l Nr. 3 l 2011 l 25 GELD l UZ Zeitraum Erforderliche Wertschwankungsreserve 01.09.2000 bis 31.03.2003 29.3% 01.04.2006 bis 30.06.2006 3.1% 01.06.2007 bis 28.02.2009 (Finanzkrise 2008) 31.0% Die Tabelle zeigt, dass die Musterpensionskasse während der Finanzkrise 2008 eine erforderliche Wertschwankungs- reserve von 31% benötigt hätte, um mit der aktuellen Anla- gestrategie nicht in Unterdeckung zu kommen. Wie aus Grafik 2 hervorgeht, waren die Rezessions- Zyklen der letzten 10 Jahre nicht länger als 32 Monate. Ausgehend vom aktuellen Startdeckungsgrad der Muster- Pensionskasse von 101%, können wir uns durch Abbildung aller 32-Monate-Entwicklungen der letzten 10 Jahre (siehe Grafik 3) ein zuverlässiges Bild der historischen Anlage- risiken machen und somit verschiedene Risikomodelle testen. In Türkis sind die entsprechenden Sicherheitsni- veaus (99%) aufgetragen, wobei die Sicherheitsniveaus gemäss Cornish Fisher-Methode «gestrichelt» und gemäss klassischer VaR-Methode durchgezogen sind. In Violett sind zum Vergleich die historischen 99% Sicherheitsniveaus aufgetragen und in Grün der Median (50% oberhalb und 50% unterhalb) der beobachteten Entwicklungen (siehe Grafik 3 ). Auch hier stellt man fest, dass die historischen Sicher- heitsniveaus die Sicherheitsniveaus gemäss klassischer VaR-Methode zeitweise überschreiten (roter Kreis). Dies hätte zur Konsequenz, dass die historischen Anlagerisiken vom klassischen VaR tendenziell unterschätzt wurden. Die Sicherheitsniveaus gemäss Cornish Fisher (gestrichelte Linie in Türkis) sind dagegen konservativer und unter- schreiten die historischen Sicherheitsniveaus (gestrichelte Linie in Violett) für keinen der betrachteten Zeithorizonte. Vor allem kontraktive Konjunkturzyklen, welche länger als ein Jahr dauerten, wurden durch den klassischen VaR nur ungenügend abgebildet. Dies lässt den Schluss zu, dass der Cornish Fisher VaR die historischen Anlagerisiken der letz- ten 10 Jahre besser erfasst als der klassische VaR. Betrachtet man die Zielgrösse der Wertschwankungs- reserve in % der Vorsorgeverpflichtungen für die Muster- pensionskasse, berechnet nach den beiden Methoden klassischer VaR und Cornish Fisher-VaR für einen An- lagehorizont von einem und zwei Jahren, ergeben sich folgende Daten: Wertschwankungsreserve mit Sicherheitsniveau = 99% 1 Jahr 2 Jahre Klassischer VaR 16.8% 25.4% Cornish Fisher VaR 20.5% 31.4% Fazit Die Unterschiede in der Höhe der Zielgrösse der Wert- schwankungsreserve nach den beiden Methoden sind deut- lich. Wie bei den historischen Betrachtungen ersichtlich wird, werden die historischen Risiken durch den klassi- schen VaR unterschätzt. Wir empfehlen, für die Ermittlung der Zielgrösse der Wertschwankungsreserve den Cornish Fisher-VaR anstelle des klassischen VaR als Risikomass zu verwenden, weil dadurch die zugrunde liegenden Berech- nungsparameter näher an der Wirklichkeit festgelegt wer- den können. Die Annahme von normalverteilten Renditen scheint uns zu restriktiv zu sein. Die Höhe der Zielgrösse der Wertschwankungs- reserve variiert ja nach Messmethode. Foto: Bilderbox.de / Grafiken:zVg 24 l Nr. 3 l 2011 UZ l GELD TEXT HEINRICH FLÜCKIGER UND SEBASTIAN SCHMUKI Zum Ausgleich von Wertschwankungen auf der Aktivseite sowie zur Gewährleistung einer bestimmten Verzinsung der Verpflichtungen werden auf der Passivseite der kauf- männischen Bilanz Wertschwankungsreserven gebildet. Die Zielgrösse der Wertschwankungsreserve wird durch den Stiftungsrat festgelegt und normalerweise jährlich über- prüft. Für die Berechnung der erforderlichen Wertschwan- kungsreserve für Anlagerisiken werden nicht nur die Per- formance-Charakteristik (erwartete Rendite und erwartetes Risiko) der Aktiven, sondern im Sinne einer gesamtheitli- chen Betrachtung auch die Vorsorgeverpflichtungen in Form der minimal erforderlichen Sollrendite berücksich- tigt. Bei einem positiven Jahresergebnis wird der Ertrag aus der Anlage des Stiftungsvermögens zum Aufbau der Reserve bis zu ihrem aktuellen Zielwert verwendet. Ein negatives Jahresergebnis ist soweit möglich der Wertschwankungs- reserve zu belasten. Die Berechnung der Zielgrösse der Wertschwankungs- reserve erfolgt in der Praxis am häufigsten anhand einer, der Risikofähigkeit und Risikobereitschaft der Pensions- kasse Rechnung tragenden, finanzökonomischen Methode mendem Aktienanteil und sollte bei der Berechnung der Zielgrösse der Wertschwankungsreserve berücksichtigt werden (siehe Grafik 1). Die Cornish Fisher-Adjustierung (siehe Grafik 2) nach E. A. Cornish und R. A. Fisher ist eine erweiterte Berech- nungsmethode zur Bestimmung des Sicherheitsniveaus gemäss klassischem VaR. Zusätzlich zu Erwartungswert und Schwankungsbreite (Standardabweichung) werden bei dieser Methode auch die Faktoren Schiefe und Wölbung (Exzess) einer Verteilung berücksichtigt, welche für eine Normalverteilung beide gleich Null sind. Anhand historischer Phasen mit negativen Renditeaus- reissern lassen sich verschiedene Berechnungsverfahren für die Zielgrösse der Wertschwankungsreserve plausibili- sieren. Dabei wird überprüft, ob die berechneten Werte in der Vergangenheit ausgereicht hätten, um eine Unterde- ckung zu vermeiden. Grafik 2 zeigt den historischen Renditeverlauf der Mus- terpensionskasse seit Januar 2000 (rote Linie). Die Histo- rie widerspiegelt den für Finanzmärkte typischen zykli- schen Verlauf. Die blauen Linien markieren Start- und Endpunkte folgender besonders ausgeprägter Konjunktur- phasen. 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% -4.5% -3.6% -2.7% -1.8% -0.9% 0.0% 0.9% 1.8% 2.7% 3.7% Häufigkeit Häufigkeit Dichte N (0.22%, 1.58%) 60% 80% 100% 120% 140% 160% 180% 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 Kumulierte Rendite [%] 31.08.00 31.03.03 31.03.06 30.06.06 31.05.07 28.02.09 Scheitelpunkte Vermögensallokation per 31.12. 2010 70% 80% 90% 100% 110% 120% 130% 30 25 20 15 10 5 0 Monate Deckungsgrad VERTEILUNG DER MONATSRENDITE (Grafik 1) HISTORISCHER RENDITEVERLAUF (Grafik 2) HISTORISCHE DECKUNGSGRAD-ENTWICKLUNGEN (Grafik 3) mit dem Value at Risk (VaR) als Risikomass. Dabei wird sichergestellt, dass das Risiko in eine Unterdeckung zu kom- men mit einem vorgegebenen Sicherheitsniveau vermie- den wird. Die Berechnungen wurden am Beispiel einer repräsentativen Musterpensionskasse mit 35% Aktien, 30% Obligationen, 20% Immobilien, 10% Liquidität und 5% Hypotheken durchgeführt. Wir streben für diese Pensions- kasse ein Sicherheitsniveau von 99% (übliche Werte liegen zwischen 97.5% und 99%) über einen Anlagehorizont von einem Jahr an. Mit dieser Vorgabe kann davon ausgegan- gen werden, dass in 99 von 100 Jahren keine Unterdeckung auftreten sollte. Mangelhafte Risikomessmethode Die klassische VaR-Methode beruht auf der Annahme nor- mal verteilter Renditen. Wie die Grafik 1 zur Verteilung der Monatsrenditen der Musterpensionskasse für die letz- ten 10 Jahre zeigt, ist die Normalverteilung (grau) aber nur eine grobe Annäherung der historischen Kapitalerträge (hellblau), welche die tatsächlich beobachteten Rendite- ausreisser (sogenannte, «fat tails» oder sehr hohe positive oder negative Renditen, rote Balken) nur ungenügend berücksichtigt. Diese Diskrepanz erhöht sich mit zuneh- EINE KONSERVATIVERE BERECHNUNGSMETHODE Pensionskasse: Risiko und Rendite DIE AUTOREN Heinrich Flückinger und Sebastian Schmuki sind Pensionskassen- berater bei Swisscanto. Ein Stresstest mit historischen Daten zeigt: Die klassische Risikobeurteilungs- Methode Value at Risk unterschätzt die möglichen Wertschwankungen eines Pensionskassenvermögens.