Lehrstuhl für Hochspannungstechnik Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Technische Universität Dortmund Prof. Dr.-Ing. Frank Jenau Versuchsanleitung zum Praktikumsversuch BEET 04 / V 208 Betriebsverhalten von Transformatoren Version April 2010 / FL
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Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik ... · PDF fileInhaltsverzeichnis Seite 3 Grundlagen 1.1 Begriffe und prinzipielle Funktionsweise Ein Transformator verbindet
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Lehrstuhl für Hochspannungstechnik
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Technische Universität Dortmund
Ein Eisenkern ist nicht zwingend notwendig für einen Transformator. Er verstärkt die
magnetische Kopplung, wie aus dem Vergleich von Abbildung 4 mit Abbildung 3 hervorgeht,
weshalb man auf ihn - zumindest im niederfrequenten Bereich - in der Regel nicht verzich-
tet. Nachteile eines Eisenkreises sind:
• Wegen des grundsätzlich nichtlinearen Zusammenhangs zwischen Flussdichte B
und magnetischer Feldstärke H im Eisen wird der Transformator zum nichtlinearen
Betriebsmittel.
• Im Eisenkern entstehen Eisenverluste, die aus dem Leistungsfluss gedeckt werden
müssen und zur Erwärmung des Transformators beitragen.
Abbildung 5 zeigt einen typischen B-H-Zusammenhang. Ausgehend von der Neukurve
stellt sich eine Hysteresekurve ein, die pro Periode einmal entgegen dem Uhrzeigersinn
durchlaufen wird. Die dabei eingeschlossene Fläche ist ein direktes Maß für die Verluste.
Sie werden unterteilt in:
• Wirbelstromverluste ~ f2
• Hystereseverluste ~ f
• Nachwirkungsverluste ~ f
Inhaltsverzeichnis Seite 6
Zur Reduktion der Wirbelstromverluste wird der Kern aus dünnen Blechen aufgebaut,
die zueinander elektrisch isoliert sind, damit Wirbelströme nur eingeschränkt fließen kön-
nen.
Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung 5555:::: Magnetisierungskurve (Hysteresekurve) eines TransformatorkernsMagnetisierungskurve (Hysteresekurve) eines TransformatorkernsMagnetisierungskurve (Hysteresekurve) eines TransformatorkernsMagnetisierungskurve (Hysteresekurve) eines Transformatorkerns
Die Hysteresekurve zeigt zum einen die zunehmende Sättigung des Eisenkerns mit
steigender Feldstärke H. Die Sättigung ist physikalisch mit der vollständigen Ausrichtung
aller Weiss’schen Bezirke zu erklären. Ein Weiss’scher Bezirk ist ein Bereich im Metall, der
magnetisch gleichartig ausgerichtet ist.
Durch steigende Sättigung des Eisenkerns wird die Zunahme der Flussdichtebündelung
immer geringer; bei vollständiger Sättigung geht µr(H) gegen 1 und die Steigung der B-
Kurve entspricht µ = µ0 (1,25*10-6 H/m).
1.2 Vierpoldarstellung des Transformators
Mit zwei elektrischen Anschlüssen pro Wicklung gehört der Transformator zur
Gruppe der Vierpole oder besser zur Gruppe der Zweitore, da hier wie dort das Ein-
Ausgabe-Verhalten im Vordergrund des Interesses steht. Abbildung 6 zeigt den Transfor-
mator als Black-Box mit seinen Klemmengrößen.
Inhaltsverzeichnis Seite 7
Abbildung 6: Zweitor als „Black-Box“ mit Klemmengrößen
Vernachlässigt man nichtlineare Eigenschaften, so können die Eingangsgrößen als
Linearkombination der Ausgangsgrößen angegeben werden:
2122111 IaUaU +=
(1)
2222211 IaUaI +=
Das Betriebsverhalten des Transformators wird durch seine Kettenmatrix mit den
Elementen aµω hinlänglich beschrieben. So stellt z.B. das Element a11 das Spannungsüber-
setzungsverhältnis bei sekundärem Leerlauf dar. Rückschlüsse auf z.B. Konstruktionsda-
ten sind mit den Elementen der Kettenmatrix weitgehend unmöglich. Derartiges setzt vor-
aus, dass die Black-Box durch ein physikalisch begründetes Ersatzschaltbild strukturiert
wird.
1.3 Transformator-Ersatzschaltbild
Die trafotypische galvanische Trennung zwischen Primär- und Sekundärseite ist für
Netzwerksberechnungen unerwünscht, weshalb man in der Regel ein T-ESB als Grund-
struktur für ein Transformator-Ersatzschaltbild vereinbart (Abbildung 7). Mit den dort ein-
gefügten Längs- und Querimpedanzen lässt sich unter Berücksichtigung der Gleichungen
(1) ein entsprechendes Gleichungssystem (2) angeben:
22
1221
1 11 IZ
ZZZU
Z
ZU
q
lll
q
l
+++
+=
(2)
22
21 11
IZ
ZU
ZI
q
l
q
++=
Inhaltsverzeichnis Seite 8
Abbildung 7: T-Ersatzschaltbild eines passiven Vierpols
Ein Koeffizientenvergleich stellt die Relation zwischen den Elementen der Ketten-
matrix und den Elementen des Ersatzschaltbildes her.
Für die physikalische Interpretation der lediglich formal begründeten ESB-Elemente
folge man folgendem Gedanken: Im Falle sekundären Leerlaufes (I2 = 0) liegt aus Sicht der
Primärklemmen eine verlustbehaftete Wicklung mit den Elementen R1, L1S und L1H vor. (Mit
den Elementen R2, L2S und L2H gilt dieses entsprechend aus Sicht der Sekundärklemmen
bei primärem Leerlauf (I1 = 0).)
Beide Szenarien sind in Abbildung 8 zusammengeführt.
Abbildung 8: Transformator Lσ-Ersatzschaltbild mit galvanischer Trennung von Primär- und
Sekundärkreis
Da nach den Induktivitätsdefinitionen
2
2
121
=
w
wLL HH
(3)
ist, wird die sekundäre Hauptinduktivität mit der primären Hauptinduktivität identisch,
wenn man sie mit dem Quadrat des Windungszahlverhältnisses multipliziert. Die erzwun-
gene Folge dieser Operation lässt sich aus Gleichung (2b) für den Fall I1 = 0 ablesen:
2
221 1
10 I
Z
ZU
ZI
q
l
q
++
== (4)
σ σ
Inhaltsverzeichnis Seite 9
Nach Multiplikation mit Zq erhält man:
( ) 222 IZZU lq +−= (5)
Die erwünschte Multiplikation der Impedanzen mit (w1/w2)2 erzwingt danach eine
Multiplikation von I2 mit w2/w1 und von U2 mit w1/w2, was der Multiplikation der Gleichung
mit w1/w2 gleichkommt. Mit transformierten Sekundärgrößen
22
1'2 U
w
wU
= 2
1
2'2 I
w
wI
= (6a)
2
2
2
1'2 R
w
wR
= SS L
w
wL 2
2
2
1'2
= (6b)
kann ein physikalisch begründetes T-ESB angegeben werden (Abbildung 9):
Abbildung 9: Transformator T-Ersatzschaltbild
1.4 Eisenverluste
Bei der Zusammenfassung der Hauptinduktivitäten wurde stillschweigend deren
Linearität vorausgesetzt. Auch wenn dieses bei Vorhandensein eines Eisenkernes besten-
falls angenähert gültig ist, so ist diese ESB-Variante gerade für Eisenkerne vorteilhaft.
Denn im Gegensatz zu anderen Varianten können Eisenverluste hier durch einen einzigen
rein rellen Widerstand RE erfasst werden, der der Hauptinduktivität parallel geschaltet ist.
Abbildung 10 zeigt das ESB eines Transformators mit Eisenkern für den Fall sekun-
dären Leerlaufes. Es ist zur Analyse der Vorgänge im Kern geeignet: Da in der Regel die
Längsimpedanz Zl1 deutlich kleiner als die Querimpedanz Zq1 ist, wird sich eine z.B. als cos-
Inhaltsverzeichnis Seite 10
Funktion eingeprägte Primärspannung entsprechend als sekundäre Leerlaufspannung
u20 (t) einstellen.
Abbildung 10: Leerlaufersatzschaltbild des Transformators unter Berücksichtigung der
Eisenverluste, Zeitverläufe der Zweigströme, der Primärspannung und der magnetischen
Flussdichte im Kern
Der Strom iL durch die Hauptinduktivität eilt dieser Spannung um 90° nach (besteht also
aus einem rein imaginären Blindanteil), während der reelle Strom iE durch den Eisenver-
lustwiderstand in Phase zur Spannung verläuft. Wegen der Knotenpunktsforderung setzt
sich der Primärstrom i1 additiv aus den genannten Anteilen zusammen. Seine Nacheilung
gegenüber der Spannung ist somit geringer als 90°.
Wegen dt
du
Φ~ muss zwischen Flussdichte B und Spannung der Zusammenhang
∫udtB~ (7)
gültig sein. Also stellt B(t) in Abbildung 10 eine sin-Funktion dar. Der Zeitverlauf der mag-
netischen Feldstärke H entspricht wegen H ~ i dem des Stromes. B und H, die sich gemäß
des zeitlichen Verlaufes des Stromes aus Abbildung 10101010 verhalten, lassen sich nun in einem
Zustandsdiagramm darstellen.
Nimmt man an, dass in der linear angenommenen Hauptinduktivität keine Eisenverluste
auftreten (RE = ∞), so findet man eine lineare Proportionalität zwischen B und H. In Abbil-
dung 11 stellt sich dieser Fall als Gerade mit der Steigung µ0µr dar, die pro Periode zweimal
durchlaufen wird.
Würde es sich um einen eisenlosen Transformator handeln (µr = 1), so müsste die Gerade
flacher verlaufen.
Inhaltsverzeichnis Seite 11
Abbildung 11: Hysteresekurve für lineare Hauptinduktivität und linearen Eisenverlustwiderstand
Treten dagegen Eisenverluste auf (RE < ∞), so ist zunächst zu beachten, dass H ~ i1
gilt und nicht etwa H ~ iL . Die Struktur des ESB ist für elektrische Netzwerksberechnungen
optimiert; die Details der physikalischen Entstehung der Verluste werden nicht wiederge-
geben: Die Verlustströme im Eisenkern gehen transformatorisch aus dem Gesamtstrom
der Wicklung hervor und sind daher in ihm enthalten.
Mit dieser wesentlichen Vorbemerkung erkennt man, dass für B = 0 bereits H > 0
gilt. Betrachtet man nun wieder eine Periode, so durchläuft die B-H-Kurve eine Ellipse.
Damit ist nachgewiesen, dass das Auftreten einer Hysterese nicht Charakteristikum einer
nichtlinearen Induktivität ist, da diese nach wie vor linear angenommen ist.
Die Fläche der Ellipse entspricht der spezifischen Verlustenergie im Kern. Multipli-
ziert mit dem Kernvolumen V und dividiert durch die Periodendauer T ergibt sich die Ver-
lustleistung des Eisenkernes:
E
VER
UHdB
T
VP
220== ∫ (8)
Da diese auch über den Effektivwert der sekundären Leerlaufspannung und den Ei-
senverlustwiderstand gegeben ist, ist ein Weg aufgezeigt, den Eisenverlustwiderstand
• Messen Sie die Sekundärspannung U2 bei konstanter konstanter konstanter konstanter Primärspannung U1 = 6 V mit
verschiedenen Belastungswiderständen, die Sie im Versuchstand vorfinden.
• Messen Sie die Sekundärspannung U2 bei konstanter konstanter konstanter konstanter Primärspannung U1 = 6 V mit
verschiedenen Belastungskapazitäten, die Sie im Versuchstand vorfinden.
Auswertung:Auswertung:Auswertung:Auswertung:
• Tragen Sie in Diagramm 3 die Sekundärspannung U2 über dem Belastungswider-
stand RL auf und erklären Sie den Verlauf anhand des Ersatzschaltbildes.
• Tragen Sie in Diagramm 4 die Sekundärspannung U2 über der Belastungskapazität
CL auf und erklären Sie den Verlauf anhand des Ersatzschaltbildes.
Messaufgaben und Versuchsauswertung Seite 23
3.5 Transienter Transformatorbetrieb
Transformatoren werden in der Praxis nicht ausschließlich mit sinusförmigen Spannungen
und Strömen beaufschlagt. Als Beispiel soll hier die Hochspannungsimpulserzeugung mit
einem Transformator als induktivem Energiespeicher veranschaulicht werden, wie sie in
Kraftfahrzeugen zur Erzeugung der Zündspannungsimpulse gebräuchlich ist. Auf die Pri-
märwicklung wird typischerweise eine Gleichspannung mit U0 = 12 V geschaltet. Der Pri-
märstrom i1 steigt nichtlinear an und wird nach der so genannten Schließzeit tein (einige ms)
elektronisch oder über einen Unterbrecherkontakt abgeschaltet. Durch diese sehr rasche
Änderung des Primärstroms wird auf der Sekundärseite des Transformators ein hoher
Spannungsimpuls induziert.
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können eine Amplitude bis ca. 1,5 kV haben!können eine Amplitude bis ca. 1,5 kV haben!können eine Amplitude bis ca. 1,5 kV haben!können eine Amplitude bis ca. 1,5 kV haben!