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Einsatzverhalten genuteter CBN-
Schleifscheiben mit keramischer Bindung
beim Außenrund-Einstechschleifen
vorgelegt von
Diplom-Ingenieur
Mathias Kirchgatter
aus Berlin
von der Fakultät V − Verkehrs- und Maschinensysteme
der Technischen Universität Berlin
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der Ingenieurwissenschaften
− Dr.-Ing. −
genehmigte Dissertation
Promotionsausschuss:
Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. G. Seliger Berichter: Prof. Dr. h.
c. Dr.-Ing. E. Uhlmann Berichter: Prof. Dr.-Ing. D. Biermann Tag
der wissenschaftlichen Aussprache: 14. Juni 2010
Berlin 2010
D83
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VORWORT DES HERAUSGEBERS
Die Hochleistungsschleifbearbeitung gehärteter Stahlwerkstoffe
in der Großserien und
Massenproduktion erfolgt bevorzugt mit keramisch gebundenen
CBN-Schleifscheiben. Das
Werkzeug wird dabei den Anforderungen des Schleifprozesses gemäß
weitestgehend
angepasst. Aus dem Spannungsfeld der verschiedenen Einflüsse
ergibt sich eine Opti-
mierungsaufgabe, die bisher insbesondere durch die Variation der
Korn- und Bindungs-
spezifikationen gelöst wurde. Gegenstand der vorliegenden
Dissertationsschrift ist dagegen
eine Weiterentwicklung der Schleifwerkzeuge über die Variation
der geometrischen Form des
Schleifbelags und hier speziell über die Einbringung geometrisch
bestimmter Unter-
brechungen des Schleifbelags in Form von Nuten. Das Hauptziel
dieser Entwicklung ist die
Verringerung der thermischen Belastung des Werkstücks unter
Berücksichtigung der
schwingungstechnischen Beeinflussung des Prozesses durch die
veränderten Eingriffs-
bedingungen.
Ausgehend von vergleichenden technologischen Untersuchungen
zwischen genuteten und
ungenuteten Schleifscheiben wird zunächst das Einsatzverhalten
dieser Werkzeuge unter
Variation der Prozessbedingungen und Stellparameter analysiert.
Im Anschluss erfolgt eine
eingehende Betrachtung des Einflusses der Nutgeometrie. Der
Schwerpunkt liegt hierbei auf
den thermischen und dynamischen Bedingungen in der Kontaktzone
zwischen Werkzeug und
Werkstück. Anhand der Ergebnisse wird eine Modellvorstellung zu
den Zusammenhängen
zwischen geometrischer Form des Schleifbelags,
Kontaktunterbrechung im Schleifprozess
sowie den Prozesskenngrößen und dem Arbeitsergebnis
entwickelt.
Ein weiterer Abschnitt der Arbeit befasst sich mit dem
Einsatzverhalten genuteter Schleif-
scheiben unter den Bedingungen einer
Minimalmengenkühlschmierung. Hierbei wird die
Möglichkeit einer Verringerung des Kühlschmierstoffeinsatzes
durch eine in Bezug auf die
Prozesstemperatur optimierte Schleifbelagsgeometrie
evaluiert.
Neben den technologischen Untersuchungen anhand von Schleiftests
werden zwei Simula-
tionsprozessmodelle entwickelt und erweiterte Versuchsprogramme
mittels numerischer
Simulationsrechnungen durchgeführt. Die Simulationsmodelle
bilden gemäß des Schwer-
punkts der Untersuchungen das thermische und dynamische
Verhalten der genuteten Schleif-
werkzeuge nach und erlauben eine Verifizierung und Detaillierung
des aufgestellten Prozess-
modells. Zusammen mit den Ergebnissen aus den vorherigen
Abschnitten wird anhand der
Simulationsergebnisse die potenzielle Leistungssteigerung des
Schleifprozesses durch den
Einsatz genuteter Schleifwerkzeuge bewertet.
Abschließend werden Einsatzempfehlungen und Hinweise zur
Prozessgestaltung gegeben, die
einen praktischen Einsatz der genuteten Schleifwerkzeuge
ermöglichen. Dabei wird unter
Berücksichtigung von Prozesssicherheit und -stabilität
insbesondere die Leistungssteigerung
über die Minimierung der Kontaktzonentemperatur fokussiert und
ein Ausblick auf künftige
Entwicklungen und Einsatzgebiete gegeben.
Berlin im Juni 2010 Eckart Uhlmann
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VORWORT DES VERFASSERS
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb (IWF) der
Technischen Universität
Berlin.
Herrn Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann, Leiter des
Fachgebiets Werkzeugmaschinen
und Fertigungstechnik am Institut für Werkzeugmaschinen und
Fabrikbetrieb der Technischen
Universität Berlin und Leiter des Fraunhofer Instituts für
Produktionsanlagen und Konstruk-
tionstechnik (IPK), danke ich für die jahrelange wohlwollende
Unterstützung und Förderung
sowie seinen fachlichen Rat, mit denen er diese Arbeit begleitet
und ermöglicht hat. Herrn
Prof. Dr.-Ing. Dirk Biermann, Leiter des Instituts für Spanende
Fertigung (ISF) der
Technischen Universität Dortmund, danke ich für die Übernahme
des Korreferats, das
entgegengebrachte Interesse bei der Begutachtung der Arbeit und
die fachliche Diskussion der
Ergebnisse. Herrn Prof. Dr.-Ing. Günther Seliger danke ich für
die Übernahme des Vorsitzes
im Promotionsausschuss und die freundliche Unterstützung während
des Promotions-
verfahrens.
Die Forschungsergebnisse der vorliegenden Arbeit sind im Rahmen
des Forschungsprojektes
„Einfluss der Segmentierung von Schleifscheiben auf das
Arbeitsergebnis beim
Rundschleifen“ durch die Förderung der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG)
ermöglicht worden. Darüber hinaus wurde die Arbeit maßgeblich
durch die Firmen Saint-
Gobain Diamantwerkzeuge GmbH & Co. KG und Schaeffler
Technologies GmbH & Co. KG
unterstützt. Stellvertretend für die gute Zusammenarbeit mit den
genannten Partnern möchte
ich mich hier insbesondere bei Herrn Dipl.-Ing. Jörg Rucker
bedanken, der stets als
freundlicher und kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung
stand. Außerdem möchte ich
mich bei den Mitgliedern des Informativen Arbeitskreises
Keramikbearbeitung und des VDI-
Fachausschusses Schleiftechnik für das entgegengebrachte
Vertrauen und den regen
Gedankenaustausch bedanken.
Mein besonderer Dank gilt allen Kollegen und Mitarbeitern des
Produktionstechnischen
Zentrums, mit denen ich über die Jahre und im Rahmen meiner
Tätigkeit am Institut in
Kontakt getreten bin. Ich habe das Arbeiten am Institut stets
als interessant, kooperativ und
angenehm empfunden. Hervorzuheben sind hierbei meine Kollegen in
der Abteilung Ferti-
gungstechnik und insbesondere die Kollegen aus der Gruppe
Feinbearbeitung, die ich als
eingeschworene Gemeinschaft erleben durfte. Die
freundschaftliche und anregende
Zusammenarbeit war eine wichtige Voraussetzung für die
Fertigstellung meiner Arbeit. Herrn
Dipl.-Ing. Vanja Mihotovic danke ich zudem für die Korrektur des
Manuskripts und seine
äußerst hilfreichen Hinweisen und Anregungen. Natürlich gebührt
meinen wichtigsten
Helfern, meinen ehemaligen studentischen Mitarbeitern Herrn
Dipl.-Ing. Clemens Bäcker,
Herrn cand.-Ing. Philip Gebala, Herrn Dipl.-Ing. Leif Hochschild
und Herrn Dipl.-Ing. Jan
Mewis eine besondere Hervorhebung, da sie durch ihre Mitarbeit,
ihr Fachwissen und ihr
Engagement maßgeblich zum gelingen der Arbeit beigetragen
haben.
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Den größten Dank möchte ich meiner Familie aussprechen. Meine
Frau Barbara hat mich
stets in meinem Vorhaben unterstützt und mir den notwendigen
Freiraum verschafft, um die
Arbeit fertig stellen zu können. Sie hat den ständig arbeitenden
Papa gegenüber den Kindern
zu kompensieren gewusst und Verständnis und Rückhalt für die
stark reduzierten Familien-
und Freizeitaktivitäten aufgebracht und erzeugt. Ihr und meinen
mich stets inspirierenden
Söhnen Luca und Marco sei diese Arbeit gewidmet. Außerdem widme
ich diese Arbeit
meinen Eltern und speziell meiner vor kurzem verstorbenen Mutter
Hannelore Kirchgatter.
Sie war seit meinem Eintritt in die Schule eine treibende Kraft
und hat trotz ihrer langjährigen
Krankheit stets einen positiven Einfluss auf mein Leben gehabt.
Ich verdanke ihr viel und
weiß, dass sie stolz auf mich wäre.
Berlin im Juni 2010 Mathias Kirchgatter
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INHALT I
INHALT
Inhalt I
0 Kurzzeichen IV
1 Einleitung 1
2 Stand der Technik 2
2.1 Allgemeines 2
2.2 Keramisch gebundene CBN-Schleifscheiben 2
2.2.1 Eigenschaften und Einsatzgebiete 2
2.2.2 Herstellung und Aufbau 4
2.2.3 Einsatzvorbereitung 5
2.3 Aufbau und geometrische Gestaltung des Schleifbelags 7
2.3.1 Schleifscheiben mit nicht unterbrochenem Belag 7
2.3.2 Schleifscheiben mit unterbrochenem Belag 9
3 Zielsetzung und Vorgehensweise 13
4 Technologische Untersuchungen mit genuteten
CBN-Schleifscheiben 17
4.1 Versuchsbedingungen und Messmethoden 17
4.1.1 Allgemeines 17
4.1.2 Versuchsmaschine 17
4.1.3 Versuchsschleifscheiben 19
4.1.4 Abrichtprozess 21
4.1.5 Versuchswerkstücke 23
4.1.6 Werkstückaufnahmen 24
4.1.7 Kraftmessung im Schleifprozess 26
4.1.8 Schwingungsmessung im Schleifprozess 28
4.1.9 Temperaturmessung am Werkstück 30
4.1.10 Messung der thermischen Schädigung am Werkstück 36
4.1.11 Messung der geometrischen Ergebnisgrößen am Werkstück
37
4.1.12 Verschleißmessung an der Schleifscheibe 37
4.2 Einfluss der Stellparameter auf die Prozesskenngrößen und
das Arbeitsergebnis 38
4.2.1 Allgemeines 38
4.2.2 Prozesskräfte 38
-
II INHALT
4.2.3 Oberflächengüte am Werkstück 40
4.2.4 Werkstückgeometrie 42
4.2.5 Prozessdynamik 48
4.2.6 Prozesstemperaturen 56
4.2.7 Werkzeugverschleiß 60
4.3 Einfluss der Nutgeometrie auf die Prozesskenngrößen und das
Arbeitsergebnis 65
4.3.1 Allgemeines 65
4.3.2 Prozesskräfte 65
4.3.3 Oberflächengüte am Werkstück 69
4.3.4 Werkstückgeometrie 74
4.3.5 Prozessdynamik 78
4.3.6 Prozesstemperaturen 81
4.3.7 Werkzeugverschleiß 86
4.4 Einfluss einer Minimalmengenkühlschmierung auf die
Prozesskenngrößen
und das Arbeitsergebnis 92
4.4.1 Allgemeines 92
4.4.2 Prozesstemperaturen 93
4.4.3 Oberflächengüte am Werkstück 94
4.4.4 Werkstückgeometrie 95
4.4.5 Prozesskräfte 97
5 Simulation des Schleifprozesses mit genuteten
CBN-Schleifscheiben 99
5.1 Zielsetzung der Simulationsrechnungen 99
5.2 Vorgehensweise bei der Modellierung des Prozessverhaltens
99
5.3 Einfluss der Schleifbelagsnutung auf die Prozesstemperatur
101
5.3.1 Allgemeines 101
5.3.2 Modellierung des Temperaturverhaltens 101
5.3.3 Herleitung der Wärmeleitungsgleichung 101
5.3.4 Lösung der Wärmeleitungsgleichung 103
5.3.5 Berechnung der Wärmestromdichte 104
5.3.6 Numerische Umsetzung 105
5.3.7 Prozesskenngrößen, Randbedingungen und Stoffkennwerte
106
5.3.8 Versuchsprogramm 109
-
INHALT III
5.3.9 Quasistationäre maximale Temperatur in der
Werkstückrandzone 109
5.3.10 Abschätzung des technologischen Nutzens durch die Nutung
112
5.4 Einfluss der Schleifbelagsnutung auf die Prozessdynamik
114
5.4.1 Allgemeines 114
5.4.2 Modellierung des dynamischen Verhaltens 114
5.4.3 Grundlagen zur Beschreibung der Prozessdynamik 114
5.4.4 Wirkungskreis des Prozessmodells 117
5.4.5 Lage-Kopplungs-Modell und Bewegungsgleichungen 118
5.4.6 Dimensionierung des Feder-Dämpfer-Masse-Systems 122
5.4.7 Berechnung von Zerspanungsvolumen, Störgrößen und
Anregungen 125
5.4.8 Numerische Umsetzung 127
5.4.9 Versuchsbedingungen 127
5.4.10 Versuchsprogramm 128
5.4.11 Einfluss der Stellparameter auf die Prozessdynamik und
-stabilität 129
5.4.12 Einfluss der Nutgeometrie und Nutzahl auf die
Prozessstabilität 137
6 Einsatzempfehlungen und Hinweise zur Prozessgestaltung 141
7 Zusammenfassung und Ausblick 144
8 Literatur 147
-
IV KURZZEICHEN
0 KURZZEICHEN
Kurzzeichen Einheit Beschreibung
Lateinische Buchstaben
A
AE − Acoustic Emission (Körperschall)
AFC − Automatic Frequenzy Control
2 3Al O − Aluminiumoxid
kA 2mm Kontaktfläche
plastA − Konstante für die Berechnung der statischen
Schneiden
raumdichte
wA µm Wellenamplitude
a 2mm / s Beschleunigung
ea µm Zustellung, Arbeitseingriff
eda µm Abrichtzustellung
elastischa µm elastischer Anteil der Zustellung im
Wirkungskreis
eua µm Zustellung pro Werkstückumdrehung
f ista − µm Ist-Zustellung im Wirkungskreis
f solla − µm Soll-Zustellung im Wirkungskreis
gesamta µm gesamte Zustellung im Wirkungskreis
B
b mm Schleifbreite
nb mm Nutbreite
sb mm Schleifscheibenbreite
wb mm Werkstückbreite
C
CD − Continuous Dressing (kontinuierliches Abrichten)
CNC − Computerized Numerical Control
CS − Continuous Sharpening (kontinuierliches Schärfen)
-
KURZZEICHEN V
statC 31/ mm statische Schneidendichte
kC 31/ mm Korndichte
c J / kg K⋅ spezifische Wärmekapazität
1c , 2c N / m Federsteifigkeiten des Werkstücks (in 2
Dimensionen)
3c w(Q ' ) N / m Kontaktsteifigkeit in Abhängigkeit von wQ'
4c , 5c N / m Federsteifigkeiten der Schleifscheibe (in 2
Dimensionen)
sc J / kg K⋅ spezifische Wärmekapazität der Schleifscheibe
wc J / kg K⋅ spezifische Wärmekapazität des Werkstücks
D
DAU − Digital-Analog-Umsetzer
3D − Dämpfungsgrad der Kontaktstelle
dV − Differentielles Volumenelement
1d , 2d N s / m⋅ Dämpfungskonstanten des Werkstücks (in 2
Dimensionen)
3d N s / m⋅ Dämpfungskonstante der Kontaktstelle
4d , 5d N s / m⋅ Dämpfungskonstanten der Schleifscheibe (in 2
Dimensionen)
eqd mm äquivalenter Schleifscheibendurchmesser
wad mm Werkstückaußendurchmesser
wid mm Werkstückinnendurchmesser
sd mm Schleifscheibendurchmesser
xd − Kantenlänge eines differentiellen Volumens in
x-Richtung
yd − Kantenlänge eines differentiellen Volumens in
y-Richtung
zd − Kantenlänge eines differentiellen Volumens in
z-Richtung
E
sE GPa Elastizitätsmodul der Schleifscheibe
wE GPa Elastizitätsmodul des Werkstücks
F
FDM − Finite Differenzen Methode
FEM − Finite Elemente Methode
-
VI KURZZEICHEN
FEPA − Federation of European Producers of Abrasives
FFT − Fast-Fourier-Transformation
AF N Anregungskraft
cF N Schnittkraft
dynF N dynamische Kraft
nF N Normalkraft
nF' N / mm bezogenen Normalkraft
statF N statische Kraft
tF N Tangentialkraft
tF' N / mm bezogenen Tangentialkraft
t ,kF N Einzelkorntangentialkraft
xF N Kraftkomponente in x-Richtung
yF N Kraftkomponente in y-Richtung
zF N Kraftkomponente in z-Richtung
f Hz Frequenz
1...nf Hz erste bis n-te Eigenfrequenz
arf Hz Anregungsfrequenz
lf µm Rundlaufabweichung
kf µm Kreisformabweichung
G
G − Schleifverhältnis (G-Wert, G-Verhältnis)
thG W / K absolute Wärmeleitfähigkeit, Wärmeleitwert
H
HK − Knoop-Härte
HRc − Rockwellhärte
Hv − Vickershärte
HSS − High-Speed-Steel, Schnellarbeitsstahl
h J Enthalpie
maxh µm mittlere maximale Spanungsdicke
-
KURZZEICHEN VII
sbh mm Schleifbelagshöhe
J
xJ − Fluss in Richtung x
K
KOS − Koordinatensystem
0KOS − Ursprungskoordinatensystem
1KOS − lokales Koordinatensystem des Werkstücks
2KOS − lokales Koordinatensystem der Schleifscheibe
3KOS − lokales Koordinatensystem des Vorschubs
k − Konstante für die Berechnung der Nutlänge
L
LGS − Lineares Gleichungssystem
wsl mm Werkstücklänge
cl , gdynl mm dynamische Kontaktlänge
geomcl mm geometrische Kontaktlänge
M
zM Nm Antriebsmoment
MP − magnetischer Parameter, Wert des Barkhausenrauschens
m − Konstante für die Berechnung der Schleifsegmentlänge
1m kg Masse des Werkstücks
2m kg Masse der Schleifscheibe
N
NiCr Ni− − Nickel-Chrom-Nickel
dynN 21/ mm dynamische Schneidendichte
momN − momentane Schneidenzahl
statN 21/ mm statische Schneidenzahl je Oberflächeneinheit
statN ' 21/ mm mm⋅ auf den Umfang bezogene statische
Schneidenzahl
-
VIII KURZZEICHEN
hdn − Anzahl der Abrichthübe
nn − Nutzahl am Umfang der Schleifscheibe
wn − Wellenzahl
Q
kQ J Vom Kalibrierbauteil abgegebene Wärmemenge
kQ& W Vom Kalibrierbauteil abgegebene Wärmeleistung
KSQ l / min Kühlschmierstoffvolumenstrom
MMKSQ ml / h Minimalmengenkühlschmierstoffvolumenstrom
wQ 3mm / s Zeitspanungsvolumen
wQ' 3mm / mm s⋅ bezogenes Zeitspanungsvolumen
wGrenzQ' 3mm / mm s⋅ bezogenes Grenzzeitspanungsvolumen
wsQ J In das Werkstück beim Schleifen eingebrachte mittlere
Wärmemenge
wsQ& W mittlerer Wärmestrom in das Werkstück beim
Schleifen
dq − Geschwindigkeitsverhältnis beim Abrichten
nq − Drehzahlverhältnis beim Schleifen
*nq − Nut-Drehzahlverhältnis
wq 2W / mm Wärmestromdichte bezogen auf das Werkstück
R
RMS − Root Mean Square, quadratisches Mittel
R(K) − Korrelationswert
Ra µm arithmetischer Mittelwert der Profilordinate
Rz µm größte Höhe des Profils
pwR − Punkt auf der Werkstückoberfläche
psR − Punkt auf der Schleifscheibenoberfläche
rR − Rauheitsbeiwert
sR (t) mm momentaner Radius der Schleifscheibe
wR J Wärmeanteil aus der Schnittleistung der in das
Werkstück
fließt
-
KURZZEICHEN IX
wR (t) mm momentaner Radius des Werkstücks
war mm Radius zur äußeren Wand des Werkstücks
wir mm Radius zur inneren Wand des Werkstücks
wmr mm Radius vom Mittelpunkt des Werkstücks zur Messstelle
S
S 3W / mm innere Wärmequelle
SiC − Siliziumkarbid
T
T C° Temperatur
TE − Thermoelement
50T s Zeitkonstante (Messwert = 50 % des Absolutwertes)
90T s Zeitkonstante (Messwert = 90 % des Absolutwertes)
mkT C° gemessene Temperatur des Werkstücks beim Kalibrieren
SmaxT C° quasistationäre maximale Temperatur in der
Werkstück-
randzone (Simulation)
uT C° Umgebungstemperatur
WT − periodisches Berechnungsglied im Wirkungskreis
waT C° mittlere Oberflächentemperatur des Werkstücks
Außenseite
wiT C° mittlere Oberflächentemperatur des Werkstücks
Innenseite
wmT C° Temperatur an der Messstelle
rzT C° gemessene Temperatur in der Werkstückrandzone
kkt s Kalibrier-Kontaktzeit
kst s Kontaktzeit des Thermoelements im Schleifspalt
U
dU − Abrichtüberdeckungsgrad
sU mm Umfang der Schleifscheibe
u 3J / mm spezifische Schleifenergie
u − Geschwindigkeit des Koordinatensystems
-
X KURZZEICHEN
V
sV 3mm Schleifscheibenverschleißvolumen
wV 3mm Zerspanungsvolumen
wV ' 3mm / mm bezogenes Zerspanungsvolumen
cv m / s Schnittgeschwindigkeit
frv m / min radiale Vorschubgeschwindigkeit
ftv m / min Tischvorschubgeschwindigkeit
sv m / s Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit
sdv m / s Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit beim
Abrichten
wv m / min Werkstückgeschwindigkeit
X
F istx − µm Ist-Relativverlagerung im Wirkungskreis
F sollx − µm Soll-Relativverlagerung im Wirkungskreis
F1x µm Relativverlagerung mit Systemnachgiebigkeit
F2x µm Relativverlagerung mit Werkstückdurchmesserabnahme
F3x µm Relativverlagerung mit Störungen und Anregung
nx µm momentaner Ort der Kontaktfläche in der Nut
relx µm Relativverlagerung in der Kontaktstelle
wx mm Abstand der Thermoelementspitze zur
Werkstückoberfläche
100Cr6 Wälzlagerstahl, mit Chrom legierter Kaltarbeitsstahl
Griechische Buchstaben
wd∆ µm Abweichung vom Soll-Durchmesser des Werkstücks
wpotQ '∆ 3mm / mm s⋅ potenzielle Steigerung des bezogenen
Zeitspanungsvolumens
sr∆ µm Radialverschleiß der Schleifscheibe
sbt∆ s Kontaktzeit im Schleifprozess bei der Wärme erzeugt
wird
-
KURZZEICHEN XI
rzT∆ C° Temperaturerhöhung in der Werkstückrandzone
Φ − Transportgröße
1α Grad Federwinkel am Werkstück
2α Grad Federwinkel an der Schleifscheibe
nα Grad Nutwinkel
Luftα 2W / mm K⋅ Wärmeübergangskoeffizient für Luft
Wasserα 2W / mm K⋅ Wärmeübergangskoeffizient für Wasser
1β Grad Dämpferwinkel am Werkstück
2β Grad Dämpferwinkel an der Schleifscheibe
χ Grad Schneidenwinkel eines Korns quer zur Schnittgeschwin-
digkeitsrichtung
φ − Kraftwirkungsrichtung
ϕ Grad Winkel zwischen Feder-Dämpfer-System der
Kontaktstelle
und Koordinatensystem von Werkstück und Schleifscheibe
wλ W / mm K⋅ Wärmeleitkoeffizient, Wärmeleitfähigkeit des
Werkstücks
µ − Reibungskoeffizient
sν − Querkontraktionszahl, Poissonzahl der Schleifscheibe
sν − Querkontraktionszahl, Poissonzahl des Werkstücks
ρ 3kg / m Dichte
Mathematische Operatoren
∆ − Laplace Operator
∇ − Nabla Operator
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1 EINLEITUNG 1
1 EINLEITUNG
Im aktuellen Kontext von Globalisierung und der Diskussion um
Klimawandel und ökologi-
schem Verantwortungsbewusstsein findet derzeit eine
Neuausrichtung der gesellschaftlichen
Werte statt, die auch bis in die produzierende Industrie für
Konsum- und Investitionsgüter
reicht. Neben den weiterhin aktuellen Fragestellungen
hinsichtlich Qualität und Wirtschaft-
lichkeit der Produktion sind vermehrt Aspekte hinzugekommen, die
aus dem politischen
Umfeld und der veränderten Wahrnehmung der Produkte durch den
Kunden resultieren.
Lösungen für die neuen Anforderungen werden dabei auf allen
Ebenen gesucht und erzeugen
zusätzlichen Innovationsdruck, der in nicht unerheblichem Maße
auch die Fertigungstechnik
betrifft. Dies hat im Bereich der spanenden Fertigung die Suche
nach neuen Ansätzen bzw.
weiteren Rationalisierungspotenzialen zur Folge, die neben den
vormals hauptsächlich tech-
nologischen und ökonomischen Aspekten nun seit einiger Zeit auch
ökologische und soziale
Aspekte mit einbezieht. Wobei sich die verschiedenen
Zielstellungen keineswegs
ausschließen müssen, denkt man nur an die ökologisch sinnvolle
Vermeidung von Kühl-
schmierstoff, der eine kostenintensive Entsorgung bedingt.
Die Ansatzpunkte in der Fertigung sind vielfältig. Neben
innovativer Maschinentechnik und
Prozessgestaltung kann auch die geeignete Wahl und Auslegung der
eingesetzten Werkzeuge
einen entscheidenden Beitrag im Sinne der angeführten Ziele
leisten. Dies gilt nicht zuletzt
für Schleifprozesse. Deren Hauptanforderungen beschränken sich
längst nicht mehr nur auf
die Fein- bzw. Finish-Bearbeitung, sondern beinhalten oft hohe
Zeitspanungsvolumina bei
geringem Werkzeugverschleiß und einer qualitativ hochwertigen
Bauteilgüte [Uhl09]. Durch
die allgemeine Tendenz zu steigenden Vorschüben,
Schnittgeschwindigkeiten und
Abtrennraten wird ein Spannungsfeld erzeugt, in dem auch die
Kühlschmierung und die
temperaturbedingte Bauteilschädigung eine wichtige Rolle
spielen. Den hieraus resultierenden
Anforderungen kann in Teilen bei der Auslegung der Werkzeuge
Rechnung getragen werden.
Neben der Variation der Korn- und Bindungsspezifikationen bietet
allein schon die geometri-
sche Form des Schleifbelags Raum für Verbesserungen bei der
effizienteren Gestaltung der
Schleifwerkzeuge. Die Nutung von Schleifscheiben, bzw. der
Aufbau der Schleifscheiben aus
räumlich getrennten Schleifsegmenten, hat bereits bei einigen
Anwendungen Potenzial zur
Optimierung des Schleifprozesses bewiesen. Eine Reduzierung der
entstehenden Wärme-
leistung durch den diskontinuierlichen Eingriff bzw. eine
verbesserte Zufuhr des Kühl-
schmierstoffs zwischen den Segmenten wurden dabei als Ursache
angeführt. Grundlegende
Untersuchungen zu den Einflüssen der Nutung von Schleifscheiben
auf Prozess und Arbeits-
ergebnis sind bisher allerdings nicht durchgeführt worden.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, die Einflüsse einer
Nutung des Schleifbelags auf den
Schleifprozess und das Arbeitsergebnis am Beispiel der
Rundschleifbearbeitung metallischer
Bauteile mit CBN-Schleifscheiben zu untersuchen und somit die
technologischen Grundlagen
für eine optimierte Werkzeugauslegung zu erarbeiten. Dabei
stehen neben dem generellen
Einsatzverhalten der genuteten Schleifwerkzeuge vor allem die
Einflüsse auf die Temperatur-
entwicklung im Schleifspalt und das dynamische Prozessverhalten
im Vordergrund.
-
2 2 STAND DER TECHNIK
2 STAND DER TECHNIK
2.1 Allgemeines
Im ersten Abschnitt dieses Kapitels werden die keramisch
gebundenen CBN-Schleifscheiben
behandelt. Hierbei wird zunächst auf die generellen
Eigenschaften und die sich daraus erge-
benden Einsatzgebiete sowie auf den Aufbau und die Herstellung
dieser Werkzeuggruppe
eingegangen. Außerdem werden die allgemeinen und speziellen
Aspekte der Einsatzvorbe-
reitung von keramisch gebundenen CBN-Schleifscheiben erläutert.
Der zweite Abschnitt
befasst sich mit dem Aufbau von Schleifscheiben aus einzelnen
Segmenten und Schleif-
scheiben mit definiert unterbrochenem Schleifbelag sowie den
Gründen für diese Werkzeug-
formen.
2.2 Keramisch gebundene CBN-Schleifscheiben
2.2.1 Eigenschaften und Einsatzgebiete
Der hochharte Schneidstoff kubisches Bornitrid, der nach der
englischsprachigen Bezeich-
nung „Cubic Boron Nitride“ auch als CBN bezeichnet wird, wurde
bereits 1957 zum ersten
Mal synthetisch hergestellt. Seit 1969 steht er dem europäischen
Markt zur Verfügung und
wurde auch kurz darauf bereits als Schleifstoff in Verbindung
mit Kunstharzbindungen für die
Bearbeitung von Schnellarbeitsstahl eingesetzt. Ab 1975 kam der
Einsatz mit metallischen
Bindungen und seit 1982/1983 auch mit keramischen Bindungen
hinzu, wobei die kera-
mischen Bindungen erstmalig das Abrichten der Schleifwerkzeuge
mit vertretbarem Aufwand
ermöglichten [Mey05].
CBN eignet sich auf Grund seiner Härte, Wärmeleitfähigkeit und
thermischen Stabilität her-
vorragend als Schneidstoff. Mit einer Knoop-Härte von 45 GPa bei
Raumtemperatur ist CBN
nach Diamant (88 GPa) das zweithärteste bekannte Material. CBN
besitzt zudem eine sehr
hohe Wärmeleitfähigkeit von 200 - 700 W/mK und ordnet sich damit
wiederum an zweiter
Stelle hinter Diamant ein (500 - 2000 W/mK). Bei einer
thermischen Stabilität bis zu 1400 °C
erreicht CBN sogar deutlich höhere Werte als Diamant, welches
nur bis ca. 900 °C thermisch
stabil ist. Oft setzt bei Diamant bereits ab 700 °C verstärkt
Graphitisierung ein. Oberhalb von
900 °C ist CBN somit das härteste bekannte Material. Der Grund
hierfür liegt in der Eigen-
schaft des CBN bei hohen Temperaturen unter Sauerstoffatmosphäre
eine schützende Bor-
oxidschicht auszubilden. Da CBN zudem keinen Kohlenstoff
enthält, eignet es sich im
Gegensatz zu Diamant für die Bearbeitung von gehärteten und
ungehärteten kohlenstoff-
haltigen Stählen. Beim Einsatz von Diamant tritt auf Grund von
tribochemischen Reaktionen
ein erhöhter Verschleiß bei dieser Werkstoffgruppe auf. Dies
gilt auch für die Bearbeitung
von Titan und dessen Legierungen. Gründe hierfür sind die
erhöhte Reaktivität von Titan mit
Sauerstoff und die Neigung zur Bildung von Carbiden. Das
generelle Einsatzspektrum von
CBN beginnt schon bei relativ weichen, aber zähen Werkstoffen
(etwa ab 50 HRc) und reicht
bis zu sehr harten, karbidhaltigen Legierungen (Werkzeugstähle,
Sonderstähle, HSS, usw.).
Für amorphe und keramische Werkstoffe ist CBN allerdings so
wenig geeignet, wie für die
Bearbeitung von Hartmetallen. Vor allem in Großserienprozessen
werden auf Grund der
-
2 STAND DER TECHNIK 3
höheren Standzeit heute immer mehr konventionelle
Schleifscheiben durch CBN-Schleif-
scheiben ersetzt. Die erreichbaren Abtragsquotienten G = Vw/Vs,
die das Zerspanungs-
volumen am Werkstück Vw mit dem Schleifscheibenverschleißvolumen
Vs in Relation setzen
(auch Schleifverhältnis oder G-Wert genannt), betragen mit
Werten von 1200 bis 15000 etwa
das 500- bis 5000-fache dessen, was mit konventionellen
Schleifscheiben erreichbar ist.
Insbesondere im Bereich des Präzisionsschleifens geht der Trend
dabei eindeutig zu CBN-
Schleifscheiben mit keramischer Bindung [Coe71, Gar88, Mei07,
Mey05, Vri72, Wen57].
Neben den durch die Werkstoffeigenschaften bedingten, sinnvollen
Einsatzgebieten, zu denen
auch die Bearbeitung schwer zerspanbarer Werkstoffe wie
Nickelbasislegierungen gehört,
gibt es noch weitere Anwendungen für die sich
CBN-Schleifwerkzeuge aus technologischer
oder wirtschaftlicher Sicht anbieten. In Verbindung mit
keramischen Bindungen wird CBN
überall dort erfolgreich eingesetzt, wo die Porosität und die
Abrichtbarkeit des Bindungs-
systems zusammen mit den spezifischen Eigenschaften der
CBN-Körnung eine Rolle spielen.
Dies ist oft bei Schleifbearbeitungen der Fall, bei denen eine
große Kontaktfläche zwischen
Werkstück und Schleifscheibe entsteht [Juc87, Mer03, Stu96]. Die
Innenrundbearbeitung von
Lagerringen ist hier eine klassische Anwendung [Alt82]. Aber
auch Profilschleifoperationen
mit erhöhten Anforderungen, wie sie zum Beispiel an Zahnflanken
auftreten, profitieren von
dem relativ kühlen Schliff der CBN-Werkzeuge, bei dem ein großer
Teil der entstehenden
Wärme über die Schleifscheibe abgeleitet werden kann [Bou94].
Dies vermindert zum einen
die Gefahr von thermischen Randzonenschädigungen wie
Schleifbrand oder das Anlassen von
einsatzgehärteten Gefügen durch zu hohe Temperaturen in der
Wirkzone. Zum anderen
wurden für das Belastungsverhalten der Bauteile meist günstige
Druckeigenspannungen bei
der Bearbeitung mit keramisch gebundenen CBN-Schleifscheiben
festgestellt, die sich auf die
geringere Reibungswärme der Bindung zurück führen lassen,
gegenüber Schleifscheiben mit
konventionellen Schleifmitteln [Bri82, Bri91, Cho86, Row00,
Tön87].
Der Großteil der produzierten CBN-Schleifscheiben mit
keramischer Bindung wird heute bei
der Bearbeitung von Kurbel- und Nockenwellen im Automobilbau
eingesetzt. Saint-
Gobain Abrasives, einer der größten Hersteller von
Schleifwerkzeugen weltweit, beziffert
seinen Umsatz in diesem Bereich auf ca. 1/3 vom gesamten
europäischen Umsatz, der in 2006
ca. 50-60 Mio. € betrug [Sai07]. Insgesamt verzeichnen
CBN-Schleifscheiben laut Aussage
von Saint-Gobain Abrasives [Sai08] weiterhin steigende
Marktanteile. Dies liegt einerseits an
den Verbesserungen der Schleifwerkzeuge und hier speziell der
keramischen
Bindungssysteme durch die Schleifscheibenhersteller.
Andererseits sind die für den Einsatz
dieser Werkzeuge notwendigen erhöhten Steifigkeiten und
Genauigkeiten der
Werkzeugmaschinen sowie die entsprechenden Spindelleistungen
heutzutage kaum mehr ein
Problem. Der Mehraufwand an Investitionsmitteln ist als gering
einzustufen. Rechnet man
zudem die Werkzeugkosten gegen die Standzeit, so ist der Einsatz
von CBN-Schleifscheiben
mittlerweile in vielen Bereichen wirtschaftlicher als der von
konventionellen Schleifscheiben.
Die generellen Einflussfaktoren für einen vermehrten Einsatz von
CBN-Schleifscheiben
können beispielhaft an der Kurbelwellenfertigung verdeutlicht
werden. Grundvoraussetzung
für die Verbreitung der CBN-Technologie war die
Weiterentwicklung der Schleifwerkzeuge
und hier speziell der Bindungssysteme. Erst durch die
verbesserten Bindungen wurde es
möglich, die Schleifscheiben mit erhöhten
Schnittgeschwindigkeiten einzusetzen und somit
-
4 2 STAND DER TECHNIK
die Vorteile der CBN-Körnung adäquat zu nutzen. Daraus
resultierte eine erhöhte Leistungs-
fähigkeit der Schleifscheiben, im Sinne von höheren erreichbaren
Zeitspanungsvolumina bei
verbesserter Standzeit der Schleifscheiben und gleichbleibend
hohen Werkstückqualitäten
hinsichtlich Geometrie und Oberflächengüte. Die CBN-Technologie
ist fast untrennbar mit
den Begriffen Hochgeschwindigkeits- und Hochleistungsschleifen
verbunden. Die
verbesserten Werkzeuge alleine rechtfertigen jedoch oft nicht
deren Einsatz. Im Falle der
CBN-Schleiftechnologie für Kurbelwellen waren die Entwicklung
neuer Prozesstechnologien
des Ur- und Umformens, neue Schleifstrategien sowie neue
Maschinenkonzepte und
Maschinenkomponenten mitverantwortlich für die Erhöhung der
Marktanteile in diesem
Bereich. Erfolgte früher nach dem Ur- bzw. Umformprozess
zunächst eine spanende
Bearbeitung durch Verfahren mit geometrisch bestimmten Schneiden
wie Drehen oder
Fräsen, so machte die Weiterentwicklung der Gießtechnologie zu
einer sogenannten Near-
Net-Shape-Technologie mit geringen geometrischen Toleranzen zur
Endform diese
Bearbeitungsschritte teilweise überflüssig. Zusammen mit der
Weiterentwicklung der
Bindungssysteme bei CBN-Schleifscheiben und der Entwicklung der
CNC-Abrichttechno-
logie erfolgte letztendlich eine Umgestaltung der Prozesskette
in der Kurbelwellenfertigung.
Das Schleifen ist heute nicht mehr nur für den letzten
Prozessschritt der Fein- bzw. Endbear-
beitung verantwortlich, sondern hat auch den Schritt der
Vorbearbeitung übernommen und
somit die Bearbeitungsverfahren mit geometrisch bestimmter
Schneide ersetzt. Eine frühere
Prozesskette, bestehend aus Drehräumen bzw. Fräsen sowie Vor-
und Fertigschleifen mit
konventionellen Schleifscheiben, ist heute oft nach dem Gießen
auf die zwei Prozessschritte
Vorschleifen mit galvanisch gebundenen und Fertigschleifen mit
keramisch gebundenen
CBN-Scheiben reduziert [Ard05, Bec04, Mer03, Mey05].
2.2.2 Herstellung und Aufbau
Beim Einsatz von CBN als Kornwerkstoff für die
Schleifbearbeitung, spielt dessen Kristall-
struktur und somit das Splitterverhalten eine entscheidende
Rolle. Da während eines Schleif-
prozesses die Schneiden abstumpfen, muss ein Splittern des Korns
erfolgen damit ein Selbst-
schärfeffekt eintritt, bei dem sich neue Schneiden ausbilden.
Die gewünschten Eigenschaften
des CBN-Korns können mittlerweile bei dessen
Hochtemperatursynthese über die entstehende
kristalline Struktur weitgehend eingestellt werden [Vri93].
Schleifwerkzeuge mit CBN-Körnung werden mit unterschiedlichen
Bindungstypen auf den
verschiedensten Grundkörpern hergestellt. Je nach Anwendung wird
dabei ein- oder mehr-
schichtig belegt. Als Bindungstypen werden Kunstharzbindungen,
metallische Bindungen und
keramische Bindungen eingesetzt. Bei den metallischen Bindungen
ist dabei weiterhin
zwischen gesinterter Metallbindung, infiltrierter Metallbindung
und galvanischer Bindung zu
unterscheiden. Die Bindungssysteme unterscheiden sich in Bezug
auf Wärmeleitfähigkeit,
Härte, Standzeitverhalten, Formstabilität und Abrichtbarkeit.
Der Grundkörper bestimmt in
den meisten Fällen die statische und dynamische Festigkeit des
Schleifkörpers und sollte eine
hohe Wärmeleitfähigkeit und Schwingungsdämpfung besitzen. Er
besteht je nach Art des
Schleifbelags und nach Art des gewünschten Schleifverhaltens aus
Aluminium, Stahl, Bronze,
Kunstharz, Kunstharz mit metallischen/nichtmetallischen
Füllstoffen, faserverstärktem
Kunstharz oder Keramik [Col88, Klo05, Kön96, Pad93, Vie86].
-
2 STAND DER TECHNIK 5
Betrachtet man die Werkzeuggruppe der geraden, zylindrischen,
hochharten Schleifscheiben,
so sind die Unterschiede im Ablauf der Herstellung, außer durch
Form und Abmessungen, vor
allem durch die Bindungssysteme bedingt, deren Eigenschaften
einen hohen Einfluss auf das
Einsatzverhalten der CBN-Schleifscheibe haben. Die vorliegende
Arbeit fokussiert die
keramisch gebundenen CBN-Schleifscheiben mit metallischem
Grundkörper. Die Inhalts-
stoffe der keramischen Bindung sind Tone, Kaoline, Feldspate,
Glasfritten und weitere
Zusatzstoffe wie zum Beispiel Porenbildner. Außerdem werden oft
sogenannte Stützkörner
aus Siliziumkarbid (SiC) oder Korund (Al2O3) beigemischt, die
ein Einstellen der Porosität
ohne Veränderung der CBN-Kornkonzentration ermöglichen. Die
Stützkörner werden somit
eher zu den Bindungskomponenten gezählt [Hol88, Lin92, Pad93].
Nach dem Mischen der
einzelnen Komponenten Schleifmittelkorn, Bindungsstoffe und
Zusatzstoffe, erfolgt die
Formgebung des keramisch gebundenen Schleifbelages durch Gieß-
oder Pressverfahren. Da
das Gießverfahren sehr aufwändig und auch nur für bestimmte
Bindungen und Schleifmittel-
körnungen anwendbar ist, wird es zunehmend durch das
Pressverfahren ersetzt. Das Pressen
der gemischten Masse erfolgt in einer Pressform, wobei der
gleichmäßigen Verteilung der
Masse eine hohe Bedeutung zukommt, um Struktur- und
Härteunterschiede sowie Unwuchten
zu minimieren. Nach dem Trocknen werden die keramisch gebundenen
Schleifkörper bei
Temperaturen von 1000 °C bis 1350 °C in Öfen gebrannt. Dabei
wird die keramische
Bindung gesintert bzw. zu einer glasartigen Masse geschmolzen,
die die Schleifkörner um-
fließt, benetzt und verbindet. Nach dem gesteuerten Abkühlen auf
Raumtemperatur folgen
eine Nachbearbeitung und die Verbindung zwischen Grundkörper und
Schleifbelag durch
Kleben. Der Endbearbeitung auf Fertigmaß schließen sich
Qualitätskontrollen sowie Probe-
läufe an. Je nach Steuerung und maximaler Temperatur des
Brennprozesses entstehen
entweder glasartige Bindungen, bei denen die Bindungskomponenten
vollständig
aufschmelzen, die Körnung umfließen und mit dessen Oberfläche
reagieren oder Sinter-
bindungen, bei denen die Komponenten lediglich oberflächlich
anschmelzen und haften.
Neben den Haftungsmechanismen unterscheiden sich diese
Bindungstypen durch die Dicke
der entstehenden Bindungsstege, die bei den Glasbindungen
generell dünner sind [Col88,
Klo05, Kön96, Vie86].
2.2.3 Einsatzvorbereitung
Die Einsatzvorbereitung, also das Konditionieren keramisch
gebundener CBN-Schleif-
scheiben ist von hoher Bedeutung für deren Einsatz. Insbesondere
die weitgehend automati-
sierten Produktionsabläufe, bei denen CBN-Schleifscheiben auf
Grund ihrer Eigenschaften oft
eingesetzt werden, sind ohne entsprechend ausgelegte
Konditionierprozesse kaum denkbar,
zumal sich die Einsatzvorbereitung von Schleifscheiben mit
hochharten Schleifmitteln
deutlich von der Einsatzvorbereitung konventioneller
Schleifscheiben unterscheidet. Die
erfolgreiche Verbreitung der CBN-Schleifscheiben mit keramischer
Bindung ist somit un-
trennbar mit der Güte der eingesetzten Abrichttechnologie
verknüpft.
Generell umfasst der Begriff des Konditionierens sämtliche
Verfahren zur Einsatz-
vorbereitung oder Aufbereitung der Schleifwerkzeuge, wobei
grundsätzlich zwischen
Abrichten und Reinigen der Schleifscheibe unterschieden wird.
Unter das Abrichten fallen die
Erzeugung von Form, Maß und Rundlauf, also der Makrostruktur der
Schleifscheibe. Diese
-
6 2 STAND DER TECHNIK
werden durch das Profilieren eingestellt. Des Weiteren gehört
zum Abrichten die Erzeugung
der Schneidenraumbeschaffenheit oder Topographie, also der
Mikrostruktur des Schleif-
belags, die durch das Schärfen eingestellt wird. Beim Abrichten
ist demnach ein Abtrennen
von Korn und Bindung bzw. nur ein Zurücksetzen der Bindung das
Ziel. Im Gegensatz dazu
ist beim Reinigen keine Veränderung an Korn und Bindung
erwünscht, sondern das Entfernen
von Span-, Korn- und Bindungsresten aus dem Spanraum der
Schleifscheibe [Uhl89, Sal91].
Eine Übersicht der Zusammenhänge ist in Bild 2.1
dargestellt.
Bild 2.1: Begriffe des Konditionierens nach Uhlmann [Uhl89]
Die grundlegende Entwicklung der Technologie des Konditionierens
für keramisch
gebundene CBN-Schleifscheiben begann bereits vor der Einführung
von CBN als Schneid-
stoff mit der Entwicklung der Diamantabrichtrolle. Bemerkenswert
hierbei ist, dass schon
1963 hohe Formgenauigkeiten der Rollen mit Toleranzen im Bereich
von +/-1 µm zur Ver-
fügung standen. Die Abrichttechnologie mit den entsprechenden
Stellparametern für
keramisch gebundene CBN-Schleifscheiben wurde um 1980
entwickelt. Allerdings war es
erst zehn Jahre später möglich mittels der CNC-Technologie auch
komplizierte Kontur-
abrichtvorgänge an keramisch gebundenen CBN-Schleifscheiben
durchzuführen. Hierzu
wurden speziell entwickelte Diamant-Formrollen eingesetzt
[Mey05].
Die hohe Verschleißfestigkeit und Profilhaltigkeit von keramisch
gebundenen CBN-Schleif-
scheiben, die sich beim Schleifen als günstig erweisen,
verursachen beim Abrichten
technische Probleme und erhöhte Kosten. Gründe hierfür sind, je
nach Verfahren, verlängerte
Abrichtzeiten und erhöhter Abrichtwerkzeugverschleiß. Es können
daher nicht alle Verfahren
sinnvoll zum Abrichten von keramisch gebundenen
CBN-Schleifscheiben eingesetzt werden.
Generell ist anzumerken, dass die Kombination aus Werkstoff,
Schleifstoff, Bindungsart und
Schleifkörperprofil das einsetzbare Abrichtwerkzeug und
Abrichtverfahren bestimmen
[Uhl03].
Konditionieren
Abrichten Reinigen
Profilieren Schärfen
Makrostruktur Mikrostruktur
Herstellen von- Rundlauf- Scheibenprofil
Erzeugen derTopographie
Mikrostruktur
Beseitigen vonSpänen aus dem Spanraum
Veränderung vonKorn- und Bindungbeabsichtigt
Zurücksetzten der Bindungbeabsichtigt
Keine Veränderungder Schleifscheibebeabsichtigt
Konditionieren
Abrichten Reinigen
Profilieren Schärfen
Makrostruktur Mikrostruktur
Herstellen von- Rundlauf- Scheibenprofil
Erzeugen derTopographie
Mikrostruktur
Beseitigen vonSpänen aus dem Spanraum
Veränderung vonKorn- und Bindungbeabsichtigt
Zurücksetzten der Bindungbeabsichtigt
Keine Veränderungder Schleifscheibebeabsichtigt
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2 STAND DER TECHNIK 7
Für keramisch gebundene CBN-Schleifscheiben werden heutzutage
hauptsächlich rotierende
Diamantabrichtwerkzeuge eingesetzt. Ihr Hauptvorteil liegt in
der hohen Schneidenzahl auf
der Mantelfläche des Abrichters, die dem hohen abrasiven
Verschleiß durch die Schleif-
scheibe entgegenwirkt und somit ein Vielfaches der
Profilstandzeit von stehenden Abricht-
werkzeugen erreicht. Mit rotierenden Diamantabrichtwerkzeugen
können zudem komplexe
Profilkonturen mit hohen Genauigkeitsanforderungen realisiert
werden, was sie zu den bevor-
zugten Abrichtwerkzeugen für das Abrichten hochharter
Schleifkörper unter Produktions-
bedingungen werden lässt. Hinsichtlich der Geometrie kommen
Diamantprofilrollen, Dia-
mantformrollen und Diamanttopfscheiben zum Einsatz. Die Wahl der
Werkzeuggeometrie
und somit auch des Verfahrens ist wiederum prozessabhängig.
Während die Profilrollen das
Negativprofil der Schleifscheibe tragen und dieses durch radiale
Zustellung auf der Schleif-
scheibe abbilden, werden mit Formrolle und Topfabrichter die
Konturen der Schleifscheibe
bahngesteuert erzeugt [Uhl94, Uhl03, VDI3392].
War es bis vor kurzem noch wichtig, dem Schritt des Profilierens
ein Schärfen anzuschließen,
um einen für die Bearbeitung geeigneten Kornüberstand
herzustellen, so ist dies bei modernen
keramischen Bindungen meist nicht mehr notwendig. Teilweise kann
ein definiertes Ein-
schleifen vor der eigentlichen Bearbeitung sinnvoll sein, bei
dem die Bindung durch die
abrasive Wirkung der Späne zurückgesetzt wird. Aktuelle
Abrichtprozesse mit Anschnitt-
erkennung und mikrometergenauer Zustellung erlauben allerdings
auch einen direkten Einsatz
der Schleifscheibe. Zu beachten ist, dass bei keramisch
gebundenen CBN-Schleifscheiben oft
der Kornüberstand mit dem Verschleiß der Schleifscheibe im
Prozess wächst und nicht wie
bei konventionellen Schleifscheiben kleiner wird. Dies liegt an
den veränderten Verschleiß-
mechanismen und insbesondere an der Härte des Schleifkorns. Bei
konventionellen Schleif-
scheiben verschleißen die Schleifkörner auf Grund ihrer geringen
Härte oft schneller als die
keramische Bindung zurück gesetzt wird und vermindern somit den
Kornüberstand. Bei
CBN-Schleifscheiben ist dagegen vielfach ein umgekehrtes
Verhalten zu beobachten, bei dem
die Bindung schneller zurückgesetzt wird als die CBN-Körner
verschleißen. Somit vergrößert
sich der Kornüberstand bei CBN-Schleifscheiben mit der
Schleifdauer. In der Praxis werden
daher Abrichtzustellungen empfohlen, die insgesamt nur etwa 10 %
des Korndurchmessers
ausmachen, um die nur die Schleifkörnung zu erfassen, neue
Schneiden zu generieren und den
Kornüberstand zu verringern. Somit wären bei einer 126er Körnung
3 Hübe á 4 µm ein
praktikabler Wert. Oft werden sogar deutlich geringere
Abrichtzustellungen realisiert, um
lediglich an den abgeflachten Kornspitzen neue Schneiden zu
generieren [Sai08, Stu96,
VDI3392].
2.3 Aufbau und geometrische Gestaltung des Schleifbelags
2.3.1 Schleifscheiben mit nicht unterbrochenem Belag
Bei den betrachteten Umfangsschleifscheiben wird der Belag einer
Schleifscheibe als nicht
unterbrochen oder geschlossen definiert, wenn die Mantelfläche
keinerlei Kavitäten aufweist,
bzw. wenn der Radius vom Mittelpunkt der Schleifscheibe zu jedem
beliebigen Punkt auf der
Umfangsfläche konstant ist, wobei die Breite des Schleifbelags
vernachlässigt wird. Im
Gegensatz zum oben beschriebenen Verfahren der Herstellung von
keramisch gebundenen
-
8 2 STAND DER TECHNIK
CBN-Schleifscheiben, bei denen der gesamte Schleifbelag als Ring
in einer Form gepresst
und dann später gebrannt wird, ist es auch möglich, den
Schleifbelag aus einzelnen
Segmenten zusammenzusetzen. Diese werden dabei ebenso gepresst,
gebrannt und mit dem
Grundkörper durch Kleben verbunden. Dabei entsteht bei den Stoß
an Stoß gesetzten
Segmenten eines später geschlossenen Belages nicht nur eine
Klebefuge zwischen
Schleifbelag und Grundkörper, sondern auch zwischen den
einzelnen Segmenten. Dieser
Aufbau ist bei Schleifscheiben mit sehr großem Durchmesser
gängige Praxis. Bei einigen
Herstellern wird dieser Aufbau sogar über weite
Durchmesserbereiche der Schleifscheiben
eingesetzt [Sai08]. Ein geschlossener, aus einzelnen Segmenten
zusammengesetzter CBN-
Schleifbelag in keramischer Bindung ist in Bild 2.2 zu
erkennen.
Bild 2.2: Segmentierter CBN-Schleifbelag
Verschiedene Gründe sprechen für den segmentierten Aufbau bei
geschlossenem Schleif-
belag. Die Schwindung beim Sintern von Keramiken ist vom Volumen
des Bauteils abhängig.
Schleifsegmente mit geringem Volumen ermöglichen daher eine
erhöhte Fertigungsgenauig-
keit. Unsegmentierte, ringförmige Schleifbeläge können sich
zudem auf Grund von im
Herstellungsprozess induzierten Spannungen verwinden. Kurze
Segmente erlauben eine gute
Anpassung an die Krümmung des Grundkörpers, so dass ein Bereich
von verschiedenen
Grundkörperradien mit einem Segmenttyp abgedeckt werden kann.
Dies hat neben der Flexi-
bilität bezüglich der Fertigung auch verringerte Werkzeugkosten
bei den Pressformen und
geringere Rüstzeiten zur Folge.
Aus geometrischer Sicht sind bei segmentierten Schleifscheiben
Hinterschneidungen und
somit Belagprofile möglich, die bei einem ringförmigen Belag
ausgeschlossen sind. Dies ist
Klebefuge
CBN-Belagsegment
Schleifscheibengrundkörper
-
2 STAND DER TECHNIK 9
auf die Möglichkeit zurückzuführen, die Segmente axial, radial
oder tangential Pressen zu
können. Erfahrungswerte zeigen außerdem, dass segmentierte
Schleifscheiben auch bei
großen Durchmessern ein genaueres und schnelleres Auswuchten
ermöglichen. Dies ist auf
die Tatsache zurückzuführen, dass die Homogenität des
Schleifbelags von der Verteilung der
Schleifbelagskomponenten in der Form beim Pressen abhängt und
deshalb großvolumige
Schleifbeläge problematisch sind. Unter sicherheitstechnischen
Aspekten liefern die segmen-
tierten Schleifscheiben zusätzliche Vorteile. Die
Bruchanfälligkeit ist generell geringer, was
dazu führt, dass höhere Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeiten
zulässig sind. Hierbei
spielen insbesondere die Klebefugen zwischen den einzelnen
Segmenten eine wichtige Rolle,
da sie sich positiv auf den Abbau von Spannungen auswirken, die
auf Grund der Fliehkräfte
entstehen und zudem eine Grenze für das Risswachstum im
sprödharten keramischen Schleif-
scheibenbelag darstellen. Aus Anwendersicht ist die
Reparaturmöglichkeit, d.h. die Möglich-
keit einzelne defekte Segmente auszutauschen, interessant
[Gaf98, Hau87, Ruc05, Sai08,
Xip03]. Der Einfluss des segmentierten Aufbaus der
Schleifscheibe mit geschlossenem Belag
bzw. der Klebefugen zwischen den Segmenten auf den
Bearbeitungsprozess ist bislang nicht
untersucht worden. Es können daher keine Aussagen gemacht
werden, in welcher Weise sich
die Segmentierung der Schleifscheibe auf das Einsatzverhalten
der Schleifscheibe auswirkt.
Denkbar ist zumindest ein Einfluss auf die Prozessdynamik, da
die Klebefugen eine
periodisch wiederkehrende Änderung der Kontaktbedingungen
darstellen.
2.3.2 Schleifscheiben mit unterbrochenem Belag
Neben der Unterscheidung zwischen segmentierten und nicht
segmentierten Schleifbelägen,
die sich bei zylindrischen Schleifscheiben nur auf die
Herstellung des Schleifbelags aus
einzelnen Kreissegmenten oder einem kompletten Ring bezieht,
kann weiterhin zwischen
geschlossenen und unterbrochenen Schleifbelägen unterschieden
werden, wobei es wiederum
verschiedene Formen des unterbrochenen Schleifbelags gibt. Als
Unterbrechung wird hier
eine regelmäßig über die Umfangsfläche der Schleifscheibe
verteilte Höhenänderung des
Schleifbelags verstanden, die mindestens eine, oft jedoch
mehrere Größenordnungen über den
Höhendifferenzen der Schleifbelagtopographie liegt. Im
Allgemeinen handelt es sich um
Kavitäten, die in den Schleifbelag eingebracht sind oder durch
die räumlich getrennte
Anordnung von Schleifbelagssegmenten entstehen. Die
Unterbrechung kann geometrisch
bestimmt oder unbestimmt sein. Im Fall von regelmäßig
angeordneten Unterbrechungen
spricht man auch von strukturierten Schleifbelägen. Ein
Spezialfall der Kavitäten stellen
Nutungen bzw. Nuten dar. In der vorliegenden Arbeit werden diese
als geometrisch
bestimmte Unterbrechungen des Schleifbelags verstanden, die
unter einem Winkel zur
Schleifrichtung eingebracht sind und den Schleifbelag der
zylindrischen Schleifscheibe auf
der Umfangsfläche in seiner gesamten Breite unterbrechen.
Im Bereich des Trennschleifens sind genutete Schleifscheiben
bereits industriell verbreitet,
ebenso sind sie bei Topfschleifwerkzeugen für zum Beispiel die
Halbleiterindustrie bekannt.
In anderen Bereichen der Schleiftechnik werden nur vereinzelt
solche Werkzeuge eingesetzt
bzw. nur von einigen Herstellern genutete Schleifwerkzeuge
angeboten. In Bild 2.3 ist ein
solches Werkzeug der Lapport DCS GmbH dargestellt. Die so
genannte Lamellenschleif-
scheibe wurde zusammen mit der Liebherr Verzahntechnik GmbH
entwickelt und zum Patent
-
10 2 STAND DER TECHNIK
angemeldet [Pat05]. Die aus einzeln aufgeklebten, am Umfang
verteilten Segmenten
hergestellte CBN-Schleifscheibe wird bereits industriell mit
Erfolg eingesetzt. Es gibt jedoch
bis dato keine Veröffentlichungen bezüglich der Zusammenhänge
zwischen
Schleifbelagaufbau und Einsatzverhalten dieses
Schleifscheibentyps.
Bild 2.3: Lamellenschleifscheibe der Lapport DCS GmbH
Hauptsächliches Entwicklungsziel für diese Art von
Schleifscheiben ist es, die thermische
Schädigung der Bauteile zu verhindern. Neben dem Einsatz
alternativer Kühlschmiersysteme
wie der Minimalmengenschmierung oder dem Einsatz von Cryotechnik
wird durch die inter-
mittierende Zufuhr von konventionellem Kühlschmierstoff in die
Wirkzone durch einen
unterbrochenen Schleifbelag eine Reduzierung der thermischen
Beanspruchung antizipiert
[Hof04, Lee00, Taw01]. Andere Systeme nutzen die Nutungen im
Schleifbelag, um den
Kühlschmierstoff über Kanäle vom Inneren der Schleifscheibe
zuzuführen.
Es gibt generell nur wenige wissenschaftliche
Veröffentlichungen, die den Einfluss einer
Nutung oder Strukturierung des Schleifbelags zum Thema haben.
Zheng [Zhe94] hat ein
thermisches Modell aufgestellt, das die Eingriffsverhältnisse
einer genuteten Schleifscheibe
berücksichtigt und mit dem der Temperaturanstieg in der Wirkzone
qualitativ vorhergesagt
werden kann. Er schätzt ab, dass durch eine Nutung der
Schleifscheibe die maximalen
Temperaturen in der Wirkzone signifikant verringert werden
können. Lee, Wong und Zhang
[Lee00] haben einen Ansatz verfolgt, den unterbrochenen Schnitt
mit einer genuteten
Diamantschleifscheibe für die Bearbeitung von technischer
Keramik zu nutzen. Sie geben an,
dass eine 40 bis 80 % geringere Temperatur durch einen genuteten
Schleifbelag zu erreichen
ist. Ähnliche Ergebnisse präsentierten auch Aurich, Herzenstiel,
Sundermann und Magg
[Aur08], die eine strukturierte Anordnung der Schleifkörnung
untersuchten. Stanislao und
Turkerer [Sta74] haben mit ihrer spiralförmig genuteten
Diamantschleifscheibe gezeigt, dass
die Schleifkräfte im Gegensatz zu einem nicht genuteten Belag
sinken. Der Zusammenhang
ist in Bild 2.4 dargestellt.
-
2 STAND DER TECHNIK 11
Auch Nakayama, Takagi und Abe [Nak77] haben erkannt, dass
Potenzial zur Verbesserung
des Schleifprozesses durch genutete Schleifscheiben besteht.
Ihre Ergebnisse mit einer
spiralförmig genuteten Schleifscheibe beim Planschleifen sind
Bild 2.5 zu entnehmen.
Insbesondere die geringere spezifische Schleifenergie bei der
genuteten Schleifscheibe wird
hier als Beweis für eine geringere thermische Belastung
angeführt. In der Darstellung der
Oberflächenrauheit ist jedoch auch zu erkennen, dass der
genutete Aufbau eine Verschlech-
terung des Arbeitsergebnisses mit sich bringen kann.
Bild 2.4: Normalkraft in Abhängigkeit der
Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit für eine normale
(Standard) und genutete (Modified) Schleifscheibe bei
verschiedenen Zustellungen [Sta74]
Bild 2.5: Der Einfluss spiralförmiger Nuten auf Schleifkräfte,
spezifische Energie und
Oberflächenrauheit [Nak77]
0
10
20
30
40
1500 2000 2500 3000 3500
Wheel speed (rpm)
No
rmal
forc
e (
lb)
Standard 0,001´´ Modified 0,001´´
Standard 0,003´´ Modified 0,003´´
0
2
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0 5 10 15
Table speed, v m/min
No
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Regular Grooved
kilogram-force
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s, R
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Regular Grooved
m
-
12 2 STAND DER TECHNIK
Fu, Xu H. und Xu J. [Fu02] kamen bei ihrer mathematisch
optimierten Schleifscheibentopo-
graphie ebenfalls auf einen genuteten Aufbau. Sie stellen dar,
dass sich ein größerer Abstand
zwischen den effektiven Schleifkörnern, der durch eine Nutung
der Schleifscheibe erreicht
wird, positiv auf die Temperaturentwicklung auswirkt.
Tawakoli [Taw01] entwickelte mit dem sogenannten „T-Tool“ ein
spezielles segmentiertes
Werkzeug mit unterbrochenem Schleifbelag, das in Bild 2.6
dargestellt ist. Ergebnisse die er
mit diesem Werkzeug erzielte sind Bild 2.7 zu entnehmen. Neuere
Arbeiten von Tawakoli
[Taw09] befassen sich mit der Reduzierung der Kontaktfläche
durch Strukturierung der
Schleifbelagsoberfläche.
Bild 2.6: Prinzipdarstellung des T-Tools [Taw01]
Bild 2.7: Mittenrauwert Ra in Abhängigkeit der Schleiflänge für
das T-Tool [Taw01]
Weitere Entwicklungen beschäftigen sich hauptsächlich mit der
gezielten Zuführung des
Kühlschmierstoffs durch das Schleifscheibeninnere, mit Austritt
zwischen den Schleif-
segmenten, um einen besseren Transport zur Wirkstelle zu
erreichen und die Kühlschmier-
menge verringern zu können [Ngu05, Ngu05a, Ngu09, Taw04].
-
3 ZIELSETZUNG UND VORGEHENSWEISE 13
3 ZIELSETZUNG UND VORGEHENSWEISE
Keramisch gebundene CBN-Schleifscheiben sind mittlerweile
etablierte Werkzeuge der
industriellen Fertigungstechnik und stellen auf Grund ihrer
positiven Eigenschaften bei vielen
anspruchsvollen Anwendungen einen Standard dar. Gerade in
Prozessen der Mittel- und
Großserienfertigung, wie beispielsweise der Kurbel- und
Nockenwellenbearbeitung im Auto-
mobilbau, sind ihre positiven Eigenschaften bezüglich der
Werkzeugstandzeit, des
erreichbaren Zeitspanungsvolumens, der Temperaturentwicklung in
der Wirkzone und der
Abrichtbarkeit der Bindung mit entscheidend für die Effizienz
und Produktivität des Prozess-
schritts Schleifbearbeitung. Allerdings erzeugt der durch den
Markt bedingte Kosten- und
Qualitätsdruck die bekannte und dauerhaft gültige Zielvorgabe,
die Effizienz und Produk-
tivität der einzelnen Prozessschritte weiter zu steigern und
vorhandene Potenziale bis an ihre
technologischen und wirtschaftlichen Grenzen auszuschöpfen. Eine
weiterführende Opti-
mierung der Schleifwerkzeuge bietet solche Potenziale. Neben der
Verbesserung der Schleif-
scheibenspezifikation im Hinblick auf Korn- und
Bindungseigenschaften, die kontinuierlich
von den Schleifscheibenherstellern voran getrieben wird, ist
aktuell auch eine Verbesserung
des Einsatzverhaltens der Schleifwerkzeuge durch innovative
geometrische Ausprägungen in
den Blickwinkel des Interesses geraten.
Die Fertigung des Schleifbelags keramisch gebundener
CBN-Schleifscheiben aus einzelnen
Schleifbelagssegmenten kann wirtschaftliche und technologische
Vorteile für den Schleif-
scheibenhersteller haben und ist daher bereits eine vielfach
angewandte Methode. Bisher
werden die Segmente fast ausschließlich bündig auf dem
Schleifscheibengrundkörper
verklebt, so dass ein durchgehender Schleifbelag entsteht. Die
in Kapitel 2 angeführten
Studien haben allerdings gezeigt, dass ein Schleifscheibenaufbau
mit definiert unter-
brochenem Schleifbelag, also mit einer geometrisch bestimmten
Nutung, die Leistungsfähig-
keit des Werkzeugs unter Umständen signifikant steigern kann.
Erste Erklärungsmodelle
führen diese Tatsache vornehmlich auf einen verbesserten
Transport des Kühlschmiermittels
in die Kontaktzone zwischen Schleifscheibe und Werkstück zurück.
Es gibt allerdings auch
weitere mögliche Phänomene und Erklärungen, die für die erhöhte
Leistungsfähigkeit dieser
Werkzeuge mit verantwortlich sein können wie zum Beispiel die
ständig wiederkehrende
Unterbrechung des Wärmeeintrags aufgrund der
Schleifbelagsnutung. Systematische und
umfassende Untersuchungen der Einflüsse auf die entscheidenden
Prozesskenngrößen, auf
das Arbeitsergebnis oder den Werkzeugverschleiß wurden bisher
nicht durchgeführt. Eine
genaue Kenntnis der Wirkmechanismen ist jedoch in jedem Fall
erforderlich, um die
vorhandenen Potenziale für eine wirtschaftliche und
prozesssichere Bearbeitungstechnologie
nutzbar machen zu können. Das Ziel der genauen Kenntnis der
Zusammenhänge und somit
der Nutzbarmachung der Potenziale wird zudem als äußerst lohnend
erachtet, weil die
wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche industrielle
Weiterentwicklung und
Anwendung dieser Schleifwerkzeuge bereits gegeben sind. Die
Herstellung von keramisch
gebundenen CBN-Schleifscheiben, bei denen die Segmente nicht
bündig, sondern mit
Zwischenraum auf dem Grundkörper verklebt werden, oder die
nachträgliche Einbringung
von geometrisch definierten Nuten in einen geschlossenen Belag
durch spanende Verfahren,
ist mit einfachen Mitteln für die Schleifscheibenhersteller
realisierbar und erzeugt nach
-
14 3 ZIELSETZUNG UND VORGEHENSWEISE
jetzigem Wissensstand keine signifikanten Nachteile bezüglich
sicherheitsrelevanter Aspekte.
Der Einsatz genuteter Werkzeuge bei industriellen
Schleifprozessen und auf
Werkzeugmaschinen, die bereits mit CBN-Schleifscheiben arbeiten,
wird zudem aller
Voraussicht nach kaum Modifikationen erfordern, da die
vorhandene Abrichttechnologie
weiterhin einsetzbar ist, ähnliche Schleifspindelleistungen und
Drehzahlen abgerufen werden
und die Schleifwerkzeuge keine steiferen Aufbauten oder
schnellere NC-Achsen erforderlich
machen. Dies gilt auch für den Fall, dass deutlich höhere
Zeitspanungsvolumina realisiert
werden können, da die relevanten Vorschubachsen selten im
Grenzbereich operieren.
Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen Beitrag zur
Klärung der Mechanismen
beim Einsatz von keramisch gebundenen CBN-Schleifscheiben mit
definiert unterbrochenem
Schleifbelag zu leisten, um die Grundlagen für den
prozesssicheren industriellen Einsatz
solcher Werkzeuge zu erarbeiten. Dabei werden neben der Klärung
der generellen Einflüsse
eines unterbrochenen Schleifbelags auf das Arbeitsergebnis und
die Prozesskennwerte des
Schleifprozesses, vor allem die Einflüsse der geometrischen
Ausformung der Zwischenräume,
d. h. der Nutbreite und des Nutwinkels herausgearbeitet. Die
Erarbeitung des Wissens um die
Zusammenhänge erfolgt anhand technologischer Untersuchungen und
Simulationsrechnungen
sowie der Analyse und Interpretation der Messwerte und
Ergebnisse. Um eine Vergleich-
barkeit zu schaffen, werden die Untersuchungen jeweils auch mit
Schleifscheiben mit
geschlossenem Belag durchgeführt, die als Referenz für den
momentanen Stand der Technik
im industriellen Einsatz dienen. Im Sinne einer systematischen
Vorgehensweise wurde das
oben genannte Hauptziel in verschiedene Teilziele unterteilt.
Die Teilziele sind in Bild 3.1 am
Ende dieses Abschnitts dargestellt.
Allgemeines
Für die Untersuchungen wurde das Verfahren des
Quer-Umfangs-Außen-Rundschleifens oder
auch Außenrund-Einstechschleifens in einen gehärteten
Stahlwerkstoff mit keramisch
gebundenen CBN-Schleifscheiben gewählt, das zum Beispiel beim
Schleifen von
Nockenwellen in der Automobilindustrie, bei der Bearbeitung von
Wälzlager- oder
Nabenbauteilen sowie in der Fertigung diverser Funktionsflächen
an zylindrischen Bauteilen
zum Einsatz kommt. Die Wahl ist einerseits durch die Relevanz
für den industriellen Einsatz
des untersuchten Werkzeugtyps und andererseits durch die für die
Untersuchungen günstigen
Eingriffsverhältnisse begründet, da die geringe Kontaktfläche
zwischen Werkzeug und
Werkstück einen signifikanten Einfluss der Nutung des
Schleifbelags und somit eindeutige
Untersuchungsergebnisse erwarten lässt.
Teilziel 1: Kenntnis des Einsatzverhaltens genuteter
CBN-Schleifscheiben
Die Kenntnis über das Einsatzverhalten der genuteten keramisch
gebundenen CBN-Schleif-
scheiben wird anhand von technologischen Untersuchungen
erarbeitet. Dies sind vornehmlich
Schleiftests, die auf einem adäquaten Maschinensystem
durchgeführt werden und einen hohen
Bezug zu Produktions-Schleifprozessen haben, wie sie aktuell in
der Industrie zu finden sind.
Die Untersuchungen erfolgen zunächst mit einer gerade genuteten
Schleifscheibe unter
Variation der Stellparameter Schleifscheibengeschwindigkeit,
Werkstückgeschwindigkeit und
radialer Vorschubgeschwindigkeit bzw. dem daraus resultierenden
bezogenen Zeitspanungs-
volumen. Bei diesen Schleiftests werden die prozessrelevanten
Messwerte, wie Schleifkräfte,
-
3 ZIELSETZUNG UND VORGEHENSWEISE 15
Schwingungen und Kontaktzonentemperaturen sowie die
bauteilbezogenen relevanten Mess-
größen, wie Maß- und Formgenauigkeit und Oberflächengüte
aufgenommen und für die
Beschreibung des Prozessverhaltens genutzt. Das Prozessverhalten
eines ungenuteten
Schleifwerkzeugs wird als Referenz herangezogen. In einem
zweiten Schritt werden verschie-
denartig genutete Schleifwerkzeuge gegenübergestellt, um den
Einfluss der Nutgeometrie zu
erarbeiten. Hierbei werden sowohl die Nutbreite, als auch der
Nutwinkel variiert und die
Prozessschritte des Schruppens und Schlichtens abgebildet. In
einem dritten Schritt wird der
Einsatz von genuteten Schleifscheiben bei einer
Minimalmengenkühlschmierung geprüft.
Teilziel 2: Abschätzung der möglichen Leistungssteigerung des
Schleifprozesses durch den
Einsatz genuteter CBN-Schleifscheiben
Um die mögliche Leistungssteigerung durch den Einsatz genuteter
Schleifscheiben
abschätzen zu können, erfolgt zunächst eine Auswahl
signifikanter Messgrößen und
Kennwerte, die eine vergleichende Gegenüberstellung der
genuteten und ungenuteten
Schleifwerkzeuge unter verschiedenen Aspekten erlaubt. Hierbei
werden insbesondere die
maximalen Prozesstemperaturen, die Schwingungsantwort des
Systems, das Arbeitsergebnis
sowie der Werkzeugverschleiß in die Betrachtung miteinbezogen.
Die Abschätzung der
potenziellen Leistungssteigerung erfolgt unter Berücksichtigung
von Grenzkriterien wie dem
Auftreten von thermischen Schädigungen in der Bauteilrandzone,
geometrischen
Abweichungen im Arbeitsergebnis oder kritischen
Prozesszuständen. Bezogen auf die
Untersuchungen bei Einsatz einer Minimalmengenkühlschmierung
wird das Potenzial zur
Realisierung eines industriell einsetzbaren Schleifprozesses
abgeschätzt.
Teilziel 3: Klärung der Ursachen der veränderten
Leistungsfähigkeit genuteter CBN-
Schleifscheiben
Neben der Erarbeitung von Erkenntnissen aus den
schleiftechnologischen Untersuchungen,
erfolgt die Klärung der Ursachen der veränderten
Leistungsfähigkeit der genuteten CBN-
Schleifscheiben anhand von Ergebnissen aus der numerischen
Simulation des Prozess-
verhaltens dieser Werkzeuge. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf
die Entwicklung der
Temperaturen in der Kontaktzone und auf das dynamische Verhalten
der Werkzeuge aufgrund
des unterbrochenen Schleifbelags gelegt. Hierzu werden
entsprechende Prozessmodelle
angelegt, die ein virtuelles Versuchsprogramm erlauben und die
schleiftechnologischen
Untersuchungen ergänzen. Im Gegensatz zu den technologischen
Untersuchungen wird hier
neben der Nutgeometrie auch die Anzahl der am Umfang der
Schleifscheibe verteilten Nuten
variiert. Des Weiteren werden mit Hilfe der numerischen
Simulation spezielle Prozess-
bedingungen erzeugt, die es erlauben einzelne Phänomene zu
isolieren und somit ein
erweitertes Verständnis über die Wirkmechanismen zu schaffen. So
kann die Erregung des
Systems einzig durch die Nutung der Schleifscheibe erfolgen, im
Gegensatz zum realen
Prozess, wo Unwuchten, nicht ideale Werkstückformen und weitere
Effekte die Erregung
überlagern. Bei den numerischen Simulationen zur
Temperaturentwicklung wird ein eventuell
veränderter Mechanismus des Kühlschmiermitteltransportes durch
die Nutung unterdrückt,
um den Effekt des unterbrochenen Eingriffs isoliert betrachten
zu können.
-
16 3 ZIELSETZUNG UND VORGEHENSWEISE
Bild 3.1: Zielsetzung und Vorgehensweise
Hauptziel:Kenntnis der Wirkmechanismen beim Einsatz genuteter
keramisch gebundener CBN-Schleifscheiben
Erschließung der Potenziale genuteter keramisch gebundener
CBN-Schleifscheiben für eine wirtschaftliche und prozesssichere
Bearbeitungstechnologie
Teilziel 1:
Kenntnis über das Einsatzverhalten genuteter Schleifscheiben und
den Einfluss der Nutgeometrie
Technologische Untersuchungen:
Schleiftests mit Messung und Auswertung der relevanten
Prozessparameter
Variation der Stellparameter und der Nutgeometrien
Modellierung des Prozesses:
Simulation der Temperatur-entwicklung im Werkstück und des
dynamischen Verhaltens der genuteten Schleifscheiben im Prozess
Vergleichende Betrachtung:
Auswertung signifikanter Messgrößen und Kennwerte unter
Berücksichtigung von schleiftechnologisch wichtigen Aspekten und
Grenzkriterien
Teilziel 2:
Abschätzung der möglichen Leistungssteigerung im Prozess durch
den Einsatz genuteter Schleifscheiben
Teilziel 3:
Klärung der Ursachen der verbesserten Leistungs-fähigkeit
genuteter Schleifscheiben
-
4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN 17
4 TECHNOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN MIT GENUTETEN
CBN-SCHLEIFSCHEIBEN
4.1 Versuchsbedingungen und Messmethoden
4.1.1 Allgemeines
In diesem Abschnitt werden die Versuchsbedingungen und die
Vorgehensweise bei der
Durchführung der technologischen Untersuchungen beschrieben.
Zunächst werden der
Versuchsstand, die eingesetzten Schleifwerkzeuge und deren
Nutgeometrien, die Werkstücke
und der Werkstückwerkstoff sowie die eingesetzten Vorrichtungen
und die Untersuchungs-
umstände näher erläutert. Im Anschluss wird auf die
verschiedenen Messmittel und Mess-
methoden eingegangen, die zur Analyse des Schleifprozesses und
des Arbeitsergebnisses
eingesetzt werden. Die Messmethoden sind nach Messungen der
Prozesskenngrößen, des
Verschleißes am Schleifwerkzeug und den am Werkstück gemessenen
Ergebnisgrößen
geordnet.
4.1.2 Versuchsmaschine
Die Schleifbearbeitungen erfolgen an einer
Universal-Rundschleifmaschine vom Typ PF51
der Firma Schaudt Mikrosa BWF GmbH. Die Versuchsmaschine ist für
Außenrund-, Innen-
rund- und Unrund-Schleifprozesse ausgerüstet. Die
Außenschleifspindel bietet eine Leistung
von 25 kW und es können Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeiten
von bis zu 200 m/s bei
einem Schleifscheibendurchmesser von 500 mm realisiert werden.
Die Maschine stellt somit
eine geeignete Basis dar, um industrielle Hochleistungsprozesse
mit CBN-Schleifscheiben
abzubilden. Neben den üblichen Tisch-Abrichteinheiten mit
stehenden und rotierenden
Abrichtwerkzeugen stehen Einheiten zum Continuous Dressing (CD)
mit Diamant Abricht-
rollen, zum Continuous Sharpening (CS) sowie eine Swing-Step
Abrichteinheit zur Ver-
fügung. Die Maschine ist zudem für das Schleifen mit Öl
ausgelegt. Bild 4.1 zeigt die
Versuchsmaschine und in Tabelle 4.1 ist eine Auswahl technischer
Daten dargestellt.
Kühlschmierung
Für die Schleifversuche wird eine 5 %ige Emulsion vom Typ
Castrol Syntilo XPS der Firma
Deutsche BP AG eingesetzt. Das Kühlschmiermittel wird über eine
Freistrahldüse mit regu-
lierbarem Spalt in rechteckiger, scharfkantiger Form zugeführt.
Der Volumenstrom wird
während der Untersuchungen nicht variiert und beträgt QKS = 8,2
l/min.
Neben den Hauptuntersuchungen mit Überflutungskühlung über die
Freistrahldüse werden
auch Untersuchungen mit Minimalmengenkühlschmierung
durchgeführt. Hierzu wird eine
Minimalmengenkühlschmieranlage vom Typ MKS-G 260 der Terstegen
chemisch-technische
Produkte GmbH eingesetzt. Als Kühlschmiermittel steht ein
Spezialprodukt für Microjet®-
Geräte vom Typ Micro 1100 der Link Dosiergeräte GmbH zur
Verfügung. Die Anlage wird
mit einem eingestellten Volumenstrom von QMMKS = 80 ml/h
betrieben.
-
18 4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN
Bild 4.1: Universal-Rundschleifmaschine PF51
Tabelle 4.1: Technische Daten der Versuchsmaschine
Arbeitsraum
Schleiflänge 1000 mm (ca. 800 mm mit Kraftmesseinrichtung)
Spitzenhöhe 225 mm
max. Werkstückgewicht 250 kg
Schleifspindelstockeinstellung -45° bis +190°
Außenschleifspindel
Leistung 25 kW
Max. Schleifscheibendurchmesser 500 mm
Min. Schleifscheibendurchmesser 50 mm
Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit 140 m/s (konstant) /
200m/s (maximal)
Werkstückspindel
Drehzahl 0 bis 1000 min-1
Moment 250 Nm
Werkstücklänge/-durchmesser/-masse 1000 mm/445 mm/250 kg
-
4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN 19
4.1.3 Versuchsschleifscheiben
Für die technologischen Untersuchungen werden keramisch
gebundene CBN-Schleifscheiben
eingesetzt. Diese Werkzeuge kommen auf Grund ihrer Leistung und
langen Standzeit in der
Großserienfertigung zur Anwendung, bieten aber gegenüber
metallisch gebundenen Werk-
zeugen den Vorteil, dass ein geringerer Aufwand für die
Einsatzvorbereitung notwendig ist.
Somit ist einerseits die industrielle Relevanz gegeben und
andererseits wird die nötige Flexi-
bilität des Forschungsvorhabens gewährleistet, da die Werkzeuge
direkt auf der Versuchs-
maschine abgerichtet werden können.
Es werden sowohl Schleifscheiben mit geschlossenen als auch
Schleifscheiben mit unter-
brochenen, d. h. genuteten Schleifbelägen eingesetzt. Da das
Ziel der Untersuchungen die
Kenntnis über den Einfluss der Nutung des Schleifbelags auf den
Prozess und das Arbeits-
ergebnis ist, wird die Spezifikation des Schleifbelags nicht
verändert. Um die Vergleichbar-
keit der Ergebnisse zu gewährleisten, werden die Schleifscheiben
zudem nur von einem Her-
steller, der Firma Saint-Gobain Diamantwerkzeuge GmbH & Co.
KG bezogen. Die Spezi-
fikation der Versuchsschleifscheiben geht aus Tabelle 4.2
hervor.
Tabelle 4.2: Schleifbelagspezifikation
B126 WC6VG1 V36 VG700-350-10-5 100
B126: mittlerer CBN-Korndurchmesser 126 µm
W: Bindungsansatz mit Wachs
C: Füllkorn Aluminiumoxid (126 µm)
6VG1: Niederbrandbindung mit 34 % Porosität
V36: 37,5 % Volumenanteil CBN
VG: Vitrified Ground
700: Sonderform (nicht nach FEPA)
350: Außendurchmesser in mm
10: Belagbreite in mm
5: Nutzbare Belagtiefe in mm
100: Bohrungsdurchmesser in mm
Der Schleifscheibendurchmesser wird mit 350 mm festgelegt. Dies
bietet den Vorteil, dass
auch ein geschlossener, nicht aus Segmenten aufgebauter
Schleifbelag verfügbar ist. Die
Nutungen werden bereits vom Hersteller mit einer galvanisch
gebundenen Diamant-
schleifscheibe in den Schleifbelag eingebracht. Es sind jeweils
20 Nuten gleichmäßig auf dem
Umfang der Schleifscheibe verteilt.
Die Nutungen sind unter Vorgabe des Winkels zur Schleifrichtung
angeordnet und haben eine
definierte Breite. Diese beiden Parameter werden im Laufe der
Untersuchungen variiert und
im Folgenden als Nutwinkel und Nutbreite bezeichnet. Die
Nutungsgeometrien der Schleif-
scheiben sind im Bezug auf den linienartigen Eingriff in der
Kontaktzone derart gewählt, dass
-
20 4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN
einerseits Eingriffsverhältnisse mit unterbrochenem Schnitt
entstehen. Andererseits gibt es
Schleifbeläge deren Segmente sich im Bezug auf den linienartigen
Eingriff überdecken, so
dass trotz der Nutung zu jedem Zeitpunkt Schleifbelag im
Eingriff ist. Tabelle 4.3 gibt eine
Übersicht über die eingesetzten Nutgeometrien. Die geometrischen
Zusammenhänge sind in
Bild 4.2 graphisch dargestellt.
Tabelle 4.3: eingesetzte Nutgeometrien
Spezifikation Nutbreite Nutwinkel Schleifbelag
B126
WC6VG1
350-10
0 mm - geschlossener nicht segmentierter Belag
0 mm 90° geschlossener Belag, gerade Segmente
5 mm 90° gerade Nuten, keine Schleifbelagsüberdeckung
10 mm 90° gerade Nuten, keine Schleifbelagsüberdeckung
15 mm 90° gerade Nuten, keine Schleifbelagsüberdeckung
15 mm 45° geschränkte Nuten, keine Schleifbelagsüberdeckung
10 mm 45° geschränkte Nuten, keine Schleifbelagsüberdeckung
5 mm 45° geschränkte Nuten, Schleifbelagsüberdeckung
5 mm 30° geschränkte Nuten, Schleifbelagsüberdeckung
5 mm 60° geschränkte Nuten, Grenze Schleifbelagsüberdeckung
Bild 4.2: Prinzipskizze der Nutgeometrien
5
45°
30°
60°
90°
45°
15
15
45°
10
510
Schleifbelagsüberdeckung
Eingriffslinie
Klebefuge
Schleifbelag
Nut
Grenzfall der Schleifbelagsüberdeckung
-
4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN 21
4.1.4 Abrichtprozess
Das Abrichten der Schleifscheiben erfolgt in der
Versuchsmaschine mit einer galvanisch
positiv belegten Formrolle mit einschichtigem Diamantbelag der
Firma Saint-
Gobain Diamantwerkzeuge GmbH & Co. KG. Der Vorteil des
einschichtigen Diamantbelags
ist die über die Lebensdauer der Formrolle gleichbleibende
Wirkbreite. Die Spezifikation der
Formrolle geht aus Tabelle 4.4 hervor.
Tabelle 4.4: Spezifikation der Abrichtrolle
1SG 71P-130-0,6 (SG40 D602)
1SG: Galvanisch positiv belegt
71P/SG 40: Profilform (siehe Skizze rechts)
130: Außendurchmesser in mm
0,6: Wirkbreite in mm (entspricht Belagbreite)
D: Diamantkörnung
602: mittlerer Korndurchmesser in µm
Die Parameter für den Abrichtprozess wurden in Voruntersuchungen
ermittelt. Hierbei wurde
zunächst das Verhalten der genuteten Schleifscheiben beim
Abrichten untersucht, um eine
Beeinflussung der Versuchsergebnisse durch den Abrichtprozess zu
vermeiden. Die Vor-
untersuchungen haben gezeigt, dass sich die genuteten
Schleifscheiben beim Abrichten
generell nicht anders Verhalten, als die ungenuteten
Schleifscheiben. Der Vergleich der
Schleifbelagstopographie nach dem Abrichten zeigte identische
Werte.
Im Rahmen der technologischen Untersuchungen werden zwei
Abrichtparametersätze einge-
setzt, die sich im Abrichtüberdeckungsgrad unterscheiden. Dies
ist notwendig, da sowohl
Schrupp- als auch Schlichtbearbeitungen durchgeführt werden, die
mit industriellen Prozessen
vergleichbar sein sollen und die Schleifbelagtopographie für
entsprechende Ergebnisse ange-
passt werden muss. Tabelle 4.5 zeigt die beiden
Abrichtparametersätze.
Tabelle 4.5: Abrichtparameter
Bearbeitung Schruppen Schlichten
Verfahren Gleichlauf Gleichlauf
Geschwindigkeitsverhältnis qd 0,8 0,8
Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit vsd 100 m/s 100 m/s
Überdeckungsgrad Ud 3 6
Zustellung aed 3 µm 3 µm
Hubanzahl nhd 1 1
Diamantbelag
-
22 4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN
Das Abrichten wird mit einem Körperschall- bzw.
Acoustic-Emission-Sensor (AE-Sensor)
überwacht. Es handelt sich hierbei um ein Hydrophon vom Typ SEH
der Firma
Nordmann GmbH & Co. KG, welches den Körperschall an der
Abrichtrolle mit Hilfe eines
Flüssigkeitsstrahls misst, der auf die Spindel des rotierenden
Tischabrichters gerichtet ist. Die
Auswertung der Signale erfolgt mit dem entsprechenden Gerät vom
Typ Tool Monitor SEM-
68000 derselben Firma. Der Sensor wird für die
Anschnitterkennung und für die Kontrolle
des Abrichtprozesses eingesetzt. Dies ist insbesondere relevant,
weil beim Abrichten der
CBN-Schleifbeläge nur sehr kleine Zustellungen realisiert werden
und Abweichungen von der
Soll-Zustellung einen großen Einfluss auf die
Schleifbelagtopographie bzw. den Korn-
überstand haben. Bei den Voruntersuchungen wurde zudem die
Schwingungsneigung des
Abrichtprozesses beim Abrichten der genuteten Schleifscheiben
mit diesem Sensor überprüft.
Es konnte kein signifikant verändertes Schwingungsverhalten beim
Abrichten der genuteten
Schleifscheibe festgestellt werden. Bild 4.3 zeigt den
Arbeitsraum der Maschine beim
Abrichten mit Abrichtrolle, Kühlschmierdüse, Hydrophon und
genuteter CBN-Schleifscheibe.
Bild 4.3: Arbeitsraum der Maschine beim Abrichten
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4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN 23
4.1.5 Versuchswerkstücke
Die technologischen Untersuchungen werden an Werkstücken aus
gehärtetem 100Cr6 durch-
geführt. Dieser Wälzlagerstahl wird industriell für verschiedene
Bauteile in der Großserien-
fertigung eingesetzt und ist ein typischer Werkstoff, der mit
keramisch gebundenen CBN-
Schleifscheiben bearbeitet wird. Um die Vergleichbarkeit der
Versuchsergebnisse zu
gewährleisten ist es notwendig, dass die Versuchswerkstücke über
große Stückzahlen gleich-
bleibende Qualität aufweisen. Aus diesem Grund wurde als
Versuchswerkstück ein Bauteil
aus einer Massenfertigung gewählt, das genormt ist und den
üblichen industriellen Qualitäts-
kontrollen unterliegt. Bei den Versuchswerkstücken handelt es
sich um den äußeren Ring
eines Rillenkugellagers der Spezifikation FAG-16007 der
Schaeffler Technologies GmbH &
Co. KG. Die Ringe sind durchgehärtet und fertig bearbeitet. Die
Spezifikation der Lagerringe
kann Tabelle 4.6 entnommen werden.
Tabelle 4.6: Spezifikation der Versuchswerkstücke
FAG 16007 Rillenkugellager (Außenring)
Werkstoff: 100Cr6 (1.3505)
Wärmebehandlung: Durchgehärtet
Härteangabe Hersteller: 62 HRc +/- 2 HRc
Gemessene Härte: 785 HV 0,5 (63,5 HRc)
Hauptabmessungen nach DIN 625-1
Außendurchmesser: 62 mm
Innendurchmesser: 53,5 mm
Breite: 9 mm
Der Wälzlagerstahl 100Cr6 bildet nach der Wärmebehandlung ein
martensitisches Gefüge mit
eingelagerten Karbiden aus und weist auf Grund seines leicht
übereutektoiden Kohlenstoff-
gehalts von ca. 1 % eine hohe Oberflächenhärte auf. Wegen seines
hohen Reinheitsgrades und
der gleichmäßig verteilten Legierungs- und Gefügebestandteile
hat dieser Stahl sehr homo-
gene Eigenschaften und gilt als gut bearbeitbar. Bei
zylindrischen Bauteilen kann 100Cr6 bis
zu einem Durchmesser von 60 mm durchgehärtet werden. In Bild 4.4
wird das feinkörnige
martensitische Gefüge des Versuchswerkstoffes anhand eines
angefertigten Schliffbildes
gezeigt. Die eingelagerten Karbide sind als weiße Punkte zu
erkennen.
-
24 4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN
Bild 4.4: Angeätztes Schliffbild des Versuchswerkstoffs
100Cr6
4.1.6 Werkstückaufnahmen
Für die Bearbeitung der Werkstücke in der Versuchsmaschine
kommen speziell angefertigte
Werkstückaufnahmedorne zum Einsatz. Die Dorne sind so
konzipiert, dass mehrere
Versuchswerkstücke, durch Zwischenringe getrennt, aufgenommen
werden können. Nachdem
die Werkstücke mit Hilfe einer Überwurfmutter verspannt sind,
werden sie in der Versuchs-
maschine durch eine definierte Vorbearbeitung erneut
geschliffen, um einen eng tolerierten
Rundlauf und somit gleichbleibende Versuchsbedingungen zu
schaffen. Bild 4.5 zeigt eine
Prinzipskizze der Werkstückaufnahme.
Die Dorne haben am werkstückspindelstockseitigen Flansch eine
Zentrierbohrung für eine
Kraftmesseinrichtung, die in die Versuchsmaschine integriert
ist. Die Dorne werden dort
verschraubt und in der Maschine fertig geschliffen, was einen
eng tolerierten Rundlauf
gewährleistet.
Des Weiteren wird für die Temperaturmessungen ein Dorn hohl
ausgelegt und mit Schlitzen
versehen, da er neben den von innen zugeführten Thermoelementen
den Sender eines Tele-
metriesystems aufnehmen muss. Zusätzlich sind Bohrungen und eine
Nut am Flansch einge-
bracht, um die Antenne des Senders aus dem Dorn herauszuführen.
Die Überwurfmutter ist in
einen Deckel integriert, der weitere Komponenten des
Telemetriesystems aufnimmt. Bild 4.6
zeigt eine Prinzipskizze des Hohldorns für die
Temperaturmessungen.
-
4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN 25
Bild 4.5: Prinzipskizze der Werkstückaufnahme
Bild 4.6: Prinzipskizze des Hohldorns für die
Temperaturmessungen
Nutmutter
Versuchswerkstücke
Zwischenringe
Dornflansch
Nutmutter
Versuchswerkstücke
Zwischenringe
Dornflansch
Antenne
Sender
Kabel
Batterie
Deckel
Kraftmesseinrichtung
Dorn
Angeschweißtes Thermoelement
Nutmutter
Versuchswerkstück
-
26 4.1 VERSUCHSBEDINGUNGEN UND MESSMETHODEN
4.1.7 Kraftmessung im Schleifprozess
Die Versuchsmaschine ist mit einer Kraftmesseinrichtung
ausgestattet, die am Institut für
Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb entwickelt und in das
Maschinensystem integriert