt. Es istfalsch zu sagen, die großeWeltbevölkerung gibt es nur,weil es Kunstdünger gibt, derhohe Erträge möglich macht.Es zeigt sich, dass die traditio-nelle Pflanzenzucht die glei-chen Erträge erzeugen kann.

Wie kann man die Vernet-zung stärken?

VON B E T T I NA FRA SCHK E

W ie kann die Weltbe-völkerung ernährtwerden, wenn dem-

nächst zehn Milliarden Men-schen auf der Erde leben? Fil-memacher Valentin Thurnzeigt vielfältige Lösungsversu-che aus aller Welt in seinerDokumentation „10 Milliar-den – Wie werden wir allesatt?“. Am Donnerstag kommtder Film in die Kinos, am Frei-tag stellt er ihn in Kassel vor.

Konnten Sie den Genburgerund den Genlachs probieren,die Sie im Film zeigen?

VALENTIN THURN: Beim Gen-lachs habe ich schon gezögert,man weiß ja vieles noch nicht,habe mich dann aber über-wunden. An den Burger wurdeich noch nicht gelassen. Pro-biert hätte ich ihn wahr-scheinlich auch ohne Angst zuhaben, tot umzufallen. Mul-mig wäre mir aber. Der Wis-senschaftler war ehrlich undsagte, der schmeckt nochnicht, da fehlt Fett, das kön-nen wir aber noch züchten.

Wie entscheidet man, wel-che Themen man erzählt undwelchemanweglässt?

THURN: Vor zehn Jahren hät-te man gesagt, wir machen einBuch daraus, so was lässt sichnicht verfilmen. Wir habenentschieden, wir erzählen dasProblem von den Lösungenher. Wir stellen Visionäre vor,die zwei Lagern angehören: in-dustrielle gegen kleinbäuerli-che/ökologische Landwirt-schaft. Das erzeugt Spannung.

Was haben Sie selbst gelernt?THURN: Dass in Deutschland

Kali-Minen in 40 Jahren ver-braucht sind, war mir nichtbekannt. Auch Phosphor gehtzur Neige. Wir sind also ge-zwungen, auf Landwirtschaftumzusteigen, die den Kunst-dünger nicht braucht – unddas ist die Biolandwirtschaft.

Hatten Sie einen Akteur, derSie ammeisten überzeugt hat?

THURN: Meine Heldin ist Fan-ny Likalawe, die Kleinbäuerinaus Malawi. Die setzt, statt nurMais anzubauen wie früher,auf eine Vielfalt von Gemüse-sorten. So ist immer etwas ver-fügbar, auch wenn eine Sortenicht gut wächst. Wenn siemal Geld hat, kauft sie auchKunstdünger. Hier wird deut-lich, dass Lösungen, die ohnegroße Technik und mit wenigKapital auskommen, Klein-bauern am ehesten helfen.

Das kleinbäuerliche Systemist also aus Ihrer Sicht das sta-bilste. Was kann man von denKonzernen lernen?

„Vom Weltmarkt abkoppeln“Interview: Valentin Thurn hat eine Doku über die Zukunft der Ernährung gedreht: „10 Milliarden“

Alte und neue Formen der Landwirtschaft: Bäuerin in Indien und Labormitarbeiter von Bayer CropScience. Foto: Prokino/nh

Zur PersonValentin Thurn (51, verheiratet,dreiKinder)wurde inStuttgartge-

boren und lebtin Köln. DerDi-plom-Geografarbeitet seit1990 als Filme-macher, zu-nächst fürs TV,mit „Taste The

Waste“, einer Doku über Lebens-mittelverschwendung, ging er2011 in die Kinos. Damals lockteermit sieben Kopien beachtliche130 000Zuschauer, die neueDoku startetmit 64 Kopien.

Filmkritik: „10 Milliarden“Wie stolz der Chef der indischenFirma SugunaChickendarauf ist,dass immer mehr Inder Hühn-chenfleisch essen, ist fast er-schreckend, wennman sieht,wie hinter ihm täglich eine Milli-on Tierleichenwie ein industriel-les Produkt verarbeitet werden.Noch leben40Prozent der Indervegetarisch, es werden imSchnitt vier Kilo Hühnerfleischim Jahr verzehrt. In denUSA sindes 65 Kilo – und dass Sugunadorthin strebt, daraus machtman kein Geheimnis.Valentin Thurn ist mit „10Mil-

liarden - Wie werden wir allesatt?“ eine beeindruckende Do-kumentation über die Zukunftunserer Ernährung gelungen. Daer so offen mit seiner eigenenEinschätzung umgeht, in der Ich-Form erzählt und Sätze sagt wie„Fürmich persönlich hat das dieKonsequenz: lieber wenigerFleisch essen bei besserer Quali-tät“, ist die ausgesprochen di-daktische Herangehensweise

gut betrachtbar. Thurns Teamstellt weltweit zukunftsweisen-deAgrarkonzepte vor - voneinerSaatgutbank für Reis in Indien,deren Sorten demHightech-Hy-bridreis mit seinem unfruchtba-ren Saatgut oft überlegen sind,bis zu dem Ex-Basketballer WillAllen, der ein Konzept für eineNutzfischzucht entwickelt hat,die Familien in der Garage be-treiben können.Thurn besucht Labore für

Genfood ebenso wie britischeAktivisten für lokale Ernährungs-netzwerke. Er spricht mit einemGuru des Börsenhandels mitNahrungsmitteln, mit AndreasGransee, Forschungsleiter desKasseler DüngemittelherstellersK+S, undmit deutschen Öko-bauern. So entsteht ein vielfälti-ges Bild der Denker und Experi-mentierer, die sichmit derWelt-ernährung befassen.

BETTINA FRASCHKEGenre: Doku, ab 6Wertung: �����

Filmgespräch: Freitag im Bali-Kino KasselDie Kasseler Bundestagsab-geordnete Nicole Maisch,agrarpolitische Sprecherinder Grünen, lädt für Freitag,16.30 Uhr, ins Kasseler Bali-Kino zur Filmvorstellung mitanschließendem Filmge-spräch ein.

Auf dem Podium sitzenMaisch, Filmemacher Valen-tin Thurn sowieHans-JürgenMüller, Leiter des Haupt-stadtbüros des Kasseler Dün-gemittelherstellerK+S, sowieMartin Hofstetter, Agrar-Ex-perte von Greenpeace.

HINTERGRUND

Doch Haratischwili erzählteso sprühend und lebendig vonder Recherche, die ihr ein Sti-pendium der Bosch-Stiftung er-möglicht hat, dass sie, wie auchmit den gelesenen Passagen,auf den Roman sehr neugierigmachte. Mit 20 war sie zumStudium nach Hamburg ge-kommen und geblieben. AberGeorgien, dieses Land, das sichGott als sein eigenes Urlaubspa-radies aufbewahrte, wie es eineLegende sagt, ließ die 32-Jähri-ge natürlich nicht los.

Auf ihrem Schulweg war siestets an der schicken Villa Law-rentij Berijas vorübergegan-gen, des grausamen Geheim-dienstchefs unter Stalin. Sie

VON MARK-CHRISTIAN VON BUSSE

BAD WILDUNGEN. In ein1275-Seiten-Buch einzuführen,ist eine schwierige Aufgabe.Moderatorin Christiane Kohlnannte Nino Haratischwilis ge-waltiges georgisches Familien-epos „Das achte Leben (für Bril-ka)“ Montagabend beim Festi-val Literarischer Frühling imvollen Barocksaal des SchlossesFriedrichstein in Bad Wildun-gen einen „Backstein“: ein „Er-zählereignis“, das ein ganzesJahrhundert umspannt. Ent-sprechend brauchte es einigeAnlaufzeit, bis sich ihre Begeis-terung („grandios“, „man liestes atemlos“) übertrug.

Ohne Hoffnung geht es nichtNino Haratischwili war beim Literarischen Frühling in Bad Wildungen zu Gast

habe ihre Wissenslücken zumStalinismus schließen, die Ge-schichte Georgiens verstehenwollen, erklärte Haratischwiliihre „ganz egoistischen Moti-ve“. Dabei sei sie „immer wei-ter rückwärts gereist“, bis zurOktoberrevolution. Aus dem„Wollknäuel“ der Historie habesie immer neue Fäden gezogen.

Das habe sie an ihre Grenzengeführt, sagte die ehemaligeHausautorin des DeutschenTheaters in Göttingen, derenerstes Buch gleich auf der Aus-wahlliste des Deutschen Buch-preises gelandet war. Sie habevon Grausamkeiten in Detailserfahren, „wo man jede Art vonGlauben an die Menschheit ver-

liert“: Erpressung, Verrat, Bru-talität. Prägungen, die in denehemaligen Ostblock-Staatenfortwirken. „Die Sowjetunionist zusammengekracht, aberdas System ist in vielen Köpfennoch da. Das kriegt man nichtso schnell los.“ Auch Putin seiein direkter Erbe: „Er ist haltKGBler.“

Für die zwölfjährige Brilkaaber, Nichte der Erzählerin,steht als letztes Kapitel desBuchs nur ein leeres Blatt. Siewisse, dass diese Hoffnung, dieGeschichte neu und andersfortschreiben zu können, naiv,vielleicht kindisch sei: „Aberich will diese Hoffnung bewah-ren. Hoffnung muss sein.“

Ein Backstein von einemBuch:NinoHaratischwili imGesprächmitChristiane Kohl (links). Foto: Jaeger

So erreichen Siedie Kulturredaktion:Bettina FraschkeTel.: [email protected]

Unser CD-TippMilky Chanceaus der PfalzVon der Pfälzer Band Sizarr kön-nenMilky Chance lernen, wiemandenganzgroßenHypeüber-steht.Wie die Kasseler Pop-Auf-steiger Clemens Rehbein undPhilipp Dauschwaren FabianAltstötter, Philipp HülsenbeckundMarc Übel aus Landau gera-demit der Schule fertig, als ihrDebütalbum 2012 in die deut-schen Charts einstieg.WieMilkyChancewarensie fürdenKritiker-preis beim Echo nominiert. WieMilky Chance wurden sie für ih-renmodernen Sound auch inter-national gefeiert und spielten aufdem legendären South-by-Southwest-Festival in Texas.An so viel plötzlichem Ruhm

kannmanzerbrechen,aberSizarrsind auf dem Boden geblieben.„Wir sagenunsnicht, dasswir dieGeilsten sind“, versicherndieMu-siker. Stattdessen haben siemit„Nurture“ ein zweites Album auf-genommen, dasmindestens sogut istwiedasDebüt.Die luftigenElektropop-Klanglandschaftenwirken aufgeräumter. Diemelan-

cholischenMelodien erinnern anThe Smiths, The Police und Vam-pireWeekend, mit denen Sizarrbereits auf Tour waren. Und Alt-stötters tolle Stimme klingt nunnichtmehr ganz so leidend, son-dernmehr nach Pop undmanch-mal nach Chris Isaac.„The Kids take over now“, lau-

tete eine programmatische Zeileaus demDebüt. Auf „Nurture“,was Nahrung und Erziehung be-deutet, sinddie Jungs größerundreifer geworden. In den engli-schen Texten geht es ums Er-wachsenwerden und die großenFragen des Seins. Internationalkönnten Sizarr nun noch erfolg-reicher werden.Wenn das Trioauf Tour ist, hat es immer einigeWeinflaschen von Übels elterli-chemWeingut dabei. Dort hattedie Gruppe als Punkband einsterste Auftritte absolviert.Mittlerweile sind dieMusiker

aus der Pfalz nach Berlin, Ham-burg und Heidelberg gezogen.Wieman die Heimat verlässt,müssen sichMilky Chance abernicht unbedingt bei Sizarr ab-schauen. MATTHIAS LOHRSizarr: Nurture (FourMusic).Wertung: �����

Mittwoch, 15. April 2015KulturKU1-RE

Page 6: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

tere geraten: die eine voller Le-ben und ohne Plan, die anderemit einem klaren Daseinskon-zept, aber nur wenig Restle-benszeit. Da bleibt viel Raumfür einen vorhersehbaren, ge-genseitigen Befruchtungspro-zess, der hier nach allen Re-geln der Sentimentalitätdurchbuchstabiert wird. Mansieht die vielen guten Absich-ten und ist verstimmt. Denndie Figuren - und das gilt be-sonders für die Erkrankte -werden zu Erfüllungsgehilfin-nen einer profanen Lebensrat-geberdramaturgie, die ange-sichts des herannahenden To-des emotionale Tiefe vor-täuscht, wo nur rührseligePlattitüden verbraten werden.Genre: DramaAltersfreigabe: ab 12Wertung: �����

lywood-Filmen wie „Still Ali-ce“ oder „Die Entdeckung derUnendlichkeit“ formulieren,in denen eine unheilbareKrankheit zur dramatischenKraft wird. Sicherlich machtauch Hilary Swank ihre Sachegut und verkörpert überzeu-gend die verschiedenen Lei-densstadien dieser verheeren-den Krankheit.

Das Problem von „DasGlück an meiner Seite“ ist dasDrehbuch von Shana Festeund Jordan Roberts. Anders alsin „Still Alice“ lässt sich dieGeschichte nicht von der Dy-namik der Krankheit leiten,sondern benutzt diese nur alsVehikel, um allerhand Weis-heiten über das Leben, die Lie-be und die Freundschaft un-terzuheben. Allzu plakativsind die beiden Frauencharak-

durchsoffenen Nacht, ver-sucht sie gerade ungelenk dieKippe im Blumentopf auszu-drücken. Die junge Studentinhat in ihrem Leben noch nichtviel auf die Reihe bekommenund verfügt über keinerleipflegerische Erfahrung.

Aber Kate stellt sie gegendie Proteste ihres Mannes alsPflegehilfe ein, und somit istder Weg frei für einen Frauen-freundschaftsfilm, der hin-sichtlich seiner Grundkonstel-lation auch „Ziemlich besteFreundinnen“ heißen könnte.Allerdings fühlt sich „DasGlück an meiner Seite“ imHinblick auf die mortal ver-laufende Krankheit eher derTragödie verpflichtet. „Krank-heit verkauft sich“, so könnteman zynisch das Verkaufsmot-to einer ganzen Reihe von Hol-

VON MART I N SCHW I CK E R T

D u bist perfekt“, rauntEvan (Josh Duhamel)beim morgendlichen

Liebesspiel in der dampfver-hangenen Designer-Duscheseiner Frau ins Ohr. Aber mitder ehelichen Perfektion gehtes in George C. Wolfes „DasGlück an meiner Seite“ schonnach wenigen Filmminutenzu Ende. Bei der Feier zu ih-rem 35. Geburtstag merkt diePianistin Kate (Hilary Swank),dass ihre Finger über den Kla-viertasten zittern.

Schon spult der Film einein-halb Jahre vor: Kate ist an derNervenkrankheit ALS er-krankt und auf einen Roll-stuhl angewiesen. Und dannsteht Bec (Emmy Russum) vorder Tür: Zerzaust von einer

Ziemlich beste FreundinnenNeu im Kino: Das Nervenkrankheits-Drama „Das Glück an meiner Seite“

Erkrankt unheilbar: Hilary Swank als Kate. Foto: Koch Media Films

Film in KürzeThe PyramidSchauplatz des unheimlichenFilms „The Pyramid“ ist die ägyp-tischeWüste. Amerikanische Ar-chäologen graben hier eine sehralte, von Sand bedeckte Pyrami-de aus. Eine Pyramide, die sichvon anderen unterscheidet, hatsie doch statt vier nur drei Sei-ten. Bei der Öffnung der Pyrami-de kommt ein Ägypter zu Tode,wovon sich dieWissenschaftleraber nicht abschrecken lassen.Im Inneren des Grabgebäudesaberwarten noch so einige böseÜberraschungen auf sie. DerHorrorfilm ist das Regie-Debütvon Grégory Levasseur.Genre: HorrorAltersfreigabe: ab 16Wertung: �����

Top FiveAndre Allen ist ganz oben ange-kommen: Das Filmpublikum fei-ert ihn als witzigsten Mann desLandes, die Presse reißt sich umInterviews, und auch an Geldmangelt es ihm nicht. Doch Al-len, gespielt von US-KomikerChris Rock, hat genug von seinerErfolgsrolle als Action-Bär Ham-my. Mit einem Film über einenhaitianischen Sklavenaufstandwill er sich endlich als ernsthaf-ter Künstler einen Namenma-chen. Chris Rock spielt in „TopFive“ nicht nur dieHauptrolle, erhat auch Regie geführt und dasDrehbuch geschrieben. Andersals Allen bleibt er seinemMetiertreu und inszeniert die Ge-schichte als derbe Komödie.Dank der Beteiligung von Jay-Zund KanyeWest als Koprodu-zenten kommen auch Rap-Fansauf ihre Kosten.Genre: KomödieAltersfreigabe: ab 6Wertung: �����

Komiker spielt Komiker: ChrisRock als Andre Allen.

maße an, sagt Hacke und liestaus seiner Trilogie „Der weißeNeger Wumbaba“: Wenn einLeser bei Grönemeyer statt„hab Flugzeuge in meinemBauch. Kann nichts mehr es-sen“ immer „hab Fruchtzwer-ge in meinem Bauch“ verstan-den habe, dann sei das der bes-

VON JÖRG PAU LU S

WALDECK. Er habe bewiesen,dass auch aus einem Journalis-ten ein vernünftiges Mitgliedder Gesellschaft werden kön-ne, sagt Christiane Kohl, Orga-nisatorin des LiterarischenFrühlings, über Axel Hacke,ihren ehemaligen Kollegenbei der Süddeutschen Zeitung.Der 59-Jährige las am Dienstagauf Schloss Waldeck aus sei-ner neuen Kolumnen-Samm-lung „Das kolumnistische Ma-nifest“ und anderen seiner Bü-cher. Und in den zwei Stundenwird klar, warum Hacke, derheute freiberuflich schreibt,so viele Bücher verkauft hatwie kein anderer Autor beimdiesjährigen Literatur-Festivalin Waldeck-Frankenberg.

„Sie müssen keine Angst ha-ben: Ich lese Ihnen das zwaralles vor, was hier liegt, aberich lese schnell. Zum Früh-stück sind wir fertig“, stimmtHacke seine Zuhörer im Rit-tersaal über dem Edersee aufeinen langen Abend ein, derdoch nicht so lang und schongar nicht langweilig wird.

Axel Hacke schreibt in sei-ner Kolumne, die freitags imMagazin der Süddeutschen er-scheint, fürs Volk, weil auchviele Ideen vom Volk kom-men. Das nahm im Falle derLiedtext-Verhörer („ein Volks-phänomen“) ungeahnte Aus-

Wenn die Zwiebel anruftLiterarischer Frühling: Axel Hacke las in Waldeck das Beste aus seinen Kolumnen vor

sere Text. Interessant werdedie deutsche Sprache aber erstaußerhalb Deutschlands, wosie frei von Regeln sei. Daswerde besonders auf Speise-karten deutlich, wo „Onionrings“ auch mal mit „Zwiebelruft an“ übersetzt wird. Auchdarüber hat er ein Buch ge-

schrieben („Oberst von Huhnbittet zu Tisch“), nachdem erauf eine Kolumne Speisekar-ten aus aller Welt erhielt.

Hacke hat einen trockenenHumor, spricht nüchtern undklar, betont wenig, aber anden wichtigen Stellen, dehntVokale, rollt das r. Man hörtihm gerne zu, und die Zuhörerauf Schloss Waldeck habenviel zu lachen. „Wenn profun-des intellektuelles Wissen aufplattesten Kalauer trifft, dasschätze ich“, sagt er.

Angefangen hat alles vor 25Jahren mit der Kolumne „DasBeste aus meinem Leben“, inder Hacke über sein Familien-leben schrieb. „Nach zehn Jah-ren fiel mir zu meinem Lebennichts mehr ein.“ Seitdemheißt die Kolumne „Das Besteaus aller Welt“ und Hackeschreibt etwa über Forscher,die Rattenpenisse mit Viagra-salbe eincremen. „Da brauchtman Fingerspitzengefühl“,sagt er und stellt sich vor, wiediese Forscher abends ihrerFrau von der Arbeit berichten.

„Das Schwierige an einerKolumne: Sie muss immergleich sein, aber auch anders.Sie darf den Leser nicht lang-weilen“, sagt Hacke, der auchnach 25 Jahren nicht lang-weilt. „Ich suche etwas in derWelt, das die anderen nochnicht bemerkt oder nicht fürwichtig gehalten haben.“

Einer der bekanntesten Kolumnisten Deutschlands: Axel Hackeunterhielt seine Zuhörer auf SchlossWaldeck. Foto: Katharina Jaeger

Unser CD-TippViele KlangfarbenDas Akkordeon wird meist mitTango,Musette oder Chanson inVerbindung gebracht. Daran ha-ben auch Modernisierer wie Ri-chard Galliano, der es im Jazzeinsetzte, nicht viel geändert.Vincent Peirani gehört nun zuden Musikern der Neuzeit, dieein Instrument zu neuen Ufernführen. SowieAdamBaldychdieGeige oder Marius Neset das Sa-xofon undMichael Wollny dasimprovisierende Klavierspiel.Peirani, der wie Harpo oder San-die Shaw barfuß auftritt, gehörtzu den Protagonisten des Jazz,die ihn nicht mehr nur spielen,sondern die „Musik machen“,ihre Musik.Nach seinen Veröffentlichun-

genmit dem französischen Sa-xofonistenEmile Parisienhatder34-jährigeAkkordeonistnundasAlbum „Living Being“ aufgenom-men. Erneut mit Parisien unddazu Musikern aus seiner Hei-matstadt Nizza. Bei Peirani istdas Akkordeon kein schnaufen-der Balg, es klingt selbst in dengrollenden und düsteren Passa-gen locker und losgelöst mit vie-lerlei Klangfarben. Von derschlichten „Miniature“ bis zur inrasante Akkordfolgen zerlegtenHymne („Suite en V“), nahezuklassisch bei „On The Heights“,bluesig bei „Workin’ Rhythm“

oder pastoral bei „DreamBrother“ (Jeff Buckley) schüttetPeirani mit den jungen Jazzernder Nizza-Connection den Gra-ben zwischen Komposition undImprovisation zu. Mit Musik, diean Jazzrock (heute Fusion) wieweiland bei Return To Forevererinnert. Mit Musik, von der Pei-rani sagt, sie sei die Zukunft desJazz. PETER FRITSCHLERVincent Peirani: Living Being(ACT), Wertung: �����

So erreichen Siedie Kulturredaktion:Werner FritschTel.: [email protected]

DÜSSELDORF. Der zu sechsJahren Gefängnis verurteilteKunstberater Helge Achen-bach steht vor einem neuenProzess. Dabei gehe es umeine Schadensersatzklage ei-nes Mitglieds der Unterneh-merfamilie Viehof aus Mön-chengladbach in Höhe vonfast drei Millionen Euro, sagteeine Sprecherin des Düssel-dorfer Landgerichts. Nach der-zeitigem Standsei mit dermündlichenVerhandlungin dem Zivil-verfahren imFrühjahr 2016zu rechnen.Nach Ansichtder Kläger sollAchenbachüberhöhte Preise bei dem Ver-kauf von 58 Papierarbeitenund sieben Ölgemälden vonGeorg Baselitz und einerSkulptur von Tony Cragg ge-nommen haben.

Das Landgericht Essen hatteden einst anerkannten Kunst-berater Achenbach im Märzzu sechs Jahren Gefängnis ver-urteilt. Vom Landgericht Düs-seldorf war Achenbach in ei-nem Zivilprozess zur Zahlungvon 19,4 Millionen Euro Scha-densersatz an die Albrecht-Er-ben verurteilt worden. Achen-bach sitzt seit Juni 2014 in Un-tersuchungshaft. (dpa)

Achenbachsteht vorneuem Prozess

HelgeAchenbach

BEHLENDORF. Günter Grasssoll nach Auskunft des Behlen-dorfer Bürgermeisters Andre-as Henschel im Familienkreisan seinem Wohnort beigesetztwerden. „Einen Termin gibt esnoch nicht“, sagte Henschel.Der Schriftsteller war amMontag in Lübeck gestorben.

Mehr als ein Vierteljahr-hundert hatte Grass am Randedes Dorfes Behlendorf (KreisHerzogtum Lauenburg), etwa20 Kilometer südlich von Lü-beck, gelebt. Die Beerdigungwerde auf keinen Fall noch indieser Woche stattfinden, sag-te Henschel. Eine Gedenkfeierfür den Schriftsteller ist fürAnfang Mai in Lübeck vorgese-hen. (dpa)

Günter Grass:Bestattung imFamilienkreis

Günter Grass Foto: dpa

Donnerstag, 16. April 2015 KulturKU1

Page 7: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

Sie haben zum Beispiel Fil-me aus den zurückliegendenEpochen betrachtet und stu-diert, wie sich die Menscheneinst bewegt haben. MarianneLinder hat festgestellt: „ZumTeil konnte ich deren Bewe-gungen gar nicht“, ihr Körpermusste sich erst an die unge-wohnten Abläufe gewöhnen.Die 20er-Jahre-Performanceetwa erinnert an die Stumm-filme der Zeit mit ihren wievergrößert wirkenden Gestenund ihrer augenrollendenSlapstick-Übertreibung.

Nicht nur wie Menschensich bewegen, auch wie sietanzen, hat sich stark verän-dert, hat Ulla von Branden-burg festgestellt. Dabei mussman gar nicht weit zurückbli-cken. Selbst bei Leuten, die inden 70er-, 80er- oder 90er-Jah-ren ihre Discojahre erlebt ha-ben, sind die Bewegungsmus-ter auf der Tanzfläche völlig

derte Performances zu denJahren 1900, 1920, 1950, 1970,1980 und 2000 zeigen. DerChoreograf und Tänzer RenéAlejandro Huari Mateus hatsie mit ihnen entwickelt.

VON B E T T I NA FRA SCHK E

KASSEL. 250 Kleider – 250 Le-bensgefühle. Auf weißen Holz-bügeln hängen in den Räu-men des Kasseler Kunstver-eins in zwei Reihen überei-nander Blusen, Jacketts undKleider aus den Jahren 1900bis 2015. Vom Wallegewandin psychedelischen 70er-Jahre-farben über einen ausgestell-ten Sommerrock im Capristilund einer nietenbesetzten Le-derjacke bis zu karierten Kni-ckerbockern wie aus einemTim-und-Struppi-Comic.

Die in Paris lebende Karlsru-her Künstlerin Ulla von Bran-denburg (40) beschäftigt sichin ihrer Ausstellung „Gesternist auch morgen – und heuteist wie hier“ mit der Frage, wieKleider unser Körper- und da-mit unser Lebensgefühl beein-flussen. Die Theaterweltmacht es vor: Wenn wir in einKostüm schlüpfen, hilft unsdie andersartige Kleidung mitihrer Weichheit oder Festig-keit, mit ihrer Enge oder Wei-te, dabei, uns anders zu bewe-gen und vielleicht für einenMoment ein anderer zu wer-den. Und so werden die Kunst-vereinsräume zu einer Bühnefür ein farbenfrohes Experi-ment mit Lebensentwürfen.

Dies wird verstärkt durchdie Tänzer Marianne Linderund Stefan Kreuzer, die zu be-stimmten Zeiten mitten in derSchau in einige der Gewänderschlüpfen und maßgeschnei-

Wie man in Knickerbockern lebtUlla von Brandenburg inszeniert in ihrer Ausstellung für den Kasseler Kunstverein Kleider und Bewegung

unterschiedlich. Und so ver-stärken die Tänzer in den Epo-chengewändern die Vorstel-lungen von anderen Lebens-entwürfen. Findet gerade kei-ne Live-Aufführung statt, kön-nen die Performances per Vi-deo betrachtet werden.

Andrea Schulze Wilmertund Stefan Bast vom Vorstanddes Kunstvereins haben Ullavon Brandenburg eingeladenund die Idee zu der Schau mitder Künstlerin entwickelt, diesich viel mit Film und denRauminszenierungen vonTheater beschäftigt. Die ausge-stellten Kleidungsstücke stam-men von ihr, aus dem Fundusdes Staatstheaters, das Gewän-der vom Anfang des vorigenJahrhunderts nachgeschnei-dert hat – Originale wären fürso eine Präsentation ungeeig-net, außerdem von der Kasse-ler Kostümbildnerin Riet Han-nah Bernard.

Wer also die Kleider auf denBügeln oder in Bewegung er-lebt, dem könnte es gehen, wieUlla von Brandenburg: „Plötz-lich scheint man den Men-schen vor sich zu sehen, derdas Kleid einst getragen hat.“

Beschäftigt sich mit dem Zusammenwirken von Bewegung undKleidung: Künstlerin Ulla von Brandenburg.

Performance vor ausgestellten historischen Gewändern: Die Tänzer Marianne Linder und Stefan Kreuzer tragen hier Kostüme aus den1920er-Jahren. Fotos: Koch

ServiceDie Ausstellung im KasselerKunstverein im Fridericianumläuft bis 21. Juni. Sie ist mitt-wochs bis sonntags von 11 bis18 Uhr geöffnet. Eintritt: 4/2Euro. Die Tanzperformancessind freitags von16bis 18, sowiesamstags und sonntags von 14bis 16 Uhr. Führungen gibt es ab14 Uhr am 25.4., 9.5., 6.6. und20.6. Ein Gespräch mit derKünstlerin ist für Samstag, 23.5.,14 Uhr, geplant.

Fotostrecke zur Ausstellung:http://zu.hna.de/brandenburg17.4

so viele Frauenzeitschriften.Weil zwei Drittel der Büchervon Frauen gekauft werden,vor allem wenn sie von Auto-rinnen geschrieben sind, arbei-teten manche Schriftsteller un-ter weiblichen Pseudonymen.

ÜBERDEUTSCHLANDVor seinem Fußmarsch hat

Winkler festgestellt, dass eskeine Wanderkarten von Nord-deutschland gibt. Dort wande-re niemand, weil es eine „abso-lut unpoetische Landschaftist“. Sein Navi hat ihn überLandstraßen geführt, an Mö-belhäusern vorbei, durch„rücksichtslos hässliche Orte“.Das Mittelgebirge und der Sü-den seien da anders.

Das kann Meyer-Burckhardtgut verstehen, dessen Frau ihnden „Unterhölzler“ nennt. Vorder Lesung stand er im Keller-wald und blickte Richtung Rot-haargebirge: „Ich hätte weinenkönnen.“ Das ist echte Liebe.

Hubertus Meyer-Burckhardt:Die kleine Geschichte einer gro-ßen Liebe. Lübbe, 224 Seiten,18 Euro.Willi Winkler: Deutschland,

eine Winterreise. Rowohlt, 176Seiten, 18,95 Euro.

destag fliegt, unternehme er zuFuß eine Wallfahrt zur Schwar-zen Madonna von Altötting.Nach der Bundestagswahl 2013ging er in Hamburg los. In„Deutschland, eine Winterrei-se“ berichtet er von seinem800-km-Marsch. Seinen Hassauf die FDP erklärt Winkler mitder Bibel: „Wenn dich ein Augeärgert, reiß es aus.“

ÜBERDIE FRAUENFrauen, hat Meyer-Burck-

hardt festgestellt, „interessie-ren sich vor allem für sichselbst“. Deshalb gebe es auch

Sein Lieblingszitat über dieEhe stammt von Tschechow:„Wenn du die Einsamkeitfürchtest, so heirate nicht.“ Erselbst ist glücklich: „Was dieLiebe angeht, bin ich aus demGröbsten raus und brauchekeine weitere Akquise.“

ÜBERDIE FDPIn der Liebe, gestand Wink-

ler, kenne er sich nicht aus. DerKulturjournalist und Autor der„Süddeutschen Zeitung“ ist einpolitischer Kopf. Vor 20 Jahrenlegte der Katholik ein Gelübdeab: Wenn die FDP aus dem Bun-

VON MAT TH I A S LOHR

FRANKENBERG. Wenn zweiso erfahrene Männer aufeinan-dertreffen wie die Wahl-Ham-burger Hubertus Meyer-Burck-hardt (58) und Willi Winkler(57), kann man viel lernen. AmMittwoch stellten die beidenMedienmenschen ihre neuenBücher beim LiterarischenFrühling im Hotel Die Sonne inFrankenberg vor. Wir habendie interessantesten Erkennt-nisse der vergnüglichen, vonVeranstalterin Christiane Kohlmoderierten Lesung notiert.

ÜBERDIE LIEBEDas Wort „verlieben“ mag

Meyer-Burkhardt nicht. DerMedienmanager, Produzentund Moderator der „NDR TalkShow“ zieht den englischen Be-griff „to fall in love“ vor, weildie deutsche Vorsilbe „ver-“immer etwas Negatives in sichtrage („verfallen“). In seinemzweiten Roman erzählt der ge-bürtige Kasseler von Men-schen, die erst mit über 50 diegroße Liebe finden. Es geht umNähe, Distanz und eine Wan-derung.

Ein Romantiker ist Meyer-Burckhardt nicht unbedingt.

Frauenliebe und FDP-HassHubertus Meyer-Burckhardt und Willi Winkler lasen beim Literarischen Frühling

Schreiben beide übers Wandern: Hubertus Meyer-Burckhardt(links) undWilli Winkler in Frankenberg. Foto: Jaeger

Unser BuchtippAuf der SucheVor 13 Jahren saß Marica Bodro-zic zuletzt auf dem Podium desLiterarischen Zentrums in Göt-tingen, jetzt ist sie erneut zuGast. Damals las die 1973 inSvib/Dalmatien geborene Auto-rin aus ihrem Erstling „Tito isttot“. In ihrem Auftreten ernst,beinahe streng, trugBodrozic er-innerte Geschichten aus ihrerKindheit vor - melancholisch,poetisch wahrhaftig und, ja, einbisschen nostalgisch war das.

Bodrozic lebt seit 1983 imMain-Taunus-Kreis. Sie fühlt sichwohl dort. Und sehnt sich an-scheinend doch nach Kroatien,sofernmandie Themen ihrer Ro-mane, Erzählungen, Gedichteund Essays als Gradmesser vonSehnsucht lesen darf und nichtbloß als literarische Sujets. Sobeschrieb sie in ihrem Roman„Der Spieler der inneren Stun-de“ (2005) nachdenklich dieEntwurzelung ihrer RomanfigurJelena, nachdem die ihr kroati-sches Heimatdorf verlassen hat-te. Von Heimatlosigkeit und derambivalenten Bedeutung vonExil erzählte sie 2012 in „Kirsch-holz und alte Gefühle“.

Im Herbst ist Bodrizics Erzäh-lungsband „Mein weißer Frie-den“ erschienen, eine stellen-weise recht naturverliebte auto-biografische Selbstsuche. Undein auf philosophischeWeisedurchaus politisches Buch, fürdas die Autorin abermals die Re-gionen des Balkankrieges be-suchte. Bodrozic gibt zu verste-hen, dass sie zwar Schönheit fürdie größte Macht auf Erden hält,die Gewalt aber entgeht ihrnicht: „Einbeinige unter medi-terranen grünen Palmen, Kriegs-versehrte, denenman ein ver-rutschtes Gehirn nachsagte, Er-innerungstöter, die alles in sichauslöschenmussten,damit sie inden Krieg ziehen konnten. Dieunterschiedlichsten Tonartendes Tötens klingen in meinerReiseluft nach.“ MICHAEL SAAGERMarica Bodrozic liest am 22.April, 20 Uhr, im LiterarischenZentrum in Göttingen aus„Mein weißer Frieden“ (Luch-terhand, 336 S., 19,99 Euro).Moderation: Christian Uetz.

KÖLN. Die wichtigste deut-sche Kunstmesse Art Colognepräsentiert sich im neuen Ge-wand. „In den vergangenensechs Jahren hatten wir dieArt Cologne über zwei Ebe-nen“, erläuterte Direktor Da-niel Hug. „Das war zum Teil et-was unübersichtlich. Jetzt ha-ben wir die Messe auf drei Ebe-nen aufgeteilt. Unten habenwir die Klassische Moderneund Nachkriegskunst, in derMitte liegt der Fokus aus-schließlich auf etablierter zeit-genössischer Kunst und ganzoben haben wir die ganz aktu-ellen Sachen. Dementspre-chend ist auch jede Etage an-ders eingerichtet und hat eineigenes Ambiente.“

Die Art Cologne läuft nochbis Sonntag. Die 200 Galeris-ten versprechen sich diesmalbesonders gute Geschäfte. Stu-dien zufolge erlebt der Kunst-markt derzeit ein weltweitesAllzeit-Hoch. Hug sagte, die2000 Top-Künstler der Weltseien wohl alle mit Arbeitenauf der Messe vertreten. Diesbedeute aber nicht, dass alleWerke teuer seien. Es gebeauch sehr gute Kunst zu sehrniedrigen Preisen. (dpa)www.artcologne.de

Art Colognefindet jetzt indrei Hallen statt

Kurz notiertDoppelter MeyleFans von Gregor Meyle könnendieses Jahr gar nicht genug be-kommen von dem Singer/Songwriter: Für sein Konzert am

13. August imKasseler Kultur-zelt gibt es zwarkeine Kartenmehr, aberMeyle tritt aucham 4. Dezem-ber in der Kas-

seler Stadthalle auf, wie er nunauf Facebook mitteilte. Ticketsdafür gibt es beim HNA-Karten-service. Ausverkauft im Kultur-zelt sind auch die Termine vonBosse und Johannes Oerding.

17 Filme für CannesBeim Filmfestival von Canneswerdenmindestens17Filmeumdie Goldene Palme konkurrie-ren. Deutsche Regisseure schaff-ten es nicht in den Hauptwett-bewerb. Es dürften aber nochStreifen nachnominiert werden.Hoffnungauf eineAuszeichnungkann sich unter anderemderUS-Filmemacher Gus Van Sant mit„The Sea of Trees“ machen. Be-ginn ist am 13. Mai.

Freitag, 17. April 2015 KulturKU1-LI

Page 8: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

Verstand fassen konnte“, sag-te Stach. Bei Erfindungen wiedem Phonographen müsstendie Leute gedacht haben, siekönnten sich über die Natur-gesetze hinwegsetzen, und fürden jungen Franz müssten dieEindrücke überwältigend ge-wesen sein. Die Mischung derKulturen und Religionen hät-ten zu Kafkas Identitätskrisebeigetragen. „Bin ich ein Zir-kusreiter auf zwei Pferden?“,habe er an Felice geschriebenund selbst beantwortet mit:„Leider bin ich kein Reiter,sondern liege auf dem Boden.“

Seine Minderwertigkeits-komplexe hätten ihre Ursa-chen in der Kindheit, in der erkaum stabile menschliche Be-ziehungen entwickeln konn-te, erklärte Stach. Kafka hatteein tiefsitzendes Vertrauens-problem, das sich nicht nurdurch das schlechte Verhält-nis zu seinem Vater erklärenlasse. Große Glückserfahrun-gen machte er beim Schwim-men. Im Wasser verlor er sei-ne Ängste und empfand einHochgefühl, das ihm an Landverwehrt war.

Überliefert ist, dass Kafkaseinem Freund Max Brod dasVersprechen abnahm, alle sei-ne Schriften zu verbrennen.Dass das wohl nicht ganzwörtlich zu nehmen sei, er-klärte Stach damit, dass derPerfektionist Kafka noch biszur Stunde vor seinem Tod ge-arbeitet habe. Die Freund-schaft zu Brod beschrieb derBiograf wegen dessen Selbst-

überschätzung mitgemischten Gefüh-len, erheiterte die Zu-hörer aber mit derEpisode über einenKasino-Besuch derbeiden jungen Män-ner, der aufgrund ih-rer Naivität zum De-bakel wurde.

Beim Gespräch mitdem Publikum versi-cherte Stach, dassKafka trotz allem vielSinn für Humor ge-habt habe. „Selbst im‘Prozess’ sind auf je-der Seite komischeStellen. Komik warwichtig für ihn.“

VON MAR I S E MON I AC

ELLERSHAUSEN. Mit einer Le-sung von Reiner Stach ausdem dritten Band seiner Kaf-ka-Biografie („Die frühen Jah-re“) widmete der LiterarischeFrühling auch der germanisti-schen Wissenschaft einenAbend. Organisatorin Christia-ne Kohl begrüßte im Land-haus Bärenmühle neben meh-reren Akteuren anderer Ver-anstaltungen des Festivalsauch Sponsoren und Vertreterpädagogischer Berufe, die ihrWissen über einen der wich-tigsten Autoren des 20. Jahr-hunderts erweitern wollten.

Moderator des Abends warKlaus Brill, langjähriger Kor-respondent der SüddeutschenZeitung in Prag, der Heimat-stadt Kafkas. Stach habe ander insgesamt 2060 Seitenstarken Trilogie 18 Jahre langgearbeitet, informierte Brill.Gerade der letzte Band habeglänzende Kritiken erhaltenund sei zum „germanistischenEreignis 2014“ geworden. „Erhat recherchiert wie für eineDoktorarbeit, doch geschrie-ben ist es wie ein Roman.“

Die erste gelesene Passagebezog sich auf das Prag der1890er-Jahre. Ein „irresWachstum“ und eine explosi-onsartige Industrialisierungleiteten eine neue Epoche ein.Dazu kam 1891 als sozialesGroßereignis die Landesaus-stellung, die auch der achtjäh-rige Kafka besuchte. „Es gabdort mehr zu sehen, als der

Kafka hatte trotzallem auch HumorBiograf Reiner Stach las in der Bärenmühle

Kafka-Biograf: Reiner Stach sprach überLeben und Arbeit des Autoren. Foto: Jaeger

auf. Christiane Kohl gibt demEhepaar Garthe-Metz ein Ge-schenk so dick wie ein Back-stein. Es ist eine Bibel. Die Leu-te verlassen den Stall und un-terhalten sich. „Das warschön“, sagen die einen. „DerVortrag war unkonzentriertund etwas langatmig“ sagenandere.

Aber der Ort – sie nennenihn authentischer Schauplatzder Weltliteratur – der gefälltden meisten – auch wenn siedraußen an ihren Kleidernschnuppern und sagen:„Riecht nach Stall.“

ren gar nicht mehr zu. Sie ha-ben die Augen geschlossenund schnarchen leise.

Auch die Menschen sindganz ruhig. Sie hören demMann, einem bekanntenSchauspieler namens Udo Sa-mel, zu. Christiane Kohl hatihn bei der Verfilmung ihresBuches Zeugenhaus kennen-gelernt und nach Ellershauseneingeladen.

Nur manchmal lachen dieZuhörer leise. Das geht etwaeineinhalb Stunden so. Dannklatschen sie in die Hände unddie Kälbchen springen wieder

schon. Christiane Kohl vonder benachbarten Bärenmüh-le, hat den Stall schon mehr-fach besucht und auch dieschöne Aussicht ins Lengeltalbewundert. Sie hat JudithGarthe-Metz und Karl-HeinzMetz überzeugt, die Stalltorefür die Leute und die Literaturzu öffnen.

Das Landwirtsehepaar er-laubt nur sechs ausgewähltenKälbern, der Literatur zuzuhö-ren. Die anderen kommen inein Nachbargebäude. Dannwird saubergemacht, das gan-ze Heu kommt raus, das Strohwird befeuchtet. Denn man-che Menschen leiden an Heu-schnupfen.

„Oh, wie süß“, sagen vieleder Fremden, die in den Stallkommen und sich die Tiereanschauen. „Ruhe“, sagt derVorleser am Tisch, wenn einesder Kälbchen mal mäht. „Ach-tung“, sagen Zuschauerinnen,die dicht an den Tieren sitzen,als ein Kälbchen den Schwanzhebt, um sich zu erleichtern.

Eine Weile verfolgen dieTiere das Geschehen, dann le-gen sie sich ins Stroh. Zwei hö-

VON MART I NA B I E D ENBACH

ELLERSHAUSEN. Nur gele-gentlich mal ein Muh undMäh, sonst bleiben die Kälb-chen der Ellershäuser Land-wirtsfamilie Garthe-Metz er-staunlich unbeeindruckt vonden seltsamen Vorgängen umsie herum.

Da sitzen 80 fremde Leuteauf Holzstühlen im Kälberstallund hören einem Mann zu,der mit einem Buch an einemTisch im Stallgang sitzt. Erliest aus den Reiseerinnerun-gen eines Johann GottfriedSeume, der wie der 1756 in El-lershausen geborene JakobGarthe ein Landwirtssohn warund als Soldat für den engli-schen König in den Amerika-nischen Unabhängigkeits-krieg geschickt wurde.

Die Frau, die die Lesung an-kündigt, kennen die Kälbchen

Lesung mit Muh und MähMehr zum Thema: Schauspieler Udo Samel liest in einem Kälberstall in Ellershausen

Zwischen Kälbchen undMelkschemel: Der Schauspieler Udo Samel las im Stall der Familie Garthe-Metz in Ellershausen aus Texten vonJohann Gottfried Seume, einem Zeitgenossen Goethes und der Brüder Grimm. Fotos: Katharina Jaeger

Geschenk für die Gastgeber: Organisatorin Christiane Kohl (v. l.),Schauspieler Udo Samel, Judith Garthe-Metz und Karl-HeinzMetz.

LiterarischerFrühling

HNA

Frankenberger Land Samstag, 18. April 2015

Brille: Fielmann. Auch in Ihrer Nähe: Alsfeld, Mainzer Gasse 5; Bad Hersfeld, Klausstraße 6; Eisenach, Karlstraße 11; Eschwege, Stad 19; Göttingen, Weender Straße 51; Höxter,Marktstraße 27; Kassel, Obere Königsstraße 37a/Opernplatz; Korbach, Bahnhofstraße 10; Marburg, Markt 13; Olsberg, Marktstraße 1, Warburg, Hauptstraße 54. www.fielmann.com

Page 9: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

FrankenbergMontag, 20. April 2015

Literatur-Festival Literarischer Frühling

Falckenberg-Schauspielschulebekommt er, obwohl er beimVorsprechen von der Bühnefällt. Der Vorhang geht auf fürTheaterrollen, Filmrollen, Er-folge. Ein Abriss von Fotos undSzenen zeigen Adorf auf derLeinwand in seinen bekann-testen Rollen, in den er oft dieSchurken gespielt hat.

Ihm sei es lieber, Menschenauf der Straße zitieren bei Be-gegnung mit ihm den Satz„Ich scheiß Dich zu mit Dei-nem Geld“ , den er als Gene-raldirektor Haffenloher in derFernseh-Serie „Kir Royal“spricht, als den folgendenKommentar zu hören: „DassDu Winnetous SchwesterNschotschi erschossen hast,verzeih ich Dir nie.“

ToilettenfehlerAdorf bringt das Publikum

mit Erinnerungen an Patzerund „Toilettenfehler“ (offenerHosenlatz) auf der Bühne zumLachen und berührt es mitSzenen, wie dem Monolog desJuden Shylock (aus: Der Kauf-mann von Venedig) in Erinne-rung an den Schauspieler undRegisseur Fritz Kortner.

Am Ende spenden die Zu-schauer stehend Beifall – vol-ler Begeisterung über einengroßartigen Abend, bei demTheater auf echtes Leben traf.

ARTIKEL UNTEN

Während des Studiums imNachkriegsdeutschland stahlder mittellose junge Mann Le-bensmittel, um satt zu wer-den, wie der heutige Star un-umwunden gesteht.

Als Adorf als Regieassistentbei der Generalprobe für dieOper Iphigenie auf Tauris fastalle Rollen singt, weil dieSchauspieler sich wegen einerGrippewelle schonen, wird erfür die Bühne entdeckt. EinenPlatz in der Münchener Otto-

und Heinrich George – Szenenvoller Kraft und Intensität. Im-mer wieder erhält er Zwi-schenapplaus.

Als siebter Zwerg in einerSchneewittchenaufführunghatte er als Vierjähriger sei-nen ersten Auftritt und wein-te, weil ihm der Wattebart ab-fiel. Im Luftschutzbunker inseiner Heimatstadt Mayenlenkte er die Schutzsuchen-den mit dem Vortrag von Lie-dern wie „Lilly Marleen“ ab.

VON MART I NA B I E D ENBACH

FRANKENBERG. Soll er beimBoxkampf um die deutscheStudentenmeisterschaft amMorgen alles geben oder soller sich und sein Aussehen lie-ber für die Premiere einer Stu-dententheater-Aufführung amNachmittag schonen? MarioAdorf entschied sich als jun-ger Mann für letzteres – undhat es nach kurzem Hadernbis heute nicht bereut. MitSchilderungen wie dieser hältder 84-Jährige die 560 Zu-schauer in der FrankenbergerKulturhalle in seinem Bann.

Fast zwei Stunden präsen-tiert er Lebenserinnerungenvor allem aus seiner Jugend-und frühen Theaterzeit – aufenorm komische, aber auchberührende und nie oberfläch-liche Weise. „Es macht mirSpaß, ein Publikum zu unter-halten“, erklärt er.

Und das gelingt ihm. Da istkeine Sekunde langweilig. Dastimmt jeder Satz – Adorf hatdas Manuskript selbst ge-schrieben, das Buch erscheintim Herbst – da stimmt jedeGeste. Der 84-Jährige „drehtvoll auf“, ganz wie in der An-kündigung versprochen. Ersingt Ausschnitte aus Opern-partien, spricht Szenen ausDramen und imitiert berühm-te Kollegen, wie Hans Albers

Theater trifft auf LebenMario Adorf erzählt in Frankenberg von seinen Anfängen als Schauspieler

Schaut böse:Mario Adorf zeigt bei seinemAuftritt in Frankenberg,mit welchem Blick er 1957 den US-Regisseur Robert Siodmaküberzeugt, ihm die Rolle des Teufels im preisgekrönten Film„Nachts, wenn der Teufel kam“ zu geben. Foto: Katharina Jaeger

und Grünen-Politikerin ClaudiaRoth zu Gast hatten, ein Welt-star war noch nicht dabei.Klaus Brill (2. von links), Ehe-mann der Festival-Organisato-rin Christiane Kohl, führte dieAdorfs über den Markt. (mab)

Foto: Katharina Jaeger

An seiner Seite war die Franzö-sin Monique Adorf (69, rechts),mit der Adorf seit mehr als 40Jahren liiert und seit 1985 inzweiter Ehe verheiratet ist.Auch wenn die Landfrauenschon Prominente wie Minis-terpräsident Volker Bouffier

Jährige sprach mit Marktfrau-en, wie hier mit Gisela Paulus(links), kaufte rote Wurst undgab auf Wunsch Autogramme.„Er hörte uns interessiert zuund wirkte überhaupt nicht ar-rogant“, schilderte Marktleite-rin Marianne Schüler der HNA.

Der weltbekannte Schauspie-ler Mario Adorf (2. von links)hat einen Einkaufsbummel aufdem Frankenberger Wochen-markt gemacht. Als einer derSchirmherrendes LiterarischenFrühlings ist der Star wieder imFrankenberger Land. Der 84-

EinWeltstar auf demWochenmarkt

Fast plastisch zu greifenwar die von Traurigkeit be-herrschte Grundstimmungder Protagonistin, die trotzmutigen Sich-Auflehnens le-benslang unter dem bösenWort vom „Monster“ der Köni-gin Luise zu leiden hat.

Als positiven Gegenpolkönnte man Hettches Schwel-gen im Reichtum der deut-schen Sprache, inhaltlich vorallem dem der Botanik undder Zoologie, sprachlich in ei-nem schier unerschöpflichenVokabular, verstehen. Die Zu-hörer wussten derlei Kunstfer-tigkeiten zu goutieren undspendeten bei besonders ge-lungenen Passagen oder theo-retischen Bemerkungen zurSchönheit sprachlicher Wen-dungen reichlich Applaus.

Klare Tomatensuppe, zartesKalbsfilet auf getrüffeltem Sel-leriepüree und Orangen-Grießflammerie mit weißerSchokoladenganache trugendas Ihre dazu bei, um demAbend noch weit über seineDauer hinaus Gesprächsstoffzu verleihen.

ARTIKEL UNTEN

VON MAR I S E MON I AC

FRANKENBERG. Die Besucherkönnten sich auf einen „dop-pelten Höhepunkt“ des Litera-rischen Frühlings freuen, ver-sprach Klaus Brill im Hotel„Die Sonne Frankenberg“:Zum einen erwarte sie mitThomas Hettche und seinempreisgekrönten Roman „Pfau-eninsel“ ein eleganter Stilistmit einem Sprachkunstwerkersten Ranges, zum anderendürften sie in den Lesepausendas Vier-Gänge-Dinner genie-ßen.

Nach der Stärkung mithausgebeiztem Wildreis undSafranmousse startete Hett-che seine melancholische Ge-schichte vom kleinwüchsigenSchlossfräulein Marie, das fastsein ganzes Leben auf derPfaueninsel in der Havel beiBerlin verbrachte.

„Ein Buch sollte durch denHaupteingang betreten wer-den, der Ton wird im erstenSatz angeschlagen“, begrün-dete der Autor seine Entschei-dung, mit der Lesung direktam Anfang zu beginnen.

Sprachkunstwerkmit KalbsfiletDinner-Lesung mit Thomas Hettche in der Sonne

Im Gespräch: Autor Thomas Hettche (links) und Moderator KlausBrill bei der Lesung im Hotel „Die Sonne“. Foto: Katharina Jaeger

tanz zwischen der Gegenwartund dem Gewesenen.BRILL: Sie stammen aus dem

Dorf Treis am Rande des Vo-gelsbergs.Wie ist Ihr Verhältniszu Ihrer Heimat?

HETTCHE: Ich war immerdankbar dafür, dass ich nichtin der Stadt aufgewachsenbin. Heute wohne ich in Ber-lin, stelle aber fest, dass ich ei-gentlich das hessische Fach-werk, die Buchenwälder unddas Hügelige brauche.BRILL: Wir leben in einer Zeit

des Umbruchs, in der vieleWerte nicht mehr gelten. ReiztSie das als Stoff?

HETTCHE: Kulturpessimis-mus macht nicht produktiv.Ich bin der Meinung, dass einAutor nicht von der Kanzel he-rab erzählen sollte.BRILL: Wie sehen Sie die Rolle

des Buches innerhalb einer Fül-le von anderen Medien?

HETTCHE: In einem Buchsteckt eine ganze Welt und eswird dadurch zu einem beson-deren Gegenstand. Beim Lesenübersetzen wir die Wörter ininnere Bilder, sodass eine Ver-bindung zwischen Gefühl undVerstand entsteht.BRILL: Lebt die Literatur noch

oder wird sie durch die Me-dienwelt abgetötet?

HETTCHE: Das Buch wird inZukunft wohl nicht mehr derDatenträger schlechthin sein,aber die Erfahrung, mit einemBuch alleine zu sein, wirdkostbarer werden. (zmm)

Im Gespräch mit Klaus Brillbeantwortete Autor Tho-mas Hettche Fragen über

seinen Roman und über sich.BRILL: Sie selber stammen aus

Hessen. Warum fiel Ihre Wahlals Ort für einen Roman geradeauf die Pfaueninsel?

HETTCHE: Ich habe die Inselnoch vor dem Ende der DDReinmal besucht und bin aufdiesem fast vergessenen Zipfelder Erde auf das historisch be-legte Schlossfräulein Marie ge-stoßen. Dann hat der Stoffeine eigene Kraft entfaltet undseine Geheimnisse gelüftet. Ei-gentlich kennt man ja nichtviel mehr als die Lebensdatender beiden kleinwüchsigenGeschwister, denn sämtlicheAkten sind verbrannt und ein-zelne Berichte sind spärlich.Das hat mir allerdings auchalle Freiheiten gegeben.BRILL: Mit welcher Absicht er-

zählt ein Autor eine Geschich-te?

HETTCHE: Literatur muss denLeser einerseits intellektuellfordern, andererseits aberauch sein Herz berühren. Kurzgesagt: Literatur kann uns alsganze Person ergreifen.BRILL: Was kann ein histori-

scher Romanwie „Pfaueninsel“den Lesern vermitteln?

HETTCHE: Es wäre zu wenig,darin moderne Geschichten inKostümen zu sehen. Marie hatihre Vorstellungen von derWelt, und wenn wir davon le-sen, verringern wir die Dis-

„Ich brauche dashessische Fachwerk“Thomas Hettche über sich und die Pfaueninsel

FRANKENBERG. „Der großeMario Adorf in der Franken-berger Kulturhalle, daskommt nur einmal im Jahr-hundert vor“. Mit diesen Wor-ten eröffnet die Organisatorindes Festivals LiterarischerFrühling, Christiane Kohl, amSamstag den Showabend, beidem der Schauspieler aus sei-nem fast 85-jährigen Leben be-richtet. Und als Gast dabei,„die große Iris Berben“, auchdas ein Jahrhundert-Ereignisfür Frankenberg, fügt Christia-ne Kohl hinzu.

Schwarzer Rock mit klei-nen braunen Mustern, schwar-

„Jahrhundert-Ereignis in Frankenberg“Zur Mario-Adorf-Show kam auch die bekannte Schauspielerin Iris Berben in die Kulturhalle

zer, halblanger Mantel, hoheschwarze Pumps, so betritt die64-jährige Schauspielern dieKulturhalle in Begleitung ih-res Partners Heiko Kiesow(53). Sie sitzen in der erstenReihe neben Mario AdorfsEhefrau Monique. Im An-schluss hält sich Iris Berbennoch eine Weile im Foyer derKulturhalle auf. Verstohlenschauen die Gäste den Star an.„Sie wirkt viel kleiner als imFernsehen und viel dünner“,sagen sie.

Dann traut sich einer derGäste und bittet um ein Auto-gramm. Sie gewährt es lä-

chelnd und entschwindet.Später trifft sie sich mit MarioAdorf zum Essen im Hotel DieSonne. Die beiden sind seitlangem befreundet.

Ihren Auftritt hat die Künst-lerin am Sonntagnachmittag,als sie im Frankenberger Tha-lia-Kino zur Verfilmung vonChristiane Kohls Buch „DasZeugenhaus“ Stellung nimmt.Berben spielt darin die Haupt-rolle.

„Ihr habt mich hier in einenschönen Landstrich geholt“,hat sie vorher zu ChristianeKohl über das FrankenbergerLand gesagt. (mab)

In der ersten Reihe: Iris Berbenin der Kulturhalle. Foto: K. Jaeger

Page 10: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

Frankenberger Land Dienstag, 21. April 2015

Literatur-Festival Literarischer Frühling

mentarischen Roman „DasZeugenhaus“ von ChristianeKohl dienten dem Film alsVorlage (Artikel links oben).

Beobachten und zuhörenEhrlichkeit auch hier: „Ich

habe nie eine Schauspielschu-le besucht“, gestand Iris Ber-ben auf Winklers Frage, wo-her sie die Fähigkeit nehme,sich in jede Rolle einzufühlen,denn „Sie können ja alles!“ Siebeobachte Menschen sehrsorgfältig und höre ihnen zu,berichtete die Schauspielerin.Und so habe sie von „gutenKollegen, die ihr Handwerkbeherrschen, sehr viel ge-lernt“. Sehr vorsichtig habesie sich beispielsweise der Fi-gur der Cosima Wagner („DerClan“), einer „Frau des Antise-

VON KAR L -H E RMANN VÖLK ER

FRANKENBERG. „Großes Kinoin einer kleinen Stadt“ stellteFestival-Organisatorin Chris-tiane Kohl fest, als sie am letz-ten Tag des „LiterarischenFrühlings 2015“ in Franken-bergs traditionsreichem Tha-lia-Filmtheater der FamilieOrtwein den Publikumslieb-ling Iris Berben begrüßte. Er-griffen, beklommen, schwei-gend hatte das Publikum aufdie Filmszenen mit Täternund Opfern der NürnbergerProzesse im „Zeugenhaus“reagiert, und erst als dieHauptdarstellerin den Kino-saal betrat, löste sich dieseSpannung in herzlichen Bei-fall auf.

Die Schauspielerin, die an-schließend mit dem Schrift-steller Willi Winkler den Filmwie auch Stationen ihres Le-bens reflektierte, gewann so-fort mit ihrer ebenso ehrli-chen wie charmanten Art dieSympathien der Besucher. Ja,die Figur der Gräfin Belavar,„die die Zuschauer an derHand nimmt, die Türen öffnetund sie durch die Stubenführt“, habe sie verunsichert,weil sie sich für die Rolleselbst habe „total reduzieren“müssen, gab Iris Berben zu.Sie schilderte die intensive En-semblearbeit, immer auf derSuche nach der „kraftvollstenForm, diesen Stoff zu präsen-tieren“. Motive aus dem doku-

Sie mag die klare HaltungNach dem Film „Das Zeugenhaus“ berichtete Iris Berben aus ihrem Leben

mitismus in seiner ausgepräg-testen Form“, angenähert.

Mit 18 Jahren ist Iris Berbenmit Freunden zum ersten Malnach Israel gereist und dabeieiner Frau begegnet, die nochdie eintätowierte KZ-Nummerauf ihrem Arm trug. Seitdemhabe sie die moralische Ver-antwortung gegenüber denOpfern des Nazi-Regimes, diein ihrem eigenen Geschichts-unterricht noch kein Themagewesen seien, nicht mehr los-gelassen. Auch als Schauspie-lerin wolle sie auf ihre Rechtein der Demokratie – dazu ge-höre unter anderem ihre Un-terstützung der SPD – nichtverzichten, sondern klare Hal-tungen und Konturen zeigen.

Produziert wurde „Das Zeu-genhaus“ von ihrem Sohn Oli-

ver. „Er hatte das Buch gele-sen. Es ist seiner Hartnäckig-keit zu verdanken, dass dieserwichtige Stoff verfilmt wur-de“, unterstrich Iris Berben.„Und ich wollte daran gernteilhaben.“ Auf ihr Mutter-Sohn-Verhältnis beim Film-schaffen befragt: „Wir gehenauf gleicher Augenhöhe sehrprofessionell miteinanderum.“ Moderator Winkler: „Siebeide sind wirklich eine ganzbesondere Symbiose.“

Literaturkritiker trifft Filmstar: Der bekannte Schriftsteller und JournalistWilliWinkler kammit demPublikumsliebling Iris Berben in ein lebhaftes Gespräch über das Leben der Schauspielerin und ihrVerhältnis zur Zeitgeschichte. Foto: Völker

Zur PersonWILLIWINKLER, geb. 1957 in Sit-tenbach bei München, ist ein be-reits mehrfach ausgezeichneterdeutscher Schriftsteller, Über-setzer und Literaturkritiker derSüdddeutschen Zeitung. Er hatin München und St. Louis (USA)studiert und Bücher von JohnUpdike, Julian Barnes, AnthonyBurgess und Saul Bellow insDeutsche übersetzt. Er verfasstezwei Sachbücher über den Ter-rorismus der 1970er- und1980er-Jahre. Zuletzt erschienvon ihm „Deutschland, eineWinterreise“ - Ergebnis einer Pil-gerwanderung von Hamburgnach Altötting. (zve)

Zur PersonIRIS BERBEN, geb. 1950 in Det-mold, erhielt mit 18 Jahren ihreerste Filmrolle und trat mit 19erstmals im Fernsehen auf. Be-ginn einer steilen Karriere, diesie zu einer der populärsten undmit vielen Preisen ausgezeichne-ten Schauspielerinnen Deutsch-lands machte („Sketchup“, „DieGuldenburgs“, „KommissarinRosa Roth“, „Krupp“).Berben engagierte sich gegenVergessen, Rassismus und Anti-semitismus. Sie erhielt den Leo-Baeck-Preis und 2013 vom Jüdi-schen Museum Berlin den Preisfür Verständigung und Toleranz.(zve)

Christiane Kohl 2005 verfassthat.

In ihrem Elternhaus, der Bä-renmühle im Lengeltal, hatte1980 Bernhard von Kleist, einlangjähriger Freund der Fami-lie Kohl, ein Gästebuch vorge-zeigt, das ab 1945 in Nürnbergwährend der Kriegsverbre-cherprozesse geführt wordenwar. Nutznießer und Anhän-ger des NS-Regimes hattensich darin ebenso verewigtwie dessen Opfer. ChristianeKohl nahm ihre Spuren auf,verfolgte ihre Schicksale in Ar-chiven und besuchte in denUSA die damals 87-jährige ehe-malige Hausdame des Zeugen-hauses, Gräfin Ingeborg Kál-noky.

Herausgekommen ist eine„eine interessante, packenderzählte Recherche“, wie die„Zeit“ urteilte. In der Regievon Matti Geschonneck undeiner Spitzenbesetzung mitIris Berben, Matthias Brandt,Gisela Schneeberger und UdoSamel entstand mit dem Dreh-buch von Magnus Vattrodt einSpielfilm, der vor wenigenWochen vom ZDF ausge-strahlt worden ist und über-wiegend gute Kritiken erhielt.

Auch Autorin Kohl ist mitder Leinwandfassung hoch zu-frieden: „Der Film enthält vie-le fiktive Elemente, doch erschafft es bravourös, den his-torischen Sinn-Zusammen-hang zu transportieren.“ (zve)

D ass die FrankenbergerRegion in der nordhes-sischen Grimm-Heimat

zwar nicht über eigenen Mär-chenstoff, wohl aber überhoch wirkungsvolle zeitge-schichtliche Literatur verfügt,zeigte sich beim Finale des Li-terarischen Frühlings 2015:Die im Thalia-Kino in Franken-berg vorgestellte Verfilmung„Das Zeugenhaus“ beruhte aufMotiven des gleichnamigenRomans, den die Publizistin

Historischer Filmstoffaus der BärenmühleVorlage zu „Zeugenhaus“ stammt von Kohl

Historisches Dokument: Chris-tiane Kohl entdeckte im Tage-buch der Zeugen auch eine Sei-temit der Unterschrift Henriet-te von Schirachs. Foto: Völker

Berbenwäre gernemal SchneewittchenDas sagte Schauspielerin IrisBerben auf die Frage in der„Heimat der Brüder Grimm“,welche Märchenrolle siedenn am liebsten einmal aufder Leinwand übernehmenwolle:„Die Prinzessin, die den

Frosch küssenmuss, habe ichschon gespielt. Im Film wieim wirklichen Leben.“ AberSchneewittchen wäre viel-leicht auch ganz reizvoll. „Daliege ich nur schön da, unddie anderen tanzen ummichherum.“ (zve)

HINTERGRUND

Stellen seiner Geschichte vor,machte die Charaktere der Fi-guren, die nicht selten weitvon gängigen Klischees abwei-chen, deutlich und vermochtees den roten Handlungsfaden,der sich durch sein Buch zieht,aufzuzeigen, ohne zu viel ausdem Inhalt zu verraten. Dasmachte Lust und neugierig aufdie gesamte Handlung von„Anders“. Im Publikum fan-

BAD WILDUNGEN. Beinaheein Heimspiel war der Literari-sche Frühling für AndreasSteinhöfel. Der Kinder- und Ju-gendbuchautor stammt ausBattenberg, lebt in Biedenkopfund las am Samstagnachmit-tag im Spiegelsaal von SchlossFriedrichstein aus seinem ak-tuellen Buch „Anders“ vor.Steinhöfel hatte unter ande-rem 2005 den Deutschen Ju-gendliteraturpreis erhalten.

Aufmerksam, gespannt undgefesselt verfolgte das Publi-kum die Geschichte von Stein-höfels Hauptfigur Felix Win-ter, der nach einem Unfallneun Monate lang im Komaliegt und danach, wie neuge-boren, alles vergessen hat, wassein bisheriges, elfjähriges Le-ben ausmachte. Er beginnt einneues, ein anderes Leben,stößt dabei nicht immer aufVerständnis und Akzeptanzund wird mit Facetten seinerVergangenheit konfrontiert,die er nicht verstehen kann.

Mit dem angenehmen Tim-bre von Steinhöfels Sprech-stimme trug er in der Lesung

Neues Leben nach dem KomaJugendbuchautor Andreas Steinhöfel stellte sein aktuelles Buch „Anders“ vor

den sich neben ein paar Kin-dern und Jugendlichen, vor-rangig erwachsene Zuhörer,die sich begeistert zeigten vonder Lesung und dem Werk.

Mit „Anders“ habe er sichvon den „Rico-Büchern“, diesehr erfolgreich verkauft wer-den und bereits verfilmt sind,abgrenzen wollen, sagte derAutor. Sowohl inhaltlich alsauch stilistisch sei er in sei-

nem aktuellen Buch ganz an-dere Wege gegangen. Einesseiner Hauptthemen in „An-ders“ sei die Ironisierung vonüberbehütenden „Helikopter-Eltern“, die ihren Kindern nurwenig oder gar keinen Raumzum Leben und zur Selbstbe-stimmung lassen. Durch denUnfall und das Vergessen nachder Zeit im Koma gelingt es Fe-lix, aus diesem Zustand derÜberwachung und Einschrän-kung, die in seiner Familieherrscht, auszubrechen. Zu-dem gehe es um den Zustandim frühmenschlichen Alterzwischen Kindsein und Er-wachsenwerden, dem sich derwerdende Teenager stellenmuss. Auch Elemente von My-thologie seien in das neueBuch geflossen. Nach seiner„Wiedergeburt“ ist Felix inder Lage, das Innere der Men-schen zu erkennen, ihre Aurazu sehen und ihre Schwach-stellen aufzuzeigen, körper-lich und seelisch. All das inSumme, sei eben ganz anders,als in den Geschichten um denJungen Rico. (zen)

Kurze Anreise nach Friedrichstein: Autor Andreas Steinhöfelwohnt in Biedenkopf. Foto: Katharina Jaeger

in seinen Monologen vomHölzchen aufs Stöckchenkommt, aber doch interessan-te Informationen über denÄtna oder den Halleyschen Ko-meten mitzuteilen weiß.

Die Darstellung von Schuleund Lehrern, zeittypischenDetails (das „magische Auge“der Röhrenradios, der Bauch-laden eines Hausierers) oderMerksprüchen („Feldspat,Quarz und Glimmer, das ver-gess’ ich nimmer“) wecktenbei manchem Zuhörer Erinne-rungen an die eigene Jugend.Dazu kamen eine präzise Spra-che sowie treffende Bilder, so-dass sich die Besucher gut un-terhalten fühlten.

Wie er denn auf den Erzähl-stoff gekommen sei, wollteZischlers GesprächspartnerinChristiane Kohl wissen. DerAutor erinnerte daran, dassdie Dinge zur Zeit der Novellenoch eine andere Wertigkeitals heute hatten. „Man warvorsichtiger mit den Sachen“,sagte er, der selber eineSammlung von über 3000Orangenpapierchen besitzt.Durch die Vielzahl der Motive(„Wölfe, Eskimos, Tannen-wald: Alles kann Orangenpa-pier werden.“) sei zudem „einStück Ferne“ näher gerückt.

Zischler erzählte auch, dasser seinerzeit als Wehrdienst-verweigerer nicht anerkanntworden sei. „Meine Positionkam denen zu intellektuellvor.“ Seine Studienzeit in den1970ern habe er als unver-gleichlich lockerer als die heu-tiger junger Leute erlebt. Die-se fast „hallodrihafte Freizü-gigkeit“ gebe es nicht mehr.

Heute engagiert er sich da-für, literarische Kostbarkeitenim von ihm selbst gegründe-ten Arpheus Verlag zu veröf-fentlichen. (zmm)

ELLERSHAUSEN. Wer beimNamen Hanns Zischler vor al-lem an den bekannten Schau-spieler denkt, kennt nur eineFacette dieses vielseitigenKünstlers, der sich unter ande-rem auch als Fotograf, Drama-turg, Regisseur, Übersetzer,Essayist und Hörspielsprechereinen Namen gemacht hat.Beim Literarischen Frühlingkam in der Bärenmühle vor al-lem sein Talent als Autor vonBelletristik zur Geltung, wo-bei auch seine sonore Stimmeund die prägnante AusspracheHinweise auf die anderen be-ruflichen Funktionen gaben.

Zischler las aus seiner No-velle „Das Mädchen mit denOrangenpapieren“, eine Ge-schichte, die im Chiemgau der1950er spielt und hauptsäch-lich vom Alltag dreier jugend-licher Freunde erzählt.

Elsa, die gehbehinderteHauptperson, ist aus Dresdenin das ihr fremde Bayern gezo-gen. Durch das Sammeln fragi-ler Orangenpapiere mit Moti-ven aus aller Welt findet sieKontakt zu ihrem Klassenka-meraden Pauli und zur Eng-länderin Saskia und kannebenso das Interesse des Leh-rers Kapuste wecken, der zwar

Kontakt durchOrangenpapiereHanns Zischler las seinen Roman in Ellershausen

Schauspieler, Autor und mehr:Hanns Zischler las in der Bären-mühle. Foto: Katharina Jaeger

Page 11: FK-KU2 Erlösung nicht zu billig - Literarischer Frühling · Bromskirchen Einschränkungen im Einwohnermel-deamt der Gemeinde Bromskirchen Wir geben der Bevölkerung davon Kenntnis,dassesimEinwohnermelde-amtderGemeindeBromskirchenauf-grund

VON PRAUNHEIM: Mir persön-lich nicht so viel wie der Grup-pe von schwulen Männern,mit denen ich damals zusam-men die Schwulenbewegunginitiiert habe. Ich sah seit An-fang der 90er keine Chancemehr, aktiv zu arbeiten. DasEngagement in der Aidskrisewar die letzte große Sache.

Warum sind Sie nicht mehrso aktiv in der Bewegung?

VON PRAUNHEIM: Ich habemich damals mit dem Outingselbst schachmatt gesetzt.

Ihre Outings von Alfred Bio-lek und Hape Kerkeling?

VON PRAUNHEIM: Ja. Es gabeine Hasswelle von Schwulenund von Heteros, die mir ver-bieten wollten, weiter zu ar-beiten.

Trotzdemhielten Sie 2013 inder Berliner St.-Marien-Kircheeine Predigt.

VON PRAUNHEIM: Der Superin-tendent der EvangelischenKirche in Berlin hatte micheingeladen, einen Vortrag zuhalten, in einer Reihe vonmehreren Laienpredigern. Dashat nichts mit deren Religiosi-tät zu tun. Ich habe das gerngemacht, weil der Superinten-dent selbst offen schwul ist.Da waren sechs offen schwuleevangelische Pfarrer auf derKanzel. Das war beeindru-ckend, dass da die evangeli-sche Kirche so weit ist.

ImMärzwurdeIhnendasBun-desverdienstkreuz für Ihr Enga-gement für Lesben und Schwuleverliehen. Was bedeutet Ihnendie Auszeichnung?

VON SUSANNE G I E T L

I n seinem teildokumentari-schen Film „Härte“ erzähltRosa von Praunheim die

wahre und erschütternde Le-bensgeschichte von AndreasMarquardt. Schon als Jungewurde er von seiner Mutter se-xuell missbraucht, später wur-de Marquardt brutaler Zuhäl-ter und saß lange im Gefäng-nis. Mittlerweile hat er seinemfrüheren Leben den Rückenzugewandt und setzt sich fürmissbrauchte Kinder ein.

Herr von Praunheim, in„Härte“ verwenden Sie zumTeil die subjektive Kamera. An-statt den jungen Andreas Mar-quardt zu zeigen, übernimmtder Zuschauer die Perspektivedes Kindes.Wollten Sie den Zu-schauer vor schrecklichen Bil-dern schützen?

ROSA VON PRAUNHEIM: Wirwollten das Kind nicht beschä-digen. Es wäre zwischen sechsund zwölf Jahren alt.

Sie arbeiten mit statischenHintergründen, halten Szenenin Schwarz-Weiß. AbstrahierenSie dadurch nicht die Brutali-tät, um die es in „Härte“ geht?

VON PRAUNHEIM: Ich glaube,dass die Brutalität im Kopf desZuschauers stattfindet.

In kurzen Interviewsequen-zen äußert sich auch Mar-quardt selbst. Er war acht Jahreim Gefängnis, schlug Frauenund arbeitete als Zuhälter. Gabes Situationen, in denen SieAngst vor ihm hatten?

VON PRAUNHEIM: Das Buchvon Andreas Marquardt ist mitseinem Therapeuten entstan-den. Als ich ihn kennenlernte,brauchte ich keine Angstmehr zu haben. Er war sehrdazu bereit, sich zu öffnen.

Marquardt kämpft gegenKindesmissbrauch durch die El-tern, für sein Engagement ludihnder Papst nachRomein. Ha-ben Sie sich mit der Kirche aus-gesöhnt?

VON PRAUNHEIM: Ich findejede Religiosität bekloppt.

„Das Kind nicht beschädigen“Interview: Rosa von Praunheim über seinen Missbrauchsfilm „Härte“ und die Situation von Schwulen

Ist Schwulseinheutenormal?VON PRAUNHEIM: Da müssten

Sie mal in einer Hauptschulefragen. Da werden Sie die Ant-worten kriegen, dass die meis-ten schwul sein eklig finden.

AbwelchemAlter sollten Pä-dagogen das Thema sexuelleOrientierung ansprechen?

VON PRAUNHEIM: Kinder ge-ben wieder, was sie von ihrenEltern mitbekommen, Rassis-mus oder Vorurteile gegen Ho-mosexualität. „Schwule Sau“fängt im frühen Alter an, ohnedass die Kinder wissen, wasdas ist. Solange man viele Mig-ranten aus Ländern hat, in de-nen Homophobie gang undgäbe ist - zum Beispiel aus isla-mischen Ländern oder ausRussland - muss man dagegen-halten. (Planet Interview)

Starkes Team: Schauspieler Hanno Koffler (der Andreas Marquardt im Film spielt, links) und Andreas Marquardt, der im Film „Härte“auch selbst zuWort kommt. Foto: Verleih

Im Austausch: Literaturkritiker Denis Scheck (links) und Autor F. C. Delius. Fotos: Jaeger

bach, wo er Abitur gemachthatte. Der Mann gehörte zuden Angeklagten, war er dochMitarbeiter des SS-Obersturm-bannführers gewesen.

Denis Scheck nannte es be-merkenswert, dass Delius da-mals schon so engagiert war.Später, als er in Berlin lebte,Kontakt zu den DDR-Literatenhatte und Manuskripte in denWesten brachte, müsse er sichwie „eine Figur aus dem Kal-

VON G E S A E S T E R E R

WALDECK. „Ich fühlte michetwas wie im literarischenHimmel“, sagte FriedrichChristian Delius auf die Fragevon Denis Scheck, wie es fürihn mit 21 Jahren war, Mit-glied der Gruppe 47 zu wer-den. Das sei schon aufregendgewesen, führte der 71-jährigeSchriftsteller aus, der sich amSonntag im Rahmen des Lite-rarischen Frühlings im nahe-zu ausverkauften Rittersaalvon Schloss Waldeck mit demKritiker und Moderator derARD-Sendung „Druckfrisch“zu einem Gespräch traf. „Esgibt keine leichten Wege“,man müsse immer damitrechnen, zu scheitern, sagteder Träger des Büchner-Prei-ses von 2011 weiterhin.

Der Vortrag einiger Textemachte die leise, eindringli-che Intensität deutlich, mitder Delius das Innenleben derBundesrepublik konserviert.Aus dem 1965 veröffentlich-ten Band „Kerbholz“ las derPfarrerssohn zwei Gedichte.„Korbach“ bannt das Nach-kriegsdeutschland. Währenddes Auschwitz-Prozesses 1965/66 erkannte Delius im Ge-richtssaal in Frankfurt den be-liebten Drogisten aus Kor-

Zeit am Kragenzipfel packenFriedrich Christian Delius im Gespräch mit Denis Scheck beim Literarischen Frühling

ten Krieg“ vorgekommen sein.Delius sagte, er habe sich

gern mit den Kollegen im Os-ten getroffen, der Kontakt seiintensiv gewesen. Die bizarreSituation der geteilten Stadtist Thema des Buchs „Tanzdurch die Stadt“, aus dem dersympathische Schriftstellereine Passage über den Grenz-übergang Ostbahnhof präsen-tierte. Der Text führt hinein indie vollkommen überheizten

Warteräume, wo Essen undTrinken verboten waren, woein „halb giftiger Desinfekti-onsgeruch“ in die Klamottendrang. „Einreisen hieß, Gehor-sam zu üben.“ Delius packt dieZeit am Kragenzipfel, ver-schraubt Zustände, Befindlich-keiten, Emotionen in festeWortbehälter und bewahrt,bevor die Erinnerung unter-geht. Ein toller Vormittag inSchloss Waldeck.

Zur PersonDer Regisseur Rosa von Praun-heim (Holger Mischwitzky, 72)wurde in Riga geboren. Er stu-dierte Malerei, 1967 entstand

sein erster Kurz-film. Mit demKünstlernamenbeziehtsichvonPraunheim aufden gleichna-migen Frankfur-ter Stadtteil so-

wie auf den rosaWinkel, denHo-mosexuelle im Nationalsozialis-mus tragenmussten. Er drehterund 150 Filme. Darunter „Nichtder Homosexuelle ist pervers,sondern die Situation, in der erlebt“. Für seinEngagement inderLesben- und Schwulenszene be-kam von PraunheimMärz 2015das Bundesverdienstkreuz.

Unser BuchtippDie Mitte im Osten„So war es denn ein Schock füruns, als wir nach demMauerfallentdeckten, dass die neuenWegweiser namens ,Mitte’ un-missverständlich nach Ostenzeigten“, heißt es in PeterSchneiders neuem Buch. DerWahl-Berliner präsentiert eineäußerst lesenswerte Mischungaus latenterLiebeserklärungundkritischer Abrechnungmit Ber-lin. Und er setzt sich humorig-pointiert mit wichtigen undstreitbaren Persönlichkeitenauseinander, etwa dem langjäh-rigen Neuköllner BürgermeisterHeinz Buschkowsky: Er könnteeinen jungen Anarchisten moti-vieren, „vielleicht doch eine Be-amtenlaufbahn einzuschlagen“.

Dieses Buch ist ein Muss füralle Berlin-Liebhaber und allejung gebliebenen Querdenker.Eine poetische Zeitreise, diedemWandel mit Augenzwin-kern begegnet: „Wir haben eineFrau mit sieben Kindern, die dasVerteidigungsministerium über-nimmt. Wir hatten bis vor Kur-zem noch einen schwulen Bür-germeister, eine Frau aus derDDR als Kanzlerin. Und wir ha-

ben einen ehemaligen PfarrerausderDDR,der inwilder Ehe imSchloss Bellevue lebt. So eineRegierung müssen Sie mir malzeigen.“

Peter Schneider, der heute75 Jahre alt wird, gehörte zu denprofiliertesten Figuren der 68er.Als er sich 1973 in Berlin als Stu-dienreferendar bewarb, wurdeder „Verfassungsfeind“ abge-lehnt. Als das Urteil aufgehobenwurde, wollte Schneider längstnicht mehr in den Schuldiensteintreten. Seine Erzählung„Lenz“ hatte ihn 1973 als Schrift-steller bekannt gemacht. Er warstets ein politisch engagierterAutor, ohne sich ideologisch ver-einnahmen zu lassen. Mit Bü-chern wie dem „Mauerspringer“(1982) ist er immer ein weniggegen den Strom des Zeitgeistsgeschwommen. PETERMOHRPeter Schneider: An der Schön-heit kann’s nicht liegen. Kie-penheuer undWitsch, 330 S.,19,90 Euro, Wertung: �����

RedensartKohldampfWer Kohldampf schiebt, hatHunger. Und damüssen es garnicht die besonders in Deutsch-land beliebten Kohlrouladenoder sonstige Erzeugnisse ausden blättrigen Gemüsen derKohl-Familie sein. Eine schöneButterstulle tut es auch.DasWort, das mit Kohl nichts

zu tun hat, gehört zu den weni-gen Begriffen, die im heutigenSprachgebrauch noch aus demJargon des Rotwelsch erhaltensind. Mit diesemmittelalterli-chenWort werden Begriffe ausder sogenannten Gaunerspra-che und anderer Sprachen ge-sellschaftlicher Randgruppen,auch der fahrenden Völker, seitdem 17. Jahrhundert zusam-mengefasst. Viele davon sind jid-discher Herkunft oder aus derSprache der Roma.Wie auch der Kohldampf, der

von romani „kalo“, schwarz, her-kommt, was auch in der Bedeu-tung arm, ohneGeld, verwendetwurde. Weiterentwickelt wurdees rotwelsch zu Kohler = Hun-ger. In Kombination mit demrotwelschen „Dampf“ für Hun-ger (in einemweiteren Sinnauch: Bedrängnis, Angst-schweiß) verstärkt sich die Be-deutung von Kohldampf noch.Es ist also ursprünglich der Hun-ger der armen, ausgestoßenenLeute gemeint. (fra)Weitere Redensarten unterwww.hna.de/redensart

So erreichen Siedie Kulturredaktion:Matthias LohrTel. [email protected]

WORMS. Alina Levshin (30),bekannt aus dem eingestell-ten Erfurter „Tatort“, steht imSommer bei den Wormser Ni-

belungen-Fest-spielen alsJüngling indem Stück„Gemetzel“auf der Bühne.Die Darstelle-rin des KnabenOrtlieb hatvorher nochnie einen

Mann gespielt. „Es ist für michdas erste Mal, meine Premie-re“, sagte die Schauspielerin.

Die Entscheidung, Ortliebmit einer Frau zu besetzen,traf Regisseur Thomas Schadt.Ortlieb ist nach seiner Vorstel-lung etwa 16. Er ist der Sohnvon Siegfrieds Witwe Kriem-hild. (dpa)

Alina Levshinspielt in WormsJungenrolle

AlinaLevshin

Dienstag, 21. April 2015 KulturKU1