PRIGNITZ-KURIER 17 Märkische Allgemeine Zeitung Montag, 27. Februar 2017 Eine Warteliste wird nicht gebraucht Altenpflegefamilie Martinshof: Bewohner leben bis ins hohe Alter in familienähnlichen Verhältnissen Grabow. Der Tisch im Esszimmer mit Blick auf den Garten ist bereits mit Kaffeetassen und Milchbrötchen gedeckt, als Siegfried Niebius seine Einladung über die Lautsprecher schickt: „Sie können jetzt alle zum Kaffeetrinken kommen.” Im Hinter- grund spielt Musik, dann öffnet sich eine Tür nach der anderen, die Be- wohner der Grabower Altenpflege- familie „Martinshof” erscheinen und setzen sich. Peter Gatz (70), macht sich zwar Sorgen, ob die Bröt- chen weich genug sind, doch als ihn Siegfried Niebius, Gründer der Ein- richtung, beruhigt, greift er zu wie alle anderen. „Die gemeinsamen Mahlzeiten sind ein ganz wesentlicher Aspekt unseres Zusammenlebens hier”, sagt Niebius. Der Begriff „Alten- pflegefamilie” wird hier ernst ge- nommen: Neben den Mahlzeiten gehen die Mitglieder der Familie zweimal täglich gemeinsam spazie- ren, im Sommer führen Ausflüge zweimal pro Woche nach Plau am See, wer im Krankenhaus liegt, be- kommt Besuch der übrigen Bewoh- ner. Abends kann zusammen musi- ziert werden. Nur Brettspiele sind unter den Bewohnern nicht so ge- fragt – dafür sind sie alle zu sehr In- dividualisten. Ilse Rössel-Baptist hat früher einmal die Vertretung von Tupperware in Südafrika geleitet, heute liest sie ihren Mitbewohnern gerne mal aus der Bibel vor. Das Ehepaar Niebius reiht sich ins Fami- lienleben auch selbst ein – einer der beiden ist ständig vor Ort. Siegfried Niebius: „Aber wir können uns auch zurücknehmen, wenn das für je- manden besser ist. Das ist unser Ge- heimnis.” Für „Leben in der Bude” sorgen die Yorkshire-Terrier, die durchs Haus toben und von den Bewohnern umsorgt werden – wie etwa von Heinz Trusewitz, der den Tieren auch mal hoch in den ersten Stock hilft, wenn es ihre kurzen Beine am Abend nicht mehr nach oben schaffen. Lediglich fünf Bewohner hat die Einrichtung in Gra- bow (Gemeinde Kümmernitztal). Die älteste Dame, Erika Wos- mann, ist bereits über 80 Jahre alt, der jüngste Bewohner Wolfgang Preiss 57 Jahre. Als Wolfgang Preiss nach Grabow kam, wollte er in dem kleinen Dorf in der Prignitz zunächst nur Urlaub machen. Nach einem Unfall beschloss er dann, dort zu bleiben. Acht Jahre sind es inzwi- schen, doch damit ist er einer derje- nigen mit der kürzesten Verweil- dauer. Andere leben bereits zwölf oder gar 16 Jahre hier. Wie in anderen Einrichtungen werden auch Pflegebedürftige mit Demenz oder psychischen Erkran- kungen aufgenommen – dennoch: Von Claudia Bihler „Die lange Verweildauer ist die Re- gel bei uns”, sagt Siegfried Niebius. Und so gibt es in der Grabower Pfle- gefamilie erst gar keine Warteliste. Wenn doch einmal neue Mitglie- der aufgenommen werden sollen, dann haben die Bewohner ein Mit- spracherecht. „Neue Mitglieder müssen zu uns passen”, bestätigt Wolfgang Preiss. Bisher ist das Auswahlverfahren erfolgreich gewesen. Nur ein einzi- ges Mal musste ein Neuan- kömmling am nächsten Tag wieder gehen. Dem haben die Bewohner den Bei- namen „Der Wilde“ ge- geben, denn er hatte für einige Turbulenzen in der Einrichtung ge- sorgt. „Aber das ist jetzt auch schon wieder ein paar Jahre her”, erinnert sich Siegfried Niebius. Ein- zige Ausnahme sind die Gäste, die zur Kurzzeitpflege für ein paar Tage oder Wochen ins Haus kom- men, etwa, wenn ihre Verwandten Urlaub haben. Diese müssen sich nicht dem Aufnahmeverfahren stel- len. Fast wie in einer ganz normalen Wohngemeinschaft funktioniert das Zusammenleben. Das Haus ist um- geben von einem riesigen schön ge- stalteten Garten. Jeder Bewohner hat ein großzügiges Zimmer mit Bad und Terrasse. Wer raus möchte, hat jederzeit die Möglichkeit dazu. Wer von den Bewohnern im weit- läufigen Garten ein wenig Hand an- legen möchte, ist willkommen, ob- wohl es natürlich auch einen Gärt- ner gibt. Auch um ihre Zimmer kön- nen sich die Martinshofler selbst kümmern, wenn sie das möchten und in der Lage dazu sind. Erika Wosmann etwa sorgt mit ihren 83 Jahren selbst für Ordnung in ihrem Reich. Gekocht wird in der Einrichtung regelmäßig selbst. Siegfried Niebi- us, der selbst einmal Koch gelernt hat: „Bei uns arbeiten insgesamt acht Leute von der Pflegefachkraft über Pflegehelfer bis zur Hauswirt- schafterin und teilen sich vier Stel- len – kochen muss im Prinzip jeder können.” Derzeit sucht Familie Nie- bius weiteres Pflegepersonal – Fachkräfte, oder auch Helfer mit Er- fahrung. Mit ihren fünf Bewohnern ist die Einrichtung voll belegt, zuvor hatte es sechs Plätze gegeben. Trotz ihres kleinen Umfangs ist das Haus in Grabow an alle gesetzlichen Vor- gaben gebunden. „Häufig denken die Leute, dass hier nur sehr Wohl- habende sich eine Pflege leisten können“, meint Siegfried Niebius, „aber wir haben hier auch Leute, deren Pflege hier teilweise vom So- zialamt finanziert wird.“ Da die ge- setzlichen Regelungen in Branden- burg künftig keine Doppelzimmer mehr zulassen, gibt es inzwischen nur noch Einzelzimmer. Zudem plant Niebius eine Erweiterung der Einrichtung auf insgesamt zwölf Plätze. „Der familiäre Charakter soll aber erhalten bleiben.” Heinz Trusewitz erledigt auch selbst mal kleinere Küchenarbeiten und hilft damit Schwester Svetlana Burchart. FOTOS (3): CLAUDIA BIHLER Die Mahlzeiten haben wie andere Gemeinschaftstätigkeiten in der Altenpflege- familie einen hohen Stellenwert. Auch Erika Wosmann liebt die kleinen Yorkshire-Terrier. Offen auch für Außenstehende Der große und schön angelegte Gar- ten, der zum Martinshof gehört, steht nicht nur den Bewohnern, sondern auch allen anderen offen. Wer ihn be- suchen will, muss nur klingeln. Würden viele Besucher vorbeischau- en, würde Siegfried Niebius sogar gerne ein kleines Café eröffnen. Neben Sitzgruppen und Spazierwe- gen sind ein Bachlauf und ein Teich vorhanden, gespeist aus einer großen Zisterne. An manchen Stellen ist im Garten Musik zu hören, nachts wird farbig illuminiert. zu Hause in... Grabow M HALLO MAZ! M Das Lesertelefon Liebe Leser, haben Sie Anregun- gen, Kritik oder Hinweise? Über welche Themen soll die MAZ- Lokalredaktion berichten? Ru- fen Sie uns an! Heute von 13 Uhr bis 14 Uhr für Sie am Telefon: MAZ-Reporterin Beate Vogel. Sie erreichen sie unter: 03395/76 21 0 Infos zur Vorsorge beim Mann Perleberg. Zu einer Info-Veranstal- tung Vorsorge beim Mann lädt das Kreiskrankenhaus Prignitz in Perle- berg für Mittwoch, 8. März, ein. In der Cafeteria möchte ab 16 Uhr Andreas Mersdorf, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderuro- logie, für das Thema sensibilisie- ren. Wer erwartet, dass es nur um die Prostata geht, irrt. Zudem wer- den Informationen vermittelt, für die beim Arztbesuch nicht immer die Zeit ausreicht und vielleicht können auch die Fragen beantwor- tet werden, die sich häufig erst nach dem Arztbesuch stellen. Info Das Krankenhaus befindet sich in der Dobberziner Straße 112. M IN KÜRZE M Polizeichef im Ausschuss zu Gast Groß Pankow. Der Leiter der Poli- zeiinspektion Prignitz, Peter Schröder, ist am Donnerstag, um 19 Uhr im Hauptausschuss der Ge- meinde Groß Pankow zu Gast. Pe- ter Schröder, der Ende April in den Ruhestand geht, wird sich von den Ausschussmitgliedern verabschie- den. Themen der Sitzung sind unter anderem eine Änderung des Bebauungsplanes Tüchen Nr. 1 „Windpark Reckenthin“ und der Gemeindehaushalt für 2017. Info Der Ausschuss tagt im Rat- haus in Groß Pankow im kleinen Versammlungsraum. Frauentag in Vehlow mit Dannenwaldern Vehlow. Zur Frauentagsfeier in Vehlow kommen in diesem Jahr ganz offiziell auch die Damen aus Dannenwalde. Gefeiert wird am 12. März ab 15 Uhr im Saal der Gaststätte „Zur Alten Linde“. Nach Kaffee und Kuchen spielt der Kul- turverein drei Sketche von Loriot und es gibt Tanzmusik. Karten gibt es beim Wirt oder an der Tages- kasse. Die Dannenwalderinnen melden sich bei Silvia Linke im Ge- schäft an oder wenden sich an Ka- rin Stölke unter 033975/5 08 06. Ein Comeback nach 20 Jahren „The Piles“ spielten Grunge-Rock in der Boberower Moorscheune Boberow. Nach zwei Jahr- zehnten war es soweit. Die ehemaligen Bandmitglieder der Grunge-Rockband „The Piles“ spielten wieder zusam- men. Am Freitagabend gaben sie ihr erstes Konzert in der Bo- berower Moorscheune nach knapp zwanzigjähriger Pau- se. Die Band besteht aus vier Männern; Ralf „Ralle“ Reib- stirn, der Sänger und Song- writer; Christian „Ebi“ Ebert, der Schlagzeuger und „Ma- cher“ der Moorscheune; Jan Steglich, der Gitarrist und Falk Philipp, der Bassist. 1995 trafen sich die vier jungen Männer – Falk Philipp war noch keine achtzehn Jahre alt – in Grabow und probten im Kinderzimmer von Christian Ebert. In ihren Anfängen co- verten sie Nirvana-Songs und erst später komponierten und spielten sie ihren eigenen deutschsprachigen Rock- sound. „The Piles“ lösten sich 1998 schon wieder auf. Doch diese kurze Periode von drei Jahren war dafür um- so intensiver, sagt Sänger Ralf Reibstirn. Die Band hatte einen zwiespältigen Ruf. Die progressive Dorfjugend in der Aufbruchstimmung der 90er Jahre liebte die „Piles“ mit ihrem neuen, revolutionären Grunge-Sound. Viele der kon- servativen Dörfler jener Zeit hatten aber nichts übrig für die langhaarigen Rocker. Und so war es keine Besonderheit, erzählte Reibstirn, dass die Band selten bis zu ihrem vier- ten Song kam, bevor die wü- tende Landbevölkerung die Band von der Bühne verjagte. Und so endete ein Konzert oft frühzeitig, und die jungen Ro- cker rannten um „ihr Leben“. Am Freitagabend standen die nun nicht mehr ganz so jungen Männer wieder zu- sammen auf der Bühne in der Boberower Moorscheune und spielten Songs aus ihrem alten Repertoire. Und so schwebte der progressive, musikalische Zeitgeist der 90er Jahre durch den Saal und begeisterte das mithüpfende und pogende Publikum aufs Neue. „Ralle“ beschreibt seine Texte als „angriffslustig“ und „betont zynisch“. Songtitel wie „Paranoia“, „Gib mir die Kugel“ oder „Gegen die Re- geln“ verweisen auf mensch- liche Abgründe und revolutio- näres Gedankengut. Das Kon- zert war kurz und knackig. „Paranoia“ gab es noch als Zugabe und „Ralles“ ab- schließendes Statement ans Publikum war: „Um den Spannungsbogen hochzuhal- ten, brechen wir an dieser Stelle ab.“ Außerdem verkündete „Ralle“, dass ein hartnäckiges Gerücht kursiere, die Band würde in diesem Jahr noch ein zweites Konzert geben. Kei- ner weiß Genaueres, aber man könne sicher sein, dass es irgendwann stattfinden wird. Von Martina Matuschewski „The Piles“- Sänger Ralf „Ralle“ Reibstirn. FOTO: MATUSCHEWSKI Programmvorschau Weitere Veranstaltungen in der Moorscheune Boberow: Niemandsland, willkommen in der 30er Zone; Satirelesung mit Robert Niemann am Sonntag, 5. März, um 14 Uhr; Depulsor, Konzert am Freitag, 10. März, um 20 Uhr; Clover, irisches Wochenende mit der Liveband am Sonntag, 12. März, um 14 Uhr. mat GESCHÄFTSEMPFEHLUNGEN STELLENANGEBOTE Suchen gelernte Maurer/in Wir suchen mit sofortigem Arbeitsbeginn gelernte Maurer/in oder Hochbaufacharbeiter/in mit abgeschlossener Berufsausbildung zur Verstärkung unseres Teams. Wir arbeiten hauptsächlich regional, aber auch überregional. Aussagekräftige schriftliche Bewerbungen bitte bis zum 28.02.17 an: Bau Partner Wittstock GmbH Tel. 03394-444866 Geschwister-Scholl-Str. 14 Fax 03394-402988 16909 Wittstock [email protected] Wir bieten Ihnen bei entsprechender Leistung einen sicheren Arbeitsplatz und gute Verdienstmöglichkeiten. 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