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Erscheint in Wegener, Heide (Hrsg.). Deutsch - kontrastiv. Tübingen. Beatrice Primus Rektionsprinzipien 1. Einleitung Der folgende Beitrag 1 befaßt sich mit Prinzipien der verbalen Rektion im Deutschen und im Sprachvergleich. Bei der verbalen Rektion im hier vertretenen traditionellen Sinn handelt es sich um die Determination der Form eines syntaktischen Arguments durch sein verbales Regens, wobei diese Determination direkt vom Verblexem oder von einer das Verblexem inkludierenden verbalen Phrase ausgeht (vgl. zu letzterem Wegener 1985: 138f., Jacobs 1994a: 25). Der gewählte theoretische Rahmen ist präferenztheoretisch und erfreut sich in neueren Arbeiten unter der Bezeichnung 'Optimalitätstheorie' größerer Popularität (vgl. Prince/Smolensky 1993). Die Regeln bzw. Prinzipien eines solchen Modells stellen keine strikten Restriktionen dar. Sie dürfen verletzt werden. Außerdem konkurrieren sie miteinander in einer Art Wettbewerbsmodell: einige Prinzipien sind stärker als andere (vgl. Reis 1987, Bates/MacWhinney 1989). Diese Eigenschaften scheinen damit zusammenzuhängen, daß Optimalitätsprinzipien relativ zu genau einer sprachlichen Eigenschaft gelten. Was zum Beispiel bezüglich der semantischen Funktion der Kasus optimal ist, nämlich ihre Distinktheit, ist nicht notwendigerweise auch rein formal optimal. Es gibt Kasusmuster, die formal und funktional optimal sind, aber auch Kasusmuster, die nur formal oder nur funktional optimal sind. Was es äußerst selten zu geben scheint, sind Kasusmuster, die weder formal noch funktional optimal sind. Solange die Verletzung eines solchen Prinzips durch die Befolgung eines damit konkurrierenden Prinzips erklärt werden kann, handelt es sich streng genommen nicht um eine Ausnahme, weil dieser Fall in einem solchen Modell explizit zugelassen ist (vgl. Vennemann 1983). Damit stellt sich die Frage nach der empirischen Verifizierbarkeit bzw. Falsifizierbarkeit solcher Prinzipien. Eine einfache, in der Universalienforschung bevorzugte Methode bedient sich statistischer Verfahren, wodurch sich auch der Name statistischer Universalien ableitet. Diese Methode ist jedoch nicht sicher genug angesichts des soeben erwähnten Prinzipienwettbewerbs. Es gibt nämlich optimale Eigenschaften von Sprachen (z. B. die konsistente rechts- oder linksperiphere Plazierung des Kopfes einer Phrase), die nicht in allen Ausprägungen statistisch dominant sind. So sind z. B. Komplementierer auch in ansonsten kopffinalen Sprachen 1 Für wertvolle Hinweise bei der Fertigstellung dieser Arbeit bedanke ich mich bei Heide Wegener und einem anonymen Gutachter dieses Sammelbandes.
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Sep 17, 2018

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Erscheint in Wegener, Heide (Hrsg.). Deutsch - kontrastiv. Tübingen.

Beatrice Primus

Rektionsprinzipien

1. Einleitung

Der folgende Beitrag1 befaßt sich mit Prinzipien der verbalen Rektion im

Deutschen und im Sprachvergleich. Bei der verbalen Rektion im hier vertretenen

traditionellen Sinn handelt es sich um die Determination der Form eines syntaktischen

Arguments durch sein verbales Regens, wobei diese Determination direkt vom

Verblexem oder von einer das Verblexem inkludierenden verbalen Phrase ausgeht (vgl.

zu letzterem Wegener 1985: 138f., Jacobs 1994a: 25).

Der gewählte theoretische Rahmen ist präferenztheoretisch und erfreut sich in

neueren Arbeiten unter der Bezeichnung 'Optimalitätstheorie' größerer Popularität (vgl.

Prince/Smolensky 1993). Die Regeln bzw. Prinzipien eines solchen Modells stellen

keine strikten Restriktionen dar. Sie dürfen verletzt werden. Außerdem konkurrieren sie

miteinander in einer Art Wettbewerbsmodell: einige Prinzipien sind stärker als andere

(vgl. Reis 1987, Bates/MacWhinney 1989). Diese Eigenschaften scheinen damit

zusammenzuhängen, daß Optimalitätsprinzipien relativ zu genau einer sprachlichen

Eigenschaft gelten. Was zum Beispiel bezüglich der semantischen Funktion der Kasus

optimal ist, nämlich ihre Distinktheit, ist nicht notwendigerweise auch rein formal

optimal. Es gibt Kasusmuster, die formal und funktional optimal sind, aber auch

Kasusmuster, die nur formal oder nur funktional optimal sind. Was es äußerst selten zu

geben scheint, sind Kasusmuster, die weder formal noch funktional optimal sind.

Solange die Verletzung eines solchen Prinzips durch die Befolgung eines damit

konkurrierenden Prinzips erklärt werden kann, handelt es sich streng genommen nicht

um eine Ausnahme, weil dieser Fall in einem solchen Modell explizit zugelassen ist

(vgl. Vennemann 1983).

Damit stellt sich die Frage nach der empirischen Verifizierbarkeit bzw.

Falsifizierbarkeit solcher Prinzipien. Eine einfache, in der Universalienforschung

bevorzugte Methode bedient sich statistischer Verfahren, wodurch sich auch der Name

statistischer Universalien ableitet. Diese Methode ist jedoch nicht sicher genug

angesichts des soeben erwähnten Prinzipienwettbewerbs. Es gibt nämlich optimale

Eigenschaften von Sprachen (z. B. die konsistente rechts- oder linksperiphere

Plazierung des Kopfes einer Phrase), die nicht in allen Ausprägungen statistisch

dominant sind. So sind z. B. Komplementierer auch in ansonsten kopffinalen Sprachen 1 Für wertvolle Hinweise bei der Fertigstellung dieser Arbeit bedanke ich mich bei Heide Wegener und einem anonymen Gutachter dieses Sammelbandes.

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oft linksperipher plaziert (vgl. Hawkins 1990: 256f.). Ein Prinzip kann nur dann

statistisch belegt werden, wenn es im System der konkurrierenden Prinzipien besonders

stark ist oder wenn man Daten findet, die von der Auswirkung der konkurrierenden

Prinzipien nicht betroffen sind. Eine sichere empirische Überprüfung eines

Optimalitätsprinzips kann also nur bei ausreichender Kenntnis der konkurrierenden

Prinzipien gewährleistet werden. Diese Voraussetzung erfüllt der hier präsentierte

Ansatz.

Es gibt zwei Gründe für die präferenztheoretische Ausrichtung dieser Arbeit. Der

erste Grund kommt von der sprachkontrastiven Perspektive und liegt in der Tatsache,

daß viele linguistisch interessante, erklärungsstarke universale Prinzipien

Optimalitätsprinzipien sind. Der zweite zwingende Grund liegt in der lexikalischen

Natur des Untersuchungsgegenstandes. Valenz ist eine lexikalisch gesteuerte

Erscheinung, die lexikalischen Regeln unterliegt. Lexikalische Regeln erlauben

'Ausnahmen', was für viele Linguisten eine charakteristische Eigenschaft solcher Regeln

darstellt. Diese Ausführungen weisen darauf hin, daß in diesem Beitrag eine Auffassung

über das Lexikon vertreten wird, die solchen Regeln eine empirische Realität und eine

Funktion zugesteht. Lexikalische Regeln garantieren eine optimale Lernbarkeit und

Speicherung lexikalischen Wissens.

2. Das formale Rektionsprinzip

Die Kasus-Subkategorien einer Sprache mit einem syntaktisch relevanten Kasus-

system bilden keine ungeordnete Menge, sondern eine Hierarchie, die nicht von anderen

syntaktischen oder semantischen Hierarchien abgeleitet werden kann. Es hat sich einge-

bürgert, die Kasus-Subkategorien verschiedener Sprachen einheitlich zu benennen, so

daß man aufgrund dieser terminologischen Vereinheitlichung von der allgemeinen Hier-

archie in (1) ausgehen kann.

(1) Nominativ-/Absolutivargument <m Akkusativ-/Ergativargument <m

Dativargument <m andere oblique (z. B. adpositionale) Argumente

Dieser Hierarchie von Formfunktionen liegt die entsprechende Hierarchie der Kasus-

Subkategorien (NOM <m AKK <m DAT usf.) zugrunde. Ich betrachte Nominativ-

Absolutiv einerseits und Akkusativ-Ergativ andererseits als terminologische Varianten

(vgl. auch Blake 1994: 158). Auf eine eingehendere Behandlung der Ergativsprachen

wird hier jedoch verzichtet (vgl. dazu Primus 1994, 1995).

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Die Relevanz der Hierarchie (1) bzw. der zugrundeliegenden Kasushierarchie für

das Deutsche und andere Sprachen ist u. a. für folgende Phänomene gut belegbar: Allo-

morphieasymmetrien (vgl. Hawkins 1996, Fries 1997), Reflexivierung (vgl. Primus

1991, Kiss 1987: 176f.), Wortstellung (Primus 1996, 1998), diachronischer Kasusabbau

und Synkretismus (vgl. Primus 1987: 180f., Blake 1994: 172, Hawkins 1996),

Kasuserwerb (vgl. die Angaben am Ende dieses Abschnitts).

Das in Primus (1994, Kap. 2, 1995: 1085) vorgeschlagene universale formale

Rektionsprinzip lautet wie folgt:

(2) Für beliebige Sprachen S, beliebige Hierarchien von Rektionssubkategorien

(z. B. Kasus-Subkategorien) gilt im optimalen Fall:

(a) Die Selektion einer rangniedrigeren Rektionssubkategorie impliziert asym-

metrisch die Selektion (mindestens) einer ranghöheren Rektionssubkategorie.

(b) Je höher die Rektionssubkategorie auf der Hierarchie von S rangiert, um so

eher wird sie selegiert.

(2a) und (2b) greifen auf die lexemgesteuerte Selektion von Rektionssubkate-

gorien durch ein verbales Regens R (lexikalische Rektion) und auf syntaktische

Zuweisungsregel, die von R bzw. von einem funktionalen Kopf, der mit R

assoziiert wird, ausgehen.

Das Prinzip ist nicht nur für die verblexemgesteuerte Rektion bestimmt, sondern auch

für Rektionssubkategorien, deren Zuweisung von der strukturellen Position des verbalen

Regens oder von einem funktionalen Kopf, der mit diesem verbalen Regens assoziiert

wird, ausgeht (strukturelle Rektion oder Default-Zuweisung). Kandidaten für diese

zweite Art der Zuweisung sind der Subjektsnominativ und der Objektiv im Englischen

(vgl. die Ausführungen zu (14) weiter unten). Dem Prinzip folgen auch komplexe

Prädikate wie z. B. bei A.c.I.-Konstruktionen (er läßt das Kind zuviel arbeiten), die sich

bezüglich der Kasusrektion wie einfache Prädikate verhalten (vgl. Jacobs 1992).

Die Prognosen des Prinzips (2) werden in (3) an den Kasusrektionsmustern des

Deutschen anhand der Verbliste in Mater (1971) veranschaulicht. Die Muster sind nach

der Stelligkeit der Verben (d. h. nach der Zahl der Verbargumente) geordnet.

Mehrstellige Verben mit vier oder mehr regierten Argumenten wurden nicht

berücksichtigt, weil sie zu selten sind, um statistische Aussagen zu erlauben. Die

Abfolge der Kasusargumente spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Die Zeichen

"*", "*?" und "?" zeigen an, daß das Muster gar nicht, sehr selten bzw. selten

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vorkommt.

(3) (a) Einstellige Verben: Optimal ist NOM (bei Mater alle einstelligen Verben).

Weniger optimal mit nach rechts fallender Optimalität sind *?AKK (z. B. mich

friert), *?DAT (z. B. mir ist kalt), *GEN.

(b) Zweistellige Verben: Optimal ist NOM/AKK (ca. 4560 Verben). Weniger

optimal mit nach rechts fallender Optimalität sind NOM/DAT (ca. 360

Verben), ?NOM/GEN (14 Verben), *DAT/AKK und *DAT/GEN.

(c) Dreistellige Verben: Optimal ist NOM/AKK/DAT (ca. 5100 Verben).

Weniger optimal mit nach rechts fallender Optimalität sind ?NOM/AKK/GEN

(26 Verben) und *?NOM/DAT/GEN (kein Verb, vgl. aber ich bin mir dessen

bewußt/sicher).

Zusammenfassend kann man festhalten, daß bei einstelligen Verben das Rektionsmuster

NOM, bei zweistelligen Verben das Rektionsmuster NOM/AKK und bei dreistelligen

Verben das Muster NOM/AKK/DAT formal - d. h. relativ zu (2a) oder (2b) - optimal

sind. (2a, b) und die Kasushierarchie (1) erlauben weitere feiner abgestimmte Optima-

litätsbewertungen, die in (3) angegeben sind.

Man kann die Daten in (3) hinsichtlich der von (2a) geforderten

Selektionsasymmetrien zwischen Nominativ, Akkusativ und Dativ genauer betrachten.

Da bei Mater alle ca. 17.500 Verben einen Nominativ regieren, ist (2a) in diesem

Korpus für die nicht-nominativischen Kasus relativ zum Nominativ zu 100% erfüllt.

Von den ca. 5.460 Verben, die einen Dativ selegieren, selegieren ca. 5.100 auch einen

Akkusativ (und Nominativ). Damit ist (2a) in diesem Korpus auch für den Akkusativ

relativ zum Dativ zu 93% erfüllt. Von der Präsenz eines Akkusativarguments kann man

kein Koargument im Dativ erwarten: von den ca. 9.740 Verben, die einen Akkusativ

regieren, regieren nur ca. 5.100 auch einen Dativ (52%).

Die Tatsache, daß eine verbale Dativrektion eine verbale Akkusativrektion

voraussetzt, ist als empirische Generalisierung seit längerem bekannt (z. B. Wilmanns

1909: 635). Eine Erklärung dafür bietet Wegener (1985: 82, 138f.). Der bei

zugrundeliegender satzfinaler Verbstellung verbnah plazierte Akkusativ wird direkt

vom Verb regiert, während der verbfernere Dativ durch eine komplexere Einheit

bestehend aus Verb und Akkusativargument regiert wird. Diese Analyse ist für die

meisten Dativobjekte bei ditransitiven Verben korrekt, sie kann jedoch nicht für alle

Daten in (3) als Erklärung dienen, weil sie sich zu sehr an topologisch-strukturelle

Gegebenheiten anlehnt und sich dadurch den Weg zur Erklärung der weiteren

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Rektionsasymmetrien zwischen Akkusativ und Nominativ, Dativ und Nominativ sowie

Akkusativ und Genitiv versperrt. Diese sind bei der Grundwortstellung des Deutschen

(NOM-DAT-AKK-GEN-Verb) nicht über die verbnähere oder verbfernere Plazierung

der Argumente erklärbar.

Die Subprinzipien in (2) weisen einige doppelte Kasusselektionen als formal opti-

mal aus. Optimal sind NOM/NOM und NOM/AKK/AKK, nicht optimal und im Deut-

schen nicht attestiert sind u. a. AKK/AKK, DAT/DAT und NOM/DAT/DAT. Das

Muster NOM/NOM kommt im Deutschen nur bei Konstruktionen mit Prädikativ und

Kopulaverb vor (z. B. Sie ist/wird/bleibt Lehrerin), wo man den Prädikativnominativ als

Defaultkasus werten kann. Auch das Muster NOM/AKK/AKK ist im Deutschen relativ

selten (z. B. der Lehrer fragt den Schüler die Vokabeln ab). Die Seltenheit dieser

Muster ist semantisch über das Distinktheitsgebot für Rektionskasus zu erklären (vgl.

(12) weiter unten).

Im Deutschen und in anderen Sprachen zählen auch verbal regierte Adpositionen -

z. B. Präpositionen wie in denkt an Paula, schwört auf Rache - zu den Rektionssubkate-

gorien. Schwierig zu bestimmen ist der Hierarchiestatus dieser Rektionssubkategorien.

Es gibt Hinweise, daß die einzelnen verbal regierten Präpositionen, wie in (1)

angedeutet, tiefer rangieren als der Dativ. Ein erster Hinweis kommt von der niedrigen

Selektionshäufigkeit der einzelnen verbregierten Präpositionen. So ist das Kasusmuster

NOM/DAT (ca. 360 Verben bei Mater 1971) häufiger als zum Beispiel das

Rektionsmuster NOM/AUF (116 Verben bei Bouillon 1984), wobei auf eine besonders

häufig regierte Präposition ist. Für die tiefe Hierarchieposition der verbregierten

Präpositionen spricht auch, daß es kein einstelliges verbales Regens gibt, bei dem das

einzige Argument präpositional realisiert ist. Einen weiteren Hinweis liefern die

dreistelligen Verben, bei denen das Kasusmuster NOM/DAT/PRÄP (3 Verben bei

Mater 1971) viel seltener vorkommt als das Kasusmuster NOM/AKK/PRÄP (über

tausend Verben bei Mater 1971). Funktional betrachtet (vgl. Abschnitt 5 weiter unten)

geben einige wenige verbregierte Präpositionen ein anderes Bild ab. Sie greifen in die

Funktionsdomäne des Akkusativs ein und müßten somit höher eingestuft werden als der

Dativ.

Kasusforderungen, die durch das Prinzip (2) motiviert sind, können in bestimmten

Flexionsformen oder Diathesen blockiert werden. In infiniten und imperativischen

Verbformen ist die Nominativrektion und die syntaktische Realisierung des

entsprechenden Arguments unterdrückt. In Passivformen ist die Akkusativrektion

blockiert, so daß das entsprechende Argument einen anderen Kasus erhalten muß. Da

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im Passiv auch das agentivische Argument nicht mehr regiert wird, steht für das

Akkusativargument der Aktivform der Nominativ zur Verfügung und wird aufgrund des

Prinzips (2) als Default-Kasus gewählt (vgl. Er sah den Mann/Der Mann wurde

gesehen, aber: Er half dem Mann/Dem Mann wurde geholfen).

Blockierungsmechanismen wie die soeben besprochenen sind am Verb morphologisch

markiert. Verbformen ohne Rektionsblockierung haben voll realisierte

Rektionsforderungen.

Das Prinzip (2) ist bewußt sehr allgemein gehalten, weil es in erster Linie dazu

dient, den allgemeinen Rahmen abzustecken, in welchem sich Sprachvariation abspielt.

Es ist also damit zu rechnen, daß es einzelsprachlich spezifischere ('stärkere') Restrik-

tionen gibt, die unter dieses Prinzip fallen. So zum Beispiel läßt sich (2b) für die Nomi-

nativzuweisung im Gegenwartsdeutschen wie in (4) verstärken:

(4) Jedes Prädikat mit voll realisierten Rektionsforderungen seines lexikalischen

verbalen Kopfes hat ein ggf. fakultatives Nominativargument.

(4) erfaßt die Tatsache, daß auch Konstruktionen wie mich friert oder mir ist kalt die

Variante es friert mich und mir ist es kalt aufweisen.

Bei der Hierarchie (1) und beim Prinzip (2) handelt es sich nicht nur um

empirische Generalisierungen, die von den zu beschreibenden Daten abgeleitet wurden,

sondern um eine von vielen Manifestationen einer grundlegenderen Eigenschaft von

Sprachsystemen (vgl. Fries 1997). Kategoriensysteme sind hierarchisch angeordnet, und

es gibt viele allgemeine Prinzipien, die solche Hierarchien voraussetzen (vgl.

Keenan/Comrie 1977). Eine weiterführende Erklärung dafür bietet der Spracherwerb.

Dies kann man am Beispiel des Deutschen in einem fiktiven Szenario illustrieren.

Bei der ersten Strategie versucht ein Kind X, kontra-ikonisch zur Hierarchie (1)

vorzugehen und den Dativ vor dem Akkusativ und erst dann den Nominativ zu

erwerben. Bei der zweiten Strategie versucht ein Kind Y, ikonisch zu (1) vorzugehen.

Das Kind X ist mit folgenden den Erwerbsprozeß erschwerenden Bedingungen

konfrontiert. So wird X beim Erwerb der Rektionsmuster des Deutschen sehr viel mehr

Rektionsfehler machen als Y. Das liegt daran, daß die einzigen Rektionsmuster, über

die X zunächst verfügt, nämlich DAT und DAT/DAT, äußerst selten bzw. gar nicht

vorkommen. Dasselbe gilt für die anschließend verfügbaren Muster AKK, DAT/AKK

und AKK/AKK. Zudem ist der Dativ im Paradigma bestimmter Nomina morphologisch

komplexer als der Nominativ oder Akkusativ (vgl. der Bär - dem Bären, die Kinder -

den Kindern). Somit wird der Erwerbsprozeß von X schon aus morphologischen

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Gründen langwieriger sein als bei Y.

Daß die erfolgreichere Strategie des Kindes Y wirklichkeitsnah ist, belegen

mehrere Untersuchungen zum Kasuserwerb im Deutschen und in anderen Sprachen. So

lernen Kinder beim Erstspracherwerb die Kasusformen in der in (1) angegebenen

Reihenfolge und neigen eher dazu, bei Rektionsfehlern einen ranghöheren Kasus anstatt

eines rangniedrigeren Kasus zu verwenden als umgekehrt einen rangniedrigeren Kasus

anstatt eines ranghöheren (vgl. zum Deutschen Clahsen 1984, Tracy 1986, Eisenbeiß

1994, zum Ungarischen MacWhinney 1976, zum Samoanischen Ochs 1982). Es ist

daher plausibel anzunehmen, daß ein hierarchisches Kasussystem mit entsprechenden

Allomorphie- und Rektionsasymmetrien den Erstspracherwerb optimiert.

3. Rollensemantische Basisprädikate und Proto-Rollen

Im folgenden möchte ich das semantische Rektionsprinzip mit einer Einführung

der wichtigsten rollensemantischen Begriffe und Annahmen vorbereiten.

Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen bildet der Ansatz von Dowty (1991), der

sich dadurch charakterisieren läßt, daß er mit genau zwei multifaktoriellen Proto-

typenbegriffen, Proto-Agens und Proto-Patiens, auskommt. Diese definiert Dowty durch

zwei verschiedene Mengen von grundlegenderen semantischen Relationen, die im

folgenden Basisprädikate genannt werden und wie in (5) repräsentiert werden. Eine

durch ein solches Basisprädikat eingeführte grundlegendere semantische Rolle wird im

folgenden Basisrolle genannt. Die Basisrollen, die die Proto-Agens-Rolle

charakterisieren, sind in (5) aufgelistet:

(5a) CONTROL(x, ...) x kontrolliert/Kontrolleur

(5b) CAUSE(x, ...) x verursacht/Verursacher

(5c) MOVE(x, ...) x ist physisch aktiv/Bewegungsträger

(5d) EXPER(x, ...) x nimmt wahr bzw. hat eine psychische

Einstellung/Experiencer

(5e) POSSESS(x, ...) x verfügt über etwas/Besitzer

Die linke Spalte führt die agentivischen Basisprädikate ein, während in der rechten

Spalte die Bezeichnungen für die entsprechenden Basisrollen erscheinen.

(5a)-(5d) enthalten Basisprädikate und Basisrollen, die bei Dowty (1991: 572) und

in vielen anderen Ansätzen im Zusammenhang mit dem Agensbegriff diskutiert werden.

Statt Volitionalität oder Intentionalität habe ich Kontrolle gewählt, weil dieses

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Basisprädikat mehr als Volitionalität umfassen soll. Kontrolle impliziert auch

bestimmte Fähigkeiten oder Verantwortung von seiten des Handelnden. Bewegung wird

ebenfalls sehr allgemein aufgefaßt und soll jede Form von physischer Aktivität und

nicht nur den Ortswechsel eines Mitspielers erfassen. EXPER gilt nicht nur für

sensorische oder geistige Zustände wie bei sehen und denken, sondern auch für

evaluative Einstellungen wie bei gefallen, mißfallen, nützen oder schaden. Das

Besitzprädikat in (5e) kommt bei Dowty nicht vor und soll nicht nur Besitz im engeren

Sinn, sondern jede Form von Verfügbarkeit erfassen. Die Einführung von Experiencer

und Besitzer als agentivische Rollen findet man seltener in der Literatur und muß

deshalb besonders hervorgehoben werden.

Die Liste der Basisprädikate in (5) ist nicht vollständig, worauf einige im

Abschnitt 5 behandelte Rektionsmuster hinweisen werden. Es ist jedoch wichtig

festzuhalten, daß sich die Formulierung der folgenden Prinzipien und Definitionen nicht

ändert, wenn man zusätzliche Basisprädikate einführt.

Die in (5) aufgeführten Basisprädikate sind semantisch unabhängig in dem Sinn,

daß es keine bidirektionale Implikationsrelation zwischen ihnen gibt. Dowty hat aber

meiner Ansicht nach übersehen, daß es unidirektionale Implikationen zwischen einigen

Basisprädikationen gibt. Vgl. (6):

(6a) CONTROL(x, ...) & CAUSE(x, ...)

(6b) P-CONTROL(x, ...) & EXPER(x, ...)

(6c) EXPER(x, ...) & ANIMATE(x, ...)

(6d) P-CONTROL(x, ...) & ANIMATE(x, ...) P-CONTROL: prototypische

(6e) P-CONTROL(x, ...) & MOVE(x, ...) Kontrolle

(6a) besagt, daß Kontrolle eine bestimmte Art von Verursachung ist, eine Annahme, die

man in mehreren sprachphilosophischen Handlungstheorien findet (z. B. Chisholm

1977: 360, von Wright 1974: 114f.). Auch die Implikation (6b), die das

Handlungsbewußtsein des kontrolliert Handelnden erfaßt, ist in der

sprachphilosophischen Tradition eine gängige Annahme (z. B. Thalberg 1972: 186f.).

Einige Implikationen gelten nur für den Begriffskern der Kontrolle, d. h. für

prototypische Kontrolle (P-CONTROL).

(6) erfaßt die Tatsache, daß prototypische Kontrolle die begrifflich stärkste

Agenseigenschaft ist. Im Begriffskern von Kontrolle sind fast alle anderen

Agenseigenschaften inkludiert: Kausalität, Aktivität, Wahrnehmung und Belebtheit.

Das ist meiner Meinung nach der Grund, warum in der Fachliteratur oft nur Kontrolle

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und verwandte Begriffe wie Volitionalität und Intention im Zusammenhang mit dem

Agensbegriff ins Spiel gebracht werden.

Ähnlich wie in Dowtys Arbeiten (z. B. Dowty 1979) werden auch hier Basisprädi-

kate im Rahmen von Bedeutungspostulaten eingesetzt. Bedeutungspostulate geben Be-

standteile von Lexembedeutungen wieder und stellen keine Paraphrasen von Lexem-

bedeutungen dar, was durch eine unilaterale Implikationsrelation zum Ausdruck

gebracht wird. Vgl. die Beispiele in (7), zu denen nur eine rudimentäre, alle irrelevanten

Details vernachlässigende Repräsentation angeboten wird:

(7a) Peter gab dem Kind den Apfel.

∀x∀y∀z[GEB(x, y, z) & CONTROL(x, BECOME(POSSESS(y, z)) &

BECOME(¬POSSESS(x, z) & MOVE(x, z))]

(7b) Peter nahm dem Kind den Apfel.

∀x∀y∀z[NEHM(x, y, z) & CONTROL(x, BECOME(¬POSSESS(y, z)) &

BECOME(POSSESS(x, z)) & MOVE(x, z))]

(7c) Peter erzählte dem Kind ein Märchen.

∀x∀y∀z[ERZÄHL(x, y, z) & CONTROL(x, BECOME(EXPER(y, z)) &

MOVE(x))]

(7d) Peter zeigte dem Kind sein neues Auto.

∀x∀y∀z[ZEIG(x, y, z) & CONTROL(x, BECOME(EXPER(y, z)) &

MOVE(x))]

(7e) Der Junge tötete den Vogel.

∀x∀y[TÖT(x, y) & CAUSE(x, BECOME(DEAD(y)) & MOVE(x, y))]

(7f) Dem Jungen gefiel der Film.

∀x∀y[GEFALL(x, y) & EXPER(x, y)]

(7g) Peter hat ein neues Auto.

∀x∀y[HAB(x, y) & POSSESS(x, y)]

BECOME wird wie bei Dowty (1979) verwendet und besagt, daß der vom unmittelbar

folgenden Prädikat bezeichnete Sachverhalt erst am Ende des vom Verblexem

bezeichneten Vorgangs zutrifft. Die Basisrollen aller semantischen Argumente, die in

(7) mit x bezeichnet werden, fallen unter Proto-Agens, obwohl ein Verb wie geben,

erzählen oder zeigen der Argumentstelle x mehr Agens-Basisrollen zuweist als gefallen

und haben.

Die bisherigen Ausführungen bewegen sich trotz geringfügiger Modifikationen

noch im Rahmen, den Dowty (1991) abgesteckt hat. Das ändert sich mit der

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Rekonstruktion der Unterscheidung zwischen Proto-Agens und Proto-Patiens. Dowty

versucht, den Unterschied zwischen Proto-Agens und Proto-Patiens dadurch zu

erfassen, daß er dem Proto-Patiens Basisprädikate zuordnet, die möglichst verschieden

sind von denen des Proto-Agens. Aber schon bei Dowtys kausaler Affiziertheit und der

Zustandsveränderung durch Bewegung zeigt es sich, daß der Unterschied zwischen

Agens und Patiens im Grunde genommen nicht durch den Inhalt der Basisprädikate

entsteht, denn Kausalität und Bewegung kommen auch agentivischen Rollen zu. Der

grundlegende Unterschied zwischen Proto-Agens und Proto-Patiens muß daher

woanders liegen.

Bei der Rekonstruktion des Unterschieds zwischen Agens und Patiens muß man

beachten, daß es zwei Typen von rollensemantischer Information gibt: zum einen den

Inhalt und die Zahl der einer Argumentstelle zugewiesenen Basisprädikate, zum

anderen die Strukturposition der Argumente in der Rollenstruktur eines Verbs oder

Satzes. Ich gehe davon aus, daß der Unterschied zwischen Agens und Patiens durch ihre

Position in der rollensemantischen Struktur eines Prädikats entsteht und nicht dadurch,

daß sie Argumente verschiedener rollensemantischer Basisprädikate sind. Vgl. (8):

(8) Ein beliebiges semantisches Argument x fungiert als Proto-Patiens eines rollen-

semantischen Basisprädikats P genau dann, wenn P eine von x verschiedene

Argumentposition hat, die x vorangeht (bzw. x rollenstrukturell c-

kommandiert), sonst fällt die Rolle von x unter Proto-Agens.

Die Reihenfolge der Argumente in einem in (7) illustrierten Darstellungsformat bildet

die relativen rollensemantischen Abhängigkeiten zwischen den semantischen

Argumenten eines Prädikats ab (vgl. dazu eingehender Primus 1996). Die c-

Kommando-Beschränkung in Klammern garantiert die Anwendbarkeit dieser Definition

auch für andere Standardnotationen von Prädikat-Argument-Strukturen als die in (7)

vorgestellte, z. B. PRED (y) (x), was auch ohne weitere Klammern wie folgt

interpretiert wird: (PRED (y)) (x). In einer solchen Struktur c-kommandiert x y, ohne

daß x y auch vorangeht.

Semantische Abhängigkeiten im weiteren Sinn entstehen nicht nur bei den in (5)

eingeführten Basisprädikaten. Eine Abhängigkeit besteht auch zwischen den

Argumenten von ähneln. Obwohl ähneln ein symmetrisches Verb ist (vgl.

∀x∀yÄHNEL(x, y) & ÄHNEL(y, x)), so ist das Nominativargument immer referentiell

zu interpretieren, während das Dativargument nicht-referentiell sein kann. Referentiell

(de re) vs. nicht-referentiell (de dicto) gehören bei Dowty (1991: 572f.) zu den agens-

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bzw. patiensrelevanten Eigenschaften.

Semantisch intransitive Verben haben kein zweites Argument, wenn man leere

Argumentpositionen ausschließt (vgl. jedoch Grimshaw 1990: 38f.). Bei Verbot leerer

Argumentstellen lassen sich intransitive Verben nicht durch die Besetzung

verschiedener Argumentstellen rollensemantisch voneinander unterscheiden, aber z. B.

durch den Inhalt bzw. die Zahl der Basisprädikate.

Semantische Abhängigkeiten sind transitiv. Bei dreistelligen Verben wie in (7a)-

(7d) entsteht eine Hierarchie von Abhängigkeiten. Das mittlere Argument y hat hybride

Eigenschaften, eine Option, die bei der hier vertretenen dekompositionalen, prototypen-

semantischen Konzeption von semantischen Rollen explizit zugelassen ist. Einerseits ist

y das erste Argument von POSSESS oder EXPER und fungiert somit relativ zu diesen

Basisprädikaten als Proto-Agens. Andererseits ist y in der CONTROL-Prädikation ein

zweites Argument relativ zu x und somit ein Proto-Patiens. Dies ist die wesentliche

Eigenschaft von Rezipienten, Adressaten u. ä. Rollen, die Dowty völlig vernachlässigt

hat. Für sie wird hier der Begriff des Proto-Rezipient wie folgt eingeführt:

(9) Ein beliebiges semantisches Argument x fungiert als Proto-Rezipient genau

dann, wenn x sowohl als Proto-Agens als auch als Proto-Patiens fungiert.

Auch Benefaktive wie seiner Frau in Peter strickt seiner Frau einen Pulli fallen unter

diese Proto-Rolle. In diesem Beispiel intendiert Peter (x) durch sein Stricken, daß seine

Frau (y) über einen Pulli (z) verfügt. Die relevante rollensemantische Teilstruktur ist

CONTROL(x, ... POSSESS(y, z) ...). In der CONTROL-Prädikation fungiert y als Pa-

tiens, in der POSSESS-Prädikation als Agens (vgl. Dik 1978: 32f. für den Zusammen-

hang zwischen einem Benefaktiv und einem ggf. kontrollierenden Verursacher).

Diese Bemerkungen über Proto-Rezipienten weisen darauf hin, daß Experiencer

(bzw. Träger einer psychischen Einstellung) und Besitzer rollenstrukturell

unterschiedlich eingebettet werden können. Bei Verben wie gefallen, gehören, besitzen

oder mögen handelt es sich um erste Argumente. Die traditionelle Bezeichnung

"Experiencer" oder "Besitzer" ist für solche Vorkommen reserviert. Bei Verben wie

zeigen, erklären, sagen, geben oder schenken handelt es sich um zweite Argumente, die

rollenstrukturell hybride, d. h. Agens- und Patiens-Eigenschaften aufweisen. Solche

Vorkommen werden im Folgenden auch "sekundäre Experiencer" oder "sekundäre

Besitzer" genannt.

4. Rollensemantisch determinierte Rektion

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Im folgenden Abschnitt soll nun auf der Grundlage der Kasushierarchie und der

eingeführten rollensemantischen Begriffe das semantische Rektionsprinzip vorgestellt

werden. Es ist Dowtys Verdienst, die Idee angeregt zu haben, daß sich die formale Ko-

dierung der Argumente nach der Anzahl der semantischen Basisrollen, die ein

Argument akkumuliert, richtet. Dowtys Prinzip lautet wie folgt (1991: 576): "In

predicates with grammatical subject and object, the argument for which the predicate

entails the greatest number of Proto-Agent properties will be lexicalized as the subject

of the predicate; the argument having the greatest number of Proto-Patient entailments

will be lexicalized as the direct object."

Das in der vorliegenden Arbeit angenommene Prinzip, das auf

sprachtypologischen Untersuchungen (Primus 1994, 1995) beruht, unterscheidet sich

von Dowtys Prinzip in mehreren Punkten. Im vorliegenden Ansatz werden zwei Typen

von rollensemantischer Information (die relativen rollensemantischen Abhängigkeiten,

die sich in der rollenstrukturellen Position der Argumente niederschlagen, und der

Inhalt bzw. die Zahl der einem Argument zugewiesenen Basisprädikate) und zwei

Typen von Formfunktionen (strukturell-topologische vs. morphologisch-adpositionale)

unterschieden. Dowty hat weder die Autonomie der beiden rollensemantischen

Parameter noch die Autonomie der beiden Formsysteme erkannt. Sein

Argumentselektionsprinzip basiert auf der unterschiedlichen Zahl der Basisprädikate,

die einer Argumentstelle zugewiesen werden. Deshalb trifft sein Prinzip für die nicht-

strukturelle Kodierung weitaus bessere Prognosen als für die strukturelle. Die

Autonomie der beiden Typen von Formfunktionen und die Probleme, die die Annahme

von grammatischen Relationen des akkusativischen Sprachtyps für Ergativsprachen und

Aktivsprachen aufwerfen, verdeutlichen, daß Rektionsprinzipien nicht mit Hilfe von

konglomeraten Begriffen wie Subjekt und Objekt formuliert werden können.

Ein weiterer Unterschied zu Dowty ist, daß das Prinzip auch auf einstellige und

passivische Verben Anwendung findet, während Dowtys Prinzip nur für Verben mit

Subjekt und Objekt konzipiert ist.

Ein anderer wichtiger Unterschied zu Dowtys Ansatz besteht darin, daß im vor-

liegenden Modell dem semantischen Rektionsprinzip ein stärkeres formales Rektions-

prinzip zur Seite gestellt wird. Die Interaktion dieser Prinzipien erklärt viele Daten, die

in Dowtys Ansatz nicht erfaßt werden können.

Das in Primus (1994, Kap. 4, 1995: 1100) vorgeschlagene universale Prinzip

lautet bei Fixierung des Ergativparameters auf Nominativsprachen (A = NOM und B =

AKK) wie folgt:

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(10) Für beliebige Sprachen S mit Nominativ/Akkusativ-Konstruktionen, für

beliebige Argumente, die als verbal regierte syntaktische Argumente realisiert

werden, und für beliebige Rektionssubkategorien A, B, C, wobei diese distinkt

sein sollen und A und B die ranghöchsten Kategorien in S sind, gilt:

(a) Je mehr Proto-Agens-Basisrollen einem Argument aufgrund der

unmarkierten Lesart eines Verbs (bzw. Satzes) zugewiesen werden, um so eher

erhält dieses Argument die Rektionssubkategorie A = NOM, und

(b) je mehr Proto-Patiens-Basisrollen einem Argument aufgrund der unmarkier-

ten Lesart eines Verbs (bzw. Satzes) zugewiesen werden, um so eher erhält

dieses Argument die Rektionssubkategorie B = AKK.

(10) gilt für lexikalisch regierte syntaktische Argumente. Die Formfunktionen sollen

distinkt sein, wobei A und B die ranghöchsten Formfunktionen sein sollen, die für No-

minativsprachen wie folgt spezifiziert sind: A = NOM und B = AKK. Die für (10) rele-

vanten Rektionssubkategorien sind Kasus, Adpositionen und Verbkongruenzmarker, die

im Lexikon zugewiesen werden. Ich fasse ähnlich wie Dowty (10) als lexikalisches

Prinzip auf. Das Prinzip soll unter anderem dazu dienen, lexikalische Defaults bzw. die

Absenz solcher Defaults in einer Einzelsprache zu erklären. Dabei ist zu beachten, daß

Kasusmuster, die durch grammatische Regeln entstehen, im allgemeinen den lexikali-

schen Defaults der Sprache folgen. Anders ausgedrückt: lexikalisch nicht optimale Ka-

susmuster werden nicht grammatikalisiert, wie am Beispiel der A.c.I.-Konstruktion im

Deutschen im Abschnitt 5 weiter unten gezeigt wird.

Der Bezug auf die unmarkierte Lesart eines Satzes läßt zu, daß im Rahmen der

vom Verblexem zugelassenen Interpretationsmöglichkeiten auch andere Elemente des

Satzes die Kasusselektion mitbestimmen, z. B. die Belebtheit und Definitheit eines

Arguments wie in einigen romanischen Sprachen, Modalverben oder der Verbmodus

wie im Malayalam und im Georgischen oder die negative Polarität des Satzes wie beim

Genitiv im Mittelhochdeutschen, Polnischen und Russischen.

Das Prinzip besagt, daß die verbale Rektion nicht nur auf die Unterscheidung zwi-

schen Agens und Patiens reagiert, sondern auch auf die Quantität rollensemantischer In-

formation, die ein Argument akkumuliert. Um die Prognosen des Prinzips (10) für No-

minativsprachen leichter überprüfen zu können, sollen einige der wichtigsten Korollare

explizit formuliert werden.

1. Korollar von (10a): Je weniger Proto-Agens-Basisrollen einem Argument zugewiesen

werden, um so eher kann dieses Argument eine vom Nominativ verschiedene Rektions-

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subkategorie (z. B. Akkusativ oder Dativ) erhalten.

2. Korollar von (10a): Von zwei Koargumenten mit Proto-Agens-Basisrollen erscheint

dasjenige eher im Nominativ, das mehr Proto-Agens-Basisrollen akkumuliert.

1. Korollar von (10b): Je weniger Proto-Patiens-Basisrollen einem Argument

zugewiesen werden, um so eher kann dieses Argument eine vom Akkusativ

verschiedene Rektionssubkategorie (z. B. Nominativ oder Dativ) erhalten.

2. Korollar von (10b): Von zwei Koargumenten mit Proto-Patiens-Basisrollen erscheint

dasjenige eher im Akkusativ, das mehr Proto-Patiens-Basisrollen akkumuliert.

Korollar von (10a) und (10b): Wenn von zwei Koargumenten, Ki und Kj, Ki eine hohe

Zahl von Proto-Agens-Basisrollen und Kj eine hohe Zahl von Proto-Patiens-Basisrollen

akkumuliert, dann ist so gut wie ausgeschlossen, daß Ki im Akkusativ und Kj im No-

minativ erscheint.

Das Prinzip (10) beinhaltet verletzbare Beschränkungen. Die Tendenzaussage

"um so eher" macht für eine Einzelsprache u. a. zwei Voraussagen. Zum einen besagt

sie, daß bei Argumenten mit einer hohen Zahl von konsistenten Proto-Agens- bzw.

Proto-Patiens-Basisrollen eher mit sprachspezifischen strikten Restriktionen, die (10)

folgen, zu rechnen ist als bei Argumenten mit einer geringen Zahl von konsistenten

Basisrollen. So ist zum Beispiel damit zu rechnen, daß in vielen Sprachen die 2.

Korollare von (10a) und von (10b) sowie das Korollar von (10a) und (10b) strikte

Beschränkungen darstellen (vgl. (11) im Deutschen). Zum anderen sagt das Prinzip bei

Absenz strikter Beschränkungen voraus, daß für Argumente mit einer hohen Zahl von

konsistenten Basisrollen die Häufigkeit der Verblexeme mit Rektionsmuster, die den

genannten Korollaren folgen, sehr deutlich höher liegen muß als die der Verblexeme

mit Rektionsmuster, die ihnen nicht folgen.

(10) erfaßt somit die bekannte empirische Generalisierung, daß in Nominativspra-

chen im optimalen Fall ein kontrolliert handelndes Agens im Nominativ und ein stark

affiziertes Patiens im Akkusativ erscheint. (10) trägt auch der Beobachtung Rechnung,

daß der Dativ für rollensemantisch weniger affizierte Argumente in Frage kommt (vgl.

schon Jakobson 1936: 73). (10) erklärt somit, warum zweistellige Verben wie töten und

dreistellige Verben wie geben, nehmen, erzählen oder zeigen (vgl. (7a)-(7e) weiter

oben) nicht nur im Deutschen, sondern auch in sehr vielen Nominativsprachen mit

mindestens zwei bzw. drei verbregierten Kasus-Subkategorien dasselbe Rektionsmuster

aufweisen. (10) erklärt darüber hinaus, warum Verben wie gefallen und ähneln, die

ihren Argumenten eine geringere Anzahl von Agens- bzw. Patiens-Basisrollen

zuweisen, eine größere sprachenübergreifende und sprachimmanente Rektionsvariation

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aufweisen. Solche Verben werden weiter unten im 5. Abschnitt eingehender behandelt.

Das Gegenwartsdeutsche hat einige strikte Beschränkungen, die gute Kandidaten

für strikte Beschränkungen auch in anderen Sprachen darstellen und die - wie von (10)

vorhergesagt - Argumente mit einer höheren Anzahl von konsistenten Agens- bzw.

Patiens-Basisrollen betreffen:

(11) Für syntaktische Argumente mit verbal regierten Kasus-Subkategorien gilt:

(a) Wenn zwei Koargumente Proto-Agens-Basisrollen tragen, ist ausgeschlos-

sen, daß dasjenige mit mehr Proto-Agens-Basisrollen in einem vom Nominativ

verschiedenen Kasus erscheint und dasjenige mit weniger Proto-Agens-Basis-

rollen im Nominativ.

(b) Wenn zwei Koargumente Proto-Patiens-Basisrollen tragen, ist ausgeschlos-

sen, daß dasjenige mit mehr Proto-Patiens-Basisrollen in einem vom Akkusativ

verschiedenen Kasus erscheint und dasjenige mit weniger Proto-Patiens-Basis-

rollen im Akkusativ.

(c) Wenn von zwei Koargumenten, Ki und Kj, Ki eine hohe Zahl von Proto-

Agens-Basisrollen und Kj eine hohe Zahl von Proto-Patiens-Basisrollen akku-

muliert, so ist ausgeschlossen, daß Ki im Akkusativ und Kj im Nominativ er-

scheint.

(d) Wenn ein Argument ein kontrollierendes physisch aktives Agens oder ein

kontrolliert physisch manipuliertes Patiens ist, so kann es weder im DAT noch

im GEN erscheinen.

Die Wirkung dieser Beschränkungen wird im Abschnitt 5 eingehender besprochen.

Ein scheinbares Gegenbeispiel für (10) ist die Passivkonstruktion. Die sprachen-

übergreifend konstanteste Valenzeigenschaft von Verben im Passiv ist, daß das Agens

in einer obliquen Funktion erscheint (vgl. Keenan 1985: 254, Shibatani 1985: 839), was

eine klare Verletzung des Prinzips (10) darstellen würde (vgl. Das Fenster wurde von

Max eingeschlagen). Die meisten Linguisten haben wegen dieser Besonderheit des Pas-

sivs semantische Rektionsprinzipien konstruktionsabhängig formuliert und sie auf die

Grunddiathese einer Sprache beschränkt. Das gilt auch für Dowty (1991), der sein Se-

lektionsprinzip nur für Verben mit Subjekt und Objekt formuliert. Dies scheint eine vor-

eilige Entscheidung gewesen zu sein. Das Agens im Passiv ist immer fakultativ (vgl.

Haspelmath 1990) und seine Form ist nicht verblexemspezifisch. Unter der Annahme,

daß das Agens im Passiv für die verbale Nominativrektion blockiert ist, fällt es nicht

mehr unter Prinzip (10) und der Nominativ kann an ein Nicht-Agens aufgrund des

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formalen Rektionsprinzips (2) und des darin enthaltenen Nominativgebots zugewiesen

werden.

5. Die Interaktion der Rektionsprinzipien anhand der wichtigsten

Rektionssubkategorien des Deutschen

5.1 Allgemeine Interaktionsbestimmungen

Das rollensemantische Prinzip konkurriert mit dem im zweiten Abschnitt

vorgestellten formalen Rektionsprinzip (2), das die Generalisierung einer ranghöheren

Rektionssubkategorie auf Kosten einer rangniedrigeren voraussagt. Aus der Interaktion

der beiden Prinzipien ergibt sich, daß Verblexeme mit einem Rektionsmuster, das

weder durch (2) noch durch (10) motiviert ist, äußerst selten sind. Die verletzbaren

Prinzipien bzw. Beschränkungen sind nach ihrer fallenden Wirkungsstärke im

Deutschen und in vielen anderen Sprachen wie folgt angeordnet:

(12) Das Distinktheitsgebot für Rektionssubkategorien und das Nominativgebot >>

NOM/AKK-Präferenz für zweistellige Verben und semantische Defaults

(12) ist durch folgende empirische Generalisierungen motiviert. Für die Stärke des Di-

stinktheitsgebots (vgl. (10)) spricht, daß Muster mit doppeltem Kasus auch bei formal

optimaler Verteilung (z. B. NOM/NOM, NOM/AKK/AKK) relativ selten sind.1 Hin-

sichtlich der Stärke des Nominativgebots (vgl. (2) und (4)) muß man zunächst beachten,

daß es nicht für Verbkongruenzmarker zu gelten scheint, die in Sprachen mit

gespaltener Intransitivität wie z. B. Guarani oder Lakhota im Lexikon zugewiesen

werden, also Rektions-Subkategorien im traditionellen Sinne darstellen. Solche Systeme

entbehren der Hierarchie-Voraussetzung für das Nominativgebot, vgl. Primus (1994,

Kap. 4). Wenn man von solchen Systemen absieht, manifestiert sich die Stärke des

Nominativgebots u. a. darin, daß der Nominativ in Nominativsprachen nicht auf

kontrollierende oder kausierende Agens beschränkt ist, was sich besonders deutlich bei

den einstelligen Verben zeigt. Die Wirkung und die Interaktion der hier vorgestellten

Beschränkungen wird in den nächsten Abschnitten anhand der Analyse einiger

Fallbeispiele mit Hilfe von optimalitätstheoretischen Tableaus klarer veranschaulicht.

5.2 Nominativrektion und Akkusativrektion

1 Etwas häufiger findet man NOM/NOM in Sprachen, in denen nur belebte und/oder definite Objekte den Akkusativ selegieren wie z. B. im Türkischen, im Hindi und in anderen indischen Sprachen.

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Wie weiter oben erwähnt (vgl. (4)), kann im Gegenwartsdeutschen jedes flektierte

Prädikat mit voll realisierten Rektionsforderungen seines lexikalischen verbalen Kopfes

ein (ggf. fakultatives) Nominativargument zu sich nehmen. Die Selektion des

Akkusativs ist im Gegensatz zur Selektion des Nominativs formal restringiert: im

optimalen Fall muß er mit dem Nominativ kookkurieren. Dies erklärt, warum es im

Deutschen und in anderen Sprachen kaum oder gar keine Rektionsmuster des Typs

AKK, AKK/AKK, AKK/DAT u. ä. gibt. So z. B. findet man einstellige Verben mit

AKK bei einer geringen Zahl von Verben u. a. im Alt- und Mittelhochdeutschen (mich

friert, mich hungert), Gotischen (mik hungreiπ), Lateinischen (me pudet 'ich schäme

mich', me taedet 'ich empfinde Ekel') oder im Imbambura Quechua (Juzi-ta (ACC)

rupan 'Dem José ist warm', vgl. Cole 1982: 108). Solche Akkusativargumente sind in

den genannten Sprachen auf Argumente mit einer sehr kleinen Zahl von Proto-Agens-

Basisrollen (z. B. Experiencer) beschränkt und somit semantisch erklärbar (vgl. das 1.

Korollar zu (10a)). Weitere Rektionsmuster mit einem Akkusativ-Experiencer sind

einerseits mich wundert/interessiert das und andererseits mich ärgert/nervt das, die

weiter unten im Abschnitt 5.3 besprochen werden. Solche Muster sind in Einklang mit

dem semantischen Prinzip (10), wie im 1. Korollar von (10a) und von (10b)

festgehalten wird. Das Prinzip (10) und die strikte Beschränkung (11c) verbieten den

Akkusativ für ein Argument mit einer hohen Zahl von Proto-Agens-Basisrollen und den

Nominativ für ein Koargument mit einer hohen Zahl von Proto-Patiens-Basisrollen.

Die Beobachtung, daß der Nominativ funktional am wenigsten restringiert ist und

der Akkusativ bei mehrstelligen Verben funktional weniger restringiert ist als die tiefer-

rangigen Kasus-Subkategorien, geht spätestens auf Jakobson (1936: 35) zurück. Aller-

dings findet man bei Jakobson dafür keine Erklärung. Seine funktional geführte Argu-

mentation weist vielmehr in die falsche Richtung: die semantische Unrestringiertheit

dieser Kasus geht nicht auf ihre inhärente funktionale Schwäche zurück, sondern auf die

in der Kasushierarchie angelegte formale Unmarkiertheit. Diese Eigenschaft der beiden

ranghöchsten Kasus wird im vorliegenden Ansatz in dem Sinne erklärt, daß sie von

einer unabhängig motivierten Kasushierarchie und einem allgemeinen formalen

Rektionsprinzip abgeleitet werden kann.

Man kann den Nominativ und Akkusativ durchaus mit semantischen Rollen in

Verbindung bringen, ein Verfahren, das in sprachkontrastiven Ansätzen für die

Bestimmung dieser Kasus herangezogen wird. Der Nominativ wird als Subjektskasus

mit dem Agens transitiver Sätze und der Akkusativ als Objektskasus mit dem Patiens

transitiver Sätze identifiziert (z. B. Dixon 1979, Blake 1994: 132f.). Solche

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Bestimmungen beruhen auf einer Übergeneralisierung, denn die Beziehung zwischen

Kasus und rollensemantischer Funktion gilt beim Nominativ und Akkusativ wegen der

Stärke des formalen Rektionsprinzips immer nur in einer Richtung: Aus der Präsenz

einer hohen Anzahl von Agens- bzw. Patiens-Basisrollen für ein Argument läßt sich

seine Nominativ- bzw. Akkusativrektion ableiten (aber nicht umgekehrt). Das ist auch

die Ableitungsrichtung des allgemeinen semantischen Prinzips (10) und der

sprachspezifischen Beschränkungen in (11).

Dies scheint die wesentliche Eigenschaft eines 'syntaktischen' Kasus zu sein, die

ihn von einem 'semantischen' Kasus unterscheidet (vgl. schon Kurylowicz (1964: 188))

und wie folgt eingeführt wird:

(13) Eine Kasus-Subkategorie Kn ist 'syntaktisch' zugewiesen genau dann, wenn Kn

bei dieser Zuweisung keine rollensemantische Funktion indiziert. Eine Kasus-

Subkategorie Kn ist 'semantisch' zugewiesen genau dann, wenn Kn bei dieser

Zuweisung eine rollensemantische Funktion indiziert.

Eine Kasus-Subkategorie Kn indiziert eine rollensemantische Funktion genau dann,

wenn von der Selektion von Kn für einen Verbbegleiter eine rollensemantische Restrik-

tion für den entsprechenden semantischen Mitspieler abgeleitet werden kann.

Bei Zuweisung unter verbaler Rektion erfüllen Nominativ und Akkusativ im

Deutschen und in vielen anderen Sprachen die Bedingung für syntaktische Zuweisung.

Im hier präsentierten Ansatz läßt sich dies durch ihren hohen Hierarchierang und die

Stärke des formalen Rektionsprinzips erklären. Für den Dativ gibt es ein Default, das in

der Ableitungsrichtung vom Kasus zur semantischen Rolle sehr stark ist (vgl. (15)

weiter unten). Der verbregierte Dativ ist somit ein sehr guter rollensemantischer

Indikator.

Eine andere davon unabhängige Klassifizierung teilt die Kasus-Subkategorien in

strukturelle und lexikalische bzw. inhärente Kasus ein (Chomsky 1981: 170f.). In ver-

einfachender, technische Details vernachlässigender Formulierung kann man diese

Klassifikation wie in (14) einführen:

(14) Eine Kasus-Subkategorie Kn ist strukturell zugewiesen genau dann, wenn Kn

aufgrund struktureller Rektion zugewiesen wird. Eine Kasus-Subkategorie Kn

ist lexikalisch zugewiesen genau dann, wenn Kn aufgrund lexikalischer Rektion

zugewiesen wird.

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Strukturelle Rektion für Kn liegt genau dann vor, wenn Kn an eine bestimmte

strukturelle Position in Abhängigkeit von der strukturellen Position des Regens und

seiner Kategorie zugewiesen wird. Die Lexemwahl des Regens spielt dabei keine Rolle.

Es gibt im Gegensatz zur Mehrheitsmeinung in der generativen Grammatik sehr

wenige Sprachen mit strukturell zugewiesenen Kasus. Im Englischen wird der

Nominativ einer bestimmten präverbalen, VP-externen strukturellen Position durch die

verbale Flexionskategorie INFL bzw. AGR-S zugewiesen und der Objektiv einer

postverbalen, VP-internen strukturellen Position durch die verbale Kategorie V0 bzw.

AGR-O (Objektkongruenz-Kategorie). Im Deutschen ist der adnominale Genitiv ein

guter Kandidat für einen strukturell zugewiesenen Kasus.

Einige empirische Probleme, mit denen generativ-grammatische Ansätze konfron-

tiert werden, resultieren daraus, daß sie die Klassifikation in (13) mit der in (14) gleich-

setzen (Czepluch 1996: 74, Haider 1985: 80). So zum Beispiel findet man bei Haider

(op. cit.) folgende Bestimmung für lexikalische Kasus "direct connection between mor-

phological Case and thematic function". Ein erstes Problem rührt in Sprachen wie dem

Deutschen daher, daß es im Bereich der verbalen Rektion zwar syntaktische, aber keine

strukturelle Kasuszuweisung kennt. Im Deutschen ist die Kasusfunktion eines

Verbarguments nicht von seiner strukturellen Position ableitbar. Ganz im Gegenteil, die

strukturelle Position eines Arguments leitet sich unter anderem von seiner

Kasusfunktion, genauer gesagt, von der Position seiner Kasusfunktion auf der

Kasushierarchie (1) ab (vgl. Primus 1996).

Ein anderes damit verwandtes Problem manifestiert sich beim Passiv im

Deutschen. Im Passiv wird die Nominativ- und Akkusativrektion des Aktiv-Verbs von

der entsprechenden semantischen Rolle entkoppelt. Vgl. Der Junge zerbrach den Zaun

mit Der Zaun wurde vom Jungen zerbrochen. Das ist ein klarer Hinweis dafür, daß der

Nominativ und der Akkusativ syntaktische Kasus sind. Diese Entkoppelung geht aber

im deutschen Passiv nicht mit einer festen VP-externen strukturellen Position des

Nominativarguments einher, was zu erwarten wäre, wenn die syntaktisch zugewiesenen

Kasus auch strukturell zugewiesen wären. Vgl. die Grundwortstellung des folgenden

Satzes, bei dem das Nominativargument verbnah plaziert wird, worauf schon die

intonatorische Einheit zwischen Nominativargument und Verbkomplex hinweist: weil

heute im Garten der Zaun zerbrochen wurde. Was in der generativen Grammatik als das

zuverlässigste Indiz für das Vorliegen eines strukturellen Kasus gewertet wird, seine

Alternationsfähigkeit bei Diathesen, ist offenbar eher ein Indiz für den syntaktischen

Status dieses Kasus.

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5.3 Dativrektion

Mit rollensemantischen Restriktionen für den Dativ haben sich viele Arbeiten be-

faßt, die nicht eingehender referiert werden können. Ich möchte jedoch die neuere

Arbeit von Wegener (1985) hervorheben. Wegener (1985: 25f.) setzt für den Dativ die

Grundfunktion 'Betroffener' an und faßt diese Funktion als Oberbegriff für verschiedene

Funktionen auf, die immer wieder in der Literatur für den Dativ in Anspruch genommen

wurden: Benefaktiv, Experiencer, Rezipient, Korrespondent u. ä. Diesen Oberbegriff

präzisiert Wegener mit Hilfe folgender Merkmale (1985: 321): "belebt, weniger

involviert (als der OBJ), weniger agentisch (als der AG)", wobei mit OBJ und AG der

traditionelle Patiens- und Agens-Begriff gemeint ist. Ein Vergleich mit dem

vorliegenden Ansatz zeigt, daß Wegeners Charakterisierung des Betroffenen im

wesentlichen die Auswirkungen des Prinzips (10) bzw. der Restriktionen (11a), (11b)

und (11d) umschreibt. Ein wesentlicher Unterschied ist, daß (10) und (11) keine

semantische Rolle isolieren, sondern allgemeinere rollenkonfigurationelle

Beschränkungen darstellen. Außerdem verwendet Wegener keinen dekompositionalen,

prototypentheoretischen Rahmen, der die o. g. Graduierungen "weniger involviert als"

oder "weniger agentisch als" legitimieren könnte. Nichtdestotrotz ist Wegeners

Vorschlag bemerkenswert durch die Hervorhebung der Agenskomponente bei der

Grundfunktion des Dativs. Darin ist Wegeners Vorschlag denjenigen Ansätzen

überlegen, die die rollensemantische Funktion des verbregierten Dativs auf die

geringere Affiziertheit bzw. Betroffenheit im Sinne des Patiens-Begriffs beschränken (z.

B. neuerdings Schöfer (1992)).

Es ist der Verdienst von Blume (1994, 1996), im vorliegenden Modell nachgewie-

sen zu haben, daß es bei der rollensemantischen Grundfunktion des Dativs nicht auf

Patienseigenschaften ankommt, sondern nur auf die Präsenz einer geringen Zahl von

Proto-Agens-Basisrollen. Das Dativ-Default für das Deutsche und andere Sprachen

kann somit wie in (15) formuliert werden:

(15) Wenn einem syntaktischen Argument von einem verbalen Regens der DAT

zugewiesen wird, dann weist im Default-Fall das entsprechende semantische

Argument Proto-Agenseigenschaften in geringer Zahl auf.

Das semantische Dativ-Default ist sehr viel stärker in der in (15) formulierten Anwen-

dungsrichtung vom Kasus zur semantischen Rolle als in der umgekehrten Anwendungs-

richtung. Es steht mit dem universalen Prinzip (10) in Einklang (vgl. das 1. Korollar

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von (10a)) und interagiert mit den Beschränkungen in (11). Damit ist ausgeschlossen,

daß das Dativargument einen kontrolliert und aktiv Handelnden oder eine physisch

kontrolliert manipulierte Entität bezeichnet (vgl. (11d)). So zum Beispiel sind in der

bekannten Lesart der entsprechenden Verben weder Der Junge putzt dem Schuh noch

Dem Jungen putzt der Schuh mögliche Rektionsmuster des Gegenwartsdeutschen. Die

Dativselektion für einen nicht kontrollierenden Verursacher ist aber möglich (vgl. (17)

weiter unten): Dem Jungen zerbrach die Vase beim Putzen. Es ist auch ausgeschlossen,

daß ein Dativargument mehr Agenseigenschaften aufweist als ein Koargument im

Nominativ (vgl. (11a)) oder mehr Patienseigenschaften als ein Koargument im

Akkusativ (vgl. (11b)).

Die bevorzugte Belebtheit der Dativargumente im Deutschen und in anderen

Sprachen muß im vorliegenden Ansatz nicht postuliert werden. Sie folgt aus den

bevorzugten proto-agentivischen Eigenschaften der Dativobjekte, insbesondere aus

ihrer Funktion als primäre oder sekundäre Experiencer (z. B. mir fällt etwas auf vs. er

erklärt/zeigt mir etwas) oder Besitzer (z. B. mir gehört etwas vs. ich gebe/nehme dir

etwas).

Zur Illustration des Dativ-Defaults werden zunächst Verben mit Experiencer-Dati-

ven besprochen. Einstellige Prädikate wie mir ist kalt oder mir ist mulmig zumute kom-

men bei einer kleinen Zahl von Prädikaten auch in anderen Sprachen vor:

(16) Rumänisch: Mie (DAT) îmi este frig. 'Mir ist kalt.'

Isländisch: πér (DAT) er kalt. 'Dir ist kalt.'

Lasisch (Dumézil 1967: 22): k'ap'lanepe-s (DAT) askurnes. 'Den Tigern war

angst.'

Daß bei einstelligen Verben Experiencer im Nominativ statistisch dominieren, hat zwei

Ursachen. Sie erfüllen das formale Nominativgebot und das allgemeine Prinzip der

Nominativselektion für ein Proto-Agens (vgl. (10a)), das bei dieser Rollenkonfiguration

allerdings sehr schwach ist und Konkurrenz bekommen kann (vgl. das 1. Korollar von

(10a)). Im Deutschen ist der semantische Konkurrent das Dativ-Default.

Um einen sekundären Experiencer im Dativ handelt es sich bei dreistelligen

Verben wie zeigen oder demonstrieren und bei dreistelligen Verba dicendi wie

erzählen, berichten oder versprechen. Zweistellige Verben mit Experiencer und

Stimulus sollen im Folgenden eingehender diskutiert werden.

Die Wirkung und Interaktion der vorgestellten universellen und

sprachspezifischen Kasuszuweisungsbeschränkungen lassen sich im Rahmen der

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Optimalitätstheorie1 in einem Tableau (vgl. Prince/Smolensky 1993,

Archangeli/Langendoen 1997) besonders anschaulich darstellen. Input der hier

diskutierten Beschränkungen sind rollensemantische Valenzstrukturen, die mit

Stelligkeitsindikatoren in Form von Lambdapräfixen angereichert sind. Damit wird

angezeigt, welche Mitspieler als syntaktische Argumente realisiert werden und ob ggf.

ein Mitspieler syntaktisch 'unterdrückt' wird (wie z. B. im Passiv). In Tab. 1 wurde zur

Verannschaulichung die einfache, aber für die Kasuszuweisung besonders interessante

Rollenkonfiguration λyλxEXPER(x, y) gewählt. Als Kasus werden NOM, AKK und

DAT berücksichtigt, wodurch sich bei einem zweistelligen Verb 9 theoretisch mögliche

Kasusmuster ergeben. Der Genitiv und verbregierte Präpositionen wurden

ausgeklammert, weil der verbregierte Genitiv nicht mehr produktiv ist und verbregierte

Präpositionen besondere Probleme aufwerfen könnten, die einer eigenen Untersuchung

bedürfen. Die Kasusbeschränkungen fungieren als Evaluatoren über die Menge der

theoretisch möglichen Kasusmuster. In Tab. 1 werden nur die für die gewählte Rol-

lenkonfiguration relevanten Beschränkungen berücksichtigt. Die Verletzung einer Be-

schränkung wird durch * angezeigt. Höherrangige Beschränkungen erscheinen links und

durch eine Linie getrennt von tieferrangigen Beschränkungen, während zwischen

gleichrangigen oder vorläufig nicht eindeutig abstufbaren Beschränkungen keine

Trennungslinie erscheint. Die Schwäche des Dativ-Defaults ergibt sich in Tab. 1 durch

die Anwendungsrichtung von der semantischer Rolle zum Kasus.

Tab. 1 λyλxEXPER(x,y) Distinkt- NOM- sem. Dativ- NOM/AKK NOM für A

x y heit Gebot Default Präferenz AKK für P

(a) NOM AKK *

(b) AKK NOM * *

(c) NOM DAT * * *

(d) DAT NOM * *

(e) NOM NOM *!

1 Gegen die Anwendung der Optimalitätstheorie auf lexikalische Defaults könnte man einwenden, daß das Lexikon gar keine Kandidaten zur Wahl stellt, da das Kasusmuster für so gut wie jedes Verblexem fixiert ist (vgl. jedoch ich schaudere/mir schaudert). Dieser Einwand läßt außer acht, daß es Situationen gibt, wie z. B. beim Erstspracherwerb oder in der Jugendsprache (vgl. Wegener (in diesem Band)), in denen neue Kasusmuster für Verblexeme entstehen können. Nur über diese prinzipielle Wahlfreiheit läßt sich übrigens der diachrone Wandel von Kasusmustern erklären.

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(f) AKK AKK *!

(g) DAT DAT *!

(h) DAT AKK *!

(i) AKK DAT *!

Die Kandidaten in (e)-(i) verletzen eine starke Beschränkung, wobei es andere Kandi-

daten gibt, die die betreffende Beschränkung nicht verletzen (sog. 'fatale' Verletzung

*!). Aus diesem Grund muß nicht mehr angezeigt werden, daß die Kandidaten in (e)-(i)

auch weitere schwächere Beschränkungen verletzen.

Die Kandidaten in (a)-(d) erweisen sich als bessere Kandidaten, weil sie nur

schwächere Defaults verletzen, wobei die in Tab. 1 vorgeschlagene Höherstufung des

Dativ-Defaults tentativen Charakter hat und sicherlich sehr gering ist. Die Evaluation

dieser Kandidaten erfolgt gewichtsbasiert, d.h. die Verletzungen werden kumuliert.

Optimal scheinen die Kandidaten in (a) und (d) zu sein und folglich gibt es

Lexikalisierungen für solche Muster in größerer Zahl. Die Verletzung des Dativ-

Defaults in (a) scheint durch die Befolgung der formalen NOM/AKK-Präferenz und des

semantischen Defaults für die Nominativzuweisung an ein Proto-Agens und die

Akkusativzuweisung an ein Proto-Patiens motiviert zu sein. Umgekehrt wird in (d) die

Verletzung dieser beiden Defaults durch die Befolgung des Dativ-Defaults motiviert.

Lexikalisierungen von (a) sind z. B. beachten, bedauern, beneiden, bereuen,

bewundern, hassen, lieben, mögen, schätzen, wünschen. Lexikalisierungen von (d) sind

z. B. auffallen, behagen, bekommen, belieben, einfallen, gefallen, imponieren,

mißfallen, nützen, schaden, schmeicheln, schmecken, stinken, widerstreben in der hier

diskutierten Lesart. Das Muster ist produktiv (vgl. Wegener 1985: 193): mir

langt/stinkt/ reicht das. Zweistellige Verben mit Experiencer-Dativen sind auch in

vielen anderen Sprachen anzutreffen (vgl. Shibatani 1983, Verma/Mohanan 1991). Das

Muster in (c) verletzt drei schwächere Defaults. Dies erklärt, warum es

Lexikalisierungen mit dem Experiencer im Nominativ und dem Stimulus im Dativ

kaum gibt, vgl. jedoch er bangt/fiebert/sieht/strebt seiner ersten Bergtour entgegen.

Dieses Rektionsmuster erklärt sich durch eine analogische Übertragung des semantisch

gut motivierten Musters bei den Handlungsverben mit entgegen-, die weiter unten zur

Sprache kommen (jemandem entgegeneilen, entgegenlaufen u. ä.). Das Muster in (b)

verletzt zwei schwache semantische Defaults. Folglich gibt es eine relativ geringe Zahl

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von Verblexemen mit diesem Kasusmuster: mich wundert/interessiert/kratzt das wenig.

Das Muster in (b) darf nicht mit Konstruktionen wie Dieser Streit ärgert/nervt/be-

eindruckt ihn verwechselt werden. Deren rollensemantische Grobstruktur ist

CAUSE(x, EXPER(y, z)), wobei x und z in einer engen semantischen Beziehung

stehen, die bis zur Referenzidentität gehen kann: CAUSE(x, EXPER(y, x)). Bei

belebten Verursachern kann P-Kontrolle hinzukommen: er will sie nur ärgern. Hier

fungieren beide Argumente als Proto-Agens, das Akkusativargument als Experiencer

und das Nominativargument als Verursacher und ggf. Kontrolleur der Experience-

Situation. Das Argument x könnte aufgrund des Dativ-Defaults im Dativ erscheinen,

falls es nicht mehr Proto-Agens-Eigenschaften aufweist als das Argument y. Da es aber

mehr Proto-Agens-Eigenschaften akkumulieren kann als y (P-Kontrolle und alle darin

enthaltenen agentivischen Basisrollen), kann es aufgrund der strikten Beschränkung

(11a) nicht im Dativ erscheinen. Zu beachten ist dabei, daß sich die Kasusselektion bei

einer prinzipiell festen Kasuswahl (also keiner absolut variablen Kasusselektion wie bei

bestimmten intransitiven Verben im Batsischen) immer nach der spezifischsten Lesart

des Verblexems richtet, also in diesem Fall nach der Kontroll-Lesart.

Natürlich stellt sich bei der Variation der Kasusmuster, die die Rollenstruktur

λyλxEXPER(x,y) realisieren, die Frage, ob ihre Verteilung durch weitere hier nicht be-

rücksichtigte semantische Beschränkungen erklärt werden kann. Die Beantwortung

dieser Frage kann nur im Rahmen einer eingehenderen Spezialuntersuchung in Angriff

genommen werden (vgl. Wegener (in diesem Band)).

Zweistellige Verben mit Besitzern im Dativ sind ausgehen, fehlen, gehören, genü-

gen, mangeln, zugehören in der hier diskutierten Lesart. Auch Pertinenzdative fallen in

diese Klasse: Er trat ihm auf den Fuß. Hier besteht eine Besitzrelation im weitesten

Sinn zwischen dem im Dativ kodierten Argument und dem präpositional kodierten

Argument. Besitzverben mit einer zusätzlichen Vorgangskomponente sind z. B. das

Vermögen ist ihr zugefallen/entglitten/entgangen. Verben mit dem Besitzer im

Nominativ und dem Besitz im Akkusativ sind z. B. besitzen, brauchen, haben. Diese

Verben folgen nicht dem Dativ-Default, sondern der formalen Präferenz für NOM/AKK

bei zweistelligen Verben und dem allgemeinen semantischen Prinzip der

Nominativzuweisung an ein Proto-Agens, das allerdings bei dieser Rollenkonfiguration

eine schwache Wirkung hat.

Sekundärer Besitzer ist das Dativargument bei dreistelligen Verben wie geben und

nehmen (vgl. für eine semantische Analyse solcher Verben Kunze 1991) sowie bei

Verben mit Pertinenzdativ (er schnitt dem Kunden das Haar). Auch Benefaktive wie in

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Peter strickt seiner Frau einen Pulli erfüllen das Dativ-Default aufgrund der weiter

oben besprochenen agentivischen Komponente des Benefaktiv-Begriffs. Darin, daß es

sich bei den Benefaktivdativen um verbregierte Dative, d. h. Dativobjekte, handelt,

folge ich Wegener (1985: 131f.).

Eine weitere Klasse von Verben mit Dativrektion sind in Blumes Terminologie

die Interaktionsverben (vgl. Blume 1996 und die Korrespondenzverben in Wegener

1985: 279f.). Unter den zweistelligen NOM/DAT-Verben bilden die Interaktionsverben

eine umfangreiche, aufgrund einiger Wortbildungsmuster offene Klasse (vgl. entgegen-,

dazwischen-, drein-, nach-). Die semantische Motivation für die Dativrektion rührt

daher, daß eine Tätigkeit, eine Handlungsabsicht oder ein spezifischer Zustand des

Mitspielers im Dativ eine Voraussetzung für die vom Verb denotierte Handlung ist.

Diese Eigenschaft, die der Dativmitspieler selbständig, also unabhängig vom Mitspieler

im Nominativ aufweist, ist nach der hier vertretenen Auffassung eine Agenseigenschaft.

Der Zustand bzw. Status des Mitspielers im Dativ ist eine Voraussetzung für das vom

Verb denotierte Geschehen z. B. bei dienen, huldigen, opfern (kirchl.). In einigen Fällen

kann das Geschehen als Reaktion auf das Verhalten des Mitspielers im Dativ aufgefaßt

werden: antworten, applaudieren, beipflichten, danken, widersprechen. In anderen

Fällen sind beide Mitspieler in annähernd gleicher Weise am Geschehen beteiligt:

assistieren, begegnen, beiliegen, helfen, dazwischenfunken, dreinreden, entgegeneilen,

folgen, gegenübertreten, handlangern, heimleuchten, hineinquasseln, hinzukommen,

hinterherlaufen, nacheilen, nachfahren, vorangehen, sekundieren.

Dreistellige Interaktionsverben sind z. B. abgucken, ablauschen, aufdrängen, auf-

halsen, genehmigen, verbieten, verweigern. So z. B. gilt für die Handlung des Abguk-

kens die Voraussetzung, daß der Mitspieler im Dativ unabhängig von der Funktion der

anderen Mitspieler etwas tut. In dieser Aktivität ist das Dativargument selbständig als

Agens beteiligt.

Auch Prädikate, die vollständig symmetrisch oder bezüglich eines Basisprädikats

symmetrisch sind, erfüllen die Bedingung des Dativ-Defaults. Zweistellig sind gleichen,

ähneln oder entsprechen. Da jedes Argument wahlweise in Agens-Position auftritt,

kann jedes der Argumente wahlweise im Dativ stehen: er ähnelt ihr oder sie ähnelt ihm.

Dreistellig sind z. B. vorstellen, anpassen, angleichen, gleichstellen, vorziehen. So hat

die Situation, die vorstellen denotiert, folgende relevante Merkmale: der Mitspieler im

Nominativ bewirkt, daß y z wahrnimmt und z y wahrnimmt.

Eine andere Gruppe von dativregierenden Verben selegiert belebte, aber nicht-

kontrollierende Verursacher im Dativ wie z. B. gelingen, mißlingen, glücken,

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mißglücken, zustoßen. Diese Verbklasse ist aufgrund der in (17) gezeigten

Valenzalternationen offen (vgl. Wegener 1985: 315f.):

(17) Die Vase zerbrach.

Ich zerbrach absichtlich/unabsichtlich die Vase.

Mir zerbrach die Vase aus Versehen/*absichtlich.

Die semantische Rolle der Dativargumente dreistelliger Verben erfüllt die Definition

des Proto-Rezipienten: das Argument fungiert sowohl als Proto-Agens als auch als

Proto-Patiens. Bei diesen Verben erscheint nämlich das Dativargument relativ zu

mindestens einem Basisprädikat einmal in erster Position (= Proto-Agens-Position) und

relativ zu mindestens einem Basisprädikat einmal in zweiter Position (= Proto-Patiens-

Position). Auch in breitangelegten sprachvergleichenden Untersuchungen wurden die

semantischen Funktionen, die im vorliegenden Ansatz unter Proto-Rezipient fallen, als

Grundfunktionen der Dativobjekte anerkannt (vgl. Blansitt 1973, Faltz 1978, Dryer

1986, Van Belle/ Van Langendonck 1996).

Kasusmuster für Proto-Patiens (P) und Proto-Rezipient (R), die weder formal

noch semantisch optimal sind, findet man im Gegenwartsdeutschen nicht. Sie kommen

auch in anderen Sprachen nur isoliert vor. Das sind u. a. folgende Muster:

NOM/DATP/DATR (vgl. aber Isländisch Jón skila∂i Maríu (DAT) bókinni (DAT) 'Hans

gab das Buch Maria zurück') oder NOM/DATP/GENR (das im Alt- und

Mittelhochdeutschen anzutreffende Muster weist eine andere Rollenverteilung auf:

NOM/DATR/GENP). Auch die formal optimale, aber rollensemantisch inverse Kasus-

Verteilung NOM/DATP/AKK R ist äußerst selten, vgl. aber im Isländischen πeir leyndu

Ólaf (ACC) sannleikanum (DAT) 'sie verschwiegen Olaf die Wahrheit'. Eine

adpositionale Realisation des Proto-Patiens bei akkusativischer Realisation des Proto-

Rezipienten kommt etwas häufiger vor, vgl. im Englischen John supplied the child with

toys oder im Deutschen Hans versorgte das Kind mit Nahrung.

Abweichungen vom Dativ-Default, aber nicht vom allgemeinen Prinzip (10) oder

von den Restriktionen in (11) stellen im Gegenwartsdeutschen verbregierte

Lokativdative dar, z. B. dem Haus nähertreten, dem Gefängnis entkommen, einem

Hindernis weichen. Dazu gehören auch Verbverwendungen wie z. B. einer Idee

anhängen, einer Gefahr aussetzen, einer Schwierigkeit beikommen. Solche Verben

stellen aufgrund ihrer geringen Zahl die Gültigkeit des Dativ-Defaults nicht in Frage.

Keine Abweichung vom Dativ-Default und von der strikten Restriktion (11d) sind

aufgrund ihrer Idiomatik Beispiele wie er haut ihr eine runter oder

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Funktionsverbgefüge wie er gibt ihr einen Tritt als Streckform für er tritt sie.

Die hier vorgestellten Prinzipien lassen auch andere Formfunktionen für Proto-

Rezipienten zu. Weit verbreitet ist ihre adpositionale Realisation wie in Peter nahm von

ihm den Apfel oder Engl. Peter gave the apple to him. Sie findet sich für alle oder einige

Proto-Rezipienten u. a. auch im Schwedischen, Isländischen, Irischen, Katalanischen,

Maltesischen (vgl. Faltz 1978, Primus 1998). In vielen Sprachen ohne Kasus-Subkate-

gorien oder ohne rektionsrelevante AKK-DAT-Distinktion werden Rezipient und

Patiens morphologisch gleich kodiert, z. B. Hausa, Suahili, Kinyarwanda, Chinesisch,

Vietnamesisch, Indonesisch, Niederländisch, Schwedisch, Friesisch oder Englisch (vgl.

John gave Mary the book). In Sprachen mit verbal regiertem AKK und DAT wie im

Deutschen ist dies nur marginal der Fall (Der Lehrer fragt die Schüler die Vokabeln ab;

Sie lehrt ihn den Walzer), weil dieses Muster gegen das im semantischen Prinzip (10)

verankerte Distinktheitsgebot für regierte Kasus-Subkategorien verstößt.

In diesem Zusammenhang ist auch die Kasusselektion bei A.c.I.-Konstruktionen

von Interesse. Wie oben erwähnt, verhalten sie sich bezüglich der Kasusrektion wie ein-

fache Prädikate (vgl. Jacobs 1992). Auch unter der plausiblen Annahme, daß der Akku-

sativ für das Proto-Agens des Infinitivverbs ein Kasus ist, der nicht im Lexikon zuge-

wiesen wird, sind die hier vorgestellten Kasusselektionsbeschränkungen einschlägig.

Der Grund dafür ist, daß Kasusmuster, die durch grammatische Regeln determiniert

werden, im allgemeinen den lexikalischen Defaults der Sprache folgen. M. a. W.

werden lexikalisch nicht optimale Kasusmuster im allgemeinen nicht grammatikalisiert.

Den Nachweis, daß dies auch für A.c.I.-Konstruktionen zutrifft, soll für die drei

produktiven Kasus des Deutschen (NOM, AKK, DAT) eine optimalitätstheoretische

Analyse erbringen.

Als Input fungieren die Rollenstrukturen, die solche Konstruktionen aufweisen

können. Das erste Argument x einer A.c.I.-Konstruktion kann ein kontrollierendes kau-

sierendes Agens oder lediglich ein Experiencer sein (x läßt/hört ihn den Hund füttern).

Es ist nicht ausgeschlossen, daß x die Kontrolle über die Situation durch eine Aktivität

(z. B. eine Mitteilung an y) ausübt. Das zweite Argument y hat sowohl

Patienseigenschaften (kontrolliert oder nur wahrgenommen) als auch

Agenseigenschaften, die bei übergeordneten sentiendi Verben (x hört/sieht y z tun) eine

maximale Zahl erreichen können. Dieses Argument ist fakultativ (x läßt den Wagen

reparieren). Das dritte und ggf. vierte Argument ererbt die Kasusrektion vom

Infinitivverb (x läßt y dem Kind helfen) und ist ebenfalls fakultativ (x läßt y arbeiten).

Hier wird der für die Kasusselektion interessanteste Fall eines maximal affizierten

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Proto-Patiens im Akkusativ getestet, weil diese Selektion zum doppelten Akkusativ

führt (y läßt/sieht y einen Kuchen backen). Diese rollensemantische Analyse ergibt, daß

jedes der drei getesteten Argumente eine annähernd maximale Zahl von Proto-Agens-

bzw. Proto-Patiens-Basisrollen akkumulieren kann. Insoweit greifen hier die strikten

sprachspezifischen Beschränkungen in (11), abgekürzt Θmax. Diese strikten

Restriktionen rangieren über dem verletzbaren Distinktheitsgebot. Daß etliche

Kasusmuster auch andere Defaults verletzen, ist unerheblich, weil schon eine

Verletzung der hier berücksichtigten sehr starken Restriktionen als 'fatal' einzustufen ist.

Tab. 2 x y z Θmax Distinkt

1-4 DAT *!

5-8 DAT *!

9-12 DAT *!

13-18 2 DAT **!

19-21 3 identische Kasus ggf. *! **!

22-23 AKK NOM *!

24-25 AKK NOM *!

26 NOM NOM AKK oft *

27 NOM AKK AKK seltener *

Bei 3 Kasus und 3 Argumenten ergeben sich 27 theoretisch mögliche Kasuskombinatio-

nen, die in Tab. 2 durchnumeriert und ggf. durch Zellen ohne Kasusspezifikation

zusammengefaßt werden.

Ein DAT für x, y oder z würde mindestens eine Θmax-Beschränkung verletzen

(Kandidaten 1-12). Das gilt erst recht für zwei Dative (Kandidaten 13-18). DAT für z ist

bei einer anderen Rollenkonfiguration möglich (vgl. x läßt y dem Kind helfen). Es fällt

auf, daß bei kausativen Konstruktionen in vielen Sprachen der DAT für y insbesondere

bei der Kausativierung transitiver Verben gewählt wird (vgl. Comrie 1985: 338f.), wie

z. B. im Französischen Paul fit manger les pommes à Pierre 'Paul ließ Pierre die Äpfel

essen' oder im Türkischen Mehmet Hasan-i (AKK) Ali-ye (DAT) öldürttü 'Mehmet ließ

Ali Hasan töten'. Bei kausativen (und auch permissiven) Matrixverben wäre der DAT

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für y auch im Deutschen zugelassen, weil in dieser Rollenkonfiguration das Dativargu-

ment das Geschehen nicht uneingeschränkt unter Kontrolle hätte. Eine plausible Erklä-

rung für das Dativverbot im Standarddeutschen ist darin zu finden, daß sich die A.c.I.-

Konstruktion nicht auf kausative oder permissive Matrixverben beschränkt, sondern

ähnlich wie im Lateinischen, das ebenfalls den AKK für y vorsieht, auch sentiendi

Matrixverben zuläßt. Bei sentiendi Matrixverben kann das Argument y die

uneingeschränkte Kontrolle über das vom Infinitivverb denotierte Geschehen haben

(vgl. Ich sehe ihn den Hund schlagen), und erst diese Rollenkonstellation (Kontrolle

und aktive Beteiligung) wird vom Dativverbot des Deutschen erfaßt.

Drei identische Kasus mißachten das Distinktheitsgebot zweimal und ggf. auch

eine oder mehrere Θmax-Beschränkungen (19-21). Ab 22 kommt der DAT als Kandidat

nicht mehr vor. Die Kandidaten 22-25 verletzen bei bestimmten Konfigurationen

mindestens eine Θmax-Beschränkung. Unter 22-23 und 24-25 werden jeweils zwei

Kandidaten zusammengefaßt: AKK für x, AKK oder NOM für y und NOM für z (= 22-

23) sowie NOM oder AKK für x, AKK für y und NOM für z (= 24-25). Die

Konstellation AKK/AKK/NOM verletzt zum Beispiel bei sentiendi Matrixverben die

Θmax-Beschränkung (11c), vgl. *x sieht ihn (= kontrollierendes aktives Agens) der

Hund (= kontrolliert manipuliertes Patiens) schlagen. Die Konstellation

AKK/NOM/NOM verletzt zum Beispiel bei kausativen Matrixverben die Θmax-

Beschränkung (11a), vgl. *mich (= kontrollierendes ggf. aktives Agens) läßt er (=

Agens ohne Kontrolle) Wasser holen.

Der optimale Kandidat ist 27, weil er keine Θmax-Beschränkung verletzt und das

Distinktheitsgebot relativ selten mißachtet, nämlich nur dann, wenn das Infinitivverb

einen Akkusativ regiert und dieses Akkusativargument auch erscheint (vgl. jedoch er

läßt ihn arbeiten/er läßt ihm helfen/er läßt ihn im Garten lesen). Der Kandidat 26 fällt

zurück, weil er das Distinktheitsgebot öfter verletzen würde, da das eingebettete

logische 'Subjekt' des Infinitivverbs, das Argument y in Tab. 2, seltener wegfällt.

Außerdem würde ein doppelter NOM auch bei der Anwendung der Verbkongruenzregel

Probleme aufwerfen. Zusammenfassend kann man festhalten, daß für die A.c.I.-

Konstruktionen ein Kasusmuster grammatikalisiert wurde, das hinsichlich der

lexikalischen Beschränkungen des Deutschen optimal ist.

5.4 Präpositionalrektion

Aufgrund mehrerer weiter oben getroffener Beobachtungen zur adpositionalen

Verbrektion muß man davon ausgehen, daß - mit gewissen Einschränkungen - auch die

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verbregierten Adpositionen unter die hier formulierten Rektionsprinzipien fallen.

Schwierig zu bestimmen ist der Hierarchierang der einzelnen verbregierten

Präpositionen im Gegenwartsdeutschen. Tentativ wurde ihnen eine Position hinter dem

Dativ zugewiesen (vgl. (1) weiter oben).

Aufgrund dieser Annahme und des formalen Rektionsprinzips ist das Muster

NOM/DAT/PRÄP formal weniger optimal als die Muster NOM/AKK/DAT oder

NOM/AKK/PRÄP. Das läßt sich, wie bereits oben erwähnt, durch die Selektionshäufig-

keit dieser Muster bestätigen. Ein weiterer Hinweis für diese Annahme ist, daß das

Muster NOM/DAT/PRÄP, im Gegensatz zum Muster NOM/AKK/DAT, nicht als

Output einer produktiven Valenzerweiterung mit einem Dativus commodi oder

Pertinenzdativ dienen kann (Jacobs 1994b: 308). Vgl. (18):

(18) Sie sucht nach dem Ball.

Sie sucht ihm den Ball. ??Sie sucht ihm nach dem Ball.

Die Tatsache, daß regierte Präpositionen tiefer rangieren als der Akkusativ, läßt sich

auch dadurch motivieren, daß die überwältigende Mehrheit von ihnen der semantischen

Restriktion (11d) unterliegt (vgl. auch Breindl 1989: Kap. 1). Ich beschränke mich zur

Illustration auf das Rektionsmuster mit der Präposition auf.

Von den 116 Verben, die Bouillon (1984) bespricht oder auflistet, gibt es kein

einziges Verb, in welchem das Präpositionalobjekt mit auf eine physisch kontrolliert

manipulierte Entität bezeichnet. NOM/DAT/AUF scheint es nicht zu geben.

NOM/AUF-Verben sind z. B. folgende: es absehen, achten, ankommen, anspielen,

anstoßen, antworten, anwachsen, anwenden, aufpassen, ausgehen, ausrichten, ausüben,

ausweiten, basieren, bauen, beharren, beruhen, bestehen, brennen, es bringen,

drängen, dringen, eingehen, einreden, enden, entscheiden, erkennen, fahnden, feuern,

fußen, geben, halten, hereinfallen, hinarbeiten, hinausgehen, hinauslaufen, hindeuten,

hinweisen, hoffen, horchen, hören, klagen, kürzen, lauern, losgehen, passen, pochen,

prüfen, reagieren, rechnen, reflektieren, reimen, ruhen, schelten, schielen, schießen,

schimpfen, schließen, schmähen, schwören, setzen, sinnen, spekulieren, spielen,

sticheln, taufen, treffen, trinken, übergehen, übergreifen, umsatteln, umsteigen,

untersuchen, verfallen, verlängern, vertrauen, verweisen, verzichten, warten, wechseln,

weisen, wetten, zählen, zielen, zugehen, zurückgehen, zurückkommen.

NOM/AKK/AUF-Verben sind z. B. folgende: richten, schätzen, schieben, übertragen,

überweisen, vorbereiten, verteilen, zurückführen. Mit obligatorisch reflexivem

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Akkusativ findet man folgende: sich ausdehnen, sich auswirken, sich belaufen, sich

berufen, sich beschränken, sich besinnen, sich beziehen.

Bouillon (1984) vernachlässigt einige Partikelverben mit ein-, deren

Präpositionalobjekt eine physisch kontrolliert manipulierte Entität bezeichnet:

eindreschen, einprügeln, einschlagen. Dieser Befund ist typisch für

Präpositionalobjekte: die meisten befolgen die Restriktion (11d), es gibt jedoch eine

kleine Zahl von Verben, die es nicht tun. Aus diesem Grund wurde (11d) als strikte

Restriktion auf die Kasusrektion eingeschränkt. Vgl. auch (19)-(21):

(19) (a) Peter aß den Kuchen.

(b) *Peter aß des Kuchens/dem Kuchen.

(c) Peter aß vom Kuchen.

(20) (a) Peter lädt das Heu auf den Wagen.

(b) Peter belädt den Wagen mit dem Heu.

(21) (a) Peter warf die Steine gegen die Mauer.

(b) Peter warf mit Steinen gegen die Mauer.

Das Vorkommen präpositional realisierter Argumente, die eine physisch kontrolliert

manipulierte Entität bezeichnen, wird dadurch entschärft, daß sie auch als

Akkusativargumente realisiert werden können. Das formal weniger optimale Muster

setzt somit die Präsenz eines formal und rollensemantisch optimalen Musters bei diesen

Verben voraus.

Die Tatsache, daß die präpositionale Rektion in (19c), (20b) und (21b) der seman-

tischen Restriktion (11d) nicht folgt, heißt aber noch nicht, daß die gezeigte Rektions-

alternation keine rollensemantische Motivation im Sinne des allgemeinen Prinzips (10)

hat. Das Argument im Akkusativ impliziert eine zusätzliche semantische Eigenschaft,

die das präpositional kodierte Argument nicht aufweist. Das Akkusativargument

impliziert das sukzessive Erreichen eines bestimmten verbspezifischen Zielzustands,

weshalb diese semantische Rolle von Krifka (1989: 158f.) sukzessiv affiziertes Patiens

genannt wird (vgl. eingehender Dowty (1991: 587f.) und Ickler (1990: 2f.)). Diese

Eigenschaft wurde zwar in dieser Arbeit nicht in die Liste der rollensemantischen

Begriffe aufgenommen, aber es spricht nichts dagegen dies zu tun (vgl. Dowtys

'incremental theme'). Diese Beobachtungen deuten darauf hin, daß die hier eingeführte

Liste von rollensemantischen Begriffen unvollständig ist und durch weitere semantische

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Grundbegriffe, die die verbale Rektion steuern können, ergänzt werden muß.

Auch agentivische Argumente können als Präpositionalobjekte realisiert werden.

Weniger problematisch für die semantischen Rektionsprinzipien ist das Agens im

Passiv, wie weiter oben im Abschnitt 4. festgehalten wurde. Um markierte

Lexikalisierungen relativ zum Prinzip (10) handelt es sich jedoch beim Kasusmuster

von bekommen, kriegen und erhalten, wenn man für sie die rollensemantische Struktur

eines Verbs wie geben (vgl. (7a)) ansetzt und das Präpositionalargument als den ggf.

kontrollierenden Verursacher x auffaßt (vgl. die semantische Analyse in Kunze 1991:

130f.).

5.5 Genitivrektion

Was die Genitivrektion betrifft, so kann für das Gegenwartsdeutsche die strikte,

diachronisch bedingte Regel aufgestellt werden, daß sie unproduktiv ist: es gibt weder

neuere verbale Entlehnungen noch produktive verbale Wortbildungsmuster, die einen

Genitiv fordern. Dies läßt sich durch den niedrigen Hierarchierang und durch das

universale formale Rektionsprinzip (2b) erklären. Unter den wenigen noch vorhandenen

Verben mit GEN wählen die meisten das formal relativ optimale Muster

NOM/AKK/GEN, z. B. beschuldigen, berauben, bezichtigen, entwöhnen, unterziehen,

zeihen, mit obligatorisch reflexivem AKK z. B. sich annehmen, sich bedienen, sich

befleißigen, sich begeben, sich bemächtigen. NOM/GEN-Verben sind z. B. bedürfen,

entbehren, ermangeln, gedenken, walten. Das nicht optimale Muster NOM/DAT/GEN

gibt es nur bei zwei Adjektiven (ich war mir dessen nicht bewußt/sicher). Bei keinem

der Verben verletzt das Genitivargument die Restriktion (11d), die die Genitiv- und

Dativzuweisung an eine physisch kontrolliert manipulierte Entität ausschließt, oder die

Restriktionen (11a, b), wonach ein Genitivargument nicht mehr Agenseigenschaften als

ein Koargument im Nominativ und nicht mehr Patienseigenschaften als ein Koargument

im Akkusativ aufweisen darf.

6. Zusammenfassung

Der hier vorgestellte Ansatz zur Erklärung der Rektionsmuster im Gegenwarts-

deutschen setzt ein hierarchisches System von Formfunktionen (verbregierten Kasus

oder Adpositionen) voraus, das nicht von anderen syntaktischen oder semantischen

Hierarchien abgeleitet wird. Insbesondere wird eine strikte Trennung zwischen dem

System der strukturell-topologischen Formfunktionen und dem System der

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morphologischen bzw. adpositionalen Formfunktionen vorgenommen. Einige

rollensemantische Rektionsrestriktionen, die als strikte Restriktionen nur für die

Kasusrektion im Gegenwartsdeutschen gelten, zeigen, daß es sinnvoll ist, auch

zwischen Kasusrektion und adpositionaler Rektion zu unterscheiden.

Auf der Grundlage eines hierarchischen Systems von Formfunktionen wurde

zunächst ein sprachenübergreifendes formales Rektionsprinzip formuliert und anhand

der Rektionsmuster des Gegenwartsdeutschen eingehender überprüft. Der erste Teil

dieses Prinzips garantiert, daß die Selektion einer rangniedrigeren Rektionssubkategorie

asymmetrisch die Selektion (mindestens) einer ranghöheren Rektionssubkategorie

impliziert. Der zweite Teil besagt folgendes: je höher eine Rektionssubkategorie auf der

Hierarchie von Formfunktionen rangiert, um so mehr verbale Regenten selegieren sie.

Das hier vorgestellte rollensemantisch determinierte Rektionsprinzip hebt sich

von alternativen Ansätzen dadurch ab, daß es ohne Hierarchie von semantischen Rollen

auskommt. Voraussetzung für dieses Prinzip ist eine multifaktorielle Auffassung von

semantischen Rollen, die zuläßt, daß sich Argumente nach der Anzahl

rollensemantischer Basisrollen unterscheiden lassen. Das semantische Rektionsprinzip

besagt nämlich, daß verbale Rektion nicht nur auf die Unterscheidung zwischen Agens

und Patiens reagiert, sondern auch auf die Quantität rollensemantischer Information, die

ein Argument akkumuliert. Was seine Reichweite betrifft, so ist das Prinzip

konstruktionsunabhängig (d. h. es gilt für Aktiv und Passiv gleichermaßen) und

sprachenübergreifend, was hier aus Platzgründen nur an Nominativsprachen und nur am

Rande gezeigt werden konnte.

Ein Rektionsmuster kann ein bestimmtes Rektionsprinzip verletzen, um damit

einem konkurrierenden Rektionsprinzip zu folgen, wie an mehreren Beispielen gezeigt

werden konnte. Die Besprechung mehrerer repräsentativer Rektionsmuster des

Deutschen und die sprachvergleichenden Bemerkungen haben die Plausibilität der hier

vorgestellten Prinzipien und Annahmen demonstriert. Einige Muster weisen eher auf

die Unvollständigkeit des hier vorgestellten rollensemantischen Begriffsapparates als

auf eine Schwäche der vorgestellten Prinzipien hin.

Erst die sprachenübergreifende Gültigkeit dieser Prinzipien garantiert, daß sie als

Erklärung für einzelsprachliche Erscheinungen dienen können. Zu diesen zählen auch

einige hier vorgestellte strikte formale und rollensemantische Rektionsrestriktionen im

Gegenwartsdeutschen. Zitierte Literatur

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