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EMERGING ARTISTS 2013
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Emerging Artists 2013

Mar 14, 2016

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Dies ist der Katalog für die Emerging Artists Exhibition im Rahmen der Affordable Art Fair Hamburg 2012 die vom 14.11. bis 17.11.2013 in den Messehallen Hamburg zeitgenössische Kunst zwischen 100 und 5.000 Euro auf 4500 Quadratmetern präsentiert. Die Emerging Artists Exhibition 2013 gibt einen Einblick in die facettenreiche und lebendige junge Kunstszene Hamburgs. Sieben sehr unterschiedliche Positionen werden hier zusammengeführt und einander gegenübergestellt.
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EMERGING ARTISTS 2013

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VORWORT

JiVan FRensTeR

Paul GReGOR

JORel Heid alexandRa GRiess

isabell KamP

niKOla GORdes sTella ROssié

We aRe Visual

HOlGeR WilKens

Kati Werkmeister

Der belebte Raum

Jasmin sHamsi

„There are things that can´t be grasped nor can they be defined or limited“

belinda GRace GaRdneR

Wunder des Alltags Jivan Frensters Poesie des Banalen

Justus duhnkrack

Geht unter die Haut

meRle RadTKe

Suppbar / Suppar / Supbar

Felicitas Rhan

Die Wahrheit hinter der Fotografie

cora Waschke

Freies Spiel

52 — 59

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28 — 35

36 — 43

44 — 51

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EMERGING ARTISTS 2013

HAMBURG MESSE

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Jeder kennt sie, die eisernen, in gleichmäßigem Ab-stand auf Treppenstufen, Geländern oder Sockeln an-gebrachten Noppen an öffentlichen Plätzen. Sie sollen verhindern, dass Skateboardfahrer mit ihren Brettern über Kanten ‚sliden und sich den gegebenen Raum zu Nutze machen. Ein kleiner, aber effektvoller Eingriff, der das Leben und die Atmosphäre eines Ortes maß-geblich mitbestimmt und prägt. Das Künstlerkollektiv We Are Visual, das zusammen mit acht weiteren Ham-burger Künstlern auf der Emerging Artists Exhibition 2013 vertreten ist, nimmt solcherlei Interventionen im öffentlichen Raum gezielt in den Fokus und setzt ihnen eigene Ideen und Vorstellungen von Stadtgestaltung entgegen: Eiserne Noppen werden durch applizierte Beschläge wieder befahrbar gemacht, von der Stadt verschalte Abluftschächte werden wieder freigelegt und mit Betten für Obdachlose versehen. Auch wenn den jeweilig vorgenommenen Inventionen meist kein langes Leben vergönnt ist, machen sie auf die Kon-sequenzen solcher Eingriffe aufmerksam und zeugen von dem Anspruch, den eigenen Lebensraum mit wachem Auge wahrzunehmen, zu überdenken und aktiv mitzugestalten. Auch Holger Wilkens fordert den Betrachter dazu auf seinen Arbeiten mit kritischem Blick gegenüberzutreten und genauer hinzusehen. Für seine Serie Stars besuchte Wilkens die Archive der Tautenburger Sternwarte, um dort Fotoplatten einzuse-hen, die Sternennebel unseres Sonnensystems zeigen. Im Fotolabor veränderte Wilkens die Negative der wissenschaftlichen Aufnahmen „durch Abwedeln und Nachbelichten“ so, dass weitere, „eigene galaktische Nebel“ (Zitat Felicitas Rhan siehe S. 53) entstehen.

Diese manuell modifizierten, astrologischen Aufnahmen stellt Wilkens in direkten Bezug zu seiner Serie Exo-planets; eine Reihung von vermeintlichen Planeten, die jedoch nicht aus Staub und Gas bestehen, sondern einzig in der Dunkelkammer zum Leben erweckt wur-den. Wilkens fotografische Trompe-l‘œils fangen nicht nur die einzigartige Schönheit der Sterne ein, sondern stellen auf ästhetische Art und Weise den Wahrheits-anspruch von Fotografie auf den Prüfstand. In Paul Gregors Werk wird dem Sternenhimmel eine ganz andere Bedeutung zuteil. Trotz ähnlichem Motiv wirkt die Fotografie aus Gregors Serie Children of our times im Vergleich zu den Stars von Holger Wilkens geheimnisvoller und poetischer. Die Unschärfe der Aufnahme legt den Betrachter nicht auf eine Idee fest, sondern animiert ihn zu verschiedenen Assoziationen. Sieht man Sterne, eine vom Mond angeleuchtete Wolke oder aufgewirbelten Staub, der das Blitzlicht der Kamera spiegelt? Gregors fast ausschließlich analog aufgenommen Fotografien entziehen sich durch technische Kunstgriffe wie Doppel- und Über-belichtung bewusst der eindeutigen Bestimmbarkeit und bieten Raum für traumhafte, stimmungsvolle Aus-flüge in die subjektive Welt der eigenen Gedanken. Jivan Frenster, dessen vielfältiges Werk von Malerei bis zur Installation, von Perfomance bis zum Video reicht, versteht es mit teilweise nur kleinen Eingriffen Vertrautes zu verfremden und in einen neuen, uner-warteten Kontext zu stellen. Bei seiner Arbeit Rosette beispielsweise, die er 2013 in der Galerie Genscher umsetzte, lackierte Frenster den kreisrunden Stuck der Decke mit glänzender Farbe. Der gesunde rosarote

VOR WORT

Autorin

JudiTH Waldmann

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Farbton evoziert in Verbindung mit der plastisch or-ganischen Form der Stuckrosette unweigerlich Asso-ziationen zum menschlichen Körper. Durch einfache Mittel wird dem sterilen Gips Leben eingehaucht: Fast schon aufdringlich präsentiert sich die neugewonne-ne, üppig-ornamentale Fleischlichkeit dem Betrachter und fesselt Blick und Gedanken. Das Künstlerduo Jorel Heid und Alexandra Griess schafft hautsächlich raumgreifende, multimediale In-stallationen, die auf die jeweilige Umgebung reagie-ren oder selbige unmittelbar miteinbeziehen. In der audiovisuellen Arbeit Glauben Wissen von 2013 über-setzt das Kollektiv beispielsweise die dynamischen Bewegungen einer Tänzerin in eine Lichtpartitur. 32 dimmbare Neonröhren, die in unterschiedlicher Höhe senkrecht von der Decke hängen, wurden so pro-grammiert, dass sie den Ablauf der Tanzchoreogra-fie aufnehmen und die Emotionen der ausgeführten Gesten und Bewegungen durch hell aufscheinendes und sich wieder verdunkelndes Licht visualisieren. Während sich Jorel Heid und Alexandra Griess aus-schließlich abstrakter Mittel bedienen, um die Sinne anzusprechen und Emotionen erfahrbar zu machen, greift Isabell Kamp hierfür wiederum auf eine figurati-ve Darstellung zurück. Every time I reach for you I grab space instead lautet der Titel der Installation, die 2013 zum ersten Mal in den modrigen, nur schwach be-leuchteten Kellerräumen der Galerie Feinkunst Krüger ausgestellt wurde. Sie zeigt fünf vollplastische Hände aus glasierter Keramik, die als Mobile arrangiert von der Decke hängen; sich umkreisend, nach einander ausstreckend, wieder voneinander entfernend, aber

jedoch niemals berührend. Die stetig bewegten Kör-perfragmente führen ein außergewöhnliches Stück auf, das von menschlichem Verlangen, tastendem Suchen aber auch von Ablehnung und Enttäuschung erzählt. Zwischenmenschliche Kommunikation und deren Konsequenzen spielen auch in dem Kurzfilm Suppar von Stella Rossié und Nicola Gördes eine maßgebliche Rolle. Hier wird vom Alltag der Beleg-schaft einer einfachen Bar berichtet. Jeder der An-gestellten hat seine Routinen, die dem Einzelnen Si-cherheit und Stabilität geben. Doch wie es das Leben so zuspielt, werden die Gewohntheiten durch eine Reihung an Vorkommnissen gestört und bringen das fragile Gefüge der Gemeinschaft aus dem Gleich-gewicht. Die Protagonisten sind nicht in der Lage zu kommunizieren: Stück für Stück geht die Bar langsam aber sicher ihrem Ende entgegen. Was zu guter Letzt bleibt ist ein Berg an Suppentassen und das Spiel eines Straßenmusikanten auf dem Parkplatz vor der Bar; doch auch er hört irgendwann auf zu musizie-ren und verlässt schlussendlich als Letzter die Szene.

Mein besonderer Dank gilt Nikolaus W. Schües und Jörn Wiemann, die mit Ihrer großzügigen finanziellen Unterstützung die Ausstellung, sowie den begleiten-den Katalog ermöglicht haben. Danken möchte ich auch den teilnehmenden Künstlern und Autoren dieses Bandes, sowie unserem Artdirektor Christoph Bruns und dem Messedirektor Oliver Lähndorf.

Judith WaldmannKuratorin

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Als multimedial arbeitender Künstler, dessen Inter-essenspektrum einen weiten Bogen von der Natur-schönheit bis zum Kitschobjekt und von ästhetischen Erforschungen im Terrain der Hochkultur bis zur Un-tersuchung des Trivialen in unserer Alltagsrealität spannt, nimmt der Künstler meist nur sparsame Set-zungen und subtile Verschiebungen vor, um die von ihm gewünschte inhaltliche und formale Dynamik des jeweiligen Gegenstands oder der Komposition frei-zusetzen. Durch seine spezifische Auswahl künstleri-scher Mittel und Materialien und den damit jeweils verknüpften Bildsprachen durchbricht er Hierarchien

JiVan FRensTeR Wunder des Alltags Jivan Frensters Poesie des Banalen

Autorin

belinda GRace GaRdneR

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Ein rosafarbenes Kissen und ein türkisgrüner Pullover sind in zärtlicher Umarmung vereint: nicht nur farblich ein komplementäres Paar. Auch von der Anmutung her teilt die eigentlich abwegige textile Vereinigung die Innigkeit von Liebenden mit, wobei diese spezi-fische Verbindung ihre besondere Energie aus der hohen Poesie der Absurdität ebenso bezieht wie aus der Aufladung des zunächst Belanglosen mit viel-schichtiger Bedeutung. In einem anderen Fall wird ein Madonnenbildnis im künstlerischen Selbstporträt mittels Froteehandtuch, Op-Art-Muster-Schlips und anderen Stoffen des Alltags nachgestellt. Oder aber ein Spannbettlaken wird auf Keilrahmengrund zu einer monochromen Komposition der anderen Art umdefiniert, die sich aus dem ästhetischen Off auf die Tradition der abstrakten Malerei bezieht und letz-tere zugleich über diverse Inversionen und Subver-sionen in die Jetztzeit katapultiert. Aus dem Fundus der „Low Culture“ schöpfend, befasst sich der Hamburger Künstler Jivan Frenster, geboren 1986 in Santa Fé, New Mexico, USA, mit dem Körper und dessen Repräsentationen in der (Kunst-)Geschichte und in unserer Medienkultur heute. Bewusst setzt er dazu einfachste Mittel ein und integriert Fundstücke aus dem öffentlichen Raum, aus dem Baumarkt oder aus dem eigenen häuslichen Umfeld, um die großen Themen des menschlichen Daseins mit spielerischer Präzision zur Anschauung zu bringen.

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und überwindet die Grenzen zwischen „high“ und „low“: Beiläufiges wird dabei zu Erhabenem erhöht und das traditionell Bedeutende hinterfragt, wenn nicht gar vom Sockel gehoben. Im Sinne eines Zitats des belgischen Surrealisten René Magritte, wieder- gegeben in der berühmten Abhandlung zur „Ästhetik des Verschwindens“ des französischen Geschwin-digkeitstheoretikers Paul Virilio von 1980 (deutsche Fassung: Berlin 1986), eröffnet Jivan Frensters trans- formierender Blick auf die uns umgebende Welt „etwas anderes, Nicht-vertrautes (...), das uns zugleich

mit den vertrauten Dingen erscheint.“ Indem wir, wie Virilio Magrittes surreale Strategie beschrieben hat und Frenster es auf die ihm eigene Weise praktiziert, „auf das Banale achten, auf das Gewöhnliche, auf das Infra-Gewöhnliche“, erscheint uns die vom Künstler ins Bild gesetzte Umarmung von Kissen und Pullover als zwischen Komik und Ernst oszillierende Manifestation des großen Gefühls und dessen kunst-historisch ausgeformten Gesten: im popkulturell durchwirkten Gewand einer hochaktuellen, dezidiert barrierefreien Ästhetik.

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Digitalprint / 52 x 37 cm

o.T. —— 2012

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o.T. —— 2012

Dig

italp

rint /

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x 16

0 cm

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o.T. —— 2012

Stuhl, Pullover & Acryllack / 43 x 43 x 95 cm

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Span

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cm

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Kissen & Longsleeve / 50 x 30 x 30 cm

o.T. —— 2012

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o.T. —— 2013

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Installation / Stuckrosette, Acrylfarbe & Kopfspiegellam

pe / ø 80 cm

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Eine unaufgeregte, intime Stimmung kennzeichnet sein fotografisches Schaffen. Die Bildausschnitte sind eng gewählt, um das Wesentliche herauszustel-len. Seine Protagonisten wirken oftmals unbeob-achtet und strahlen die Vertrautheit von Menschen aus, die uns nahe stehen. Als stille Beobachter lässt uns Paul Gregor an einem Moment teilhaben, der zeitlos und allgemeingültig ist. Durch Doppel- und Überbelichtung schafft er traumartige Sequenzen, in denen sich feingliedrige Silhouetten vor einem hellen Frühlingshimmel abheben, aus dichten Wolkende-cken aufscheinen oder leichten Schrittes über Baum-kronen wandeln. Organische, weiche Formen über-schneiden sich mit klaren Linien und Kanten. Licht-säume umspielen die Konturen der Körper, Gesich-ter und Haaransätze seiner „Queens“ und „Kings“ und hüllen sie in eine besondere Aura. Auch Spie-gelungen sind ein wiederkehrendes Motiv und für einen Moment scheint die Logik der Schwerkraft hier aufgehoben: Wo ist der Anfang und wo das Ende? „In this world we live in, everything demands an ex-planation. But there are things that can’t be grasped nor can they be defined or limited” — Gregors Kom-mentar bezieht sich auf die Bildserie “Children of our times”, in der sich ein Junge geisterhaft und in diffu-ses Licht getaucht zwischen Farnen und dichtem Ne-bel bewegt. Die surrealistisch anmutenden, trüben Szenen werden durch das Bild einer mit Spektralfar-ben überblendeten Micky-Maus-Figur kontrastiert. Doch ist der farbenfrohe Kindertraum nur von kur-zer Dauer – den Gesamteindruck der Serie prägen dunkelgrün-blaue Farben, die das Ungewisse verge-genwärtigen.

Paul GReGOR„There are things that can´t be grasped nor can they be defined or limited“

Autorin Jasmin sHamsi

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Nebel, Rauch, Staub, Licht, Leichtigkeit, Freiheit. Mit Paul Gregors Fotografien verbindet man Momente im Leben, die losgelöst sind von der Realität, die gefärbt sind von persönlichen Eindrücken und Er-innerungen, von einer Atmosphäre, die alle Sinne anspricht. Paul Gregor fotografiert Menschen und doch handelt es sich bei seinen Aufnahmen selten um klassische Portraits. Pflanzen, Haarsträhnen oder dunkle Schatten verdecken die Gesichter, Köpfe und Körper sind dem Betrachter abgewandt oder die Augenlider gesenkt. Wiederum andere Portrait-serien erlauben dem Betrachter in einen direkten Blickdialog mit dem bildlichen Gegenüber zu treten. Jene Aufnahmen zeigen Paul Gregors Auseinander-setzung mit spezifischen Persönlichkeiten, denen er sich im fotografischen Zwiegespräch nähert und Aspekte ihrer Lebensgeschichte in den Gestaltungs-prozess einfließen lässt.

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Verborgenes und Rätselhaftes ziehen sich als We-sensmerkmale durch das Werk des in Hamburg lebenden Künstlers mit spanischer Herkunft. Mensch und Natur sind in Paul Gregors Fotografien mitei-nander verwoben und befinden sich im stetigen Austausch. Auch integriert der Künstler häufig Bezüge zu seiner Kindheit, seiner Herkunft oder einer be-stimmten Zeit in den Gestaltungsprozess. Hierbei dienen ihm sowohl Familienfotografien als auch Vorlagen aus alten Zeitschriften und Büchern. Eine solche Collage von Erinnerungsbildern zeigt sich beispielsweise im „Eisläufer“. Mit seiner konzen-trierten, leicht nach vorne gebeugten Körperhaltung

scheint der Kunstläufer dem runden Bildausschnitt vollkommen eingepasst zu sein. Eine nahezu runde, kristalline Form ist seinem Körper überlagert, wo-durch die Harmonie der Bildkomposition betont wird. Die Arbeit hebt sich neben einer Reihe ähnlich ge-stalteter Aufnahmen insofern aus dem übrige Schaf-fen ab, als sie eine verstärkt grafische Gestaltung erkennen lässt. Bis auf wenige Ausnahmen erstellt Paul Gregor seine Fotografien analog und verzichtet ebenso auf digitale Nachbearbeitungen. Nicht nur bewahrt er damit die Ursprünglichkeit seiner Motive, sondern auch die Nähe zu seiner stark von der Intui-tion gelenkten Herangehensweise.

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Analoge Doppelbelichtung / 40 x 40 cm

eislaufer —— 2012

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o.T. —— 2012

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Feuerwerk —— 2013

Analoge D

oppelbelichtung / 40 x 60 cm

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o.T. —— 2012

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79 x

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o.T. —— 2013

Aus der Serie „C

hildren of our times“ / A

naloge Doppelbelichtung / 70 x 100 cm

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o.T. —— 2013

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wachterin —— 2013

Analoge D

oppelbelichtung / 40 x 60 cm

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unter dem Fußboden an, die der Betrachter sich nur ausmalen kann, die aber unerreichbar bleibt. Die hier gezeigte Verbindung von Natur und Raum hat etwas Irritierendes und bricht die Grenzen zwischen Drinnen und Draußen auf. Farblich sind die meisten Arbeiten auf Schwarz und Weiß und die dazwischen liegenden Grautöne reduziert; Farben, die gegen-sätzlich und eigentlich eher farblos sind. Metapho-risch sind Schwarz und Weiß, Licht und Schatten, stark aufgeladen und stehen für die Antagonismen Gut und Böse, Tod und Leben. Auch die 2011 im Rah-men der Konzertreihe „Stark bewölkt“ entstandene Arbeit „Cloudspotter visuell“ ist auf Schwarz, Weiß und Grautöne beschränkt. Zudem wird hier ein wei-teres Hauptthema des Künstlerduos bearbeitet: die Visualisierung von Musik und Geräuschen. Ein ge-knittertes schwarzes Papier bewegt sich zu Gregory

alexandRa GRiess und JORel HeidDer belebte Raum

Autorin KaTi WeRKmeisTeR

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Gespenstische, weiße Lichter durchziehen den schwarzen Raum wie Wetterleuchten. Sie scheinen zu tanzen, zu einer Musik, die der Betrachter nicht hört, nur sieht. Sofort wird man von diesem unge-wöhnlichen Spektakel in Bann gezogen. Diese kine- tische Rauminstallation (ohne Titel, 2012—13) funk-tioniert simpel, jedoch mit großer Wirkung: Plastik- folien werden mittels eines Ventilators in Bewegung versetzt und von dimmbaren Neonleuchten ange-strahlt. Das Künstlerduo Alexandra Griess (* 1977) und Jorel Heid (* 1982) arbeitet seit 2011 zusam-men. Ursprünglich kommen beide aus unterschied-lichen Disziplinen: Griess ist Malerin und Foto- grafin, Heid Lichtkünstler. Sucht man nach einem roten Faden in ihrem gemeinsamen Werk, stößt man schnell auf zwei immer wieder auftauchende Aspekte: Raum und Bewegung. Die beiden nehmen in ihren Installationen den Raum auf, transformieren ihn, absorbieren ihn und bauen mitunter etwas mys-tisch-magisches hinein. So auch in der Installation „Schwarzwald III“ (2013), die Teil der Ausstellungs-reihe „Was weiß ich schwarz II“ in der Galerie Linda in Hamburg war. Tannenwipfel ragen aus dem Dielenboden und deuten eine verborgene Welt

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Büttners Klangkunstwerk „Wenn uns jemand hört, sag, wir haben kurz Luft geschnappt“ und erscheint dadurch lebendig, organisch. Die Arbeit „Das Recht- eck in seiner natürlichen Umgebung“ ist 2012 im Rahmen einer Ausstellung in der „Weisses Blatt Galerie“ Leipzig in Zusammenarbeit mit Jivan Frens-ter und Julia Terbuyken entstanden. Ein schwarzer, rechteckiger Teppich, der an zwei Seiten von einem Raum aus senkrecht gespannten, weißen Nylon-fäden umgeben ist, liegt auf einem wellenförmig gewölbten Steinboden. Durch die Reduktion der Farben wird eine grafische Klarheit geschaffen und der Fokus auf die verwendeten Materialien gelegt. Optisch drängt sich die Assoziation eines fliegen-den Teppichs auf, künstlerisch die Verknüpfung mit Kasimir Malewitschs „Schwarzem Quadrat“. Ge-mein mögen Malewitschs Werk und das „Schwarze

Rechteck“ von Griess und Heid den suprematisti-schen Gedanken haben „die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien“ (Zitat: Kasimir Malewitsch). Von der Malerei aus gehen sie in den Raum, vom Raum in die Bewegung. Im Gegensatz zu dem statischen Quadrat, nehmen die Fäden im Werk des Künst-lerduos die Geräusche einer Soundinstallation von Julian Terbuyken auf und versetzen den Raum wie von Zauberhand in Vibration. So scheint das Recht-eck — ein eigentlich leblos geglaubter Gegenstand — in seiner natürlichen Umgebung zum Leben zu erwachen. Die Dinge sind nicht wie sie erscheinen. Es geht um Zeigen und Verbergen, Sichtbares und Unsichtbares. Alexandrea Griess und Jorel Heid er-zeugen eine andere Wirklichkeit, eine eigene Welt, in der die Dinge ihrer eigentlichen Funktion enthoben und dem Ästhetischen unterworfen werden.

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Kinetische Installation — Folien, Ventilatoren und programmierte Neonröhren 1 — 4 (floating Kapriole)

o.T. —— 2012 / 2013

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o.T. —— 2012 / 2013

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Filmstill 1 —

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cloudspotter visuell —— 2011

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schwarzwald iii —— 2012

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o.T. —— 2012

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Sie interessiert was unter der nach außen wahrnehm-baren Oberfläche ist: nicht-greifbare Eigenschaften wie Erfahrungen, Emotionen, Worte, Seele, Liebe, Charakter. Die menschlichen Proportionen und fast naturgetreue Abbildung des Äußeren in ihren Arbei-ten kontrastieren den tatsächlichen Fokus: das Wesen des Menschen. Sie abstrahiert das Innere des Men-schen zu einer perlenförmigen „Menschmasse“ - in Größe, Zusammensetzung und Verbindung in jedem Werk verschieden. Genauso wie der Mensch sich nicht in einzelne Bestandteile einteilen lässt, bleibt auch die Projektionsflächen, die die Künstlerin durch die Perlen erschafft, offen für weitere Eigenschaften und Fantasien. Auf diese Weise entsteht eine Bild-sprache mit der sie unerforschte Zusammenhänge und nicht -körperliche Bestandteile des Menschen darstellt. Form und Auswahl der dargestellten Kör-perteile erschließen sich über assoziative Gedan-kengänge. Kopf, Hände, Füße, Mund verkörpern sinnbildlich verschiedene Funktionen und Interak-tionsmöglichkeiten, wie Gestik, Mimik, Intelligenz, Sprache, Stärke oder Standhaftigkeit. Assoziationen löst auch die Farbgebung einzelner Perlensammlun-gen aus, die mit unterschiedlichen Farbsymboliken spielen.

Nicht nur thematisch, sondern auch technisch ist der Vergleich zur Wissenschaft nicht weit hergeholt. Mit höchster Genauigkeit, Sorgfalt und Konzentration entstehen aus ihrer Hand Keramiken und Zeichnun-gen, auf höchstem technischen Niveau. Gekonnt nutzt sie das Zusammenspiel beider Werktypen. Schwebende Perlen, die plastisch nicht ohne Illusi-onen und Behauptungen umzusetzen sind, entfal-ten ihre Wirkung in Zeichnungen. In der Akribie und Detailverliebtheit einzelner Arbeiten offenbart sich der Schaffensprozess und die Arbeitseinstellung der Künstlerin. Jedes einzelne Detail ist von der Künstlerin selbst und eigenhändig hergestellt und gibt den Arbeiten eine besondere Ausstrahlung der Authentizität. Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Der Arbeitsprozess von Isabell Kamp ist planvoll und kon-zeptuell angelegt. Nichtsdestotrotz entwickelt sich ihr Œuvre permanent weiter. Ideen und Eindrücke

isabell KamP Geht unter die Haut

Autor

Justus duhnkrack

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Isabell Kamps Arbeiten beschäftigen sich mit dem Menschen. Mit nichts Geringerem. Unzählige Wissenschaften forschen und arbeiten an der komplexen Struktur organischer, psychischer, neurologischer und vieler weiterer Voraussetzungen, die den Menschen aus-machen. Isabell Kamp ebenfalls. Anstatt sich auf die plane Abbildung und Nachahmung unserer biologischen Masse zu konzentrieren, geht sie erheblich weiter. Isabell Kamp geht unter die Haut.

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integriert sie unmittelbar in ihre Werke. Ebenso zeugt die Art der Präsentation ihrer Arbeiten von einem konsequent durchdachten Konzept. Oft präsentiert Isabell Kamp ihre Arbeiten mit einem musealen Cha-rakter und setzt damit die Verspieltheit menschlichen Verhaltens der naturwissenschaftlichen Ernsthaftig-keit entgegen. Das steigert die intensive Wirkung der Erfahrungen und Gedanken, die aus den Motiven ihrer Arbeiten sprechen und Geschichten über den Menschen erzählen.

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Keramik, Holz & Schnur / ca. L 90 x B 15 x H 10 cm / Installationsansicht Feinkunst Krüger Hamburg

every time i reach for you i grab space instead —— 2013

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meine Worte gehorchen nicht iii —— 2013

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Knowing —— 2013

Weisse Tonm

asse & Glasur / ca. L 48 x B 35 x H

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in den dingen —— 2012

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in den dingen —— 2012

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in den dingen Viii —— 2012

Tuschestift & Graphit & Lack / 30 x 42 cm

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installationsansicht P/aRT —— 2013

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Die reduzierte Einrichtung der Bar sowie die Inszenie-rung von Details wie der zur Eröffnung angebrachten Girlande und dem blinkenden Open-Schild erinnern an eine Theaterkulisse. Ebenfalls einem Theaterstück vergleichbar, gestaltet sich der Auftritt der Protago-nisten. Stillschweigend nehmen sie ihre Plätze ein. Die erste Runde wird eingeläutet, ein Gast betritt die Bar, bestellt eine Suppe. Lustlos machen sich die drei Frauen an der Theke an die Bestellung, die Aufgaben sind klar verteilt: die erste bedient den Wasser-kocher, die zweite präpariert die Suppe, die dritte kassiert. Sie wechseln kein Wort miteinander; auch mit den Gästen wird nur das Nötigste gesprochen. Durch die konsequente Nachvertonung des Films und die bewusste Verschiebung von Bild und Ton sind die einzelnen Charaktere nur schwer zu fassen. Erneut läutet die Glocke, ein neuer Gast, die gleichen Fra-gen: „Bouillon? Buchstabe?“ Spätestens nach der Be-stellung des dritten Gasts, dem das „L, S, D“ in der Suppe verwehrt bleibt, ist klar, dass in der Bouillon der Supbar immer nur ein Buchstabe schwimmen darf.Höhepunkt eines jeden Arbeitstags stellt der Besuch des schönen Ronny Pfeiffer dar, der die handver-lesenen Buchstabennudeln liefert. Ist er im Raum, scheint für die Damen hinter der Theke alles andere inexistent.

nicOla GORdes sTella ROssié Suppbar / Suppar / Supbar

Ein Film von Nicola Gördes und Stella Rossié

Autorin meRle RadTKe

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1 Prise Maggi Rinderbouillon in Pulverform1 Buchstabennudel nach Wahl1 Becher kochendes Wasser

Inspiriert von unaufwendigen Ladenkonzepten, kam Nicola Gördes und Stella Rossié die Idee zu ihrem Kurzfilm Suppbar/Suppar/Supbar, der in drei Akten die Geschichte einer Bar erzählt, deren Angebot allein in aufgegossenem Brühpulver mit Buchstaben-nudeln besteht.

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Nimmt der erste Akt die Interaktion zwischen Mitar-beitern und Gästen der Suppbar in den Blick, widmet sich der zweite den Zutaten der Suppe sowie der Situation im Gastraum. Es gibt keine Tische, ebenso fehlt es an Besteck. Im Stehen schlürfen die Gäste ihre Suppe. Mit den Eigenheiten der Bar vertraut und gefangen in der Schleife der immer gleichen Abläufe, wird man im dritten Akt mit dem Aus der Bar konfrontiert. Zunächst sorgt ein schottischer Gast mit seiner englischen Bestellung für große Rat-losigkeit unter den drei Damen an der Theke, dann verlässt auch noch die Wasserkocherin die Bar, da sie den Anblick Ronny Pfeiffers mit der Spülerin nicht länger erträgt. Weil es fortan niemanden gibt, der den Wasserkocher bedient, müssen Bardame und Kassiererin die Suppar schließen. Ein zerbrochener Becher besiegelt das Aus. Während Nicola Gördes und Stella Rossié den einen also aufgrund des Man-gels an passendem Vokabular scheitern lassen, werden die beiden zurückgebliebenen Bardamen

zu Opfern ihrer Routine, der ungewohnten Situation nicht gewappnet. Vollkommen apathisch bleibt die Bardame nach der Schließung der Suppbar hinter der Theke zurück, hackt mit einem Messer zwischen ihre Finger. Sie flüchtet sich in eine Routine, die dem Publikum vor allem als Geräusch aus dem Off be-kannt ist, welches den Film von Beginn an begleitet. In der nächsten Einstellung begegnet man den Pro-tagonisten des Films in einer surrealen Schneeland-schaft. Die Bar ist Vergangenheit. Die Kamera zieht vorbei an Ronny Pfeiffer und der Spülerin, die auf der Motorhaube eines BMW’s sitzen, vorbei auch an der Bardame und der Kassiererin, die zwischen den Suppenbechern stehen, unbeteiligt vor sich hin-schauen, rauchen. Angekommen bei einem Mann an einem Keyboard stoppt die Fahrt. Dieser drückt auf die Tasten des Instruments, doch als er nach einer Weile aufsteht und das Bild verlässt, wird klar, dass alles nur Schein war, die Musik hört nicht auf, läuft weiter ...

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Filmstill

suppar —— 2013

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suppar —— 2013

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Filmstill

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Film

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suppar —— 2013

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suppar —— 2013

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Filmstill

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Die Arbeiten von We Are Visual zeugen vom Willen zur Rückeroberung verlorener Handlungs- und Bewegungsfreiheit im Spielraum Stadt.

Offizielle Wegführungen und Streckennetze geben Bewegungsrichtungen vor und entscheiden, was ge-sehen wird und was verborgen bleibt. Die Arbeit von WAV kann als Versuch interpretiert werden, durch „Installation, Intervention und Inventionen“ fernab von vorgegebenen Wegen den Blick zu öffnen und die Selbstbestimmung des passiven ‚Konsu-menten’ zu aktivieren. Damit bewegt sich das aus der Street Art kommende und Ende 2009 formierte Künstlerduo nicht nur im Bereich von Urban Art samt Berührungspunkten mit Graffiti und Parkour, sondern knüpft es zudem an vergangene Kunstbewegungen wie die der Situationisten an, die Kunst in den Alltag integriert wissen wollten und die Stadt als Spielplatz forderten.

Aus der Serie Mülleimer / Fotografie von Sebastian Asiedu

We aRe VisualFreies Spiel

Autorin

cora Waschke

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Poller und Zäune führen zur Einschränkung der Freiheit im urbanen Raum, aber auch scheinbar Unterhaltsames wie bunte Oberflächengestaltung und Musikbeschallung an Bahnhöfen können als disziplinarische Maßnahmen genutzt werden, mit denen das städtische Bild ‚von oben’ kontrolliert wird. Einen wenig subversiven Eingriff gegen alter- native Stadtgestaltung- und nutzung stellt die Ver-schalung von Abluftschächten des sich im Gen-trifizierungskrieg befindlichem Hamburger Stadt-teils St. Pauli dar. WAV befreite 2013 nicht nur die Wärmequelle für Obdachlose sondern installierte davor Betten, die nach kurzer Zeit von städtischer Seite entfernt wurden. Dies ist eine Arbeit von vie-len, in denen Felix Jung und Marc Einsiedel von WAV sich ihrer künstlerischen Freiheit bedienen, um mit effektiven kreativen Eingriffen vor Ort mora-lisch verantwortlich zu handeln, „think global, act local“. Da aber diese Interventionen meist der dem Tourismus zuträglichen ‚Visage’ zuwider läuft, gel-ten sie als illegal. Dennoch wollen We Are Visual — und so ist auch ihr Name zu verstehen —sichtbar machen und sichtbar sein. Während der Installa-tion ihrer Werke tragen sie Signalwesten, die es ihnen bis zu einem gewissen Punkt ermöglichen, ungestört zu arbeiten und die zugleich auf den Zu-sammenhang zwischen Legitimation und Autorität anspielen.

o.T. —— 2013

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Ausstellungsräume in Erscheinung des White Cube nutzen WAV, um im Stadtraum leicht zu Übersehen-des in den Fokus zu rücken. Die Erforschung, Verar-beitung und Aneignung von Material und Ästhetik des öffentlichen Raums in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen treten in jüngeren Werken ver-stärkt hervor. Mit Olymp zeigten WAV auf der P/ART 2013 als objet trouvé ein durch Brandstiftung defor-miertes Toilettenhaus, dessen Ästhetik des Vandalis-mus sie über einem großformatigen Spiegel expo-nierten. Klinische Kälte kontrastiert hier mit der Hitze

der Stadt. Eine Verbindung zwischen Ästhetik, Aktion und Konzept stellt ein Werk wie Zaun her, das 2012 in der Galerie Melike Bilir zu sehen war. Die hinterein-ander angeordneten Zaungitter sind so dem öffentli-chen Raum entnommen worden, dass insgesamt ca. 600 000 m2 Freifläche entstand. Die Inszenierung der Zäune entfaltet eine minimalistische Formensprache, und behandelt zugleich raumtheoretische und sozio-politische Fragen zum Thema Abgrenzung. Das Anlie-gen von WAV ist auch hier deutlich sichtbar: Freiheit — Freiheit in Bewegung, Handlung und Gestaltung.

Installationsansicht Galerie Melike Bilir / Fotografie von Sebastian Asiedu

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Zaun —— 2012

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Zaun —— 2012

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1—3

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OlYmP —— 2013

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Plastik Stahl Spiegel Holz / 190x190x230 cm

/ Installationsansicht P/ART 1—

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Zwei betten —— 2013

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Fotografie von Sebastian Asiedu 1—

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HOlGeR WilKensDie Wahrheit hinter der Fotografie

Autorin

Felicitas Rhan

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Muss Fotografie immer etwas abbilden? Dass man Lichtbilder auch ohne Kamera herstellen kann, ist allseits bekannt und seit Beginn der Fotografie er-probt. Fotogramme nennen sich die Experimente in der Dunkelkammer; Bilder, die aus dem Schwarz hervortreten und wie von Zauberhand entstehen. Man Ray schuf seine ersten Rayogramme 1922, in dem er Objekte auf lichtempfindliches Papier leg-te, anschließend belichtete und mit Bädern in ver-schiedenen Chemikalien sicht- und haltbar mach-te. Moholy-Nagy ging noch einen Schritt weiter und schuf als erster Künstler sein Selbstporträt als Fotogramm, wobei das Licht – im Gegensatz zur Fotografie – ohne die Reflexion durch den foto-grafierten Gegenstand direkt auf das Papier trifft. Doch wie nennt man Fotografie, die auf ein Objekt verzichtet und ausschließlich Licht abbildet? Holger Wilkens ist diesem Phänomen seit Jahren auf der Spur. Der Student der Bauhaus Universi-tät Weimar beschäftigt sich in seinen Fotografien hauptsächlich mit der Frage nach dem Unterschied zwischen abstrakter und konkreter Fotografie. Da-bei spielen das Licht und die in ihm enthaltenen Farben eine herausragende Rolle. Wann wird die Fotografie konkret und selbst zum Objekt, kann man Licht abstrahieren?

C—Print / 28 x 23 cm

exoplanets —— 2011

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In einer seiner ersten Arbeiten, seinen sogenann-ten Faltbildern („Foldings“), verzichtet Wilkens so-wohl auf Kamera als auch auf ein Objekt, sondern belichtet geknicktes Fotopapier mit verschieden farbigen Belichtern. Die Serie, die daraus entstan-den ist, wirkt überraschend: Fast dreidimensional begegnen dem Betrachter die Fotografien; dabei leuchten die unterschiedlichen Farbnuancen so plastisch, dass man meint, man habe es mit Licht-kästen zu tun, die hinter die Bilder montiert wurden. Zudem erinnern die akkuraten Linien und Formen einerseits an geometrische Experimente wie beim Kaleidoskop, andererseits könnten sie auch Nah-aufnahmen von Blütenblättern darstellen. Scheint es sich bei dieser Fotografieserie um Arbei-ten aus dem Mikrokosmos zu handeln, so beleuch-ten die „Stars“ und die „Exoplanets“ (scheinbar) un-seren Makrokosmos. Bei ersteren Fotos verknüpft sich das Interesse des Künstlers nach einer Verbin-dung zwischen Zeit, Raum und Licht mit dem des großen Urvaters der Bauhaus Universität, László Moholy-Nagy. Während Moholy-Nagy 1930 seinen berühmten Licht-Raum-Modulator baute, verschlug es Wilkens 2010 in die Tautenburger Sternwarte. Hier sammelte er wissenschaftliche Archivaufnah-men der weltweit größten Schmidt-Kamera und begann, erste Abzüge von den großformatigen Ne-gativen zu erstellen. Dabei entdeckte der Künstler eigenartige Striche auf seinen Fotografien, die sich später als fremde Spiralgalaxien herausstellten. Durch Abwedeln und Nachbelichten wurde es zu-dem möglich, eigene galaktische Nebel zu formen oder die Abbildungen so erscheinen zu lassen, als seien sie digital erstellt worden. Der Wahrheitsge-halt seiner Fotografien geriet ins Wanken.

Auch bei Holger Wilkens zweiter „Sternenreihe“ un-terwandert er den Realitätsanspruch seiner Bilder: Während man beim Titel „Exoplanets“ an extraso-lare Planeten (kurz Exoplanet) denkt – Planeten, die außerhalb unseres Sonnensystems liegen und von denen kein wirkliches Bild existiert, sondern nur simulierte Computeraufnahmen –, zeigt die eigentliche Fotografie lediglich Prozesse aus der Dunkelkammer. Eine teils sehr grafische, teils an Computergrafiken erinnernde Bildwelt entsteht, die wiederum mit dem Wahrheitsgehalt von Fotografie spielt – denn prinzipiell könnte es sich bei den Bil-dern um Aufnahmen noch nicht entdeckter Exopla-neten handeln. So fragt nicht nur Holger Wilkens mit jedem seiner Lichtbilder nach der Wahrheit hinter der Fotografie – auch seine Rezipienten müssen es ihm gleichtun und bei jedem Betrachten seiner Bilder die Mög-lichkeiten zwischen Realität, Abstraktion und Kon-kretem ausloten.

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exoplanets —— 2011

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C—

Print / 28 x23 cm / 1 —

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stars —— 2011

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Platinotypie / 24 x 30 cm / 1 —

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folding —— 2011

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Page 61: Emerging Artists 2013

C—

Print / 24 x 30 cm / 1 —

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F Ö R d e R u n G G e s T a l T u n G

WWW.ON-N-ON.

DE

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imPRessum

JudiTH Waldmann OliVeR laHndORF

JudiTH Waldmann

Justus duhnkrack belinda GRace GaRdneR meRle RadTKe Felicitas Rhan Jasmin sHamsi JudiTH Waldmann cora Waschke KaTi WeRKmeisTeR

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